Das Tagesthema MITTWOCH, 3. FEBRUAR 2016 Akte Tier Heute Tiermedizin: Was gierige Hunde so alles verschlingen Verschluckt! M anche Hunde sind nicht besonders wählerisch beim Fressen – so auch Ronnie. Als sich der dreijährige Schäferhundmischling übergab, vermuteten seine Besitzer zunächst nichts Schlimmes. Doch als Ronnie undefinierbare Stückchen eines Kabels von sich gab, gingen sie mit ihm vorsichtshalber in die Tierklinik Ismaning. Dort wurde Ronnie unter den Röntgenapparat geschoben. Das Ergebnis: „Der Hund hatte tatsächlich eine ganze Lichterkette verschluckt“, erinnert sich Dr. Felix Neuerer, Gründer der Tierklinik Ismaning. Was zunächst komisch klingt, ist für die Gesundheit des Tieres eine ernste Bedrohung. Ohne Operation wäre Ronnie wahrscheinlich an dem Deko-Artikel gestorben. Er ist kein Einzelfall. Immer wieder werden Tiere – vor allem Hunde, aber auch Katzen – in der Sprechstunde vorgestellt, die gierig ungeeignetes Futter oder Gegenstände in sich hineingeschlungen haben. Neuerer kennt die Nöte der Tierhalter aus eigener Erfahrung, denn er hält zu Hause einen Kater, der ebenfalls schon mal einen kompletten Schnuller oder Teile vom Kinderspielzeug frisst. „Sind die Fremdkörper im Magen unserer Patienten klein, versuchen wir, sie endoskopisch zu entfernen“, berichtet er. Unter Narkose wird dem Tier ein dünner Schlauch in den Magen geschoben, an dessen Ende sich eine Kamera befindet und durch den die Tierärzte eine Zange einführen können. Oft kommt das OP-Team bei der Magenspiegelung aus dem Staunen nicht heraus. Ein Weimaraner mit Namen Kaspar beispielsweise hatte einen kompletten Kong verschlungen, ein etwa zehn Zentimeter großes Hundespielzeug aus Gummi. Der Kong war gut im Magen erkennbar – daneben aber noch Kaffepads und eine Getränkedose. „Manche Hunde kommen immer wieder zu uns, weil sie beispielsweise Steine oder Bälle verschlucken, sobald sie auch nur für einen Moment unbeaufsichtigt sind“, so Neuerer. Kleine Fremdkörper wie beispielsweise Münzen holt er bei der endoskopischen Untersuchung mit der Greifzange aus dem Bauch. Dabei ist viel Fingerspitzengefühl nötig, denn das Tier hat in der Regel Speisereste im Magen. Dies und die Atmung des Tieres, die sich als pulsierende Bewegung auf die Organe überträgt, erschweren die Suche nach kleinen Kunststoff- oder Metallteilchen. Besonders heikel ist diese Aufgabe, wenn Nadeln oder gar Angelhaken entfernt werden müssen, ohne die empfindlichen Schleimhäute zu verletzen. Gefährlich können auch fadenförmige Fremdkörper sein, die, wenn sie sich in Schlingen legen, einzelne Teile des Magens oder Darms durchtrennen. „Tierhalter sollten deswegen auf keinen Fall an einem Faden oder Kabel ziehen, dessen Ende gerade noch im Maul des Tieres zu sehen ist“, warnt Neuerer. Er versucht in der Regel, den Faden endoskopisch zu durchtrennen, damit er den Verdauungstrakt passieren kann, ohne Schäden zu verursachen. Bei größeren Findlingen im Magen, beispielsweise Spielzeugautos oder Puppen, rät der Experte zur Öffnung des Bauchraums. Bleiben Kunststoffteile zu lange im Magen, löst die Magensäure die Weichmacher aus dem Plastik. Übrig bleiben scharfkantige, harte und äußerst gefährliche Teilchen. Eine Operation ist für das Tier in diesen Fällen das kleinere Übel – und im Anschluss daran verschreibt der Arzt eine große Aufräumaktion in der Wohnung der Besitzer, damit alles, was verschluckt werden könnte, in Zukunft außer Fressweite des Vierbeiners liegt. SEITE 16 Tier-Magazin POTTWAL Erneut acht Wale gestrandet Lichterkette Gerade erst wurden die letzten an der deutschen Nordseeküste gestrandeten Wale zerteilt und abtransportiert, da müssen die Bergungstrupps schon wieder ausrücken: Acht junge Pottwale verendeten jetzt im Wattenmeer bei Friedrichskoog. Damit sind in dieser Saison bereits 24 dieser Meeresriesen in der Nordsee gestrandet. Die Tiere wandern im Winter durch den Nordatlantik, warum sie dabei irrtümlich in die flache Nordsee abbiegen, ist Meeresforschern jedoch noch ein Rätsel. Foto: dpa 43 Socken ERLENZEISIG Tödliche Epidemie droht Fleischspieß Schon verblüffend, was alles in einen Hundemagen passt: eine Lichterkette, 43 Socken oder vom Fleischspieß nicht nur das Fleisch, sondern auch der Spieß! Tierarzt Felix Neuerer führt eine Magenspiegelung bei einem Hund aus Fotos: dpa (2), privat Der Landesbund für Vogelschutz sorgt sich um die Erlenzeisige, die in diesem Jahr in ungewöhnlich großer Zahl in Bayern überwintern. Den etwa 45 000 Vögeln drohe eine tödliche Krankheit, die Salmonellose. Die Darminfektion breite sich derzeit unter den Schwärmen aus. Der LBV empfiehlt, klassische Vogelhäuschen gegen moderne Futtersilos auszutauschen. Die Krankheit könne man nur mit guter Hygiene eindämmen, bei der sich der Kot der Tiere nicht unters Futter mischen könne. NERZ Pelzfarmverbot auf Eis Acht Nerzfarmen gibt es noch in Deutschland, der Bundesrat hat bereits beschlossen, die Haltung von Pelztieren generell zu verbieten. Doch die Bundesregierung verzögert die Umsetzung dieses Verbots. Das ergab nun eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag. Ein mögliches Pelzfarmverbot werde derzeit vom Bundesministerum für Ernährung und Landwirtschaft geprüft. Einen zeitlichen Rahmen gebe es dafür nicht. Die Organisation Vier Pfoten kritisiert dieses Vorgehen scharf und bemängelt, dass Tiere weiterhin unter tierschutzwidrigen Bedingungen gehalten und getötet werden. SANDTIGERHAI Todeskampf im Aquarium Tipps: So bleibt der Hund gesund Oft merken Besitzer, dass ihr Hund etwas Komisches im Maul hat. Was kann man tun? ■ Geben und Nehmen üben: Hat der Hund etwas im Maul, bieten ihm die Besitzer im Austausch hierfür ein Leckerli an. So wird er mit der Anweisung „Gib!“ vertraut, die sein Leben retten kann, wenn das Tier drauf und dran ist, einen gefährlichen Gegenstand zu schlucken. ■ Sauerkraut füttern: Die pflanzliche Masse kann kleine Fremdkörper im Magen umschließen, so dass diese ohne Schaden ausgeschieden Montag Multimedia werden können. Erbricht sich das Tier aber wiederholt, ohne dass es den Fremdkörper von sich gibt, sollte der Tierarzt aufgesucht werden. ■ Maulkorb oder Maulschlinge verwenden: Das äußerste Mittel, wenn sich Hunde immer wieder selbst gefährden. Dienstag Medizin ■ Knochen meiden: Nichts ist für einen Hund leckerer und gesünder als Knochen, glauben viele Tierhalter. Aber Experten warnen davor, Hunden Knochen zum Zerbeißen zu geben. „Die Splitter können im Verdauungstrakt nicht aufgelöst werden”, sagt Dr. Mittwoch Akte Tier Klaus Zahn, Gründer der Tierklinik Ismaning. „Ihre scharfen Kanten schlitzen den Darm unter Umständen regelrecht auf.” Die Folge sind Schmerzen und Verdauungsstörungen, die die Besitzer entweder nicht bemerken oder nicht auf die Knochen zurückfüh- Donnerstag Draußen ren. Bei schweren Fällen kann es vorkommen, dass die Bauchdecke geöffnet werden muss, um den Darminhalt schonend zu entfernen. Zahn rät daher aus Erfahrung: „Wenn schon Knochen, dann nur Kauknochen, die es in jeder Tierbedarfshandlung gibt!” Da haben die Futterrationen wohl nicht ausgereicht: In einem Aquarium in Südkorea hat ein großer Sandtigerhai einen kleineren Artgenossen, einen Hundshai, gefressen. Die Besucher des Coex Aquariums in Seoul waren von der Attacke ebenso fasziniert wie entsetzt. In der Anlage leben 40 000 Seelebewesen, darunter 42 Haie von insgesamt acht Arten. Foto: dpa SITTICHE Wucherungen am Schnabel Es fängt harmlos an, kann aber mit dem Verlust des ganzen Vogelschnabels enden: Hat ein Sittich am Schnabel oder an der Nase einen wulstigen porösen Belag, kann ein Milbenbefall die Ursache sein. Grabmilben verursachen die sogenannte Schnabelräude, erläutert die Bundestierärztekammer. Entdecken Halter solche weißlichen Beläge oder Wucherungen, sollten sie schnell mit ihrem Vogel zum Tierarzt. Denn rechtzeitig erkannt, lassen sich die Milben mit einem Medikament abtöten. Freitag Bürgeranwalt Wochenende Bairisch