M.3.4 Kurz und klar: Vektorraum

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M.3.4 Kurz und klar: Vektorraum
In M.2.2 haben wir den mathematischen Begriff des Rings (Eigenschaften 1 bis 3) und des
Körpers (Eigenschaften 1 bis 5) eingeführt; wir haben dabei festgestellt, dass es sich bei den
reellen und bei den komplexen Zahlen um Körper handelt.
Um einen entsprechenden Begriff für die Matrizen (und Vektoren) zu definieren, wollen
wir zuerst abstrahieren. Wir betrachten eine Abelsche Gruppe X. Das ist eine Menge von
Elementen x ∈ X, für die eine kommutative Addition erklärt ist (mehr über Gruppen findet
sich im Kap. 20), und für die ein so genanntes Nullelement“ existiert, also:
”
1.a x, y ∈ X ⇒ x + y ∈ X , x + y = y + x;
1.b x + 0 = x , x, 0 ∈ X.
Daneben soll es auch einen Zahlenkörper A geben, in unserem Fall die reellen oder komplexen Zahlen. Wir nennen diese Zahlen zur besseren Unterscheidung von anderen Objekten
auch skalare Zahlen oder kurz Skalare. Für die Elemente α ∈ A sei eine skalare Multiplikation mit den Elementen aus X definiert, also x ∈ X, α ∈ A ⇒ α x ∈ X. Für diese
Multiplikation fordert man die Eigenschaften:
2. 1 x = x ;
3. α (x + y) = α x + α y ;
4. (α + β) x = α x + β x ;
5. α (β x) = (α β) x .
Dabei sind α, β ∈ A und x, y ∈ X. Wenn diese Eigenschaften erfüllt sind, sagt man X ist
”
ein Vektorraum über A“ oder X ist ein linearer Raum“.
”
Die m×n-Matrizen (für festes m und n) bilden so einen linearen Raum oder Vektorraum:
Man kann sie addieren und mit reellen oder komplexen Zahlen skalar multiplizieren und
erhält immer wieder eine m × n-Matrix.
Quadratische Matrizen (m = n) kann man darüber hinaus auch noch miteinander multiplizieren und erhält wieder eine quadratische Matrix gleicher Dimension n. Diese Operation
ist auch assoziativ (α (x y) = (α x) y = x (α y)). Auch gibt es ein Einheitselement. Daher
bilden die quadratischen Matrizen sogar eine Algebra, eben die Lineare Algebra.
Ein anderes Beispiel für einen Vektorraum kann man mit Hilfe der n-Zahlentupel
x ≡ (x1 , x2 , . . . , xn ) ,
xi ∈ R
(M.3.4.1)
finden. Der Raum X heißt dann Rn , da n reelle Zahlen das n-Tupel definieren. Die Addition
zweier n-Tupel x, y definiert man durch komponentenweise Addition. Das Nullelement ist
(0, 0, . . . , 0). Als Körper wählt man A = R, und die skalare Multiplikation wird durch
α x ≡ (α x1 , α x2 , . . . , α xn )
(M.3.4.2)
definiert. Die Forderungen für einen Vektorraum sind bei Rn also erfüllt. Der alltägliche
dreidimensionale Raum ist ein Vektorraum: R3 (vgl. Abschnitt 3.3). Auch die Polynome
Pn (x) mit Koeffizienten aus R (oder C) bilden einen Vektorraum über R (oder C).
Der Begriff des Vektorraums ist aber noch viel mächtiger, als hier demonstriert werden
konnte. Auch Funktionenräume können Vektorräume sein. Dieses Konzept ist in der Funktionalanalysis von großer Bedeutung, wie wir in Kap. 12 sehen werden.
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