Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes verleiht dem Embryo Menschenwürde Keine Patente für unethische Forschung! Menschliche embryonale Stammzellen können nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht patentiert werden, wenn dazu befruchtete Eizellen zerstört oder geschädigt werden müssen. Wenn für die Gewinnung Embryonen zerstört werden, verstoße dies gegen den Schutz der Menschenwürde, entschieden die Richter in Luxemburg. Das Grundsatzurteil beschränkt damit die Verwendung dieser Zellen für die Forschung. In der Schweiz bringt es einen unerwarteten Standpunkt in den ethischen Diskurs zur Abtreibungsfinanzierung ein. Ein Patentstreit mit Folgen Mit diesem Urteil vom 18. Oktober 2011 bestätigen die Luxemburger Richter auch das in jüngster Zeit von Politikern und Forschern als zu restriktiv beurteilte und deshalb vermehrt angegriffene, deutsche Embryonenschutzgesetz. Die Richter legten den Begriff „menschlicher Embryo“ bewusst weit aus. So sei „jede menschliche Eizelle vom Stadium ihrer Befruchtung an als menschlicher Embryo anzusehen, da die Befruchtung geeignet ist, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“. Hintergrund war ein Patentstreit zwischen der Umweltorganisation Greenpeace und dem Bonner Neurobiologen Oliver Brüstle. Dieser hatte 1999 Nerven-Vorläuferzellen aus embryonalen Stammzellen, sowie die Verfahren zu ihrer Gewinnung patentieren lassen. Dagegen hatte die Umweltorganisation geklagt. Das Patent war dann vom Bundespatentgericht wegen „Sittenwidrigkeit“ teilweise aufgehoben worden. Vermeintliche Alleskönner In den ersten Tagen seiner Entwicklung ist ein Embryo noch nicht ausdifferenziert. Das heißt, aus seinen Zellen können sich noch alle möglichen Organe entwickeln. Diese Eigenschaft will die Forschung verwenden, um aus solchen embryonalen Stammzellen Ersatzgewebe züchten. Erstmals wurden 1981 embryonale Stammzellen aus Mäusen isoliert und 1998 gelang es einem amerikanischen Forscher die ersten Zell-Linien aus menschlichen Embryonen zu züchten. Da sich in den Experimenten aus den manipulierten Stammzellen aber regelmässig bösartige Tumoren entwickelten, dürfte die medizinische Verwendung embryonaler Stammzellen noch in weiter Ferne liegen. Doch auch Erwachsene bilden noch Stammzellen aus - beispielsweise im Knochenmark, wo aus sog. adulten (erwachsenen) Stammzellen neue Blutzellen entstehen. Diese können ebenfalls Gewebe nachbilden, allerdings sind sie nicht so wandlungs- und vermehrungsfähig wie die embryonalen Stammzellen. Ethik macht Gesetz und umgekehrt Die ethische Betrachtung des Strassburger Urteils wirft unerwartete Fragen auf, respektive gibt unerwartete Antworten auf Fragen des Lebensrechts und der Menschenwürde, mit welchen sich die Medizinethiker seit Jahren beschäftigen. Die Tatsache, dass ein säkulares Gericht aufgrund mehrheitlich sachlicher Abwägungen zum Schluss kommt, dass dem von Abtreibungsbefürwortern verächtlich als „Zellhaufen“ bezeichneten Gebilde plötzlich Menschenwürde zugesprochen wird, ist bemerkenswert! Muss jetzt beispielsweise die Abtreibung ethisch neu beurteilt werden? Kann der von der schweizerischen Ethikkommission vertretene Grundsatz der „abgestuften Würde“ (je älter der Embryo, desto „würdiger“..) noch aufrecht erhalten werden? Ganz sicher liefert das europäische Urteil ein gewichtiges Argument, in der Schweiz die Finanzierung von Abtreibungen definitiv aus dem Grundleistungskatalog des Krankenversicherungsgesetzes zu streichen! Dr. med. Daniel Beutler-Hohenberger