49. Fortbildungsveranstaltung für Hals-NasenOhrenärzte V9 Infektionen im HNO-Bereich Autor: Dr. Horst Luckhaupt, HNO-Klinik, St.-Johannes-Hospital, Johannesstraße 917, 44137 Dortmund, [email protected] Virale und bakterielle Infektionen spielen im HNO-Bereich in der täglichen Praxis eine wichtige Rolle. Unter dem Begriff „unkomplizierte Atemwegsinfektion“ werden Rhinitis, Tonsillo-Pharyngitis, Laryngitis, Tracheitis und Bronchitis zusammengefasst. Die unkomplizierte Atemwegsinfektion wird in ca. 90 % der Fälle durch verschiedene Viren hervorgerufen, hier spielen beispielsweise Rhinoviren, RS-Viren, Influenza-, Parainfluenza-, Adeno-, Coronaviren u.a. eine wichtige Rolle. Schätzungen gehen davon aus, das generell bei den Atemwegsinfektionen (je nach Jahreszeit) 5 – 10 (bis 25 %) primär oder sekundär bakteriell bedingt sind. Wichtigste bakterielle Erreger sind hierbei Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis, Staphylococcus aureus, Streptococcus pyogenes, Mycoplasma pneumoniae und Chlamydia pneumoniae. Sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen erfolgt die Therapie der viralen Infektionen im HNO-Bereich symptomatisch, eine eigentliche kausale Therapie steht bislang nicht zur Verfügung. Bei den bakteriellen Infektionen hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere bei 2 Krankheitsbildern ein Wandel in der Therapie vollzogen, so wird heute die Indikation zur systemischen antibiotischen Therapie bei der akuten Otitis media und bei der akuten Rhino-Sinusitis sehr streng gestellt. Die hat auch Eingang in Therapieempfehlungen bzw. Leitlinien unserer wissenschaftlichen Fachgesellschaft und auch anderer Fachgesellschaften, wie beispielsweise der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, gefunden. Da die ungerechtfertigte Antibiotikatherapie oberer Atemwegsinfektionen eine wichtige Rolle bei der Entstehung neuer Antibiotikaresistenzen spielt, ist die strenge Indikation zur antibakteriellen Therapie in unserem Fachgebiet sehr wichtig. Bei der akuten Tonsillopharyngitis liegt in 70 bis ca. 90 % der Fälle eine Virusinfektion vor, häufigste bakterielle Erreger sind Gruppe-A-Streptokokken. Wenn eine mikrobiologische Diagnostik (Rachenabstrich, Schnelltest) nicht möglich ist (z. B. Notdienst), sollte eine gründliche klinische Differentialdiagnostik erfolgen, hierbei soll neben dem Lokalbefund geachtet werden auf beispielsweise erhöhte Körpertemperatur, das Fehlen oder Vorhandensein von Husten, schmerzhafte Halslymphknotenschwellungen, ebenso ist das Alter der Patienten zu berücksichtigen. So können beispielsweise Kinder vor dem 3. Lebensjahr zwar AStreptokokken-Träger sein, eine klassische Gruppe A-StreptokokkenTonsillopharyngitis kommt bei Kindern vor dem 3. Lebensjahr jedoch praktisch nicht vor. Wird bei der akuten Tonsillopharyngitis eine bakterielle Genese nach gründlicher Untersuchung in Erwägung gezogen oder ist diese mikrobiologisch nachgewiesen, so wird diese Infektion möglichst schmal mit einem Penicillinpräparat (Ausnahme: Penicillinallergie) behandelt. Eine wichtige Rolle in der täglichen HNO-Praxis spielt die Behandlung bakterieller Infektionen des äußeren Gehörganges, hier sehen wir immer wieder Pseudomonasaeruginosa-Infektionen und auch Mischinfektionen von Pseudomonas mit Staphylokokken und anderen Erregern. Gerade im Bereich des äußeren Gehörganges spielt die HNO-fachärztlich durchgeführte, ohrmikroskopisch kontrollierte Lokaltherapie eine wichtige Rolle. www.fg-hno-aerzte.de Seite 1 49. Fortbildungsveranstaltung für Hals-NasenOhrenärzte V9 Neben einer antiseptischen Behandlung (z. B. Dequaliniumchlorid, Fuchsin-Lösung u. a.) kommt der gezielten antibakteriellen Therapie – nach zuvor erfolgter mikrobiologischer Diagnostik – bei den Pseudomonasinfektionen des äußeren Ohres als Lokaltherapie mit fluorierten Chinolonantibiotika eine wichtige Rolle zu. Auch nach etwa 25 Jahren therapeutischer Erfahrung mit lokaler und systemischer Anwendung der Fluorchinolone zeigt sich in Deutschland immer noch eine recht günstige Resistenzsituation dieser Antibiotikagruppe gegenüber den in der HNOHeilkunde angewandten Substanzen. Ein auffallender Erregerwechsel hat sich in unserem Land bei den bakteriellen HNOInfektionen in den letzten Jahren nicht gezeigt, dadurch kann vielfach die sogenannte kalkulierte antibiotische Therapie nach wie vor mit einer hohen Sicherheit durchgeführt werden. Eine gewisse Renaissance haben in der HNO-Heilkunde die Tetrazykline erfahren, durch eine geringere Verordnung in den neunziger Jahren sind Doxycyclin-Präparate in der täglichen HNO-Praxis durchaus wieder wertvolle antibakteriell wirksame Substanzen geworden. Das Referat stellt wichtige aktuelle Therapieempfehlungen der häufigen bakteriellen HNO-Infektionen vor. Die Endokarditis-Prophylaxe wird in unserem Fachgebiet schmal mit Penicillin, bei Penicillinallergie mit Clindamycin durchgeführt. In der perioperativen Antibiotikaprophylaxe haben sich seit vielen Jahren Cephalosporine der 2. Generation (z. B. Cefuroxim) bewährt. (Literatur beim Verfasser) www.fg-hno-aerzte.de Seite 2