Mathematik fur Physiker, Ubersicht 7 Vektorraum, Seite 1, Denition eines Vektorraumes 1 Sei K 2 fR; C g. Ein Tripel (V; +; ) bestehend aus einer Menge V sowie zwei Abbildungen V ! V; : K V ! V; +: V (~x; ~y ) 7! ~x + ~y, (; ~x) 7! ~x, genannt Addition und genannt skalare Multiplikation, heit ein Vektorraum u ber K , wenn fur diese Addition und Multiplikation die folgenden Axiome gelten: (1) (~x + ~y ) + ~z = ~x + (~y + ~z ) fur alle ~x; ~y ; ~z 2 V , (2) ~x + ~y = ~y + ~x fur alle ~x; ~y 2 V , (3) Es gibt ein Element ~o 2 V (genannt Nullvektor) mit der Eigenschaft ~x + ~o = ~x fur alle ~x 2 V , (4) Zu jedem ~x 2 V gibt es ein Element ~x + ( ~x) = ~o, ~x 2 V mit der Eigenschaft (5) ( ~x) = () ~x fur alle ; 2 K; ~x 2 V , (6) 1 ~x = ~x fur alle ~x 2 V , (7) (~x + ~y ) = ~x + ~y fur alle 2 K; ~x; ~y 2 V , (8) ( + ) ~x = ~x + ~x fur alle ; 2 K; ~x 2 V . Da keine Verwechslung zu befurchten ist, schreibt man statt ~x gewohnlich ~x. 1 Friedbert Pr ufer, 09.2002 Mathematik fur Physiker, Ubersicht 7 Vektorraum, Seite 2, Folgerungen aus der Denition eines Vektorraumes 2 Folgerung 1: Es gibt genau einen Vektor ~o 2 V mit ~x + ~o = ~o + ~x = ~x fur alle ~x 2 V . Beweis:(indirekt) Angenommen, es gabe ein zweites Element ~o~ 2 V; ~~o 6= ~o mit der analogen Eigenschaft ~x + ~~o = ~x fur alle ~x 2 V . Da die Addition kommutativ ist und ~o ein Nullvektor ist, gilt ~o +~o~ = ~~o +~o = ~~o. Aus demselben Grund gilt auch ~o + ~~o = ~o. Beide Gleichungen zeigen ~o = ~~o im Widerspruch zur obigen Annahme. Es gibt somit nur einen Nullvektor. q.e.d. Folgerung 2: Zu jedem ~x ~x + ( ~x) = ~o. Beweis: Sei ~x~ 2V gibt es genau einen Vektor ~x 2V mit 2V mit ~x + ~x~ = ~o. Wir addieren zu beiden Seiten dieser Gleichung den Vektor ~x und erhalten ~x + (~x + ~x~ ) = ~o + ( ~x) = ~x. Also folgt ~x~ = ( ~x + ~x) + ~x~ = ~x + (~x + ~x~ ) = ~x. q.e.d. Folgerung 3: Es gilt 0 ~x = ~o fur alle ~x 2 V . Beweis: 0 ~x = (0 + 0) ~x = 0 ~x + 0 ~x. Also folgt ~o = 0 ~x + ( 0 ~x) = (0 ~x + 0 ~x) + ( 0 ~x), folglich ~o = 0 ~x + (0 ~x + ( 0 ~x)) = 0 ~x + ~o = 0 ~x. q.e.d. 2 Friedbert Pr ufer, 09.2002 Mathematik fur Physiker, Ubersicht 7 Vektorraum, Seite 3, Beispiele 3 A) Der Vektorraum K ; K 2 fR; C g. Sei n 2 N. Dann wird die Menge V = K K (n-faches Kreuzprodukt von K mit sich selbst) wie folgt ein Vektorraum: (k1 ; : : : ; k ) + (h1 ; : : : ; h ) := (k1 + h1 ; : : : ; k + h ) (k1 ; : : : ; k ) := (k1 ; : : : ; k ) fur alle (k1 ; : : : ; k ); (h1 ; : : : ; h ) 2 K ; 2 K Addition und Multiplikation werden also komponentenweise erklart. Es ist leicht, die Gultigkeit der Vektorraumeigenschaften nachzuweisen. n n n n n n n n n n B) Der Vektorraum aller (m; n)-Matrizen Seien m; n 2 N naturliche Zahlen. Eine (m; n)-Matrix u ber K 2 fR; C g ist ein rechteckiges Schema aus m-Zeilen und n-Spalten, deren Eintrage Elemente aus K sind. Also sieht eine (m; n)-Matrix A mit den Eintragen a 2 K; (i = 1; : : : ; m; j = 1; : : : ; n) folgendermaen aus: 0a a ::: a 1 BB a1121 a1222 : : : a12 CC A =B . @ .. ... ... CA a 1 a 2 ::: a ij n n m m mn Schreibweise: A = (a )1 1 oder einfach A = (a ) falls keine Verwechslungen zu befurchten sind. Die Menge aller (m; n)-Matrizen bezeichnet man mit K ( ) . Auf K ( ) kann man eine Addition und eine skalare Vielfachbildung wie folgt einfuhren: A ; B 2 K ( ); 2 K . ij i m; j n m;n ij m;n m;n A + B := (a + b )1 ij ij i m; 1 ; A := (a )1 j Auch hier zeigt man leicht, dass K ( ein Vektorraum wird. 3 Friedbert Pr ufer, 09.2002 n m;n) ij i m; 1 j n mit diesen beiden Abbildungen Mathematik fur Physiker, Ubersicht 7 Vektorraum, Seite 4, Beispiele 4 C) Der Vektorraum der unendlichen Folgen K 2 fR; C g. Wir denieren die Menge l1 := f(a1; a2; : : : ) j a 2 K; i = 1; 2; 3; : : : g und nennen sie die Menge aller unendlichen Folgen von Zahlen aus K . Mit komponentenweiser Addition und komponentenweiser skalarer Multiplikation wird l1 ein Vektorraum u ber K . i + : (a1 ; a2 ; : : : ) + (b1 ; b2 ; : : : ) := (a1 + b1 ; a2 + b2 ; : : : ) : (a1; a2 ; : : : ) := (a1; a2 ; : : : ) Man sieht leicht, dass l1 mit diesen beiden Operationen ein Vektorraum u ber K wird. D) Wir betrachten die Gleichung ax + by = 0 in den Unbekannten x; y zu gegebenen a; b 2 R. Fur b 6= 0 ist die Losungsmenge gegeben durch fx; ab x) j x 2 Rg und man sieht direkt, dass die Menge aller dieser Paare einen Vektorraum u ber R bildet. Wir stellen fest, dass die Losungsmenge gewisser Gleichungssysteme einen Vektorraum bildet. E) Sei I R ein Intervall und F (I ) die Menge aller Funktionen u ber I deren Bild in R liegt. Dann wird F (I ) wie folgt ein Vektorraum: (f + g )(x) := f (x) + g (x); ( f )(x) := f (x) fur 2 R. Man sieht, dass die so denierten Funktionen f + g; f in R abbilden und somit zu F (I ) gehoren. Die Nullfunktion x 7! 0 fu r alle x 2 I spielt die Rolle des Nullvektors. 4 Friedbert Pr ufer, 09.2002