Workshop Mangelernährung Aktuelle klinische, organisatorische, ökonomische und ethische Aspekte Würzburg, 01. Oktober 2005 Ernährung des Tumorpatienten W. Burghardt Medizinische Universitätskliniken Würzburg Mangelernährung bei Tumorpatienten (DeWys et al 1980) • Gewichtsverlust bei 31-87% der Patienten (bei 15% der Patienten Gewichtsverlust > 10%) • Höchster Gewichtsverlust bei Patienten mit GI-Tumoren • Anorexie bei 15-40% der Patienten (bis 80% bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung) • Vorzeitige Sättigung und Übelkeit bei 50% der Patienten • Kachexie als Todesursache bei 10-20% der Patienten • Malnutrition bei bis zu 75% der Patienten vor Operation, 65% vor Chemotherapie und 57% vor Radiotherapie Mangelernährung bei Tumorpatienten (Stratton et al 2003) Organtumoren Mangelernährung Pankreastumoren Kopf- und Halstumoren Magentumoren Ösophagustumoren Lungentumoren Kolorektale Tumoren Gynäkologische Tumoren Urologische Tumoren - 85% - 67% - 65% - 57% - 46% - 33% - 15% - 9% Veränderung der Körperzusammensetzung bei Gesunden und kachektischen Patienten mit nicht kleinzelligem Bronchial-Ca (Fearon & Preston 1990) 70 60 Fat Non Muscle Protein Muscle Protein Intracellular Water Extracellular Water Minerals 50 40 kg 30 20 10 0 Controls Cancer Tumorkachexie ... • beeinträchtigt Stoffwechsel / Immunabwehr (Wundheilungsstörungen, Infektionen, Sepsis) • reduziert Therapiemöglichkeiten (Operation, Chemotherapie, Bestrahlungstherapie) • vermindert die Lebenserwartung • schränkt die Lebensqualität ein Bestimmung des unbeabsichtigten Gewichtsverlustes (Pirlich et al 2003) • nach Morrison & Hark (1999) Zeitraum 1 Woche 1 Monat 3 Monate 6 Monate 12 Monate signifikanter schwerer Gewichtsverlust Gewichtsverlust 1-2% > 2% 5% > 5% 7.5% > 7.5% 10% > 10% 20% > 20% • nach Naber et al (1997) signifikanter Gewichtsverlust = aktuelles Gewicht < 90% des „üblichen Gewichts“ (übliches Gewicht = stabil. Gewicht in längerem Zeitraum vor ≥ 6 Mo) Subjective Global Assessment (SGA) (Detsky et al 1987) • Anamnese - Änderung des Gewichts (in den letzten 6 Mo bzw. 2 Wo) - Störungen der Nahrungsaufnahme - Gastrointestinale Symptome (Erbrechen, Diarrhoe) - Leistungsfähigkeit/Mobilität, Streß (Grunderkrankung) • Körperliche Untersuchung - Subkutane Fettmasse, Muskelmasse - Flüssigkeitseinlagerungen (Ödeme, Aszites) - Haut- und Schleimhautveränderungen (Glossitis) • Subjektive Bewertung durch Untersucher: (A) gut genährt, (B) mäßige ME / V.a. ME, (C) schwere ME Häufigkeit eine Gewichtsabnahme beeinflussender Faktoren zum Zeitpunkt der Erstdiagnose (n. Bozetti 1989, Grosvenor 1989, Armes 1992) Patienten (%) • Anorexie • Symptome bei noch gutem Appetit Völlegefühl Vorzeitiges Sättigungsgefühl Geschmacksveränderungen Mundtrockenheit Übelkeit Erbrechen 40 61 60 46 41 39 27 Veränderungen bei Hunger und Tumorkachexie (mod. n. Kotler 2000) Appetit Körpergewicht Körperzellmasse Körperfett Kalorienzufuhr Gesamtenergieverbrauch Ruheenergie Eiweißsynthese Eiweißabbau Seruminsulin Serumkortisol Ansprechen auf Ernährung Hunger ++ -------------0 ++ Kachexie -0/-----++ +/+++ +++ ++ 0/- Malnutrition durch antitumoröse Therapie: Effekt von Operationen am Verdauungstrakt Mundhöhle/Pharynx Ösophagusresektion Gastrektomie Pankreatektomie Dünndarmresektion Kolektomie Kau- und Schluckstörungen Geschmackstörungen Inappetenz Empfindlichkeit gegen Scharfes und Saures Motilitätsstörungen des Magens (Völlegefühl) Störung von Appetit- und Sättigkeitsregulation Nahrungsmittelaversionen (alkalische) Refluxösophagitis Dumpingsyndrom Laktoseintoleranz Steatorrhoe Malabsorption (Fe, Ca, Zn, Vitamine) Diabetes mellitus Maldigestion (Fett) Malabsorption (fettlösl. Vitamine, Vitamin B12) Malabsorption (Vitamine, GS, Nährsubstrate) Lebensmittelintoleranzen Wasser- und Elektrolytverluste (Diarrhoe) Malnutrition durch antitumoröse Therapie: Effekt von Chemo- und Radiotherapie Chemotherapie Radiotherapie Akuteffekte: Späteffekte: Anorexie, Übelkeit/Erbrechen, Nahrungsmittelaversionen, Mukositis, Abdominalschmerzen, Diarrhoe, Obstipation, Organschäden (Lunge, Leber, Niere), Infektionen, Sepsis Anorexie, Übelkeit/Erbrechen, Mukositis, Mundtrockenheit, Geschmacks- und Geruchsstörungen, Gastroenteritiden, Zystitiden Mundtrockenheit, vermindertes/fehlendes Geschmacksempfinden, Karies, chronische Gastroenteritiden, Fibrosen, Stenosen, Fisteln Pathogenese der Tumorkachexie • Direkt konsumierender Einfluß des Tumors • Verminderte Energie- und Nährstoffaufnahme • Veränderte Stoffwechselvorgänge Systemische inflammatorische Reaktion Tumor Tumor-Wirt-Interaktion Freisetzung von Zytokinen/Mediatoren Reduktion von Energieund Nährstoffaufnahme ZNS (Hypothalamus) Verminderte Zufuhr Maldigestion/Malabsorption Mechanische Störungen Übelkeit Geschmacksstörungen Appetitlosigkeit Psychische Störungen Diagnostik Tumortherapie Anorexie Malnutrition Tumorkachexie Tumor-Nekrose-Faktor α Interleukin-6 Interleukin-1 Interferon-y Tryptophan/Serotonin Corticotropin-Releasing-Faktor Neuropeptid Y, Melatonin Stoffwechselstörungen (Energie, Eiweiß, Fette, KH) Erhöhter Ruheenergieumsatz Proteolyse Lipolyse (Proteolyse-induzierender-Faktor und Lipid-mobilisierender-Faktor direkt vom Tumor freigesetzt) Catabolic Mediators in cancer (Argilés et al 2005) • TUMOUR-DERIVED Proteolysis-inducinf factor (PIF) Lipid-mobilizing factor (LMF) Anemia-inducing substance (AIS) Toxohormone-L • METABOLIC ALTERATIONS HUMOURAL Pro-cachectic cytokines Tumor necrosis factor α (TNF-α) Interleukin-6 (IL-6) Interleukin-1 (IL-1) Leukemia inhibitory factor (LIF) Interferon-y (IFN-y) Ciliary neurotrophic factor (CNTF) CACHEXIA Anti-cachectic cytokines Soluble interleukin-6 receptor (sIL-6R) Soluble tumor necrosis factor receptor (sTNFR) Interleukin-4 (IL-4) Interleukin-10 (IL-10) Interleukin-1 receptor antagonist (IL-1ra) Interleukin-15 (IL-15) ANOREXIA Ernährung des Tumorpatienten: Ziele • Erhalt/Verbesserung des Ernährungszustandes • Verbesserung der (subjektiven) Lebensqualität • Erhöhung der Therapieeffektivität, Reduktion von Nebenwirkungen • Verbesserung der Prognose Indikationen zur Ernährungstherapie von Tumorpatienten (DGEM-Leitlinie 2003) • Orale Nahrungsaufnahme < 500 kcal/d * - erwartet für 1-4 Tage → - erwartet für 5-7 Tage → - erwartet für > 7 Tage → Ernährungsberatung Ernährungstherapie bei schwerer Mangelernährung immer Ernährungstherapie • Orale Nahrungszufuhr < 60-80% des Bedarfs ** - erwartet für > 14 Tage → immer Ernährungstherapie * Nahrungskarenz ** unzureichende Energieaufnahme Ernährung des Tumorpatienten: Postulierte Wirkungsmechanismen von Krebsdiäten (n. Kasper 1991) Schutz des Tumorwirtes Abbau von Tumortoxinen Aktivierung der gestörten Zellatmung Entgiftung des Organismus Schutz der Leber Stimulation der Immunabwehr Wiederherstellen des metabolischen Gleichgewichts Wiederherstellen guter Gedanken und des richtigen Lebensstils Hemmung des Tumorwachstums Aushungern des Tumors Erhöhung der Vulnerabilität von Tumorzellen Tumorhemmung durch …(z.B. gesteigerte Mineralkortikoidsekretion, Radikalfänger, mehrfach ungesättigte Fettsäuren) Ernährung des Tumorpatienten: „Krebsdiäten“ (n. Ollenschläger 1995) Breuss Gerson Kousmine Kuhl Leupold Moermann Seeger Versch.: 42 Tage Kräutertee und 1 l Saft aus Kartoffeln, Rüben, Sellerie, Rettich extrem kochsalzarme vegetarische Ernährung, Kaffee-Einläufe inkl. Rizinusöl, Kalium, Gallensalze, Leber- und Schilddrüsenextrakte, Lugolsche Lösung Kombination aus Saftkuren, vegetarische Ernährung, Einläufe aus Kamillentee und Sonnenblumenöl laktovegetabile „Milchsäurekost“ Verbot kohlenhydrathaltiger Nahrungsmittel (außer Zitronen) vegetarische Ernährung, tgl. Aufnahme der angeblich für Brieftaube und Mensch unentbehrlichen Stoffe (Vitamine A, E, D, B; Zitronensäure, Jod, Schwefel, Eisen) „Rote-Beete-Kur“ (täglich 1-2 kg, 300-600 ml Saft oder 100 g Trockenextrakt) Bruker („Vitalstoffreiche Vollwertkost“), Budwig („Öl-Eiweißkost“), Hay („Trennkost“), Steiner (antroposoph. Ernährung), Olsawa (Makrobiotik) Stufenplan der Ernährung von Tumorpatienten Natürliche Ernährung - Künstliche Ernährung Orale Ernährung (inkl. Supplemente) Enterale Ernährung Parenterale Ernährung Orale Ernährung bei Tumorkachexie • • • • • • • Vollkost / leichte Vollkost „Gesteuerte“ Wunschkost Adaptierte Vollkost (spezielle Zubereitungsform) Spezielle Diät, nur wenn erforderlich (z.B. MCT) Zusatz von Nährstoffen (z.B. Proteine) Evtl. Gabe von enteralen Trinknahrungen Appetitanreger (z.B. Wein, Bier, Spirituosen) Leichte Vollkost ... • unterscheidet sich von der Vollkost nur durch Nichtverwenden von Lebensmitteln und Speisen, die erfahrungsgemäß häufig, z.B. bei mehr als 5% der Patienten, Unverträglichkeiten auslösen • ist indiziert bei unspezifischen LM-Intoleranzen • hat keinen therapeutischen Effekt Leichte Vollkost vermeidet ... • • • • • • • • • • • • • stark oder mit Speck angebratene, geröstete und frittierte Lebensmittel fette und geräucherte Fleisch-, Wurst- und Fischwaren hartgekochte Eier und fette Eierspeisen, Mayonnaisen vollfette Milchprodukte (z.B. Sahneprodukte, vollfetter Käse etc.) fette Brühen, Suppen und Soßen große Mengen Streich- oder Kochfett frisches Brot und frische oder sehr fette Backwaren, sehr grobe Vollkornbrote fette oder frittierte Kartoffelzubereitungen schwer verdauliche oder blähende Gemüse, sehr fettreiche Zubereitungen unreifes Obst, Steinobst, Nüsse, Mandeln, Pistazien, Avocados fette Süßigkeiten Alkohol in jeder Form, kohlensäurehaltige Mineralwässer oder Limonaden, eisgekühlte Getränke große Mengen an scharfen Gewürzen, Zwiebel- oder Knoblauchpulver Ernährung des Tumorpatienten: Grundsätze während spezifischer Therapie Operation • Bei schwerer Mangelernährung: Prä-/perioperative Ernährungstherapie Optimierung oraler Ernährung (Formuladiät, Supplement) Enterale/parenterale Ernährung • Postoperativ, nach längerer Nahrungskarenz: Kostaufbau • Spezielle Ernährungsrichtlinien nach: Gastrektomie, Pankreatektomie, ausgedehnter Darmresektion, Stomaanlage Ernährung des Tumorpatienten: Grundsätze während spezifischer Therapie Chemotherapie - Strahlentherapie • Vollkost, leichte Vollkost, adaptierte Vollkost als „gesteuerte Wunschkost“ • Spezielle Kostzusammensetzung, Diät • Ergänzung durch Formuladiäten und Supplemente • Bei Zytopenie (Lk < 1000/µl) keimarme Kost • Nach Transplantation (autolog/allogen) keimarme und laktosereduzierte Kost Richtlinien zur künstlichen Ernährung bei Chemo- und Radiotherapie ASPEN 2002: Guidelines for the Use of Parenteral and Enteral Nutrition in Adult and Pediatric Patients • Keine routinemäßiger Einsatz künstlicher Ernährung • Künstliche Ernährung jedoch indiziert bei mangelernährten Patienten, wenn zu erwarten ist, daß diese unfähig sind, über einen längeren Zeitraum ausreichend Nahrung aufzunehmen und unter Maldigestion und/oder Malabsorption leiden Peripherer und tumoraler Austausch energieliefernder Substrate bei 17 Patienten mit Kolonkarzinom (Holm 1991) Modifizierte bilanzierte Diäten: Überlegungen zur Entwicklung einer Tumordiät (nach Holm 1991) • Tumorpatienten sind häufig mangelernährt • Hunger schadet dem Patienten mehr als dem Tumor • Tumor bevorzugt Glukose als Energiequelle, Wirt weist relativ erhöhte Fettsäureoxidation auf • ω-3-Fettsäuren wirken immunstimulierend und systemisch entzündungshemmend, ω-6-Fettsäuren immunsuppressiv • Nukleotidzusatz verbessert Abwehrlage des Organismus • Vitamine A, C und E sind tumorprotektiv und stimulieren das Immunsystem Therapieansätze zur Beeinflussung des Stoffwechsels bei Tumorpatienten • Erhöhung des Fettanteils der Nahrung Verminderung des Kohlenhydratanteils der Nahrung (einfacherer Ablauf der Fettverbrennung im Wirt) • Spezielle Fette: Omega-3-Fettsäuren, strukturierte Lipide (antiproteolytisch, antilipolytisch, anabol, antiinflammatorisch, im Tierversuch antineoplastisch [Tumor/Metastasen]) • Spezielle Proteine: BCCA, Arginin, Glutamin, Nukleotide (verbessern Stickstoffbilanz, Wundheilung, Lymphozytenfunktion, erhalten Darmintegrität [Glutamin]) • Spezielle Vitamine (A/C/E), Spurenelemente (Fe/Se/Zn) (Stimulation des Immunsystems) Perioperative Ernährung mit Trinksupplement (Gianotti 2002) • 305 Patienten mit GI-Tumoren und präoperativem Gewichtsverlust > 10% (1) präoperativ für 5 Tage 1000 ml Impact® oral (2) zusätzlich postoperativ Impact® intrajejunal (3) keine Nahrungssupplemente Postop. Infekte (%) KH-Aufenthalte (d) * p < 0.05 (1) 13.7 11.6 (2) 15.8 12.2 (3) 30.4 * 14.0 * Ernährungsempfehlungen für Tumorpatienten • • • • • • • • • • • Häufige sehr kleine Mahlzeiten anbieten Individuelle Ernährungswünsche berücksichtigen Nahrungsmittel meiden, die Aversionen hervorrufen Speisen mit hoher Nährstoff- und Energiedichte wählen Essen nicht zu stark würzen Geschmacksveränderungen berücksichtigen Speisen und Getränke appetitlich reichen Angehörige beim Essen mit einbeziehen Vor den Mahlzeiten sog. Appetitanreger reichen Starke Essensgerüche meiden Evtl. industriell gefertigte Supplemente einsetzen Ernährung des Tumorpatienten: Nährstoffsupplementierung bei Erwachsenen (Potter et al 1998) • System. Review randomisierter, kontrollierter Studien (32 Studien, 2062 Patienten) • Orale und enterale Supplementierung (Eiweiß/Energie) vs keine Supplementierung • Erfassung von Gewicht, anthropometrischen Daten und Outcome (Überleben) • Effekt: Gewicht Mortalität + 2% - 34% (p < 0.01) Ernährung des Tumorpatienten: Energie- und Nährstoffzufuhr • Energiezufuhr Mobiler Patient: Bettlägeriger Patient: 30 kcal/kg/d 25 kcal/kg/d • Nährstoffzufuhr Eiweiß: Fett: Vitamine/Spurenelemente: 1.2-2.0 g/kg/d > 35% der Ges.Energie gem. Empfehlung Ansätze einer pathophysiologisch orientierten Therapie der Tumorkachexie • • • • Hemmung der Zytokinwirkung (TNF-α, IL-6, INF-y) Hemmung der Wirkung der Tumorprodukte PIF und LMF Hemmung des Proteasoms Hemmung auf molekularer Ebene (Hemmung von NF-κB) Mega-dose vitamins and minerals in the treatment of non-metastatic breast cancer: an historical cohort study (Lesperance et al 2002) • • • • • • 90 Patienten mit Mamma-Ca Verordnung von Megadosen ß-Carotin, Vitamin C, Niacin, Selen, Coenzym Q10 und Zink vs. Kontrollen Follow-up 68 (20-133) Monate krankheitsspezifisches Überleben und krankheitsfreies Überleben in der Verumgruppe kürzer Gesamtüberleben nach 5 a :72 vs. 81%, Gesamtüberleben nach 10 a: 65 vs. 76% Vitamin- und Spurenelementsubstitution während Tumortherapie (Norman et al 2003) • • • • • • • • • • • Supplementierung während Tumortherapie mit einzelnen oder Kombinationen von Antioxidantien über die Empfehlungen oder die adäquate Aufnahme hinaus nicht als sicher oder effektiv empfohlen Gebrauch hoher Antooxidantiendosen als einzige Therapie nicht empfehlenswert, da evtl. für normale Zellen durch prooxidativen Effekt schädlich bzw. für Tumorzellen von Vorteil Keine ausreichende Evidenz für einen routinemäßigen Gebrauch von Vitamin E unter Chemo- und Radiotherapie Vitamin-C-Zufuhr durch Nahrung, nicht mehr als doppelte empfohlene Dosis Keine Einnahme hoher ß-Carotin-Dosen Keine ausreichende Evidenz für eine Selensubstitution Kombinationen von Antioxidantien wegen möglicher Interaktionen unsicher Keine ausreichende Evidenz für eine Supplementierung mit Sojaprodukten Mehrfach ungesättigter Fettsäuren gemäß Empfehlungen unbedenklich Keine speziellen Empfehlungen für Vitamin D Einnahme eines Multivitaminpräparates gemäß Ernährungsempfehlungen und 5-10 Gaben von Obst und Gemüse unbedenklich Wirkung oraler Gabe von Fischöl (EPA) auf Gewichtsverlust bei Patienten mit Pankreaskarzinom (Gogos et al 1998) • • Prospekt. random. Studie: 60 Patienten mit generalisierten soliden Tumoren Supplementierung mit 1 g EPA / 0.69 g DHA (6 Kps. Maxepa) + 200 mg Vitamin E vs. Plazebo • Sign. Anstieg von Karnofski-Index und Überlebenszeit (WNA = well nourished patients + Verum, WNB = dto. + Plazebo; MNA = malnourished patients + Verum, MNB = dto. + Plazebo) Wirkung oraler Gabe von Fischöl (EPA) auf Gewichtsverlust bei Patienten mit Pankreaskarzinom (Barber et al 1999, Barber et al 2000) • • 18 Patienten mit Pankreas-Ca und Gewichtsverlust von 2.9 kg/Mo Trinksupplement mit 2.2 g/d EPA und 0.96 g/d DHA • • Gewichtszunahme von 1 kg nach 3 Wo* und 2 kg nach 7 Wo* Steigerung der Energieaufnahme um 400 kcal/d* Abnahme des Ruheenergieumsatzes* Normalisierung der Substratoxidationsraten Steigerung von Appetenz und Karnofski-Index* (* signifikante Differenz) Wirkung oraler Gabe von Fischöl (EPA) auf Gewichtsverlust bei Patienten mit Pankreaskarzinom (Wigmore et al 2000) Dauer der Patienten EPA-Gabe * Gewichtsänderung Gesamtkörperwasser TricepsHautfaltenDicke ArmMuskelUmfang (Wochen) (n) (kg/Monat) (% KG) (mm) (cm) 0 26 - 2.0 50.9 11.2 23.8 4 21 + 0.5 ** 49.5 11.8 23.5 8 16 + 0.2 ** 49.3 12.1 23.9 12 14 + 0.3 ** 49.1 12.6 24.5 * 1. Woche 1 g/d, 2. Woche 2 g/d, 3. Woche 4 g/d, danach 6 g/d (Maxepa-Kapseln) ** p < 0.005 Tumor Tumor-Wirt-Interaktion Freisetzung von Zytokinen/Mediatoren Reduktion von Energieund Nährstoffaufnahme ZNS (Hypothalamus) Verminderte Zufuhr Maldigestion/Malabsorption Mechanische Störungen Übelkeit Geschmacksstörungen Appetitlosigkeit Psychische Störungen Diagnostik Tumortherapie Anorexie Malnutrition Tumorkachexie Tumor-Nekrose-Faktor α Interleukin-6 Interleukin-1 Interferon-y Tryptophan/Serotonin Corticotropin-Releasing-Faktor Neuropeptid Y, Melatonin Stoffwechselstörungen (Energie, Eiweiß, Fette, KH) Erhöhter Ruheenergieumsatz Proteolyse Lipolyse (Proteolyse-induzierender-Faktor und Lipid-mobilisierender-Faktor direkt vom Tumor freigesetzt) Tumor Tumor-Wirt-Interaktion Freisetzung von Zytokinen/Mediatoren Reduktion von Energieund Nährstoffaufnahme ZNS (Hypothalamus) Verminderte Zufuhr Maldigestion/Malabsorption Mechanische Störungen Übelkeit Geschmacksstörungen Appetitlosigkeit Psychische Störungen Diagnostik Tumortherapie Anorexie Malnutrition Tumorkachexie Tumor-Nekrose-Faktor α EPA Interleukin-6 Interleukin-1 Interferon-y Tryptophan/Serotonin Corticotropin-Releasing-Faktor Neuropeptid Y, Melatonin Stoffwechselstörungen (Energie, Eiweiß, Fette, KH) Erhöhter Ruheenergieumsatz Proteolyse Lipolyse EPA (Proteolyse-induzierender-Faktor und Lipid-mobilisierender-Faktor direkt vom Tumor freigesetzt) Ernährung des Tumorpatienten: Diätberatung (Ravasco 2005) • • 75 Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren unter Radiotherapie (RT) Diätberatung ohne Suppl. (1) vs. Supplemente (2) vs. Normalkost (3) • • • • Nach RT Steigerung Kalorien/Eiweißaufnahme in 1+2*, Abnahme in 3* Nach 3 Mo gleichbleibende Nahrungsaufnahme in 1 vs. Reduktion in 2+3* RT-Toxizität tendenziell besser in 1 vs. 2+3 Nach 3 Mo Anorexie, Übelkeit/Erbrechen, Xerostomie und Dysgeusie gebessert bei 90% (1) vs. 67% (2) und 51% (3)* Nach RT Anstieg der Lebensqualität proportional zum Ernährungszustand in 1+2* bei Abnahme in 3* Nach 3 Mo Lebensqualität gleichbleibend oder gebessert in 1*, gleichbleibend oder verschlechtert in 2+3 • • (* signifikante Differenz) Medikamentöses Stufen-Programm zur Behandlung von Anorexie und Kachexie bei Tumorpatienten (Davis & Dickerson 2000) Stufe 4: Dronabinol 2-3 x 2.5 mg/d Melatonin 20-40 mg/d Eicosapentaensäure 2 g/d Thalidomid 100 mg zur Nacht Stufe 3: Appetitlosigkeit – Gewichtsverlust und kurze Überlebenszeit oder andere Symptome Dexamethason 2 x 8-10 mg/d Überlebenszeit > 3 Monate Megestrolacetat 160-800 mg/d Stufe 2: Vorzeitiges Sättigungsgefühl – Dysmotilität – Gastroparese Metoclopramid 60-100 mg/d Stufe 1: Behandlung potentiell reversibler Ursachen der Anorexie Angst – Obstipation – Übelkeit und Erbrechen – Dysphagie Depression – Stomatitis – Schmerz Ernährung des Tumorpatienten: Zusammenfassung • • • • • • • • • • • • Tumorpatienten sind häufig mangelernährt Ernährungsanamnese/Ernährungsstatus sind frühzeitig zu erstellen Ernährungsmedizinische Betreuung ist von Anfang an angezeigt Ernährung soll möglichst oral/enteral erfolgen Orale Kost wird als Vollkost / leichte Vollkost unter Berücksichtigung individueller Gesichtspunkte ( „gesteuerte Wunschkost“) angeboten Nach großen GIT-Resektionen ist Ernährungstherapie anzupassen Bei Leukopenie wird eine keimarme Kost angeboten Einsatz von Formuladiäten und Supplementen ist großzügig zu überlegen Bei Mangelernährung und großer Abdominalchirurgie senkt präoperative Ernährungstherapie Infektionsrate und Dauer des Klinikaufenthaltes Empfohlene Zufuhren: En. 25-35 kcal/kg, EW 1.2-2 g/kg, Fett > 35 En% Eine eigentliche (Anti-) Krebsdiät existiert nicht Omega-3-Fettsäuren können Tumorkachexie günstig beeinflussen Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !