MEDIZINISCHE HOCHSCHULE HANNOVER Zur Klärung der Epidemiologie bei gehäuftem Auftreten von ESBL-produzierenden Erregern nehmen Sie bitte Kontakt mit der Krankenhaushygiene (Tel. 5123, 5833 od. 4431, 8675) oder der AG Klinische Mikrobiologie (Tel. 4344) auf. Der Klinikumsvorstand Hygienekommission Hannover, Dezember 2005 MERKBLATT über Hygienemaßnahmen beim Auftreten von Extended-spektrum beta-Lactamase (ESBL) produzierenden gramnegativen Keimen 1. Allg. Informationen über Extended-spektrum beta-lactamase (ESBL) produzierende Bakterien • Bakterien, die Extended-spektrum beta-Lactamasen (ESBL) produzieren, können mit diesen Enzymen beinahe alle ß-Laktamantibiotika inaktivieren. Hierzu gehören Penicilline, Cephalosporine (einschließlich der 3. Generationscephalosporine Cefpodoxim, Cefotaxim, Ceftriaxon und Ceftazidim) und Aztreonam. • ESBL-Stämme treten vor allem im Krankenhaus auf. Sie entstammen meist der patienteneigenen Flora und werden durch die häufige Anwendung von 3. Generationscephalosporinen begünstigt. • Sie treten besonders bei Enterobakterien wie Klebsiella spp. und E. coli auf. Die ESBL-Resistenzgene befinden sich meist auf Plasmiden, die auch auf andere Erreger übertragen werden können. • Der Nachweis dieser Erreger ist nicht zwangsläufig mit einer Infektion gleichzusetzen, vielmehr handelt es sich nicht selten um eine Besiedlung (Kolonisation) ohne Infektionszeichen. • Bei Infektionen durch ESBL-Stämme sind häufig nur noch Carbapeneme (Imipenem, Meropenem oder Ertapenem) oder Chinolone (z.B. Ciprofloxacin) wirksam. Der Einsatz dieser Reserve-Antibiotika kann jedoch sowohl zu Sekundärresistenzen als auch zum Auftreten anderer multiresistenter Erreger (z.B. P. aeruginosa) führen. Eine antibiotische Behandlung ist deshalb nur bei Infektionen indiziert. • Sowohl infizierte als auch kolonisierte Patienten können als Keimreservoire für die Ausbreitung von ESBL-Stämmen dienen. Bei epidemischem Auftreten werden sie dabei direkt von Patient zu Patient oder über Zwischenstationen in der Umgebung übertragen. Es sind zahlreiche Ausbrüche beschrieben. • 2. Die Übertragung erfolgt über den direkten Kontakt, hauptsächlich über die Hände. Allerdings können auch Flächen und Geräte in der Umgebung des Patienten nach Kontamination oder unzureichender Aufbereitung zur Infektionsquelle werden. Hygienemaßnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung von ESBLproduzierenden Erregern Die Notwendigkeit einer systemischen Therapie ist zwischen Klinik und Mikrobiologie abzustimmen. Alle am kolonisierten oder infizierten Patienten tätigen Personen (Ärzte, Pflegepersonal, Reinigungspersonal, Physiotherapeuten, Techniker, Studenten usw.) sollen über das Vorhandensein des Problemerregers informiert sein und die folgenden Präventionsmaßnahmen einhalten: • Unterbringung des Patienten in einem Einzelzimmer. Wenn kein Einzelzimmer vorhanden ist (und auch keine Kohortenisolierung möglich ist) sollten die Epidemiologie des Erregers und der Grad der Gefährdung anderer Patienten berücksichtigt werden, wenn über die Unterbringung des Patienten entschieden wird. Bei dieser Entscheidung soll das Hygienepersonal konsultiert werden. • Händedesinfektion vor und nach allen Patientenkontakten und Verwenden von Handschuhen bei allen Kontakten mit Körperflüssigkeiten, Sekreten und Hautläsionen. • Schutzkittel bei direktem Patientenkontakt • Screening von Kontaktpatienten (mindestens ein Rektalabstrich und Urin, bzw. Abstriche von möglicherweise besiedelten Körperarealen wie Hautläsionen, offenen Wunden, Trachealsekret etc.) • Müssen kolonisierte / infizierte Patienten transportiert werden, soll hierzu ein frisch bezogenes Bett oder eine Trage verwendet werden. Die Information über den Kolonisationsstatus ist bei Anmeldung in anderen Abteilungen mitzuteilen, die Hygieneregeln müssen auch außerhalb der Station (z.B. CT, Endoskopie) befolgt werden. • Besucher betroffener Patienten müssen sich beim Pflegepersonal melden und über die Hygieneregeln informiert werden. Sie sollten täglich einen neuen Schutzkittel anlegen und vor Verlassen des Zimmers die Hände desinfizieren. • Laufende Desinfektion aller Flächen und Geräte nach den in der MHH-Liste aufgeführten Verfahren. Nach Entlassung erfolgt eine Schlussdesinfektion (Wischdesinfektion). • Abfall: Normale Entsorgung ("krankenhausspezifische Abfälle" - entspricht EAK 180104 u. 180101 - ehemals B-Müll); Abfallbeutel im Zimmer verschließen. Die Hygienemaßnahmen inklusive Isolierung gelten bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus. Kolonisierte Patienten in der Rekonvaleszenz können bei Einhaltung von Schutzmaßnahmen (Händedesinfektion) das Krankenzimmer verlassen. Da eine Sanierung von ESBL-positiven Patienten schwer zu erreichen ist, sollte die Isolierung erst nach dreimalig negativem Kontrollabstrich (wöchentlicher Abstand, Rektalabstriche bzw. erster Nachweisort) aufgehoben werden. ESBL-wirksame Antibiotikatherapien müssen vor Abnahme der Kontrollen abgeschlossen sein. Bei Verlegung infizierter oder kolonisierter Patienten auf eine andere Station ist der weiterbehandelnde Arzt über den Status zu informieren, Befunde und dieses Merkblatt sind dem Verlegungsbericht beizufügen.