Ägypten – Altes Land der Pharaonen H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel Inhalt Vorwort ..........................................................................6 Willkommen in Ägypten! ...............................................7 Ägypten gestern und heute ..........................................10 Tor nach Ägypten .........................................................31 Rundgang durch das Land ...........................................34 Luxor ...........................................................................39 Kairo ............................................................................47 Baqi (Kasten) ...............................................................86 Der Nil .........................................................................89 Reisen in Ägypten ........................................................95 Die ägyptische Gesellschaft – wie der Westen sie sieht und wie sie ist .....................104 Krank sein in Ägypten – Das Gesundheitswesen ...............................................113 Flora und Fauna.........................................................122 Relikte von gestern: Die Pyramiden ..........................131 Relikte von gestern: Die Tempel ................................152 Vom Grabräuber zum Forscher – Zur Geschichte der Ägyptologie .................................160 Ägyptische Persönlichkeiten ......................................174 Der Islam ...................................................................181 Götter im alten Ägypten ............................................192 Totenglaube der alten Ägypter ..................................207 Hieroglyphen – heilige Zeichen ..................................219 Ägypten im Bann des Mythos ....................................226 Berufe in Ägypten ......................................................253 Hallende Gänge, uraltes Grauen – Grab-Systeme aus dem Baukasten .............................264 Abenteuer .......................................................... 276-354 Stichwortverzeichnis ..................................................355 Abenteuer 2: Untot auf dem Nil ...........................306 Überblick ................................................................308 Zeitliche Übersicht (Tabelle) ...................................308 Die „Luxor“ ............................................................309 Typischer Tagesablauf (Tabelle) ..............................310 Gegen die Langeweile (Kasten) ..............................311 6. Mai, Spieleinstieg ...............................................311 7. Mai, zweiter Tag an Bord....................................312 8. Mai, dritter Tag an Bord .....................................313 9. Mai: Tag der bösen Omen ...................................317 Die Hieroglyphen (Kasten) .....................................317 Das Rätsel des Perlenraubs (Kasten).......................319 Ba‘alol-Nefertalis (Kasten) .....................................323 10. Mai: Ein Sturm zieht herauf .............................323 Das Tagebuch des Alasdair Pearce (Kasten) ............325 Ende in drei Zügen .................................................330 Ende .......................................................................331 Spieltestbericht .......................................................332 Anhang ..................................................................333 Schiffsplan der „Luxor“ (Karte) ..............................354 Sa mp Abenteuer 1: Ankh Dschet – Ewiges Leben ........276 Hintergrund für den Spielleiter ..............................278 Der Einstieg ins Abenteuer .....................................280 Ein Wunder, ein Wunder! ......................................282 Der Kult regt sich ...................................................283 Aktionen und Vorgehensweise des Kultes ..............283 Erneuter Besuch im Laden von Ahmed Saada .......285 Auch Nefer-Hotep regt sich ....................................285 Nachforschungen: Die letzte Ruhestätte Nefer-Hoteps .........................286 Die Inschrift (Kasten) .............................................287 Nachforschungen: Im Ägyptischen Museum ..........287 Nefer-Hotep kehrt zurück ......................................289 In die Kanalisation! ................................................291 Der Tempel .............................................................292 Katz und Maus .......................................................293 Wir können auch anders (Kasten) .........................295 Das Ende kommt auf leisen Sohlen ........................296 Spieltestbericht .......................................................297 Anhang ..................................................................299 le file Abenteuer 5 Ägypten – Altes Land der Pharaonen file Vorwort Das Ganze wird natürlich garniert von vielen Abenteuerideen und Vorschlägen für cthuloide Begegnungen. Auch zwei ausgearbeitete Abenteuer befinden sich in diesem Band. In „Ankh Dschet – Ewiges Leben“ reisen die Charaktere nach Ägypten mit der Hoffnung auf Linderung eines physischen Leidens. „Mumia“, gemahlene Mumie, heißt das Wundermittel. Die Behandlung schlägt fehl, allerdings auf die für die Charaktere schlimmste Weise: Sie geraten zwischen die Fronten zweier arkaner Mächte, die sich erbittert bekämpfen. „Untot auf dem Nil“ ist die cthuloide Hommage an Agatha Christies Klassiker. Die Charaktere machen mit allerlei anderen skurrilen Passagieren eine Nilkreuzfahrt an Bord der Luxor. Nach einigen Tagen steigt eine Gruppe englischer Archäologen zu, die eine Ausgrabung vorzeitig abgebrochen hat und nun über Kairo und Alexandria das Land verlassen will. Mit ihnen kommt das Grauen an Bord, und es liegt an den Charakteren, ob die Luxor Kairo überhaupt erreicht. Hinweisen wollen wir auch ausdrücklich auf das kleine Begleitbuch „Wissenswertes zu Ägypten“, das genau das zusammenträgt, was der Titel verspricht. Außerdem findet man hier Originalstimmen aus zeitgenössischen Reiseführern. Fast alle der in diesem Band erwähnten Mythoskreaturen werden im Spielleiter-Handbuch oder im Malleus Monstrorum ausführlich (und mit Spielwerten) beschrieben. Ausdrückliche verwiesen wird darauf aber nur im Ausnahmefall. Weiterführende Informationen zum Mythos in Ägypten finden sich auch in der vergriffenen Kampagnenbox In Nyarlathoteps Schatten und in der demnächst erscheinenden dreiteiligen Abenteuerkampagne Die Bestie. mp le Im Jahre 2008 haben wir von der Cthulhu-Redaktion in unserem Internet-Forum www.cthulhu-forum.de eine Umfrage veranstaltet, zu welchem Land sich die CthulhuFans einen Quellenband wünschen. Viele Länder wurden genannt, mit Abstand am häufigsten aber Ägypten. Bei näherer Betrachtung überrascht das kaum, da es kaum ein Land der Erde gibt, in dessen alter Geschichte sich so viele Ereignisse abgespielt haben, die relevant für den CthulhuMythos sind, auch in den 1920ern und der Gegenwart. Zahlreiche Götter aus dem alten Ägypten spielen auch eine Rolle im Cthulhu-Mythos, nachzulesen in unserem ausführlichen Kapitel zum Cthulhu-Mythos in Ägypten. Aber auch ansonsten haben wir viel zusammengetragen, was der Spielleiter braucht, um Spielercharaktere auf Cthulhus Spuren im alten Land der Pharaonen mit aufregenden Abenteuern zu konfrontieren. Der Geschichtsteil soll dem Spielleiter Anregungen geben, wie die Verhältnisse im alten Ägypten waren und welche Geheimnisse bis in die Gegenwart der 1920er überdauert haben können. Weitere Themen sind die Städte und Ortschaften des Landes selbst und natürlich der Nil, die Lebensader Ägyptens. Wir beschreiben, wie man in Ägyptens Verkehrsverhältnissen vorankommt, wie sich die einheimische Gesellschaft aus Sicht des Westlers darstellt und wie derjenige versorgt wird, der Blessuren seiner physischen oder geistigen Gesundheit erlitten hat. Die Relikte von gestern, die Pyramiden und Tempel, haben Ägyptens Ruf als Mekka der Altertumsforscher begründet. Ein ausführlicher Beitrag widmet sich dem Cthulhu-Mythos in Ägypten. Wer Charaktere – westliche, aber auch einheimische – im Land am Nil spielen will, ist mit dem Abschnitt „Berufe in Ägypten“ gut aufgehoben. Und in „Hallende Gänge, uraltes Grauen – Grab-Systeme aus dem Baukasten“ kann sich der Spielleiter sein eigenes ägyptisches Grab zusammenstellen. Sa Vorwort H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel Jan Christoph Steines für die Cthulhu-Redaktion im Juli 2012 6 Ägypten – Altes Land der Pharaonen H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel Willkommen in Ägypten! 4.000 Jahren war Nitocris Pharaonin, über deren Regierungszeit wenig bekannt ist, außer dass das Land in einer blutigen Schreckensherrschaft versank. Über ein halbes Jahrtausend später verhinderten gemeine Meuchelmörder, dass ein Hohepriester des Nyarlathotep die Herrschaft an sich riss; wenig später regierte Pharao Echnaton und rief den Avatar eines außerweltlichen Wesens an. Das sind nur ein paar Beispiele, wie der Mythos an der dünnen Decke der ägyptischen Geschichte kratzt und versucht, sich einen Weg in die Welt der Vernunft und Wissenschaft zu bahnen. Mythosforscher kommen nach Ägypten, um diese Decke zu durchbrechen und die Wahrheit offenzulegen – welche Gründe sie auch immer dafür haben mögen. Sogar der Koran warnt vor den Schrecken des Mythos. Doch von alldem wird später in diesem Buch noch ausführlich berichtet werden. Es gibt viele Quellen für verborgenes Wissen in Ägypten. Die Bibliothek von Alexandria ist zwar verbrannt, doch viele Schriftstücke konnten gerettet werden und warten noch immer darauf, gefunden und gelesen zu werden – darunter auch zahlreiche Mythosschriften. Grabräuber stehlen schon seit Jahrhunderten Schätze aller Art aus den Gräbern der Pharaonen, um sie gewinnbringend zu verkaufen. Viele sind in den Straßen von Kairo oder in den Tresoren reicher Kunstsammler zu finden. Es ist jedoch auch ein Wort der Warnung angebracht. Neben den üblichen Gefahren, die auf den Mythosforscher warten, lauern auch viele moderne Gefahren in Ägypten. In den Slums des mittelalterlichen Teils von Kairo sollen Menschenfresser wohnen – Menschen, die so arm sind, dass sie auf den Verzehr von Ihresgleichen zurückgreifen. Ein Verhalten, dass man nur von cthuloiden Monstern – oder Ratten – kennt. Seit die Briten nominell nicht mehr an der Macht sind, geht die ägyptische Regierung nicht freundlich mit Kunstschmugglern um; man sollte sich tunlichst ein Schreiben vom Ägyptischen Museum besorgen, das die Ausfuhr von kleinen Kunstgegenständen erlaubt, bevor man etwas mit nach Hause nimmt. Und eben dieser Sa mp le file Der normale Ägyptenreisende ist fasziniert vom Alter und der Exotik des Landes am Nil: das Chaos von Kairos Altstadt mit all ihren exotischen Gerüchen und gewundenen, überfüllten Straßen, der Luxus der Neustadt, die fremde Lebensweise der Ägypter, die Hitze, die Tempel, die Pyramiden – die schiere Allgegenwart von Kunst und Geschichte. Der Sand der Wüste scheint Verfall zu symbolisieren, doch gleichzeitig wird aus ihm fast täglich konservierte Geschichte geborgen. Diese uralte Geschichte ist es aber, die auch andere Reisende nach Ägypten lockt – Reisende auf der Suche nach Dingen, die noch älter sind als dieses erhabene Land. Der Cthulhu-Mythos liegt in Ägypten offener an der Oberfläche als an anderen Orten der Welt. Durch die massiven Ausgrabungen werden fast täglich vergangene Jahrtausende in Form von Schriften, Kunstgegenständen und Mumien wiederentdeckt. Die alten Ägypter haben unmenschliche Anstrengungen unternommen, um sich selbst und ihre Welt zu konservieren. Die Haltbarkeit der Gräber, der Kunstgegenstände, Papyrusrollen und Steinbauten erlaubt es, auf Wissen vergangener Zeiten zurückzugreifen, wie es Menschen noch nie möglich war – und wie es nur in Ägypten möglich sein kann. Der Cthulhu-Mythos hat immer schon eine besondere Affinität zu dem Land am Nil gehabt. Abdul Alhazred studierte Ägypten und Babylon und schrieb daraufhin das Al-Azif, das schreckliche Necronomicon, bevor sein Geist zerstört wurde. Er war in Kontakt getreten mit der anderen, der geheimen Geschichte Ägyptens, die trotz aller Bemühungen vergangener Generationen nicht ganz verborgen bleiben kann. Der Schwarze Pharao, Nephren-Ka, betete Nyarlathotep, den Sendboten der Alten, an und ließ in seinem Namen das Blut aberhunderter Opfer im Sand der Wüste versickern. Nachdem er erschlagen worden war, wurden sein Name aus jeder Schrift und sein Gesicht aus jedem Bildnis getilgt, und doch verehrte man ihn über die Jahrhunderte hinweg immer weiter, sogar bis zum heutigen Tag. Immer wieder gelangten Anhänger Nyarlathoteps und anderer nichtmenschlicher Wesen an die Macht. Vor über 7 Ägypten – Altes Land der Pharaonen Bedrohungen, die es abzuwehren gilt, zu groß und das Wissen, das es zu erwerben gibt, zu wertvoll. Ägypten bietet dem Mythosforscher mehr, als er sich erträumt. Während sich der Mythos überall in die Hinterhöfe der Welt zurückgezogen hat, liegt er hier knapp unter der Oberfläche und wartet nur darauf, freigelegt zu werden. Regierungswechsel führt zu weiteren, scheinbar ganz weltlichen Gefahren, denn Aufstände und Demonstrationen sind immer noch an der Tagesordnung. Nicht nur die normalen Touristen sollten immer einen Dragomanen dabeihaben, wenn sie sich in die alten Viertel von Kairo begeben, denn sonst können auch sie leicht in eine abgelegene Sackgasse gedrängt werden und ein Messer an der eigenen Kehle spüren. Aber Gefahren haben Mythosforscher noch nie abgeschreckt, dazu sind die mp le file Daher nochmals: Willkommen in Ägypten! Sa Willkommen H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel 8 H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel Sa mp le file Ägypten – Altes Land der Pharaonen 9 H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel Ägypten – Altes Land der Pharaonen Ägypten gestern und heute islamischen und türkischen Zeit, auf die Herrschaft der Franzosen und Briten und zuletzt auf ein Königreich. Es existieren unterschiedliche Versuche, die Zeit des Alten Ägyptens in Epochen zu gliedern. Will man die Geschichte Ägyptens beschreiben, so blickt man auf mehrere Tausend Jahre: Man blickt auf die alten Pharaonen mit ihren Pyramiden und Tempelbauten, auf das Alexandria des größten Eroberers der Geschichte, man blickt auf das Reich Ostroms, auf das Ägypten der le file Die vordynastische Zeit (Bis ca. 3000 v. Chr.) Sa mp Wann genau die ersten Menschen die fruchtbaren Gebiete des Nils besiedelten, ist unklar. Bereits 10.000 v. Chr. haben Menschen am fruchtbaren Nil gelebt. Deutlichere Spuren hinterließ eine halbnomadische, jungsteinzeitliche Kultur im 5. Jahrtausend mit erster Vorratshaltung und typischer Keramik. Überreste einer ihrer Siedlungen wurde nahe des Dorfs Merimde-Benis Salame gefunden – der Fundort gab den Namen Merimdekultur. Ägypten in den Quellen In und über Ägypten wurde in den vergangenen 5.000 Jahren viel geschrieben. Das heiße und trockene Klima hat sogar die ältesten Papyri und Aufzeichnungen erhalten, so dass die Geschichtsforschung ein überraschend gutes Bild über das Leben der alten Ägypter hat. Aber auch wenn die Ägyptologie bereits im 19. Jahrhundert beeindruckende Funde und Entdeckungen zu verzeichnen hatte, haben sich viele Geheimnisse erst nach dem Zweiten Weltkrieg gelüftet. Somit ist das Land am Nil in den 1920er Jahren noch mehr von Legenden und Vermutungen als von klaren wissenschaftlichen Erkenntnissen durchwoben. Unter den unzähligen Funden und Schriften aus und über das Land stechen einige heraus. So verdankt die Ägyptologie verschiedenen Königslisten ihr genaues Wissen über die Namen und Regierungszeiten der einzelnen Pharaonen. Berühmt ist hierbei der Königspapyrus Turin aus der Zeit Ramses II. (1200), der nach dem Museum in Turin benannt, in dem er seit 1824 liegt. Er ist die längste erhaltene Liste mit Königsnamen. Die Entschlüsselung der Hieroglyphen und damit den Schlüssel zum Verständnis der alten Kultur verdankt die Wissenschaft dem Fund des so genannten Steins von Rosetta unter Napoleon im Jahr 1799. Auf 10 Einige Jahrhunderte später hatten die Bewohner Ägyptens bereits einen gewaltigen kulturellen Sprung gemacht, wie Ausgrabungen beim Örtchen Negade 80 km nördlich von Luxor zeigten. Denn dort wurde ein gewaltiger Friedhof mit über 3.000 Gräbern der – erneut nach dem Fundort benannten – Negadekultur gefunden. Diese Kultur bestimmte das 4. vorchristliche Jahrtausend. Die Epoche ist gekennzeichnet durch die Anlage großer Nekropolen, einer rasanten Entwicklung in Kultur und Kunst sowie das Auftreten des Schiffbaus. diesem Stein finden sich Lobpreisungen eines Herrschers, die in Hieroglyphenschrift, Demotisch (Altägyptische Sprache seit 700 v. Chr. – siehe Hieroglyphen – heilige Zeichen, S. 219ff) und Altgriechisch geschrieben wurden. So konnte mit Kenntnis des griechischen Textes 1822 die Hieroglyphenschrift entschlüsselt werden. Bis es gelang, die originalen Texte zu lesen, prägten klassische Autoren mit ihren Reiseberichten das weltweite Bild über Ägypten. Hier ist an erster Stelle der griechische Geschichtsschreiber Herodot (480 bis 425 v. Chr.) zu nennen. Seine Schilderungen im 2. und 3. Buch seiner Historien über das Land am Nil haben unzählige Forschergenerationen beeinflusst, auch wenn seine Berichte oft sehr unzuverlässig waren. Spätere Autoren wie Strabo (58 v. Chr-25 n. Chr.) und Lukian (125-190 n. Chr.) fanden Einzug in die römische Geschichtsschreibung und haben dadurch die europäische Kultur maßgeblich beeinflusst. Denn ihre Werke wurden von Denkern wie Erasmus von Rotterdam und Thomas Morus, aber auch von Goethe und Schiller gelesen und verarbeitet. Anfang des 17. Jahrhunderts untersuchte der deutsche Jesuit Athanasius Kircher intensiv die altägyptischen Quellen und legte damit das Fundament für die wissenschaftliche Ägyptologie. Ägypten – Altes Land der Pharaonen H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel Die Zeit der ersten beiden Dynastien: Herren über ganz Ägypten (bis 2657- v. Chr.) Königtum prägen sollte. Denn Der Horus wurde zum Titel des Pharaos (siehe Kastentext, S. 13). Es ist in der Ägyptologie umstritten, ob Narmer der letzte König der vordynastischen Zeit oder Gründer der 1. Dynastie war. Zwar hat er ein geeintes Ägypten geschaffen, jedoch sehen die Ägypter selber Namers Sohn Meni als ersten ägyptischen König und Gründer der 1. Dynastie, da dieser den Kalender einführte. Den Neujahrestag ihres Sonnenjahres legten sie mit dem Aufgang des Siriussterns fest, der zeitweilig Sa mp le file In den letzten beiden Jahrhunderten des 4. Jahrtausends entwickelte sich bei lokalen Machthabern der Gedanke eines geeinten Landes mit einem Königtum. So gelang es letztendlich Pharao Narmer um das Jahr 3000 v. Chr., Oberägypten (=Südägypten) und Unterägypten (=Nordägypten) unter seine Macht zu zwingen und zu vereinen. Narmer errichtete seine Hauptstadt in Hierakonpolis (ägypt. Nechen) nördlich von Edfu in Oberägypten. Das Volk sah in Narmer die Inkarnation des Himmelsgottes Horus auf Erden, ein Gedanke, der fortan das ägyptische Vogeljagd, Wandmalerei in Theben. 11 Ägypten – Altes Land der Pharaonen unsichtbar, in zyklischer Regelmäßigkeit alle 365,25 Tage pünktlich zur Nilüberschwemmung im Juli am Himmel erscheint. Das Jahr wurde durch die landwirtschaftlich entscheidenden Elemente der Überflutung, Aussaat und Ernte in drei Jahreszeiten zu je vier Monaten á 30 Tagen unterteilt. Fünf Schalttage, die keiner Jahreszeit zugerechnet wurden, komplettierten das Jahr. Dass pro Jahr ein viertel Tag fehlte, überging man stillschweigend. Die so entstandene Zeitverschiebung kompensierte man bei Bedarf mit weiteren Schalttagen, die zum Teil zu hohen Feiertagen erklärt, teilweise aber auch als nichtexistente Tage gezählt wurden. Meni schuf auch die erste ägyptische Staatsverwaltung des sich ausdehnenden Herrschaftsgebietes. Schriftentwicklung, Volkszählung und Erheben von Steuern ermöglichten effizientere Verwaltung und den Austausch von Waren bis nach Vorderasien. Die gemeinsame Herrschaft über Ober- und Unterägypten wurden zum Kennzeichen der Herrscher der ersten beiden Dynastien. Politisch war die 1. Dynastie (3000-2870) sehr stabil und umfasste insgesamt acht Pharaonen. Die Herrscher der 2. Dynastie (2870-2740) verlagerten ihr Interesse zunehmend nach Unterägypten. Die politischen und religiösen Spannungen zwischen dem vernachlässigten Oberägypten und dem restlichen Reich entluden sich immer wieder in Konflikten und Bürgerkriegen. Zeitweise herrschten zwei Pharaonen gleichzeitig, die sich jeweils als Inkarnation des Herrschergottes Oberägyptens (= Horus) oder des Herrschergottes Unterägyptens (= Seth) ansahen. Erst Pharao Horus-Seth Chasechemui (2684-2657) gelang es, die Zersplitterung des Reichs zu beenden; er verband als letzter Pharao der 2. Dynastie beide Königstitel, reformierte das Reich und legte damit den Grundstein für den glorreichen Zeitabschnitt, den die Ägyptologie „Das Alte Reich“ nennt. file Das Alte Reich – Macht aus Stein gebaut (2657- bis 2216 v. Chr.) Sein Sohn Djoser (2640-2620) hingegen gilt als Erfinder des monumentalen Steinbaus, denn in seiner Regierungszeit wurde von Baumeister Imhotep die gigantische Grabanlage in Sakkara als ältester monumentaler Steinbau der Menschheitsgeschichte errichtet. Diese Demonstration seiner überirdischen Macht hat auch viele nachfolgende Generationen schwer beeindruckt. Die Griechen haben Djoser schließlich sogar mit ihrem Heilgott Asklepios gleichgesetzt. In seiner Regierungszeit mp le Das so genannte „Alte Reich“ umfasste die 3. bis 6. Dynastie. Geprägt war diese Epoche durch einen gewaltigen wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Aufschwung, dem Entdeckungen aus der Mathematik und Astrologie zu verdanken waren. Die Landwirtschaft florierte, das Handwerk und die Kunst erblühten, und die Architektur brachte monumentale Bauten hervor. Die Herrschaft des ersten Pharaos des 3. Dynastie, Nebka (2657-2640), liegt im Dunkeln. Sa Gestern und heute H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel Die Cheops-Pyramide. 12 Ägypten – Altes Land der Pharaonen H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel mp le file reformierte er das Land und machte es dank großer Getreidespeicher Die fünf Namen des Herrschers unabhängig von den Überflutungen Mit der Zeit wurden die Pharaonen mit fünf verschiedenen Namen benannt, die des Nils. alle eine wichtige Bedeutung hatte. Der erste Name war der Geburtsname. Mit der An solche Erfolge konnten die Geburt eines Prinzen war noch nicht festgelegt, ob dieser seinem Vater auf den Thron übrigen Könige der 3. Dynastie nachfolgen würde. So erhielt er nach seiner Geburt wie jeder Bürger im Land einen nicht anknüpfen. Genaue Angaben normalen Eigennamen. über die letzten Herrscher dieser Wenn der Prinz nun Pharao wurde, erhielt er seinen Thron-Namen, der auf seinen Dynastie sind nicht möglich. Der Status als weltlicher Herrscher über Ober- wie auch Unterägypten verwies. Doch der Cthulhu-Mythos präsentiert jedoch Pharao war in den Augen der Ägypter mehr als nur ein irdischer Herrscher. Sobald den (fiktiven) Pharao Nephren-Ka er den Thron bestieg, wurde aus dem Menschen etwas Größeres. Denn nun war er als letzten Herrscher dieser Epoche als Pharao der Garant für die Stabilität der Welt und in der göttlichen Welt heimisch. (siehe S. 228). Dies drückte der Horus-Name aus, der älteste bezeugte Titel des Pharaos, mit dem die Erst mit Snofru, dem Begründer Herrscher bereits seit der 1. Dynastie benannt wurden. der 4. Dynastie (2590-2554), bestieg Ebenfalls seit der 1. Dynastie trägt der Pharao den Nebti-Namen. Dieser Titel kann wieder ein Herrscher den Thron als „die beiden Herrinnen“ übersetzt werden und ist von seiner Idee her eng mit der Ägyptens, dessen Taten größeren Vorstellung der alten Ägypter verbunden, dass alles in der Welt von einem Dualismus Einfluss auf die Geschichte hatten. bestimmt sei. Für die Ägypter zeigte sich dies deutlich an der Zweiheit ihres LanMit ihm begann eine besondere des (Ober-/Unterägypten) und an der Zweiheit ihrer Gesellschaft (Politischer Staat/ kulturelle Blütezeit, die zu intensiReligiöses Königtum). Wahrscheinlich bezieht sich der Name auf zwei frühe Schutzvem Schiffsbau und Handel, sowie göttinnen. Er soll verdeutlichen, dass der Pharao unter dem besonderen Schutz dieser zu kriegerischen Expeditionen nach Göttinnen steht. So kann er der Zweiheit von Ober- und Unterägypten Herr werden Nubien führte. Besonderes Kennund die Zweiheit von Staat und Königtum daran hindern, auseinander zu fallen. zeichen seiner Herrschaft sind aber Der fünfte Titel, den ein Pharao trug, ist der Goldname, der seit der 3. Dynastie belegt die Pyramiden, die er und die die ist. Er soll den Pharao mit der Sonne gleichsetzen. Die eigentliche Bedeutung dieses restlichen Herrscher der 4. Dynastie Namens ist jedoch unklar. Spätere Generationen haben ihn unterschiedlich gedeutet. bauten. Die wohl berühmteste dieser Pyramiden errichtete Snofrus Sohn Chufu, den die Nachwelt unter seinem griechischen NaBedeutung. Kriege der Gaufürsten untereinander sowie men Cheops kennt. Seine Cheopspyramide in Gizeh als ein Ausbleiben des Nilhochwassers und daraus resultiehöchstes und gewaltigstes Bauwerk der Antike spricht für rende Missernten führten das Alte Reich einem jammerdie Macht des Pharaos. vollen Ende entgegen. Wie schon die Pharaonen der 3. Dynastie konnten auch Snofrus und Cheops‘ Nachfolger nicht an deren Bedeutung anknüpfen. So ging die 4. Dynastie um 2455 in den Wirren eines Thronfolgekriegs unter. Neuer Pharao und Begründer der 5. Dynastie wurde Userkaf, der die Der letzte Pharao der 6. Dynastie, Nitocris, ist eine sagenMacht seiner Herrschaft bis zu den Ägäischen Inseln ausund rätselhafte Gestalt. Spätere Quellen beschreiben Nitoweitete. Sein Hauptgott war Re, dem er in Abusir zwischen cris nicht mehr als Mann, sondern als wunderschöne Frau Gizeh und Sakkara einen großen und für seine Zeit ungeauf dem Pharaonenthron. Auf diesem hatte sie gezwunwöhnlichen Tempel mit einem gewaltigen Obelisken als genermaßen Platz genommen, da die Mörder ihres BruZentrum baute. Seine Nachfolger setzten innenpolitisch ders sie zu ihrer Marionettenherrscherin machten. Doch neue Akzente, indem sie Staatsämter nun nicht mehr die Schwester rächte sich blutig: Der späte Geschichtsnur an Familienmitglieder, sondern an besonders ausschreiber Herodot weiß zu berichten, dass Nitocris eine gebildete Privatleute vergaben. Diese Staatsämter waren unterirdischen Saal bauen ließ und dort die Mörder ihdas bevorzugte Karriereziel aller Ägypter, denn sie boten res Bruders zum Bankett lud. Dann leitete sie die Fluten Status und Bequemlichkeit. Werde Schreiber (=Beamter), des Nils in den Raum und sah die Mörder ihres Bruders empfiehlt ein altägyptisches Buch der späteren Jahrhunjämmerlich ertrinken. Die Geschichtsschreibung hält dies derte, das bewahrt dich vor Mühsal und schützt dich vor Arbeit. alles jedoch für Legenden (Mythosforscher wissen es allerEs befreit dich davon, den Spaten, die Hacke oder den Korb dings besser – siehe S. 229). tragen zu müssen oder ein Ruder zu bewegen. In späterer Zeit war Nitocris ein Frauenname, wurde jedoch zur Zeit der 6. Dynastie auch von Männern getraSo entstand eine vom Königshaus unabhängige Beamtengen. Es steht zu vermuten, dass spätere Autoren den Naschicht, die sich nach und nach dem Einfluss der Pharaomen in einer Königsliste lasen und ihn als Frauennamen nen entzog. Pharao Djedkare (2355-2317) musste so das interpretierten. Dies regte die Fantasie der Menschen an Amt des „Vorstehers über Oberägypten“ schaffen, der und führte zu diesen Geschichten. Mit Nitocris erlosch dafür zu sorgen hatte, dass die Steuern auch in den Kassen die 6. Dynastie im Jahr 2216. des Pharaos und nicht in den Privatschatullen der Beamten landeten. Trotz dieser Neuerung gelang es Djedkare nicht, den schleichenden Niedergang des Königtums aufzuhalten. Mit seinem Nachfolger endete im Jahr 2297 die 5. Dynastie Die Herrscher der 6. Dynastie waren schwach. Die Gaufürsten in ihren regionalen Zentren gewannen an Sa Nitocris 13 Ägypten – Altes Land der Pharaonen Die Erste Zwischenzeit (bis 2010 v. Chr.) „Alles liegt in Scherben; ein Mann schlägt seinen Bruder, seiner Mutter Sohn. Pestilenz zieht durch das ganze Land und überall herrscht Blutvergießen; gesetzlose Männer ohne Glauben haben nicht gezögert, das Königtum anzutasten. Ein fremder Stamm ist in Ägypten eingefallen und allerorts haben sich Nomaden aus der Wüste zu Ägyptern gemacht.“ Sie regierten teilweise parallel und waren, wenn überhaupt, nur von lokaler Bedeutung. Diese fünf Dynastien umfassende Zeit nennt die Ägyptologie die Erste Zwischenzeit. Mit den beiden Städten Theben im Süden und Herakleopolis Magna im Norden gelingt es in dieser Epoche zwei Städten, zu einem gewissen Einfluss zu kommen. Sie bestimmten die politischen Geschicke der letzten zwei Jahrhunderte des 3. vorchristlichen Jahrtausends. So beschrieb das Klagelied des Ipu-Ur aus dieser Zeit die Zustände im Land. Der Staat Ägypten hatte aufgehört, zu existieren. Die nun folgenden „Könige“ der 7. bis 11. Dynastie verdienen diesen Namen nicht wirklich. le mp Dem thebanischen König Mentuhotep II., Gründer der 11. Dynastie, gelang es um 2010, Nordägypten unter seine Herrschaft zu zwingen. Die Teilung des Reichs fand ihr Ende. In seiner langen Regierungszeit (20461995) gelang es Mentuhotep II. Semataui („Der beide Länder vereinigt hat“), das geeinte Reich zu stabilisieren. Seine politischen und gesellschaftlichen Reformen führten schon bald zu einem Wiedererblühen von Kunst und Wirtschaft. Um das Land nachhaltig zu einen, wurde das Amt des „Vorstehers über Oberägypten“ wieder eingeführt und auch ein „Vorsteher über Unterägypten“ geschaffen. Als der Pharao nach 51 Regierungsjahren starb, hinterließ er seinen Nachfolgern gleichen Namens ein stabiles Reich. Jedoch endete mit Mentuhotep III. bereits die 11. Dynastie. Der Begründer der 12. Dynastie Amenemhet I. war wahrscheinlich ein Mann aus dem thebanischen Volk. Er sicherte die Grenzen seines Reiches mit der so genannten Fürstenmauer, einem System von Grenztürmen und Festungen. Um den Wirren einer Thronfolge ein Ende zu bereiten, schuf er die so genannte Mitregentschaft. Noch zu Lebzeiten ernannte ein Herrscher einen Nachfolger, mit dem er zusammen einige Zeit vor seinem Tod regierte. So erscheint es wie ein file Das Mittlere Reich 17-93 v. Chr.) (bis ca. 1793 Sa Gestern und heute H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel Darstellung des Königs Mentuhotep. 14 Ägypten – Altes Land der Pharaonen H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel posante Festungsanlagen. Diesem expansionistischen Kurs folgten auch die weiteren Herrscher der 12. Dynastie, die aber stets das Problem hatten, die stetig stärker werden Gaufürsten unter ihre Kontrolle zu zwingen. Frieden, eine gute Verwaltung und Rechtsprechung durch den Beamtenapparat sowie allgemeiner Wohlstand sicherten der 12. Dynastie für Jahrzehnte ein stabiles Reich. Doch 1793 v. Chr. erlosch die glorreiche 12. Dynastie nach einer Reihe schwacher Herrscher. süffisanter Seitenhieb der Geschichte, dass Amenemhet I. den Tod durch die Hand eines seiner Söhne fand, der sich in der Thronfolge übergangen fühlte. Doch es gelang dem Mitregenten Sesostris I., (19561911) den Thronräuber zu überwältigen, seinen Anspruch zu sichern und Ägypten zu neuer Blüte zu führen. Der Herrscher vergrößerte sein Reich durch Feldzüge, schuf in den eroberten Gebieten neue Gaue zur Verwaltung und sicherte die alten und neue Teile seines Reichs durch im- Die Zweite Zwischenzeit – Unter fremder Herrschaft (17-93 bis 1532 v. Chr.) im Land aus und unterwarf ganz Ägypten. Die Große Hyksos-Dynastie – die als 15. Dynastie der ägyptischen Herrscher gezählt wird – verfügte zwar mit dem Streitwagen über eine überlegene Waffentechnik, doch es gelang ihr nicht, das Land zu kontrollieren. So stützte sich die Macht der Hyksos auf Vasallenkönige, welche die 16. und 17. Dynastie bildeten und parallel zu den Hyksos herrschten. Um 1532 endete die Herrschaft der Fremden, die von König Ahmose vertrieben wurden. Mit Ahmose, der sich 1540 zum Pharao erklärte, begann das Neue Reich. mp le file Mit der 13. Dynastie begannen erneut chaotische Zeiten in Ägypten. Die etwa 50 Herrscher und die kurze Herrschaftsdauer der 13. Dynastie deuten darauf hin, dass die ganze Dynastie von Thronstreitigkeiten bestimmt war. So sagten sich mehrere Kleinkönigreiche im östlichen Nildelta von der schwachen Zentralregierung los und begründeten die 14. Dynastie, über die aber kaum etwas bekannt ist. Ägypten war unbedeutend und schwach. So konnte um 1700 v. Chr. ein Fremdvolk aus Vorderasien nach Ägypten einwandern. Dieses Volk – Hyksos genannt – nutzte das Machtvakuum Sa Das Neue Reich – Ein halbes Jahrtausend der Macht (1540 bis 107-0 v. Chr.) Eigentlich war Ahmose (1540-1525) ein Angehöriger der 17. Dynastie, aber die ägyptische Geschichtsschreibung stellte den Befreier und Gründer des Neuen Reichs an die Spitze einer neuen Dynastie. Er eroberte in seiner 15 Jahre dauernden Herrschaft Ägypten Stück für Stück von den Hyksos zurück, das er von seiner neuen Hauptstadt Theben aus sicherte, reformierte und zu neuer Größe führte. Er erhob die Königsgemahlin in die Position der „Gottesgemahlin des Amun“, um für die Zukunft Thronfolgestreitigkeiten zu verhindern. Denn der zukünftige Pharao konnte seine Legitimation nun sowohl vom König als auch – im Falle eines frühzeitigen Ablebens des Königs – von der Gottesgemahlin erhalten. Ahmoses Nachfolger Amenophis (1525-1504) gab dem Land inneren Frieden durch eine straffe Verwaltung. Er rief die großen Köpfe seiner Zeit an sein Hof. Er und seine Nachfolger verhalfen der Kultur und Wissenschaft zu einem ungeahnten Aufschwung. Statt Pyramiden zu errichten, bauten die Könige dieser Zeit lieber Felsengräber. Thutmosis I. (1504-1941) ließ als erster König für sich ein Grab im späteren Tal der Könige bauen. Doch das Neue Reich lebte nicht nur in Frieden, denn in Kleinasien hatte sich im 16. Jahrhundert mit dem Mitannireich ein Feind etabliert, dem Thutmosis II. (1491-1479) und Thutmosis III. (1479-1426) immer wieder im Kampf entgegentreten mussten. Hatschepsut und Thutmosis III. Thutmosis III. war noch ein Kind, als er den Thron besteigen sollte. So führte die Königsgemahlin Hatschepsut (1479-1457) die Geschäfte im Land. Eine Frau auf dem Königsstuhl war nichts völlig Neues, aber die Königin musste zeit ihrer Regierung um ihrer Status kämpfen. Sie sorgte für Frieden und Wohlstand. Dieser muss so unermesslich gewesen sein, dass er Erwähnung in Hatschepsuts Totentempel (siehe Relikte von gestern: Die Tempel, S. 152ff) fand. Denn dort steht ein detaillierter Bericht über die erfolgreichen Expeditionen der Königin in das Sagen umwobene Goldland Punt. Von dort importierten die Ägypter vermutlich seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. unermessliche Schätze wie Weihrauch, Ebenholz, 15 Ägypten – Altes Land der Pharaonen le file Gestern und heute H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel Sa mp Elfenbein und Gold. Nach alten Darstellungen lag Punt östlich von Ägypten am Meer. Unabhängig davon, ob Punt wirklich existierte oder ein Traumland war – die wirtschaftliche Stabilität unter Hatschepsut machte es nach ihrem natürlichen Tod Thutmosis III. möglich, Ägypten zur alles beherrschenden Großmacht seiner Zeit zu machen. Die ganze Erde war Ägypten tributpflichtig, heißt es in den Analen des Landes. Mit diesem Reichtum baute Thutmosis III. den Göttern im ganzen Land Tempel. Anlässlich seiner Regierungsjubiläen ließ er eine Reihe gigantischer Obelisken bauen, die inzwischen in der ganzen Welt zu finden sind. Einer dieser Obelisken steht seit 1587 auf dem Platz vor dem Laterankonzil in Rom. Die beiden Obelisken namens „Nadeln der Kleopatra“ haben 1877/78 in London und 1880 im Central Park in New York eine neue Heimat gefunden. Norden her das Land am Nil bedrohte. Denn dort war das Reich der Hethiter gewachsen und erreichte die Grenzen Ägyptens. Der Feind konnte jedoch abgewehrt werden, und innenpolitische Probleme im Hethiterreich sorgten für eine Verschnaufpause. So regierte Amenophis III. (1388-1351) dank Diplomatie und Weitsicht in einer fast 40 Jahre dauernden Ära voll Frieden und Wohlstand. Dieser Wohlstand erlaubte es dem Pharao, sich als Bauherr zu betätigen und alle seine Vorgänger durch seine kolossalen und monumentalen Projekte in den Schatten zu stellen. Diese Bauvorhaben brachten dem Pharao zusammen mit seiner als legendär geltenden Weisheit nach seinem Tod Verehrung als Gott ein. Echnaton und ein neuer Gott Mit Amenophis IV. (1351-1335) bestieg sein Sohn den Thron und erschütterte in seinem dritten Regierungsjahr die Grundfesten des ganzen Landes. Denn da verkündete der Pharao, dass es nur einen Gott für die ganze Welt gebe, dessen Namen Aton sei. Die bisherigen ägyptischen Gottheiten büßten damit über Nacht ihre Bedeutung ein. „Schön erscheinst Du, Aton, im Horizonte des Himmels, du lebendige Sonne, die vom Anbeginn lebt! Du bist aufgegangen im Osthorizont und hast jedes Land mit Deiner Schönheit erfüllt“, singt der Pharao in seinem Sonnengesang über seinen neuen Gott. Um die Bedeutung seiner Königsherrschaft als von Aton gewollt zu betonen, benannte sich der Pharao in Echnaton (=Der Aton dient oder nützlich ist) um. Dem neuen Gott, dessen Symbol eine Sonnenscheibe war, baute er mehrere Tempel und Kultanlagen. Amenophis II., Thutmosis IV. und Amenophis III. Auch sein Nachfolger Amenophis II. (1428-1397) reihte einen Kriegszug an den nächsten. Dabei galt der Pharao als Vorzeigeathlet und unvergleichlicher Krieger. Wie sein Vater war auch Thutmosis IV. (13971388) ein großer Krieger, suchte jedoch Frieden und verfolgte eine ausgleichende Politik im In- und Ausland. Er schloss mit dem Mitannireich einen Friedensvertrag und heiratete die Tochter des Mitannikönigs. Nubien band er auf diplomatischen Weg eng an sein Reich. So konnte ein starkes Ägypten gemeinsam mit dem Mitannireich eine Bedrohung abwenden, die von 16 Ägypten – Altes Land der Pharaonen H. P. Lovecrafts Cthulhu — das Rollenspiel Neubeginn: Sethos I. und Ramses II. Dies führte zu einem Bruch mit großen Teilen der Beamtenschaft, die nicht so ohne weiteres die Bedeutung ihrer bisherigen Götter aufgeben wollten. Auch die Unzufriedenheit der Bevölkerung wuchs. Nur 17 Jahre währte die Regentschaft des Königs, bis er auf geheimnisvolle Art und Weise ums Leben kam. Doch das innenpolitische Ende des Königs wurde außenpolitisch durch die hethitische Gefahr für das Reich überschattet. Echnaton starb – eines natürlichen Todes oder er fiel einem Anschlag zum Opfer –, ohne einen Nachfolger hinterlassen zu haben. Es folgte ein blutiger Krieg um die Thronfolge, den Echnatons älteste Tochter Meritaton für sich entscheiden konnte. Sie verfolgte mit ihrem Ehemann Semenchkare eine Versöhnung mit den alten politischen und religiösen Eliten im Reich, die ihr Vater vor den Kopf gestoßen hatte. Diese Politik des Nebeneinanders der alten Götter mit Aton, der immer noch die führende Rolle im Staat spielte, bestimmte auch die Politik ihres jüngeren Bruders Tutanchamun (1332-1323). Da dieser aber bei seiner Thronbesteigung minderjährig war und jung starb, stritten sich sein engster Berater Aja und der General Haremhab nach dessen Tod um den Thron. Aja gelang es, den Thron für drei Jahre an sich zu reißen, während sein Gegenspieler im Kampf gegen die Hethiter in Vorderasien weilte. Der siegreiche Haremhab (13191292) kehrte jedoch zurück, besiegte Aja und bestieg mit der Macht der Armee im Rücken den Thron. Auch wenn seine Regierung außenpolitisch ruhig war, erstarkte das Militär. Denn der Soldatenpharao besetzte Priester- und Beamtenstellen mit Offizieren und hofierte das Heer, wo er nur konnte. So bestellte der kinderlose Haremhab auch den Offizier Parameses zu seinem Thronfolger, der als Ramses I. (1292-1290) im hohen Alter die 19. Dynastie begründete. Sa mp le file Ihm folgte schon bald sein Sohn Sethos I. (1290-1279) nach, dessen Thronname Menmaatre („Erneuerung der Schöpfung“) einen Neubeginn markieren sollte. Unterstützt wurden die Bemühungen des Pharaos, dem Volk einen Neubeginn zu demonstrieren, durch die Sterne. Denn um den Regierungsantritt des Erneuerers fielen der Aufgang des Sirius-Stern und das ägyptische Neujahrsfest zusammen – ein Vorgang, der nur alle 1.460 Jahre stattfindet. Ägypten und die Geschichten der Bibel Seit dem 19. Jahrhundert wurden ägyptische Texte und Geschichten in der breiten Öffentlichkeit bekannt. So dauerte es nicht lange, bis man Parallelen zu den biblischen Texten suchte. Denn die ersten Bücher Moses erzählen detailliert von der Zeit Israels in Ägypten und deren Flucht aus der Knechtschaft der Pharaonen. Hier wird von den 10 Plagen erzählt, die die Ägypter zu erleiden hatten. Hier wird von der Teilung des Schilfmeers berichtet, die den Israeliten die Freiheit, dem verfolgenden Pharao und seinen Männern jedoch den Tod brachte. Der Auszug aus Ägypten wurde für das Judentum zu einer der wichtigsten Säulen ihrer Religion. Auch wenn die biblischen Berichte historisch so nicht haltbar sind, war Ägyptens Einfluss in seiner Geschichte stets so groß, dass es das benachbarte Israel und die Entstehung biblischer Texte prägte. Die Bücher der Psalmen erinnern an altägyptische Pharaonenpreisungen. Die erste Schöpfungsgeschichte in Genesis 1 ff bedient sich ägyptischer Motive. Die Josephgeschichte spielt nicht nur in Ägypten, sie stammt wohl auch von dort. Und auch die Mosesgeschichte enthält viele Parallelen zu altägyptischen Legenden und Mythen, ist jedoch wie die Josephgeschichte ein junges Werk. Auch alttestamentarische theologische Vorstellungen wie die Gottesebenbildlichkeit des Menschen und die Vorstellung, Gott sei ein Hirte, haben ihre Wurzeln in Ägypten. Ramses II. Sethos I. beendete die Vorherrschaft des Aton und baute im ganzen Land Grabanlagen für seinen Vater und Kultanlagen für die alten Götter. Er war es auch, der eine Geschichte des Landes schreiben ließ. Dank dem erstarkten Militär gelang es ihm, die verloren gegangenen Gebiete Ägyptens wieder in das Reich einzugliedern. So konnte er seinem Sohn Ramses II. (1279-1213) ein Ägypten hinterlassen, das von Nubien bis Vorderasien reichte. 17