- Pressemitteilung Beeinflußt das Erdmagnetfeld den Wärmetransport im Meer? Es könnte sich vielleicht bald herausstellen, daß noch ein weiterer Faktor mittel- und langfristig unser Klima mit beeinflußt, der bisher nur wenig Beachtung fand: Das magnetische Feld unseres Planeten und seine großräumigen Veränderungen im Laufe der Zeit. Magnetfelder können überall dort mittels der sog. Lorentz-Kraft einwirken, wo freie und bewegliche elektrische Ladungen vorhanden sind, also auch in ionischen wässrigen Lösungen, deren stärkster Vertreter in der freien Natur das Salzwasser der Meere mit einem durchschnittlichen Gehalt an Salzen von 3.5% ist. Die Lorentz-Kraft bewirkt in erster Linie eine Verlangsamung der Wärmekonvektion in der Salzlösung, gemäß den Gesetzen der Magnetohydrdynamik. Das Ausmaß der Umverteilung von Wärme in der Lösung ist außer von der Stärke und Einwirkungszeit des Magnetfeldes noch von der elektrischer Leitfähigkeit, Temperatur und Viskosität abhängig. In sehr großen, zusammenhängenden Volumen, wie sie in den Meeren gegeben sind, ist der Effekt proportional dem Produkt aus dem Quadrat der Magnetfeldstärke und ihrer Einwirkungszeit. Der Münchner Biophysiker Alexander Pazur, forscht seit fast 25 Jahren an der Ludwig Maximilians Universität in München an Effekten schwacher Magnetfelder in biologischem Material und in wässrigen Lösungen: Eine Schlüsselrolle bei all diesen Effekten hat das Wasser selbst. Aufgrund seiner elektrochemischen Eigenschaften neigt es dazu, geordnete Cluster mit bis zu mehreren Millionen Molekülen zu bilden, welche dann immer noch eine Ausdehnung von nur etwa einem zehntausendstel Millimeter besitzen. Je nach Umgebungsbedingungen können bis zu 40% eines Wasservolumens, in Gewässern gleichsam wie in biologischen Zellen, in dieser Weise organisiert sein. Diese Molekülcluster bestimmen die Bremswirkung von Magnetfeldern auf die Beweglichkeit der Wassermoleküle dadurch mit, daß sie eine dafür günstige Verteilung der geladenen Teilchen in der Lösung erzeugen. Pazur untersuchte jetzt die Änderung des Wärmetransports in Meerwasser und Kochsalzlöungen im Labormaßstab und Zeitraffertempo, indem er ein entsprechend starkes Magnetfeld verwendete, und die Ergebnisse in der Zeitschrift „Geophysical & Astrophysical Fluid Dynamics“ veröffentlichte. Er simulierte den Anteil des Effekts, der sich durch Veränderung des Erdmagnetfeldes in den letzten 150 Jahren in den Ozeanen in entgegengesetzter Richtung, also für ein sich abschwächendes Magnetfeld, ergeben haben könnte. Seit dieser Zeit schwächt sich nämlich das Erdmagnetfeld im Weltmittel signifikant stärker ab, als in den vorrausgegangenen Jahrhunderten. Der Verlauf der Abnahme ist in guter Näherung gegenläufig zum globalen Temperaturanstieg im gleichen Zeitraum, wie der Wissenschaftler schon in einer früheren Arbeit zeigen konnte. Als Konsequenz sollte der konvektive Wärmetransport seitdem immer weniger „magnetisch gebremst“ worden sein und in Regionen wie dem Nordatlantik, wo sich das Erdmagnetfeld besonders stark abschwächte, entsprechend mehr Wärme von der Oberfläche in tiefere Schichten transportiert worden sein, was auch zutrifft. Rechnerisch würde das durch diesen Effekt aufgenommene Surplus an Wärme zu einer Temperaturerhöhung des Wasserkörpers um derzeitig 0.2-0.3 °C pro Jahrhundert führen. Könnte man rein hypothetisch das Erdmagnetfeld abschalten, so sollten sich die Ozeane innerhalb einiger Jahrzehnte danach um mehrere Grad erwärmen. Um den tatsächlich möglichen Einfluß eines solchen magnetohydrodynamischen Effektes in den Meeren auf die Globaltemperatur, sowie ihre regionale Verteilung zu ermitteln, müßten diese jetzt in einem der etablierten Klimarechenmodelle aufgenommen und getestet werden. Originalveröffentlichung: Pazur, Alexander K. H., Reduced heat transfer in saltwater by a magnetic field: do oceans have a "geomagnetic brake". Geophysical & Astrophysical Fluid Dynamics 108 (5), p. 536-552, 2014. DOI: 10.1080/03091929.2014.934503 Abbildung 1: Berechnete mögliche Änderung des Wärmegehalts in der oberen 500 m Wasserschicht der Ozeane von 1960 bis 2007 durch den magnetohydrodynamischen Einfluß des Erdmagnetfeldes. Rote Bereiche zeigen Erwärmung, grüne Abkühlung, gelbe keine Änderung, intensivere Färbung bedeutet einen stärkeren Effekt. Für die weißen Flächen fehlten benötigte Daten.