Die Affen, diese Affen (Teil 3)

Werbung
DIE AFFEN, DIESE AFFEN (TEIL 3)
Im Grenzgebiet von Uganda, Kongo und Ruanda
leben die einzigen Berggorillas unseres Planeten.
In Zoos haben diese grössten Menschenaffen nie
überlebt, und also hat man längst auf die
Haltung in Tiergärten verzichtet. Einziger Ort
auf der Erde, wo man die riesigen Berggorillas
überhaupt sehen kann, ist dieses kleine Dreieck
im dicht bewaldeten Gelände auf 3000 Meter
Höhe. In Uganda und Ruanda kann man auf
mehrstündigen geführten Wanderungen diese
dem Menschen am ähnlichsten Affen beobachten
... ein Erlebnis, das ich mir trotz der horrenden
Kosten nicht entgehen lassen wollte. In Ruanda
gibt es im Moment 15 Berggorillagruppen, die
im „Parc National des Volcans“ leben. Sieben
davon wurden allmählich sanft an die Präsenz
von Menschen gewöhnt.
Allerdings sind diese Besuche sehr eingeschränkt: Jede Affengrossfamilie darf täglich nur
von einer einzigen Wanderergruppe mit maximal 8 Personen aufgesucht werden, und dies
während nur einer einzigen Stunde. Blitzlicht
darf nicht verwendet werden. Die sieben Grossfamilien werden mehr oder weniger ständig von
Scouts beobachtet. Ändern sie ihren Standort
(was in einer einzigen Nacht bis zu 6 Kilometer
sein können), geben das die Scouts per Funk an
die Führer weiter, sodass jene am Morgen einigermassen zielstrebig und mit den Touristen im
Schlepptau die Tiere im dichten Dschungel finden können. Die Wahrscheinlichkeit, dass man
auf dem eintägigen Trecking die Berggorillas
wirklich sehen kann, sind damit sehr gross. Der
Spass ist wie erwähnt sündhaft teuer: 500 Dollar
kostet ein Platz pro Person, dazu kommen die
unvermeidlichen Kosten für ein Fahrzeug und
einen Fahrer. Unter 550 Dollar ist so ein Trecking
also nicht zu haben.
Ich hatte mir meinen Platz schon Monate zuvor
über das ruandische Touristenamt gesichert. Die
Chance, dass Steffi noch kurzfristig buchen
könnte, waren gering. Doch klappte das am Vor-
abend noch überraschend. Da von den insgesamt 56 Plätzen nur derer 49 gebucht worden
waren (Weihnachten ist nicht Hoch-, sondern
Zwischensaison), konnte sie als Nummer 50
noch mit einsteigen.
Morgens um 6 ging es los, um 8 Uhr starteten wir
die Wanderung mit einem Führer, einem wegen
allfälliger Büffel bewaffneten Begleiter und
einem sonstigen Helfershelfer. Wir, das waren
nur gerade Steffi und ich! Die sechs Gruppen bestanden aus je 8 Personen, unsere aber nur grad
aus uns beiden. Das war super, so hatten wir eine
Privatführung. Nach anderthalb Stunden
Marsch im schlammigen, steilen und dicht bewaldeten Gebiet fand unser Führer die gesuchte
Grossfamilie: 18 Tiere umfasst die AmahoroGruppe. Die Tiere befanden sich in einer Lichtung, wo viele Bambus- und andere Futterpflanzen vorhanden sind. Wenn man so einen Berggorilla plötzlich vor sich hat, ist das schon ein
sehr ergreifendes Erlebnis. Bis zu 240 Kilo
schwer werden die Männchen. Aber es ist nicht
die pure Grösse, die beeindruckt. Es ist vielmehr
die Nähe zu uns Menschen: Ohren, Füsse, Finger
und Fingernägel ... alles genau gleich! Unglaublich, wie die Berggorillas uns Menschen ähneln.
Auch das Verhalten, die Gesichtsausdrücke oder
der Umgang miteinander sind sehr menschlich.
Steffi und ich standen oft mucksmäuschenstill
und bewunderten die Tiere: Erwachsene und
Junge, auf den Bäumen oder dem Boden hockend, sich balgend, sich liebkosend, fressend.
Vor allem letzteres, zumal sie tagsüber primär eines tun: futtern.
Jede Gruppe besteht aus Weibchen, jungen
Männchen, Jungtieren und dem Silberrücken. Er
ist der Chef und wird so genannt, weil die Haare
auf dem Rücken mit dem Alter grau werden und
der ganze Rücken damit fast weiss erscheint. Ob
wir von den 18 Tieren alle gesehen haben, weiss
ich nicht genau, zumal die Tiere oft ihren Platz
änderten und einmal hier und einmal dort auftauchten. Die Gorillas sind absolute Vegetarier
und äusserst friedliebend. Für den Menschen be-
steht keine Gefahr, wenn man sie nicht reizt und
ihnen nicht allzu nahe kommt. Gebührender Abstand ist deshalb stets einzuhalten. Manchmal
aber näherten sich die Tiere, und wenn wir wegen des Dickichts nicht weiter zurückweichen
konnten, marschierten die Berggorillas kaum
zwei Meter vonuns entfernt vorbei ... das waren
atemberaubende Momente, unglaublich schön
und unvergesslich!
Dass die Gorillas heute von Menschen besucht
werden können, ist nicht zuletzt der Verdienst
von Dian Fossey, der Amerikanerin, die ihr Leben den Berggorillas verschrieb und genau hier,
im Norden Ruandas, viele Jahre in den Wäldern
verbrachte und mehr mit Gorillas denn mit
Menschen lebte. Im Moment lese ich gerade
„Gorillas in the mist“, ihr Buch also, das auch
verfilmt worden ist. Dian Fossey hatte allerdings
den Boden der Realität komplett verloren und
sich nur noch ins Thema Gorillas versteigert. Allfällige ungeliebte Eindringlinge oder Wilderer
hatte sie gequält und gefoltert. Ihre Kompromisslosigkeit hatte fatale Auswirkungen: Ende
der Achzigerjahre wurde Dian Fossey von Einheimischen umgebracht.
Herunterladen