Parvo B 19 Infektionen in der Plasmagewinnung, Inzidenz, Bedeutung, Vorgehensweise Dr. Kirsten Seidel, Director, Medical and Laboratory Operations EU, Parvo B 19 Infektionen • Parvovirus B19 ist ein kleines Einzelstrang -DNA-Virus aus der Familie der Parvoviren. • Es kommt im Gegensatz zu anderen Parvoviren nur beim Menschen vor • 1974 durch Zufall durch die Virologin Y.Cossart in Australien entdeckt • Benannt nach der Nummer B19 einer Laborprobe eines gesunden Blutspenders, in der es gefunden wurde. • Durchmesser von nur 20 bis 24 nm und gehört damit zu den kleinsten bekannten Viren. (parvus = lat, für „klein“) 2 Parvo B 19 Infektionen Das Parvovirus B19 ist der Erreger der Ringelröteln (= Erythema infectiosum), einer in den meisten Fällen harmlosen Kinderkrankheit. Durchseuchung in Deutschland 3 Parvo B 19 Infektionen • Verbreiten sich durch Tröpfchen über die Atemwege, aber auch über Blut und Blutprodukte. • Besonders infektiös sind Speichel und Blut von Menschen, die sich infiziert haben, bei denen die Krankheit aber noch nicht ausgebrochen ist. • An Ringelröteln erkranken vor allem Kinder. • Nach einer Inkubationszeit von 4 - 14 Tagen kommt es zu grippalen Symptomen und im Anschluss daran zeigt sich meist ein typischer Hautausschlag. • Bei Erwachsenen können diese Symptome vollständig fehlen. Bei ihnen kommt es gelegentlich zu länger anhaltenden Gelenkentzündungen und -schmerzen. 4 Parvo B 19 Infektionen • Die Infektion ist für Kinder als auch Erwachsene mit gesundem Immunsystem meist ohne Komplikationen • Jedoch bei der Infektion in der Schwangerschaft Infektion auch auf den Foeten übertragbar. • Das Virus zerstört dort insbesondere die Vorläuferzellen der die Erythrozyten => Foetus kann eine massive Anämie bis hin zum Hydrops fetalis oder Tod entwickeln • Patienten mit angeborenen oder erworbenen Defekten des Abwehrsystems => chronische Virusinfektion möglich => Dadurch mögliche chronisch rezidivierenden Anämien 5 Freiwilliger Industriestandard Parvo B 19 Testung Mit Hinblick auf die Risikopatienten für eine Parvoinfektion: • schwangere Frauen => fetale Anämie, Hydrops fetalis, Abort (Erythrozytentransfusion über Nabelschnurvene) => anti-D - Prophylaxe • Patienten mit Immundefekten => Langzeit Behandlung mit Immunglobulinen hat sich die Plasmaindustrie im Jahr 2002 zu einer freiwilligen PCR-Testung auf Parvo B 19 entschlossen. Dabei wird dieser Test quantitativ als Pooltestung durchgeführt , d.h. nur Spenden mit einem Mindesttiter von 2,6 x 10´`6 /mL werden als „positiv“ betrachtet. 6 Parvo B 19 Infektionen • Die meist harmlose Infektionen haben im jungen Erwachsenenalter bereits circa 70-80 % der Bevölkerung durchgemacht. • D.h. ca. 20- 30% der Plasmaspender haben noch keine Antikörper und können sich während ihrer Zeit als Spender eine Infektion zuziehen. Da die Infektion meistens asymptomatisch verläuft, kommt der Spender im Allgemeinen entsprechend seiner Spende-Routine weiterhin zur Spende. 7 Parvo B 10 Infektionen Wenn die Spende auf Parvo B 19 getestet wird, ist das Ergebnis während der hoch virämischen Phase positiv und die Spende wird nach Ergebnisübermittlung mit Hinblick auf die Produktsicherheit vernichtet. • Jedoch was geschieht mit dem Spender ? 8 Parvo B 19 Infektionen Retrospektive Studie Rückwirkend haben wir über mehrere Jahre die Inzidenz und das Verhalten von Spendern mit dem für uns definiertem „positiven“ Parvo B19 Titer untersucht. Diese wurden NICHT zeitnah über ihr Untersuchungsergebnis informiert wurden, und auch nicht gesperrt . => Sie sind insofern als Kontrollgruppe zu werten 9 Parvo B 19 positive Spender Anzahl der Gesamtspenden 1,5 Mio Anzahl Parvo B 19 positive Spenden 130 Inzidenz Durchschnitt 1: 11 000, (saisonal sehr schwankend von 1:1000 bis 1:300 000) Anzahl positiver Spenden, bis Folgespenden wieder negativ wurden 1,7 F (Range 2-6) 1,5 M Abstand zur ersten neg. Folgespende 34,9 Tage M 17,7 Tage F Anzahl pos. Spender nach zwischenzeitlich wieder negativer Spende 31/130 = 24 % ! Abstand bis zum Auftreten erneut pos. Spende nach zunächst neg. Spende 12,7 M (range 4-30) 12,6 W Abstand von der ersten pos. Spende, danach negative Folgespenden, dann wieder pos. Folgespende 23,5 Tage M (range 12-40) 24 Tage W (range 11-52) Durchschnittliche Anzahl der Gesamtspenden bis zur Parvo Infektion 49,3 F 52,3 F 10 Parvo B 10 positive Spender • Ein Spender, der niemals vorher diesbezüglich auffällig war, litt an fortgesetzter Anämie und musste wegen 4–facher Hb Unterschreitung und auffälligen Blutbilds ausgeschlossen und zum Hausarzt überweisen werden. 11 Vergleich hochvirämische Parvo B 19 Spender und „gesunde“ Spender Kriterium Parvo B 19 pos Gesunde Spender Geschlecht 64 % M 36 % F 68 % M 32 % F Alter 28,6 M 29,4 F 29,8 M 30,3 F Spender-Verlust nach Tag X 15% 3,7% p = 0.001 Abstand zur vorigen Spende 16,9 M 12,8 F 8,8 M 10,9 F p = 0.001 12 Signifikanz Verlaufsbeobachtungen von Spendern mit hochvirämischen Phasen von mind. 14 Tagen Nr Geschlecht Alter Min Dauer in Tagen Dauer der „neg“ Zwischenphase bis zu erneuter „Positivität“ 1 m 19 21 4 2 m 31 14 17 3 m 38 14 nz 4 w 23 14 18 5 m 38 18 16 6 m 47 14 nz 7 w 25 16 nz 8 m 48 14 9 9 m 22 14 7 10 w 21 17 6 12 m 22 16 11 13 Limitierende Faktoren 1. Die Begriffe „negativ“ und „positiv“ bezeichnen in diesen Fällen Ergebnisse über bzw. unter einem definierten Grenzwert von 2,6 x10´`6 IE/ mL und nicht die vollkommene Anwesenheit/ Abwesenheit von Infektionsmarkern im Sinne einer Serokonversion, und haben daher nur begrenzte Aussagekraft 2. Viele Spender haben einen eigenen Spenderhythmus entwickelt, jedoch sind die Spendeabstände der einzelnen Spender selbst von Spende zu Spende sehr unterschiedlich und exakte Vergleiche verschiedener Spender untereinander sind kaum möglich. 14 Limitierende Faktoren Da die Kontrolluntersuchungen immer nur anlässlich der Spenden stattfanden und nicht an bestimmten Tagen nach der diagnostizierten Virämie, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob die Spender teilweise wegen Unwohlsein längere Zeit wegblieben und dann nach Wiederaufnahme der Spende wieder „negativ“ waren, oder ob es andere Gründe für ihre teilweise längere Spendepause gab und ob sie bereits negativ gewesen wären, wenn man sie früher untersucht hätte. 15 Parvo B 19 Infektionen Mit Sicherheit kann jedoch gesagt werden, dass • Bei 9% der Spender die hochvirämische Phase bis zu ca. 3 Wochen andauerte. • Der Spendeabstand zur Vorspende gegenüber der „gesunden“ Spenderpopulation deutlich erhöht ist, sodass angenommen werden kann, dass die Spender wegen Unwohlseins eine größere Spendepause eingelegt haben. • bis zu 25 % aller Infizierten noch nach mehreren Wochen erneut wieder hochvirämisch wurden, von denen der überwiegende Anteil eine zweite teils längere hochvirämische Phase durchmachte. • Der Spenderverlust bei Parvo Infizierten mit 15% signifikant höher ist als bei „gesunden“ Spendern (3,7%) 16 Revision des Parvo B 10 Virämieverlaufs 17 Parvo B 19 Infektionen Vorgeschlagener Umgang mit dem Spender • Kurze Aufklärung des Spenders über die Infektion • Sperrfrist von 4 Wochen mit Hinblick auf Spendersicherheit und unnötiger Gewinnung eines weiteren hochvirämischen, und damit zu vernichtenden Plasmas (wohl wissend, dass diese Sperrfrist im Einzelfall nicht ausreichend sein kann) • Hinweis, dass enger Kontakt zu Schwangeren und/oder Immungeschwächten für die nächsten Wochen vermieden werden sollte und dass, falls dieser bereits unlängst stattgefunden hat, die Betroffenen über das Risiko informiert werden sollten. 18 auch an alle Kolleg/innen in den CSL Plasma Centern , welche die oben diskutierte Information mit großem Zeitaufwand manuell aus den Spenderakten zusammengetragen haben.. 19