Forscher finden weiteres Puzzlestück der Alzheimer

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Psychologie aktuell: Forscher finden weiteres Puzzlestück der Alzheimer-Erkrankung
13-11-13
Forscher finden weiteres Puzzlestück der Alzheimer-Erkrankung
Ein deutsch-amerikanisches Forscherteam hat dem Ursachenbild der Alzheimer-Erkrankung
einen weiteren Mosaikstein hinzugefügt. Demnach spielt ein Protein mit dem Namen Spastin
eine bislang ungeahnte Rolle: Spastin kann die Versorgungsleitungen im Inneren von
Nervenzellen kappen, infolgedessen sterben sie ab. Daher könnten Wirkstoffe, die dieses
Protein gezielt eindämmen, den Krankheitsverlauf möglicherweise günstig beeinflussen.
An den Untersuchungen waren Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative
Erkrankungen (DZNE), Standort Bonn, des Forschungszentrums caesar sowie des
Max-Planck-Instituts für neurologische Forschung, Außenstelle Hamburg, federführend beteiligt. Die
Studie ist im EMBO Journal erschienen.
Verblassende Erinnerungen bis hin zur völligen Orientierungslosigkeit und Demenz sind die Folgen
von Alzheimer. Im Gehirn kommt es dabei zum massiven Absterben von Nervenzellen. Die Ursachen
dafür sind bislang nur teilweise verstanden. Die Krankheit gilt als multifaktoriell . Nun haben
Forscher aus Bonn, Hamburg und den USA einen weiteren Akteur mit dem Namen Spastin
identifiziert. Im Kreise der neurodegenerativen Erkrankung ist dieses Molekül kein Unbekannter.
Krankhafte Veränderungen dieses Proteins gelten als Hauptursache erblich bedingter spastischer
Paraplegie. Das mutierte Spastin hat schädliche Effekte auf die Zellen des Rückenmarks. Das führt
zur Lähmung der Beine. Wir haben nun festgestellt, dass Spastin, in diesem Fall seine gesunde Form,
Hirnzellen schädigen kann, wenn es falsch reguliert wird. Das hat uns überrascht, denn von der
Alzheimer-Forschung wurde Spastin bislang nur wenig beachtet , sagt die Neurowissenschaftlerin
Eva-Maria Mandelkow, die gemeinsam mit ihrem Mann Eckhard Mandelkow die Ursachen von
Alzheimer erforscht. Das Ehepaar betreibt Labors in Bonn und Hamburg.
Das Team der Mandelkows mit Erstautor Hans Zempel, Doktorand am Bonner DZNE stellte bei
Experimenten mit Zellkulturen fest, dass Spastin die Versorgungsleitungen innerhalb der Dendriten
beschädigen kann. Dendriten sind feine Verästelungen des Zellkörpers über die eine Nervenzelle von
anderen Zellen Reize aufnimmt. Doch die Kontaktstellen verkümmern, wenn für den Stoffwechsel
wichtige Substanzen auf der Strecke bleiben. Werden die Versorgungsleitungen die sogenannten
Mikrotubuli unterbrochen, dann gehen die Dendriten und letztlich auch die Nervenzellen zu Grunde.
Diese Reaktion konnten die Forscher auch bei ihren Laborversuchen beobachteten.
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Fatale Verkettung
Bei Alzheimer geht die Anzahl der Mikrotubuli in den Nervenzellen bekanntermaßen zurück. Davon
betroffen ist neben den filigranen Dendriten auch das Axon, ein langer Fortsatz, über den die
Nervenzelle Signale weiterleitet. Die Ursachen für den Rückgang der Mikrotubuli scheinen bei
Dendriten und Axonen nicht unbedingt dieselben zu sein , gibt Eva-Maria Mandelkow zu bedenken.
Unsere Untersuchungen verschaffen uns nun ein genaueres Bild davon, warum die Mikrotubuli in
den Dendriten verschwinden. Wir konnten zeigen, dass die Wirkung von Spastin Teil einer
Reaktionskaskade ist, an der unter anderem die Proteine A-Beta und Tau beteiligt sind.
A-Beta und Tau werden schon lange mit der Alzheimer-Erkrankung in Verbindung gebracht. Diese
Proteine sind für gewöhnlich Einzelgänger, lagern sich bei Alzheimer jedoch zu Klumpen von
Proteinen zusammen, die als Plaques und Tangles typische Merkmale im Gehirn von
Alzheimer-Patienten sind.
Die Wissenschaftler behandelten Nervenzellen mit Aggregaten des Proteins A-Beta, was eine Folge
von Ereignissen auslöste. Insbesondere verloren die Zellen nun die Kontrolle über die richtige
Verteilung der Tau-Proteine, die sich dann in den Dendriten ansammelten. Dies führte dort zu einer
chemischen Veränderung der Mikrotubuli. Dadurch wurden die Mikrotubuli anfälliger für Spastin. Das
Protein wirkt wie eine molekulare Schere, die die Mikrotubuli in Stücke schneidet , so die
Neurowissenschaftlerin.
Im gesunden Organismus wird diese Funktion streng reguliert. Sie ist aber an sich nichts Besonderes,
denn die Mikrotubili werden immer wieder abgebaut und durch neue ersetzt. Doch bei Alzheimer ist
der Abbauprozess außer Kontrolle geraten. Die natürliche Wirkung von Spastin verstärkt sich.
Infolgedessen werden die Mikrotubuli regelrecht zerlegt , sagt Eva-Maria Mandelkow.
Therapeutisches Potential
In einem Kommentar im EMBO Journal mutmaßen die US-Forscher Daphney Jean und Peter Baas,
die an der aktuellen Studie nicht beteiligt waren, dass einige der experimentellen Wirkstoffe gegen
Alzheimer den negativen Effekt des Spastins noch fördern könnten. Derzeit werden Substanzen
getestet, die den Zusammenhalt der Mikrotubuli zwar verbessern, die Scherenwirkung von Spastin
aber nicht verhindern. Eher im Gegenteil, meinen sie. Grund dafür ist der Aufbau der langgestreckten
Mikrotubuli, die natürlicherweise aus stabilen und vergleichsweise labilen Abschnitten bestehen.
Durch stabilisierende Wirkstoffe schrumpfen die labilen Bereiche, während die stabilen wachsen. Die
so veränderten Mikrotubuli bieten dem Spastin eine größere Angriffsfläche. Denn das Protein
schneidet bevorzugt dort, wo die Mikrotubuli stabil sind.
Ansatzpunkt für eine Therapie könnte es daher sein, die Wirkung von Spastin gezielt einzudämmen.
Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Substanzen, die Spastin blockieren, den Verlauf von
Alzheimer möglicherweise günstig beeinflussen könnten. Aber hier muss man vorsichtig mit
Prognosen sein , sagt Eva-Maria Mandelkow. Alzheimer ist eine Erkrankung mit vielen Facetten und
es genügt wohl kaum, nur an eine Stellschraube zu drehen. Fakt ist aber, dass wir einen Mosaikstein
identifiziert haben, der uns hilft, das Krankheitsbild besser zu verstehen.
idw-online.de/de/news560909
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Christian Fischer-Terworth: Evidenzbasierte Demenztherapie Wissenschaftlich fundierte
neuropsychiatrisch-psychologische Therapien für den ambulanten und stationären Bereich
Publikation Ende November 2013, Pabst, 132 Seiten, ISBN 978-3-89967-896-3
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