factsheet klimawandel Megathema Klimawandel Erdgeschichtlich gesehen befinden wir uns in einer deutlich beschleunigten Phase klimatischer Veränderung. Diese zeigt sich in Form von Erderwärmung. Es besteht kein Zweifel mehr, dass sich das Klima wandelt und der Mensch wesentlicher Mitverursacher der Erderwärmung ist. Selbst bei plötzlicher Verringerung des Ausstosses von Treibhausgasen (CO, Methan etc.) wird ein bestimmter Grad an klimatischer Veränderung nicht mehr zu verhindern sein. Neben der Formulierung und Umsetzung von Klimaschutzzielen und -konzepten, bilden Klimaanpassungsstrategien die zweite Säule des klimapolitischen Handlungsbedarfs. Sowohl Klimaschutz als auch Klimaanpassung erfordern ein Tätigwerden von der globalen bis zur lokalen Ebene. Als Megathema ist Klimawandel ubiquitär und vieldimensional in seinen Auswirkungen und Anpassungserfordernissen. Entsprechend sind eine Vielzahl politischer Instrumente zu mobilisieren. Hierzu gehört auch die europäische Regionalpolitik. Die Dimensionen des Klimawandels Verschiedene Prognosen gehen von einem Temperaturanstieg von 2 bis 6 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 aus - abhängig von den weltweiten klimapolitischen Anstrengungen. Zum Vergleich: Bei der letzten großen globalen Erwärmung - Ende der Eiszeit - dauerte ein Temperaturanstieg von 5 Grad Celsius 5.000 Jahre. Eine Erderwärmung auch um nur wenige Grad ist zweifellos dramatisch und folgenreich. Die Besonderheit der "Megaherausforderung Klimawandel" besteht in seinen Auswirkungen auf eine Vielzahl von Umwelt- und Lebensbereichen, z.B. Meeresspiegelanstieg und Küstenschutz sind nur eine Facette des Klimawandels Küstenschutz: Ein Meeresspiegelanstieg von bis zu 60 cm bis zum Jahr 2100 ist möglich; die Gefahr von Sturmfluten, Küstenerosionen, Landverlusten steigt Wassermanagement: Vermehrte Starkregenereignisse, veränderte Grundwasserpegel, Süßwassergefährdung, Gefährdung der Wasserversorgung Landwirtschaft: Sorten- und Fruchtfolgenanpassungen, Ertragsunsicherheit durch Extremwetterereignisse, Schädlings- und Resistenzveränderungen Biodiversität: Verlust von Ökosystemen, verringerte Tier- und Pflanzenvielfalt auch in den Weltmeeren durch Versauerung und Erwärmung der Ozeane Städtebau: Neue Anforderungen an Wohnungsbau und Siedlungsentwicklung Forstwirtschaft: Waldbrandgefahr, Veränderung standortangepasster Hölzer Gesundheit: Neue gesundheitliche Sensibilitäten, insb. bei älteren Menschen Energieversorgung: Höhere Anforderungen/Sensibilität bzgl. CO2-Reduktion Verkehr: Angepasste Bedingungen für Hafenlogistik, See- und Binnenschifffahrt Finanzen: Versicherungskosten durch Extremwetter-/Katastrophenereignisse Bevölkerung: "Klimaflüchtlinge" aus extrem belasteten Gebieten (Dürre etc.) Tourismus: Verschiebung von Touristenströmen, Probleme insb. für Skigebiete Die genannten Klimaeffekte mögen regional sogar positive Effekte haben, so für unsere Region z.B. in der Landwirtschaft und im Tourismus. Hier gilt es, mit lokalen und regionalen Anpassungsstrategien nicht nur Vorsorge zu treffen, sondern auch die Chancen aus dem Klimawandel zu nutzen - z.B. durch Innovationen. Europe Direct Oldenburg | Informationszentrum | Bürgerstr. 1 / Europaplatz | 26123 Oldenburg | 0441 / 80 99 40 factsheet klimawandel Unterschiedliche Betroffenheit der Regionen in Europa Die Auswirkungen des Klimawandels und deren Intensität sind in Europa regional unterschiedlich. Pauschal gesagt sind der Süden Europas sowie Gebiete in europäischer Randlage am stärksten betroffen, ebenso Berg- und Küstenregionen. Die Intensität der Klimaauswirkungen ist abhängig von der Lage, der physikalischen Anfälligkeit, dem Entwicklungs- und Vorsorgestand sowie der Strategie- und Anpassungsfähigkeit der Regionen. Für eine differenzierte Betrachtung hat die EU eine sog. Klimaverwundbarkeit regionsspezifisch (NUTS II Ebene) analysiert1. Für die Regionen Weser-Ems und Lüneburg wird hier im europäischen Vergleich eine mittlere Verwundbarkeit bzw. Betroffenheit identifiziert. Die Klimapolitik der EU Quelle: EU-Kommission "Klima-Verwundbarkeit der Regionen" Zur Bewältigung des Klimawandels verfolgt die EU eine zweigleisige Strategie. Zum einen geht es im Bereich Klimaschutz um Emissionsverringerung. EU-Ziel ist es, die Treibhausgasemissionen bis 2020 gegenüber 1990 um mindestens 20% und ggf. sogar 30% (bei Erzielung einer internationalen Vereinbarung) zu senken. Hierfür sieht die EU eine Reihe von Maßnahmen vor. Zum anderen verfolgt die EU eine aktive Anpassungsstrategie, um die bereits unvermeidbaren Klimafolgen zu bewältigen - und auch die Chancen des Klimawandels zu nutzen. Für eine strategische Diskussion hat die EU-Kommission 2007 mit einem "Grünbuch über die Anpassung an den Klimawandel in Europa" eine Konsultation eingeleitet, die letztlich zur Veröffentlichung des Weißbuchs "Anpassung an den Klimawandel: Ein europäischer Aktionsrahmen" am 01. April 2009 führte. Das Weißbuch gibt einen Rahmen vor, wie die Anfälligkeit Europas und der Regionen gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels gemildert werden soll. Die EU hat erkannt, dass Anpassungen an den Klimawandel in fast allen Politikbereichen erfolgen müssen. Entsprechend gibt das Weißbuch auch einen Aktionsrahmen vor, innerhalb dessen sich die Europäische Union und die Mitgliedstaaten bewegen sollen. Es werden Maßnahmen zur "Verbesserung der Widerstandskraft" in folgenden Politikbereichen vorgeschlagen: Gesundheits- und Sozialpolitiken, Land- und Forstwirtschaft, Biodiversität und Ökosysteme, Küstenund Meeresgebiete, Produktionssysteme und Infrastrukturen. Enthalten sind auch Kostenschätzungen für Anpassungshandeln und -Nichthandeln. In einer ersten Phase bis 2012 soll die Grundlage für eine umfassende Anpassungsstrategie geschaffen werden. Ab 2013 erfolgt die Umsetzung (Phase 2), in der auch die Instrumente der EU-Regionalpolitik eine Rolle spielen dürften. International arbeitet die EU im Rahmen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Ziel ist ein internationales Klimaschutzübereinkommen für die Zeit nach 2012, das sowohl Anpassungs- als auch Klimaschutzfragen regeln wird. Europe Direct Oldenburg | Informationszentrum | Bürgerstr. 1 / Europaplatz | 26123 Oldenburg | 0441 / 80 99 40 factsheet klimawandel Internationale Klimapolitik und -forschung Auf die 1994 in Kraft getretene Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, auf die sich 189 Staaten geeinigt haben, baut auch das Kyoto-Protokoll auf. Hierin haben sich die teilnehmenden Staaten auf Minderungsziele für Treibhausgasemissionen festgelegt. Kyoto sieht vor, den Ausstoß von Klimagasen im Zeitraum 2008 bis 2012 um durchschnittlich 5,2% zu senken gegenüber 1990. Das Ziel kann jedoch nicht mehr erreicht werden. Neue Vereinbarungen sollen getroffen werden beim Klimagipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen für die ab 2013 beginnende zweite Verpflichtungsperiode. Für die Klimaforschung ist auf internationaler Ebene ein Instrument geschaffen, mit dem die Verlässlichkeit von Klimavorhersagen deutlich gestärkt wird: Der "Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)2 integriert zahlreiche Klimaforscher reflektiert deren Forschungsergebnisse. Daher werden die Berichte des IPCC allgemein als Stand der Wissenschaft akzeptiert. Empfohlen wird daher, immer auf IPCC-abgesicherte Studien zurückzugreifen. Das macht auch die EU. Nationale Klimapolitik Quelle: BMU Klimapolitik auf allen Ebenen Von Seiten des Bundes wird eine aktive Klimaschutzpolitik betrieben. Im Fokus der Nationalen Klimaschutzinitiative stehen Verbraucher, Wirtschaft, Kommunen sowie soziale und kulturelle Einrichtungen. Neben Einzelprojekten und -aktivitäten werden in diesem Rahmen bisher sechs Förderprogramme umgesetzt. Diese sollen o verfügbare klimafreundliche Technologien gezielt voranbringen o zukunftsweisende Klimaschutztechnologien anhand von Modellprojekten demonstrieren und verbreiten o Hemmnisse, die die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen bisher verhindert haben, identifizieren und abbauen Im Bereich der Klimaanpassung hat das Bundeskabinett am 17. Dezember 2008 die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS)3 beschlossen. Diese Strategie schafft einen Rahmen zur Anpassung an die Klimafolgen in Deutschland. Sie stellt den Beitrag des Bundes dar und bezieht Länder, Kommunen und gesellschaftliche Gruppen ein. Langfristiges Ziel der Anpassungsstrategie ist die Vermeidung der Verletzlichkeit bzw. der Erhalt und die Steigerung der Anpassungsfähigkeit natürlicher, gesellschaftlicher und ökonomischer Systeme. Als nächster Schritt wird bis zum Frühjahr 2011 ein "Aktionsplan Anpassung" erarbeitet. Weitere sektorale Strategien im Bereich Klimawandel ergänzen die nationale Klimapolitik. So z.B. zahlreiche Forschungsinitiativen und eine Hightech-Strategie zum Klimaschutz des Bundesministeriums für Bildung und Forschung4. Eine besondere Initiative stellt dabei das Programm KLIMZUG dar, mit dem Regionen bei der Vorbereitung auf den Klimawandel unterstützt werden5. Gefördert wird hieraus z.B. das Projekt "Perspektiven für klimaangepasste Innovationsprozesse in der Modellregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten". Weitere Klimaschutzprojekte bündelt das BMBF über die Fördermaßnahme "klimazwei - Forschung für den Klimaschutz und Schutz vor Klimawirkungen"6. Europe Direct Oldenburg | Informationszentrum | Bürgerstr. 1 / Europaplatz | 26123 Oldenburg | 0441 / 80 99 40 factsheet klimawandel Landesinitiativen Niedersachsen hat unter Federführung des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz (MU) eine Regierungskommission Klimaschutz eingesetzt deren Aufgabe es ist, ein grundlegendes Klimaschutz-Konzept für Niedersachsen zu entwickeln. Als Baustein dieser Klimaschutzstrategie hat das MU am 17. Februar 2009 ein ressortübergreifendes Positionspapier "Der Klimawandel als Herausforderung für Staat und Gesellschaft" veröffentlicht. Dieses beinhaltet zehn Handlungsfelder für klimapolitische Maßnahmen. Andere Ministerien haben darüber hinaus einzelne Maßnahmen lanciert. So hat das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur einen ForschungsVerbund "Klimafolgenforschung - Szenarien für die Klimaanpassung" (KLIFF) etabliert. Hierbei geht es vor allem um Klimafolgen für die Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Wasserwirtschaft in kleinräumiger Betrachtung. Ein weiteres prominentes landesweites Projekt "Klimawandel und Kommunen" versucht, kommunale Lösungsansätze zu verstärken und zu vernetzen7. Weiterführende Informationen EU-Kommission: http://ec.europa.eu/environment/climat/home_en.htm Bundesministerium: www.bmu.de/klimaschutz/ Umweltbundesamt: www.anpassung.net Nds. Ministerium für Umwelt und Klimaschutz: www.umwelt.niedersachsen.de IPCC: www.ipcc.ch 1 Arbeitspapier der Kommission "Regionen 2020" - Bewertung der künftigen Herausforderungen für die EU-Regionen 2 www.ipcc.ch 3 www.anpassung.net 4 www.bmbf.de/de/8493.php 5 www.klimzug.de 6 www.klimazwei.de 7 www.kuk-nds.de Mit der Herausgabe von “Factsheets” möchten wir interessierte Bürgerinnen und Bürger in kompakter Form über aktuelle Themen informieren, die auf europäischer Ebene diskutiert werden und die auch für unsere Region von Bedeutung sind. Sie sind als Einstieg in das Thema gedacht und können bzw. sollen eine fundierte inhaltliche Auseinandersetzung mit dem jeweils behandelten Thema nicht ersetzen; vielmehr sollen sie dazu anregen. Die hierin geäußerten Meinungen entsprechen nicht notwendigerweise denen der Europäischen Kommission. Herausgeber: ViSdP: Auflage: Stand: Europe Direct Oldenburg, Informationszentrum, www.europedirect-oldenburg.de Dieter Meyer Consulting GmbH, Bürgerstr. 1/ Europaplatz, 26123 Oldenburg, Tel.: 0441-809940 500 Exemplare Mai 2009 Europe Direct Oldenburg | Informationszentrum | Bürgerstr. 1 / Europaplatz | 26123 Oldenburg | 0441 / 80 99 40