Folgen der globalen Erwärmung in Europa

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Folgen der
globalen Erwärmung
in Europa
Die Folgen der globalen Erwärmung
in Europa zählen zu den regionalen
Auswirkungen der Erderwärmung,
die sich durch das Ansteigen der
Durchschnittstemperaturen bemerkbar macht. Dadurch können in
Zukunft vermehrt Katastrophen wie
Überflutungen und Stürme ausgelöst
werden.
Beobachtete Klimaveränderung
Zwischen 1901 und 2005 ist die Durchschnittstemperatur Europas um 0,9 °C
angestiegen.
Zwischen 1979 und 2005 betrug der
Erwärmungstrend dabei 0,47 °C pro
Dekade und war damit deutlich höher
als das globale Mittel von + 0,17 °C
pro Jahrzehnt.
Besonders stark war die Erwärmung
dabei in Zentral- und Nordosteuropa
und in Gebirgsregionen. Weiter wurde
beobachtet, dass die Wintertemperaturen stärker als die Sommertemperaturen ansteigen.
Die Niederschlagstrends sind stärker
räumlich variabel. In Nordeuropa wurde eine Zunahme der durchschnittlichen winterlichen Niederschlagsmengen beobachtet. Im Mittelmeerraum
wurde im Osten eine Abnahme festgestellt, während im Westen keine signifikanten Veränderungen der Niederschlagsmengen festgestellt wurden.
In den meisten Teilen Europas nimmt
die Niederschlagsmenge pro Regentag
zu, sogar in Gebieten, in denen die gesamte Niederschlagsmenge abnimmt.
So wurde in Griechenland eine signifikante Abnahme der Niederschlagsmengen im Januar beobachtet, die verbunden ist mit einer Zunahme von
Starkniederschlägen.
Verändertes Auftreten
extremer Hitze- und Kälteereignisse
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei der UN-Kli-
makonferenz in Montréal im Jahre
2005 zeitigt die Erwärmung des globalen Klimas nicht nur in Entwicklungsländern Todesfälle, sondern gefährdet
zunehmend Europa.
Die europäische Hitzewelle 2003
forderte 35.000 Menschenleben und
verursachte wirtschaftliche Schäden
von 14 Milliarden €.
Während ein einzelnes Ereignis wie
dieses nie direkt auf die globale Erwärmung zurückgeführt werden kann,
erhöht der Klimawandel dennoch die
Wahrscheinlichkeit für derartige Extremereignisse.
So wird es nach den Prognosen des
IPCC im 21. Jahrhundert sehr wahrscheinlich (90 bis 99 %) höhere Maximum-Temperaturen und mehr heiße
Tage in nahezu allen Landgebieten
geben. Eine im Nachfeld der Hitzewelle durchgeführte Abschätzung kam zu
Hitzeperiode 2003
dem Ergebnis, dass der menschliche
Einfluss auf das Klima das Risiko eines
derartigen Ereignisses wenigstens verdoppelt habe.
Gleichzeitig werden extreme Kälteereignisse wahrscheinlich seltener werden. Eine vom WWF in Auftrag gegebene und vom Kieler Institut für Weltwirtschaft erstellte Studie zeigt, dass
sich bis 2100 die Zahl der Hitzetoten
in Deutschland um zusätzliche 5.000
ohne Berücksichtigung der demographischen Entwicklung beziehungsweise
um 12.000 mit Einbeziehung der veränderten Altersstrukturen erhöhen kann.
Gleichzeitig käme es zu einem Rückgang an Kältetoten um 3.000 beziehungsweise 5.000 Opfer. Für Großbritannien zeigte eine Studie des Gesundheitsministeriums genau das Gegenteil,
nämlich eine größere Abnahme der Kältetoten im Vergleich zu einer kleineren
Zunahme der Hitzetoten.
Hochwasser an Flüssen
Eine Million Menschen in Europa waren betroffen von den 15 größten Fluten
im Jahr 2002, welche 250 Menschenleben forderten. Beispielsweise sorgen
so genannte Vb-Wetterlagen, hervorgerufen durch ein außergewöhnlich warmes Mittelmeer, dafür dass nördlich der
Alpen im Winter besonders heftige
Schneefälle und nachfolgende Frühjahrsfluten gehäuft auftreten.
So genannte Jahrhunderthochwasser,
deren Name aus ihrer Wahrscheinlichkeit des Auftretens ein Mal in hundert
Jahren her rührt, werden künftig vermehrt erwartet, da sich die begünstigenden Großwetterlagen häufen. Ein
Beispiel für eine derartige erhöhte Frequenz von Jahrhunderthochwassern
sind die Elbfluten 2002 und 2006.
Eisfreie Alpen
Der weiter oben beschriebene weltweite Gletscherschwund betrifft in Europa besonders den Alpenraum.
Eine Studie über die Entwicklung von
5150 Gletschern in den Alpen seit 1850
kommt zu dem Ergebnis, dass bis 1970
bereits 35 % der ursprünglich vorhandenen Gletscherfläche verschwunden
war, und dass dieser Schwund sich bis
2000 auf annähernd 50 % vergrößert
hat. Das bedeutet, dass bereits die Hälfte der ehemals von Gletschern bedeckten Fläche durch den Rückgang des Eises freigelegt worden ist.
Szenarien für das 21. Jahrhundert zeigen
an, dass bei einer durchschnittlichen
Erwärmung um 3 °C bis ins Jahr 2100
die Gletscher der Alpen etwa 80 % der
noch im Zeitraum zwischen 1971 und
1990 vorhandenen Fläche verloren
haben werden. Das entspräche nur
noch einem Zehntel der Ausdehnung
von 1850. Eine Erwärmung um 5 °C
würde praktisch zum vollständigen
Verlust an Gletschereis führen.
Holz- und Torffunde aus den Moränen
von Gletschern in den Alpen lassen darauf schließen, dass die Gletscher im
Holozän mitunter wesentlich weiter
zurückgegangen waren als dies derzeit
der Fall ist.
Diese Funde sind Hinweise dafür, dass
es in den letzten 10.000 Jahren zumindest zwölf Perioden mit stellenweise
wesentlich geringeren Gletscherständen
gegeben haben muss, und dass die Ausdehnung der Gletscher während mehr
als der Hälfte dieser Zeit geringer war,
als dies heute der Fall ist. Holz und Torf
können nur dort entstanden sein, wo
sich die Gletscher nicht befunden haben. Vor 1.900 bis 2.300 Jahren lagen
einige Gletscherzungen höher als zum
heutigen Zeitpunkt. Daher muss angenommen werden, dass die Gletscher
der Alpen wesentlich dynamischeren
Änderungen unterliegen, als bisher angenommen wurde.
Aletschgletscher,
Schweiz
Die Folgen des Gletscherrückgangs in
den Alpen wurden im Juli 2006 besonders durch die Felsabstürze am schweizerischen Eiger sichtbar. Mehr als
500.000 Kubikmeter Felsen stürzten
am 13. Juli 2006 auf den Unteren Grindelwald-Gletscher.
Insgesamt gelten bis zu 2 Millionen m3
Gestein mit einem Gewicht von fünf
Millionen Tonnen als absturzgefährdet.
Ursache für die Abbrüche ist u.a. der
Rückgang von Gletschern, die überhängende Bergteile stützten, und das
Schmelzen von ständig gefrorenen Gebieten (Permafrost), in denen zerklüftetes Gestein wie Kleber vom Eis zusammengehalten wurde.
Auch die Permafrostböden in den Alpen schmelzen. In der Schweiz, deren
Fläche zu ca. 6,6 % aus Permafrostböden gebildet wird, ist die Untergrenze
des Permafrosts im Verlauf der letzten
100 Jahre um schätzungsweise 150 bis
250 m angestiegen.
Eine Temperaturerhöhung von 1 bis 2 °C
bis Mitte des 21. Jahrhunderts hätte ein
Ansteigen der Untergrenze von 200 bis
750 m zur Folge. Dies hat vielfältige
Folgen. So werden gleichzeitig mit
dem Gletscherschwund große Gebiete
aus stark frakturiertem Material wie
Moränen, Gerölle und Felsen freigelegt, die vorher permanent gefroren
waren.
Bei starken Niederschlägen kann dieses
Material in Form von Murgängen wieder mobilisiert werden. Dadurch steigt
die Gefahr von Murgängen. Außerdem
nimmt die Bodeninstabilität zu, wodurch Installationen in großen Höhen
(wie Seilbahnen, Masten etc.) desta-
bilisiert werden. Solche Installationen
müssen in Zukunft zusätzlich gesichert
werden. Die Konstruktionskosten werden deshalb steigen.
Kältere Winter
Eine am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung durchgeführte Studie
untersuchte anhand eines Klimamodells die Folgen weiteren Abschmelzens arktischen Meereises in der Barent-See. Simuliert wurde ein Rückgang der Eisbedeckung von 100 % bis
1 %. Die Forscher fanden, dass die dort
zunehmende Erwärmung im Modell zu
veränderten atmosphärischen Druckverhältnissen führt. Damit einhergehend verdreifacht sich die Wahrscheinlichkeit für strenge Winter in Europa.
Der Zusammenhang sei ausgeprägt und
stark nichtlinear.
Ein Eisverlust über der Barent-See
führt zunächst zu einer Erwärmung,
dann zu einer Abkühlung und dann
wieder zu einer Erwärmung.
Verbreitung und Förderung
von Krankheiten
Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht
davon aus, dass sich in Folge der globalen Erwärmung in Europa zunehmend Krankheiten verbreiten könnten,
die bislang ausschließlich (etwa durch
den Tourismus) importiert wurden. Der
Präsident des Roland-Koch-Instituts
Jörg Hacker sagte zum Zusammenhang
von Infektionskrankheiten und Klimawandel:
„Nicht immer ist ein kausaler Zusammenhang zu der Veränderung des Klimas nachzuweisen, häufig wird jedoch
ein solcher Zusammenhang vermutet
und muss gezielt analysiert werden. Auch
wenn viele Zusammenhänge zwischen
dem verstärkten Auftreten alter und
neuer Infektionskrankheiten und dem
Klimawandel noch nicht im Detail zu
belegen sind, so zeigen die Trends, dass
Europa sich auf diese Problematik einstellen muss.“
Einer Veröffentlichung des Hamburger
Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin zufolge seien besonders vektorgebundene Infektionskrankheiten
von Umwelt- und Klimaveränderungen betroffen. In der Vergangenheit und
wahrscheinlich auch in der Zukunft
dürften dennoch ökologische (nichtklimatische) und sozioökonomische Faktoren größere Bedeutung für die zukünftige Verbreitung solcher Krankheiten
aufweisen als klimatische.
Unter anderem folgende Gründe können zu einem vermehrten Auftreten
verschiedener Krankheiten in Europa
führen:
- Höhere Temperaturen begünstigen
die Vermehrung von Krankheitserregern in Lebensmitteln.
- Seit 1975 haben sich die Pollenflugzeiten um zehn Tage verlängert,
was zu einer Verlängerung der
jährlichen Heuschnupfen-Phase von
Allergikern geführt hat.
- Milde Winter begünstigen das Überleben von Schädlingen in der Landwirtschaft und von Krankheitsüberträgern.
- Zecken breiteten sich inzwischen bis
nach Schweden und Tschechien aus.
Sie können die Erreger der Hirnhautentzündung FSME (FrühsommerMeningoenzephalitis) und der LymeBorreliose übertragen.
- Die Gefahr einer erneuten Ausbreitung von Malaria in Westeuropa ist
aktuell gering, steigt aber mit der
Temperatur. Sie hängt allerdings
nicht nur von der Temperatur oder
dem Wetter, sondern überwiegend
von hygienischen Bedingungen ab.
Die Gefahr ist darüber hinaus aufgrund der Trockenlegung der meisten europäischen Sumpfgebiete als
gering zu betrachten.
Der vierte Sachstandbericht des IPCC
geht davon aus, dass der Meeresspiegel weltweit bis 2100 um 18 bis 59 cm
steigen wird. Bei gleichzeitig zunehmenden Stürmen steigt damit die Gefahr von Sturmfluten erheblich an.
Seit 1906 ist die Nordsee um 24,6 cm
angestiegen. Bei aktuellen Deichbauten
an der niedersächsischen Küste wird ein
nochmals um 25 cm höherer Wasserstand zu Grunde gelegt, eine spätere Erhöhung um 1 m wird planerisch berücksichtigt. Der Bericht geht davon aus,
dass durch das Schmelzen des Grönlandeises ein Anstieg des Meeresspiegels
von 40 bis 80 cm bis Ende des 21. Jahrhunderts verursacht werden wird.
Folgen für die Nordsee 2030 soll ein
neues Sperrwerk vor London errichtet
sein, um gegen den erwarteten Anstieg
des Wasserpegels gewappnet zu sein.
Laut dem Alfred-Wegener-Institut in
Bremerhaven ist die Nordsee seit 1962
um 1,2 °C wärmer geworden. In der Folge weichen kälteliebende Fische seit 25
Jahren immer weiter nach Norden aus.
Die Bestände an Kabeljau, Schellfisch
und weiterer 16 Arten zogen 100 km in
Richtung Pol. Britische Forscher befürchten, dass bis 2050 kommerziell
wichtige Fischarten als Folge der Klimaerwärmung aus der Nordsee verschwinden. Auch gefährdet die Erwärmung der Nordsee die Basis der Nahrungskette. Dort stehen als Primärproduzenten bestimmte Algenarten. Von
den Algen ernähren sich Ruderfußkrebse, diese wiederum sind Hauptnahrung der Jungfische wie Kabeljau, Hering oder Makrele.
Folgen für die Ostsee Die Ostsee ist
besonders stark vom Klimawandel betroffen. Erwärmten sich andere Weltmeere zwischen 1861 und 2000 um
0,05 °C pro Jahrzehnt, stiegen die Wassertemperaturen in der Ostsee durchschnittlich um 0,08 °C. Im Laufe des
20. Jahrhunderts wurde die Ostsee entsprechend um etwa 0,85 °C wärmer.
Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts
wird eine Erwärmung der Luft um 4
bis 6 °C im nördlichen und um 3 bis 5 °C
Auswirkungen
auf die europäischen Meere
im südlichen Teil der Ostsee prognostiziert. Damit einher ginge ein deutlicher Rückgang an winterlichem Meereis um bis zu 80 % im Laufe des 21.
Jahrhunderts.
Änderungen der Meeresströmungen
Im Zusammenhang mit dem aktuellen
Phänomen der Klimaerwärmung haben
einige Wissenschaftler die Befürchtung
geäußert, dass es zu einem Abschwächen bzw. zum vollständigen Erliegen
der Nordatlantikdrift in den nächsten
20 bis 100 Jahren kommen könnte.
Durch vermehrtes Abschmelzen der
Grönländischen Eiskappe sowie einen
bereits festzustellenden erhöhten Süßwassereintrag durch sibirische Flüsse
aufgrund veränderter Niederschlagverteilung, könnte der Absinkmechanismus von schwererem, sehr salzhaltigem Oberflächenwasser südwestlich
von Grönland aus dem Gleichgewicht
geraten.
Dieser zentrale Antrieb für das gesamte
Golfstromsystem könnte durch Süßwasser, das die Dichte des Meerwassers
verringert, signifikant abschwächen
und möglicherweise eine Verlagerung
des Golfstromes nach sich ziehen oder
sogar ganz zum Erliegen kommen.
Dies hätte einen Klimawechsel in Nordeuropa mit signifikanten Konsequenzen zur Folge, da Europa z.Zt. wegen
des Golfstroms ein, im Vergleich zu
Breitengraden in Nordamerika, viel
milderes Klima besitzt. Möglich wäre
eine Reduktion der durchschnittlichen
nordeuropäischen Temperatur um bis
zu 5 Grad Celsius.
Ob es trotz globaler Erwärmung dann
in Europa kühler wird oder sich die beiden Effekte gegenseitig aufheben, ist
nur schwer vorhersagbar. Manche Szenarien lassen vermuten, dass die Temperaturen in Europa zunächst leicht
ansteigen, um dann dauerhaft um bis
zu 5 Grad Celsius unter die heutigen
Werte abzufallen.
Die in den letzten Jahren veröffentlichten Berichte, nach denen bereits ein
sehr starker Rückgang gemessen werden konnte, haben sich im Nachhinein
nicht bestätigt. Vielmehr wurde durch
die genauere Untersuchung des Nordatlantikstroms in den letzten Jahren
deutlich, dass dieser starken natürlichen
Schwankungen unterliegt aber bisher keine Abschwächungstendenzen aufweist.
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