SERVICE MEDIZIN Prostatakarzinom: Aktives Beobachten ist wichtig „Wir sind heute als Pathologen in einem klinischen Fach tätig. 95 Prozent unserer Arbeit machen wir für Diagnosen für lebende Patienten“, sagte der Präsident der Gesellschaft, Martin Klimpfinger. Die Molekularbiologie habe die Vorsorge, Früherkennung, Diagnose und zielgenauere Auswahl einer Behandlungsstrategie weiter verfeinert. Mit fachübergreifenden „Tumorboards“, in denen Pathologen, Chirurgen, Strahlentherapeuten und Onkologen das Vorgehen bei jedem einzelnen Patienten diskutieren, könne man noch bessere Ergebnisse für die Patienten herausholen. Eine Entwicklung zu einem zum Teil schonenderen Vorgehen als noch vor etlichen Jahren hat sich in der Urologie beim Prostatakarzinom herausgebildet. Die immer größere Beteiligung der Männer an den Vorsorge­ untersuchungen hat zu einem starken Anstieg der entdeckten Karzinome geführt. „Die Stanzbiopsie wird extrem häufig durchgeführt. Es war eine Erfolgsgeschichte, dass man den PSA-Test eingeführt hat. Man erkennt extrem viele Tumoren“, sagte Martin Susani vom Klinischen Institut für Pathologie der MedUni Wien. Die Frage ist, ob es sich bei dem diagnostizierten Karzinom um eine sich schnell ausbreitende Krebsform handelt oder ob der Tumor womöglich ohne größere Gefahr lange Gene bestimmen Effekt von ­Östrogen bei Brustkrebs Möglicherweise bedeuten zu viele oder auch zu wenige Östrogenrezeptoren beziehungsweise unterschiedlich gut funktionierende Rezeptorvarianten im Brustgewebe der Frau gleichermaßen ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. Das hat eine internationale Studie ergeben, zu der auch Wiener Wissenschafter beigetragen haben.Insgesamt identifizierten die Wissenschafter unter Alison Dunning von der Universität in Cambridge fünf Genvarianten im Umfeld des Gens für den Östrogenrezeptor (ESR1), welche offenbar einen unterschiedlichen Effekt auf das Brustkrebsrisiko haben. In den westlichen Industriestaaten erkrankt über die gesamte Lebenserwartung hinweg gesehen jede achte Frau an einem Mammakarzinom. Insgesamt stellte sich heraus, dass etwa ein Drittel der Frauen eine der fünf Genvarianten aufweist. Vier von ihnen „waren stark mit der Entstehung von Tumoren korreliert, bei denen der Östrogenrezeptor (ESR1) ausgeschaltet ist und auch die Tumorzellen keinen 32 doktor in wien 04_2016 Östrogenrezeptor aufweisen“, hieß es in einer Aussendung der Universität. Bei einer Gen­ variante hingegen wurde der Östrogenrezeptor hinaufreguliert. „Es ist interessant, dass alle fünf dieser genetischen Varianten, die wir gefunden haben, die Dichte der Östrogenrezeptoren auf Brustgewebezellen beeinflusst. Das deutet darauf hin, dass es eine optimale Bandbreite für die Rezeptordichte gibt: zu wenige oder zu viele – und Zellen des Brustgewebes können bösartig werden“, wurde Dunning in der Aussendung zitiert. Christian Singer von der Wiener Universitätsklinik für Frauenheilkunde betonte dazu, dass es sich hier um Genvarianten handle, welche die Funktion des Hormonrezeptors beeinflussen. Östrogenrezeptor-positiver Brustkrebs macht 60 bis 70 Prozent der Fälle aus. Dabei ist der Tumor auf den Wachstumsimpuls durch die weiblichen Geschlechtshormone ange­ wiesen. Nature Genetics „schläft“. Susani: „In Europa stirbt von acht Patienten mit einem diagnostizierten Prostatakarzinom nur einer.“ Es stellt sich damit die Frage, ob wirklich sofort operiert, bestrahlt oder medikamentös behandelt werden muss. In den vergangenen Jahren hat sich mit der sogenannten „Active Surveillance“ (aktives Beobachten) eine Strategie zunehmend etabliert, bei der im Falle von erwartungsgemäß relativ ungefährlichen, nur langsam wachsenden Karzinomen der Verlauf regelmäßig kontrolliert wird. Behandelt wird erst, wenn der Tumor auf schnelleres Wachstum umschaltet. Er verliert dann seine „Seneszenz“. „Prinzipiell gibt es dazu immer mehr gute Daten“, betonte Michael Rauchenwald, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Urologie. Die Basis für die Entscheidung für oder gegen eine Therapie stellen zum größten Teil die Daten der Untersuchungen der Pathologen dar. Handelt es sich um einen Tumor mit einem sogenannten niedrigen „GleasonScore“, welcher Aggressivität ausdrückt, kann eventuell die Entscheidung in Richtung Zuwarten gehen. APA Möglicher Marker für Entstehung von Speiseröhrenkrebs identifiziert Eine genetische Veränderung in der Schleimhaut der Speiseröhre, der BarrettÖsophagus, kann zu Speiseröhrenkrebs führen. Wenn in dieser Gewebsveränderung bestimmte Biomarker vorhanden sind, so­ genannte miRNA (sehr kurze RNA-Stränge), könnte das ein Hinweis dafür sein, dass sich aus der Vorstufe von Speiseröhrenkrebs tatsächlich Krebs entwickelt. Zu dieser Erkenntnis sind jetzt Wissen­ schafter der Gastroesophageal Tumor Unit (CCC-GET) des Comprehensive Cancer Center (CCC) von MedUni Wien und AKH in einer gemeinsamen Studie mit den National Institutes of Health und der Johns Hopkins University (beide USA) gekommen. Ösophaguskarzinome sind in der westlichen Welt die achthäufigste Tumorerkrankung. Eine Unterform, das Adenokarzinom der Speiseröhre, ist jene Krebsart, bei der in den vergangenen zehn Jahren der relativ stärkste Anstieg verzeichnet worden ist: um ungefähr 600 Prozent bei Männern und um bis zu 380 Prozent bei Frauen. APA Fotos: mathieukor/iStock, elikatseva/iStock, iLexx/iStock Etwa ein Drittel der Tumorerkrankungen bei Männern entfallen auf das Prostatakarzinom. Eine sofortige Behandlung ist nicht immer notwendig. „Aktives Beobachten“ ist bei bestimmten Patienten möglich und weitgehend sicher, sagten Experten anlässlich der Frühjahrstagung der Österreichischen Gesellschaft für Pathologie am 26. und 27. Februar 2016 in Wien.