An Frau Judith Hardegger Redaktionsleitung Sternstunden SRF Fernsehstrasse 1-4 8052 Zürich Winterthur, 1. Oktober 2015 Offener Brief zur Fehlinformation des SRF über den Islam Sehr geehrte Frau Hardegger Anfang Juni 2015 lief auf SRF1 Kulturplatz Ihre Sendung „Islam zwischen Zerrbild und Realität“ und ein paar Tage später danach ein Live-Chat, in dem man der Islamexpertin Rifa'at Lenzin Fragen zum Islam stellen konnte. Dabei wurde der Islam als eine Religion wie alle anderen dargestellt, ohne auf die grossen gesellschaftlichen und politischen Probleme einzugehen, die direkt mit dieser Religion, die eben weit mehr ist als nur eine Religion, zusammenhängen. Die Antworten von Frau Lenzin beim Live-Chat waren zum Teil schockierend – besonders bei der Frage, ob Mohammed zu seinen Lebzeiten Menschen getötet hat und wenn ja, mit welcher Begründung sich Muslime heute, die Menschen töten, nicht auf Mohammed beziehen können. Gemäss Lenzin seien nur Verteidigungskriege legitim im Islam. Mohammad selbst habe nur Kriege geführt, weil seine Gemeinde angegriffen wurde. Also man könne sich bei Mord nicht auf Mohammad beziehen. In einer aktuellen Stellungnahme vom SRF1 am 13. September 2015 kam eine weitere Islamwissenschaftlerin zu Wort, welche ebenfalls behauptet, dass Mohammed keine Angriffskriege im Sinne von Eroberungskriegen geführt habe. Das ist ein grosser Irrtum und eine Irreführung. Diese Darstellung der zwei Islamwissenschaftlerinnen hat überhaupt nichts mit der theologischen und historischen Bedeutung des Dschihads im Islam zu tun. Sie sind übrigens nicht die einzigen, die einen „Islam light“ in der Schweiz propagieren, nämlich einen Islam ohne Scharia und ohne Dschihad. So einen Islam gibt es nicht und wird es auch nicht geben. Viele Islamwissenschaftler machen einen Fehler bei diesem Thema und zitieren friedliche Texte aus dem Koran, ohne jedoch die chronologische Reihenfolge der Texte im Koran, der Offenbarung, zu kennen. Der Befehl zum Kampf wurde gemäss den Koranwissenschaften nämlich in Stufen offenbart: In der ersten Phase wurde Mohammed mit der Da’wa (Islamisierung) und Abwendung beauftragt. „So tue offen kund, was dir aufgetragen wurde, und wende dich von den Götzendienern ab.“ Sure 15, 94. Dann folgte in der zweiten Phase die Einladung mit Weisheit: „Lade zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung ein, und diskutiere mit ihnen auf die beste Art und Weise ...“ Sure 16, 125. In der dritten Phase wurde die Erlaubnis zum Kampf gegeben: „Erlaubnis (zur Verteidigung) ist denen gegeben, die bekämpft werden – weil ihnen Unrecht angetan wurde – und Allah hat gewiss die Macht ihnen beizustehen.“ Sure 22, 39 Dann wurde ihnen in der vierten Phase befohlen zu kämpfen, falls sie angegriffen werden: „... Greifen sie euch jedoch an, dann tötet sie. Das ist der Lohn der Ungläubigen.“ Sure 2, 191. In der fünften Phase wurde ihnen befohlen zu kämpfen unter der Bedingung, dass die Geschützen Monate vorüber sind. „... Sind die geschützten Monate (das 1te, 7te, 11te und 12te Monat) aber verflossen, dann tötet die Götzendiener wo immer ihr sie findet...“ Sure 9, 5 Schliesslich wurde ihm in der sechsten Phase der Kampf als allgemeine Verpflichtung befohlen: „… und kämpft gegen sie, bis es keine Versuchung mehr gibt und die Religion ganz für Allah ist.“ Sure 8:39 Zu dem Thema schreibt der Gelehrte Ibn al-Qayyim (1292- 1350) in seinem Buch „Zad alMa'ad“: „Der Gesandte hielt sich mehr als zehn Jahre in Mekka als Warner auf, ohne zu kämpfen. Dann wurde ihm die Hidschra (Auswanderung) erlaubt, dann der Kampf, dann befahl Allah ihm, diejenigen zu bekämpfen, die ihn bekämpft haben, und schliesslich befahl er ihm, die Götzendiener solange zu bekämpfen, bis keine Versuchung mehr vorhanden ist und sich jeder frei für oder gegen Allah entscheiden kann.“ Ein Islam ohne Dschihat gibt es nicht Es wird oft behauptet, dass Muslime nur dann Kriege führen dürfen, wenn sie angegriffen werden, also zur Selbstverteidigung. Der Dschihad ist aber untrennbar mit der Geschichte des Islam verbunden, da er eine Konstante islamischen Denkens und Handels darstellt. Das Zitieren von irgendwelchen herausgegriffenen friedlichen Koranversen, um zu „beweisen“, dass der Islam eine tolerante Religion ist, welche keine Weltherrschaft anstrebt, ist eine falsche Darstellung des Islam sowie eine Verfälschung der islamischen Geschichte. In den frühen Jahren des Islam, in denen Mohammed und seine Anhänger in Mekka in geringer Zahl unter den Ungläubigen lebten, war die Botschaft der Muslime von Frieden und Koexistenz geprägt. Aber nachdem die Muslime im Jahr 622 nach Medina gezogen waren, wuchs ihre militärische Stärke, und nach und nach wurden Verse offenbart, die sie dazu antrieben, in die Offensive, in den Kampf zu gehen. Der Dschihad ist die höchste Form von gottgefälliger Verehrung: „Diejenigen, welche gläubig wurden und auswanderten und in Allahs Weg eiferten mit Gut und Blut, nahmen die höchste Stufe bei Allah ein. Und sie, sie sind die Glückseligen.“ Sure 9 Vers 20: „Allah hat von den Gläubigen ihre eigene Person und ihren Besitz dafür erkauft, dass ihnen der (Paradies-)Garten gehört: Sie kämpfen auf Allahs Weg, und so töten sie und werden getötet.” Sure 9, 111. Neben dem Koran behandelt auch die Sunna den Dschihad. (Sunna ist die zweite Quelle der Scharia. Darunter versteht man die Gesamtheit der Berichte über das, was Mohammad gesagt, gemacht oder stillschweigend geduldet hat.) Die in den Ahadith-Sammlungen überlieferte Tradition bietet vielfältige Aussagen zum Dschihad. Abu Sa`id Al-Chudryy berichtete: „Es wurde folgende Frage gestellt: „O Gesandter Allahs, wer ist unter allen Menschen der beste?“ Der Gesandte Allahs sagte: „Ein Gläubiger, der unter dem Einsatz seines Lebens und Vermögens auf dem Weg Allahs den Dschihad unternimmt.“ Sahih alBukhari Nr. 2786. „Wer immer stirbt, ohne auf dem Wege Allahs gekämpft zu haben oder nicht die Absicht hatte zu kämpfen, der stirbt auf einem Zweig der Heuchelei, “ (Buch Muslim 1910). Um den Islam zu verbreiten führte Mohammed nicht nur Verteidigungskriege, sondern auch Ausbreitungskriege. Mohammed starb 632 n.Chr. und sein Reich umfasste zu diesem Zeitpunkt die Arabische Halbinsel bis etwa zum 30. Breitengrad. Dann wurde der Islam mit dem Krieg weiterverbreitet – in Asien, Nordafrika und Andalusien. Nicht, weil Muslime damals angegriffen wurden, sondern, weil sie den Islam verbreiten wollten. In dieser Tradition stehen islamische und dschihadistische Gruppen von heute, welche den Dschihad starten, um ihn Jahrzehnte und länger durchzuführen. Der Islam hat die Verpflichtung, Macht über andere Nationen zu gewinnen. „Er ist es, der seinen Gesandten mit der Rechtleitung und der wahren Religion geschickt hat, um ihr zum Sieg zu verhelfen über alles, was es (sonst) an Religion gibt“ Sure 9, 33 Mohammed als Vorbild Laut dem Koran ist Mohammed ein Vorbild für jeden Muslim: „Wahrlich, ihr habt an dem Gesandten Allahs (Mohammad) ein schönes Vorbild, “ Sure 33:21. Alles was er gemacht hat, wird in der Scharia als Quelle angesehen. Deswegen ist die Sunna die zweite Quelle der Scharia im Islam. In den Jahren 622-632 hat Mohammed selber 27 Feldzüge angeführt und 47 militärische Aktionen befohlen. Mohammed hat gesagt: „Ich wurde mit dem Schwert vor dem Tage des Gerichts entsandt, bis Allah alleine angebetet wird“ Musnad Imam Ahmad (5114, 5115, 5667). Die Legitimierung des Dschihad lässt sich klar auf den Propheten Mohammed und seine von ihm durchgeführten Feldzüge in den letzten zehn Jahren seines Lebens zurückverfolgen. In der Prophetenbiographie von Ibn Ishaq und die Maghazi (Feldzüge) Literatur wird in chronologischer Reihenfolge über die Feldzüge von Mohammed berichtet. Ein Beispiel davon ist die Geschichte in der Sunna in Sahih Muslim Nr. 3260. Dort steht, dass Mohammed nach dem Angriff auf den jüdischen Stamm Banū Al-Mustaliq (627 n.Chr.) ihre Kämpfer tötete und die Frauen und Kinder versklavte. An diesem Tag nahm er z.B. auch Dschuwairiya (eine seiner Frauen) gefangen. Im Mai/Juni 628 n.Chr. kam es zum Feldzug der Muslime gegen die Juden der Oase von Khaybar (Palästina). Andere Beispiele sind die jüdischen Stämme Banū Qainuqā’ und Banū Nadir. Diese wurden auch vertrieben und alle Männer des Stammes der Banū Quraiza durch ein Massaker hingerichtet. Die Verse in Sure 8, 55 beziehen sich deutlich auf diesen Vorfall um Banu Qaynuqa und alle, die Opposition gegen die Muslime bezogen. „Als die schlimmsten Tiere gelten bei Allah diejenigen, die ungläubig sind und auch nicht glauben werden.“ Im Jahr 629 n. Chr. kam es zur Schlacht von Mutah in Syrien und im Jahr 630 n.Chr. bei Tabuk (im Nordwesten von Saudi-Arabien). Im Jahr 632 n.Chr. ist Mohammed dann im Alter von rund 62 Jahren verstorben. Damit endet auch die Zeit seiner Feldzüge. Was aber keineswegs das Ende der kriegerischen islamischen Expansion bedeutete. Kritik an Mohammad ist laut der Scharia verboten Mohammed liess während bzw. nach der Eroberung der Stadt Mekka mehrere Mekkaner und Mekkanerinnen ermorden, die ihn verspottet hatten oder an seinem Prophetentum zweifelten. Er sagte: „Tötet sie, sogar wenn ihr sie sich an den Tüchern der Ka’bah anklammern seht.“ (Sunna Muslim Nr. 1357) Auch die Dichter, die ihn damals in ihren Gedichten kritisierten, wurden getötet. Der Gelehrte Ibn Taymiyah (1263–1328) sagte in seinem Buch „Das scharfe Schwert auf dem Beschimpfer des Propheten“: „Wer auch immer den Gesandten Allahs beschimpft, sei er Muslim oder Nicht-Muslim, muss getötet werden (…) und dies ist die Meinung der Gesamtheit der Gelehrten.“ Damit meinte er, dass diese Meinung ein Konsens der Gelehrten ist! Der Konsens, also eine Übereinstimmung der Gelehrten bei einer Angelegenheit, ist im Islam die dritte Quelle der Scharia neben dem Koran und die Sunna. Dschihadistische Gruppen wie der IS ziehen ihre Ideologien genau aus dieser Scharia. Sie handeln genau in der Abfolge, wie sie es als stufenweise Offenbarung (laut Koranwissenschaften) im Koran zu finden ist. Die richtige Antwort auf die Fragen, die Ihnen von Teilnehmern im Live-Chat gestellt wurden, lauten also: Ja, Mohammed hat Menschen getötet und ja, er hat Angriffskriege geführt und darauf beziehen sich die heutigen Dschihadkämpfer. Diese Fakten wurden uns von etlichen Islamwissenschaftlern, mit denen wir zusammenarbeiten, genauso bestätigt. Wir fordern Sie somit auf, Ihren Informationsauftrag als öffentlich-rechtliche Medienanstalt wahrzunehmen, diese Art der Falschinformation über den Islam sofort einzustellen und keine weitere Geschichtsverfälschung zu betreiben. Mit freundlichen Grüssen Beatrice Gall Geschäftsführerin Zukunft CH M. Hikmat Islamwissenschaftler und Theologe Zukunft CH, Zürcherstrasse 123, 8408 Winterthur