Aktueller Artikel: Plastikmüll im Meer - IAS-STS

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SOZIALE TECHNIK Nummer 3 – Okober 2011, 21. Jg., Einzelpreis € 6,- / SFr 10,P.b.b. Verlagspostamt 8010; GZ 02Z032468M – Erscheinungsort Graz
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Redaktion: Peter Wilding
Aboverwaltung: Reinhard Wächter
ISSN 1022-6893 DVR 0637955
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Fotos: Johannes Gellner
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Inhalt / Fotos
Inhalt
Fotos
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Johannes Gellner
Johannes Gellner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
Technologie & Politik
Kim Cornelius Detloff / Naturschutzbund Deutschland (NABU)
Ein Meer von Müll.
Aussichtloser Kampf oder Licht am Horizont? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Umwelt & Energie
Birgit Bednar-Friedl, Karl W. Steininger
Österreichs CO2-Emissionsverantwortung zunehmend im Ausland verbucht.
Eine Analyse der „grauen“ Emissionen im österreichischen Güter-Außenhandel . . . . . . . . 7
Neue Biotechnologien
Esther Thole
Academic actors.
The role-play in interactive research . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Gastredaktion
Gottfried Kirchengast, Andreas Gobiet, Karl Steininger, Andrea Steiner
Klimawandel messbar machen und unsere Antworten gestalten.
Das Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel an der
Karl-Franzens-Universität Graz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Neue Biotechnologien
Armin Spök
Abschätzung von sozioökonomischen Aspekten von GVO.
Ein Ausweg aus der politischen Sackgasse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Frauen & Technik
Anina Mischau, Sabine Mehlmann
Genderkompetenz für angehende Mathematiklehrkräfte.
Konzeption einer Lehrveranstaltung für Lehramtsstudierende des
Unterrichtsfachs Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Aus dem IFZ
Institute for Advanced Studies on Science, Technology and Society.
Neue Fellows 2011/2012 / Yearbook 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Magazin
Johannes Gellner, geb. 1966 in Graz,
zwei Kinder, Fotograf und Grafiker.
Schon seit seiner Kindheit begeistert sich
Gellner für Fotografie und die Arbeit im
Fotolabor. Geprägt wurde er durch seinen Vater, der passionierter Hobbyfotograf war, durch die jahrelange Mitgliedschaft in der Naturfreunde-Fotogruppe
und Einflüsse von Erich Kees, Branko
Lenart u. a.
Ausstellungen bzw. Ausstellungsbeteiligungen im künstlerischen Bereich: Retzhof Leibnitz, Kunsthaus Mürz, Rathausgalerie, Orpheum, KunstgeschichteInstitut, ÖGB-Haus, Triangl und Kommod Graz.
Beruflich hat sich Gellner vor allem auf
Theater- und Bandfotografie spezialisiert
und über 500 Theaterproduktionen
(u. a. für Theater im Bahnhof, Musikhochschule Graz, Vereinigte Bühnen
Graz, Schauspielhaus Wien, Steirischer
Herbst etc.) mit der Kamera begleitet.
Seit 1999 ist er auch als selbstständiger
Grafiker und Trainer für Photoshop,
Illustrator sowie Indesign tätig.
Johannes Gellner lebt und arbeitet in
Graz.
Green Products . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Neue Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Conference “Making (In)Appropriate Bodies – Between Medical Models of
Health, Moral Economies and Everyday Practices” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Soziale Technik 3/2011
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Kontakt:
www.gellner.at
Technologie & Politik
Ein Meer von Müll
Aussichtloser Kampf oder Licht am Horizont?
Plastikabfall ist eine ernste Gefahr für die Meere. Riesige Müllstrudel treiben
durch die Ozeane, Meerestiere verfangen sich in alten Netzen, fressen Plastik, ersticken daran oder verhungern mit vollem Magen. Mikroskopisch
kleine Plastikpartikel fluten das endlose marine Nahrungsnetz und längst
sind auch Muscheln und Fische belastet. Ertrinkt unser blauer Planet in einem
Meer von Müll?
Kim Cornelius Detloff
ist promovierter Meeresbiologe und Referent für
Meeresschutz beim NABU, dem Naturschutzbund
Deutschland e.V. Nach dem Studium an der Universität Hamburg wissenschaftlicher Mitarbeiter
und Privatdozent am Institut für Marine Biologie in
Italien. Von 2006 bis 2008 beim Internationalen
Tierschutz-Fonds (IFAW) beschäftigt. Nach einem
Jahr als politisch-wissenschaftlicher Berater bei der
Bonner Konvention (CMS) arbeitet er heute in der
Bundesgeschäftsstelle des NABU in Berlin.
E-Mail: [email protected]
Abfälle im Meer und ihre ökologischen
Auswirkungen auf die sensiblen marinen
Lebensgemeinschaften wurden lange Zeit
vernachlässigt. Zu groß ist die Zahl der in
der Regel menschgemachten Bedrohungen
für das Leben im Meer. Lange Zeit standen
die Ozeanerwärmung, die Überfischung
oder auch Schad- und Nährstoffeinträge
mehr im Fokus von Wissenschaft und Politik, als es die Gefahr durch den Mülleintrag war. Seit ein paar Jahren aber scheint
sich diese Wahrnehmung zu ändern. Und
im Jahr 2010 konstatierten WissenschaftlerInnen im renommierten Magazin Science,
dass Plastikabfälle heute vermutlich zu
einer der größten Bedrohungen für unsere
Meere geworden sind.
Nach Schätzungen des Umweltprogramms
der Vereinten Nationen (UNEP) landen
weltweit jedes Jahr mehr als 6,4 Millionen
Tonnen Abfälle im Meer, bis zu 80 Prozent
davon stammen von Land (UNEP 2009).
Durchschnittlich 18.000 Plastikteile treiben inzwischen auf jedem Quadratkilometer Meeresoberfläche. Und selbst in den
entlegensten Meeresregionen finden wir
die Überreste unserer Zivilisation. Ganz
oben auf der Liste der häufigsten Fundstücke stehen dabei Zigarettenfilter,
Plastiktüten und Plastikflaschen. Hydrografische Wirbel in den Ozeanen konzentrieren die Abfälle in riesigen Müllstrudeln.
Deren bekanntester Vertreter, der „Global
Pacific Garbage Patch“ im Nordpazifik, hat
inzwischen die Größe Mitteleuropas
erreicht. Dabei ist das, was wir sehen, nur
die Spitze des Eisbergs. 70 Prozent der
Abfälle sinken je nach Dichte und Gewicht
mehr oder weniger schnell ab und
sammeln sich am Meeresboden, nur 15
Prozent treiben an der Wasseroberfläche
und 15 Prozent werden irgendwann an die
Küsten gespült. Die Herkunft des Mülls
variiert dabei zwischen den unterschiedlichen Meeresregionen. Während vor
Australien oder im Roten Meer bis zu 80
Prozent der Abfälle von Land kommen,
sind in der südlichen Nordsee die
Seeschifffahrt und die Fischerei Hauptverursacher (UBA 2010). Hinzu kommen eine
Vielzahl diffuser Quellen, Müll von
Ölplattformen und Aquakulturanlagen
oder auch illegale Einleitungen.
Tödliche Folgen
Die Auswirkungen von Plastik auf die
Meeresumwelt sind ebenso vielfältig wie
dramatisch. Über 260 marine Arten sind
betroffen. Delfine und Fische verfangen
sich in alten Netzen und ersticken
jämmerlich. Seevögel und Schildkröten
verwechseln Plastik mit ihrer natürlichen
Nahrung. Sie können Plastik weder
verdauen noch vollständig ausscheiden,
sie verhungern mit vollem Magen oder
sterben an inneren Verletzungen. In einer
der weltgrößten Brutkolonien der LaysanAlbatrosse auf den pazifischen MidwayInseln sterben heute zwei von fünf Küken
an den Folgen von Plastikabfällen. Kunststoff hat im Meer eine Haltbarkeit von bis
zu 450 Jahren, nur langsam wird es durch
Sonne, Salzwasser und Reibung zersetzt.
Fische und Filtrierer wie Muscheln oder
Korallen reichern die mikroskopisch kleinen Plastikpartikel im Verdauungssystem
oder Körpergewebe an: Partikel mit der
gefährlichen Eigenschaft, im Wasser gelöste Umweltgifte wie DDT oder auch PCBs
(Polychlorierte Biphenyle) oberflächlich
anzureichern. Noch viel zu wenig wissen
wir über die Wege des Mikroplastiks in
dem endlos verzweigten marinen
Nahrungsnetz. Und nur vermuten lässt
sich, ob auch der Fisch auf unserem Teller
längst ein Fisch aus Plastik ist.
Müll über Bord
Die internationale Seeschifffahrt ist trotz
eines strengen Regelwerks regional noch
immer einer der Haupteintragswege für
schädliche Abfälle ins Meer. Zwar verbietet
das sogenannte MARPOL-Abkommen der
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3
Technologie & Politik
Internationalen Seeschifffahrtsorganisation
(IMO) den Eintrag von Kunststoffabfällen
ins Meer, aber viele andere Stofffraktionen,
zum Beispiel Lebensmittelabfälle, Holz,
Papier, Glas und Metall können mit
Abstand zur Küste ganz legal ins Meer
entsorgt werden. Das hat in der Vergangenheit immer wieder zu Missbrauch geführt.
Viel zu oft sind Plastikabfälle zusammen
mit anderem Müll in den schiffseigenen
Schreddern gelandet und illegal im Meer
verklappt worden. Damit soll jedoch in der
Zukunft Schluss sein. Die IMO überarbeitet
aktuell den relevanten Anhang V des
MARPOL-Abkommens. So soll bald jeglicher Eintrag von Abfällen mit Ausnahme
von Essensresten, nicht-schädlichem Putzwasser und bestimmten Ladungsrückständen verboten sein. Wichtig dabei ist jedoch
auch, die entsprechenden Kapazitäten für
die Umsetzung und die dringend notwendigen Kontrollen auf See aufzubauen,
damit die überfällige und von vielen
Umweltverbänden seit langer Zeit geforderte Novellierung des Anhangs V nicht in
den Weiten der Ozeane verloren geht.
Mit der aktuellen Reform in der IMO muss
die Überarbeitung der europäischen Richtlinie über Hafenauffangeinrichtungen für
Schiffsabfälle und Ladungsrückstände
(2000/59/EG) einher gehen. Die Richtlinie
soll sicherstellen, dass ausreichend Kapazitäten zur Müllentsorgung in den Häfen
zur Verfügung stehen und die Abgabe und
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Entsorgung reibungslos funktioniert. In
der Praxis aber haben vage Formulierungen und eine unzureichende Ordnung der
Kompetenzen zu einer sehr uneinheitlichen Abfallentsorgung in den europäischen Häfen geführt. Ein Grund dafür ist,
dass die Umsetzung in der Hand der
Hafenbetreiber liegt, also bei den Kommunen oder auch privaten Hafenbetreibern.
Kernpunkte der Kritik sind fehlende Auflagen für die Abfallbewirtschaftungspläne,
eine zwischen den Häfen unterschiedliche
Gebührenordnung und ein bisweilen
kompliziertes Meldeverfahren. Zwar gibt es
auch Ausnahmen und positive Ansätze,
wie die Häfen von Rotterdam oder MalmöKopenhagen zeigen und das sogenannte
„no-special-fee“-System der HelsinkiKonvention, das Übereinkommen zum
Schutz der Meeresumwelt der Ostsee,
welches die Müllgebühren über die
regulären Hafengebühren abdeckt. Aber
insgesamt ist Europa weit von einem
einheitlichen und effektiven Abfallsystem
in den Seehäfen entfernt. Dies offenbarte
bereits 2005 die Carl-Bro-Studie nach der
Analyse von 50 ausgewählten europäischen
Seehäfen. Eine noch unveröffentlichte
NABU-Studie bestätigt das für Deutschland.
Auch Europas Meere sind betroffen
Wer denkt, dass Müll im Meer ein weit
entferntes Problem ist, der irrt. Auch in
Europa, in der Nord- und Ostsee, aber
4
insbesondere im Mittelmeer schreitet die
Vermüllung unaufhaltsam voran.
Geschätzte 20.000 Tonnen Abfälle landen
so jedes Jahr allein in der Nordsee. Und
würden Kommunen und Gemeinden
nicht Millionen Euro in die regelmäßige
Reinigung der Urlaubsstrände stecken,
wäre ein Badeurlaub auf Sylt, Amrum oder
Fehmarn ein wahrhaft schmutziges Vergnügen. Allein die Kommunen an der
ostholsteinischen Ostseeküste Deutschlands wenden jedes Jahr mehr als 1,2
Millionen Euro für die Strandreinigung
auf. Das regionale Übereinkommen zum
Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks einschließlich der Nordsee
(OSPAR) zählte durchschnittlich 712 Müllteile pro 100 Meter Küstenlinie, gut dreiviertel davon waren aus Plastik (Fleet
2009). Trauriger Spitzenreiter unter den
europäischen Meeren ist das Mittelmeer.
Erst im Januar schätzten französische
WissenschaftlerInnen des renommierten
Instituts Ifremer, dass im Mittelmeer mehr
als 250 Milliarden Plastikteile allein in den
oberen 10-15 Zentimetern der Wassersäule
treiben, mit möglicherweise fatalen Folgen
für das ökologische Gleichgewicht des
„Mare Nostrum“. Hauptverursacher sind
vor allem der Tourismus und Freizeitaktivitäten am Meer, aber auch schlecht gereinigte Abwässer, die Schifffahrt und illegale
Einleitungen. In der Ostsee gilt Müll nicht
als das größte Umweltproblem. Zudem
Technologie & Politik
scheinen nicht alle Regionen gleichermaßen betroffen zu sein. Dennoch sind
die wenigen verlässlichen Daten beunruhigend. Zwischen 6 und 1.200 Müllteile
wurden auf 100 Metern Küstenlinie gefunden, 60 Prozent waren dem Tourismus und
Freizeitaktivitäten zuzuordnen
(UNEP/HELCOM 2007).
Ein Funken Hoffnung
Im Jahr 2008 hat Europa die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verabschiedet,
die Umweltsäule der zukünftigen Meerespolitik. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu ergreifen, damit
Abfälle im Meer bis 2020 „keine schädlichen Auswirkungen auf die Küsten- und
Meeresumwelt“ haben und Europas Meere
einen „guten Umweltzustand“ aufweisen.
Priorität hat jetzt erst einmal die Entwicklung eines standardisierten Monitorings
und die Definition des 2020-Ziels für den
Faktor Müll. Noch bis Mitte 2012 läuft
die Anfangsbewertung für die nationalen
Gewässer. Aber auch erste Maßnahmen
wie ein EU-weites Verbot von Plastiktüten
werden offen diskutiert.
Bereits seit einiger Zeit befassen sich die
Vereinten Nationen mit der Problematik.
Im Frühjahr 2011 trafen sich auf ihre
Einladung über 400 TeilnehmerInnen zur
„5th International Marine Debris Conference“ auf Hawaii. In Vorträgen und Workshops wurden neueste, wissenschaftliche
Erkenntnisse und regionale Initiativen
diskutiert. Und auch aus der Kunststoffindustrie kam das überfällige Signal, sich der
Produzentenverantwortung stärker zu stellen. Mit der „Honolulu-Strategie“ forderten die TeilnehmerInnen der einwöchigen
Konferenz eine verstärkte internationale
Zusammenarbeit und präsentierten den
Entwurf einer globalen Strategie, um die
Vermüllung der Ozeane bis 2030 zu stoppen. Der Kampf gegen die Müllkippe Meer
erfordert ein breites gesellschaftliches
Engagement, von Politik, Wissenschaft
und Industrie, aber auch von gesellschaftlichen Verbänden und jedem/jeder Einzelnen.
Kampf gegen die „Müllkippe Meer“
Seit Jahren organisieren Umweltverbände
Reinigungsaktionen an den Stränden und
Küsten der Welt. Die wohl bekannteste
Initiative ist der „International Coastal
Cleanup Day“ der US-Organisation Ocean
Conservancy. Im Jahr 2010 jährte sich
dieser zum 25. Mal, mehr als 500.000
Menschen in über 100 Ländern sammelten
mehr als 3.300 Tonnen Müll. Der NABU
beteiligte sich im Jahr 2010 erstmalig und
befreite drei Naturschutzgebiete auf der
Ostseeinsel Fehmarn von angeschwemmten Abfällen. Gesammelt wurden 500 Kilogramm Müll, fast die Hälfte davon waren
Kunststoffe.
Im Sommer 2010 hat der NABU das
Projekt „Meere ohne Plastik“ gestartet. Mit
Informationsveranstaltungen, Reinigungsund Monitoring-Aktionen kämpft er gegen
die Müllflut in den Meeren. Im Zentrum
steht die erstmalige Umsetzung einer
„Fishing for Litter“-Initiative in Deutschland. Fischer aus den deutschen Ostseehäfen Burgstaaken (Fehmarn) und Heiligenhafen bringen Abfälle, die sich in ihren
Netzen verfangen, mit in den Hafen, wo
eine umweltgerechte und kostenlose
Abfallentsorgung bereit steht. Zudem
sollen die „gefischten Abfälle“ wichtige
Daten zur Belastung der Ostsee durch den
Müll liefern. Eine Studie des NABU, zusammen mit dem Grünen Punkt – Duales
System Deutschland, untersucht dabei
auch, wie groß der Anteil von Kunststoffabfällen ist und ob diese noch wiederverwertbar sind. Dahinter steht die Frage, ob
Müll aus dem Meer zukünftig in den Stoffkreislauf rückgeführt werden kann.
Doch auch jede/r Einzelne kann helfen, die
Meere vor den gefährlichen Folgen von
Plastikabfällen zu bewahren. Denn beim
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Technologie & Politik
Thema Müll im Meer fängt Meeresschutz
zu Hause an, beim eigenen Konsum- und
Wegwerfverhalten. Das heißt für uns:
Werfen Sie Müll nie achtlos weg, sondern
stets in den Mülleimer. Jede verwehte Tüte
oder jede Plastikflasche kann über Kanalisation und Flüsse auch im Meer landen und
Tiere töten. Bevorzugen Sie langlebige
Produkte und Mehrwegsysteme wie zum
Beispiel Pfandflaschen aus Glas. Trennen
Sie Glas, Papier, Kunststoffe und andere
Wertstoffe vom Restmüll, und ermöglichen
Sie so deren Wiederverwertung. Verzichten
Sie auf Plastiktüten und nutzen Sie Stofftaschen oder den Rucksack für die eigenen
Einkäufe. Und beteiligen Sie sich an Reinigungsaktionen und unterstützen Sie die
Initiativen von Umweltverbänden.
Müll als Wertstoff und das
Produktdesign der Zukunft
Fazit
Müll im Meer ist ein globales Problem, die
Ursachen, Zusammenhänge und Folgen
sind vielfältig, komplex und häufig noch
unzureichend untersucht. Es betrifft unseren gesamten Planeten. Meere bedecken
über 71 Prozent der Erdoberfläche und
stellen über 95 Prozent der belebten Biosphäre. Gleichzeitig spielen auch die
Prozesse an Land eine herausragende
Bedeutung bei der Eindämmung der
Problematik. Aber muss dieser Facettenreichtum nicht auch als eine Chance im
Kampf für saubere Ozeane betrachtet
werden? Denn wenn es etwas Positives bei
Bezahlte Anzeige
Längst wissen wir, dass es nahezu unmöglich ist, die Meere von allen Abfällen zu
befreien. „Fishing for Litter“ und „Coastal
Cleanups“ sind wichtige Initiativen,
können regional den Zustand der Meere
verbessern und dienen auch der Sensibilisierung der Bevölkerung. Aber das Kernproblem der „Müllkippe Meer“ lösen sie
vermutlich nicht. Deshalb muss bei allen
Bemühungen und Initiativen die Abfallvermeidung im Mittelpunkt stehen.
Hinter dem Wort Abfallvermeidung
verbirgt sich dabei mehr als die nicht
gekaufte Plastiktüte. Abfallvermeidung
beginnt beim Produktdesign, hier werden
die wesentlichen Weichen für die Umweltverträglichkeit eines Produktes gestellt.
Produkte müssen langlebig, schadstofffrei,
reparierbar und gut recycelbar sein. Idealerweise sollten zudem recycelte Materialien als Rohstoff eingesetzt werden. Abfälle
sind so Ausgangsstoffe für neue Produkte
und zu wertvoll, um im Meer zu enden.
Die Etablierung von Recyclingsystemen
und Rohstoffkreisläufen kann so einen
Beitrag leisten, das Müllproblem der
Meere zu reduzieren. Gleichzeitig werden
natürliche, auch endliche Ressourcen
geschont und gesichert. Der stete Zustrom
von Abfällen in die Ozeane kann nur
gestoppt werden, wenn alle Marktebenen
und Akteure tätig werden. Die Politik
muss mit effektiven Abfallvermeidungsstrategien die geeigneten Rahmenbedingungen setzen. Die Wirtschaft muss
verstärkt Recyclate einsetzen und umweltfreundliche, innovative Produkte
entwickeln. Und schlussendlich müssen
die VerbraucherInnen ihre Verantwortung
wahrnehmen und Wegwerfprodukte und
unnötige Verpackungen meiden sowie
ihren Abfall trennen und dem richtigen
Entsorgungssystem zuführen. Grundvoraussetzung für dieses Zusammenspiel ist
die Erkenntnis der Menschen, dass Müll
ein Roh- bzw. Wertstoff ist. Wir werfen zu
schnell und zu viel weg, und noch immer
sind die Erfassungssysteme für Kunststoffe, Glas, Metalle oder Elektroschrott in
vielen Regionen der Welt, und auch in
Teilen Europas, zu wenig etabliert und
verbesserungsfähig. Und produzieren wir
nicht auch viel zu oft direkt für „die
Tonne“? Einwegprodukte haben Hochkonjunktur: Einwegrasierer, die mehr
verletzen als rasieren, eine Invasion von
Einwegverpackungen, wobei jedes
Bonbon oder jeder Apfel noch einmal
extra eingewickelt oder eingeschweißt ist,
der inflationäre Umgang mit Plastiktüten.
Hier gilt es anzusetzen, um die notwendigen nachhaltigen Veränderungen herbeizuführen.
Soziale Technik 3/2011
6
diesem Thema gibt, dann doch die Tatsache, dass es unendlich viele Hebel und
Ebenen gibt, um aktiv zu werden. Die Politik muss den Rahmen setzen, Umwelt- und
Abfallwirtschaftsgesetze müssen angepasst
und verbessert werden. Behörden müssen
für eine effektive Überwachung sorgen
und Missbrauch und illegale Entsorgung
effektiv verhindern. Die Industrie muss
Ressourcen schonen, auf Mehrwegsysteme
setzen und innovative, langlebige Produkten anbieten. Das Recycling muss ausgeweitet, Erfassungssysteme verbessert und
Verwertungsquoten gesteigert werden.
Und letztendlich kann jede/r Einzelne
seinen/ihren Beitrag leisten, über
seine/ihre eigene Konsumentenverantwortung und gesellschaftliches Engagement.
Noch ist es vielleicht nicht zu spät. Nutzen
wir die uns verbleibende Zeit, um die
Meere auch für spätere Generationen zu
bewahren.
Literatur
• Bro, C. (2005): A Study on the Availability
and Use of Port Reception Facilities for ShipGenerated Waste. Executive Summary.
http://www.seas-at-risk.org/1mages/Carl%20
Bro%20study.pdf.
• Fleet, D., J. van Franeker, J. Dagevos, M. Hougee (2009): Marine Litter. Thematic Report No.
3.8. In: H. Marencic, J. de Vlase (eds.) (2009):
Quality Status Report 2009. WaddenSea Ecosystem No. 25. Common Wadden Sea Secretariat, Trilateral Monitoring and Assessment
Group, Wilhelmshaven, Germany.
• Law, K. L., S. M. Fergusen, N.A. Maximenko,
G. Proskurowski, E. E. Peacock, J. Haffner, Ch.
M. Reddy (2010): Plastic Accumulation in the
North Atlantic Subtropical Gyre. In: Science 3,
Vol. 329, No. 5996, pp. 1185-1188.
• Umweltbundesamt (2010): Abfälle im Meer –
Ein gravierendes ökologisches, ökonomisches
und ästhetisches Problem. 16 S.
• UNEP/HELCOM (2007): Marine litter in the
Baltic Sea region. Assessment of the marine litter problem in the Baltic region and priority for
response. Helsinki Commission. 21 pp.
• UNEP (2009): Marine Litter: A Global Challenge. Nairobi: UNEP. 232 pp. ■
Umwelt & Energie
Österreichs CO2-Emissionsverantwortung
zunehmend im Ausland verbucht1
Eine Analyse der „grauen“ Emissionen im
österreichischen Güter-Außenhandel
Österreich bezieht seine CO2-intensiven Güter zunehmend als Importgüter
aus dem Ausland – und ist damit durch seinen Konsum netto bereits für 34
Mio. t CO2-Emissionen jährlich mehr verantwortlich, als in den UNOEmissions-Statistiken (mit knapp 80 Mio. t) für Österreich ausgewiesen ist.
Birgit Bednar-Friedl
ist Assistenz-Professorin am Institut für Volkswirtschaftslehre der Karl-Franzens-Universität Graz
und Vize-Leiterin der Forschungsgruppe Ökonomik
des Klima- und Umweltwandels am Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel. Sie analysierte unterschiedliche Optionen für die globale Klimapolitik im Projekt „Carbon Content of Austrian
Trade Flows“.
E-Mail: [email protected]
Im Auftrag des Kompetenzzentrums „Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft (FIW)“ erarbeitete das Wegener Zentrums für Klima und Globalen Wandel der
Universität Graz eine Studie zum Kohlendioxidgehalt des österreichischen Außenhandels. In dieser wurden die tatsächliche
CO2-Emissionsverantwortlichkeit Österreichs sowie die Effektivität angedachter
klimapolitischer Zielvorgaben für den Zeithorizont 2020 untersucht.
Österreichs Treibhausgasverantwortlichkeit höher als bisher gedacht
Die politischen Anstrengungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen beziehen
sich im Rahmen der UN-Klimarahmenkonvention immer auf die Treibhausgasemis-
sionen, die durch die wirtschaftlichen Aktivitäten innerhalb der Grenzen eines Landes
entstehen. Zunehmend wird jedoch eine
alternative Bilanzierung diskutiert, die die
Emissionen – egal an welchem Ort sie anfallen – immer dem Land zurechnet, in
dem die Güter konsumiert werden. Praktisch heißt dies, dass für Österreich einerseits jene Emissionen relevant sind, die innerhalb Österreichs durch die Produktion
von letztlich auch heimisch konsumierten
Gütern entstehen, und andererseits die in
den Importen nach Österreich enthaltenen
impliziten („grauen“) Emissionen, die am
jeweiligen Produktionsort des Gutes (außerhalb der österreichischen Grenzen) in die
Atmosphäre abgegeben wurden. Nicht relevant sind in dieser Bilanzierung hingegen
die Emissionen innerhalb Österreichs, die
ausschließlich durch die Produktion von
österreichischen Exportgütern entstehen.
Das Wegener Zentrum führte erstmalig für
Österreich eine multidirektionale Multiregionale Input-Output-Analyse mit allen
Handelspartnern und unter Berücksichtigung der CO2-Emissionen durch.
Die Ermittlung der tatsächlichen Emissionsverantwortlichkeit Österreichs zeigt,
dass im Jahr 2004 die CO2-Emissionen auf
Karl W. Steininger
ist Ao.Univ.-Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Graz, Leiter der Forschungsgruppe Ökonomik des Klima- und Umweltwandels am Wegener Zentrum für Klima und
Globalen Wandel und Sprecher des interuniversitären Forschungsschwerpunktes „Umwelt und
Globaler Wandel“ der Karl-Franzens-Universität
Graz. Er leitete das Projekt „Carbon Content of
Austrian Trade Flows“.
E-Mail: [email protected]
Soziale Technik 3/2011
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Umwelt & Energie
Österreich bezieht seine CO2-intensiven Produkte somit zunehmend als
Importgüter aus dem Ausland
In der vorliegenden Studie für Österreich
wird eine relative Entkopplung zwischen
dem heimischen Konsum und heimischen
CO2-Emissionen nachgewiesen. Gleichzeitig macht jedoch der Kohlendioxidgehalt
der Importe, die notwendig sind, um die
Konsumentenbedürfnisse in Österreich zu
befriedigen, einen immer größeren Anteil
der Gesamtemissionswirkung aus: Importe
beinhalteten im Jahr 1997 indirekt 47 MtCO2, bzw. 67 Mt-CO2 im Jahr 2004. Das
heißt, dass für jeden Anstieg der österreichischen Endnachfrage um eine Einheit
bereits zwei Drittel der daraus resultierenden CO2-Emissionswirkung im Ausland
anfallen.
Die Effektivität von Post-Kioto-Klimapolitik: je mehr Länder beteiligt,
desto effektiver
Österreich steht jedoch mit dieser Entwicklung nicht alleine da – in fast allen Industriestaaten ist ein ähnliches Bild erkennbar.
Einer der Gründe dafür liegt in der Verstärkung klimapolitischer Verpflichtungen einiger Industrieländer und fehlende Verpflichtungen für Entwicklungs- und
Schwellenländer. Dies kann dazu führen,
dass zwar die Emissionen innerhalb der
Landesgrenzen der regulierten Länder sinken, jedoch die CO2-intensive Produktion
in anderen, nicht-regulierten Ländern zunimmt und Österreich bzw. die EU diese
Güter dann importiert.
Das Team des Wegener Zentrums untersuchte in diesem Kontext die Auswirkungen
von unterschiedlichen Optionen einer PostKioto-Klimapolitik für Österreich als Teil der
EU. Handelt die EU im Rahmen ihrer 20-20Ziele des Klima- und Energiepaktes alleine,
Soziale Technik 3/2011
so geht knapp mehr als die Hälfte der innerhalb der EU eingesparten CO2-Emissionen
durch einen Anstieg der Emissionen in anderen Weltregionen wieder verloren – und
zwar ausgelöst durch dann CO2-intensivere
Importströme aus diesen Regionen in die
EU. Diese Rate der Politik-Leakage (also der
Netto-Ineffektivität der Politik) wird bei einer breiteren Länder-Beteiligung an der
Emissionsreduktion deutlich kleiner. Sie beträgt dann jedoch weiterhin 21 bis 28%, solange sich Länder wie China oder andere
Entwicklungsländer zu keinen Emissionsreduktionen verpflichten.
Zur Einhaltung des vom Weltklimarat propagierten 2°C-Ziels, welches unser Klimasystem vor den schwerwiegendsten negativen Effekten – ausgelöst durch irreversible
Kippeffekte – bewahren soll, ist daher jedenfalls eine Beteiligung sowohl aller Industrie- als auch der Entwicklungs- und
Schwellenländer essenziell. Verfolgt nur die
EU ihre ambitionierten Ziele, so rückt die
Erreichung des 2°C-Ziels in weite Ferne. Die
Modellergebnisse legen sogar nahe, dass
selbst bei Verwirklichung aller Reduktionsziele, welche weltweit gemäß Kopenhagen
Akkord gemeldet wurden, die weltweiten
CO2-Emissionen nicht einmal unter das Niveau von 2004 reduziert werden können.
Literatur
• Bednar-Friedl, B., P. Jaramillo Munoz, T.
Schinko, K. Steininger (2010): The Carbon Content of Austrian Trade Flows in the European
and International Trade Context, FIW Research
Reports Series I, II-05, Trade, Energy & Environment, Research Centre International Economics (FIW), Vienna, March 2010.
http://www.fiw.ac.at/fileadmin/Documents/
Publikationen/Studien_II/SI05.Research_
Report.Carbon_Content_2.pdf
• Munoz, P, K. W. Steininger (2010): Austria’s
CO2-responsibility and the carbon content of
its international trade. In: Ecological Economics
69/2010. http://dx.doi.org/10.1016/
j.ecolecon.2010.05.017.
Anmerkungen
1 Dieser Beitrag fasst die Ergebnisse der am
Wegener Zentrum der Universität Graz erarbeiteten Studie „The Carbon Content of
Austrian Trade Flows in the European and
International Trade Context“ zusammen,
welche vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) im
Rahmen des Forschungsscherpunkts Internationale Wirtschaft (FIW) aus Mitteln der
Internationalisierungsoffensive der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde. ■
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Basis des Konsums um 44% höher waren
als die standardmäßig im Rahmen der
UNFCCC berichteten österreichischen
Emissionen. Während letztere 79 Millionen
Tonnen CO2 (Mt-CO2) betrugen, war der
Konsum Österreichs in Wirklichkeit für 114
Mt-CO2 verantwortlich. Dies bedeutet, dass
die Importe Österreichs wesentlich CO2-intensiver sind als seine Exporte. Dieses Verhältnis ist ebenso wie die absoluten Emissionszahlen über die Zeit angestiegen: im
Jahr 1997 war der Indikator auf Basis des
Konsums nur um 36% höher, anstelle der
Bilanzierung nach dem Produktions-Prinzip bei 67 Mt-CO2 betrugen die Emissionen
nach dem Konsum-Prinzip 91 Mt-CO2.
Neue Biotechnologien
Academic actors
The role-play in interactive research*
The views about the function of social research in genomics vary widely.
Some feel that it should socially embed the opportunities offered by genomics. On the other hand, others expect the research to cause a debate on
social issues. Bernhard Wieser and Maud Radstake examined how social scientists see their own role. They perceived a wide range of role perceptions
and most researchers appear to play multiple roles.
Esther Thole
was a PR Officer at University of Groningen /
Faculty of Mathematics and Natural Sciences
and a Company Writer at Pharming Group NV.
Scince 2002 she works as a science writer.
E-Mail: [email protected]
Although a little over ten years ago the concept of genomics itself was hardly known
outside the molecular biologists’ circle, these
days it has become routine for a whole contingent of researchers from various backgrounds. In various countries, investment in
research into the ‘social’ implications of this
new technology followed in the slipstream
of large-scale public investment in genomics. This social research around the life
sciences has become known under the
name ELSA (Ethical, Legal and Societal
Aspects) and covers a wide range of disciplines in the humanities and social sciences.
“In many countries, ELSA genomics was initiated top-down, certainly also in response
to the social debate about biotechnology in
the late nineties. Such a controversy had to
be avoided in regard to genomics,” said
Bernhard Wieser, senior researcher at the
Inter-University Research Centre for Technology, Work and Culture (IFZ), Graz,
Austria.
Time for reflection
“The start of the second term of the Austrian genomics programme seemed a suitable time to me for a moment of reflection
and to highlight the role of the ELSA researchers and their relation to genomics researchers.” Wieser formulated these aspects
in the two-year project Doing ELSA: an empirical study of ELSA in practice, which
started in August 2009. “My plan was to
compare the roles of researchers in various
national ELSA programmes.” Besides Austria, Denmark and the United Kingdom, the
Netherlands was one of his case studies, so
he contacted us, says Maud Radstake, Research & Dialogue Manager at CSG (Centre
for Society and Genomics). “I was doing research on whether and how CSG re-
searchers design their projects interactively
with scientists and actors in society. Bernhard’s project fitted in well with this and I
was immediately excited about his research
question and his exploratory approach.”
Analyse or organise?
Wieser: “The interaction in interactive
research is strategic in nature. Scientists are
aware of what they communicate and how
they do it; they do not tell everything. The
context in which research takes place is
important for the content and performance
of that research.” In his analysis of the
interviews, he arrives at four main storylines, which he characterises as four roles or
positions: collaborator, facilitator, scholar
and advocate. In brief, the collaborator acts
as a partner in genomics research or in its
translation into practical applications, the
facilitator creates a social space for interaction between scientists and others, the
scholar takes distance to analyse it academically, and the advocate emphatically takes a
position and tries to attain that. Radstake:
“Bernhard’s presentation of his preliminary
results at the CSG researchers days in
September 2010 evoked many positive
responses. It made people think about their
own role.”
Dutch dialogue
Bernhard Wieser started the project with a
reflection on his own work as an ELSA
genomics researcher. “I wondered: Who am
I? And who decides that? What you are and
do as a researcher, you do not decide yourself. You also have, for instance, an institutional identity.” He started with interviewing investigators he already knew and
who he could talk informally with. He
emphasises that he was not looking for
specific roles. “No, the experiences of the
people I interview form the basis of my
analysis. During the project I continuously
adjusted my ideas on various roles and positions. When I went to the Netherlands, I
distinguished two roles, the collaborator
and the scholar. In the Netherlands, dialogue proved to be important for many
researchers, which I translated into the role
of facilitator. But it appeared not to be a
specifically Dutch role: I then found facilitators everywhere.” The role of advocate
Soziale Technik 3/2011
9
Neue Biotechnologien
appeared to apply most to researchers who
actively try to bring about a social change.
He deliberately did not choose the label of
activist. “It is a widespread prejudice that
social scientists are activists and therefore
against something. An advocate, on the
other hand, is someone who is in favour of
something, and tries to contribute to a
change in a positive way.” He laughs: “I had
to reformulate many things during the
interviews.”
What is relevant?
Radstake often sees how difficult it is for
researchers to manoeuvre between the proximity to the life sciences that characterises CSG research and the distance required
by critical research. “How does one conduct social research of high academic
quality that is also relevant and useful?”
These tensions exist everywhere, but are
expressed in different ways in different
countries, says Wieser. “The autonomy of
ELSA researchers varies per country, as
does the expected output and the criteria
used to assess whether research is relevant.
In the UK academic output is extremely
important and considered ‘relevant’ this
means: relevant to policymakers. In the
Netherlands the focus is more on relevance
to science and the life sciences in particular.” They both think that understanding
their own position and the circumstances
that (partly) determine certain positions
can help researchers deal with such tensions. Wieser: “The description of the roles
provides a common typology with which
we can make tensions explicit.” It may
even strengthen your research, thinks
Radstake. “A common language is a prerequisite to be able to compare experiences
and learn from each other. If you know
where the sensitivities lie, you can respond
to them in your work and add value.” The
intention is not to use the roles to simply
categorise social scientists and that would
not work with this group. Imagine! Wieser,
laughing: “Social scientists are particularly
good at studying and characterising
others, but of course those labels do not
apply to us.”
Tamed advocate
And what is his own role? “When I started
in the ELSA genomics field, I was mostly a
collaborator. I was working with medical
geneticists and I really wanted to collaborate. In addition, I was a little bit of an advocate, I had an agenda and I wanted to
convince them of the need for reflection.
Soziale Technik 3/2011
But these roles gave me no satisfaction, it
felt like I was reaching out to them and
they did not respond. Partly because of
that experience I moved more towards the
role of the scholar and now my first target
group consists of my peers.” He points out
that for many academics the role of advocate is difficult. Academics are expected
to refrain from normative judgments. “At
best you can be a tamed advocate.”
Radstake does not entirely agree. “How the
advocate is perceived strongly depends on
the field,” she says. “When it comes to
issues in the medical field, for example in
public health or community genetics, it is
no problem to be an advocate. But in plant
genomics this is often different. There, advocates are quickly perceived as opponents
of genomics research, for instance where
intellectual property and developing countries are concerned. That can be difficult.”
Learning lessons
In June 2011 they jointly organised an international symposium in Graz. The symposium was entitled “Engaging with genomics: Comparing modes of social and philosophical research in the life sciences” and
dozens of ELSA genomics researchers from
different countries scrutinised their own positions and roles and those of the field. Why
this symposium? Wieser: “We can think up
and imagine anything, but what we do is
intended as a framework for a further exchange of ideas and experiences. But it goes
further than this. We want to raise the debate to the level of science policy. How can
we organise such research in the future?” It
is time to start thinking about this since the
ELSA genomics programmes will expire
everywhere in a few years. Therefore it is
more than just self reflection, says Radstake.
“Thinking and talking about yourself is
always fun, but it should not stop at navelgazing. However, to come up with a sensible
message, we must reflect on ourselves. Before rushing into the uncertain future, we
should reflect on what we are doing now
and what we can learn from that.”
Two portraits
Koen Dortmans is a PhD student and
conducts the CSG project “DNA in dialogue” at Radboud University Nijmegen.
“My role shifts between that of a collaborator and that of a facilitator, but if I had to
choose, it would clearly be the facilitator
because in the other role I would not be
able to do what I do now. The aim of my
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research is to involve scientists in the dialogue with the public and not just to study
how they do this, but also to intervene
where necessary to keep the dialogue open.
Intervention is also the difficult part of my
role. My credibility for both scientists and
the public is important because I also
actively raise issues to open the conversation. My own normative perspective plays a
role. Being neutral is impossible. This
creates a tension, because I request openness from the participating scientists, but
my interventions can create the impression
of bias. As a scholar, you run the risk that
the knowledge gained remains within the
academic environment. As a facilitator you
are more effective in using the knowledge
and insights. The elements of the collaborator are present in ‘empowering’ scientists.
I try to show them that a public dialogue
does not always put the brakes on your research, but can indeed contribute to a
socially robust ‘knowledge development.‘”
Ingrid Metzler is a political scientist and
researcher at the University of Vienna.
Her PhD research focuses on the embryo
politics in Italy and specifically on the interface between the life sciences and the
“traditional” political field.
“In general I see myself as a scholar and in
that role I feel most comfortable. It gives
me the freedom to study what I want and I
can establish links with existing concepts
and theories. What I notice in the interaction with scientists in labs and clinics is
that it is sometimes difficult to explain
what I do. They are open to being studied
because they recognise the importance of
social implications for their work, but they
do not always understand why you want to
study the technology development process.
As an ELSA researcher you do not always
control your role. There is always something new involved and it is such a dynamic field, where, on top of this, controversial technologies are often concerned, so I
constantly wonder what it is I really do.
Am I a facilitator now? But do I really
want to be? And if not, why not? As ELSA
researchers we need to consider the implications of our work for the life sciences and
not just focus on the implications of the life
sciences themselves.”
* This article is an English translation and updated version of an article in Dutch, ‘Academische acteurs’, published in LEV, the magazine
of the Centre for Society and Genomics, The
Netherlands, No. 5, May 2011, pp.43-46. ■
Gastredaktion
Klimawandel messbar machen
und unsere Antworten gestalten
Das Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel
an der Karl-Franzens-Universität Graz
Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel
Karl-Franzens-Universität Graz
Leechgasse 25, A-8010 Graz
Tel: +43-(0)316-380 8430
Fax: +43-(0)316-380 9830
E-mail: [email protected]
Web: http://www.wegcenter.at/
Gottfried Kirchengast
ist Professor für Geophysik und Leiter des Wegener
Zentrums für Klima und Globalen Wandel der KarlFranzens-Universität Graz sowie von dessen Forschungsgruppe Atmosphärenfernerkundung und
Klimasystem.
E-Mail: [email protected]
Karl Steininger
ist Professor für Volkswirtschaft und stellvertretender Leiter des Wegener Zentrums sowie Leiter der
Forschungsgruppe Ökonomik des Klima- und Umweltwandels.
Das Wegener Zentrum (WegCenter) dient
der wissenschaftlichen Erforschung des
Klimawandels und der Rolle von uns
Menschen darin durch Interdisziplinarität
und vertiefte Zusammenarbeit. Es verbessert die Forschungsmöglichkeiten für den
wissenschaftlichen Nachwuchs und stellt
die Ergebnisse zum Nutzen für EntscheidungsträgerInnen in Politik, Wirtschaft
und Gesellschaft und die breite Öffentlichkeit dar.
Das Wegener Zentrum ist ein fächerübergreifendes, international orientiertes Forschungszentrum der Karl-Franzens-Universität Graz. Rund 35 ForscherInnen aus Bereichen wie Geo- und Klimaphysik, Meteorologie und Volkswirtschaft arbeiten in drei
Forschungsgruppen zusammen. Auch sind
ForscherInnen und PartnerInnen aus Bereichen wie Geographie, Hydrologie, Systemwissenschaften, Philosophie, Landwirtschaft, Biologie, Psychologie und Soziologie
in zahlreiche Forschungsprojekte eingebunden. Das Zentrum besteht seit 2005.
Fragestellungen fokussieren auf den Klimaund Umweltwandel und die Rolle von uns
Menschen:
■ Was passiert in/mit unserer Atmosphäre?
■ Wie wirkt der weltweite Klimawandel in
unserem Lebensraum?
■ Welchen Einfluss haben Energieverbrauch und Verkehr?
■ Warum sind regulierende Maßnahmen
wichtig?
■ Wo sind wirtschaftliche Folgen des
Klimawandels spürbar?
■ Welche Möglichkeiten bestehen für politische EntscheidungsträgerInnen?
E-Mail: [email protected]
Andreas Gobiet
ist Leiter der Forschungsgruppe Regionale und Lokale Klimamodellierung und -analyse und verantwortlich für den Bereich wissenschaftliche Kommunikation am Wegener Zentrum.
E-mail: [email protected]
Andrea Steiner
ist Vize-Leiterin der Forschungsgruppe Atmosphärenfernerkundung und Klimasystem und verantwortlich für Qualitätsmanagement und IT am Wegener Zentrum.
E-mail: [email protected]
Soziale Technik 3/2011
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Gastredaktion
Forschungsgruppe Atmosphärenfernerkundung und Klimasystem
(ARSCliSys)
Die Forschungsgruppe ARSCliSys (Atmospheric Remote Sensing and Climate
System), geleitet von Gottfried Kirchengast, erforscht moderne satellitengestützte
Methoden zur Fernerkundung der Atmosphäre und des Klimasystems sowie mit
dem WegenerNet neue bodengebundene
Methoden mit sehr hoher Auflösung. Wie
stark ist die globale Erwärmung heute
schon und wie entwickelt sie sich in
Zukunft? Wie betrifft sie die Alpenregion,
Österreich, die Steiermark?
Eine besonders geeignete Methode für den
weltweiten Blick zur Antwort auf solche
Fragen ist die Okkultationstechnik mittels
Signalen von Navigationssatelliten (GPS,
Galileo) oder Low Earth Orbit (LEO)-Satelliten. Im konkreten Lebensraum Alpenregion ist das WegenerNet ein Pionierexperiment der Gruppe.
■ GPS Radio-Okkultation: Ein neuer
Standard für die globale Klimaforschung
Radio-Okkultation nutzt Radiosignale von
GPS (Global Positioning System)-Satelliten
zur Untersuchung der Erdatmosphäre.
Diese Signale werden von einem GPSEmpfänger auf einem Satelliten in niedri-
ger Erdumlaufbahn empfangen, nachdem
sie die Erdatmosphäre durchquert haben
und dabei verdeckt („okkultiert“) wurden.
In Okkultationsgeometrie (Abb. 1) durchqueren die Radiosignale aus Sicht des
Empfängers immer dichtere Atmosphärenschichten und werden dabei entsprechend
den Brechungseigenschaften der Atmosphäre gebrochen und verlangsamt. Von
der Signalausbreitung kann man auf wichtige Klimagrößen wie Temperatur, Luftdichte und Luftdruck rückschließen. Von
Vorteil für Klimaanwendungen sind die
Langzeit-Stabilität und die hohe Qualität
der Daten in der Region der oberen Troposphäre und der unteren Stratosphäre (ca.
5 km bis 35 km Höhe), welche besonders
sensibel auf Klimaänderungen reagiert.
Das ARSCliSys-Forschungsteam arbeitet an
Langzeitaufzeichnungen dieser wichtigen
Klimavariablen (www.wegcenter.at/globclim) und nutzt die Daten zur Erforschung
von Klimatrends und Klimavariabilität
sowie zur Evaluierung von Klimamodellen.
Das Hauptinteresse richtet sich dabei auf
den globalen Klimawandel und seine
regional variierenden Charakteristika.
■ Benchmark der Klimazukunft: Mikrowellen und Infrarotlaser-Okkultation
Die Infrarotlaser-Okkultation (LIO) und die
Abb.1: Messprinzip Radio-Okkultation
(Wellenlänge
˜ 20 cm)
(Höhe
˜ 20.000 km)
Mikrowellen-Okkultation (LMO) sind neue
Messmethoden, die das Prinzip Okkultation nutzen. Die Kombination von LMO
und LIO macht die Methode einzigartig
nutzbar für unabhängige Messungen des
globalen Klimazustands. Die ARSCliSysGruppe ist bei der Entwicklung der LMIOMethode international federführend.
Die LMIO-Signale durchqueren die Atmosphäre gleichzeitig und werden dabei v. a.
durch Brechung und Absorption beeinflusst. Daraus lassen sich Schlüsselvariablen des Klimawandels mit hoher Genauigkeit ableiten: Temperatur, Feuchte,
Windstärke, Treibhausgaskonzentrationen
(wie CO2, CH4, H2O) sowie weitere wichtige Variablen. Diese globale Klimabeobachtung und die gute vertikale Auflösung
machen das LMIO-Verfahren besonders
gut für die Klimaforschung geeignet.
■ WegenerNet: Neues Netz für die regionale und lokale Klima- und Wetterforschung
Die Region Feldbach (Steiermark/Österreich) wurde vom Wegener Zentrum und
der Forschungsgruppe ARSCliSys als
Schwerpunktgebiet für ein Pionierexperiment der österreichischen und internationalen Klimaforschung ausgewählt – für das
WegenerNet Klimastationsnetz Region Feldbach. Über 150 Klimastationen in insgesamt 27 Gemeinden bilden das WegenerNet
und vermessen in einem engmaschigen
Netz – eine Station ca. pro 2 Quadratkilometer – die kleinregionale Wetter- und
Klimaentwicklung (Temperatur, Niederschlag, Wind etc.) mit neuartiger Genauigkeit. Seit 1. Jänner 2007 laufen die Messungen flächendeckend im 5-Minutentakt.
2007 bis 2009 waren die Jahre des Pilotund Demonstrationsbetriebs; seit 2010 ist
das Netz in operationellem Betrieb. Viele
Projekte zur Erforschung des Klima- und
Umweltwandels und seiner Auswirkungen,
aber auch die ganz normale Wetterbeobachtung, profitieren davon (mehr Informationen auf www.wegcenter.at/wegenernet).
Forschungsgruppe Regionale und
Lokale Klimamodellierung und
-analyse (ReLoClim)
Nicht nur aus wissenschaftlicher Neugierde, sondern auch wegen der gesellschaftlich wichtigen Auswirkungen des globalen
Klimawandels auf regionaler Ebene befasst
sich die Arbeitsgruppe für Regionale und
Lokale Klimamodellierung und -analyse
(ReLoClim) mit den folgenden drei
Forschungsthemen:
auf Satelliten in
niederem Orbit (400 – 800 km)
Soziale Technik 3/2011
12
Gastredaktion
– Regionale Klimaprozesse und ihre Simulation;
– Regionaler Klimawandel;
– Anwendung von Klimaszenarien in der
Klimafolgenforschung.
Die Untersuchungsregionen liegen zumeist
im europäischen Alpenraum, oft aber auch
in anderen Regionen der Erde wie etwa in
Südosteuropa oder der Himalaya-Region.
■ Regionale Klimaprozesse und ihre
Simulation.
Dieses Forschungsthema umfasst drei Teilbereiche. (1) Verbesserung der Klimamodellierung mit sehr hoher räumlicher
Auflösung (dynamische und empirischstatistische Methoden). (2) Gekoppelte
Modellierung verschiedener Komponenten
des regionalen Erdsystems. Beispiele sind
die Kopplung von Klimamodellen mit
hydrologischen Schnee- oder Gletschermodellen. (3) Untersuchung kleinskaliger
Extremereignisse (zum Beispiel Starkniederschläge) und Analyse regionaler Rückkopplungsprozesse.
■ Regionaler Klimawandel
Das zweite Forschungsthema umfasst folgende zwei Gebiete: (1) Simulation des Klimas im Alpenraum bis zum Jahr 2100 in
sehr hoher räumlicher Auflösung.
(2) Analyse der Verlässlichkeit von Klimawandelszenarien und deren regionaler Auswirkungen.
Ergebnisse dieser Forschungen zeigen, dass
wir bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts im
Alpenraum mit einer Temperaturzunahme
von etwa 1/4 Grad Celsius pro Jahrzehnt
rechnen müssen. Auch Änderungen des Niederschlags sind möglich, können aber bislang nicht verlässlich vorhergesagt werden.
■ Anwendung von Klimaszenarien in
der Klimafolgenforschung
Das dritte Thema stellt die Brücke zwischen Klimasimulationen und der Erforschung der Auswirkungen des Klimawandels dar. Von besonderer Bedeutung sind
folgende drei Themengebiete:
(1) Anwendung und Verbesserung von Methoden zur Datenanalyse und -darstellung.
(2) Empirisch-statistische Verfeinerung
und Fehlerkorrektur von Klimamodellen.
(3) Bereitstellung von, speziell auf die Bedürfnisse der Anwender zugeschnittenen,
regionalen und lokalen Klimaszenarien für
die Klimafolgenforschung und für EntscheidungsträgerInnen (Abb 2).
Die schematische Darstellung der Datenaufbereitung für die Klimafolgenforschung
Abb. 2: Schematische Darstellung der Datenaufbereitung für die Klimafolgenforschung
zeigt Klimasimulationen (meist mehrere
Szenarien), die mittels Beobachtungsdaten
räumlich verfeinert und fehlerkorrigiert
werden. Diese Daten fließen in Modelle
ein, welche die Folgen vom Klimawandel
beschreiben, wie zum Beispiel Landwirtschafts- oder Hydrologiemodelle, und dienen somit als politische oder wirtschaftliche Entscheidungsgrundlage.
Forschungsgruppe Ökonomik des
Klima- und Umweltwandels (EconClim)
Die Forschungsgruppe EconClim fokussiert
auf die sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Aspekte des Klima- und Umweltwandels, insbesondere auf die Frage, wie der in-
dividuelle Mensch und die Gesellschaft zum
globalen Klima- und Umweltwandel beitragen, wie sie aber auch von diesem selbst betroffen sind und wie sie den globalen Klimaund Umweltwandel mindern bzw. sich ihm
anpassen können. Zwei Forschungsthemen
werden dabei behandelt, wobei innerhalb
jedes Forschungsthemas das vollständige
Spektrum von Grundlagenforschung über
grundlagenorientierte Anwendungsforschung bis hin zu angewandter (politikberatender) Forschung abgedeckt wird:
– Ökonomik des globalen Wandels: Klimapolitik;
– Ökonomische Folgen des Klimawandels
und Anpassung.
Abb. 3: Treibhausgas-Emissionen der Steiermark 2030 (kt Co2e),
Klimaschutzplan Steiermark
Wegener Zentrum et al. 2010: http://www.technik.steiermark.at/cms/ziel/67473811/DE/
Soziale Technik 3/2011
13
Gastredaktion
■ Ökonomik des globalen Wandels:
Klimapolitik
Kernstück der Klimapolitik zur Vermeidung des Klimawandels ist die Restrukturierung des Energiesystems (Reduktion des
Energieverbrauchs und Verlagerung auf erneuerbare Energieträger).
Schwerpunkte dieses Forschungsthemas:
• Analyse von Emissionseinsparungspotenzialen auf nationaler und regionaler Ebene,
insbesondere in den Sektoren Verkehr und
Gebäude;
• Globale Klimapolitik, internationaler
Handel und Carbon Leakage (Produktionsverlagerung ins Ausland aufgrund steigender Kosten durch den Emissionhandel);
• Klimafreundliches NutzerInnenverhalten
bei Alltagsmobilität und Energieverbrauch
von Haushalten;
• Bewertung der Potenziale erneuerbarer
Energien in Österreich;
• Entwicklung makroökonomischer Modelle zur Politikanalyse.
Projektbeispiel:
Klimaschutzplan Steiermark
Im Projekt „Klimaschutzplan Steiermark“ wurden gemeinsam mit den Forschungspartnern TU Graz und Joanneum Research folgende Forschungsfragen behandelt:
• Welchen Beitrag soll und kann ein
Bundesland zur Reduktion der Treibhausgasemissionen und zur Erhöhung
des Anteils erneuerbarer Energieträger –
wie im Energie- und Klimapaket der EU
für 2020 formuliert – leisten?
• Welche konkreten Maßnahmen müssen ergriffen werden ?
• Mit welchen Kosten, Wertschöpfungsund Beschäftigungswirkungen ist dies
verbunden?
Ein zentrales Ergebnis (siehe Abb. 3,
S.13): Die strikteren EU-Ziele (minus
30% Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020) sind auf regionaler
Ebene durchaus akkordierbar und erreichbar.
Die Hauptaktionsfelder sind Gebäude
und Verkehr. Gegenüber 2005 sind über
die Hälfte der Treibhausgasemissionen
im Bereich Kleinverbrauch (Raumwärme) bis 2020 durch Maßnahmen in
der Sanierung, durch Heizungstausch,
Solarthermie und im Neubau reduzierbar, bis 2030 sogar 70%. Im Bereich Verkehr wurde bis 2030 ein Emissionseinsparungspotenzial von rund 40% identifiziert (gegenüber dem Referenzwert).
Soziale Technik 3/2011
■ Ökonomische Folgen des
Klimawandels und Anpassung
Die Kernthemen innerhalb dieses Forschungsthemas sind die Analyse sektoraler
Nachfragereaktionen auf Wetter- und Klimavariabilität sowie die makroökonomische Bewertung von Klimawandelfolgen
und Anpassungsoptionen, um die Konsequenzen des Klimawandels abzufedern. Der
Forschungsfokus liegt derzeit auf den Bereichen Landwirtschaft, Tourismus, Energie
und Verkehrsinfrastruktur.
Schwerpunkte dieses Forschungsthemas:
• Analyse der Wetter- und Klimasensitivität
der untersuchten Sektoren;
• Abschätzung von betrieblichen und volkswirtschaftlichen Wetter- und Klimarisiken
und entsprechender Anpassungsoptionen;
• Makroökonomische Modellierung zur
Evaluierung von Klimawandelfolgen und
-anpassung;
• Beitrag zur Entwicklung von gekoppelter
Modellierung: Klimaänderung (Temperatur,
Niederschlag, ...) ➞ Auswirkungen auf Umweltmedien (z. B. Ertragsänderung) ➞ Auswirkungen auf spezifischen Anpassungssektor (Profitabilität etc.) ➞ gesamtwirtschaftliche Effekte (Nachfrage- und Preiseffekte).
Projektbeispiel:
Die Klimawandelwirkung auf
Heizen und Kühlen
Ein Anwendungsbeispiel für die interdisziplinäre Erforschung der Klimawandelfolgen im Bereich Energie stellt das
Projekt Heat.AT dar (Toeglhofer et al.
2009: www.wegcenter.at ➞ Forschung
➞ EconClim ➞ Projekte ➞ Heat.At).
In diesem Projekt wurden die Auswirkungen des Klimawandels auf den Heizwärme- und Kühlbedarf des österreichischen Gebäudebestandes untersucht.
Die Ergebnisse zeigen eine deutliche
klimabedingte Verschiebung vom Heizwärme- zum Kühlbedarf (Abb. 4). Der
Gesamteffekt hängt aber neben der
Stärke des Klimawandelsignals vom
lokalen Klima und vor allem von der
energetischen Qualität des zukünftigen
Gebäudebestandes ab. Während bei
Altbauten in allen Landesteilen mit
einer stärkeren Heizkostenreduktion zu
rechnen ist, kann bei besserer Gebäudedämmung der Kühlkostenanstieg in
den wärmsten und dicht besiedeltsten
Regionen deutlich überwiegen. ■
Abb. 4: Änderung der Heiz- und Kühlkosten für ein durchschnittliches Bürogebäude
Änderung der Heiz- und Kühlkosten für ein durchschnittliches Bürogebäude jeweils für die
Gemeinde mit dem kältesten, durchschnittlichen und wärmsten Klima in Österreich basierend
auf dem Klimaszenario reclip:more (Änderung zwischen 1981-90 und 2041-50 je nach Monat
und Landesteil zwischen 1.6 °C und 2.9 °C); Toeglhofer et al. 2009.
14
Neue Biotechnologien
Abschätzung von sozioökonomischen
Aspekten von GVO
Ein Ausweg aus der politischen Sackgasse?
In der Europäischen Union formieren sich die Positionen zur Berücksichtigung sozioökonomischer Aspekte des Anbaus gentechnisch veränderter
Pflanzen (gv-Pflanzen) im Zuge der Marktzulassung – Anmerkungen zu
einem ambitionierten Unterfangen.
gliedsland) und – seit 2008 – auch Frankreich. Den zuständigen Gremien in beiden
Ländern fehlt es jedoch häufig an hinreichend soliden Informationen. Diese sind
zumeist nicht in den Antragsunterlagen
enthalten und können aufgrund der gesetzlichen Lage in EU-Zulassungsverfahren
auch nicht eingefordert werden.
Was ist mit „sozioökonomischen
Auswirkungen“ gemeint?
Armin Spök
studierte Biologie mit Schwerpunkt Molekulargenetik an der Karl-Franzens-Universität Graz und Wissenschafts- und Technologiepolitik an der University of Sussex. Er ist Leiter des Forschungsbereichs
„Neue Biotechnologien” am IFZ und Lehrbeauftragter an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt,
der TU Graz und am FH Technikum Joanneum.
Arbeitsschwerpunkte: Risko-Governance, Technikfolgenabschätzung, Politikfeldanalysen im Zusammenhang mit Biotechnologie und Lebensmittelsicherheit.
E-Mail: [email protected]
Marktzulassungen von gv-Pflanzen in der
EU laufen nach jahrelangem Tauziehen
um die Erfordernisse für die Gesundheitsund Umweltabschätzung nach wie vor
sehr schleppend und gegen den Widerstand einer Reihe von EU-Mitgliedstaaten.
Auf der Suche nach politischen Auswegen
hielten die EU-UmweltministerInnen im
Dezember 2008 fest, dass im Zulassungsverfahren auch sozioökonomische Aspekte
und Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nachhaltigkeit berücksichtigt werden
sollten. Dieser Vorstoß kam denen entgegen, die schon lange eine vollständigere
und über gesundheits- und umweltbezogene Risikoinformationen hinausgehende
Entscheidungsgrundlage haben wollten.
Andere sahen darin eine Möglichkeit für
eine Entspannung der Risikodiskussion:
Man könne nun offen und explizit über
sozioökonomische Faktoren diskutieren,
ohne diese in wissenschaftliche – ausschließlich auf Umwelt- und Gesundheitsrisiken abzielende – Argumente einkleiden zu
müssen. Dem im April dieses Jahres vorgelegten Bericht der Kommission ist es allerdings nicht gelungen, das Thema in einer
auf EU-Ebene bearbeitbaren Form zu strukturieren1 – dies macht deutlich, dass man in
dieser Sache noch am Anfang steht.
Wenig regulatorische Erfahrung
Weltweit geben eine Reihe von Staaten an,
sozioökonomische Faktoren zu berücksichtigen, aber nur sehr wenige haben Erfahrungen mit einem strukturierten Prozess
der Abschätzung sozioökonomischer Faktoren bei Marktzulassungen und Freisetzungen von gv-Pflanzen. Im europäischen
Kontext sind dies Norwegen (als EWR-Mit-
Mögliche Auswirkungen des Anbaus von
gv-Pflanzen, jenseits von gesundheitlichen
und umweltbezogenen Effekten, werden in
der Literatur als ökonomische, agronomische, agroökologische, soziale beziehungsweise gesellschaftliche und manchmal auch
explizit als sozioökonomische beschrieben.
Darüber hinaus werden auch ethische, politische und kulturelle Implikationen genannt. Diese Breite spiegelt sich auch in den
Sichtweisen der EU-Mitgliedstaaten wieder.2
Eine Eingrenzung dessen, was im Zusammenhang mit dem Anbau von gv-Pflanzen
mit sozioökonomischen Faktoren gemeint
ist, wäre daher dringend notwendig.
Sozioökonomische Auswirkungen
in der Literatur
Das Gros der relevanten Literatur zum
Thema besteht aus ökonomischen Analysen, die ihrerseits auf ein schmales Segment
fokussieren: Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe, die gv-Pflanzen
anbauen. Die Ergebnisse dieser (zumeist außereuropäischen) Studien zeigen in manchen Fällen deutliche ökonomische Vorteile für die anbauenden Betriebe. Ob sich
diese tatsächlich realisieren, hängt unter
anderem von der spezifischen Pflanze und
gv-Eigenschaft, vom agroökonomischem
Kontext sowie vom Schädlingsdruck und
Zeitpunkt der Erhebung ab. Studien über
mikroökonomische Auswirkungen (Folgen
für andere Landwirte, die Beschäftigung auf
dem Land, Armut und Haushaltseinkommen) in Entwicklungsländern sind jedoch
rar und zeigen mitunter Nachteile, z. B. für
Biobetriebe. Makroökonomische Sektorstudien untersuchen den Gesamtumfang der
wirtschaftlichen Auswirkungen des Anbaus
Soziale Technik 3/2011
15
Neue Biotechnologien
von gv-Pflanzen und ihre Verteilung auf die
Wirtschaftsakteure der Pflanzenproduktionskette (Saatguthersteller, Landwirte, Lebensmittel- und Futtermittelhersteller,
Konsument/innen). Diese auf Modellrechnungen beruhenden Studien gehen jedoch
in ihren Ergebnissen weit auseinander – je
nach gewählten Modellparametern.
Ein interessantes Merkmal sozioökonomischer Informationen und Abschätzungen ist
ihre Abhängigkeit vom jeweiligen geografischen, (agrar-)ökonomischen und soziokulturellen Kontext. Bei gesundheitlichen Auswirkungen war dies bislang kaum ein Thema. Bei Umweltauswirkungen war die Rolle
von klimatischen, geographischen und
agronomischen Aspekten schon wichtiger.
Notwendigkeit von Leitlinien
Ähnlich wie bei der Risikoabschätzung wird
man sich daher bei der Abschätzung von
sozioökonomischen Auswirkungen auf Eingrenzungen und Leitlinien einigen müssen,
um zu vergleich- und diskutierbaren Bewertungen zu kommen. Die Notwendigkeit
solcher Leitlinien wird auch durch die widersprüchlichen Ergebnisse und Schlussfolgerungen vorliegender Studien deutlich.
Bei der Frage nach der Reichweite von sozioökonomischen Bewertungen wird es
z. B. darum gehen, ob Auswirkungen auf
Drittländer, insbesondere Länder des Südens, mit einbezogen werden, wie dies derzeit in der Gentechnikgesetzgebung Norwegens vorgesehen ist.
Hat man einmal den Abschätzungsrahmen
definiert, wäre abzustimmen, welche Indikatoren herangezogen, welche Methoden
empfohlen werden und auf welcher normativen Grundlage bewertet wird. Auch
letztere spiegelt eine gewisse Kontextspezifität wider. Die niederländische Gentechnikkommission COGEM hat beispielsweise
konventionelle Landwirtschaft als Referenzgrundlage für Bewertungen vorgeschlagen. Darunter wäre für die Niederlande allerdings eher eine industrielle
Landwirtschaft und für Österreich eher
eine kleinstrukturierte, bäuerliche und
nachhaltige Landwirtschaft, deren multifunktionelle Rolle bereits seit Jahrzehnten
ein zentrales Thema der Landwirtschaftsund Regionalpolitik ist, zu verstehen.
Wo sollte eine solche Abschätzung
verortet sein?
Diese Kontextspezifität erfordert spezifische nationale und regionale Detailkenntnisse. Eine Abschätzung auf EU-Ebene alleine ist daher wohl nicht realistisch, eine
Soziale Technik 3/2011
Beteiligung der Mitgliedstaaten unumgänglich. Um den Anforderungen eines
EU-Verfahrens zu genügen, müssen solche
Abschätzungen trotzdem auf EU-Ebene diskutierbar sein. Hilfreich wäre daher zum
Beispiel, auf der EU-Ebene Leitlinien für
die Durchführung solcher Abschätzungen
auf nationaler Ebene zu formulieren.
Unklar ist, in welcher EU-Institution derartige Arbeiten verortet sein könnten. Aus
der Sicht mancher Kommentatoren können sozioökonomische Auswirkungen in
analoger Form wie gesundheitliche und
umweltbezogene Auswirkungen durch ein
entsprechend zusammengesetztes wissenschaftliches Komitee untersucht werden –
eventuell könnte dafür eine Social Science
Unit bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eingerichtet
werden. Andere sehen hierbei Probleme
mit dem allgemeinen Lebensmittelrecht
der EU3. Hinzu kommt, dass die EFSA in
den Augen mancher Stakeholder und Mitgliedsländer im Zusammenhang mit GVO
wenig Vertrauen genießt. Alternativ wäre
eine Einrichtung ähnlich des europäischen
Expertenrates „European Group on Ethics
in Science and New Technologies” eine
Möglichkeit – allerdings eher für globale
und nicht für routinemäßige Abschätzungen im Rahmen von Marktzulassungen.
schen Nachteilen durch Koexistenzmaßnahmen oder dem Schutz der Diversität
landwirtschaftlicher Produktion, dem
Schutz der Saatgutreinheit. Eine derartige
Etablierung von sozioökonomischen Abschätzungsprozessen in einer optionalen
Form und auf nationaler Ebene erscheint
angesichts der genannten Schwierigkeiten
deutlich aussichtsreicher zu sein.
Wie ein Damoklesschwert schwingt über
den europäischen Diskussionen allerdings
noch eine ganz andere Frage, die hier aus
Platzgründen nicht ausgeführt werden
kann: Was wird die Welthandelsorganisation WTO zu dieser Art von Vermarktungseinschränkungen auf Basis sozioökonomischer Argumente sagen? Hierzu gehen die
Meinungen von FachexpertInnen derzeit
diametral auseinander.
Der Endbericht zum von Armin Spök 2010
im Auftrag des BMG und des BMLFUW
zum Thema durchgeführten Projekts ist
unter http://www.bmg.gv.at/home/
Schwerpunkte/Gentechnik/
Fachinformation_Allgemeines/Studie_
Assessing_Socio_Economic_Impacts_of_
GMOs abrufbar. Dieser Artikel ist eine
stark bearbeitete und gekürzte Version eines Beitrags für den Genethischen Informationsdienst (GID), erschienen in der
Ausgabe 207/2011.
Ausblick
Anmerkungen
Die Etablierung einer sozioökonomischen
Abschätzung von GVO auf EU-Ebene ist
mit Sicherheit eine komplexe Herausforderung und wäre mit einem schwierigen und
langen Einigungsprozess verbunden, speziell dann, wenn – ähnlich wie in Norwegen – eine solche als verpflichtendes Verfahren parallel zur Risikoabschätzung zu
durchlaufen wäre. Selbst wenn man sich
einmal auf gemeinsame Leitlinien geeinigt
hat, ist weiterhin zu erwarten, dass Vorund Nachteile auf unterschiedlichen Ebenen der Bewertung von den einzelnen EUMitgliedstaaten auch unterschiedlich gewichtet werden. Ob daraus mehr Einigkeit
abgeleitet werden kann, ist daher in Zweifel zu ziehen.
Eine alternative Wendung könnte das
Thema durch die Koppelung mit der laufenden Diskussion über eine „Renationalisierung“ des Anbaus von gv-Pflanzen erhalten. Ein entsprechender Kommissionsvorschlag sieht die Möglichkeit eines nationalen Aussetzens von Anbauzulassungen explizit als auf Basis sozioökonomischer Auswirkungen begründbar4: zum
Beispiel mit Schwierigkeiten und ökonomi-
1 Europäische Kommission (2011): Bericht
der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die sozioökonomischen Auswirkungen des Anbaus von GVO
auf der Grundlage der Beiträge der Mitgliedstaaten gemäß den Schlussfolgerungen des
Rates „Umwelt“ vom Dezember 2008.
2 European Commission (2011): Commission staff Working Paper. Accompanying
document to the Report from the Commission to the European Parliament and
the Council on socio-economic implications of GMO cultivation on the basis of
Member States contributions, as requested
by the Conclusions of the Environment
Council of December 2008.
3 Siehe auch die Ergebnisse des EU-Projektes SAFEFOODS zu Food Safety Governance unter http://www.safefoods.nl/.
4 European Parliament-Committee on the
Environment, Public Health and Food
Safety (2011): Report on the proposal for a
regulation of the European Parliament and
of the Council amending Directive
2001/18/EC as regards the possibility for
the Member States to restrict or prohibit
the cultivation of GMOs in their territory. ■
16
Frauen & Technik
Genderkompetenz für angehende
Mathematiklehrkräfte
Konzeption einer Lehrveranstaltung für Lehramtsstudierende des
Unterrichtsfachs Mathematik
Der Beitrag plädiert für die Integration von Genderkompetenz als berufsfeldbezgene Schlüsselqualifikation in die Ausbildung von Mathematiklehrkräften
und stellt die Konzeption eines entsprechenden Genderkompetenzseminars
für die erste Phase der Lehramtsausbildung vor.
Einleitung
Anina Mischau
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Interdisziplinären Institut für Frauen- und Geschlechterforschung (IFF) der Universität Bielefeld. Derzeit Gastprofessorin am Fachbereich Mathematik und
Informatik der FU Berlin. Forschungsschwerpunkte
im Bereich Gender in der Mathematik, den Naturwissenschaften und der Technik.
E-Mail: [email protected]
Sabine Mehlmann
langjährige Mitarbeiterin der Arbeitsstelle Gender
Studies der Justus-Liebig-Universität (JLU) Gießen.
Forschungsschwerpunkte u. a. im Bereich „Gender
und Schule“, derzeit Programmkoordinatorin zur
Umsetzung des Gleichstellungskonzepts an der JLU
Gießen.
[email protected]
Befunde internationaler Leistungsvergleichsstudien verweisen nach wie vor auf
bestehende geschlechterbezogene Unterschiede hinsichtlich der mathematischen
Leistung und des mathematischen Selbstkonzepts (vgl. z. B. Budde 2009). Diese Unterschiede werden bereits am Ende der
Grundschulzeit sichtbar, verstärken sich
im Laufe der Schulzeit, manifestieren sich
in der Wahl der Leistungskurse und setzen
sich bei der späteren Studienfach-, Studiengangs- und Berufswahl fort. Um diesen
Prozess aufbrechen zu können ist – wie die
schulbezogene Geschlechterforschung seit
vielen Jahren betont – eine Sensibilisierung der (zukünftigen) Mathematiklehrkräfte hinsichtlich ihres Beitrages zur Herstellung und Reproduktion geschlechterbezogener „Wissensreviere“ notwendig; eine
Sensibilisierung, die an den Wahrnehmungen, Einstellungen und Verhaltenserwartungen der Lehrkräfte ansetzt (vgl. Mischau et al. 2010). Mit Blick auf die problematische Rolle geschlechterstereotyper
Selbst- und Fremdzuschreibungen für
schulische Lehr- und Lernprozesse, die in
jüngerer Zeit auch im Kontext der PISAStudien thematisiert wird (OECD 2009),
stellt Genderkompetenz eine zentrale berufsfeldbezogene Schlüsselqualifikation
dar, die in Deutschland jedoch weder in
den allgemeinen noch in den auf das Fach
Mathematik bezogenen „Standards für die
Lehrerbildung“ (vgl. z. B. KMK 2004, 2008)
berücksichtigt wird.
Im Folgenden wird die Konzeption einer
Lehrveranstaltung „Mathematik, Schule
und Geschlecht“ vorgestellt, die im Rahmen eines vom BMBF geförderten Verbundprojekts der Universitäten Bielefeld,
Gießen und Hamburg konzipiert, an acht
Hochschulen erprobt, evaluiert und weiterentwickelt wurde (vgl. Mischau et al.
2010)1. Mit dem für diese Lehrveranstaltung entwickelten Seminarhandbuch (inkl.
Materialband) werden erstmals konzeptionelle Grundlagen sowie konkrete, praxisbezogene Vorschläge für die Vermittlung
von Genderkompetenz für angehende Mathematiklehrkräfte in der ersten Phase der
Lehramtsausbildung bereitgestellt.
Konzeptionelle Grundlagen der
Lehrveranstaltung
Grundlage für die Konzeption der Lehrveranstaltung bildet ein Verständnis von Genderkompetenz als berufsfeldbezogene
Schlüsselqualifikation, die folgende Dimensionen umfasst (vgl. Mischau et al. 2010):
■ Fachkompetenz: Grundlagen- und Fachwissen aus der Geschlechterforschung über
die soziokulturellen Konstruktionsmodi
von Geschlecht und ihre Auswirkungen
auf gesellschaftliche Strukturen, Institutionen, individuelles Handeln, aber auch auf
die Entwicklung wissenschaftlicher Disziplinen und vergeschlechtlichter Fachkulturen (Dimension des Genderwissens);
■ Didaktisch-methodische Kompetenz:
Fähigkeiten im Hinblick auf eine gendersensible Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen (Dimension der Unterrichtsgestaltung);
■ Interaktionale Kompetenz: Fähigkeiten in
Hinblick auf eine gendersensible Gestaltung
von Interaktionsprozessen im Unterricht
(Dimension des Unterrichtsgeschehens);
■ Selbstkompetenz: Fähigkeit zur Reflexion
der eigenen Biographie als vergeschlechtlichtes Subjekt und der damit verbundenen
Geschlechterbilder und Geschlechternormen sowie Fähigkeit zur Reflexion geschlechterbezogener Zuschreibungen, Erwar-
Soziale Technik 3/2011
17
Frauen & Technik
Thematische Schwerpunkte der
Lehrveranstaltung
■ Der erste Block fokussiert – ausgehend
von Forschungsbefunden zu Einstellungen
gegenüber der Mathematik („mathematical
beliefs“) – in einem ersten Schritt die Mathematikbilder der Studierenden und deren Implikationen für das (spätere) Lehren
des Faches sowie für das eigene Professionsverständnis. In einem zweiten Schritt
wird der Zusammenhang von Mathematik
und Geschlecht anhand geschlechterstereotyper Zuschreibungen hinsichtlich der
mathematischen Begabung, die über bildliche Darstellungen reproduziert und popularisiert werden, anhand aktueller Daten
zu Geschlechterverhältnissen im Fach Mathematik sowie aus historischer Perspektive mit Blick auf die Marginalisierung von
Frauen in der Geschichte des Fachs genauer beleuchtet.
■ Der zweite Themenblock beschäftigt sich
mit empirisch belegbaren Geschlechterunterschieden im Unterrichtsfach Mathematik, die am Beispiel ausgewählter Befunde
internationaler Vergleichsstudien zu Geschlechterdifferenzen in der Mathematikleistung und dem mathematischen Selbstkonzept differenziert betrachtet werden.
Als Kontrast zu weit verbreiteten geschlechterstereotypen Annahmen, die
Mädchen eine geringere mathematische
Begabung und Leistungsfähigkeit zuschreiben, steht dabei einerseits die historisch,
kulturell und kontextgebundene Heterogenität, Variabilität und gegebenenfalls Stabilität geschlechterbezogener Unterschiede
im Mittelpunkt. Andererseits wird – mit
Blick auf die Situation in Deutschland – die
Frage nach den Ursachen für die im internationalen Vergleich deutlich(er) ausgeprägten Geschlechterdifferenzen in der
mathematischen Leistung sowie im mathematischen Selbstkonzept aufgeworfen.
■ Angesichts der Persistenz (Dauerhaftigkeit) der Annahme „natürlicher“ Geschlechterunterschiede liegt ein Schwerpunkt des dritten Blocks auf der kritischen
Auseinandersetzung mit biologischen Er-
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tungen und Bewertungen in der schulischen
Praxis (Dimension der Selbstreflexivität).
Genderkompetenz ist nicht als „Rezeptwissen“ zu verstehen, sondern bezieht sich auf
die Fähigkeit, geschlechterbezogene Konstruktionsprozesse in und durch Schule
und Unterricht zu verstehen, Fallstricke
der Ko-Konstruktion durch eigene Zuschreibungen, durch Formen der Unterrichtsgestaltung, Interaktionsmuster etc.
zu erkennen und entsprechende Problemlösungsstrategien zu entwickeln und zu erproben (vgl. Mischau et al. 2010).
Bei der curricularen und didaktisch-methodischen Entwicklung der Lehrveranstaltung wurden Ergebnisse der genderorientierten, fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Diskussion in der Mathematik und der genderorientierten Schul-,
Hochschul- und Bildungsforschung aus
den Erziehungs- und Sozialwissenschaften
zusammengeführt (vgl. Mischau et al.
2010). Mit Blick auf die künftige schulische
Praxis der angehenden Mathematiklehrkräfte werden die Dimensionen „Unterrichtsgestaltung“ und „Unterrichtsgeschehen“ vertiefend behandelt und dabei sowohl als Problemfelder der Reproduktion
von Geschlechterstereotypen und geschlechterbezogenen Wissensrevieren als
auch als Handlungsfelder eines gendersensiblen Mathematikunterrichts in den Blick
genommen. Durch den Einsatz von Unterrichtsvideos und die Erprobung von Methoden zur Unterrichtsbeobachtung werden zudem praxisnahe Instrumente für die
Reflexion und Weiterentwicklung des (eigenen) Mathematikunterrichts unter Genderaspekten vermittelt.
Angesichts der unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Lehramtsausbildung
wurde das Lehrangebot als Baukastensystem konzipiert. So ist es möglich, die Lehrveranstaltung als Ganze zu lehren oder
aber einzelne Lehreinheiten auszuwählen
und in andere Lehrkontexte einzubinden.
Die Lehrveranstaltung umfasst fünf Lehreinheiten oder Themenblöcke, die im Folgenden kurz skizziert werden.
Soziale Technik 3/2011
18
klärungsansätzen zu Geschlechterdifferenzen in der Mathematik. Einen weiteren
Schwerpunkt bilden Erklärungsansätze, die
kulturelle Geschlechterstereotype und die
Stereotypisierung von Mathematik als
„männlicher Domäne“, die über geschlechterbezogene Einstellungen, Erwartungen, Zuschreibungen von Eltern, Peergroup und Lehrkräften vermittelt werden,
als Ursache in den Blick nehmen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den in
Schule und Unterricht wirksamen Einflussfaktoren.
■ Der vierte Themenblock fokussiert ausgewählte Aspekte der Gestaltung des Mathematikunterrichts, die zur Reproduktion
geschlechterbezogener Wissensreviere beitragen können. Im Anschluss an die Problematisierung der Implikationen des fragend-entwickelnden Mathematikunterrichts für die Unterrichtsbeteiligung von
SchülerInnen sowie die kritische Auseinandersetzung mit den in Mathematikschulbüchern transportierten Geschlechterbildern werden alternative Handlungsoptionen für die Unterrichtsgestaltung erarbeitet. Auf der Grundlage eines von den Studierenden zu erarbeitenden Kriterienkatalogs für eine gendersensible Gestaltung des
Mathematikunterrichts werden didaktische Zugänge und methodische Instrumente für einen Unterricht vorgestellt, der
für Schülerinnen und Schüler gleichermaßen interessant ist und Raum bietet, individuelle Zugänge zur Mathematik zu finden und fachbezogene Kompetenzerfahrungen zu machen.
■ Der fünfte Themenblock widmet sich
dem Interaktionsverhalten von Lehrkräften.
Neben der Beschäftigung mit Befunden zu
geschlechterbezogenen Unterschieden in
der Aufmerksamkeitsverteilung und den
Rückmeldungen von Lehrkräften und deren
Auswirkungen auf die Attributionen von Erfolg und Misserfolg bei SchülerInnen, wird
aus der Perspektive des „doing gender“ danach gefragt, wie und auf welche Weise in
und durch Interaktionen von Lehrkräften
und SchülerInnen Geschlechterunter-
schiede in Bezug auf den Umgang mit Mathematik „hergestellt“ werden. Dabei wird
verdeutlicht, dass gendersensibles Handeln
einer beständigen Reflexion der eigenen
Unterrichtspraxis in Bezug auf die Frage bedarf, ob und in welcher Weise die Kategorie
Geschlecht als Bezugspunkt von Erwartungen und Bewertungen „wirksam“ wird.
Ausblick
Genderkompetenz stellt ein wichtiges Element der Professionalisierung und Qualitätssicherung einer berufsorientierten
Hochschulausbildung von Mathematiklehrkräften dar (vgl. Mischau et al. 2010).
Da Mathematik zudem als „Schlüsseldisziplin“ für die Studien- und Berufswahl
auch in naturwissenschaftlich-technischen
Fächern und Berufsfeldern gilt (vgl. z. B.
DMV et al. 2007), ist die Integration von
Genderkompetenz in die Lehramtsausbildung Mathematik zugleich ein nachhaltiger bildungspolitischer Schritt zur generellen Erhöhung von Chancengleichheit in
der schulischen Bildung, der Hochschulausbildung und auf dem Arbeitsmarkt.
Von zukünftigen Lehrkräften kann jedoch
nicht erwartet werden, dass sie in ihrer
späteren Berufspraxis genderkompetent
unterrichten, wenn diese Kompetenzen
nicht bereits an der Hochschule praktisch
vermittelt und vorgelebt werden.
Eine nachhaltige Implementierung von
Genderkompetenz in das Lehramtsstudium Mathematik wäre wünschenswert,
muss jedoch in Deutschland – vor dem
Hintergrund der anhaltenden Reform der
LehrerInnenausbildung – aus mindestens
zwei Gründen als eher schwierig angesehen werden.
■ Die Modularisierung und Stufung des
Studiums führte vielerorts zu unflexiblen
Strukturen und Curricula, in die sich zusätzliche Lehrangebote nur schwer integrieren lassen. Dies gilt im Besonderen für
ein Genderkompetenzseminar, das nicht
selten als „exotische“ und damit „verzichtbare“ Veranstaltung angesehen wird.
■ Für eine Implementierung wären qualifizierte Hochschullehrende erforderlich, die
dem interdisziplinären Anspruch der Lehrveranstaltung gerecht werden können und
zugleich selbst über Genderkompetenz verfügen.
Beide Aspekte verweisen auf nicht zu unterschätzende strukturelle und personelle
Probleme. So ist derzeit eine Verankerung
des Genderkompetenzseminars leider nur
vereinzelt an solchen Hochschulen möglich, die inhaltlich offen formulierte Module der Mathematikdidaktik oder die Vermittlung von berufsrelevanten Schlüsselqualifikationen in ihr Studienprogramm
aufgenommen haben und an denen genderkompetente Hochschullehrerende engagiert sind.
Literatur
• Budde, J.: Mathematikunterricht und Geschlecht. Empirische Ergebnisse und pädagogische Ansätze. Bonn, Berlin: BMBF 2009.
• Deutsche Mathematiker-Vereinigung (DMV)
et al.: Für ein modernes Lehramtsstudium im
Fach Mathematik. In: DMV-Mitteilungen
3/2007, S. 146-150.
• Kultusministerkonferenz (KMK) (2004): Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.12.2004 (http://www.kmk.org/
fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/
2004/2004_12_16-Standards-Lehrerbildung.pdf,
letzter Aufruf: 25.07.2011).
• Kultusministerkonferenz (KMK) (2008): Ländergemeinsame inhaltliche Anforderungen für
die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in
der Lehrerbildung. Beschluss vom 16.10.2008 i.
d. F. vom 08.12.2008 (http://www.kmk.org/
fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/
Ohne_Datum/00_00_00-Lehrerbildung-in
-Deutschland.pdf, letzter Aufruf: 25.07.2011).
• Mischau, A. et al.: Auf dem Weg zu genderkompetenten LehrerInnen im Unterrichtsfach
Mathematik. In: Journal Netzwerk Frauen- und
Geschlechterforschung NRW 27/2010, S. 29-39.
• OECD (2009): Equally Prepared for Life? How
15-Year-Old Boys and Girls Perform in School.
Paris: OECD 2009.
Anmerkungen
1 Das Verbundprojekt „Genderkompetenz
als innovatives Element der Professionalisierung der LehrerInnenausbildung für das
Fach Mathematik“ wurde im Rahmen des
BMBF-Schwerpunkts „Hochschulforschung“ in der Förderlinie „Zukunftswerkstatt Hochschullehre“ gefördert (vgl.
http://www.uni-bielefeld.de/IFF/
genderundmathe/). ■
Soziale Technik 3/2011
19
Aus dem IFZ
Institute for Advanced Studies on
Science, Technology and Society
Neue Fellows 2011/2012
Bezahlte Anzeige
Auch im Studienjahr 2011/2012 kann
wieder eine Vielzahl von Research Fellows
und Visiting Scholars am vom IFZ getragenen Institute for Advanced Studies on
Science, Technology and Society (IAS-STS)
in Graz begrüßt werden:
■ Gloria Adduci (Italien): Governing agrobiotechnology in developing countries:
the case of south East Asia
■ Salem Afeworki (Eritrea): Bilateral cooperation to develop alternative energy: the
case of GTZ
■ Erbol Anarbekov (Usbekistan): A policy
priority for developing countries of sustainable consumption and production: options for change
■ Emmy Dahl (Schweden): Gender perspectives on public transport and strategies
for sustainable travel
■ Seyed Mohamed Sadegh Emamian
(Großbritannien): Transition theories in
energy policy
■ Katherine Harrison (Großbritannien):
Information management, gender and organisation
■ Andrew S. Hoffman (USA): Personalizing
standards: Searching for synergy in comparative effectiveness research & personalized medicine
■ Beijia Huang (China): Sustainable innovations in China
■ Jamilya Jeenbaeva (Kirgistan): Organizational structures and cultures that are conductive to the moderation of consumption
and reduction of ecological footprint
■ Amrita Mishra (Indien): Equity and decision making in HPV vaccination: A systematic review of literature 2006-2011
■ Florian Muhle (Deutschland): Drifting ice
floes: Enacting common knowledge of climate change
■ Amber Nelson (USA): The multiple
(bio)politics of life, health and illness in
the genomic era: a comparative historical
analysis of the science, technology and
policy of genetics
■ Yuliya Voytenko (Ukraine): Exogenous
influences on the establishment of bioenergy industries in transition economics
■ Steffen Wirth (Deutschland): The relevance of institutional contexts and their effects: The case of biomass digestion technology in the federal state Steiermark.
Soziale Technik 3/2011
20
Yearbook 2010
Soeben erschienen ist das Yearbook 2010
des IAS-STS. Es versammelt die
wissenschafltichen Arbeiten der Research
Fellows und Visiting Scholars sowie einen
Bericht über die wissenschaftlichen Aktivitäten und Veranstaltungen im Studienjahr 2008/2009.
Ebenfalls kürzlich
erschienen sind – in
Form einer CD-Rom –
die Proceedings der
10th Annual IAS-STS
Conference on Critical Issues in Science
and Technology Studies, die am 2. und 3.
Mai 2011 in Graz stattfand. Über 50
Beiträge sind in diesen Proceedings
zusammen gefasst.
Das Yearbook 2010 kann zum Preis von
€ 30,- bestellt werden, die Proceedings der
10th Annual IAS-STS Conference sind
kostenlos erhältlich bei:
IAS-STS, Kopernikusgasse 9, 8010 Graz
Tel.: +43/316/813909-10
Fax: +43/316/812661-11
E-mail: [email protected]
http://www.sts.tugraz.at. ■
Magazin
Green Products
Informationen zur ökologischen Beschaffung und Produktbewertung
WienWin. Wien kauft heute für morgen
Die Initiative WienWin schafft einen systematischen Informationsaustausch zwischen
dem Magistrat und den Unternehmen der
Stadt Wien auf der einen sowie innovativen
Wiener Unternehmen auf der anderen Seite.
Denn gemeinsam vorzudenken trägt dazu
bei, Innovationspotenziale für die Stadt
Wien zu finden und dabei gleichzeitig den
Innovationstreibern der Wiener Wirtschaft
neue Marktchancen zu eröffnen.
Die WienWin-Situation ...
■ für die Stadt
Eine Stadt, die verstärkt Innovationen
nachfragt, kann damit ihre eigenen Leistungen und Angebote verbessern. Die
Plattform WienWin bietet eine Marktübersicht über innovative Produkte und
Dienstleistungen in den verschiedensten
Anwendungsfeldern: energieeffizientes
Bauen, intelligente Verkehrssteuerung,
fortschrittliche medizinische Infrastruktur
oder eine moderne Gestaltung öffentlicher
Räume sind nur einige Beispiele dafür.
■ und für Unternehmen
Klein- und Mittelbetriebe werden bei der
Herausforderung der Markteinführung von
Innovationen durch die Stadt als frühe Kundin unterstützt – die Stadt als Nachfragerin
zukunftsweisender Produkte und Dienstleistungen wird so zur Referenzkundin. Die Initiative WienWin macht auf ihrer Plattform
all diese Innovationen für die Stadt sichtbar.
Das Gütesiegel WienWin erhalten Produkt-,
Verfahrens- oder Dienstleistungsinnovationen von Wiener Unternehmen, die nachweislich im Rahmen eines regionalen, nationalen oder europäischen Förderprogramms für Forschung, Technologie
und/oder Innovation gefördert wurden
oder von einer Fachjury als innovatives
Produkt oder innovative Dienstleistung zertifiziert werden. Auf www.wienwin.at können sich Wiener Unternehmen unbürokratisch mit ihren Innovationen registrieren.
Weitere Informationen zu WienWin:
www.wienwin.at, E-Mail: [email protected]
oder Tel.: 01-4000-86165.
Neue baubook-Plattform: Harmonisierung ökologischer Baustandards
„ÖkoKauf Wien“ und der Umweltverband
Vorarlberg mit den Partnern eza! – energieund umweltzentrum allgäu und Energie Tirol haben ihre ökologischen Kriterien für
den Bereich Hoch- und Innenausbau harmonisiert. Bei der Harmonisierung wurden
auch aktuelle Entwicklungen beim „österreichischen Umweltzeichen“ berücksichtigt. Weitere Anwender sind die Österreichische Gesellschaft für nachhaltiges
Bauen (ÖGNB) sowie klima:aktiv.
Dies bedeutet, dass immer mehr (öffentliche) Auftraggeber nach exakt den gleichen
ökologischen Kriterien ausschreiben, was
einen zusätzlichen Anreiz für Hersteller
darstellt, ihre Produkte nach diesen harmonisierten Kriterien deklarieren zu lassen.
Auf der neuen Plattform baubook ökologisch ausschreiben – Kriterienkataloge
„ÖkoKauf Wien“ und „Servicepaket: Nachhaltig:Bauen in der Gemeinde“ finden Sie:
■ Planungshilfen für bauökologisch optimiertes (öffentliches) Bauen;
■ die aktuellen harmonisierten ökologischen Kriterien für Produkte am Bau;
■ Ausschreibungstexte mit den eingearbeiteten ökologischen Kriterien: rechtssicher,
produktneutral und individuell anpassbar;
■ die laufend aktualisierte Datenbank mit
Bauprodukten, welche die harmonisierten
Kriterien nachweislich erfüllen.
Dieses Angebot, das für alle NutzerInnen
kostenlos und frei zugänglich ist, schafft
einen Anreiz, dass möglichst viele ökologisch Beschaffende (Kommunen) dieselben
Kriterien übernehmen. Bei breiter Akzeptanz kann sich dieses System als DER ökologische Baustandard im deutschsprachigen Raum etablieren.
Weitere Informationen zu baubook ökologisch ausschreiben – Kriterienkataloge
„ÖkoKauf Wien“ und „Servicepaket
Nachhaltig:Bauen in der Gemeinde“:
www.baubook.info/oea; bei Christoph
Sutter, Tel.: 05572-31202-77 oder E-Mail:
[email protected].
Beschaffungs
S e r v i c e
A u s t r i a
Tel.: +43(0)316/813909-9
E-mail: [email protected]
http://www.ifz.tugraz.at/bsa
Symposium: Gesund Sanieren –
vom globalen Anspruch zur
bautechnischen Praxis
Das vom 10.-11. November 2011 in Wien
stattfindende Symposium zeigt die Facetten des Gesunden Sanierens und bringt
Impulse für den weiteren Weg.
Durch die Sanierung eines Gebäudes
können etwa thermischer Komfort,
Frischluftzufuhr, Schallschutz und Barrierefreiheit verbessert und das Flächenangebot optimiert werden. Bei unsachgemäßem Vorgehen kann es jedoch zu Problemen wie Schadstoffbelastungen der
Raumluft durch neue Baustoffe und
Bauchemikalien oder zu Schimmelbildung kommen. Um dies zu vermeiden,
sind eine entsprechende Auswahl von
Baustoffen und Systemkomponenten und
die Anwendung von Qualitätssicherungsmaßnahmen sinnvoll.
Das 2-tägige Symposium im Bildungshaus
Puchberg in Wels bietet Vorträge von ExpertInnen aus Wissenschaft, Politik und
Praxis, Infostände von Herstellern, Diskussionen im World Café und ein abendliches
Kamingespräch mit OÖ-Umweltlandesrat
Rudi Anschober. Das Symposium wird
vom Österreichischen Institut für Baubiologie und Bauökologie (IBO), bauxund
und der plenum GmbH veranstaltet.
Anmeldungen unter
http://www.ibo.at/de/kongress/
anmeldunggesundessanieren.htm ■
Soziale Technik 3/2011
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Magazin
Neue Bücher
Wissenschaft ist Sprache
le, nicht selten widerstreitende Interessen
sind im Spiel. Berufungsverfahren gleichen daher einer Blackbox, sind sie doch
Anlass für vielerlei Spekulationen,
Gerüchte und Projektionen. Das Buch
klärt über die offiziellen Abläufe und die
formalen Anforderungen auf, von der
Ausschreibung über die Arbeit von Auswahlkommissionen, von der schriftlichen
Bewerbung über das »Vorsingen« bis hin
zur Berufungsverhandlung. Darüber hinaus werfen die Autorinnen einen Blick
hinter die Kulissen des formalen Prozesses, indem sie wechselweise die Perspektiven der BewerberInnen und der Kommissionsmitglieder einnehmen. Sie zeigen
insbesondere, was Frauen in Berufungsverfahren beachten müssen und wie die
Entmystifizierung einiger besonders hoch
erscheinender Hürden gelingt.
Bezahlte Anzeige
Maria Nicolini: Wissenschaft ist Sprache. Form und Freiheit im wissenschaftlichen Sprachgebrauch. Klagenfurt/Celovec: Wieser 2011, 127 S.,
€ 19,90
Dieses Buch enthält fünfzehn Stücke zu
Form und Freiheit im wissenschaftlichen
Sprachgebrauch. Vermessene Fragen: Was
ist zeitgemäße Wissenschaftssprache? Wie
entsteht ein guter Text? Wie kommt Klarheit in die Trübnis des Homerischen Nebels? Eine Lingua franca für die Wissenschaft: English only? Wie gelingt die akademische Lehre zu Text und Sprache
(nicht)? Durch manches Brachland gehen
diese Stücke, durch Tabus und Träume,
durch Bekenntnis und Zweifel. Unter der
Devise „der Sprache Raum geben“ verbindet die Stücke ein roter Faden, an dem sich
Aspekte des wissenschaftlichen Sprachgebrauchs versuchsweise aufrollen – auf eine
Erwartung hin: gute Sprache, gute Wissenschaft. Diese Erwartung stützt sich vor allem auf die Freiräume und auf den Reichtum der Sprache. Hier stehen unzählige
Möglichkeiten des Ausdrucks offen. Im Zusammenspiel mit den Regeln der Sprache
entsteht der Text. Und: je mehr Freiheit,
umso strenger die Regeln. Sie zu unterlaufen, kann nur riskieren, wer die Regeln genau kennt. Wissenschaftlicher Sprachgebrauch folgt der Ästhetik des Zweifels,
richtet sich nicht auf das Festhalten eines
Zustandes, sondern auf dessen Überwindung, auf das wieder-Loslassen der Ergebnisse und das neu-Beginnen, auf das zurSprache-Bringen – ein Wittern nach dem
Ausdruck, als gebe es nach dem Text noch
ein Ziel.
Black Box Berufung
Christine Färber, Ute Riedler: Black
Box Berufung. Strategien auf dem Weg
zur Professur. Frankfurt, New York:
Campus 2011, 305 S., € 30,80
Wer sich für Wissenschaft als Beruf entscheidet, muss sich dem Auswahlprozess
um die Professuren stellen und ein Berufungsverfahren durchlaufen. Der Konkurrenzdruck ist in allen Fächern groß und
trotz vorhandener gesetzlicher Regeln
sind die Verfahren für Bewerberinnen und
Bewerber meist undurchschaubar: Zu vie-
Soziale Technik 3/2011
Postwachstumsgesellschaft
Irmi Seidl, Angelika Zahrnt: Postwachstumsgesellschaft. Konzepte für
die Zukunft. Marburg: Metropolis
2010, 247 S., € 18,50
Trotz zahlreicher wachstumskritischer
Stimmen halten Politik, Wirtschaft und
Gesellschaft an ihrer Orientierung am
Wirtschaftswachstum fest. „Nachhaltige
Entwicklung“ wird als „nachhaltiges
Wachstum“ vereinnahmt; der Schutz der
Umwelt steht unter Wachstumsvorbehalt.
Warum ist die Fixierung auf das Wirtschaftswachstum so stark? Weil unsere sozialen Sicherungssysteme wie Altersversorgung und Gesundheitswesen davon abhängig sind. Weil wir uns darauf
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eingestellt haben, dass alles immer größer
wird: das Budget des Staates, die Aktienkurse und die Unternehmensumsätze, das
eigene Einkommen und unser Konsum.
Das westliche Entwicklungsmodell ist
strukturell auf fortdauerndes Wirtschaftswachstum ausgerichtet und angewiesen.
Dieses Buch nimmt die Wachstumskritik
auf und geht über sie hinaus. Es zeigt die
systemischen Zwänge auf, die uns am
Wachstumspfad festhalten lassen und
stellt alternative Entwicklungsmöglichkeiten für eine Gesellschaft vor, die nicht auf
Wachstum angewiesen ist – für eine Gesellschaft, in der es sich auch ohne Wachstum
gut leben lässt.
Soziale Innovation
Jürgen Howaldt, Heike Jacobsen (Hg.):
Soziale Innovation. Auf dem Weg zu
einem postindustriellen Innovationsparadigma. Wiesbaden: VS Verlag für
Sozialwissenschaften 2010, 396 S.,
€ 51,40
Innovation ist zu einem Schlüsselbegriff
der gegenwärtigen wissenschaftlichen und
politischen Diskussion geworden. Unbestritten sind technologische Innovationen
zentral für die ökonomische Dynamik.
Gibt es jedoch nicht auch soziale Innovationen, die nicht nur gesellschaftlich und
politisch, sondern auch ökonomisch relevant sind, und werden diese Innovationen
aktuell so bedeutsam, dass sie als neues Innovationsparadigma zu verstehen sind?
Dieser Band knüpft an die Auseinandersetzung mit sozialen Innovationen in modernisierungstheoretischen, technik- und wissenschaftssoziologischen Diskussionen an.
Er vereint theoretische Standortbestimmungen, forschungsleitende Konzepte
und empirische Befunde
Handbuch Umweltsoziologie
Matthias Groß (Hg.): Handbuch Umweltsoziologie. Wiesbaden: VS Verlag
für Sozialwissenschaften 2011, 732 S.,
€ 51,40
Das Handbuch Umweltsoziologie bietet eine umfassende und aktuelle Übersicht
über das breite und dynamische soziologische Forschungsfeld zum Natur-Gesellschaftsverhältnis. Es führt in die aktuellen
theoretischen und methodischen Ansätze
Magazin
im nationalen und internationalen Kontext sowie in zukunftsweisende Forschungs- und Praxisfelder ein. Das Handbuch zeigt darüber hinaus die Herausforderungen und Chancen der
umweltsoziologischen Forschung in Kooperation mit anderen Disziplinen auf.
den Gemeinsinn und sparen Energie und
Treibhausgase ein. Sie sind Vorreiter eines
neuen Urbanitätsverständnisses, indem sie
die Trennung von Stadt und Land hinterfragen und die industrialisierte Nahrungsmittelproduktion zur Diskussion stellen.
Die Zukunft des Wassers
Gärten in der Stadt
Christa Müller (Hg.): Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in
die Stadt. München: oekom 2011,
320 S., € 20,55
Mitten in der Stadt wachsen Salat und Karotten, Tomaten und Kartoffeln: In den
„Prinzessinnengärten“ in Berlin-Kreuzberg
wird Bio-Gemüse für den Eigenbedarf angebaut. In den „Münchener Krautgärten“
hacken und pflegen begeisterte FreizeitgärtnerInnen ihre Parzellen, um endlich selbst
produzierte Lebensmittel zu ernten. Jenseits
der Schrebergartenkultur entsteht eine neue
Gartenkultur in der Stadt: Urbane Landwirtschaft ist in. Ob Interkulturelle Gärten,
Kiezgärten, Gemeinschaftsgärten oder Guerilla Gardening: Freiflächen im urbanen
Raum werden zu Nutzgärten – und ermöglichen es so auch Menschen mit geringem
Einkommen, sich mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen. Und der neue Trend zum
städtischen Grün hat erhebliche positive
Nebeneffekte: Urbane Gärten wirken klimatisch ausgleichend, bringen Menschen verschiedener Kulturen zusammen, fördern
Erik Orsenna: Die Zukunft des Wassers. Eine Reise um unsere Welt. München: C. H. Beck 2010, 319 S., € 22,60
Werden wir in Zukunft genug Wasser haben? Genug für 9 Milliarden Menschen,
die trinken und sich ernähren müssen?
Zwei Jahre lang hat Erik Orsenna den Planeten auf der Spur des Wassers bereist.
Sein Buch erschließt uns das ganze Universum des Wassers – seine Gefahren, aber
auch seine unabweisbaren Schönheiten.
Schon heute leidet die Hälfte der Menschheit unter Wassermangel, verschmutztem
Trinkwasser oder gewaltigen Überschwemmungen. Mit dem Klimawandel werden
sich die Extreme verschärfen. Und schon
jetzt ist die gefährliche Trockenheit in Europa angekommen. Orsennas literarisch
glänzende Reportagen führen uns bis in
die entferntesten Regionen dieser Welt. Er
begegnet Bauern in Marokko, die das immer trockenere Land fruchtbar machen,
Politikern in China, die gigantische Staudämme bauen, Ärzten in Kalkutta, die die
Cholera-Kranken behandeln, Wissenschaftlern in Israel, die gegen das
Vorrücken der Wüste ankämpfen. Seine
Beobachtungen, Erklärungen und kritischen Fragen und sein menschlicher Blick
lassen uns eindringlich erfahren, welchen
Bedrohungen unser Planet und seine BewohnerInnen täglich ausgesetzt sind. Und
wir begreifen nach und nach, mit welchen
Lösungen wir unsere Zukunft retten können.
Digitale Körper
Claudia Reiche: Digitale Körper, geschlechtlicher Raum. Das medizinisch
Imaginäre des „Visible Human Project“. Bielefeld: transcript 2011, 394 S.,
€ 30,70
Wie ist gegenwärtig das Verhältnis von
„Leben“ und „Bild“ medienanalytisch und
wissenschaftshistorisch zu bestimmen?
Diese Frage untersucht Claudia Reiche im
Rahmen einer Analyse der „Zukunftsmedizin“ seit der Jahrtausendwende, dem „Visible Human Project“ der US-amerikanischen National Library of Medicine und
Datenvisualisierungen des anatomischen
Körpers als „digitalem Klon“. In vergleichenden Durchgängen – von Lebenden
Bildern, Fotografie und Film bis zu Neuroscience und Artificial Life – geht die materialreiche Untersuchung einer topologischen Figur des Schnitts nach, der mit
Walter Benjamin und Jacques Lacan durch
die Dimensionen von Geschlecht und Medialität führt. ■
Conference “Making (In)Appropriate Bodies – Between Medical
Models of Health, Moral Economies and Everyday Practices”
1.- 2. December 2011 – Albert Schweitzer Haus, Vienna
Keynote speakers:
Steven Epstein (Northwestern University, US), Ulrike Felt (University of Vienna, AT), Monica Greco (Goldsmiths, UK), Flis Henwood
(University of Brighton, UK), Jörg Niewöhner (Humboldt University, DE),
Vololona Rabeharisoa (École des Mines, FR)
The conference gathers academic work that focuses on:
■ how bodily norms are produced and enacted in biomedical and public health arenas and beyond,
and how they are translated between them;
■ the kinds of practices and interventions developed for the accomplishment of bodily norms and ideals;
■ how they are tied to the formation of identities;
■ emerging forms of resistance against normalisation and biomedicalisation;
■ the importance of wider political, cultural and national contexts, i. e. techno-political cultures or socio-technical imaginaries.
The conference is organised by the Department of Social Studies of Science, University of Vienna in the project
“Perceptions and Imaginations of Obesity as a Socio-Scientific Problem in the Austrian Context”(funded by GEN-AU).
For details on registration go to http://sciencestudies.univie.ac.at/events/appropriate-bodies-conference.
Soziale Technik 3/2011
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SOZIALE TECHNIK Nummer 3 – Okober 2011, 21. Jg., Einzelpreis € 6,- / SFr 10,P.b.b. Verlagspostamt 8010; GZ 02Z032468M – Erscheinungsort Graz
Eigentümer, Herausgeber, Verleger:
IFZ, A-8010 Graz, Schlögelgasse 2
Tel.: +43/316/81 39 09-0, Fax: +43/316/81 02 74
E-Mail: [email protected], http://www.ifz.tugraz.at
Redaktion: Peter Wilding
Aboverwaltung: Reinhard Wächter
ISSN 1022-6893 DVR 0637955
Gefördert durch die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria).
Fotos: Johannes Gellner
Basisdesign & typographisches Konzept: RoRo + Zec
Satz: www.koco.at
Druck: Druckerei Bachernegg, Kapfenberg
Gedruckt auf Cyclus Print 90g (Recyclingpapier aus 100% Altpapier),
Umschlag: Magno matt 115g, chlorfrei gebleicht.
Abonnement:
SOZIALE TECHNIK erscheint vierteljährlich,
ein Jahresabonnement kostet im Inland € 15,(für Studierende € 11,-),
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Das IFZ ist der Grazer Standort des Instituts für Technik- und Wissenschaftsforschung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.
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