Nachruf - Prof. Dr. Thomas Jungi (1945 – 2016) Am 23. März dieses Jahres verstarb Thomas Jungi nach langer Krankheit. Viele von uns kannten Thomas als einen gewissenhaften Wissenschaftler, der das Gebiet der Veterinär-Immunologie nachhaltig beeinflusste und mit grundlegenden Arbeiten zur Gewinnung, Charakterisierung und Funktion von Makrophagen bei Tieren Wesentliches beitrug. Thomas war enthusiastisch, neugierig, beharrlich – seinen eigenen Resultaten gegenüber aber stets kritisch. Und er hatte eine starke Abneigung gegen Hierarchien und quasi-militärische Führungsstrukturen. Er hatte einen ausgeprägten Sinn für Humor und hat gerne gelacht. Als ihn einmal nach einem Seminar eine junge Doktorandin voller Erstaunen fragte, warum er denn seine Experimente nun gerade mit Zellen von Kühen und nicht von Mäusen mache, schüttelte er sich vor Lachen und meinte anschließend, dies wäre die beste Frage, die er in diesem Seminar gestellt bekommen habe. Dabei hätte es auch alles ganz anders kommen können ... Thomas studierte an der Philosophischen Fakultät II der Universität Zürich und schloss dieses Studium mit dem Diplom im Hauptfach Zoologie ab. Seine Diplomarbeit schrieb er auf dem Gebiet der Sinnesphysiologie der Insekten. Dies führte ihn auch zu einem Forschungsaufenthalt in Tunesien, bei dem er über die visuelle Orientierung der Wüstenameise Cataglyphis bicolor arbeitete - weit entfernt von dem Gebiet, durch das wir ihn kennen. Mit dem Beginn seiner Doktorarbeit am jetzigen Schweizer Institut für Allergie und Asthmaforschung (SIAF) in Davos über die Chemotaxis von Leukozyten begann sein Einstieg in die Immunologie. Nach weiteren Postdoc-Stationen in den USA (Trudeau Institute for Biomedical Research; J.A. Baker Institute for Animal Health) wurde Thomas 1978 zunächst wissenschaftlicher Mitarbeiter am SIAF, bevor er 1982 eine Stelle als Oberassistent am Institut fuer klinischexperimentelle Tumorforschung der Universität Bern annahm. 1984 kam es zu einem „denkwürdigen“ Treffen mit Ernst Peterhans, das dazu führte, dass Thomas gleichzeitig mit der Gründung des Instituts für Veterinär-Virologie als Abteilungsleiter Immunologie an das Tierspital der Universität Bern wechselte. Schon während seines Studiums zeigte Thomas ein starkes Interesse an der Lehre und arbeitete an verschiedenen Schulen als Lehrer im Bereich Biologie. Sein Enthusiasmus für die Lehre übertrug sich dann auch auf sein neues Gebiet. Er gestaltete die Lehre im Fachgebiet der Immunologie von Grund auf neu und arbeitete schon früh eng mit seinem Kollegen in Zürich zusammen. Thomas war nicht nur für die Vorlesung Immunologie zuständig, sondern plante und organisierte auch immunologische Praktika für die Studierenden der naturwissenschaftlichen Fakultät, betreute zahlreiche Diplomarbeiten und Dissertationen. Er initiierte Meetings, bei welchen junge Kolleginnen und Kollegen mit Vorträgen das Handwerk der wissenschaftlichen Präsentation üben konnten und begründete immunologische Symposien mit Referentinnen und Referenten aus dem Ausland. Innerhalb des Veterinär-Immunologischen Arbeitskreises der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI) setzte sich Thomas für einen Austausch von Unterrichtsmaterialien sowie für eine „koordinierte“ Lehre im deutschsprachigen Raum ein. Seine Begeisterung für die Lehre wird auch durch ein vom Kanton Bern gefördertes Projekt der Entwicklung einer interaktiven CD für das Gebiet der Veterinär-Immunologie sowie seines im Enke Verlag erschienenen Buches „Klinische Veterinär-Immunologie“ deutlich. Im Bereich der Forschung legte Thomas, wie bereits erwähnt, seinen Schwerpunk auf Makrophagen. Thomas und seinem Team gelang es, Makrophagen zu isolieren und zu kultivieren und Tests für deren Funktionen präzise zu definieren. Durch diese Arbeiten wurde der Weg für viele weiterführende Untersuchungen in ganz unterschiedlichen Arbeitsgebieten frei. Für Veterinär-Virologen wurde es erstmals möglich, die Folgen einer Infektion mit verschiedenen Viren auf die Funktion dieser Zellen unter genau definierten Bedingungen zu erforschen. In allen Belangen war Thomas sehr erfolgreich und produktiv. Er publizierte in den 20 Jahren am Institut für Veterinär-Virologie über 100 wissenschaftliche Arbeiten und erhielt finanzielle Unterstützung für seine Forschungsprojekte vom Schweizer Nationalfonds und anderen Institutionen. Bei einer internationalen Evaluation erhielt seine Abteilung als einzige in Zürich und Bern in allen Kriterien die Maximalnote - die kleine Abteilung Immunologie war ein immunologisches 5Sterne Powerhouse! Kein Wunder, dass viele ehemalige Mitglieder seiner Arbeitsgruppe heute führende Positionen in der Industrie und an Universitäten innehaben. Die lange Krankheit und der Hinschied von Thomas stimmen uns alle sehr traurig. Thomas bleibt aber in unserer Erinnerung lebendig nicht nur wegen seiner Leistungen. Er war auch den Menschen und den schönen Seiten des Lebens zugetan. Auf seine Weise hat Thomas den Weg vieler beeinflusst und damit unsere gemeinsame Vergangenheit bereichert – «apprivoisé», wie es Saint Exupéry bezeichnet hat. Dafür sind wir ihm dankbar. Ernst Peterhans, Gottfried Alber, Dirk Werling