Der Luchs Vortragsdossier des WWF Schweiz © Staffan Widstrand / WWF Steckbrief Der Luchs ist die einzige Raubkatze der Schweiz. Er ist verwandt mit der Wildkatze, die kleiner ist als er, aber auch mit den grossen Raubkatzen wie Tiger und Löwe. Es gibt vier Luchsarten: Bei uns lebt der weltweit grösste Luchs, der Eurasische Luchs. Er kommt in Europa und in Asien nördlich des Himalaja vor. Sein wissenschaftlicher Name ist Lynx lynx. In den USA und in Mexiko lebt der Rotluchs, in Alaska und Kanada der Kanadaluchs und in Spanien und Portugal der Iberische Luchs. Ein Luchs wird etwa so gross wie ein Schäferhund: Er ist bis zu 110 Zentimeter lang und an den Schultern bis 75 Zentimeter hoch. Ein ausgewachsener Luchs wiegt rund 20 Kilogramm. Luchse besitzen lange Beine, damit sie gut durch den hohen Schnee laufen können. Anders als die meisten Katzen hat der Luchs einen kurzen Stummelschwanz. An den Ohren hat er lange Haarbüschel, die Pinsel heissen. Typisch ist auch sein Backenbart. Das Fell ist rötlichbraun mit dunklen Flecken. Luchse sehen und riechen sehr gut. Ihre Augen sehen im Dunkeln sechsmal besser als die des Menschen. Ihren guten Geruchssinn brauchen sie für den Kontakt mit anderen Luchsen. Lebensraum Der Luchs lebt im Wald, weil er auf der Jagd viele Verstecke braucht. Früher lebte er in allen grossen Waldgebieten auf der Nordhalbkugel. Der Luchs kann von der Meeresküste bis zur Baumgrenze leben, also bis auf etwa 1800 Meter über dem Meeresspiegel. Der Luchs findet sich in Nadelwäldern ebenso zurecht wie in Wäldern mit Laubbäumen. In Europa kommt der Eurasische Luchs in Skandinavien, auf dem Balkan, in den Karpaten und seit 1971 auch wieder in der Schweiz vor. In der Schweiz gibt es etwa 100 bis 150 Luchse. Sie leben in zwei Populationen im Jura und in den Nordwestalpen. Ein männlicher Luchs braucht ein Revier von rund 300 Quadratkilometern. Das entspricht etwa der Fläche des Kantons Nidwalden. Ein weiblicher Luchs benötigt rund 200 Quadratkilometer. Verhalten Luchse untereinander Luchse sind Einzelgänger, sie streifen alleine durch den Wald. Nur während der Paarungszeit leben Männchen und Weibchen einige Tage zusammen. Weibchen halten sich vor allem in der Mitte ihrer Reviere auf, die Männchen kontrollieren dagegen regelmässig auch die Randzonen ihres Reviers. Das Revier eines Luchsmännchens überschneidet das Revier von einem bis drei Weibchen ganz oder teilweise. Luchse sind vor allem in der Dämmerung und in der Nacht aktiv, am Tag ruhen sie sich aus. Nahrungssuche Luchse ernähren sich vor allem von Rehen und Gämsen. Sie jagen am liebsten in der Dämmerung, wenn ihre Beutetiere aktiv sind. Luchse nutzen zum Jagen den Trick der Überraschung: Sie schleichen sich bis auf wenige Meter an ihre Beute heran und springen plötzlich aus ihrem Versteck hervor. Mit einem Biss in die Kehle tötet der Luchs seine Beute. Luchse erwischen vor allem unvorsichtige Tiere, die nahe am Waldrand fressen. Pro Woche erbeutet ein Luchs ein Reh oder eine Gämse. Der Luchs kehrt dann jede Nacht zu seiner Beute zurück und frisst davon, bis nur noch Fell, Kopf, Knochen und Magen übrig sind. Bevor er weggeht, deckt er das tote Tier jedes Mal mit Laub, Gras oder Schnee zu. Paarung und Aufzucht Luchse paaren sich von Februar bis April. Luchsweibchen werden mit zwei Jahren, Luchsmännchen erst mit drei Jahren geschlechtsreif. Nach 72 Tagen bringt das Luchsweibchen zwei bis vier Junge zur Welt. Ein junger Luchs wiegt bei der Geburt etwas mehr als ein Kilogramm. Er ist blind und ernährt sich die ersten acht Wochen nur von Milch. Dann wird er langsam an Fleisch gewöhnt. Das Weibchen zieht die Jungen allein auf, das Männchen kümmert sich nicht um seinen Nachwuchs. Die Luchsmutter © David Lawson / WWF-UK verlässt den Wurf nur, wenn sie auf die Jagd geht. In dieser Zeit leben die jungen Luchse gefährlich, häufig werden sie die Beute von Füchsen, Mardern oder Greifvögeln. Die Jungen bleiben etwa zehn Monate bei der Mutter. Danach müssen sie sich eigene Reviere suchen und auf Wanderung gehen. Diese Wanderzeit ist hart, viele Jungtiere sterben. Der Luchs in der Schweiz Vor etwa 150 Jahren hatte der Luchs einen sehr schlechten Ruf: Die Bergwälder wurden von den Menschen immer stärker genutzt, Rehe und Gämsen hatten zu wenig Platz und verschwanden. Deshalb begann der Luchs, Schafe und Ziegen zu jagen. Diese Tiere waren aber oft der einzige Besitz der Bauern. Mit Gift und Gewehr wurde der Luchs ausgerottet: Der letzte frei lebende Luchs der Schweiz wurde 1894 im Wallis erlegt. Ab 1960 stieg das Ansehen der Raubkatze wieder. Seit 1962 steht der Luchs in der Schweiz unter Schutz. Rehe richten in Wäldern Schäden an, wenn sie zu viele Bäume anfressen. Man hoffte, dass der Luchs dafür sorgen würde, dass es nicht zu viele Rehe in den Wäldern gibt. Zwischen 1971 und 1989 wurden rund 25 Luchse freigesetzt. Von 2001 bis 2008 wurden etwa 12 Tiere innerhalb der Schweiz umgesiedelt. Heute leben in der Schweiz im Jura und in den Alpen etwa 100 bis 150 Luchse, die Jungtiere sind nicht mitgezählt. Heutzutage erhalten Bauern Geld, wenn ein Luchs ihre Schafe oder Ziegen tötet. Am besten sind Schafherden geschützt, wenn ein Hirte mit Hund bei ihnen ist. Dies kostet aber viel Geld. Luchse kann man auch mit Herdenschutzhunden, Eseln oder Lamas abschrecken. Diese begleiten und schützen die Herden. In der Schweiz leben Luchse gefährlich: Von den Luchsen, die sterben, wurde ein Drittel von Wilderern erschossen, ebenfalls ein Drittel wurde überfahren. Also nur ein Drittel der Luchse stirbt, weil die Tiere alt, krank oder schwach waren. Wilderer erschiessen Luchse, weil sie behaupten, dass die Raubkatzen die anderen Wildtiere bedrohen. Das ist falsch: Jedes Jahr schiessen Jäger über 50 000 Rehe und Gämsen. Alle Schweizer Luchse zusammen brauchen aber nur etwa 6000 Rehe oder Gämsen, um überleben zu können. Luchse werden aber nicht nur verbotenerweise abgeschossen oder bei Verkehrsunfällen getötet, sondern auch absichtlich. Das weil fast alle Schweizer Luchse miteinander verwandt sind, und so Krankheiten von den Eltern an die Kinder weitergegeben werden. Nur wenn die Luchse aus der Schweiz Kontakt mit anderen Gruppen haben, können sie auf lange Sicht überleben. Die nächsten Luchse leben aber in Österreich – das ist für Wanderungen zu weit entfernt. Luchs und WWF Lange wusste man wenig darüber, wie der Luchs in der Schweiz lebt, seit er wieder angesiedelt wurde. Der WWF machte Forschung möglich, die Licht in das Leben der Raubkatze brachte. Der Luchs hat auch heute noch Feinde. Der WWF wacht darüber, dass die Luchse so geschützt werden, wie es in den Gesetzen vorgeschrieben ist. Verbotene Abschüsse müssen bestraft werden. Informationen über den Luchs und seine Lebensweise können helfen, die Zukunft dieser Tierart in der Schweiz zu sichern. Der WWF klärt die Bevölkerung auf und unterstützt den Einsatz von Herdenschutzhunden, die Schafherden beschützen sollen. © Roger Leguen / WWF-Canon Weitere Informationen WWF (2007): Panda Club 4/07: Luchs. WWF Broschüre, Luchs, Wolf, Braunbär, Bestell-Nr. 1765.20 Internet www.wwf.ch/luchs WWF-Seite über die Luchse in der Schweiz. http://kora.ch Auf dieser Seite findest du viele Informationen über die Grossraubtiere Luchs, Wolf und Bär. wwf.ch/herdenschutz Das Herdenschutzprojekt des WWF Schweiz. www.wild.uzh.ch Viele Infos, Bilder, Links und ein Suchspiel rund um den Luchs. Bücher Heup, Jürgen (2007): Bär, Luchs und Wolf. Die stille Rückkehr der wilden Tiere. Kosmos Verlag. Hofrichter, R.; Berger, E. (2004): Der Luchs. Rückkehr auf leisen Pfoten. Stocker Verlag. Matjuschkin, E. (2004): Der Luchs. Westarp Wissenschaften. Neidinger, G. (2001): Ich bin der Luchs. Illustrationen von Saeko Katto. Favorit Verlag. http://luchsprojekt.de Viele Informationen und ein Luchs-Quiz mit Ton. WWF Schweiz Hohlstrasse 110 8010 Zürich Telefon 044 297 21 21 Fax 044 297 21 00 E-Mail: [email protected] www.wwf.ch WWF Schweiz 2012 Beim WWF erhältlich