Was ist Neurolinguistik? • Teilgebiet der Linguistik; behandelt den Zusammenhang von alltäglicher, natürlicher Sprachverarbeitung und Gehirn • bevorzugtes und traditionelles Anwendungsgebiet sind verschiedene Formen von Sprachpathologien wie: – Aphasien – psychotische und neurotische Störungen – Sprachentwicklungsstörungen – dementielle Abbauprozesse • Aktuell zunehmende bedeutsamer sind nichtinvasive Verfahren der Hirnforschung Output-Strukturen Input-Strukturen Funktionsprinzipien des Gehirns Sprachproduktive Prozesse? Sprachperzeptive Prozesse? Output-Strukturen Input-Strukturen Speicherstrukturen (mentales Lexikon) Funktionsprinzipien des Gehirns Frühere Modelle Aktuelle Modelle hierarchisch, funktionell homogen seriell hierarchisch, funktionell getrennt parallel Assoziationskortex Sekundärer sensorischer Kortex Primärer sensorischer Kortex Aufsteigende Bahn Rezeptoren lesen Lesen LESEN LeSeN Lesen lEsEn lesen lesen 1.Visuelle Objekte (Buchstaben) erkennen Æ trotz Schriftvariation Æ einzelne Buchstaben zu ganzen Wörtern zusammen setzen Stufen der visuellen Verarbeitung „WAS“- und „WO“-Pfad im visuellen System „WO“-Pfad (Parietallappen) „WAS“-Pfad (Temporallappen) Visual Word Form Area – Teil des „WAS“-Pfades schreck schruck shcurkc (Cohen et al., 2002) LESEN 1.Visuelle Objekte (Buchstaben) erkennen 2. Phonologisches Bewusstsein (Phonological Awareness) 3. Wortbedeutung zuordnen Phonologische Bewusstheit Beim leisen und lauten Lesen aktiv Je größer phon. Bewusstsein Bei Kindern, desto stärker hier die Aktivität Nur geringe Aktivität bei Dyslexie Wortbedeutungen Aktiv bei Beurteilungen der Wortbedeutung, z.B. „Blume“ – „Hoffnung“ (Kubicki et al., 2003) Lese-Netzwerk Phonologie Lexikon/ Semantik Orthographie Price (2001): There are no brain areas specific for reading. Learning to read is the establishment of associative connections between object processing areas in the visual cortex and speech processing areas in the temporal and frontal areas. Funktionsprinzipien des Gehirns Sinnessysteme nutzen ähnliche Prinzipien: - Ortsprinzip der Informationskodierung bei basalen perzeptuellen Prozessen (z.B. Tonotopie, Retinotopie) - Zerlegung und zielorientierte Kombination relevanter Informationen (Funktionsoptimierung durch Arbeitsteilung, Reduktion der Informationsmenge) - Funktionelle Netzwerke als Basis kognitiver Prozesse from Jezzard (1999) physiology from Jezzard (1999) Positronen Emissions Tomographie (PET) Exzellente räumliche Auflösung (~1-2 mm) Geringe zeitliche Auflösung (~1 sec) Hämodynamische Techniken Funktionelle Magnetresonanz Tomographie (fMRT) Funktionelle Bildgebung der Hirntätigkeit Elektroenzephalographie (EEG) Elektro-magnetische Techniken Magnetoenzephalographie (MEG) D. Poeppel , A. Braun et al. Passable räumliche Auflösung (~1 cm) Exzellente zeitliche Auflösung (<1 ms) PET (Positronen-EmissionsTomographie) Fiebach/Kölsch, Uni Leipzig Inferenz aus PET-Daten: Eine Möglichkeit: Subtraktionstechnik Subtraktion zweier Versuchs-Bedingungen A vs. B (z.B. WÖRTER vs. WETRRÖ) Erbringt Areale mit selektiver stärkerer Aktivierung Bedingung A. Statistische Absicherung dieses Unterschieds Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) Auch: MRI – Magnet Resonance Imaging NMR – Nukleare Magnetresonanz Kernspintomographie die funktionelle Magnetresonanztomographie macht sich eine Eigenart der Blutoxygenierung zunutze: Wird von Neuronen Sauerstoff benötigt, reduziert sich Oxyhämoglobin (Bestandteil der roten Blutkörperchen) zu Deoxyhämoglobin. Deoxyhämoglobin (DOHG) ist schwach magnetisch im Gegensatz zum nicht magnetischen OHG Î stört das MR-Bild eigentlich. Î ändert also die Kontrastverhältnisse im MR-Bild Î Sauerstoff fungiert als natürliches Kontrastmittel. fMRT in der Neurolinguistik fMRT ist traditionell dominiert vom sogenannten Block-Design Die Darstellung von fMRT-Aktivierungen erfolgt in sogenannten statistical parametrical maps (SPM). D.h., es werden immer Unterschiede zwischen zwei Aktivierungen quantifiziert und abgebildet ! Nie absolute Aktivierungen! Hämodynamische Techniken + - - Hohe räumliche Auflösung (mmBereich); ist damit sehr gut um die Verortung sprachverarbeitender Prozesse zu studieren - Nur moderate zeitliche Auflösung (Sekunden-Bereich); damit schlechter als elektromagnetische Techniken; fMRT besser als PET - Identifikation von Hirnstrukturen, die bei sprachverarbeitende Prozessen zusammenarbeiten ist möglich - Teilweise invasiv (PET verwendet radioaktive Substanzen) - Messung oberflächenferner Hirnaktivitäten möglich Elektromagnetische Techniken • Elektroenzephalograhie (EEG) • Magnetenzephalograhie (MEG) (bezeichnet die Meßtechnik) und • Event related potentials (ERP) • Event related fields (ERF) (bezeichnet die Art des untersuchten Hirnsignals -> hier die ereigniskorrelierte Aktivität) Einfaches Schaltbild für EEG-Ableitungen 2 Elektroden erste Verstärkung des Eingangssignal ( x 200) Hauptverstärkung des Eingangssignal (Voltbereich) Filterung Digitalisierung Speicherung Komponenten der ereigniskorrelierten Hirnaktivität Exogene Komponenten Primär modulierbar durch physikalische Reizeigenschaften Endogene Komponenten Primär modulierbar durch kognitive Prozesse Beispiel für exogene Komponente Visuell evozierte Potentiale Komponenten: N1 (80 ms) und P1 (110 ms) Modulatoren: Kontrast, Luminanz, Gesichtsfeld, Aufmerksamkeit Prozess: Visuelle Verarbeitung von Luminanzunterschieden Generatoren: Sekundäre Sehrinde Beispiel für endogene Komponente (N400) Komponente: N400 (relative Negativierung ab ca. 250 ms) Modulatoren: Grad der semantischen Abweichung innerhalb eines Satzes, semantische Inkongruenz von Wortpaaren, arithmetische Inkongruenz Prozess: Lexikalische Integration Elektromagnetische Techniken + - - Extrem hohe zeitliche Auflösung (ms-Bereich); wird damit der Geschwindigkeit kognitiver Prozesse gerecht - Nur moderate räumliche Auflösung (cm-Bereich); damit schlechter als hämodynamische Techniken - Dekomposition sprachverarbeitender Prozesse in Raum und Zeit möglich - Messung oberflächenferner Hirnaktivitäten extrem erschwert - Garantiert nichtinvasiv