FREIZEITSPORT 37 W W W . A Z - M U E N C H E N . D E D O N N E R S TA G , 6 . 9 . 2 0 1 2 A B E N D Z E I T U N G „Ein Glas Bier am Tag ist drin“ Serie in der Abendzeitung zum München-Marathon am 14. Oktober: Heute erklärt Experte Wolfgang Feil, wie sich Ausdauersportler optimal ernähren – und welche kleinen Sünden dabei erlaubt sind AZ: Herr Feil, wie sollten die Ernährungsgrundlagen für einen ambitionierten Ausdauersportler aussehen? WOLFGANG FEIL: Früher galten die Kohlenhydrate als die wichtigsten Energieträger. Heute raten wir dazu, sie bei den Mahlzeiten zu reduzieren. Und dafür den Eiweißund Fettanteil zu erhöhen. Diese Kohlenhydrat-arme Ernährung ändert sich dann eine Woche vor dem Wettkampf – dann wird der Anteil deutlich erhöht. Welche Kohlenhydrate sollen es konkret sein? Die aus Gemüse sind am wertvollsten. Früher hat man zwischen langkettigen und kurzkettigen Kohlenhydraten unterschieden – aber letztendlich baut der Körper sie alle zu Zucker ab. Die Unterscheidung lang – gut, kurz – schlecht kann man nicht mehr machen. Auf Weizen sollte man so gut es geht verzichten, es erhöht die Entzündungsmöglichkeit im Körper. Was ist mit Kartoffeln und Hülsenfrüchten? Hülsenfrüchte sind sehr gut, Linsen etwa haben auch sehr viel Eiweiß, auch Erbsen sollte man häufig essen. Kartoffeln gehören, genauso wie Haferflocken, auch auf den Speiseplan – in Maßen. Genau wie Reis. Da empfehlen wir vor allem Naturreis, er enthält Kie- Oben: Rindfleisch – vom regionalen Metzger – ist besser als sein Ruf. Links: Alkoholfreies Weißbier schadet Sportlern keinesfalls. Fotos: Fotolia (2) A Z-INTERVIEW mit Wolfgang Feil Der promovierte Biologe und Ernährungswissenschaftler (52) berät zahlreiche deutsche Spitzenathleten. selsäure für starke Sehnen und Bänder. Viele Freizeitsportler trainieren nach der Arbeit. Wie sollte die Ernährung über den Tag verteilt aussehen? Morgens umfassend frühstücken: Quark, Haferflocken, Obst – auch eine Semmel, wer mag. Auch zum Mittagessen sollte man sich Zeit nehmen: Gerne mit etwas höherem Fettanteil, damit die Energie anhält. Sporternährung ist nicht mehr fettarm – lieber ein bisschen mehr Butter, Fisch oder Öl dazugeben. Eine Stunde vor dem Training empfehlen wir einen kleinen Quark mit Beeren oder einen Sportriegel. Nach dem Training darf es dann Quark oder Fisch mit Gemüse sein. Bei Riegeln gibt es eine sehr große Spannweite – von bloßen Süßigkeiten bis sinnvol- ler Ergänzung. Worauf sollte man da achten? Ein guter Riegel braucht einen guten Eiweißanteil im Vergleich zu den Kohlenhydraten – der sollte mindestens bei 1:3 liegen. Die stark zuckerhaltigen Riegel haben mit sportlicher Vorbereitung nichts zu tun. Übrigens ist auch eine Reihe dunkle Schokolade nicht schlecht vor dem Sport – das fängt ab 70 Prozent Kakaoanteil an. Sie schützt die Muskulatur vor Überanstrengung. Wieviel Gramm Eiweiß sollte ein Ausdauersportler pro Kilogramm Körpergewicht am Tag zu sich nehmen? Man hat mittlerweile festgestellt, dass Sportler, die weniger als 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen, oft Probleme bei der Regeneration haben. Man sollte bei 1,5 bis zwei Gramm liegen. Deshalb sollte jede Mahlzeit Eiweiß enthalten. Welches Fleisch ist empfehlenswert? Geflügel als Klassiker der Sporternährung ist mittlerweile durch die hohe Schadstoff- und Medikamentenbelastung problematisch geworden. Rindfleisch ist besser als sein Ruf, am besten vom Metzger aus der Region. Wie verhält es sich mit Nahrungsergänzungsmitteln? Die Basisernährung muss stimmen. Viel Gemüse und Eiweiß. Wenn das nicht passt, nützen auch Ergänzungen nichts. Schwachpunkte im Körper sind beim Marathontraining jedenfalls oft Sehnen und Bänder. Deshalb raten wir zu Kieselsäure, etwa über Brennnessel-Präparate. Viele Menschen leiden auch unter Muskelkrämpfen – dann sollte man Magnesium ergänzen. Da reichen dann auch die günstigen Präparate, der besseren Aufnahme wegen sollten sie zu Mahlzeiten eingenommen werden. Nun sind einige Sportler Vegetarier – oder Veganer. Wie kann man hier für ausreichend Eiweiß sorgen? Das sorgt tatsächlich für Schwierigkeiten. Man kann ja nicht nur Linsen und Bohnen essen. Eier sind hier eine gute Alternative. Wenn man die auch nicht essen kann oder will, wäre ein MolkeneiweißShake empfehlenswert. Ansonsten kann ich dazu raten, Mandelmehl beim Kochen zu verwenden. Das gibt es in Bioläden und es hat einen sehr hohen Eiweißanteil. Was ist unmittelbar vor dem Lauf zu beachten? Die Kohlenhydratspeicher können nur mit ausreichend Flüssigkeit gefüllt werden – dazu sollte man drei bis vier Liter trinken. Wasser oder auch Grüntee. Auf den achten wir besonders, grüner Tee senkt Entzündungen im Körper. Welche Getränke sollte ein Sportler grundsätzlich zu sich nehmen – und wie viel? Man sollte so wenig Zucker wie möglich zu sich nehmen. Limonade und Cola passen Grundlegend für erfolgreiches Lauftraining: Die richtige Ernährung. Heute setzt man auf Eiweiß und Gemüse. nicht ins Marathontraining. Drei Liter Flüssigkeit, viel Wasser und auch ab und zu eine Schorle sind der Richtwert. Und Alkohol? Was ist erlaubt? Ein Glas Bier am Tag, bevorzugt alkoholfreies, ist für den Freizeitsportler absolut drin. Foto: Fotolia Hier braucht man übrigens ANZEIGE keine Scheu vor Weißbier haben, beim Brauvorgang gehen die schädlichen Stoffe im Weizen kaputt. Auch der Rotwein kann übrigens entzündungshemmend wirken. Maßvoll zu Das offizielle Regenerationsgetränk bleiben ist nur wichtig! des München Marathons! Interview: Julian Galinski Aufwärmen für Freizeitsportler Der Medizin-Check: In der AZ-Serie geben die Docs des TSV 1860 Tipps für Freizeitkicker Z ur Vermeidung von (Muskel-)Verletzungen können auch Amateursportler eine Menge selbst tun: Entscheidend dafür sind regelmäßiges Ausdauertraining, um einer vorzeitigen Ermüdung der Muskulatur beim Spielen vorzubeugen, sowie gezieltes Krafttraining für weniger beanspruchte Muskelgruppen (mit Gewichten, Gummibändern oder im Fitnessstudio). Auch Freizeitkicker sollten deshalb neben dem Kick auf dem Bolzplatz zweimal die Woche mindestens eine halbe Stunde radeln, laufen oder schwimmen. Aber vor allem das Aufwärmtraining sollte vor keinem Kick fehlen. Nur so lassen sich eine Übersäuerung und Übermüdung der Muskulatur und damit Verletzungen so weit wie möglich verhindern. Deshalb empfiehlt der LöwenMannschaftsarzt Dr. Willi Widenmayer allen Freizeitkickern folgendes Aufwärmprogramm: Das Einlaufen: Am Anfang steht das Einlaufen: Dabei sollte man gleichmäßig mit einem normalen Tempo mindestens fünf bis zehn Minuten laufen – ohne Ball! Das kleine Dehnprogramm: Nacheinander dehnt und streckt jeder Spieler jeweils für sich alleine die wichtigsten Muskelgruppen: Auf die Adduktoren folgen die vordere und hintere Oberschenkelmuskulatur, die Wadenmuskulatur und die Achillessehne sowie die Brust-, Oberarm- und Rückenmuskulatur. Das Stabilisierungsprogramm: Anschließend folgt ein kurzes Stabilisierungsprogramm für alle Muskelgruppen, die man zuvor „ausgedehnt“ hat: „Sinnvoll sind dafür Übungen mit einem Partner, also Spieler gegen Spieler mit Kraft“, erklärt Widenmayer: „Bei den einzelnen Einheiten spannt der eine Spieler jeweils seine Muskeln an, der andere stemmt sich mit seiner Körperkraft dagegen.“ Und das natürlich im Wechsel. Die Sprints: Erst jetzt folgen die ersten Sprints – und zwar kurze Einheiten mit vollem Speed: Jeweils fünf Meter weit sprinten, abbremsen und wieder Vollgas geben. Mindestens fünf Mal nacheinander! Das Balltraining: „Erst nach den ersten vier Phasen dürfen die Spieler endlich an den Ball ran“, sagt Widenmayer. Sinnvoll und effektiv sind vor allem Partnerübungen: Bälle passen kurz und lang, dann in Bewegung und als Krönung Doppelpasskombinationen in vollem Spieltempo mit abschließendem Torschuss. Insgesamt sollte das Aufwärmtraining bei Freizeitkickern rund 20 bis 25 Minuten dauern. Wem das viel erscheint: Die Profis des TSV 1860 machen sich vor jedem Spiel rund 45 Minuten warm. Michael Backmund Egal, ob Bundes- oder Freizeitliga: Die Intensität auf dem Fußballplatz ist meist recht hoch – hier spielt Maccabi Munich gegen Schluss Mit Lustig. Richtiges Aufwärmen ist da besonders wichtig! Foto: P. Schramek