Semantik von Formeln und Sequenzen 1 Grundidee der Verwendung von Logik im Software Entwurf Syntax: ⊢K „ist beweisbar” O Menge von Formeln = Axiome Ax Semantik: Vollständigkeit Korrektkeit beschreiben Software-Systeme: Menge von Algebren {A, B, . . .} |= „ist gültig in” 2 Formel ϕ beschreibt Eigenschaft ϕA Grundidee der Verwendung von Logik im Software Entwurf (1) Semantik (i. e. der Inhalt, dessen was wir tun): • 1. Schritt: Wir wollen Softwaresysteme und funktionale Anforderungen an solche beschreiben ⋆ SW-Systeme sind Datenstrukturen, Programme etc. Bei eingebetteten Systemen evtl. inclusive Umgebung • 2. Schritt: Gegeben eine beliebige Implementierung, die die Anforderungen erfüllt, wollen wir Eigenschaften wie z. B. Korrektheit und Sicherheit nachweisen Mathematik: Das allgemeinste Modell für ein SW-System ist eine Algebra A. Wir wollen also Algebren beschreiben, und Eigenschaften von Algebren nachweisen. 3 Grundidee der Verwendung von Logik im Software Entwurf (2) Mathematik: Sprachen zum Beschreiben von Algebren und ihren Eigenschaften heissen Logiken Bem.: Auch Prog.sprachen sind spezielle Beschreibungen von Algebren! Syntax • Algebren kann man durch Formelmengen Ax beschreiben • Eigenschaften werden durch Formeln ϕ beschreiben • Statt informell zu überlegen ob eine Eigenschaft gilt, verwenden wir einen Kalkül K , und zeigen formal: Ax ⊢K ϕ Gewinn: Garantie, dass SW-System Eingenschaft hat Keine absolute Garantie: Nur so gut, wie genau man das SW-System beschrieben wurde (insbes. die Umgebung bei eingebetteten Systemen!) 4 Semantik: Σ-Algebren Eine Σ-Algebra A = ((As )s∈S , (op A )op∈OP ) zu einer Signatur Σ = (S, OP ) ist ein Paar mit: • Nichtleeren Mengen As für jede Sorte s ∈ S (Trägermengen) • Die Trägermenge Abool ist immer gleich {tt,ff} • Funktionen op A : As1 × . . . × Asn → As′ für alle op : s1 , . . . , sn → s′ • Die vordefinierten booleschen Symbole haben in jedem A die “normale” Bedeutung (Wahrheitstafeln): trueA = tt, ∧A (tt,ff) = ff, ∨A (tt,ff) = tt etc. Die Menge aller Σ-Algebren über Σ wird mit Alg(Σ) bezeichnet. 5 Semantik: Belegungen von Variablen Eine Belegung (engl. v aluation; auch: ein Zustand) v: S s∈S vs : Xs → As ist eine Abbildung, die jedem Variablensymbol in Xs einen Wert in As zuordnet Die Abänderung vxa der Belegung v für x ∈ Xs und a ∈ As ist definiert durch: vxa (y) := ( v(y) a 6 falls x 6= y falls x = y Semantik von Ausdrücken Gegeben eine Algebra A und eine Belegung v . Dann ist die Semantik [[e]]A,v eines Ausdrucks e der Sorte s das folgende Element aus As : • [[x]]A,v := v(x) für x ∈ Xs • [[op(e1 , . . . , en )]]A,v := op A ([[e1 ]]A,v , . . . , [[en ]]A,v ) für op ∈ OP und ei ∈ EXPR(Σ, X) • [[e1 = e2 ]]A,v := tt, falls [[e1 ]]A,v = [[e2 ]]A,v (sonst := ff) • [[∀ x.ϕ]]A,v := tt, falls für alle a ∈ As′ gilt: [[ϕ]]A,vxa = tt (sonst := ff) (x ∈ Xs′ ) • [[∃ x.ϕ]]A,v := tt, falls es ein a ∈ As′ gibt mit [[ϕ]]A,vxa = tt (sonst := ff) (x ∈ Xs′ ) Hinweis: Falls ϕ eine Formel ist, so ist [[ϕ]]A,v immer tt oder ff. (“die Formel ist wahr oder falsch in A mit v ”) 7 Gültigkeit und Erfüllbarkeit Für ϕ ∈ For (Σ, X) und Ax ⊆ For (Σ, X) definiert man: • A, v |= ϕ :⇔ [[ϕ]]A,v = tt • A |= ϕ :⇔ für jedes v gilt: A, v |= ϕ Gesprochen: „ϕ gilt in A“, „A Modell von ϕ “ • A |= Ax :⇔ A |= ϕ für alle ϕ ∈ Ax • Ax |= ϕ :⇔ für alle A ∈ Alg(Σ) gilt: A |= Ax ⇒ A |= ϕ Gesprochen: „ϕ folgt aus Ax “ • ϕ Tautologie, |= ϕ :⇔ für alle A ∈ Alg(Σ) gilt A |= ϕ • ϕ erfüllbar :⇔ es gibt A ∈ Alg(Σ) mit A |= ϕ • Ax erfüllbar :⇔ es gibt A ∈ Alg(Σ) mit A |= Ax 8 Eigenschaften der Prädikatenlogik (1) 1. A, v |= ϕ ⇔ Nicht A, v |= ¬ ϕ (kurz: A, v 6|= ¬ ϕ) 2. A, v |= ϕ oder A, v |= ¬ ϕ 3. v(x) = v ′ (x) für alle x ∈ free (ϕ) ⇒ (A, v |= ϕ ⇔ A, v ′ |= ϕ) 4. Nur, wenn free (ϕ) = ∅: A |= ϕ oder A |= ¬ ϕ 5. Nur, wenn free (ϕ) = ∅: A |= ϕ ⇔ A 6|= ¬ ϕ 6. A |= ϕ ⇔ A |= Cl∀ (ϕ) Bedeutung: Cl ∀ (ϕ) - Allquantifizierung aller freien Variablen in ϕ 9 Eigenschaften der Prädikatenlogik (2) Substitutionstheorem [[t]]A,v A, vx |= ϕ ⇔ A, v |= ϕtx Korollar (Instanzierung und Umbenennung) Es gilt: |= (∀ x . ϕ) → ϕtx Wenn z 6∈ free (ϕ) \ {y }, so gilt außerdem: • A, v |= ∀ y . ϕ ⇔ A, v |= ∀ z . ϕzy • |= (∀ y . ϕ) ↔ (∀ z . ϕzy ) 10 Semantik von Sequenzen Definition (Semantik von Sequenzen) V W A, v |= Γ ⊢ ∆ ⇔ A, v |= Γ→ ∆ Folgerungen Für ϕ ∈ For (Σ, X) und Ax ⊆ For (Σ, X) gilt A |= ϕ A |= ¬ ϕ Ax |= ϕ Ax |= ¬ ϕ ⇔ ⇔ ⇔ ⇔ 11 A |= ⊢ ϕ A |= ϕ ⊢ Ax |= ⊢ ϕ Ax |= ϕ ⊢ Korrektheit der basic rules Satz (Regelkorrektheit der basic rules) Für alle basic rules gilt: A |= {Γ1 ⊢ ∆1 , . . . , Γn ⊢ ∆n } ⇒ A |= (Γ ⊢ ∆) Alles andere wäre nicht sehr sinnvoll! Satz (Invertierbarkeit der basic rules) Für alle basic rules außer Abschwächung gilt: A |= (Γ ⊢ ∆) ⇒ A |= {Γ1 ⊢ ∆1 , . . . , Γn ⊢ ∆n } Wichtige Konsequenz: Durch Regelanwendung wird aus einer beweisbaren Sequenz nie eine unbeweisbare! (Man kann nichts falsch machen, nur unnötiges und umständliches) 12 Korrektheit und Vollständigkeit von PL Erhält man aus der Formelmenge Ax durch Anwendung der basic rules die Sequenz ⊢ ϕ, dann schreibt man Ax ⊢PL ϕ. Das ist genau dann der Fall, wenn es einen KIV-Beweisbaum für ⊢ ϕ aus Ax gibt. Satz (Korrektheit) Für eine Formel ϕ und eine Formelmenge Ax gilt Ax ⊢PL ϕ ⇒ Ax |= ϕ Satz (Vollständigkeit) Für eine Formel ϕ und eine Formelmenge Ax gilt Ax |= ϕ ⇒ Ax ⊢PL ϕ 13 Unentscheidbarkeit von PL Satz (Unentscheidbarkeit von PL) Es gibt kein Entscheidungsverfahren für die Allgemeingültigkeit von prädikatenlogischen Formeln. Zählt man alle Beweise des Sequenzenkalküls auf, so wird darin jede allgemeingültige Formel irgendwann vorkommen, aber das Verfahren kann nicht so verschärft werden, daß es auch für alle nicht allgemeingültigen Formeln immer abbricht. Beachte: Für reine Aussagenlogik ist der Sequenzenkalkül ein Entscheidungsverfahren: man kann blind einfach Regeln anwenden, das terminiert immer. Genau wenn der Beweis geschlossen wird ist die Formel allgemeingültig! Das Problem bei PL liegt wo ? 14 Unentscheidbarkeit von PL Satz (Unentscheidbarkeit von PL) Es gibt kein Entscheidungsverfahren für die Allgemeingültigkeit von prädikatenlogischen Formeln. Zählt man alle Beweise des Sequenzenkalküls auf, so wird darin jede allgemeingültige Formel irgendwann vorkommen, aber das Verfahren kann nicht so verschärft werden, daß es auch für alle nicht allgemeingültigen Formeln immer abbricht. Beachte: Für reine Aussagenlogik ist der Sequenzenkalkül ein Entscheidungsverfahren: man kann blind einfach Regeln anwenden, das terminiert immer. Genau wenn der Beweis geschlossen wird ist die Formel allgemeingültig! Das Problem bei PL liegt bei der Frage welche Terme τ man bei den Regeln all left/exists right wählen soll. 14