Bakterielle Dechlorierung an O2-freien Standorten Prof. Dr. Gabriele Diekert Ansprechpartner: Dr. Torsten Schubert Institut für Mikrobiologie Lehrstuhl für Angewandte und Ökologische Mikrobiologie Philosophenweg 12 07743 Jena Die Substrate: Tetrachlorethen/Perchlorethylen (PCE) PCE wird weltweit in der chemischen Reinigung von Textilien und zur Materialentfettung in der Metall-/Automobilindustrie eingesetzt. In den 1990er Jahren wurden in Westeuropa, den USA und Japan ca. 500.000 Tonnen benötigt. PCE ist eine der häufigsten Kontaminationen in Grundwasser und Boden. Tetrachlorethen ist ein Gift, es wirkt karzinogen und schädigt bei anhaltender Exposition die inneren Organe. Synthetische chlorierte Kohlenwasserstoffe Die Substrate: Chlorierte zyklische Kohlenwasserstoffe Chlorierte Kohlenwasserstoffe biologischen Ursprungs Biologisch erzeugte halogenierte (-Chlorid, -Bromid, -Fluorid, -Jodid) Verbindungen sind ubiquitär auf der Erde verbreitet. Die Hauptsyntheseleistung erbringen Organismen mariner Standorte. Halogenierende Organismen terrestrischer Habitate (Pflanzen, Pilze, Flechten, Bakterien, Insekten) produzieren vornehmlich chlorierte organische Verbindungen. In unseren Wäldern vorkommende Weißfäule-Pilze (z.B. Bjerkandera adusta) sind in der Lage hochmolekulares Lignin im Holz in niedermolekulare aromatische Verbindungen abzubauen. Diese Pilze zeigen die Fähigkeit bei der Ligninspaltung chlorierte zyklische Kohlenwasserstoffe zu produzieren. Die Mikroorganismen: Sulfurospirillum multivorans / Desulfitobacterium hafniense Co-Kultivierung mit Holz-abbauenden Pilzen Sulfurospirillum multivorans und Desulfitobacterium hafniense Stamm PCE-S sind Bakterien, die nur in Abwesenheit von Sauerstoff wachsen können. Im Gegensatz zu aeroben Organismen, wie z. B. dem Menschen, welcher Luftsauerstoff bei der Atmung zu Wasser reduziert und diese Reduktion an die Energiegewinnung koppelt, reduzieren beide strikt anaeroben Bakterien chlorierte Kohlenwasserstoffe und erzeugen damit Energie. Diesen Prozess nennt man Dehalorespiration: R-Cl + 2 [H] → R-H + H+ + Cl-. Im Verlauf der biochemischen Reaktion wird Chlor abgespalten und freigesetzt. 100 nm Abb. 1: Detektion der dechlorierenden Enzyme (Proteine) auf der Aussenseite der Zellhüllmembran eines Bakteriums mittels Immunogoldmarkierung (schwarze Punkte) nach dem Gefrierbruch der Zellen. In Zusammenarbeit mit Dr. M. Westermann, Zentrum für Elektronenmikroskopie der FSU Jena. Das Enzym: Tetrachlorethen-Dehalogenase Abb. 2: Norpseudovitamin B12 Ein Schlüsselenzym des dehalorespiratorischen Stoffwechsels von Sulfurospirillum multivorans ist die reduktive PCE-Dehalogenase. Die PCE-Dehalogenase ist ein exoplasmatisches Enzym, d. h. das Protein wird aus der Bakterienzelle transportiert (Abb. 1). Außerhalb der Zelle baut die PCE-Dehalogenase PCE über Trichlorethen (TCE) zu cis-Dichlorethen (cDCE) ab. Das Enzym benötigt für seine biologische Aktivität metallhaltige Kofaktoren. Dies sind zum einen ein neuartiges Derivat des Cobalt-tragenden Vitamin B12 (Abb. 2), zum anderen Eisen-SchwefelZentren. Die Forschungsschwerpunkte am Institut für Mikrobiologie liegen in der Aufklärung des exakten Reaktionsmechanismus des Enzyms, seines Reifungsprozesses in der Zelle sowie der Regulation der Genexpression. Des Weiteren wird die biotechnologische Einsetzbarkeit der PCE-Dehalogenase geprüft.