Tumorschmerz - Neuroscript

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Tumorschmerz
Geschrieben von: Administrator
Freitag, 17. Oktober 2008 07:04 -
Tumorschmerz
Wegweiser: Medikamentöse Therapie ( Morphin , adjuvante Therapie), neurochirurgische
Therapie
( Epidurale
Sonde,
Thalamus
-Sonde,
Chordotomie
,
topische
Opiate)
Medikamentöse Therapie
Der durch einen Tumor im Final- oder Präfinalstadium bedingte Schmerz stellt eine eindeutige
Indikation für Opiate dar, wobei primär die orale Applikation bevorzugt wird.
Morphin
Es ist das klassische Opiat, 4-6stündlich parenteral, 10-20mg s.c. oder i.m. oder i.v.
- Man beginnt mit Dosen von 5mg und steigert je nach Bedarf. Wegen der kurzen
Halbwertszeit von Morphin empfiehlt sich eine feste Verordnungsweise mit 4-stündlichen
Intervallen. Höhere (1,5-2fache) Dosen zur Nacht erleichtern das Einschlafen und verlängern
die Schlafdauer. Die subkutane Resorption von Morphin ist unzuverlässig und der oralen oder
i.v.-Gabe unterlegen.
- Ist eine längere Behandlungsdauer vorgesehen, geht man bei gesichertem Ansprechen
auf Opiate auf Retard-Zubereitungen über, um eine stabile Schmerz Linderung bei zumutbaren
Einnahmefrequenzen zu erreichen
- Mundidol® ret (10mg, 30mg, 60mg, 100mg, 200mg tbl) 12-stündlich
- übliche Tagesdosen 200-400mg. Die Dosis muß über einige Tage auf den Bedarf des
Patienten eingestellt werden.
- Mundidol® gibt es auch als Suppositorien (30mg, 60mg, 100mg, 200mg, 300mg supp)
- wegen der Retard-Galenik ist nicht vor 3-4 Tagen mit einem konstanten Spiegel zu
rechnen
- cave: Morphinsulfat in der Retard-Zubereitung ist daher kein Medikament für die
einmalige oder akute Behandlung starker Schmerzen. Aus einer Einmalgabe kann
insbesondere nicht auf das Ansprechen oder Nichtansprechen des Opiats geschlossen
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werden.
- Verordnung von Morphin:
- Die Verordnung von Narkotika, die dem Suchtgiftrezept unterliegt, ist an strenge
Richtlinien gebunden. Suchtgiftrezeptvordrucke müssen stets 3-fach (ein Origianl mit 2
Durchschlägen) ausgefüllt werden. Teil 1 und 2 sind für den Patienten zur Vorlage bei der
Apotheke bestimmt, Teil 3 bleibt in der Praxis/Klinik und ist 3 Jahre lang aufzubewahren.
- In der Akutbehandlung oder zur kurzfristigen Überbrückung von schweren
Schmerzzuständen empfiehlt sich
- Buprenorphin (Temgesic®) 1-2 tbl alle 6-8h oder 1A alle 6-8h i.m. oder i.v.
- Buprenorphin besitzt eine glockenförmige Dosis-Wirkungs-Beziehung mit einem
Maximum bei ca. 1mg i.m. (etwa 3A), was normalerweise ohne klinische Relevanz ist. Bei
gleichzeitiger hochdosierter Verabreichung mehrerer Opiate jedoch wirkt sich der
Antagonismus aus.
- cave: Die zusätzliche Injektion von Buprenorphin kann bei Fortführung der Basistherapie
etwa mit Morphin eine Zunahme der Schmerzen oder in Einzelfällen Entzugssymptome
hervorrufen!
- Pentrazocin (A/D: Fortral® 30mg A, in Ö. nur als Ampullen in D. auch als drg/tbl/supp)
25-50mg/d
- Nalbuphin (A/D: Nubain® 20mg A) 1A alle 3-6h i.m. oder i.v.
Epidurale oder intrathekale Opiatgabe
Eine mittelfristige, leider etwas aufwendige Alternative zur systemischen Applikationsweise ist
die epidurale oder intrathekale Opiatgabe. Man kommt durch die rückenmarksnahe
Anwendung mit sehr kleinen Medikamentmengen aus, erreicht aber trotzdem eine sehr
effektive Schmerzlinderung, weil die Wirkstoff-Spiegel 10-100mal höher sind als bei i.m.
Anwendung der gleichen Dosis. Dennoch bleibt das Gehirn weitgehend frei von den störenden
Nebenwirkungen des Opiats.
- Die übliche Applikationsweise ist Morphin epidural 3-5mg, gelöst in 10mg NaCl0,9%,
6stündlich, Injektion übe rein Bakterienfilter in den Verweilkatheter. Der Katheter wird i.a.
lumbal über eine Touhy-Nadel (fertiges Set) perkutan plaziert. Wegen der Infektionsgefahr an
der Durchtrittsstelle durch die Haut empfiehlt es sich den Katheter über ein kurzes Stück
(10-20mm) subkutan zu tunnelieren. Er sollte stets mit einem Bakterienfilter verschlossen sein.
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- Alternativ kann Morphin auch intrathekal injiziert werden: 0,5mg in 2-3ml NaCl 0,9%,
6stündlich, bei kontinuierlicher Gabe über ein Infusionssystem 3-8mg/d. Risiken und Probleme
sind hierbei i.a. jedoch größer, wenngleich der Katheter leichter zu plazieren ist
(Lumbalpunktion). Einen Vorteil bietet die Methode erst in der Langzeittherapie mit einem
implantierten Kleininfusionssystem, weil die absoluten Mengen, die täglich abgegeben werden
müssen, sehr klein bleiben (ca. 0,25-0,5ml), wodurch der Patient tage- oder wochenlang mit
einer Füllung seines Gerätes auskommen kann. Die Indikation ist selten, der Erfahrungsschatz
daher insgesamt gering.
- In der Regel sind die Nebenwirkungen der Opiate bei der spinalen Gabe weit seltener
und weniger belastend als bei der systemischen; v.a. üben die spinalen Opiate keinen Einfluß
auf die Vigilanz aus. Bei jeder Behandlung mit Opiaten empfehlen sich Adjuvanzien zur
Verbesserung der analgetischen Wirkung (Einsparung von Opiat) oder zur Vorbeugung
(Behandlung) der Nebenwirkung.
Adjuvanzien zur Verbesserung der analgetischen Wirkung
- Neuroleptika
- Haloperidol (Haldol®) 3-5mg/d (z.B. 3 x 10gtt)
- Levomepromazin (Nocinan®) 15-30mg/d
- peripher angreifende Analgetika oder nicht-steroidale Antirheumatika
- Diclofenac (Voltaren®) 3 x 50mg/d (bis 250mg/d)
- Indometacin (Flexidin®) 3x 50mg/d
Adjuvanzien zur Vorbeugung und Behandlung von Opiatnebenwirkungen
-
Laxanzien
Antiemetika
Domperidon (Motilium®)
Metocloparamid (Paspertin®)
- Opiatantagonisten
- Zur Antagonisierung aller unerwünschten oder bedrohliche Komplikationen ist die i.v.
Gabe von Naloxon (A/D: Narcanti®) 1-5A möglich. Bei Nebenwirkungen, die durch spinale
Gabe verursacht sind (Atemdepression, Juckreiz, Harnverhaltung) bleibt die analgetische
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Wirkung in der Regel erhalten, da die Konzentration des Opiats im Spinalmark bedeutend
höher ist als im Mesenzephalon oder zerebral.
- Wegen der langen Wirkungsdauer spinal applizierter Opiate reicht die einmalige Gabe
von Naloxon oft nicht aus. Man gibt daher bei bedrohlichen Komplikationen (Ateminsuffizienz)
1-3,6mg Naloxon per Infusion über 8 h.
Nebenwirkungen und Begleiteffekte der Morphine
- Atemdepression
- Das Risiko der Atemdepression oder respiratorischen Insuffizienz ist bei Opiat-toleranten
Patienten gering. Die meisten Fälle ereignen sich bei der Behandlung postoperativer oder
akuter Schmerzen, wenn die Patienten nicht an Opiate gewöhnt sind.
- Antangoniserbar durch Naloxon (A/D: Narcanti®) 1-2A
- Bei Buprenorphin (Temgesic®) ist zu beachten, dass die Substanz, im Gegensatz zu
Morphin,
nicht durch Naloxon (Narcanti®)
antagonisierbar
ist! - Atemdepression kann bereits bei 2 A/6h vorkommen (z.B. in der Geburtshilfe oder bei
postoperativen Schmerzzuständen)
- Die durch Buprenorphin verursachte respiratorische Insuffizienz ist daher nur durch
maschinelle Beatmung überbrückbar
. Ein Versuch mit Physostigmin 1-2mg iv. kann unternommen werden.
- Einige Opiate (Pentazocin, Buprenorphin, Pethidin, Codein), nicht jedoch Morphin, zeigen
einen Sättigungseffekt (ceiling effect) hinsichtlich ihrer analgetischen Wirkung, wobei die
unerwünschten Wirkungen dennoch weiter zunehmen können. Dies trifft für Pethidin (A:
Alodan®, D: Dolantin®) oberhalb etwa 100mg (=1A) zu. Die relative anlagetische Potenz von
Pethidin im Vergleich zum Morphin liegt nur bei 1:8 (100mg Pethidin entsprechen ca. 12,5mg
Morphin). Die Substanz ist daher in der Schmerztherapie weniger empfehlenswert, wenngleich
recht verbreitet wegen ihrer kurzen Halbwertszeit.
- Pentazocin (A/D: Fortral®) ist ein partieller Agonist vom Nalorphin-Typ und gilt bei oraler
Applikation eher als mittelstarkes Analgetikum. Parenteral sind 50-60mg Fortral® äquivalent zu
10mg Morphin. Es findet häufiger Anwendung in der Akutbehandlung. Psychomimetische
Effekte treten in 10% der Fälle auf.
- Häufige Nebenwirkungen bei Morphinbehandlung sind: Sedierung, Pruritus, Dyspnoe
(bronchial), Völlegefühl und Flatulenz.
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-Sonde,
Chordotomie
,
topische
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Neurochirurgische Therapie
Diese Verfahren können eingesetzt werden, wenn die medikamentöse Therapie nicht ausreicht
oder wegen Nebenwirkungen/Komplikationen abgebrochen werden muß. Am häufigsten
eingesetzt werden operative Verfahren in der Behandlung der Trigeminusneuralgie (siehe
dort). Folgende Verfahren sind nicht destruktiv und reversibel:
Epidurale Stimulationssonde
Die Implantation einer epiduralen Stimulationssonde kann v.a. bei Deafferentierungsschmerz
versucht werden. Hierzu zählen neben denjenigen, die durch Tumorinfiltration in den Plexus
lubosacralis entstehen, auch Postamputationsschmerzen (siehe unten). Als prognostisch
günstig kann gewertet werden, wenn die Schmerzen auf TENS bereits zeitweise oder
geringfügig angesprochen haben.
Die Elektrode wird perkutan mittels Touhy-Nadel unter Lokalanästhesie lumbal eingeführt. In
der Regel beläßt man die Elektrode zur Probestimulation für 3-5 Tage, bis der Therapieerfolg
sicher feststeht. Erst danach werden Elektrode und Schrittmacher definitiv subkutan
implantiert.
Vorteile: keine ablatives Verfahren, somit keine Schäden am ZNS, reversibel.
Nachteile: Teuer (ca. 6000-10000DM), Therapieerfolg geht mit der Zeit zurück. Bei schweren
Tumorschmerzen nicht mehr ausreichend. Nur bei Schmerz der unteren Körperhälfte
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einsetzbar.
Stimulationssonde des Thalamus oder periaquäduktalen Graus
Vereinzelt wurden Stimulationssonden in den Ventrobasalkomplex des Thalamus oder ins
periaquäduktale Grau implantiert. Die Stimulation an diesen Punkten erwies sich in einzelnen
Fällen als erfolgreich bei chronischen Deafferentierungsschmerzen, v.a. bei Plexusausrissen/infiktrationen und bei Anaesthesia dolorosa des N. trigeminus (Thalamussonde). Der Eingriff ist
ebenfalls nicht ablativ und reversibel. Allerdings muß eine sehr strenge Indikationsstellung
gefordert werden. Die Behandlungserfolge werden bei 50% angesiedelt.
Chordotomie
- gehört zu den ablativen neurochirurgischen Verfahren
- ultimo ratio in der Therapie von Tumorschmerzen
- Prognose der Erkrankung sollte unter 1 Jahr liegen
- Indikation v.a. bei unilateraler Schmerzsymptomatik
- früher: als Operation (offenen Eingriff) am Rückenmark
- heute: in der Regel zervikal perkutan - eine Vollnarkose ist daher nicht notwendig, was die Indikationsstellung bei allgemeiner
Hinfälligkeit des Patienten erleichtert
- Durchtrennung des Vorderseitenstranges (Tractus spinothalamicus ventrolateralis)
mittels Koagulation
- Schmerzfreiheit tritt sofort ein
- Therapie ist wenig belastend
- Nachteile
- Rezidive innerhalb einiger Monate (ca. 1 Jahr) können auftreten
- die Schmerzen sind Ausdruck einer zentralen Deafferentierung und sehr schwer
behandelbar
- durch den Fortfall des Schmerzes auf der einen Seite tritt häufig der kontralaterale
Schmerz stark in den Vordergrund
- durch die Operation können Läsionen der Pyramidenbahnen entstehen
- mit Paresen und Blasenstörungen (v.a. bei bilateralen Chordotomien)
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Topische Applikationsformen der Opiate
Viele neurochirurgische Verfahren sind auf dem Weg, von den topischen Applikationsformen
der Opiate verdrängt zu werden, v.a. durch die Spinalkatheter und vereinzelt auch durch
Ventrikelkatheter (siehe oben).
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