Fachbereich Mathematik / Informatik Fach Angewandte Systemwissenschaft Implementation einer magnetischen Wolke in ein numerisches Modell des interplanetaren Transports Diplomarbeit von Michael Beer Matrikelnummer: 919 846 Betreuer: Prof. Dr. May-Britt Kallenrode Universität Osnabrück, Fachbereich Physik Osnabrück, den 30. September 2009 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis iii Einleitung iv 1 Grundlagen 1.1 Die Kontinuitätsgleichung . . . . . . . . . . 1.2 Magnetohydrodynamik . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Grundgleichungen . . . . . . . . . . . 1.2.2 Das Frozen-In-Prinzip . . . . . . . . 1.2.3 Magnetischer Druck und magnetische 1.2.4 Rekonnexion von Feldlinien . . . . . 1.2.5 Fokussierung . . . . . . . . . . . . . 1.3 Interplanetares Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 4 4 7 10 12 13 16 . . . . . . . . . . 21 21 22 22 24 25 26 28 28 31 34 . . . . . . . . 36 36 37 37 39 41 42 42 45 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Interplanetarer Transport 2.1 Phänomenbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die Transportgleichung . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Fokussierung . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Pitchwinkeldiffusion . . . . . . . . . . 2.2.4 Querdiffusion . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Lösungsmethodik . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Differenzenverfahren . . . . . . . . . . 2.3.2 Diskretisierung der Transportgleichung 2.4 Intensität und Anisotropie . . . . . . . . . . . 3 Magnetische Wolken 3.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Vermutete Struktur . . . . . . . . . . 3.2.2 Evolution einer magnetischen Wolke 3.3 Ursprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Das interplanetare Feld um eine magnetische 3.4.1 Feldverlauf . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Begleitende Phänomene . . . . . . . ii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Modell 4.1 Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die Änderung der Feldgeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Die magnetische Wolke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Asymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2.1 Asymmetrischer Faktor . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2.2 Bezugspunkt pk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2.3 Querschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2.4 Bugwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3 Zerrkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.1 Maximalkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.2 Zerrkreis einer bestimmten Feldlinie . . . . . . . . . 4.3.3.3 Verzerrung der Feldlinien . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Fokussierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Bestimmung der Fokussierungslänge im modifizierten Bereich 4.4.2 Bestimmung der Kompressionsrate A . . . . . . . . . . . . . . 47 47 48 50 50 51 51 52 53 53 54 54 55 57 58 59 60 5 Implementierung 5.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 GREF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Veränderungen innerhalb des ursprünglichen Codes 5.4 magneticcloud.F95 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Schnittpunktberechnung . . . . . . . . . . . 5.4.2 Linienführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 64 64 65 66 67 69 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Plausibilitätsbetrachtungen 71 6.1 Modellverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 6.2 Eine Implementationsstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 6.3 Fehleranalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 7 Zusammenfassung und Ausblick 80 A 82 82 83 83 83 83 Mathematischer Anhang A.1 Bezeichner . . . . . . . . . . . A.2 Mathematischer Anhang . . . A.2.1 Konventionen . . . . . A.2.2 Transformationen . . . A.2.3 Archimedische Spirale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iii Einleitung Die Sonne befindet sich in einer Entfernung von ungefähr 149 Milliarden Kilometern von der Erde, eine Strecke, für die selbst Licht acht Minuten benötigt, um sie zurückzulegen. Sogar zum sonnennächsten Planeten Merkur ist das Sonnenlicht über drei Minuten unterwegs. Trotz dieser gigantischen Entfernungen steht die Sonne keineswegs isoliert im All. Ihr Licht, ohne dass kein Leben auf der Erde möglich wäre, ist hierfür nur der eindrucksvollste Beweis. Tatsächlich ist der interplanetare Raum von einem Magnetfeld ausgefüllt, welches von der Sonne erzeugt und aufrecht erhalten wird. Seit den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist darüber hinaus klar, dass die Sonne Materie ausstößt. Da diese vollständig ionisiert ist, steht sie in ständiger Wechselwirkung mit dem interplanetaren Feld. Je nach Situation wirkt sich das eine auf das andere aus. Parker war einer der ersten, der einen gleichmäßigen Ausstoß relativ homogener Partikel für die Sonne postulierte. Seine Vorstellung eines kontinuierlichen Teilchenstroms ist heute als Sonnenwind allgemein akzeptiert: Der interplanetare Raum ist von einem Plasma erfüllt, das von der Sonne in die Außenbereiche des Planetensystemes fließt. In eruptiven Prozessen stößt die Sonne darüber hinaus in unregelmäßigen Intervallen räumlich begrenzt Teilchenströme aus, deren Energien sehr viel höher als die des kontinuierlichen Sonnenwindes liegen. Dabei werden Ionen von der Sonne durch den interplanetaren Raum getrieben. Man spricht hierbei von interplanetarem Transport. Allzu oft führen eruptive Prozesse in der Sonnenkorona auch zu großskaligen Störungen des interplanetaren Feldes, die sich bis weit über die Erdumlaufbahn hinaus auszubreiten vermögen. Die Entwicklung derartiger Störungen wird inzwischen verhältnismäßig gut verstanden, wenn auch die solaren Prozesse noch manche Frage bergen. Mit dem Roeloffschen Transportmodell liegt außerdem eine mathematische Beschreibung der von der Sonne ausgehenden hochenergetischen Plasmaströme vor. Dieses Modell verzeichnet gute Erfolge bei der Reproduktion von Messdaten in einfach gehaltenen Situationen. In der Natur der magnetischen Wolken zum Einen und solaren Teilchenejektionen zum Anderen liegt es, dass diese oft gemeinsam auftreten oder zumindest aufeinander treffen. Bisherige Anwendungen des Roeloffschen Modells gehen jedoch von einem statischen, ungestörten Feld aus. In der vorliegenden Arbeit wird nun der Versuch unternommen, eine Methode zu entwickeln, mit der das Roeloffsche Modell auf Situationen mit gestörtem Feld angewendet werden kann. Dabei wird das Augenmerk auf eine bestimmte Klasse dieser Magnetfeldstörungen, den magnetischen Wolken, beschränkt. Dazu werden im Kapitel 1 zunächst elementare Erkenntnisse zum Verhalten von iv Plasma und Magnetfeldern erläutert, auf welchen die weiteren Kapitel aufbauen. Anschließend folgt Kapitel 2 mit einer Darstellung von der Sonne ausgehender, hochenergetischer Ionenströme im interplanetaren Raum, die von der Sonne ausgehen, sowie eine Erläuterung deren mathematischer Beschreibung nach Roeloff. Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Beschreibung magnetischer Wolken, deren Ursprung, Entwicklung und Phänomenen, die oft im Zusammenhang mit magnetischen Wolken beobachtet werden und daher möglicherweise in irgendeiner Form mit diesen in Zusammenhang stehen. Danach versucht Kapitel 4, einen Weg aufzuzeigen, um den interplanetaren Transport auch unter der Anwesenheit magnetischer Wolken mit Hilfe des Roeloffschen Modells zu beschreiben. Annahmen zur Vereinfachung der Situation werden getroffen, sowie Abänderungsvorschläge an einem bestehenden Modell gemacht. Kapitel 5 beschreibt die Vorgehensweise, wie das entwickelte Modell in das Programm GREF implementiert werden kann. In Kapitel 6 wird schließlich eine erste Implementationsstudie die grundlegende Tauglichkeit des Modells geprüft. Die Sichtung der Literatur sowie die Entwicklung des Modells nahmen dabei einen wesentlichen Teil der zur Verfügung stehenden Zeit in Anspruch. Daher konnte in der so verbliebenen Spanne lediglich ein experimenteller Prototyp entwickelt werden. 1 1 Grundlagen 1.1 Die Kontinuitätsgleichung Man betrachtet ein System mit einer Erhaltungsgröße K, d.h. eine Größe welche dK = 0 mit t als der Zeit erfüllt, wie beispielsweise die Gesamtmasse. Weiterhin soll dt man jedem Punkt des Systemvolumens eine Dichte κ so zuordnen, dass dK = κd3 x gilt. Nimmt man an, dass K strömt, kann man jedem Punkt außerdem ein Strömungsfeld ~v (~x) und so einen Fluss ~j(~x) = κ~v zuordnen. Ändert sich K nun in einem Volumen) element, ist dort also ∂K(V 6= 0, so kann diese Änderung bei insgesamt erhaltenem ∂t K nur durch einen Nettozu- oder Abfluss von oder in ein Nachbarvolumenelement rühren. Lässt man dabei das betrachtete Volumenelement inifitesimal klein werden, so folgt Gleichung (1.1). ∂κ + ∇ (κ~v ) ∂t ∂κ + ∇κ · ~v + κ∇ · ~v = ∂t 3 ∂κ X ∂κ dxi ∂vi = + +κ ∂t ∂xi dt ∂xi i=1 0 = (1.1) Gleichung (1.1) heißt die Kontinuitätsgleichung bzw. das zweite Ficksche Gesetz.. Wird K lokal erzeugt bzw. vernichtet oder gilt gar dK 6= 0, kann man dies durch dt eine Quellfunktion Q(t, ~x) beschreiben. Es muss dann Gleichung (1.2) gelten. ∂κ = −∇ · (κ~v ) + Q (t, ~x) ∂t (1.2) Die Veränderung von K in einem Volumenelement ist die Summe aus Nettozu- oder Abfluss und der “Produktion” in diesem Volumenelement. Gleichung (1.2) gilt also auch für Größen, die nicht erhalten sind. Die Bedingung (1.1) gilt auch für Phasenraumdichten und wird in dieser Eigenschaft in [Reif 1975, Anhang A.13] detailiert hergeleitet. Im Phasenraum repräsentiert ein 2 Punkt einen möglichen Zustand des betrachteten Systemes, weswegen sich dessen Koordinaten aus zwei qualitativ verschiedenen Gruppen zusammen, nämlich jeweils f Ortskoordinaten xi und f Impulskoordinaten pi (mit f als der Zahl der Freiheitsgrade des Systemes), zusammensetzen. Für den Phasenraum gilt der Satz von Liouville1 , nachdem eine konstante Punktezahl2 im Phasenraum stets ein Volumen konstanter Größe überdeckt. Bezeichnet man mit d (xi )i=1...f ~v = dt (pi )i=1...f das zur Phasenraumdichte κ gehörendes Geschwindigkeitsfeld, so ist diese Aussage f P ∂ dxi ∂ dpi äquivalent zu 0 = ∇~v = + . Für den Phasenraum ergibt sich so ∂xi dt ∂pi dt i=1 die Kontinuitätsgleichung als die Liouvillegleichung (1.3). f ∂κ X + ∂t i=1 ∂κ dxi ∂κ dpi + ∂xi dt ∂pi dt = dκ =0 dt (1.3) Betrachtet man ein Teilchenkonglomerat mit einer Dichteverteilung ρ, so setzt sich die P Geschwindigkeit eines Einzelteilchens meist aus mehreren Komponenten ~vGes = ~vi zusammen, die aus unterschiedlichen physikalischen Prozessen herrühren. Ein Spezialfall tritt ein, falls die Teilchen einen stochastischen Bewegungsanteil ~vDif f besitzen, wie bspw. die Brownsche Molekularbewegung. Der Mittelwert über alle auftretenden Werte dieses Geschwindigkeitsanteils ist identisch 0, d.h. der Schwerpunkt des Teilchenensembles wandert nicht. Die stochastischen Schwankungen führen dazu, dass sich die Teilchen auf das Raumvolumen verteilen. Die resultierende Teilchenstromdichte ~vDif f ρ folgt gemäß des ersten Fickschen Gesetzes dem Dichtegradienten abwärts, d.h. ~vDif f ρ = −∇ρ. In diesem Fall ergibt sich aus der Kontinuitätsgleichung (1.4). ∂f ∂t = −∇(D∇f ) + X ∇~vi f + Q (1.4) P ∇~vi f ist dabei der sich aus den übrigen Geschwindigkeitsanteilen ~vi ergebende Anteil. Den so beschriebenen Prozess bezeichnet man als Diffusion. Da der Fluss tendenziell von lokalen Dichtemaxima hin zu lokalen Minima gerichtet ist, führt Diffusion also letztendlich dazu, dass sich Dichteunterschiede ausgleichen. D ist eine Proportionalitätskonstante, die letztlich die Intensität der zufälligen Bewegungen beschreibt und damit die Geschwindigkeit des Prozesses bestimmt. 1 Er gilt zunächst nur für gleichartige, wechselwirkungsfreie Teilchen, die alle von ein und demselben äußeren Kraftfeld beeinflusst werden. Für im Rahmen dieser Arbeit betrachtete Situationen sind diese Bedingungen erfüllt. 2 Ein “Punkt” bezeichnet hierbei nach wie vor einen kompletten Zustand des betrachteten Systems. 3 1.2 Magnetohydrodynamik 1.2.1 Grundgleichungen Ort der in dieser Arbeit betrachteten Vorgänge ist der Raum zwischen Sonne und den Planeten. Dieser ist von elektromagnetischen Feldern sowie einem, wenn auch dünnem und damit stoßfreiem, Plasma durchsetzt. In guter Näherung kann man dieses als perfekten Leiter denken. Dieses den interplanetaren Raum durchsetzende Plasma erlaubt keine Kernreaktionen und weist in der Regel Ströme auf, deren Geschwindigkeiten als sehr viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit angenommen werden. Ihm kann man prinzipiell zu jeder Zeit t und an allen Punkten ~x der Domäne verschiedene Größen zuordnen. Die Masse wie die Ladungszahl sind in diesem System Erhaltungsgrößen. Nach Abschnitt 1.1 muss damit sowohl für die Massendichte % wie auch für die Ladungsdichte ζ die Kontinuitätsgleichung (1.1) gelten. ∂% + ∇ · (%~v ) = 0 ∂t ∂ζ + ∇ · (ζ~v ) = 0 ∂t (1.5) (1.6) Mit der Gesamtmasse muss auch die Gesamtenergie des Teilchenkonglomerats erhalten bleiben. Man kann unter der Annahme adiabatischer - also entropieerhaltender - Vorgänge hieraus eine ähnliche “Erhaltungsgleichung” für den Druck p aufstellen. Die genaue Herleitung sprengte den hiesigen Rahmen, daher sei hier lediglich auf das Kapitel A.7 in [Prölss 2001] verwiesen. Diese führt letztendlich auf Gleichung (1.7) für ein Plasma gleichartiger Teilchen mit f Freiheitsgraden. f ∂p + 2 ∂t f f + 1 p∇ · ~v + ~v ∇p = 2 2 ∂p f +2 + ~v ∇p + γp∇ · ~v = 0 , γ = ∂t f (1.7) Diese ist übrigens äquivalent zur bekannten Zustandsgleichung für adiabatische Vorgänge (1.8) (Siehe [Prölss 2001, Abschnitt A.7]). d p dt %γ = 0 (1.8) In einem wie hier angenommen dünnen Plasma finden Wechselwirkungen in erster Linie zwischen Partikeln und elektromagnetischen Feldern statt. Diese werden durch die Maxwellgleichungen (1.9) bis (1.12) beschrieben. 4 ~ = 0 ∇·B ~ = ζ ∇·E 0 (1.9) (1.10) ~ ~ = µ0~j + √ 1 ∂ E ∇×B 0 µ0 ∂t ~ ~ = − ∂B ∇×E ∂t (1.11) (1.12) ~j ist hier ganz im Sinne von Abschnitt 1.1 der Strom ~j = ζ~v . Wäre das Plamsa in Ruhe, ließe sich ihm also kein Strömungsfeld ~v zuordnen, verschwände mit ~j der entsprechende Term in Gleichung (1.11). Für ein perfekt leitendes Plasma, d.h. einem Plasma, dessen Leitfähigkeit σ gegen unendlich strebt, liefert das Ohmsche Gesetz ~ + ~v × B ~ =⇒ ~j = σ E ~ ~ + ~v × B ~ = j → 0 bei σ → ∞ E σ (1.13) ~ in Gleichung (1.12), gelangt man zu der von E Ersetzt man mit dieser Beziehung E freien Version (1.14). ~ ∂B ~ − ∇ × ~v × B = 0 ∂t (1.14) Auch für Elemente eines Fluids muss die Newtonsche Bewegungsgleichung gelten, d.h. die Ableitung des Impulses muss gleich der auf sie wirkenden Gesamtkraft F~ R d d % (~x) ~v (~x) d3 x. Da sich V (t) als Integrationsgebiet (bei sein: F~ = dt (m~v ) = dt V (t) inkompressiblen Fluiden) mit der Zeit ändert, kann die Ableitung nicht direkt unter das Integral gezogen werden. Stattdessen muss dieses in Lagrange-Koordinaten transformiert werden, wodurch die Zeitabhängigkeit des Integrationsgebietes verschwindet und sich Z Z Z d d~v 3 d~v 3 % (~x) ~v (~x) d x = % d x = f~d3 x =⇒ f~ = % dt dt dt V (t) V V und also 5 ∂~v T ∂~v · ∂t ∂xi i ∂~v = % + (~v · ∇) ~v = ∂t D~v = f~ = % Dt d % ~v (t, ~x (t)) = % dt dt dt d~ x dt ergibt (Vergleiche [Goedbloed u. Poedts 2004]). Hierbei ist der Operator ∂ D := ∂t + ~v · ∇ definiert. als sog. Lagrangesche Zeitableitung, als Dt (1.15) D , Dt bekannt Im Falle eines Plasmas wirken auf ein Element dabei die durch den Druck verursachte Teilkraftdichte −∇p, die durch die Ladungsdichte ζ verursachte elektrostatische ~ sowie der im Falle einer Plasmaströmung und unter Anwesenheit eiKraftdichte ζ E ~ hervorgerufene Beitrag der Lorentzkraft ζ~v ×B ~ = ~j×B. ~ nes externen Magnetfeldes B Gravitationskräfte kann man für das Plasma im interplanetaren Raum auf Grund der geringen Massedichte der betrachteten Teilchen gegen die übrigen Kräfte vernachlässigen. Man erhält also % ∂~v + (~v · ∇) ~v ∂t ~ + ~j × B ~ − ∇p = ζE (1.16) Da von einem nahezu idealen Leiter ausgegangen wird, werden elektrische Felder nichtverschwindender Stärke unmittelbar zu einer Ladungsverschiebung führen, die ~ gilt selbige Felder neutralisiert. Man kann also davon ausgehen, dass E ~v × B ~ in obiger Gleichung vernachlässigen. Für eine etwas und konsequent den Term ζ E formalere Begründung hierfür sei auf [Goedbloed u. Poedts 2004], Abschnitt 4.1, verwiesen, wo eine explizite Abschätzung des Betrages erfolgt. Weiters lässt sich aus besagter Gleichung über das Ampèresche Gesetz ~ ~j = 1 ∇ × B µ0 auch die Ladungsstromdichte eliminieren, so dass % ∂~v 1 ~ ×B ~ = 0 + ~v ∇ · ~v + ∇p − ∇×B ∂t µ0 verbleibt. 6 (1.17) Mit diesen beiden Versionen (1.14) und (1.17) sowie den Maxwellgleichungen (1.9) und (1.7) und der Massenerhaltung (1.5) hat man nun einen Gleichungssatz, welcher das Verhalten eines Plasmas mit den Kenngrößen Druck p, Dichte % sowie dem ~ beschreibt. Diese Strömungsfeld ~v unter dem Einfluss eines externen Magnetfeldes B Gleichungen sind die Grundgleichungen der Magnetohydrodynamik : D % + %∇ · ~v = 0 Dt D p + γp∇ · ~v = 0 Dt ~ ∂B ~ − ∇ × ~v × B = 0, ∂t D 1 ~ ~ = 0 % ~v + ∇p − ∇×B ×B Dt µ0 (1.18) (1.19) ~ =0 ∇·B (1.20) (1.21) Diese Gleichungen sind eindeutig, das heißt, unter entsprechenden Anfangs- und Randbedingungen ist der Zustand des Plasmas und der es durchsetzenden elektromagnetischen Felder in eindeutiger Weise zu allen Zeiten und für jeden Ort festgelegt. 1.2.2 Das Frozen-In-Prinzip Abbildung 1.1: Veranschaulichung zum Frozen-In-Prinzip. Quelle: [Prölss 2001] Unter der Annahme einer gegen unendlich strebenden Leitfähigkeit lassen sich für bewegtes Plasma zwei Theoreme formulieren, welche die Beziehung ebenjenes mit einem vorhandenem Magnetfeld beschreiben: 7 1. “Der magnetische Fluss durch einen sich mit der Strömung mitbewegenden Plasmaring bleibt konstant”. 2. Die Magnetfeldlinien folgen den Trajektorien der Führungszentren entsprechender Plasmaelemente. Die Formulierung beider ist in [Prölss 2001] erfolgt, wobei das zweite eine unmittelbare Konsequenz aus dem ersten darstellt. Betrachtet man einen eine Fläche A1 einschließenden Plasmaring und dessen Entwicklung in einem Zeitintervall ∆t, so wird dieser nach dem Zeitintervall ∆t eine Fläche A2 einschließen. Die Unterteilung des Intervalles ∆t in immer kleinere Einheiten, mithin die Betrachtung von immer mehr Zwischenflächen zwischen A1 und A2 liefert im infinitesimalen Grenzfall einen aus eben diesen Flächen zusammengesetzten unregelmäßigen Zylinder. Dessen Oberfläche O bildet eine geschlossene Fläche mit A1 und A2 als Grundflächen sowie AM = O \ A1 \ A2 als dessen Mantel. Der Fluss der magnetischen Induktion durch diese geschlossene Oberfläche muss sich zu Null ergeben: Die Kombination der Grundgleichung (1.9) mit dem Gaußschen Satz ~ als Normale eines infinitesimalen Flächenelementes und V als dem liefert mit dA eingeschlossenen Volumen zu jedem beliebigen Zeitpunkt Z 0 = V ~ ∇ · BdV = Z ~ · dA ~ B O = ΦAM + ΦA2 − ΦA1 =⇒ ΦA2 = ΦA1 − ΦAM (1.22) R ~ · dW ~ ist hierbei wie üblich der magnetische Fluss durch die Fläche W ΦW := W B (zu einem gegebenen festen Zeitpunkt). Man betrachte nun die Änderung des Flusses zwischen t, wobei der Plasmaring Fläche A1 umschließt, und t + ∆t, wobei er Fläche A2 umschließt und ersetze ΦA2 mittels Gleichung (1.22): ∆Φ ΦA2 (t + ∆t) − ΦA1 (t) = = ∆t ∆t ΦA1 (t + ∆t) − ΦAM (t + ∆t) − ΦA1 (t) = ∆t ΦA1 (t + ∆t) − ΦA1 (t) ΦAM (t + ∆t) = − ∆t ∆t Für lokal wenig ausgedehnte Gebiete und verschwindende Zeiträume kann man eine einheitliche Plasmageschwindigkeit ~u annehmen. 8 Für hinreichend kleine Zeitabschnitte wird sich die Verformung zwischen A1 und A2 in Grenzen halten, man wird dann einen näherungsweise regulären Zylinder anneh~ des Mantels men können. Unter dieser Annahme lässt sich das Flächenelement dW durch das Kreuzprodukt aus dem Linienelement d~l des die Fläche A1 umschließenden Weges sowie dem Vektor ~u∆t, der die Höhe des Zylinders angibt, nähern: Z ~ · dW ~ ≈ B AM I I ~ · d~l × ~u∆t = B ∂A1 I ~ · d~l = ∆t ~u∆t × B ∂A1 ~ · d~l ~u × B ∂A1 Im Grenzfall ∆t → 0 wird so ΦAM (t + ∆t) lim = ∆t→0 ∆t ΦA1 (t + ∆t) − ΦA1 (t) = ∆t→0 ∆t lim ∆t lim H ~ d~l ~ u × B ∂A1 ∆t Z ~ ∂Φ ∂B ~ = · dA ∂t A1 A1 ∂t ∆t→0 I = ~ d~l ~u × B ∂A1 Es ergibt sich schlussendlich unter Zuhilfenahme des Stokesschen Satzes ∆Φ lim = ∆t→0 ∆t I ~ ∂B ~ ~ d~l = · dA − ~u × B A1 ∂t L ! Z ~ ∂B ~ ~ = dΦ (t) − ∇ × ~u × B dA ∂t dt A1 Z (1.23) als die differentielle Änderung des Flusses zum Zeitpunkt t. ~ ~ geht hierbei gemäß Gleichung (1.14) gegen Null. Der Integrand ∂∂tB − ∇ × ~u × B Es verschwindet unter diesen Voraussetzungen die differentielle Änderung des Flusses durch eine von einem Plasmaring eingeschlossene Fläche also, was Theorem 1 bestätigt. Das zweite Theorem ist eine unmittelbare Konsequenz des ersten. Der betrachtete Plasmaring kann beliebig klein sein. Es ist daher zulässig, im Grenzfall einen singulären, auf sein Führungszentrum geschrumpften Ring zu betrachten. Durch diesen einen Punkt kann auf Grund der Eindeutigkeit der Feldlinien nur genau eine führen. Auch hier muss bei Verschiebung dieses “Ringes” die Feldlinie diesen weiterhin durchdringen, ansonsten wäre das erste Theorem verletzt. Die Linie folgt also der Trajektorie des Führungszentrums und also der Strömung des Plasmas. 9 Die Herleitung findet sich auch, in ähnlicher Formulierung, in [Kallenrode 2001], Abschnitt 3.4.1. Es sind hier zwei alternative Interpretationen möglich: Liegt die Energiedichte des Feldes über der des Plasmas, kann man sich die Plasmabewegung als vom Magnetfeld entlang der Feldlinien gezwungen vorstellen. Die Einzelteilchen werden dabei eine Gyration um das Führungszentrum und also die Feldlinie und somit letztlich einer helixartigen Trajektorie folgen. Liegt sie darunter, so kann man sich die Feldlinien vom Plasma fort getragen vorstellen. Das Feld ist quasi in die Plasmabewegung eingefroren - man spricht hier folgerichtig vom Frozen-In-Prinzip. 1.2.3 Magnetischer Druck und magnetische Spannung ~ so Betrachtet man einen Ladungsstrom ~j in einem inhomogenen Magnetfeld B, liefert das Ampèresche Gesetz zunächst Gleichung (1.24) für die Dichte der auf ihn wirkenden Lorentzkraft. 1 ~ ×B ~ ∇×B µ0 ~ 2 ~ ·∇ B ~ = −∇ B + B ~j × B 2µ0 µ0 ~ = ~j × B (1.24) (1.25) Diese kann unter Verwendung einer aus der Vektoranalysis bekannten Vektoridentität zum Term (1.25) umgeformt werden. Definiert man sich einen Tensor Ti,j := − B2 Bi Bj + δi,j µ0 2µ0 , so findet man unter Berücksichtigung des Gausschen Gesetzes für magnetische Felder (1.9) ! 3 2 X B Bi Bj ∂ − ∇T = − δi,j − ∂xi 2µ0 µ0 i=1 j 3 X 3 X ∂ ∂ Bi − Bi Bj ∂x ∂x i i i=1 i=1 ! 3 X 1 ∂ ∂ ~− B B − Bj ∇ · B Bi Bj = − µ0 ∂xj ∂xi i=1 j ! 3 X 1 ∂ ∂ = Bj + B B Bi µ0 i=1 ∂xi ∂xj 1 = − µ0 ∂ B B − Bj ∂xj j 10 ! j Dies entspricht gerade der rechten Seite von Gleichung (1.25) und ist damit eine alternative Formulierung der durch das Magnetfeld hervorgerufenen Kraft. Sie erscheint analog zu der vom thermodynamischen Druck p hervorgerufener Kraftdichte ∇p. Man stellt T nun zweckmäßigerweise bezüglich eines Koordinatensystems, in ~ verläuft, dar. Gemäß welchem ein Basisvektor parallel zum Magnetfeldvektor B [Gurnett u. Bhattacharjee 2005], Abschnitt 6.2, ist die Form (1.26) ein Darstellung von T für den Fall, dass der 3. Basisvektor parallel zu B liegt B2 2µ0 T̃ = 0 0 0 B2 2µ0 0 B2 2µ0 0 0 − B2 µ0 (1.26) Offenbar besteht der durch den Tensor T beschriebene Druck aus zwei Komponenten: 1. Die erste Komponente mit dem Betrag Richtung. B2 2µ0 =: pM wirkt gleichmäßig in jede ~ - Vektors, also entlang 2. Die zweite Komponente wirkt nur in Richtung des B B2 der entsprechenden Feldlinie mit dem Betrag µ0 =: tM . Um zu einer konsistenten Interpretation zu gelangen, setzt man in Gleichung (1.21) die Beziehung (1.25) ein: D B2 1 ~ ~ ~ F = % ~v = B ·∇ B − ∇ p + Dt µ0 2µ0 Wieder taucht pM auf, addiert sich hier einfach zum thermodynamischen Druck hinzu und wirkt sich also entsprechend diesem expansiv aus. Auf Grund dieser Analogie zum thermodynamischen kann man von pM = B2 2µ0 (1.27) als magnetischem Druck sprechen. ~ ~ muss daher gerade der Teil sein, B ·∇ B Der verbleibende Teil der Lorentzkraft welcher parallel zur Feldlinie wirkt. Ein Blick auf das Vorzeichen verrät, dass dieser im Gegensatz zum magnetischen Druck komprimierend und damit einer Dehnung der Feldlinien entgegen wirkt. Man bezeichnet 1 µ0 11 ~tM = 1 ~ ~ B ·∇ B µ0 (1.28) daher als magnetische Spannung. Beide konkurrieren gewissermaßen: Da der magnetische Druck offenbar mit der Feldstärke steigt, neigen Plasmaströme in einem starken Feld dazu, zu “expandieren”, wodurch sich wegen des Frozen-In-Prinzips auch die Feldlinien in der Regel verlängern. Ebenso wirkt die Spannung verkürzend auf Plasmaströme und den darin eingefrorenen Feldlinien. Die Struktur eines Feldes wird also immer ein Ergebnis gleichzeitiger Minimierung von Spannung und Druck darstellen. Um beurteilen zu können, inwieweit das Feld oder das Plasma die gegenseitige Interaktion wie in Abschnitt 1.2.2 beschrieben dominieren, sprich inwieweit das Magnetfeld seine Struktur dem Plasma aufprägt oder umgekehrt, wird die Größe β als Quotient aus thermodynamischem und magnetischem Druck eingeführt: β := p 2µ0 p = pB B2 (1.29) Für Situationen mit einem β 1 dominiert die Dynamik des Plasmas über das Feld, die Feldlinien folgen somit den Trajektorien der Plasmaelemente. Bei β 1 ist die Situation eine andere: Das Magnetfeld bestimmt die Dynamik, das Plasma wird seine Strömung am Feld orientieren. Selbstredend ist die Dominanz eines der beiden Medien nicht zwingend. 1.2.4 Rekonnexion von Feldlinien Abbildung 1.2: Schematische Darstellung des Prozesses der Rekonnexion. Quelle: [Goedbloed u. Poedts 2004] Das magnetische Feld wird sich immer so strukturieren, dass magnetischer Druck und magnetische Spannung möglichst abgebaut werden. Dies kann auf mannigfaltige Weise geschehen und die genaue Prozedur hängt natürlich von der Ausgangslage ab. 12 Interessante Gebiete stellen hierbei unter Anderem die Grenzregionen gegenpoliger Feldsektoren dar. Besonders anschaulich ist dies im zweidimensionalen Fall wie in Abbildung 1.2. Zwei Regionen je lokal paralleler Feldlinien liegen so nebeneinander, dass jede Feldlinie antiparallel zu allen Feldlinien der jeweils anderen Region zu liegen kommt (Situation (a) in der Abbildung). Generell wird, soweit Ionen vorhanden sind, eine Stromschicht geladener Teilchen die beiden Regionen trennen. Werden die Feldlinien durch äußere Einflüsse komprimiert, wird das Feld sich so strukturieren, dass der magnetische Druck minimiert wird. Dies kann durch Neuverbindung der Feldlinien über die Sektorgrenzen hinweg erfolgen. Ergebnis werden Feldlinienschleifen wie in Situation (c) der Abbildung gezeigt sein. Der Abbau magnetischen Drucks wurde bis dahin durch eine Zunahme magnetischer Spannung erkauft. Durch Verkürzung der Schlaufen, d.h. eine Zurücknahme der Feldlinien nach (bezogen auf die Abbildung) außen wird diese jedoch wieder reduziert. Wie in [Goedbloed u. Poedts 2004], Abschnitt 4.4.1 dargelegt, ist dies allerdings unter den Voraussetzungen der idealen Magnetohydrodynamik nicht möglich. Eine Lösung für das Dilemma, dass Derartiges dennoch beobachtet wird, ist die Aufgabe gewisser Annahmen. Hier muss man dies allerdings mit einem Hinweis auf obige Literatur und einem Zitat bewenden lassen: “However, interplanetary reconnection remains mystery.” ([Zhong u. a. 2005]) 1.2.5 Fokussierung Abbildung 1.3: Bewegung eines geladenen Teilchens entlang einer Feldlinie. Quelle: [Gurnett u. Bhattacharjee 2005] Von Plasma als einem Konglomerat von Teilchen wird nun nochmals auf ein einzelnes geladenes Teilchen in einem Magnetfeld zurückgegangen. Bewegt sich ein Teilchen ~ so mit der Ladung q und Masse m mit der Geschwindigkeit v durch ein Feld B, wird es durch die hervorgerufene Lorentzkraft zur Gyration um eine Magnetfeldlinie wie in Abbildung 1.3 dargestellt gezwungen. Die Bewegung des Teilchens kann als Überlagerung zweier Teilbewegungen, einer geradlinigen mit dem Geschwindigkeitsvektor ~vk parallel zum Feldvektor und einer Kreisbewegung in der Ebene senkrecht zum Feldvektor mit ~v⊥ dargestellt werden. Der Radius dieser Gyrationsbewegung ergibt sich über die Gleichsetzung der Beträge von Lorentz- und Zentripedalkraft zu 13 Abbildung 1.4: Feldkonfiguration einer magnetischen Flasche. Von Links eintretende Teilchen werden im konvergierenden Feld rechts reflektiert und am anderen Ende ebenfalls zurückgeworfen. Sie sind in der Flasche gefangen. Quelle: [Gurnett u. Bhattacharjee 2005] rL = mv⊥ |q| B (1.30) rL wird als Lamorradius bezeichnet. Jedem Teilchen lässt sich gemäß (1.31) ein Pitchwinkel zuordnen. α = arctan v⊥ vk (1.31) µ = cos α = cos arctan v⊥ vk (1.32) In der Regel wird aus praktischen Gründen statt des Pitchwinkels dessen Kosinus µ betrachtet. Nun kann Ringströmen I = |q| ω mit ω als der Frequenz des Stromes und q der strömenden Ladung gemäß (1.33) ein magnetisches Moment zugeordnet werden. Einem gyrierenden Teilchen ist als in einer Ebene eine Kreisbewegung vollführendes somit auch ein magnetisches Moment M zuzuordnen. MM ag = |q| ωA = 2 mv⊥ 2B (1.33) Im Falle eines nur langsam variierenden Magnetfeldes, also adiabatischer Situationen, ist dieses Moment M nahezu konstant. Man spricht von der 1. adiabatischen Invarianten.3 3 Es existieren weitere adiabatische Invariante, siehe z.B. [Kallenrode 2001], Abschnitt 2.4. 14 Für die kinetische Energie des Teilchens findet man mit Gl. 1.33 1 2 1 2 mv = m v⊥ + vk2 2 2 1 2 = mv + M B 2 k Ekin = (1.34) Diese muss, da E = 0 angenommen wird und damit keine geschwindigkeitsbetragsändernden Kräfte auftreten, erhalten bleiben. Nimmt die Feldstärke zu, so muss also konsequenterweise die Geschwindigkeit parallel zur Feldlinie abnehmen. Tritt der betrachtete Partikel also in einen Bereich höherer Feldstärke ein, so muss sich notwendigerweise seine Geschwindigkeit parallel zum Feld verringern, im umgekehrten Fall erhöhen. Anders ausgedrückt wird sich in einem konvergenten Magnetfeld der Pitchwinkel eines Teilchens erhöhen, im divergierenden Feld verringern. Man spricht daher von Fokussierung. Den Grad der Fokussierung bestimmt die relative Feldänderung entlang der Feldlinie. Man definiert daher als Maß die Fokussierungslänge gemäß Gleichung (1.35), da die Teilchen in einem abnehmenden Feld im eigentlichen Sinne fokussiert werden, mit negativem Vorzeichen. λ = −B/ ∂B ∂s (1.35) s bezeichnet den Weg entlang der betrachteten Feldlinie. m 2 Aus Gleichung (1.34) geht hervor, dass bei einer Feldstärke von BRefl = 12 M v vk verschwinden muss. Dieser Punkt ist also vom Partikel offensichtlich nicht zu überschreiten, er muss dort seine Driftgeschwindigkeit völlig aufgegeben haben und schließlich reflektiert werden. Dieser Punkt wird Reflexionspunkt genannt. Betrachtet man Partikel an einem Punkt, in welchem das Feld die Stärke B1 erreicht, so entscheidet deren Pitchwinkel darüber, ob diese einen Punkt mit Feldstärke B2 passieren können oder reflektiert werden. Das magnetische Moment muss an beiden Orten gleich sein, mithin unter Berücksichtigung von v⊥ = v sin α und der Tatsache, dass am Spiegelpunkt α = π2 =⇒ v⊥ = v gelten müsste 2 mv⊥,1 2B1 = 2 mv⊥,2 2B2 B1 =⇒ sin2 α = 1 − cos2 α = B2 r B1 =⇒ µ := cos α = 1 − B2 (1.36) 15 Ein Teilchen mit einem Pitchwinkel an Ort 1, der die Bedingung (1.36) erfüllt, kämen in Punkt 2 also zur Ruhe. Die Situation ist in Abbildung 1.4 dargestellt. Ein Teilchen im Punkt p, dass bzgl. der Führungsfeldlinie eine rein senkrechte Geschwindigkeitskomponente v besitzt, wird bezüglich der durch seinen Aufenthaltsort verlaufenden Feldlinie eine Komponente vk bzgl. dieser Feldlinie besitzen. Diese ist ihrer ursprünglichen Bewegungsrichtung entgegen gerichtet, sod dass der Partikel reflektiert wird. Teilchen mit einem höheren Pitchwinkel werden bereits bevor sie Punkt 1 erreichen können, reflektiert, Teilchen niedrigeren Winkels passieren den Punkt 2. Wie intuitiv angenommen können sich zum Magnetfeld völlig parallel bewegende Teilchen niemals reflektiert werden - mit dem Pitchwinkel wird µ = 1 und die Gleichheit für nicht verschwindendes B1 nicht erfüllbar. Eine Konfiguration, bei welcher das Magnetfeld hinreichend konvergiert, wird daher auch magnetischer Spiegel genannt. Schließt sich an einen Bereich starker Divergenz ein Bereich ebensolcher Konvergenz wie in Abbildung 1.4 dargestellt an, so können geladene Partikel darin gefangen werden, da sie an beiden Enden zurückgeworfen werden. Man spricht dann von einer magnetischen Flasche. Für eine ausführlichere Darstellung sei auf [Kallenrode 2001], [Gurnett u. Bhattacharjee 2005], Kapitel 3.4 oder auch [Goedbloed u. Poedts 2004], Abschnitt 2.2.3 verwiesen. 1.3 Interplanetares Magnetfeld Die Sonne stößt beständig geladene Teilchen ins All aus. Diese stammen aus der Sonnenkorona, erhalten ihre Energie mittelbar durch die Fusion im Inneren der Sonne und bestehen im Wesentlichen aus Elektronen und Protonen sowie einem geringen Anteil Heliumkernen.4 Dabei beträgt die Strömungsgeschwindigkeit der Teilchen vSW = 470 km in Erdnähe, s also r ≈ 1 AU = 1,49 · 109 km, zeigt jedoch im Einzelnen starke Schwankungen von Teilchen zu Teilchen von 170 bis > 2000 km (Vgl. [Prölss 2001]). Der Teilchenfluss s ist dabei relativ konstant. Dabei zerfällt der Sonnenwind in zwei verschiedene Komponenten. Als Sonnenwind im eigentlichen Sinne bezeichnet man im Allgemeinen . Dieser unterscheidet sich nicht nur durch seine den langsameren Anteil unter 400 km s größere Teilchendichte (%slow ≈ 10 cm1 3 für den langsamen zu %fast ≈ 3 cm1 3 für den schnellen Anteil), sondern auch in seinen Ursprüngen deutlich von der langsameren Komponente.5 Die auftretende Energie je Teilchen liegt bei beiden Komponenten im Falle der Protonen im keV- Bereich. Die den Sonnenwind bildenden Teilchen verlassen die Korona annähernd in radialer Richtung. Allerdings rotiert die Sonne an ihrem Äquator mit einer Winkelgeschwindigkeit von ωS ≈ 0,0103 rad . In der Ekliptik ergibt sich damit folgende Situation: h Zu einem Zeitpunkt t1 hat ein Teilchen, dass die Sonnenoberfläche zum Zeitpunkt 4 5 Genaueres zu den Eigenschaften des Sonnenwindes findet sich in [Bird u. a. 1990],Kapitel 3. Der schnelle Sonnenwind tritt vor Allem an den Polen, der langsame in einem Gürtel um den Äquator der Sonne aus. 16 t0 = 0 verlassen hat, sich um r = t1 vSW radial von der Sonnenoberfläche entfernt. Gleichzeitig wurde der ursprüngliche Austrittspunkt um α = ωSW t1 unter dem Teilchen weggedreht oder anders ausgedrückt, bezüglich des Austrittspunktes hat sich das Teilchen um den Winkel −α azimutal vom Austrittspunkt verschoben. Betrachtet man daher einen festen Punkt auf ihrer Oberfläche und die von dort ausgehende, im Teilchenstrom eingefrorene Magnetfeldlinie, so zeigt diese durchaus nicht radial nach außen, sondern windet sich vielmehr spiralarmförmig um die Sonne. Dieser lässt sich, setzt man den Austrittspunkt in Polarkoordinaten und mit Ursprung im Sonnenzentrum bei (φ0 , r0 ) an, über die Parametrisierung φ r (t) = ωSW vSW t+ φ0 r0 (1.37) beschreiben. Dies stellt die Parametrisierung eines Armes einer archimedischen Spirale dar. Für Feldlinien außerhalb der Ekliptik ergeben sich andere Verläufe, die mit dem so genannten Ballerinamodell beschrieben werden können. Zu Details hierzu sei jedoch auf [Kallenrode 2001] verwiesen. Energiegehalt, damit Geschwindigkeit und Dichte des Windes, scheint mäßig von der Sonnenaktivität abzuhängen. Nach [Burlaga 1995, Kaptitel 3.2] erreicht sie kurz nach Aktivitätsmaxima ebenfalls ein Maximum, während Geschwindigketisminima anscheinend unregelmäßiger auftreten. Gleichzeitig besitzt die Sonne ein Magnetfeld, welches sich durch Strömungen im Sonnenplasma speist.6 Diese Ströme verhalten sich dabei teils turbulent, so dass das Feld unregelmäßig und zeitlich stark variabel austritt. Gebiete gleicher Feldpolarität sind ungleich verteilt und von unterschiedlichster Gestalt. Die Struktur des solaren Feldes erscheint daher in Sonnennähe komplex und ständiger Änderung unterworfen. Mit zunehmenden Abstand von der Sonne nimmt es jedoch eine geordnete Gestalt an. Dieser Übergang ist bereits bei einem Abstand r von ca. 3 Sonnenradien vom Sonnenmittelpunkt abgeschlossen. Der Feldlinienverlauf wird über das Frozen-In-Prinzip wesentlich von der Gestalt des langsamen weil dichteren Sonnenwindes geprägt. Einzelne Feldlinien werden mit dem von der Sonne ausströmenden Plasma fortgetragen, folgen der Strömung des Plasmas und können damit entsprechend der Bahn eines Teilchens durch die Parametrisierung (1.37) beschrieben werden. Der Formparame1 s zu β = vωSW ≈ 0.91 AU . Allerdings ter der Spirale ergibt sich dabei mit vSW ≈ 470 km h führt die unregelmäßige Verteilung von gleichpoligen Gebieten auf der Sonne letztlich dazu, dass das Feld auch im Außenbereich keine regelmäßige Polung aufweist. Blickt man auf die Ebene der Ekliptik, so zerfällt diese in verschiedene Sektoren, in welchen die Polarität des Feldes alterniert. Auch kann die Feldstärke bei gleichem Abstand an unterschiedlichen Punkten durchaus großskalig eine gewisse Variation 6 Zu genaueren Ausführungen, auf welche Art das solare Feld entsteht, siehe z.B. [Goedbloed u. Poedts 2004]. 17 Abbildung 1.5: Großskalige Struktur des interplanetaren Magnetfeldes. Quelle: [Prölss 2001] aufweisen. Da der Sonnenwind mit der heliographischen Breite variiert, gilt die Feldstruktur wie sie hier beschrieben ist nur für die Ekliptik. Für entlang der Feldlinien geführte Teilchen ist dies allerdings relativ unerheblich, da sich die Polung lediglich auf den Gyrationssinn auswirkt. Bei einem aus der Korona austretenden Plasmapaket sorgt das Frozen-In-Prinzip dafür, dass die Trajektorie seines Führungszentrums mit einer Feldlinie zusammenfällt. Auf Grund des ersten in Abschnitt 1.2.2 geäußerten Theorems wird die Ausdehnung des Plasmapakets senkrecht zum Magnetfeld unmittelbar mit der Feldliniendichte, also der magnetischen Flussdichte korreliert sein: Dehnt sich das Paket aus, wird die Flussdichte sinken und umgekehrt. Ein derartiges Paket definiert so eine Flussröhre parallel zum Feldverlauf, innerhalb derer also die absolute Teilchenzahl wie auch der magnetische Fluss konstant ist. Ist die durch das Paket überdeckte Fläche A0 an irgendeinem Ort entlang der Führungsfeldlinie s0 bekannt, so lässt sich für beliebige Orte entlang der Führungsfeldlinie der Querschnitt A(s) der Flussröhre aus der Struktur des Magnetfeldes ermitteln: 18 Φ (s) = BA = konst =⇒ ∂ (BA) = 0 ∂s ∂B ∂A A+B = 0 =⇒ ∂s ∂s 1 ∂B 1 1 ∂A =− = =⇒ A ∂s B ∂s λ Rs A (s) = A0 e s0 (1.38) 1 ds λ (1.39) In (1.38) wurde die Beziehung (1.35) genutzt, um die Fokussierung als Maß heranziehen zu können. Beziehung (1.39) wird später benutzt werden. Im Magnetfeld können ferner besonders großskalige Feldstörungen bis in den Fernbereich fortwirken, so dass sich insgesamt wie Abbildung 1.5 ein etwas differenziertes Bild des Feldes ergibt. Nichtsdestotrotz kann und wird in guter Näherung von einer im Wesentlichen spiralartigen Struktur ausgegangen. 7 In erster Näherung fällt der Betrag der magnetischen Induktion kontinuierlich mit dem reziproken Abstandsquadrat ab. Berücksichtigt man die anisotrope Feldstärkeverteilung entlang der heliographischen Breite, so findet man für die Ebene der Ekliptik den exakten analytischen Term für B(r) wie in Gleichung (1.40) gegeben.8 B (r) = B0 p 1 + β 2 r2 r2 (1.40) Es sei nochmals darauf hingewießen, dass sich alle hier getroffenen Aussagen ausschießlich auf die Ekliptikebene beziehen, an Orten außerhalb der Ekliptik ist auch Gleichung (1.40) so nicht gültig. Die Bogenlänge eines Armes s in einem gewissen Abstand r von der Sonne ist bekannt (siehe Anhang A.2.3). Aus dieser lässt sich jedoch keine analytische Darstellung von r (s) herleiten.9 . Damit ist auch keine analytische Darstellung der Magnetfeldstärke B (s) entlang eines Armes möglich. Für das regelmäßige Spiralfeld kann man allerdings die Fokussierungslänge analytisch bestimmen. 1 1 ∂B 1 ∂B dr =− =− λ B ∂s B ∂r ds Aus Gleichung (A.9) ergibt sich ds 1 + β 2 r2 =p dr 1 + β 2 r2 7 Vergleiche u.A. [Burlaga 1995], [Prölss 2001]. Siehe z.B. [Kallenrode 2001, Abschnitt 6.3.1]. Der Grund liegt wie bei dem Coulombschen Gesetz für elektrische Ladungen letztendlich im Gaußschen Satz begründet. 9 Vergleiche [Hatzky 1996], Abschnitt 2.1.1 8 19 und somit mit dB B0 2 + β 2 r2 =− 3 p dr r 1 + β 2 r2 die Fokussierungslänge für das ungestörte Spiralfeld gemäß Gleichung (1.41). 1 r2 1 = − p λ B0 1 + β 2 r2 p 3 r 1 + β 2 r2 =⇒ λ = 2 + β 2 r2 20 B0 2 + β 2 r2 − 3p r 1 + β 2 r2 !p 1 + β 2 r2 1 + β 2 r2 (1.41) 2 Interplanetarer Transport 2.1 Phänomenbeschreibung Im Abschnitt 1.3 wird der Sonnenwind als ein von der Sonne ausgehender Teilchenstrom erwähnt. Neben unterschiedlichster elektromagnetische Strahlung1 werden auch höherenergetische Partikel in den interplanetaren Raum abgegeben. Chemisch sind diese nicht vom Sonnenwind zu trennen, auch sie sind hauptsächlich Protonen, α-Teilchen und Elektronen, besitzen jedoch ein Vielfaches der Energie der Sonnenwindpartikel. Die Energie dieser Teilchen liegt im Falle von Elektronen gewöhnlich um 1 MeV, von Protonen im einigen 10 MeV-Bereich und damit grob um den Faktor 1000 über den typischen Energien des Sonnenwindes. Gemeinhin werden diese als Solar Energetic Particles (“SEPs”) bezeichnet. Es sei erwähnt, dass sich im interplanetaren Medium noch weitaus höherenergetische Teilchen tummeln. Diese stammen in der Regel nicht von der Sonne, sondern von extrasolaren Quellen, gewissermaßen den “Weiten des Alls”. Neben den hochenergetischen solaren Partikeln existieren also noch eine Vielzahl anderer Teilchenpopulationen verschiedensten Ursprunges, [Kallenrode 2001, Kapitel 7] gibt hier einen guten Überblick. In der Regel sind diese einzelnen Populationen auf Grund verschiedener Signaturen wie die mittlere Teilchenenergie gut auseinander zuhalten. Ist der Sonnenwind dicht genug, um das interplanetare Magnetfeld mit sich zu tragen und ihm so seine Spiralstruktur aufzuprägen, so liegt die Sache bei SEPs anders. Deren Dichte ist so gering, dass stattdessen das Magnetfeld die Dynamik dominiert. Die Partikel werden damit gezwungen, um die Feldlinien zu gyrieren und dem Feldlinienverlauf also zu folgen. Im Gegensatz zum Sonnenwind stammen SEPs von räumlich wie zeitlich eng begrenzten solaren Ereignissen, in der Regel Flares der Sonne. Interessant ist die Bewegung dieser Teilchen im interplanetaren Raum, ihr Transport von der Sonne. Verschiedene Prozesse wirken sich auf diesen Transport aus. Zunächst besitzen die Teilchen eine gewisse kinetische Energie, die sie zur Gyration entlang einer Feldlinie nutzen. Man spricht hier wegen Analogien in der mathematischen Beschreibung vom konvektiven Transport. Offensichtlich ist das interplanetare Magnetfeld nicht konstant, sondern fällt mit dem Abstand zur Sonne wie in Abschnitt 1.3 erklärt ab. Jede großskalige Änderung des Magnetfeldes führt jedoch zu Fokussierungsvorgängen, wie sie in Abschnitt 1.2.5 beschrieben werden. Fokussie1 Das sichtbare Licht, auch die UV-Strahlung sind Beispiele hierfür. 21 rung ist daher ebenfalls zu erwarten. Kleinskalige Variationen des Feldes führen zu infinitesimalen Änderungen des Pitchwinkels der einzelnen Teilchen. Die Summe dieser Änderungen führt dazu, dass einzelne Teilchen ihren Pitchwinkel, gesetzt das Beobachtungsintervall wird genügend groß gewählt, beliebig ändern können. Über eine energetisch homogene Teilchenpopulation beobachtet verschmiert damit die Pitchwinkelverteilung zusehends. Aus einem ursprünglich gerichteten Teilchenstrom, in welchem alle Partikel denselben Pitchwinkel besitzen, entwickelt sich so ein Strom heterogener Pitchwinkelverteilung. Stünde genügend Zeit bereit und würde kein weiterer Prozess wirken, so würde sich schließlich eine Gleichverteilung einstellen. so dass alle Pitchwinkel gleich häufig im Strom vertreten wären. Dieser Vorgang lässt sich mathematisch als Diffusion beschreiben, so dass dieser Prozess als Pitchwinkeldiffusion bezeichnet wird. Zuletzt gyriert jedes Teilchen zwar solange das Magnetfeld sich nicht ändert, um eine einzige Feldlinie. Störungen können einzelne Teilchen jedoch dazu veranlassen, von der Gyration um eine Feldlinie zu einer Nachbarfeldlinie zu wechseln. Hier kann auch im physikalischen Sinne von Diffusion gesprochen werden und mathematisch erfolgt die Behandlung entsprechend. Da diese senkrecht zum Feldlinienverlauf und damit zur Ausbreitungsrichtung verläuft, spricht man vom Quertransport. Dieser erfolgt im interplanetaren Raum isotrop in der gesamten Ebene senkrecht zur entsprechenden Feldlinie. Da hier nur die Ebene der Ekliptik betrachtet wird, findet allerdings auch nur der in dieser Ebene erfolgende Transport Berücksichtigung. Da das Sonnenwindplasma bereits dünn, die hier betrachteten Teilchenpopulationen jedoch noch um Größenordnungen weniger dicht sind, kann davon ausgegangen werden, dass keine Stöße erfolgen und sich die kinetische Energie eines Teilchens somit nicht verändert. 2.2 Die Transportgleichung 2.2.1 Herleitung Man betrachtet nun eine Flussröhre um eine zentrale Feldlinie herum. Jeden Punkt in dieser kann man über dessen Abstand z von der zentralen Feldlinie sowie die Bogenlänge der Feldlinie bis zu dem Punkt nächsten Punkt auf der Feldlinie eindeutig identifizieren. Sei nun f die Partikeldichte in dieser Flussröhre. Diese variiert räumlich und zeitlich, ist also von (s, z, t) abhängig. Weiterhin zerfällt jede Teilchenschar in Populationen mit unterschiedlichen Pitchwinkeln µ. Betrachtet man die zu einem festen µ zugehörige Population, so kann man einem Konglomerat aus dieser Population eine Gesamtmasse m zuordnen. Der Betrag seines Gesamtimpulses beträgt unter der Annahme einer Durchschnittsgeschwindigkeit v gerade pges = mv. Da die Geschwindigkeit v konstant ist, ist auch der Betrag des Impulses unveränderlich. Davon hat die parallel zur Ekliptik liegende Komponente den Wert mv cos α = mvµ. Im interplanetaren Raum bleibt die Teilchenzahl erhalten. Man kann daher für die- 22 ses Konglomerat die entsprechende Liouvillegleichung (1.3) aufstellen. Hierbei wird zunächst von einer eindimensionalen Bewegung entlang s, also der Führungsfeldlinie, ausgegangen. Damit erhält man Gleichung (2.1). ∂f ds ∂f d(µmv) ∂f + + = 0 ∂t ∂s dt ∂(µmv) dt (2.1) An den Emissionspunkten, also den Orten der Sonnenoberfläche, an welchen die Teilchen in den interplanetaren Raum abgegeben werden, ist auf der rechten Seite entsprechend Abschnitt 1.1 ein Quellterm Q(s, z, t) zu addieren. Mit dm dt = dv dt = 02 ergibt sich ∂f d(mvµ) 1 ∂f ∂(mvµ) dµ ∂f dµ = = ∂(mvµ) dt mv ∂µ ∂µ dt ∂µ dt ds dt ist die zur Feldlinie parallele Komponente der Teilchengeschwindigkeit v. Entsprechend dem Impuls genügt diese der Gleichung (2.2). ds = v cos α = vµ dt (2.2) Unter Berücksichtigung all dieser Erkenntnisse gelangt man zur Gleichung (2.3). ∂f ∂f dµ ∂f + µv + = Q (s, z, t) ∂t ∂s ∂µ dt (2.3) Hierin beschreibt der zweite Term von links die Konvektionsbewegung parallel zur Feldlinie und der dritte die Fokussierung des Teilchenflusses. dµ ergibt sich dabei zu dt 1−µ2 v 2λ mit λ als der Fokussierungslänge (Vgl. Abschnitt 2.2.2). Um die im Abschnitt 2.1 dargestellte Pitchwinkeldiffusion zu erfassen, muss der ∂f ∂ Gleichung ein weiterer Term − ∂µ κ (µ) ∂µ hinzugefügt werden. Die Gestalt dieses Termes wird in Abschnitt 2.2.3 erklärt. Wie in Abschnitt 2.2.4 dargelegt, kann der Transport senkrecht zur Führungsfeldlinie ebenfalls als diffusiv angenommen werden, seine mathematische Beschreibung erfolgt analog zu der Pitchwinkeldiffusion. Wie dort erfolgt die Berücksichtigung also durch ∂ Addition eines Termes − ∂z κ (s, z) ∂f zu der Gleichung (2.3). ∂z 2 Masse muss erhalten bleiben, es treten keine beschleunigenden Kräfte auf, siehe Abschnitt 1.2.1. 23 Man erhält somit Alles in Allem ∂f ∂f ∂ ∂f + µv − κ (s, z) + ∂t ∂s ∂z ∂z ∂ ∂f v (1 − µ2 ) ∂f − κ (µ) = Q (s, z, t, µ) 2λ ∂µ ∂µ ∂µ (2.4) Diese Gleichung wurde (ohne Querdiffusion) von Roeloff aufgestellt und wird daher oft als die Roeloffgleichung bezeichnet. Sie wurde in [Lampa 2006] um den Quertransport erweitert und nennt sich in der obigen Form die erweiterte Roeloffgleichung. Es ist anzumerken, dass der Transport parallel zu der Führungsfeldlinie den Transport senkrecht dazu um Größenordnungen übertrifft. Die hier eingehenden Prozesse führen letztendlich dazu, dass die transportierten Partikel in ihrer Bewegung entlang einer Feldlinie gestört werden, ihre Bewegungsrichtung im Extremfall umkehren und weiterhin senkrecht zu ihrer Bewegungsrichtung abgelenkt werden. In der Ekliptik lassen sich mittlere freie Weglängen als Maße der Störungen durch die Diffusionsvorgänge einführen. In Fall der mittleren freien Weglängen entlang einer Feldlinie lassen sich diese als die Wegstrecke, die ein Teilchen im Mittel zurücklegen kann, bevor es reflektiert wird, bevor also sein Pitchwinkel sich um π2 ändert, interpretieren. Beim s-Transport ist diese Weglänge λk durch Gleichung (2.5) definiert. 3 v λk (s) = 8 Z 2 (1 − µ2 ) dµ κ (s, µ) (2.5) [−1,1] Die mittlere freie Weglänge λr in radialer Richtung ist hiermit über Gleichung (2.6) verknüpft. λr (r) = λk (r) cos2 ϑ (r) (2.6) 2.2.2 Fokussierung Es verbleibt, den Ausdruck für dµ zu begründen. Dazu betrachtet man einen Teildt chenfluss mit identischem Pitchkosinus µ und Gesamtmasse m und geht am Besten wiederum von der ersten adiabatischen Invariante aus, also der Feststellung, dass das magnetische Moment M unter den hiesigen Voraussetzungen nahezu konstant ist: 24 dM =0 dt Mit der Definition des magnetischen Moments gemäß (1.33) findet man zunächst 2 d d mv⊥ M = = dt dt 2B m (1 − µ2 ) v 2 dB dµ 2 0 = − +µ v B 2B dt dt (2.7) (2.8) 2 wobei hier von der Tatsache Gebrauch gemacht wurde, dass v⊥ = v 2 sin2 α = ds v 2 (1 − cos2 α) = v 2 (1 − µ2 ) gilt. Mit dB = ∂B sowie ds = µv folgt weiter dt ∂s dt dt − 1 − µ2 2 ∂B 1 ds dµ dµ ds v = µ v2 = v 2 ∂s B dt dt dt dt dµ 1 − µ2 = v dt 2λ (2.9) λ ist die in Abschnitt 1.2.5 definierte Fokussierungslänge. 2.2.3 Pitchwinkeldiffusion Wie in Abschnitt 2.1 erwähnt, nimmt man an, dass sich die Pitchwinkelverteilungsdichte µf ändert, als würden die Teilchen im Pitchwinkelraum diffundieren. Sie ∂f abwärts folgen. sollten also dem Gradienten ∂µ f dµ kann als die entsprechende Flussdichte betrachtet werden. Den Anteil der Pitchwindt keldiffusion df an der Dichteänderung beschreibt somit eine Gleichung der dt P W D Form (1.4): df dt PWD ∂ =− ∂µ ∂f κ(µ) ∂µ (2.10) Der Term muss zur Gleichung (2.3) addiert werden. Die Gestalt des Diffusionskoeffizienten κ lässt sich aus der quasilinearen Theorie herleiten, da für diese Arbeit die Gestalt dieses Koeffizienten eine untergeordnete Rolle spielt, sei hier lediglich auf [Hatzky 1996] verwiesen. 25 2.2.4 Querdiffusion Das interplanetare Feld ändert sich räumlich nur langsam, so dass es lokal als homogen angesehen werden kann. Wie bereits beschrieben, wird ein geladenes Teilchen ~ 0 um sein Führungszentrum, welches einer Feldlinie im Raum im Hintergrundfeld B ~ 0 (t) beschrieben werden. folgt, gyrieren. Diese Trajektorie kann durch die Funktion X ~ 0 jedoch von stochastischen FeldfluktuatioIm interplanetaren Feld wird das Feld B ~ s (~x, t) überlagert, so dass das man an jedem Raumpunkt ein effektives Feld nen B ~0 + B ~ s (~x,t) wahrnimmt. Dies wird die Teilchentrajektorie X(t) ~ B ebenfalls beeinflussen. Nimmt man an, dass diese die Gestalt ~ ~ 0 (t) + X ~ 1 (t, Bs ) + X ~ 2 (t,Bs2 ) + . . . X(t) =X ~ s sind, so kann man ~ 1, X ~ 2 , die linear, quadratisch usw. in Bs = B mit Summanden X in erster Näherung alle Terme höherer Ordnung in Bs vernachlässigen. Durch Lösen ~ 1 (Bs , t) ermitteln. Geht man der Bewegungsgleichung für diese Situation kann man X zurück auf die Bewegung des Teilchens als eine Gyration um ein Führungszentrum, so findet man letztlich als Konsequenz dieser stochastischen Störungen, dass das Führungszentrum in der Ebene senkrecht zum Magnetfeld eine ebenfalls stochastische Bewegung beschreibt. Durch Summation dieser zunächst geringen Verschiebungen des Führungszentrums kann das Teilchen so weit von seiner ursprünglichen Führungsfeldlinie abkommen, dass es effektiv von seiner eigentlichen Flussröhre in eine benachtbarte Röhre übertritt. Diese Bewegung senkrecht zum Hintergrundfeld hat diffusiven Charakter und wird daher mathematisch ebenso beschrieben.3 Der Transportgleichung muss letztendlich ein diffusiver Term der Art ∂ ∂f κ ∂z ∂z hinzugefügt werden. Sei B0 = 1c EQtot β mit Etot als der relativistischen Gesamtenergie und Q als der Gesamtladung des Teilchens. Für den senkrechten Transport besitzt der Diffusionskoeffizient im homogenen Feld dann die Gestalt Gleichung (2.11) (Vergleiche [Jokipii 1966], Formel (29) und (23)). κ (β) = 1 1 4v β 2 Z 1 dµ KF P µ (2.11) [0,1] Dabei ist v der Betrag des Geschwindigkeitsvektors des betrachteten Teilchens. Geht man davon aus, dass KF P hinreichend wenig von β abhängt, so gilt 3 Dieser Effekt wird als “Field Line Random Walk” bezeichnet, da das Teilchen sich verhält, als würde seine Führungsfeldlinie zufällige Zitterbewegungen senkrecht zum Feld ausführen. 26 κ (β) ∼ 1 β2 (2.12) Ist die räumliche Ausdehnung der Störungen4 sehr viel größer als der Lamorradius des betrachteten Teilchens, so wird in [Jokipii 1966] mit Gleichung (38) gerade eine Beziehung (2.12) zwischen Diffusionskoeffizienten κ und der Feldstärkenänderung β hergeleitet. Im allgemeinen Fall gilt dies zwar nicht, doch wird hier als erste Näherung von einer Beziehung der Art (2.12) ausgegangen. Für einen vom Ort unabhängigen Diffusionskoeffizienten ergibt sich damit die DGL (2.13) für den reinen Quertransport. ∂f ∂t = κ̃ ∂ 2 f β 2 ∂z 2 (2.13) Sei f (z, t) eine Lösung dieser DGL. Betrachtet man nun zwei Messpunkte p1 = 05 und p2 , so beträgt die Dichte an den Punkten f (0, t) bzw. f (p2 , t). Nun widme man sich der Situation, dass p2 um den Faktor 1/a an den Punkt p1 heranrückt. Die Dichte an dem Punkt p̃2 = pa2 beträgt dann bei sonst unveränderten Bedingungen f ( pa2 ,t) bzw. die Änderung der Dichte durch die Kontraktion des Abstandes beider Punkte voneinander ∆f = f (p2 , t) − f ( pa2 ,t). Nimmt man allerdings an, dass zugleich der Diffusionskoeffizient κ um a12 absinkt, so erhält man für die resultierende DGl κ ∂2g ∂g = 2 2 ∂t a ∂z die Funktion g(z, t) = f (az, t) als Lösung. Beim Zusammenrücken der Punkte wie oben geschildert ergibt sich damit als Änderung der Dichte am verschobenen Punkt p2 gerade p2 ∆f = f (p2 , t) − g( , t) = f (p2 , t) − f (p2 , t) = 0 a Falls der Diffusionskoeffizient also bei der Kontraktion der räumlichen Dimension um einen Faktor a1 gerade um a12 sinkt, ändert sich die sich aus der Diffusion ergebende Verteilung nicht. Führen durch die Punkte p1 und p2 Feldlinien senkrecht zur Diffusionsachse, so bedeutet eine Kontraktion des Abstandes zwischen den Feldlinien um einen Faktor a1 gerade eine Erhöhung des Feldbetrages um eben einen Faktor a. 4 5 Genauer wird verlangt, dass die Korrelationslänge sehr viel größer als der Lamorradius ist. Das p1 gleich 0 gesetzt ist, erfolgt ohne Beschränkung der Allgemeinheit und dient lediglich der Vereinfachung der Gleichungen, da so p2 − p1 = p2 gilt. 27 Unter den gemachten Annahmen wirkt sich die Erhöhung des Magnetfeldbetrages effektiv nicht auf die Dichteverteilung bezüglich der Feldlinien aus. Zu beachten ist, dass sich die Verteilung bezüglich des Raumes durchaus ändert. Misst man jedoch immer auf einer Feldlinie, so sollte man immer dieselben Werte erhalten, unabhängig davon, wie die Feldlinie senkrecht zu ihrem Verlauf bezüglich der übrigenn Feldlinien verschoben wird. Die Dichteverteilung entlang einer Feldlinie ändert sich also nicht, wenn die Feldlinien dichter zusammen rücken. Den Ergebnissen aus [Jokipii 1966] die Annahme schwacher 6 , aber über relativ weite Distanzen korrelierter und echt stochastischer Magnetfeldfluktuationen zu Grunde. Weiterhin ist die Argumentation streng nur aufrechtzuerhalten, falls der Diffusionskoeffizient κ nicht von z selbst abhängt, da sich ansonsten die DGL (2.13) in ihrer Gestalt anders darstellte. Dies ist nur bei lokal gleichmäßiger Kompression möglich. Ansonsten müsste die Änderung des Diffusionskoeffizienten und so auch der resultierende Koeffizient vom Ort abhängen. Trotz dieser Einschränkungen erscheint das Grundprinzip anschaulich jedoch einleuchtend. Ein starkes Magnetfeld führt zu einem geringen Lamorradius eines gyrierenden Teilchens, das Teilchen befindet sich somit dicht bei seiner Führungsfeldlinie. Gleichzeitig sind die Flussröhren in einem starken Feld stark konzentriert. Bei einem schwachen Feld gilt Entsprechendes. Effektiv sollte sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Teilchen also durch eine Feldfluktuation in eine benachbarte Flussröhre gerät, nicht wesentlich ändern. 2.3 Lösungsmethodik 2.3.1 Differenzenverfahren Die Komplexität der Transportgleichung (2.4) verhindert in allen bis auf einigen degenerierten Fällen ihre analytische Lösung. Die Suche nach einer Lösung muss also über ein numerisches Verfahren führen. Hierzu existieren mehrere Methodenklassen, von denen eine der am weitesten verbreiteten sicherlich die Methode der der finiten Differenzen ist. Diese wird auch hier benutzt, da für die Transportgleichung auf die entsprechenden Ergebnisse aus [Lampa 2006] zurückgegriffen werden kann, welche von der Aufstellung entsprechender Schemata bis hin zu einer FORTRANImplementation, dem Programm GREF reichen. Allen ist gemeinsam, dass sie jeweils nur Näherungslösungen liefern und jede Verfahrensklasse verschiedene Stärken und Schwächen aufweist. Finite-Differenzen-Verfahren sind dabei relativ leicht anzuwenden, liefern aber nicht notwendigerweise verwertbare Näherungslösungen. Hier muss man von Fall zu Fall prüfen, ob und unter welchen Bedingungen eine für ein konkretes Verfahren ausgearbeitete Methode praktikabel eingesetzt werden kann. Die grundlegende Idee bei diesen Verfahren ist dabei, den Phasenraum zu diskretisieren 6 Für die Präzisierung dieses Begriffes sei wiederum auf [Jokipii 1966] verwiesen. 28 und so Differentialquotienten in den zu behandelnden Gleichungen in Differenzenquotienten zu überführen, um das ursprüngliche Problem letztlich auf das Lösen eines linearen Gleichungssystemes zu reduzieren. Im vorliegenden Fall besitzt man die Differentialgleichung (2.4) der Form L [f (~x)] = Q (~x) , ~x = (s, z, t, µ) ∈ R4 , f ∈ C 2 R4 , R (2.14) L ∈ {C 2 (R4 , R) −→ {R4 −→ R}} ist dabei der Differentialoperator ∂ ∂ ∂ ∂ L = + µv − κ (s, z) + ∂t ∂s ∂z ∂z ∂ ∂ v (1 − µ2 ) ∂ − κ (µ) 2λ ∂µ ∂µ ∂µ und Q die bereits bekannte Injektionsfunktion. Dabei muss man sich bei der Suche nach numerischen Lösungen auf eine kompakte echte Teilmenge K des R4 beschränken. Für den so notwendigerweise auftretenden Rand ∂K sind entsprechende Randbedingungen aufzustellen: k f, ∂f ∂xi ! ,∂K = 0 (2.15) i∈{1,2,3,4} In der Regel ist k dabei eine in all ihren Argumenten lineare Funktion. Es sei darauf hingewiesen, dass man nicht für jede Art Differentialgleichung Bedingungen für den gesamten Rand zur Verfügung stellen muss. Bei vielen praktischen Problemen genügt z.B. bzgl. der zeitlichen Dimension die Vorgabe von Anfangswerten. K ist nun zu diskretisieren, d.h. man wählt ein geeignetes Gitter ω ⊂ K , γ = (ω ∩ ∂K) Und “diskretisiert” alle auftretenden Funktionen wie Q durch entsprechende Einschränkungen Q̃ = Q|ω (2.16) 29 Differentialquotienten sind auf diskreten Mengen nicht definiert, so dass man im Falle des Operators L nicht mit einer einfachen Einschränkung weiterkommt. Stattdessen müssen diese Quotienten auf geschickte Art durch diskrete Äquivalente ersetzt werden. Da der Operator L linear in f ist, kann man jeden einzelnen Differentialausdruck getrennt betrachten. Man entwickelt hierzu die gesuchte, noch unbekannte Lösung f in einer Taylorreihe nach der entsprechenden Variablen bis zum notwendigen Glied und erhält nach Umformung einen entsprechenden Ausdruck. Für den ∂f Differenzenquotienten ∂µ könnte folgendermaßen vorgegangen werden: ∂f 2 f (µ1 ) = f (µ0 ) + (µ1 − µ0 ) + O (µ − µ1) 1 ∂µ µ0 f (µ1 ) − f (µ0 ) ∂f = + O (µ1 − µ0 ) =⇒ ∂µ µ1 − µ0 (2.17) µ0 für zwei “Punkte” µ0 und µ1 . Führt man die Diskretisierung für alle Differenzenquotienten in allen Variablen entsprechend aus, so erhält man letztendlich eine diskrete Version von L und den Randbedingungen k. Die Lösung wird auf der Domäne ω = {si , 1 ≤ i ≤ S} × {zi , 1 ≤ i ≤ Z} × {ti , 1 ≤ i ≤ T } × {µi , 1 ≤ i ≤ M } gesucht. Da diese diskrete Menge kompakt ist, ist die Menge der in ihr enthaltenen Punkte |ω| endlich. Man kann die gesuchte diskrete Lösungsfunktion f |K als einen Vektor (yi(l,m,n,o) ) mit i(.) : {1 ≤ i ≤ S} × {1 ≤ i ≤ Z} × {1 ≤ i ≤ T } × {1 ≤ i ≤ M } −→ {1 ≤ i ≤ SZT M } als einer geeigneten Zuordnung interpretieren. L lässt sich dann als Matrix darstellen und man erhält für das Gleichungssystem (2.14) die diskrete Form (2.18). L̃~y = ~q, ~y = (f (zl ,sm , tn , µo )) i(l,m,n,o) ~q = Q̃ (zl ,sm , tn , µo ) k̃ = k|R×R×γ i(l,m,n,o) k̃ = 0, (2.18) Man wird bestrebt sein, die Diskretisierung so durchzuführen, dass L̃ nur in der Haupt- sowie einigen Nebendiagonalen besetzt ist. Normalerweise ist dies bei eindimensionalen Problemen leicht zu bewerkstelligen, da die Differenzenquotienten nur von einer begrenzten Zahl Nachbarpunkte abhängen. Mehrdimensionale Problemstellungen werden dies in der Regel nicht zulassen. Ist der betreffende Differentialoperator L jedoch linear in der gesuchten Funktion f , so kann man ihn in eindimensionale Teilprobleme zerlegen und die Gesamtlösung durch Aufsummieren der Teillösungen bilden. Dies wird an der Transportgleichung im Abschnitt 2.3.2 vorgenommen und hier daher nicht weiter erläutert. Man spricht von dem Gleichungssystem (2.18) als Schema, welches nun wie jedes gewöhnliche Gleichungssystem gelöst 30 werden kann. Sinnvoll ist dieses Vorgehen allerdings nur, falls der erhaltene Lösungsvektor ~y die Lösung f der Differentialgleichung (2.4) hinreichend gut auf K approximiert, also f (sl , zm , tn , µo ) ≈ yi(l,m,n,o) ∀ (sl , zm , tn , µo ) ∈ K gilt. Dies kann allgemein nicht nur nicht garantiert werden, es ist sogar durchaus die Regel, dass ein Schema unter gewissen Umständen versagt, die gefundene diskrete Funktion ~y sich völlig anders als die exakte Lösung f verhält. An jedes Schema sind daher folgende Qualitätskriterien anzulegen: 1. Konsistenz : Der diskrete Operator muss für gegen 0 strebende Abstände der Gitterpunkte gegen den approximierten Differentialoperator streben. Der Differenzenquotient (2.17) beispielsweise konvergiert mit O(µ1 − µ0 ) gegen den entsprechenden Differentialquotienten. 2. Konvergenz : yi(l,m,n,o) muss für fest gegebene (zl , sm , tn ) bei µ1 − µ0 → 0 gegen f (zl , sm , tn , µo ) für alle o aus der entsprechenden Indexmenge gehen. Entsprechendes muss für s, z, t gelten. 3. Stabilität: Kleine Störungen dürfen nicht beliebig verstärkt werden. 2.3.2 Diskretisierung der Transportgleichung Die Diskretisierung der Transportgleichung (2.4) erfordert zunächst eine Diskretisierung der Domäne, also die Wahl eines geeigneten Gitters in der Ekliptikebene sowie eine Diskretisierung der Zeit. Hierbei wurde der Geometrie des interplanetaren Feldes entsprochen und die Gitterpunkte also wie in Abbildung 2.1 auf entsprechenden Spiralarmen angeordnet. Die Verbindungslinien zwischen zwei benachbarten Feldlinien stehen überall senkrecht zur Magnetfeldrichtung. Die Abstände auf den Feldlinien werden nun so gewählt, dass die Gitterpunkte auf den Schnittpunkten der Feldlinien mit eben diesen Verbindungslinien liegen. Diese räumliche Diskretisierung ist offensichtlich nicht äquidistant, so dass hier mit besonderer Vorsicht vorzugehen ist. Man beschränkt sich hierbei auf einen gewissen Teilsektor der Spirale und eine maximale Bogenlänge der dort anzutreffenden Feldlinien. Die seitlichen Ränder dieses Sektors werden aus Gründen der Dichteerhaltung als teilreflektierend bzw. periodisch angesetzt(Siehe [Lampa 2006, Abschnitt 5.3.2]). Die noch fehlende Randbedingung für den inneren Rand wird durch die Annahme voller Reflexion am selben gegeben. In der Zeitkoordinate wurde die Transformation t −→ τ = tv mit v als der in Abschnitt 2.2 eingeführten Teilchengeschwindigkeit durchgeführt und das zu betrachtende Zeitintervall in äquidistante Intervalle geteilt. Die DGl (2.4) selbst kann wie in Abschnitt 2.3.1 bereits erwähnt für jede Transportart gesondert diskretisiert werden. Die erhaltenen Teildichten können anschließend einfach zur Gesamtdichte aufaddiert werden. Der s-Transport ∂f ∂f = µv ∂t ∂s 31 Abbildung 2.1: Bei der Diskretisierung der Transportgleichung benutztes Raumgitter.Quelle: Florian Lampa wird mittels einer Kombination aus dem Lax-Wendroff-Verfahren (2.19) und Methoden zur Vermeidung numerischer Oszillationen diskretisiert. xs,τ +1 = xs,τ γ − 2 xs+1,τ +1 − xs−1,τ γ2 (xs+1,τ − xs,τ + xs−1,τ ) + 2 (2.19) Aus Gründen der Übersichtlichkeit bezeichnet s hier nicht den aktuellen Wert, sondern den Index für die s-Dimension. Entsprechendes gilt für die anderen drei Variablen. Diese Indizes sind nicht mit den Werten der Variablen gleichen Namens zu verwechseln. In γ geht dabei mit den Abständen (∆s)s die Gitterstruktur mit ein. Das Verfahren ist implizit und daher rechnerisch relativ aufwändig. Weiterhin ist die Stabilität nur garantiert, falls die Bedingung von Lax-Richtmyer (2.20) und von courant-Friedrichs-Levy (2.21) erfüllt ist. µi sind jeweils die diskreten Werte des PWDK. Das Verfahren ist von zweiter Ordnung. ∆s ∆τ ≤ |µv| ∆τ ≤ 1 max µi ∆s 32 (2.20) (2.21) Der µ-Transport ∂f v (1 − µ2 ) ∂f ∂ + ∂t 2λ ∂µ ∂µ ∂f κ ∂µ =0 wird durch das implizite Il‘jin-Schema diskretisiert. Dieses ist ein relativ komplexes und seine exakte Gestalt in diesem Zusammenhang unwichtig, so dass hier auf die Ausformulierung verzichtet wird. Das Schema ist in [Lampa 2006, Abschnitt 4.2] dargestellt. Wichtig ist, dass dieses um stabil zu sein die Erfüllung der Bedingung (2.22) erfordert. λ ≥ ∆τ ∆µ 1+ 2 und v (1 − µi ) 1 ≤2 max i 2λi κi (2.22) κi sowie λi sind hierbei die Werte des Pitchwinkeldiffusionskoeffizienten bzw. der Fokussierungslänge am Gitterpunkt i. Die Konvergenz des Schemas ist von der Stärke der Diffusion abhängig und liegt für eine Geringe bei Eins, für eine Starke bei Zwei. Der z-Transport ∂f ∂ = ∂t ∂z ∂ κ(s, z) f ∂z wird mit dem Dreipunkteschema (2.23) diskretisiert. xz,τ +1 = κ (s, z) (Θ (xz+1,τ +1 − 2xz,τ +1 + xz−1,τ +1 )) + ∆z κ (s, z) ((1 − Θ) (xz+1,τ − 2xz,τ + xz−1,τ )) ∆z (2.23) Θ ist hierbei zu 1 gewählt und entspricht dann dem Laasonen-Verfahren. Es ist bedingungslos stabil und besitzt die Konsistenzordnung 1 bezüglich z, bezüglich τ die Ordnung 2. Die diskrete Injektionsfunktion Q̃ gibt die Werte der Phasenraumdichte an der inneren, also der Sonne zugewandten Domänengrenze {(s1 , zm , tn , µo ) ∈ K} an. Die Werte der Funktion Q̃ sind dabei für jeden Zeitschritt vorzugeben und werden entsprechend direkt auf den entsprechenden Teil des Lösungsvektors (yi(1,m,n,o) ) aufaddiert. Diverse wichtige Details wie die Ermittlung verschiedener Faktoren sind in dieser Überschau unterschlagen worden. Sie finden sich in [Lampa 2006, Abschnitt 5.3]. 33 2.4 Intensität und Anisotropie Die Teilchendichte f ist Messungen nicht direkt zugänglich. Man charakterisiert Teilchenströme daher durch ihre differentielle Intensität und Anisotropie. Die differentielle Intensität I (~x, E, Ω, t) dt dE dΩ dσ gibt dabei die Zahl der Teilchen an, welche durch eine gegebene Fläche σ in der Zeit dt und mit Energien Ei ∈ [E, E + dE] hindurchtreten. Dabei finden die Teilchen Beachtung, deren Bewegungsrichtung einen Raumwinkel Ω = (Ω1 , Ω2 ) ∈ [Ω̃1 , Ω̃1 + dΩ1 ]×[Ω̃2 , Ω̃2 +dΩ2 ] senkrecht zur betrachteten Ebene σ aufweisen. Die differentielle Intensität I steht dabei mit der Phasenraumdichte f über die Beziehung (2.24) in Zusammenhang, wobei p den jeweiligen Impuls eines Teilchens der Energie E darstellt und bereits von einer rein zweidimensionalen Situation ausgegangen wird, so dass der Raumwinkel auf ein Skalar kollabiert und als Pitchkosinus µ angegeben werden kann. I (s, z, E, µ, t) = p2 f (s, z, t, µ) (2.24) Die Intensität liefert also eine Aussage über die absolute Zahl der im Strom zu einem gewissen Zeitpunkt und Ort anzutreffenden Teilchen. Gemeinhin misst man diese, indem man die auf eine Fläche A einfallenden Teilchen eines gewissen Energiebandes [E1 : E2 ] über ein Zeitintervall [t1 : t2 ] zählt. Die gemessene Intensität I folgt dabei Gleichung (2.25). Z Z Z Z I= I (s, z, E, µ, t) dt dE dµ dσ (2.25) A [−1:1] [E1 :E2 ] [t1 :t2 ] Daneben ist für jeden Strom aber auch die Verteilung der Bewegungsrichtungen seiner Teilchen charakteristisch. Die Anisotropie A gibt darüber Auskunft. Deren Betrag ist als der normierte Mittelwert der Intensität bezüglich der Winkelverteilung wie in Gleichung (2.26) angegeben. R I(s, z, E, µ, t)µdµ [−1,1] |A (s, z, E, t)| = 3 R I(s, z, E, µ, t)dµ (2.26) [−1,1] Die Anisotropie kann so definiert Werte zwischen 0 und 3 annehmen. Dabei besagen Werte nahe Null, dass die Teilchen sich gleichmäßig in jede Richtung bewegen 34 (der Begriff Strom ist in diesem Falle vermutlich nicht mehr angebracht), 3 bedeutet einen vollständig gerichteten Teilchenstrom. Man führt die Konvention ein, dass für eine gerichtete Bewegung mit einer antiparallel zur Polarität des Magnetfeldes verlaufenden Bewegung A < 0 ist. Im Allgemeinen erhält man über Messungen nur eine endliche Zahl diskreter Stichproben Ii ∆E∆µi ∆t∆σ vom Verlauf der Intensität. Eine Möglichkeit, die Anisotropie näherungsweise zu erhalten, ist die Definition (2.26) zu verwenden, wobei man die Integrale bezüglich des Zählmaßes auswertet und diese so effektiv in endliche Summen übergehen lässt: P Ii µi i P A = (2.27) Ii i 35 3 Magnetische Wolken 3.1 Definition Abbildung 3.1: Typische Messdiagramme einer Sonde beim Durchfliegen einer magnetischen Wolke (9. bis 11. November 2004). Der Beginn der Wolke ist mit “in”, mögliche Enden mit “out1” bis “out3” gekennzeichnet. Quelle: [Dasso u. a. 2007] Im vorangegangen Abschnitt wurde erwähnt, dass die Struktur des interplanetaren Magnetfeldes als im Wesentlichen regelmäßig angenommen werden kann. Dennoch werden von Satelliten immer wieder großskalige Störungen dieses Feldes registriert. Für eine Klasse dieser Störungen führte Burlaga 1981 in [Burlaga u. a. 1981] den Begriff magnetische Wolke (engl. “magnetic cloud”, kurz “MC”) ein. Die von ihm gewählte Definition beruht auf der Gestalt der von Satelliten in Abständen von unter 1 AU bis zu mehreren AU gelieferten Daten. Grundsätzlich sind von diesen nur punktuelle Messungen einzelner Parameter entlang ihrer Trajektorie möglich, so dass sich Diagramme wie in Abbildung 3.1 ergeben. Aufgenommen wurde hier der Betrag des Magnetfeldes B, der Azimuth θB als Winkel zwischen Ma~ und Ekliptik, die Elevation ΦB als Winkel zwischen Feldvektor und gnetfeldvektor B der Ebene senkrecht zur Ekliptik, die Strömungsgeschwindigkeit v des Plasmas, die 36 Protonenzahldichte nP sowie das Plasma-βP (Plasma-β der Protonenpopulation)1 . Kennzeichnend für eine magnetische Wolke sind dabei: 1. Ein stark erhöhter Betrag des Magnetfeldes, wie ihn eben jenes Diagramm, beginnend bei Stunde 20 (“in”) bis ca. Stunde 40, zeigt. 2. Eine gleichmäßige Rotation des Magnetfeldvektors, was sich im Diagramm im Intervall zwischen Stunde 20 (“in”) und kurz nach Stunde 30 (“out”) durch den Abfall der Elevation θB von ca. + 90◦ auf ca. −90◦ und somit einer Rotation von nahezu 180◦ ausdrückt. Nach Durchlauf durch die Wolke hat sich die Richtung des Magnetfeldes also nahezu invertiert. 3. Eine stark herabgesetzte Protonentemperatur, dass das Plasma-βp 1 ist.2 Das Magnetfeld bestimmt somit die Dynamik im von der Wolke eingenommenen Bereich. Das wolkeninterne Magnetfeld schwächt sich mit zunehmenden Abstand von der Sonne ab. Typischerweise nimmt es bei einer Entfernung von 1 AU eine Stärke von 20 − 30 nT, bei 2 AU nur mehr ungefähr 10 nT an (Siehe [Osherovich u. a. 1993]). In der Regel ist außerdem auch der Plasmadruck in der Wolke im Vergleich zum Außenbereich herabgesetzt. Dies ist aber kein Identifikationskriterium, da z.B. gerade das hier beispielhaft erläuterte Ereignis dieses Merkmal nicht zeigt. Die Häufigkeit derartiger Wolken wird unterschiedlich angegeben, [Wu u. Lepping 2007] nennen ∼ 9 entdeckte Wolken pro Jahr, wobei dies auf Grund von potentiell beliebig vielen unentdeckten Wolken als untere Grenze anzusehen sein dürfte. Die Identifikation gestaltet sich bereits schwierig, wenn die messende Sonde nicht das Zentrum der Wolke passiert, da dann beispielsweise die Rotation des Feldvektors nur mehr unvollständig aufgenommen wird.3 3.2 Eigenschaften 3.2.1 Vermutete Struktur Tatsächlich ist die oben gegebene Definition für magnetische Wolken geeignet, von Satelliten aufgenommene Ereignisse als magnetische Wolken identifizieren zu können. Der erhöhte Magnetfeldbetrag sowie das erniedrigte Plasma-β liefern außer der Tatsache, dass es sich hierbei um ein im Wesentlichen magnetisches Phänomen handelt, wenig Greifbares. Die Rotation des Feldvektors legt eine so genannte Flussseilkonfiguration (“flux rope”) des Magnetfeldes als Ursache nahe. Dies ist eine Feldlinienstruktur, bei welchem sich wie in Abbildung 3.2 Feldlinien helixförmig 1 Definition siehe Gleichung (1.29) Typischerweise β ≈ 0.1 oder noch darunter, siehe [Henke 1999]. 3 Siehe folgenden Abschnitt. 2 37 Abbildung 3.2: Schematische Darstellung der Flussseilstruktur, wie sie für magnetische Wolken angenommen werden kann. Quelle: [Henke 1999] um eine zentrale Feldlinie winden. Hierbei nimmt die Helizität der Feldlinien nach außen hin zu, d.h. die Zahl der Windungen pro Längeneinheit steigt mit zunehmenden Abstand zur zentralen Feldlinie stetig, um sich zum Grenzbereich der Struktur konzentrischen Kreisen zu nähern. Dies würde zwingender Weise bei einer zentralen Durchquerung der Wolke zu einer gemessenen Rotation des Feldvektors um 180◦ führen müssen. Dass dieser Wert in vielen Fällen nicht erreicht wird, kann dadurch zu Stande kommen, dass die Trajektorie der betreffenden Sonde das Zentrum der Wolke verfehlt. Die Struktur ist in sich geschlossen, man nimmt allgemein an, dass dieses “Seil” während seiner gesamten Existenz mit der Sonne verbunden bleibt. So gibt Burlaga in [Burlaga 1995], Abschnitt 6.3.2 die dauerhafte Verbindung der Wolke mit der Sonne als wahrscheinlich an, erklärt aber auch, dass andere Konfigurationen durchaus möglich sind. Auch andere Autoren interpretieren Daten nur vorsichtig dahingehend, dass die sie verursachenden Flussseile noch mit der Sonne verbunden sind.4 Als positiven Hinweis auf eine noch bestehende Verbindung werden immer wieder bidirektionale, also sich entgegen gerichtete Ionenströme, wie sie immer wieder innerhalb magnetischer Wolken gemessen werden, angeführt. Diese können jedoch auch in torusartigen Feldlinienstrukturen auftreten. Einige Autoren nehmen auch eine ebensolche Torusstruktur an, welche sich beispielsweise durch das Ablösen des Flussseils von der Sonne, möglicherweise durch Rekonnexion5 ergeben könnte. Voll akzeptiert ist dagegen die Flussseilstruktur als solche, sie wird generell angenommen, teils gar als Definitionsmerkmal einer magnetischen Wolke angesehen. Man vergleiche u.A. [Bothmer u. Schwenn 1997], die in der Einleitung von [Quan4 5 Vergleiche [Foullon u. a. 2007]. Siehe Abschnitt 1.2.4. 38 Abbildung 3.3: Vermutete großskalige Struktur einer magnetischen Wolke. Quelle: [Stepanova u. Kosovichev 1993] Lin u. a. 2003] gemachten Aussagen, [Jian u. a. 2006], speziell die Erläuterungen zu der dort definierten Kategorie G1 von ICME oder auch [Henke 1999]. In [Kilpua u. a. 2009] gelangen die Autoren nach Auswertung verschiedener Messdaten für eine untersuchte Wolke zu einem relativ unregelmäßigen Querschnitt, was in Anbetracht der realen, durchaus komplexen Situation nicht verwundert. Der Querschnitt eines solchen Flussseils wird dennoch oft als kreisförmig oder zumindest ellipsoid angenommen. Numerische Simulationen, in denen die magnetische Struktur von Wolken und dem sie umgebenden Feld untersucht wurden, scheinen diese Annahme hinsichtlich der Ergebnisse zu rechtfertigen (Siehe bspw. [Vandas u. Fischer 1995]). Die Querschnittdurchmesser reichen hierbei bei 1 AU von 0.25 bis hin zu 0.5 AU. Magnetische Flussseile treten in unterschiedlichster Lage und Orientierung auf. 3.2.2 Evolution einer magnetischen Wolke Das Diagramm 3.1 zeigt den für magnetische Wolken typischen Abfall der Sonnenwindgeschwindigkeit von ihrer Vorder- zu ihrer Hinterkante. Man ist sich in der Literatur anscheinend einig darüber, dass dies auf eine Expansion hindeutet, siehe z.B. [Burlaga 1995] oder auch neuere Autoren wie [Kilpua u. a. 2009]. Genau besehen ist dies auch lediglich eine Beschreibung der Messergebnisse. Da sich Teilchen am Bug der Störung schneller fortbewegen als jene am Heck, entfernen sie sich effektiv voneinander. Das Plasma als Ganzes expandiert. Dieses ist aber nur möglich, wenn sich auch die magnetische Struktur, die dem Plasma seine Bewegungsrichtung vorgibt, ausdehnt. Details des Vorganges lassen sich allerdings wegen des oben genannten Problems, nur Punktmessungen durchführen zu können, nur sehr unvollständig aus Messdaten rekonstruieren. In [Henke 1999, Abschnitt 2.3.2], wird basierend auf der Auswertung von Messdaten, der mittlere Durchmesser ρ einer Wolke mit ihrem Abstand r von der Sonne in Beziehung gebracht: ρ ∼ r0.8 39 In [Lepping u. a. 2008] dagegen wird die Expansionsgeschwindigkeit vexp einfacher als konstant und also von der Driftgeschwindigkeit vM C und dem Abstand rM C (tEN ) der Wolke von der Sonne zum Zeitpunkt tEN gemäß (3.1) abhängig genähert. vexp = rM C (tEN ) tEN + ∆t (3.1) ∆t ist dabei ein Korrekturfaktor, der letztendlich die Tatsache, dass die Wolke bei ihrem Austritt aus der Sonne bereits über einen gewissen Durchmesser verfügte, einbezieht. Magnetohydrodynamische Simulationen stützen diesen Befund, legen aber auch nahe, dass die Expansion nicht isotrop, sondern zunehmend tangential zur Achse Wolke - Sonne erfolgt. Auch scheint das Expansionsverhalten unabhängig von der Lage der Wolkenachse zu sein, wie die Artikel [Vandas u. Fischer 1995] und [Vandas u. a. 1996] zeigen. Erklären lässt sich die Anisotropie durch die Wechselwirkung mit dem äußeren interplanetaren Feld. Durch die Bewegung der Wolke wird das äußere Feld vorderhalb mehr und mehr komprimiert, wodurch der magnetische Druck beständig zunimmt. Dadurch wird der Wolke in Expansionsrichtung ein Widerstand entgegengesetzt, so dass die Expansion in radialer Richtung zusehends gehemmt wird.6 Es folgt unmittelbar, dass der Wolkenquerschnitt nicht dauerhaft eine Kreisscheibe darstellen kann. Ein solcher würde auf Grund der anisotropen Expansion zu einer Ellipse entarten. Die Annahme kreisförmiger Querschnitte scheint jedoch in erster Näherung berechtigt, vergleicht man die aus Daten rekonstruierten Schnitte in [Kilpua u. a. 2009], und erfolgt häufig. Die Art der Wolkenbewegung ist bei Weitem unklarer, Messdaten erlauben hierauf kaum Rückschluss. Hier muss man im Wesentlichen auf Simulationen zurückgreifen. Es zeigt sich, dass die Wolke in Sonnennähe nahezu radial nach außen läuft, dann jedoch unter Einfluss des umgebenden Feldes mehr und mehr von dieser Richtung abkommt. Da die Bewegung wesentlich vom umgebenden Magnetfeld bestimmt wird, sei hierzu auf Abschnitt 3.4.2 verwiesen. Ein Vergleich der Ergebnisse aus [Vandas u. Fischer 1995] und dem Folgeartikel [Vandas u. a. 1996] zeigt, dass für die Entwicklung der Wolke die Lage relativ zur Ekliptik kaum eine Rolle spielt. Die Geschwindigkeit, mit der die Wolke sich nach außen bewegt, scheint sich relativ nahe der Sonne bereits der des langsamen Sonnenwindes, also 400 bis 500 km/s, anzupassen, allerdings treten auch bedeutend schnellere Wolken auf.7 Insgesamt scheint die Geschwindigkeit sich relativ bald kaum mehr zu ändern, so dass diese zumindest solange das Feld keinen zu stark konzentrischen Verlauf besitzt, nahezu konstant bleibt. In der Regel wird die Konstanz der Geschwindigkeit auch bei der Auswertung von Messdaten angenommen. Die hier gemachten Aussagen gelten wie für die großskalige Struktur 6 7 Vergleiche hierzu Abschnitt 3.4.2. [Wu u. Lepping 2007] berichten eine mittlere Maximalgeschwindigkeit von 477 km/s bei den dort untersuchten Wolken. Vergleiche auch [Bothmer u. Schwenn 1997] oder [Kilpua u. a. 2009]. 40 des interplanetaren Magnetfeldes nicht in unmittelbarer Nähe der Sonne, wie im Abschnitt 3.3 noch gezeigt werden wird. Hat eine Wolke allerdings einmal die hier beschriebene Struktur angenommen, zeigt sie sich ziemlich stabil. Magnetische Wolken wie sie hier beschrieben werden wurden teils noch in > 10 AU Entfernung von der Sonne identifiziert (Vergleiche [Burlaga 1995, Abschnitt 6.6]). 3.3 Ursprung Die Frage nach der Entstehung magnetischer Wolken erscheint derzeit in der Literatur8 noch mit vielen Fragen verknüpft. Unstreitig ist die Sonne als Quelle des interplanetaren Feldes auch Verursacher dessen Störungen. Diese zeigt verschiedenste Arten von Ausbrüchen, d.h. Ereignissen, bei welchen große Mengen Energie und Materie in den interplanetaren Raum abgegeben werden. Diese Energie kann in Form heißen Plasmas abgegeben werden. Entsprechende Ereignisse werden allgemein als koronale Massenauswürfe (Coronal Mass Ejections) bezeichnet, da sie ihren Ursprung in der Sonnenkorona haben. Eine andere Möglichkeit ist das Aussenden eines starken Strahlungspulses. Derartige Pulse bezeichnet man als Flares. Da beide Phänomene oft gemeinsam auftreten erscheint es durchaus wahrscheinlich, dass sie zwei Symptome eines einzigen komplexeren Vorganges sind oder das eine das andere verursacht (Siehe [Aschwanden 2004]). Wie in [Kallenrode 2001], Kapitel 6.7.4 jedoch dargelegt, ist der letztendliche Zusammenhang noch ungeklärt. Die Auffassung eines Zusammenhanges zwischen dem Auftreten von CMEn und magnetischen Wolken vertritt Burlaga in [Burlaga 1995], Abschnitt 6.2.2, und stellt fest: “The solar data are consistent with the hypothesis that all magnetic clouds are associated with coronal mass ejections” (Ebenda). Auch andere Autoren bringen magnetische Wolken mit CMEn in Verbindung, neuere Literatur wie [Kilpua u. a. 2009] oder [Jian u. a. 2006] bezeichnen magnetische Wolken als eine Unterklasse von interplanetaren CMEn (ICME), d.h. CMEn, die außerhalb der Sonnenkorona im interplanetaren Raum angetroffen werden. In [Jian u. a. 2006] wird gar spekuliert, dass möglicherweise alle ICMEn eine Flussseilstuktur besitzen und magnetische Wolken darstellen, die lediglich auf Grund widriger Beobachtungsumstände nicht als solche erkannt werden können. Gestützt wird diese These dadruch, dass zumindest einzelnen Wolken die entsprechenden CMEn auf der Sonne zugeordnet werden können (Siehe [Kilpua u. a. 2009]). Geht man von oben erwähnten Annahmen, dass Flares und CMEn zwei Aspekte des selben Ereignistyps sind, verwundert es nicht, dass wie in [Burlaga 1995] magnetische Wolken auch mit Flares in Verbindung gebracht werden. Leider scheint das Verhältnis der internen Struktur von CME und magnetischer Wolke noch nicht eindeutig geklärt. Noch ist unsicher, welches der beiden Phänomene das andere verursacht oder ob beide das Produkt eines dritten Vorganges sind. Auch zur Entstehung von 8 Zumindest soweit sie gesichtet wurde. 41 CMEn bestehen mehrere Modelle.9 Die meisten werden von verschiedenen Messungen gestützt, sind jedoch mit anderen nur schlecht vereinbar, so dass möglicherweise tatsächlich verschiedene Formungsmechanismen auftreten. Vielen ist gemeinsam, dass Energie aus dem magnetischen Feld dazu dient, den Ausbruch zu befeuern. Häufig werden CMEn in Zusammenhang mit verschwindenden Filamenten beobachtet. Da diese schleifenartige Plasmabögen auf der Sonnenoberfläche darstellen, die entlang von ebensolchen magnetischen Feldlinienbögen laufen, basiert eine Reihe dieser Modellmechanismen darauf, dass magnetische Schleifen plötzlich heftig expandieren und dabei eben Plasma mit sich reißen. Allerdings wird der einfachsten Interpretation, dass diese expandierenden Schleifen bereits die magnetische Wolke formen, von verschiedenen Autoren widersprochen.10 Stattdessen werden als möglicher Ursprung der magnetischen Wolke Rekonnexionsvorgänge vor oder hinter der ursprünglich expandierenden Schleife vorgeschlagen. Oft werden magnetische Wolken an Sektorgrenzen11 gefunden, so dass möglicherweise Rekonnexion als Triebmechanismus in Frage kommt.12 So lange der Zusammenhang zwischen CMEn und magnetischen Wolken noch nicht geklärt ist, ist die Frage nach der Entstehung von CMEn für das Verständnis magnetischer Wolken allerdings zweitrangig. Letztendlich bleiben hierbei also viele Fragen offen, vielleicht mehr, als als geklärt angesehen werden können. Auch deswegen wurde bei der Entwicklung des später beschriebenen Modells ein einfacher, pragmatischer Ansatz gemacht. 3.4 Das interplanetare Feld um eine magnetische Wolke 3.4.1 Feldverlauf Im weiteren wird von einer Wolke senkrecht zur Ekliptik ausgegangen und die Betrachtungen generell auf eben die Ekliptikebene beschränkt. Die Betrachtung erfolgt im weiteren Verlauf also rein zweidimensional. Feldlinien können sich prinzipiell nicht schneiden. Da magnetische Wolken geschlossene magnetische Strukturen sind, kann ein externes Feld diese nicht einfach überlagern. Prinzipiell bestehen genau zwei Möglichkeiten, wie das äußere Feld auf eine magnetische Wolke reagieren kann. Einmal wird es diese quasi umfließen, seine Feldlinien derart verformen, dass sie sich um die Wolke schmiegen. Dabei wird sowohl magnetischer Druck als auch Spannung aufgebaut, so dass jedes Feld nach Einbringen einer magnetischen Wolke eine energetisch höhere und damit instabilere Konfiguration einnehmen wird. Zum Anderen 9 Eine Auflistung findet sich in [Aschwanden 2004], Abschnitt 17.1. Man vergleiche z.B. [Gopalswamy u. a. 1998]. 11 siehe Abschnitt 1.3. 12 Vergleiche [Stepanova u. Kosovichev 1993] oder auch [Gosling u. a. 2007]. 10 42 Abbildung 3.4: Zwei Momentaufnahmen einer magnetohydrodynamischen Simulation des interpanetaren Magnetfeldes um eine magnetische Wolke mit der Achse senkrecht zur Ekliptik, links ein rechtsdrehendes, rechts ein linksdrehendes Flussseil. Quelle: [Vandas u. a. 1996] kann es unter Umständen auch zu Rekonnexionsvorgängen13 kommen. Allerdings sind magnetische Wolken offenbar relativ stabil, so dass Rekonnexion, wenn überhaupt, nur begleitend zu der Verzerrung des äußeren Feldes auftreten wird. Zu der Gestalt der Verzerrung gibt es verschiedene analytische Modelle. Alle gehen von einer äußerst einfachen geometrischen Wolkengestalt aus, in der Regel eben die eines Zylinders bzw. einer Kugel (im dreidimensionalen Raum) oder einer Kreisscheibe (im Zweidimensionalen). Erwähnt sei hier das in [Vandas u. a. 2003b] beschriebene Modell. Dieses basiert auf der Annahme, dass eine kraftfreie Konfiguration vorliegt und das Magnetfeld durch ein skalares Potential Φ beschrieben werden kann, so dass die gezeigte Feldkonfiguration wegen der Grundgleichung (1.9) eine Lösung der Laplacegleichung ∆Φ = 0 unter entsprechenden Randbedingungen darstellt. Um zu einer analytischen Lösung zu gelangen, wurde initial ein homogenes Hintergrundfeld angenommen. Leider ist diese Annahme im interplanetaren Feld auf den für magnetischen Wolken typischen Längenskalen nicht annähernd erfüllt. Auch andere Ansätze zur Erlangung analytischer Lösungen, so der in [Romashets u. Vandas 2001] dargestellte, basieren aus naheliegenden Gründen leider auf ähnlich speziellen Annahmen, welche nicht annähernd durch das interplanetare Feld erfüllt sind. Die Verallgemeinerung eines dieser Modelle erscheint nicht möglich. Diese können daher nicht verwandt werden. Was verbleibt, ist den Feldverlauf aus Simulationsergebnissen abzuschätzen. Hierzu bieten sich für das sonnenahe Feld die beiden Aufsätze [Vandas u. Fischer 1995] und [Vandas u. a. 1996], für das sonnenferne Feld u.A. der Artikel [McComas u. Gosling 1988] an. Abbildung 3.4 zeigt Momentaufnahmen verschiedener Simulationsläufe, die [Vandas u. a. 1996] entnommen wurden. Links ist eine rechtsdrehende, rechts eine linksdrehende Wolke in das Feld eingeschossen worden. Linksdrehend besagt 13 Siehe Abschnitt 1.2.4. 43 hier, dass die Vektoren des rotierenden Feldes, das die Wolke bildet, am Heck der Wolke parallel, rechtsdrehend, dass sie dort antiparallel zu denen des umgebenden Feldes liegen. Beide Bilder zeigen die Situation nach Ankunft des Wolkenzentrums bei einer AU, die angegeben Zeiten sind die bis dahin simulierte Zeit, d.h. die Zeit, welche die Wolke von der Sonne bis zu dieser Position benötigte. Sie sind damit einmal ein Indiz dafür, dass geschlossene magnetische Strukturen durchaus über weite Zeitskalen stabil sind und das äußere Feld sich tatsächlich im Wesentlichen um die Wolke herumlegt. Den deswegen verzerrten Feldlinienteilen könnte man in erster Näherung ellipsenbogenartige Verläufe bescheinigen, auch wenn dies offensichtlich nicht überall, so z.B. auf der jeweils sonnenzugewandten Seite beider Wolken der Fall ist. Auch ist die Feldstruktur um die Wolke herum höchst asymmetrisch. Während die Feldlinien auf der sonnenabgewandten Seite, also “vorderhalb” bezüglich der Wolkenbewegung stark gezerrt werden, ist dies bei den Feldlinien der sonnenzugewandten Seite hinter der magnetischen Wolke kaum der Fall. Wie der Vergleich beider Abbildungen zeigt, übt der Drehsinn des Feldes innerhalb der Wolke allerdings einen entscheidenden Einfluss auf die letztendliche Gestalt aus. Die rechtsdrehende Wolke führt zu einer bei weitem asymmetrischeren Feldstruktur als die linksdrehende. Die Bilder liefern anschauliche Hinweise, das die Ursache in einer Art “Mitnahmeeffekt” liegen könnte. Bei beiden Wolken ist das umgebende Feld auf je einer Seite parallel und auf der jeweils gegenüberliegenden Seite antiparallel zum angrenzenden wolkeninternen Feld orientiert. Es scheint als würde das innere Feld das parallel verlaufende äußere mit sich ziehen. Extrem scheint dieser Effekt im rechten Bild hervorzutreten, in dem einige Feldlinien Schlaufen vorderhalb der Wolke bilden, welche eigentlich auf Grund der dadurch hervorgerufenen magnetischen Spannung zunächst nicht zu vermuten wären. Letztendlich ist hier vor allem die Konsequenz, nämlich die Abhängigkeit der Feldstruktur von der Chiralität der Wolke, entscheidend. In beiden Fällen erfolgt jedoch eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Kompression der Feldlinien vor der Wolke. Verantwortlich hierfür scheint die Bewegung der Wolke zu sein. Diese erfolgt zunächst radial, und so muss die Wolke auf Feldlinien treffen, die ihre Trajektorie schneiden. Nun könnte diese Feldlinie durch Rekonnexionsvorgänge durchtrennt werden, wozu wie in Abschnitt 1.2.4 allerdings nur antiparallel verlaufende Feldlinien in Frage kommen. In der rechten Abbildung ist dieses Kriterium an der Wolkenfront erfüllt, und tatsächlich scheinen hier die Feldlinien weniger dicht als in der linken Abbildung zu verlaufen. Auch gibt es Hinweise auf Rekonnexionsvorgänge beim Durchgang magnetischer Wolken durch das interplanetare Feld, man vergleiche z.B. [Zhong u. a. 2005]. Im Fall wie er in der linken Abbildung dargestellt wird, ist Rekonnexion allerdings nur hinter der Wolke zu erwarten. Es verbleibt hier die Möglichkeit, dass die Feldlinien vor der Wolke hergeschoben werden. Dies wird zu einer Kompression des Feldes und somit zu einem Bereich erhöhter Feldstärke vor der Wolke führen. In dem Diagramm 3.1 ist tatsächlich im Bereich vor dem den Beginn der Wolke signalisierenden steilen Anstieg der Feldstärke bereits eine Erhöhung der Feldstärke festzustellen. Dieser Effekt wird aus 44 naheliegenden Gründen um so stärker hervortreten, als Feldlinien die Bahn der Wolke kreuzen. Dies ist im radialen Nahfeld der Sonne kaum der Fall. Mit zunehmenden Abstand von der Sonne nimmt die Häufigkeit der Schnitte wegen der Spiralstruktur des interplanetaren Feldes allerdings beständig zu. Im Fernfeld verlaufen die Feldlinien schließlich nahezu senkrecht zur radialen Achse, so dass hier die Kompression und damit der magnetische Druck bei einer rein radialen Bewegung beliebig große Werte erreichen dürfte. Dies ist ausgeschlossen und wird im Abschnitt 3.4.2 genauer behandelt. Auch ist ersichtlich, dass auch nach dem Bereich in welchem das Feld rotiert und mithin das eigentliche Flusseil liegen dürfte mehrere Plasmaparameter weiterhin gestört sind. Driftgeschwindigkeit und Magnetfeldstärke beispielsweise nehmen weiter ab. Dies zeigt, dass der Bereich “hinter” der eigentlichen magnetischen Wolke noch relativ lange durch diese beeinflusst wird. 3.4.2 Begleitende Phänomene Eine unmittelbare Folge des interplanetaren Feldes in Kombination mit der Wolkenbewegung ist der Druck, der sich vor der Wolke aufbaut. Zum Abbau beitragen kann im Falle der linksdrehenden Wolke Rekonnexion, und in [McComas u. Gosling 1988] wird genau dies angenommen. Allerdings versagt dieser Erklärungsversuch spätestens bei rechtsdrehenden Wolken, so dass der Druck die Wolke mehr und mehr abdrängen muss.14 In [Vandas u. Fischer 1995] trat eine derartige Drift in Simulationen für Wolken bis zu 1,6 AU Entfernung von der Sonne auf. Es steht zu erwarten, dass die Drift im Fernfeld noch sehr viel ausgeprägter sein muss. Ohne Rekonnexion, also bei rechtsdrehenden Wolken, kann der Aufbau unendlich viel magnetischen Drucks eigentlich nur verhindert werden, indem sich die Wolke schließlich parallel zu den Feldlinien bewegt, ihre Trajektorie damit in den Arm der solaren Spirale übergeht. Es muss jedoch ausdrücklich darauf hingewießen werden, dass die genaue Gestalt der Drift aus den hier betrachteten Simulationen nicht erschlossen werden konnte und die Bewegung entlang eines Spiralarmes daher lediglich eine mögliche Bewegung darstellt. Auch die Anisotropie in der Expansion magnetischer Wolken wird sich auf den Druck vor der Wolke zurückführen lassen.15 Die Wolke selbst besitzt im Innern wegen der hohen Feldstärke einen relativ hohen magnetischen Druck. Das umgebende Magnetfeld setzt diesem vor der Wolke wegen seiner Kompression am meisten Widerstand entgegen. Es erscheint daher folgerichtig, dass die Wolke zum Ausgleich des Druckes expandiert, und zwar weniger in Bewegungsrichtung als in den übrigen. Bei besonders schnell eilenden Wolken kann das sich das Magnetfeld vorderhalb so stark stauen, dass sich ein unstetiger Übergang zum ungestörten Feld ergibt: Derartige Wolken treiben Shocks. Die Zahl der Wolken, welche mit Shocks assoziiert sind, ist erstaunlich hoch. [Burlaga 1995] gibt ∼ 33 % aller Wolken mit einem vorauseilenden Shock an, in neueren Studien werden teils deutlich höhere An14 15 Vergleiche [Foullon u. a. 2007]. Vergleiche [Riley u. Crooker 2004]. 45 teile angegeben, so in [Jian u. a. 2006] ∼ 67 % aller dort untersuchten Ereignisse16 , [Bothmer u. Schwenn 1997] kommen gar auf einen Anteil von ∼ 85 % von von Shocks begleiteter Wolken. Auf Grund der Entstehung von Shocks kann erwartet werden, dass Wolken mit Shocks eben schnelle Wolken sind.17 Um ein mit der in Abschnitt 3.2.2 getroffenen Aussage, die mittlere Wolkengeschwindigkeit sei annähernd die des Sonnenwindes, verträgliches Bild zu erhalten, müsste man daher von einem Anteil von weniger als der Hälfte mit Shocks assoziierter Wolken ausgehen. Es gibt Vermutungen, dass die Häufigkeit, mit der eine magnetische Wolke einen Shock treibt, von der Sonnenaktivität abhängt und also mit dem Sonnenzyklus variiert. 16 In dieser Studie wurden allerdings nicht ausschließlich magnetische Wolken, sondern alle Arten von ICMEn untersucht. 17 Dies steht in Übereinstimmung mit der Feststellung in [Bothmer u. Schwenn 1997], dass Wolken mit Geschwindigkeiten über der des Sonnenwindes mit Shocks assoziiert werden können. 46 4 Modell 4.1 Vorüberlegungen Die Eigenschaften einer magnetischen Wolke führen dazu, dass die Feldlinien des solaren Feldes sich um die Wolke legen, ohne sie zu durchdringen. Das ursprüngliche archimdedische Spiralfeld der Sonne wird dabei im Bereich um die Wolke herum verzerrt. Diese Zerrung ist bereits der einzige direkte Effekt, welcher hier Berücksichtigung erfährt. Durch das Verzerren des Spiralfeldes werden einzelne Feldlinien gestreckt und in gewissen Bereichen komprimiert, was einer Betragsänderung der magnetischen Induktion entspricht. Teilchen folgen nach wie vor dem Verlauf dieser Linien. So ergeben sich indirekt verschiedene Konsequenzen für das Roelofsche Transportmodell: 1. Die Streckung führt dazu, dass einzelne Teilchen durch ein betroffenes Gebiet einen längeren Weg als im unbetroffenen Falle zurückzulegen haben. Nach wie vor treten keine Prozesse, welche deren Geschwindigkeitsbetrag ändern könnten, auf, so dass die Laufzeit dieser Teilchen durch das betroffene Gebiet effektiv steigt. 2. Der Betrag der magnetischen Induktion beeinflusst den Wert der Fokussierungslänge mit. 3. Die magnetische Induktion bzw. deren Betrag wirkt sich auf verschiedene weitere Faktoren, so z.B. den Flussröhrenquerschnitt, aus. 4. Es steht zu erwarten, dass sich eine Kompression der Feldlinien auf den Transport zwischen benachtbarten Feldlinien auswirkt. Gemäß Abschnitt 2.2.4 wirkt sich eine Änderung der Mangetfeldstärke auf zwei entgegengerichtete Arten auf die Querdiffusion aus, die sich im Wesentlichen in ihrer Wirkung neutralisieren. Hier wird davon ausgegangen, dass sich der Quertransport verhält, als läge eine ungestörte Situation vor. Daher wird dieses Modell lediglich die zur Führungsfeldlinie parallelen Prozesse modifizieren. Zu deren Beschreibung ist die Kenntnis des magnetischen Feldes notwendig. Eine direkte Berechnung aus den bestimmenden Gleichungen (siehe Abschnitt 1.2.1) stellt sich hierbei als sehr schwierig heraus, so dass hier eine andere Technik wünschenswert erscheint. Auch aus Gründen der Anschaulichkeit wird hier daher ein geometrischer Ansatz zur Ermittlung des Feldlinienverlaufes gewählt. Aus diesem ist die Wegstreckenänderung 47 und unter entsprechenden Annahmen die Änderung der Fokussierung ermittelbar. Weitere Parameter, so der Flussröhrenquerschnitt, sind unmittelbar aus dem Verlauf der Fokussierung berechenbar. Zu deren Ermittlung sei auf die Beschreibung der Transportprozesse (Abschnitt 2) verwiesen. Hier wird sich auf rechtsdrehende Wolken1 ohne Shocks und senkrecht zur Ekliptik beschränkt. Die Frage nach der genauen Struktur der Wolke wie auch der Verbindung zur Sonne wird hier dadurch umgangen, dass lediglich ein kreisförmiger Querschnitt in der Ekliptik sowie die Unmöglichkeit des Eindringens von äußeren Feldlinien in diese Kreisscheibe vorausgesetzt wird. 4.2 Überblick Abbildung 4.1: Darstellung der wesentlichen Schritte auf dem Weg zur gezerrten Linie. pZ ist der Mittelpunkt des Zerrkreises für die Feldlinie (blau). Der hier verwandte Ansatz zielt darauf ab, zunächst die Wegstreckenverlängerung 1 Siehe Abschnitt 3.4.1. 48 zu modellieren und im Anschluss daran aus der Verlängerung einer Feldlinie Rückschlüsse auf die Fokussierung entlang ebendieser zu ziehen. Wie in Kapitel 1.2.3 beschrieben ergibt sich der Verlauf der Feldlinien aus der gleichzeitigen Minimierung von magnetischem Druck und magnetischer Spannung. Hier wird nicht der Versuch unternommen, dieses Prinzip auf direktem Wege zur Berechnung des deformierten Magnetfeldes auszunutzen.2 Stattdessen werden vereinfachende Annahmen getroffen. Diese müssen die in Abschnitt 3 beschriebenen Merkmale des verzerrten Feldes berücksichtigen. Dem Umstand, dass nur ein begrenztes Gebiet um die Wolke herum von dieser beeinflusst wird, wird Rechnung getragen, indem, vom unverzerrten Feld ausgegangen, um die Wolke ein Kreis KMax gezogen wird und von jeder Feldlinie überhaupt nur der Teil, welcher sich innerhalb dieses Einflusskreises befindet, verändert wird. Es findet sich diese Idee von [Romashets u. a. 2008] beeinflusst und Genaueres hierzu im Abschnitt 4.3.3.1. Der verzerrte Teil einer Feldlinie wird im Abschnitt 3 als annähernd ellipsenbogenartig erkannt. Da hier der genaue Verlauf weniger von Interesse ist, wird dieser verzerrte Teil als Kreisbogen angenommen. Dies hält auch das Modell einfach. Für jede Feldlinie θ wird ermittelt, ob sie den Kreis KM ax schneidet. Falls dies der Fall ist, werden die Schnittpunkte ermittelt. Dies treten, mit Ausnahme des Falles, dass die Linie den Kreis lediglich tangiert, jeweils paarig als ein Ein- und ein Austrittspunkt sk,0 und sk,1 auf(vgl. Abbildung 4.1, I). Deren Lage bestimmt die Position und den Radius des eigentlichen Zerrkreises KZ , an welchem die Zerrung erfolgt (Abbildung 4.1, II). Dieser Kreis wird so bestimmt, dass der Spiralarm θ ihn jedenfalls schneidet. Wiederum werden die Schnittpunkte s0 sowie s1 des Spiralarmes mit dem Kreis Kθ bestimmt. Aus dem Winkel s0 − pZ − s1 und der Länge des zwischen beiden Punkten s0 und s1 verlaufenden Armstückes kann nun die neue Länge der Feldlinie errechnet werden (Abbildung 4.1, IV). Das genaue Vorgehen ist in den folgenden Abschnitten beschrieben. Die durch die Bewegung der Wolke entstehende höhere Kompression der Linien vorderhalb muss berücksichtigt werden. Dazu wird der Mittelpunkt des Maximalkreises nicht mit dem der Wolke gleichgesetzt, sondern abhängig von der radialen Geschwindigkeit hinterhalb in Richtung der Sonne desselben platziert, so dass sich die Wolke im vorderen Teil des beeinflussten Gebietes befindet. Auch werden die Zerrkreise nicht symmetrisch um die Wolke gelegt, sondern mit zunehmendem Radius ebenfalls nach hinten verlagert. Details dazu erläutern die Abschnitte 4.3.2.4 sowie 4.3.3.2. Weiterhin ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass im nahezu radial verlaufenden Innenfeld die Feldlinien symmetrisch um die Wolke herumgeführt werden, während im Außenfeld, bedingt durch die radiale Bewegung der Wolke, nahezu alle Feldlinien vorderhalb vorbeilaufen und in der Zwischenzone ein stetiger Übergang von vollständig symmetrischer zu asymmetrischer Linienführung erfolgt. Dem wird mit 2 Analytische Lösungen sind für Spezialfälle gefunden worden, siehe Abschnitt 3.4.1. Aus den in jenem Abschnitt erläuterten Gründen sind diese jedoch hier ungeeignet. 49 der Einführung eines asymmetrischen Faktors a genüge getan, welcher Werte von 0 (völlige Symmetrie) bis 1 (völlige Asymmetrie) annehmen kann. Abhängig vom Wert dieses Faktors wird ein Bezugspunkt (φk , rk ) festgelegt, welcher zwischen den Mittelpunkten der Wolke und dem des Maximalkreises KMax zu liegen kommt. Feldlinien, welche oberhalb dieses Punktes verlaufen, werden oberhalb, Feldlinien welche unterhalb dieses Punktes verlaufen, unterhalb der Wolke vorbeigeführt. 3 Die Details können im Abschnitt 4.3.2.2 gelesen werden. Die Bewegung der Wolke selbst kann wie in Abschnitt 3 beschrieben nicht radial erfolgen. Ebendort wird auch erläutert, dass Simulationen für einen kleinen Abstand von der Sonne jedoch keine wesentlichen Abweichungen von einer radialen Bewegungsrichtung nahelegen. Die hieraus resultierende Behandlung im Modell zeigt Abschnitt 4.3.1. 4.3 Die Änderung der Feldgeometrie 4.3.1 Die magnetische Wolke Wie bereits früher (Abschnitt 3) beschrieben, wird eine magnetische Wolke bei Abwesenheit eines äußeren oder in Gegenwart eines Radialfeldes sich radial von ihrem Ursprung, der Sonne wegbewegen und dabei expandieren. Im Spiralfeld ist diese radiale Bewegung so nur im Nahfeld der Sonne möglich, da die Feldlinien im Außenbereich in zunehmendem Maße quer zur Bewegungsrichtung liegen und so von der Wolke komprimiert werden. Der dabei entstehende magnetische Druck wird die Wolke mehr und mehr in ihrer radialen Bewegung hemmen, so dass die dadurch freiwerdende kinetische Energie zu einer steigenden azimutalen Geschwindigkeitskomponente führt: Die Wolke bewegt sich entlang eines Spiralarmes. Wie in Abschnitt 3.4.1 dargestellt, muss in einer hinreichend großen Entfernung die Bewegung asymptotisch in eine zu den Feldlinien rein parallele Bewegung übergehen, um den Aufbau unendlich viel magnetischen Drucks vor ihr zu entgehen. Es ist daher zweckmäßig, die Trajektorie der Wolke als parallel zu den interplanetaren Feldlinien und also als Arm der entsprechenden archimedischen Spirale anzunehmen: (φM C , rM C ) = t (ωM C , vM C ) + (φM C,0 , rM C,0 ) (4.1) Hierbei ist (φM C , rM C ) die aktuelle Position der Wolke. In der Regel wird (ωM C , vM C ) 6= (ωSW , vSW ) gelten. Durch die Forderung ωM C = vM C βSW 4 kann jedoch ohne das mögliche Geschwindigkeitsspektrum der Wolke zu beschneiden sichergestellt werden, dass die Trajektorie der Wolke einer Feldlinie folgt. Für den Querschnitt der Wolke wird eine Kreisscheibe angesetzt. Dies legt wie bereits in [Kallenrode 2002] geschehen für deren Radius den Ansatz 3 Wie “ober-” bzw. “unterhalb” in diesem Zusammenhang zu verstehen sind findet sich in Abschnitt A.2.3 4 Siehe Abschnitt A.2.3 50 Abbildung 4.2: Darstellung wichtiger Parameter zum Umgang mit der Asymmetrie. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist die Tangente am Punkt pk und nicht wie eigl. richtig am Wolkenmittelpunkt angetragen. ρM C = δrM C , δ ∈ ]0,1[ konstant (4.2) nahe. Dieser ist äquivalent zu der bereits früher aufgestellten Beziehung (3.1), wenn man vexp = δvM C und den Parameter δ = ρr00 zu einem festen Zeitpunkt setzt. Es verbleibt hier die in Abschnitt 3 beschriebene Asymmetrie in der Expansion unberücksichtigt. 4.3.2 Asymmetrie Zum Umgang mit der von Situation zu Situation verschiedenen Asymmetrie sind einige Überlegungen anzustellen, deren Zweck sich möglicherweise nicht unmittelbar erschließt. Dies wird jedoch an geeigneter Stelle eintreten. 4.3.2.1 Asymmetrischer Faktor Die Feldlinienführung hängt entscheidend davon ab, ob sich die Wolke im nahezu radialen Nahfeld, im Fernfeld, wo die Feldlinien annähernd konzentrische Kreise um 51 den Sonnenmittelpunkt herum beschreiben, oder im Übergangsbereich befindet. Da zu jedem Raumpunkt genau eine Feldlinie existiert, die durch diesen führt, bietet sich als Maß zur Entscheidung hierüber der Tangentialwinkel ϑ (t) der Feldlinie durch den Wolkenmittelpunkt an.5 Dieser gibt den Winkel zwischen betreffender Tangente und der Achse φ = 0 an. Für Kommendes ist es jedoch dienlich, diesen Winkel bezüglich der Achse Wolken- Sonnenmittelpunkt und damit unabhängig von der Wolkenposition und weiters statt des baren Winkels dessen Sinus als auf das Einheitsintervall normierte Kenngröße a heranzuziehen. Betreffendes a ist über die Formel (4.3) sowie (4.4) mit Kenntnis des Tangentialwinkels ϑ (t) einfach zu ermitteln: α = ϑ (t) + φMC a = sin α (4.3) (4.4) a = 0 zeigt dabei an, dass die Wolke sich noch dicht an der Sonne im Gebiet, in welchem das Feld als radialförmig angenommen werden kann befindet, a = 1 erklärt die Wolke als im Außenfeld befindlich. 4.3.2.2 Bezugspunkt pk Zur Entscheidung, wie die Feldlinien in der konkreten Situation um die Wolke zu führen sind, wird ein Bezugspunkt pk = (φk , rk ) verwandt. Dieser wird gemäß Gl. (4.5) so platziert, dass er in jedem Fall innerhalb der Wolke zu liegen kommt. Dabei stimmt seine Position im Nahfeld mit dem Wolkenmittelpunkt überein, im Außenfeld kommt er auf dem der Sonne zugewandten Wolkenrand zu liegen. φk = φM C rk = rM C − aρM C (4.5) wie bereits erwähnt, werden Feldlinien, welche oberhalb dieses Punktes vorbeilaufen, über, Feldlinien, die unterhalb vorbeilaufen, unter der Wolke herumgeführt. pk teilt somit das beeinflusste Feldlinienbündel in einen oben und einen unten herum geführten Teil. Um dies für eine Feldlinie effizient ermitteln zu können, wird sich die Definition eines Parameters τ als nützlich erweisen. Dazu wird die durch den Bezugspunkt pk verlaufende Feldlinie θk bestimmt, so dass also (φk , rk ) = tk (ωSW , vSW ) + (θk , 0) gilt. Diese schneidet KM ax in den beiden Punkten sk,0 = t0 (ωSW , vSW )+(θk , 0) sowie sk,1 = t1 (ωSW , vSW ) + (θk , 0). τ ist nun das Verhältnis τ = 5 |pk , sk,0 | |sk,1 , sk,0 | Siehe Abschnitt A.2.3. 52 (4.6) wobei |.,.| den euklidischen Abstand zweier Punkte meint. τ gibt also grob an, in welchem Verhältnis der Bezugspunkt den innerhalb von KM ax liegenden Teil der Feldlinie teilt. Der Sinn dieser Definition erschließt Abschnitt 4.3.3. 4.3.2.3 Querschnitte Die Zerrung ergibt sich aus der relativen Lage einer Feldlinie innerhalb des Linienbündels. Für das weitere Vorgehen wird es daher notwendig, ein Maß für den relativen Abstand einer Feldlinie von der magnetischen Wolke zu entwickeln. Als Bezugsgröße wird hierfür ein “Maximalabstand” benötigt. Es liegt nahe, hierzu den Querschnitt des unverzerrten Feldlinienbündels entlang eines definierten Weges anzusetzen. Da deren jeweils zwei auftreten, nämlich das ober- und das unterhalb der Wolke vorbeigeführte und ersteres im Allgemeinen bedeutend dünner als das zweite ist, macht es Sinn, zwei maximale Querschnitte Do und Du , für das obere bzw. das untere zu bestimmen und je nach Linienverlauf das Passende zu wählen. Es ist notwendig, den Querschnitt an einem Ort zu wählen, an welchem möglichst alle beeinflussten Linien erfasst werden.6 Da der Punkt pk als Bündelteiler fungiert, wird von diesem ausgegangen und die Senkrechte zu der durch diesen Punkt verlaufenden Feldlinie θk in diesem Punkt genommen. Diese schneidet KM ax einmal ober- sowie einmal unterhalb von pk . Do bzw. Du werden nun als der Abstand des oberen bzw. unteren Schnittpunktes so bzw. su zu pk definiert und können unter Verwendung des Kosinussatzes einfach analytisch ermittelt werden: ∆ = rk − rM ax s Do = ∆ cos (π − α) + ρM ax s Du = ∆ cos α + ρM ax 1− 1− ∆2 (1 − cos2 (π − α)) ρ2M ax ∆2 (1 − cos2 α) ρ2M ax (4.7) (4.8) α ist wiederum der Tangentialwinkel der Feldlinie θk in pk . 4.3.2.4 Bugwelle Die Behandlung der Feldlinienkompression vorderhalb der Wolke muss berücksichtigen, dass diese um so dichter zuammengeschoben werden, je höher die radiale Geschwindigkeit der Wolke ist. Da mit zunehmender Feldliniendichte immer höherer magnetischer Druck einer weitergehenden Kompression entgegenwirkt, werden die Feldlinien bei relativ kleinen Geschwindigkeiten verhältnismäßig stark komprimiert, bei steigenden Geschwindigkeiten wird die Kompression im Vergleich dazu 6 Gründe hierfür sind in den Abschnitten 4.3.3.2 sowie 4.4.2 angeführt. 53 weniger stark zunehmen. Es wird daher eine maximale Kompression angenommen, welche bei steigenden Radialgeschwindigkeiten asymptotisch angestrebt wird. Die Dicke des komprimierten Feldlinienbündels nimmt um so weiter ab, je höher die Kompression derselben ist. Im Endeffekt wird daher der vor der Wolke hergeschobene Feldlinienstrang bei zunehmender Geschwindigkeit der Wolke einer minimalen Dicke entgegenstreben. Die Dicke dieses Bündels entspricht dem minimalen Abstand des vorderen Wolkenrandes vom Rand des beeinflussten Gebietes KM ax . Daher wird die Dicke κ (vM C ) im vorliegenden Modell entsprechend Gl. (4.9) als exponentiell gegen ein Minimum κM in abfallend angesetzt. κ (vmc ) = κM ax K + e−aκ vmc (1 − K) κM in K = κM ax (4.9) κM ax gibt dabei die Dicke des Bündels bei einer sich nicht bewegenden Wolke an. Es gilt κM ax = 21 (ρM ax − ρM C ), da sich bei einer stehenden Wolke sinnigerweise keine Kompression vorderhalb einstellen kann. κM in = lim κ (vSW ) gibt entsprechend vSW →∞ die minimale Dicke dieses Bündels für große Wolkengeschwindigkeiten an. Weiter ist es sinnvoll, κmax = kf rM C anzusetzen, da zu erwarten steht, dass der Feldbereich, der von der Wolke gestört wird, mit der Wolkengröße skaliert. Man erhält somit letztlich κ (v) = κmin + e−aκ v (kf rM C − κM in ) (4.10) Von ak hängt ab, wie schnell die maximale Kompression erreicht wird. Man kann aκ := vln1/22 definieren und v1/2 als die Geschwindigkeit betrachten, bei der κ = 1 (κM in 2 + κM ax ) gilt. 4.3.3 Zerrkreise Mit den bisherigen Definitionen ist es nunmehr möglich, die Berechnung des maximalen Einflussgebietes KM ax sowie der Kreisbögen, zu welchen Teile der Feldlinien verzerrt werden, zu berechnen. 4.3.3.1 Maximalkreis Das maximal beeinflusste Gebiet zeichnet sich dadurch aus, dass außerhalb dieses Bereiches das solare Feld von der Wolke nicht verändert erscheint. Offensichtlich ist 54 dieses so nicht klar zu umreißen. KM ax soll daher als die Kreisscheibe minimalen Radius, außerhalb welcher das Magnetfeld keine Beeinflussung durch die Wolke erfährt, verstanden werden. Wie in vorangegangenen Erläuterungen bereits ausgeführt liegt die Wolke dabei nicht zentral in dieser, sondern in deren von der Sonne entfernteren Teil. Das Modell setzt für dessen Mittelpunkt daher (4.12) bzw. (4.13) an. ρM ax = κM ax + ρM C = (δ + kf ) rM C rM ax = rM C − ρM ax + κ + ρM C φM ax = φM C (4.11) (4.12) (4.13) Zusammen mit der Wahl des Radius des Maximalkreises gemäß Gl. (4.11) ist über die Einbeziehung von κM ax sichergestellt, dass sich die Wolke um so weiter zum vorderen Rand dieses Gebietes schiebt je höhere Radialgeschwindigkeit sie besitzt. Diskutabel ist wie auch im Falle der Zerrkreise die Wahl von φ für den Kreismittelpunkt. Anstelle diesen auf die Achse Wolken- - Sonnenmittelpunkt zu legen wäre auch die Annahme eines gewissen Versatzes möglich. 4.3.3.2 Zerrkreis einer bestimmten Feldlinie Ist klar, dass eine Feldlinie θ den Kreis KM ax schneidet, so muss für diese Start- und Endpunkt s0 bzw. s1 des zu verzerrenden Feldlinienabschnittes sowie dessen Länge |s0 , s1 | bestimmt werden. Hierfür wird ein weiteres Mal ein Schnittkreis Kθ ermittelt und die Feldlinie mit ihm geschnitten, wobei sich s0 und s1 als die Schnittpunkte ergeben. Durch diese wird Kθ in zwei Kreisbögen geteilt, deren einer als die verzerrte Linie angenommen wird. Um das in Abschnitt 1.3 dargestellte Verhalten zu erhalten, wird angestrebt, dass Feldlinien, die unverzerrt dichter am Wolkenmittelpunkt vorbeiliefen auf engeren Kreisbögen gezerrt werden als Feldlinien, die dies weiter entfernt von diesem Punkt täten. Allerdings führte dies im Außenfeld dazu, dass die Asymmetrie nicht berücksichtigt würde, so dass man hier statt des Wolkenmittelpunktes besser den Punkt pk als Bezug nimmt. Dieser liegt im Außenfeld unterhalb des Wolkenmittelpunktes nahe dem Mittelpunkt von KM ax . Als Folge davon werden nahezu alle Feldlinien, die auf die Wolke treffen, korrekt oberhalb der Wolke vorbeigeführt. Es wird der Mittelpunkt von Kθ entsprechend Gl. (4.17) festgelegt. Die Gestalt der Gleichung bewirkt, dass der Zerrkreis je näher an der Sonne liegt, je dichter die unverzerrte Feldlinie am Punkt pk vorbeiläuft. 55 th = (t1 − t0 ) τ + t0 pθ = (ωs th + θ, vs th ) |pθ (th ) , (rk , φk )| ⇒ |pθ , pk | = DDRel D = DRel rθ (D) = rM C + 1 − (D − 1)2 (rM ax − rM C ) |pθ , pk | ρθ (D) = |pθ , pk | + ρM C 1 − = DDRel + ρM C (1 − D) DRel (4.14) (4.15) (4.16) (4.17) (4.18) Sichergestellt sein muss, dass die Feldlinie den Schnittkreis schneidet, sprich es muss wenigstens ein Punkt p auf der Feldlinie, welcher innerhalb des Schnittkreises liegt, existieren, für den also gilt: |p, pk | ≤ ρθ (4.19) Weiter gilt für den Radius ρθ des Schnittkreises ρM C ≤ ρθ ≤ ρM ax . Angesetzt wird ρθ = ρM C + X (DRel − ρM C ) , 0 ≤ X ≤ 1, und X = lim |pθ ,pk |→DRel Damit ergibt sich |pθ , pk | (DRel − ρM C ) DRel |pθ , pk | ρM C = ρM C + |pθ , pk | − DRel |pθ , pk | = |pθ , pk | + ρM C 1 − DRel Mit |pθ , pk | ≤ DRel folgt 56 X=0 (4.20) X=1 |pθ , pk | DRel ρθ = ρM C + lim |pθ ,pk |→0 (4.21) ρθ ≥ |pθ , pk | (4.22) Damit ist die ursprüngliche Forderung (4.19) erfüllt. Unter der Annahme, dass DRel ≈ ρM ax , gilt offenbar weiter lim |pθ ,pk |→ρM ax ρθ = |pθ , pk | → DRel ≈ ρM ax lim |pθ ,pk |→0 ρθ = ρM C (4.23) 4.3.3.3 Verzerrung der Feldlinien Abbildung 4.3: Prinzipiell mögliche Verläufe einer Feldlinie. Sind für eine gegebene Feldlinie θ der entsprechende Zerrkreis Kθ berechnet und deren Schnittpunkte s0 und s1 errechnet, so wird die Länge der Linie innerhalb dieses Bereiches so berechnet, als liefe sie entlang des Kreises. Dies wird dadurch 57 erreicht, dass über den Abstand der beiden Schnittpunkte der Winkel ψθ des durch sie begrenzten Kreissektors des Zerrkreises Kθ berechnet und dieser wiederum zur Errechnung der Bogenlänge des Kreisbogens herangezogen wird. |s0 , s1 | 2ρθ l ρθ ψθ,korr = = |s0 , s1 | |s0 , s1 | ψθ = 2 arcsin (4.24) zθ (4.25) Für die Implementation ist es günstig, statt der verzerrten Länge l direkt zunächst den Zerrfaktor zθ , also das Verhältnis aus verzerrter zu unverzerrter Strecke zu berechnen. Dies führt auf Gl. (4.25). Hierbei stellt sich das Problem, dass der Zerrkreis durch die ihn schneidende Feldlinie in zwei Kreissektoren geteilt wird und a priori nicht klar ist, welcher dieser beiden verwandt werden soll. Der kleinere der beiden überstreicht den Winkel ψθ , der größere den Winkel 2π−ψθ . ψθ,korr in Gl. (4.25) muss als der entsprechende Winkel gewählt werden. Glücklicherweise stellt dies jedoch nur in Ausnahmefällen ein Problem dar, in der Regel kann ψθ,korr = ψθ verwandt werden. Um festzustellen, ob ein solcher Fall vorliegt, mithin alos Φθ,korr = 2π − Φθ anzusetzen ist, betrachtet man die Lage der Feldlinie relativ zum Zerrkreismittelpunkt pk . Soll die Feldlinie auf derselben Seite des Mittelpunktes vorbeigeführt werden, auf der sie auch im unverzerrten Falle vorbeiliefe, so wird nämlich gerade der kleinere Kreissektor benötigt. Probleme ergeben sich im Außenfeld, wo Feldlinien, die eigentlich unterhalb des Wolkenmittelpunktes und damit potentiell auch des Zerrkreismittelpunktes verlaufen, oberhalb der Wolke vorbeigeführt werden. Hier ist tatsächlich der größere Kreissektor und also φθ,korr = 2π − ψθ zu wählen. Die hierbei voneinander zu unterscheidenden Möglichkeiten des Feldlinienverlaufes zeigt Abb. 4.3. Fall (1) verläuft unverzerrt unterhalb von pk und wird nach der Zerrung also links unterhalb, Fall (2), da oberhalb von pk verlaufend rechts oberhalb entlang des Zerrkreises vorbeigeführt. Fall (3) passiert pk ebenfalls oberhalb, wird also ebenfalls oben herum gezerrt. Im Gegensatz zu Fall (2) muss hier jedoch offenbar der größere Kreissektor gewählt werden. Dies liegt daran, dass die Feldlinie unverzerrt unterhalb des Zerrkreismittelpunktes verläuft. Genau in diesem Falle, dass die Feldlinie oberhalb von pk , jedoch unterhalb von pθ , also zwischen diesen Punkten verläuft, ist also ψθ,korr zu 2π − ψθ , in allen sonstigen Fällen zu ψθ zu wählen.7 4.4 Fokussierung Die Zerrung der Feldlinien ist nunmehr vollständig beschrieben. Von Interesse ist weiterhin der Einfluss der Wolke auf die Fokussierung, welche aus bereits erläuterten Gründen von den Folgen der Anwesenheit einer Wolke schwerlich unbetroffen 7 Es sei auf Abschnitt 5.4.2 verwiesen. Dort wird die Methode, wie der Feldlinienverlauf im Programm bestimmt wird, erläutert. 58 bleiben kann. Hier wird der Versuch unternommen, durch Rückgriff auf das bisher Geschaffene den zur Ermittlung der Fokussierung nötigen Aufwand möglichst gering zu halten. 4.4.1 Bestimmung der Fokussierungslänge im modifizierten Bereich Es wird davon ausgegangen, dass die Kompression der Feldlinien bei th (Gl. (4.14)) maximal ist und von dort ab entlang einer Feldlinie stetig auf den Wert des unbeeinflussten Feldes B0 (s) sinkt. Im Zenit wird das Feld mit BM ax = B (s (th )) = B̃0 (s (th )) + AB̃0 (s (th )) (4.26) , der Verlauf des Kompressionsterms entlang der Feldlinie zwischen den Durchstoßpunkten s0 , s1 als sinoidal angesetzt: B̃ (s) (1 + A sin (c (s))) , s0 ≤ s ≤ s1 B0 (s) sonst s − s0 c (s) = π s1 − s0 B (s) = (4.27) Die Kompression der Feldlinien wird von der Wolke aus gesehen radial abfallen, so dass also B̃ von Feldlinie zu Feldlinie verschieden sein wird. Es bietet sich der Ansatz B̃ (s) = C (l) B0 (s) mit B0 (s) als dem ungestörten Feld an, wobei der genaue Verlauf hier zunächst noch nicht festgesetzt und nur als unbestimmter Faktor C (l) mit l als der Abstand der Feldlinie vom Wolkenrand8 angenommen wird. l ist von s unabhängig. Als Gesamtterm des Betrags des mag. Flusses ergibt sich somit B (s, l) = B0 C (l) (1 + A sin (c (s))) , s0 ≤ s ≤ s1 (4.28) Die Fokussierungslänge ist gemäß Gleichung (1.35) definiert, wobei in diesem Zusammenhang vielmehr ihr Inverses von Interesse ist. Dieses ergibt sich aus den obigen Annahmen zu 8 Der genaue Weg, entlang welchem dieser gemessen wird, ist auf Grund des multiplikativen Ansatzes irrelevant. 59 ∂c 0 C (l) ∂B (1 + A sin c (s)) + B0 A cos c (s) ∂s ∂B 1 1 ∂s =− = − λ ∂s B C (l) B0 (s) (1 + A sin c (s)) 1 A cos c (s) ∂c 1 − = λ (s) λ0 1 + A sin c (s) ∂s (4.29) Hier ist λ0 (s) die Fokussierungslänge des ungestörten Feldes. Für s ∈ [s0 , s1 ] wird der Sinus im Nenner nicht negativ, folglich ist der Term im relevanten Bereich definiert. Die Änderung der Inversen der Fokussierung gestaltet sich also durch ledigliche Addition eines Terms relativ einfach. Aus Gl. (4.26) ergibt sich für s = A = s0 +s1 2 BM ax −1 B0 (4.30) Es wird offenbar, dass der Ansatz überhaupt nur Sinn ergibt, wenn sich das ungestörte Feld zwischen s0 und s1 nur marginal ändert, so dass man hier von einem 1 mittleren Wert desselben von B0 ≈ B0 s0 +s ausgeht. 2 Es sei hier erwähnt, dass der Ansatz (4.28) als relativ Rustikaler einfach zu handhaben ist, jedoch gewisse Nachteile aufweist. Nimmt man einen stetigen Übergang des Feldes vom ungestörten in den gestörten Bereich an, so sollte s0 + s1 s0 + s1 s0 + s1 lim Bu , l = lim Bo , l = B0 l→du l→do 2 2 2 gelten. Dies erfüllt getroffener Ansatz nicht. Auch weitere Stetigkeitsbedingungen sind verletzt. Einigen dieser Probleme könnte dadurch abgeholfen werden, dass man in Gleichung (4.27) B̃ = B0 als konstant und stattdessen für A einen mit l variablen Ansatz träfe: A (l) = C (l) Ã Dies führte jedoch zu einem gigantisch aufgedunsenen und damit schwer beherrschbaren Modell, dessen Komplexitätszuwachs vermutlich in keinem Verhältnis zum erwarteten Mehrwert stünde. 4.4.2 Bestimmung der Kompressionsrate A Die Frage ist noch offen, wie A in Gleichung (4.30) zu wählen ist. Unter gewissen Annahmen lässt sich deren Wert aus bereits Bekanntem bestimmen. Zunächst muss der Faktor C (l), also die Abhängigkeit des Feldes vom Abstand der Wolke, nun sinnvoll angesetzt werden. 60 Abbildung 4.4: Kompression der Feldlinien. Der Abstand ∆r(D1 , D2 ) zweier Feldlinien ist von ∆D = D2 − D1 quadratisch abhängig, wie aus den Gleichungen (4.17) und (4.18) für Abstände entlang der radialen Achse abgeschätzt werden kann: ∆r (D1 , D2 ) = r (D2 ) + ρ (D2 ) − (r (D1 ) + ρ (D1 )) = = ∆r D12 − D22 + 2 (D2 − D1 ) + (D2 − D1 ) (DRel ρM C ) = ∆D (∆r (2 − 2D1 − ∆D) + DRel − ρM C ) mit ∆r = rM ax − rM C Diese Rechnung gilt so nur für oberhalb der Wolke vorbeigeführte Linien, für unterhalb vorbeigeführte ist statt der Summe r (Di ) + ρ (Di ) deren Differenz zu betrachten.9 Man findet auch hierbei eine quadratische Abhängigkeit, so dass es gerechtfertigt erscheint, für den Abfall des Betrags der magnetischen Induktion ebenfalls einen quadratischen Term anzusetzen. BM ax C (l) = − B0 2 l BM ax −1 = di B0 2 ! l 1− Ai + 1 di (4.31) Der Gesamtterm für das Feld lautet somit 9 di bzw. Di meint hier wie im Folgenden i ∈ {o, u}. 61 B (s, l) = B0 1+ 2 ! ! l 1− Ai (1 + Ai sin c (s)) di Von der Verzerrung der Feldlinien durch die Wolke sind laut Annahme nur Feldlinien innerhalb eines gewissen Bereiches betroffen. Wie gesagt lassen sich alle in den modifizierten Bereich eindringenden Feldlinien genau einem von zwei Bündeln zuordnen, deren eines bei Anwesenheit der Wolke oberhalb, und deren zweites unterhalb dieser Wolke vorbeigeführt wird. Wie sich herausstellt, wird der Weg letztendlich zu zwei verschiedenen Konstanten Ao und Au , nämlich je eine für das obere und das untere Bündel , führen.10 Es ist nun möglich, durch je eines dieser Bündel einen Weg so zu legen, dass dieser alle Feldlinien des Bündels senkrecht schneidet, und zwar sowohl im unverzerrten wie auch im verzerrten Falle. Konzentriert man sich hierbei auf eines der beiden Bündel und wählt einen derartigen Weg w ~ 1 für den unverzerrten und ~ 2 für den verzerrten Fall, so müssen die Wegintegrale R R einen WegRw R ~ × d~l = ~ × d~l = B B dl und B B dl für je beliebig gewählte w ~ 1 und w ~1 w1 w ~2 w2 11 w ~ 2 übereinstimmen. Lokal liegen alle Feldlinien parallel zueinander, so dass hier folgende Annahme gemacht wird: Günstig gewählte Teile der Geraden durch den Punkt (φk , rk ), welche senkrecht auf der durch diesen verlaufenden Feldlinie liegen, stellen solche Wege dar. Man erkennt aus Abb. 4.2 für den unverzerrten Fall, dass für das untere bzw. obere Bündel die Strecken w ~ 1,o = Du bzw. w ~ 1,u = Do solche Teilstrecken sind. Im verzerrten Falle ist die Wolke, die ja von den Feldlinien nicht durchdrungen werden kann, von diesen beiden Strecken wegzunehmen. Es ergeben ~ 2,u = du = Du − d¯u für das untere sich die in Abb. 4.4 dargestellten Teilstücke w ¯ und w ~ 2,o = do = Do − do für das obere Bündel. d¯o und d¯u sind hierbei einfach entsprechend Do / Du (siehe Abschnitt 4.3.2.3) zu berechnen, so dass sich letztendlich ergibt: ∆ = rk − rM C s ∆2 (1 − cos2 α) ρ2M ax s ∆2 = ∆ cos (π − α) + ρM ax 1 − 2 (1 − cos2 (π − α)) ρM ax = Di − d¯i d¯o = ∆ cos α + ρM ax d¯u di 10 1− (4.32) (4.33) (4.34) Dass die Kompression des Feldes hinterhalb der Wolke eine andere als vorderhalb ist, steht auch offensichtlich zu erwarten. 11 Da die Feldlinien. also B senkrecht zu w1 bzw. w2 stehen, vereinfacht sich das Kreuzprodukt zum Produkt der jeweiligen Beträge 62 Für das ungestörte Feld wird davon ausgegangen, dass sich dieses entlang des Weges R Di nur wenig ändert und das Integral Di B dl = Di B0 liefert. Da dieses mit dem Integral entlang des gestörten Feldes übereinstimmen muss, muss gelten: Z 0 = Di B0 − B dl = di ! 2 ! l B0 (1 + Ai ) 1− = Di B0 − Ai + 1 dl di di di l3 = Di B0 − B0 (1 + Ai ) l − 2 Ai + l 3di 0 1 = Di − (1 + Ai ) 1− Ai + 1 di 3 2 2 5 Di −1 =0 ⇐⇒ A + A− 3 i 3 di Z Dies führt auf zwei mögliche Werte von Ai , deren einer jedoch negativ und somit widersprüchlich zur Definition von Ai ist. Es verbleibt Ai 1 = 4 r ! Di 24 +1−5 di (4.35) 63 5 Implementierung 5.1 Überblick Es liegt bereits eine funktionsfähige Implementation des baren Transportmodells für die Ekliptik in Form des Prgrammes GREF vor. Dieses kann entsprechend den in Abschnitt 4 dargelegten Vorgehensweisen ergänzt werden. Es sollte versucht werden, den vorhandenen Code so weit als möglich beizubehalten, um den Eintrag von Fehlern in bestehenden Code zu minimieren. In dem im folgenden Abschnitt 6 vorgestellten Prototypen wird dieser daher weitestmöglich in ein zusätzliches Modul in der Datei magneticcloud.F95 ausgelagert. Eine minimale Veränderung des ursprünglichen Codes zur Integration dieses Moduls ist dabei aber generell unvermeidlich. 5.2 GREF GREF benutzt die in Abschnitt 2.3.2 erklärten Verfahren. Dabei ist es die Szenariengestaltung betreffend relativ flexibel, erlaubt verschiedene Injektionsfunktionen, unterschiedliche Feldkonfiguration mit und ohne Fluktuationen und dergleichen mehr. Das Programm ist darauf ausgelegt, Punktmessungen zu simulieren. Hierzu können auf mehrere Flussröhren Beobachter gesetzt werden. Das Programm liefert unter Anderem für jeden der so gewählten Punkte die zeitliche Entwicklung der Intensität sowie die Anisotropie (Siehe Abschnitt 2.4) des Teilchenstromes in der betreffenden Röhre. Die Intensität wird dabei über I= f A mit A als dem Flussröhrenquerschnitt sowie f als der Phasenraumdichte bestimmt. Die Anisotropie wird im Programm, da eine diskrete Pitchwinkelverteilung vorliegt, über eine einfache Mittelwertbildung entsprechend P µi Z i i P A0 = Zi i eben dieser Winkel ermittelt (Vergleiche Formel (2.27)). Zi = I(µ) stellt hierbei die Zahl der Teilchen mit dem Winkel µi dar. 64 Intensität und Anisotropie sind direkt mit entsprechenden Messdaten z.B. der Heliossatteliten vergleichbar. Die hier zu Grunde gelegte Version stimmt nahezu mit der in [Lampa 2006] entwickelten überein. Einziger wesentlicher Unterschied ist das verwandte Raumgitter. Das modifizierte Gitter wird im Abschnitt 2.3.2 beschrieben. 5.3 Veränderungen innerhalb des ursprünglichen Codes Das ursprüngliche Programm repräsentiert, da das ungestörte Feld sich entlang allen Feldlinien identisch verhält, die meisten Gittereigenschaften eindimensional. Die Entwicklung beispielsweise der Knotenabstände entlang einer Feldlinie wird im eindimensionalen Feld ds abgelegt. Da diese Symmetrie bezüglich der Feldlinien nicht mehr gegeben ist, die Knotenabstände beispielsweise von Feldlinie zu Feldlinie variieren können, müssen zunächst alle betreffenden eindimensionalen Felder in wirkliche zweidimensionale Felder umgewandelt werden. Betroffen davon sind die Felder s und ds. In den Feldern eta1, eta2 sowie tdsmu sind verschiedene Vorfaktoren der Gleichungen für den s-Transport zusammengefasst, die unter Anderem von einem der beiden vorangehenden Felder abhängen. Auch sie sind daher zu zweidimensionalen Feldern zu erweitern. Die Fokussierungslänge λ speichert das Programm in 1 der Form 2λ im Feld r2l. Dieses Feld muss ebenfalls um eine Dimension erweitert werden. Mit der Fokussierungslänge ändert sich gemäß Gleichung (1.39) auch der Querschnitt der Flussröhren. Somit muss auch das Feld fcorr, in welchem dieser je Gitterpunkt abgelegt ist, angepasst werden. Im Gegensatz zum s-Gitter werden die senkrechten Abstände zwischen den einzelnen Feldlinien als unverändert angenommen, so dass die Vorfaktoren des Quertransportes, soweit von s abhängig, nach wie vor mit den ursprünglichen, unverzerrten s-Werten ermittelt werden. Sie bleiben gegenüber dem Originalprogramm also unverändert. Die Vorgehensweise stellt sich dann wie folgt dar: Zunächst wird das unverzerrte Feld berechnet und seine Geometrie in s sowie ds abgelegt. Danach werden die Fokussierungslängen entlang einer Feldlinie für den unverzerrten Fall berechnet und in r2l abgelegt. Für jeden Zeitschritt wird das Feld gezerrt, die gezerrte Geometrie in s_2d sowie ds_2d abgelegt und parallel dazu die Terme der Fokussierungslängen in r2l und die Flussröhrenquerschnitte angepasst. Hiernach werden die übrigen Parameter wie eta1 berechnet. Zur Berechnung der den Quertransport betreffenden Terme werden die Felder s sowie ds herangezogen, die noch die ungezerrte Geometrie enthalten. Am Ende jedes Rechenzyklus muss in der Routine gcalc jeweils die Position der Wolke entsprechend ihrer Bewegung angepasst werden, um die Bewegung der Wolke zu realisieren. In dem in Abschnitt 6 betrachteten Prototypen wird die Änderung des Flussröhrenquerschnittes aus zeitlichen Gründen vernachlässigt. Dieser dient lediglich als Wich- 65 tungsfaktor bei der Ausgabe wie in Abschnitt 5.2 beschrieben und beeinflusst die eigentliche numerische Lösung nicht. Eine Implementierung der Änderung der Flussröhrenquerschnitte liegt vor, zeigt in ihrem Verhalten und den letztendlichen Resultaten jedoch keine wesentlichen Unterschiede zu der diese nicht berücksichtigenden Version. Die Modifikation des Feldes sowie Anpassung aller hiervon betroffenen Variablen erfolgt in der in perpdiff.f95 implementierten Methode mod_geometry. Diese Methode greift hierbei im Wesentlichen auf die Methoden distort und setfcorr zurück. Sowohl distort als auch update_mc sind in dem neu hinzugekommenen Modul magneticcloud.F95 implementiert. Da distort tendenziell versagt, wenn die Wolke die innere Domänengrenze schneidet, wird in mod_geometry auf diesen Fall geprüft und eine Zerrung nur ausgeführt, falls die Wolke die innere Grenze nicht mehr berührt. Darüber hinaus erfuhren lediglich die Methoden setfcorr sowie zbrent geringfügige Änderungen. Die Änderungen in setfcorr sind ebenfalls allein dem Umstand geschuldet, dass die dort verwandten Felder s_2d und ds_2d nunmehr eine Dimension mehr besitzen und also unspektakulär. zbrent dient der numerischen Berechnung der Umkehrfunktion r(s) von s(r) (Vergleiche Abschnitt 1.3) mit dem Brentverfahren. Da zur Berechnung der Zerrung mehrere verschiedene Nullstellenbestimmungen durchzuführen sind, wurde das eigentliche Brentverfahren in eine gesonderte Methode findRoot ausgelagert und kann nunmehr mit beliebigen zu lösenden Funktionen aufgerufen werden. zbrent wurde auf die Nutzung der ausgelagerten Funktion umgestellt. Im im Zuge dieser Arbeit erstellten Implementationsentwurf wurde die Methode readinput dahingehend angepasst, dass die Modellparameter aus der zentralen Konfigurationsdatei eingelesen werden. Sie werden in der letzten Zeile in der Reihenfolge ρM C,0 , v_f, k_quot, k_vfac, k_f, exp_fac sowie mc_dyn und offset_t eingelesen. mc_dyn gibt dabei an, ob die Simulation dynamisch ( = 1) oder statisch (6= 1) erfolgen soll. offset_t gibt die zeitliche Verzögerung an, mit der die Wolke in die Domäne gesetzt werden soll. Eine derartige zeitliche Verzögerung ist sinnvoll, da durch verzögertes Einbringen der Wolke der Teilchenstrom sich von der Domänengrenze entfernen kann. So wird letztlich die die Einbringung der Wolke hinter dem eigentlichen Teilchenstrom ermöglicht. 5.4 magneticcloud.F95 Die wesentliche Funktion ist distort(s_start, s_l, r2l, n). Ihr ist ein Feld s_l mit den Intervalllängen ∆s entlang einer Feldlinie sowie der dazugehörigen Fokussierungslängen r2l, jedes Feld mit jeweils n Einträgen, zu übergeben. s_start gibt dabei den Wert der Bogenlänge der betrachteten Feldlinie am Beginn des ersten Intervalles s_l(1) an. Die Einträge in s_l werden entsprechend dem Modell (Siehe Abschnitt 4.3.3.3) ge- 66 dehnt und die Fokussierungslängen entsprechend angepasst. Dabei werden die Werte in den Feldern s_l und r2l überschrieben, das Ergebnis in diesen Feldern zurückgegeben. Für stabilen s-Transport sind die Stabilitätskriterien von Cournat-Friedrichs-Levy (2.21) sowie von Lax-Richtmyer (2.20) zu berücksichtigen. Das Einbringen einer Wolke dehnt das Gitter, somit gilt für je zwei Gitterpunkte mit einem Abstand ∆si ohne Zerrung die Ungleichung ∆si ≤ ∆si,z . Erfüllt das unverzerrte Gitter beide Kriterien, so erkennt man unmittelbar aus dieser Ungleichung, dass die Bedingungen von Lax-Richtmyer und CourantßFriedrichs-Levy auch nach dem Verzerren erfüllt sein müssen. Implementation einer Wolke kann einen zuvor stabilen s-Transport also nicht destabilisieren. Stabile Pitchwinkeldiffusion erfordert die Erfüllung der beiden Kriterien (2.22). Die erste der beiden Bedingungen gibt einen minimalen Wert der Fokussierungslänge λ vor. Sollte sie verletzt werden, kann λ auf den sich aus der Ungleichung ergebenden minimalen Wert gesetzt werden und das Lösungsverfahren so stabil gehalten werden. Um die zweite der beiden Bedingungen zu erfüllen, müssen die in [Lampa 2006, Abschnitt 4.2, “Der µ-Transport”] gegebenen Korrekturfaktoren akh nach jeder Änderung der Fokussierungslänge oder des s-Gitters angepasst werden. Das Modul muss vor Benutzung durch den Aufruf mc_init initialisiert werden. Die Position der Wolke wird in r_mc und phi_mc, ihr Radius in rho_mc abgelegt. Ihre Geschwindigkeit liegt in der Variablen v_mc. Alle diese Variablen sind öffentlich und können daher zur Initialisierung direkt von anderen Programmteilen gesetzt werden. Die Bewegung der Wolke um den Zeitschritt dt erfolgt durch Aufruf der Funktion update_mc(dt). Zur graphischen Darstellung einzelner Feldlinien dient die Methode plotline. Sie gibt den Verlauf der gewünschten Feldlinie sowie einige weitere Parameter in entsprechende Dateien aus. plotline benötigt einige Größen, die lediglich intern in der Methode distort zur Verfügung stehen, weswegen plotline zweckmäßigerweise von dort aufgerufen wird. plotline gibt dabei die Raumgitterpunkte in Zylinderkoordinaten aus. Dabei wird die Ausgabe in drei Dateien aufgeteilt. UGITTER nimmt hierbei die Koordinaten der Punkte des ungezerrten Gitters auf, VGITTER_U sowie VGITTER_O die Punkte der auf je einer Seite der Wolke herumgeführten Feldlinienabschnitte. 5.4.1 Schnittpunktberechnung Die Berechnung der Schnittpunkte einer Feldlinie mit einem der Kreise erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst wird festgestellt, ob ein Schnitt erfolgt. Dazu wird die Funktion (5.1) benötigt. |(ϑ, r) , (ϑ0 , r0 )| = q −2 r r0 cos (ϑ0 − ϑ) + r02 + r2 (5.1) 67 Diese liefert für zwei beliebige Punkte (φ, r) und (φ0 , r0 ) deren Abstand voneinander (Siehe auch Abschnitt A.2.2). Da die Punkte auf einem Spiralarm θ durch (ωt + θ, vt) gegeben sind, kann man Schnitte desselben mit einem Kreis einfach durch Einsetzen des Kreismittelpunktes sowie der Parametrisierung in Gleichung (5.1) und Gleichsetzen dieses Ausdrucks mit dem Kreisradius erhalten. Man gelangt dann zur Gleichung (5.2) mit % als dem Kreisradius. sqrdist (θ,t, ((ϑ0 , r0 ) , %)) = %2 − (vt)2 − r02 + 2vtr0 cos (ϑ0 − ωt − θ) (5.2) Gleichung (5.2) stellt quasi einen vorzeichenbehafteten Abstand zu dem Kreisbogen dar. Negativ zeigt dabei an, dass der betrachtete Punkt außer-, positiv, dass er innerhalb des Kreises liegt. Im Programm erfolgt die Lösung dieser Gleichung numerisch durch die Benutzung des Brentverfahrens. Ein Problem stellt sich damit, dass (mit Ausnahme der Tangierung) mindestens zwei verschiedene Schnittpunkte auftreten. Aus diesem Grund erwartet das Brentverfahren die Angabe von Intervallgrenzen für t, innerhalb deren nach einer Lösung gesucht werden soll. Man muss also sicherstellen, dass die Intervallgrenzen jeweils so gewählt werden, dass der gesuchte Schnittpunkt gefunden wird - und nur dieser. Dies wurde auf relativ brachiale Art gelöst: Das Gesamtintervall, gegeben durch die Grenzen für r als dem Abstand zur Sonne, wird in n Teilintervalle geteilt. Für die Grenzen ti dieser Intervalle wird nun, beginnend bei dem niedrigsten Wert, also nahe der Sonne, der Wert δ(ti ) = sqrdist(θ, ti , (ϑ0 , r0 ), %) berechnet. Wechselt δ(ti ) das Vorzeichen, so befindet sich zwischen ti−1 und ti offenbar ein Schnittpunkt und man kann das Brentverfahren auf dem Intervall [ti−1 : ti ] benutzen. Alles liegt hierbei bei der Wahl der Intervalllängen ∆ti = ti+1 − ti . Werden sie zu weit gewählt, kann dies dazu führen, dass Schnittpunkte übersehen werden, da trotz Schnittes kein Punkt im Kreisinneren getroffen wird. Werden sie zu eng gewählt, bedeutet dies eine unnötige Zeitverschwendung. Eine untere Schranke ist dabei durch die Diskretisierung der s-Dimension vorgegeben. Sind si und si+1 zwei aufeinander folgende Gitterpunkte in s, und wird zwischen beiden ein Schnittpunkt S0 gefunden, so muss dieser in der vorliegenden Implementierung entweder mit si oder mit si+1 identifiziert werden. Läge ein weiterer Schnittpunkt zwischen si uns si+1 , so würde dieser letztendlich mit demselben Punkt wie der erste identifiziert. Im diskreten Raum erschienen die beiden Schnittpunkte als nur einer, was einer Tangierung des Kreises entspricht und nicht weiter berücksichtigt wird. Es macht also keinen Sinn, die Abstände so klein zu wählen, dass die entsprechenden Bogenlängendifferenzen die Diskretisierung unterschreiten. Ein weiteres Problem tritt vor allem im Fernfeld auf. Einundderselbe Kreis kann mehrfach vom selben Spiralarm geschnitten werden. Nach dem Auffinden von zwei Schnittpunkten darf also nicht einfach abgebrochen werden. Vielmehr muss der gesamte in Frage kommende Teil der Linie abgelaufen werden. Der Minimal- und Maximalwert von t, zwischen denen nach Schnittpunkten gesucht werden muss, 68 hängt von der Ausdehnung der Wolke ab. Es gilt nämlich, dass bei einem gegebenen Kreis mit Mittelpunkt (φ0 , r0 ) sowie Radius %0 der minimale Abstand des Kreises zur Sonne gleich rmin = r0 − %0 , der maximale gleich rmax = r0 + %0 ist.1 Mit vsw tmin/max = rmin/max lässt sich damit das maximal zu durchsuchende Intervall zu 0 0 [ r0v−% : r0v+% ] angeben. sw sw 5.4.2 Linienführung Abbildung 5.1: Veranschaulichung der Begriffe “oberhalb” und “unterhalb”: Der Spiralarm A liegt der Definition gemäß oberhalb des Punktes p2 , jedoch unterhalb des Punktes p1 . Er liegt somit zwischen beiden Punkten. Im Abschnitt 4 wurde die Linienführung davon abhängig gemacht, ob eine Feldlinie ober- oder unterhalb des Wolkenmittelpunktes vorbeiläuft. Das wesentliche Problem hierbei ist die Definition von “oberhalb” (bzw. “unterhalb”). Tatsächlich sind diese Begriffe schlicht mangels besserer Alternativen gewählt und nicht im herkömmlichen Sinn zu verstehen. Sei p der Punkt, bezüglich dessen der Verlauf des Spiralarmes θ0 charakterisiert werden soll und (θ0 , t) seine archimedischen Koordinaten (Siehe Abschnitt A.2.3). Die Spirale selbst besitze den Formparameter β = ωv . Die Zylinderkoordinaten von p lauten dann (φ0 , r) = (ωt+θ0 , vt). Man betrachtet nun den Punkt p̄ auf dem Spiralarm θ, welcher dieselbe radiale Entfernung vom Sipralzentrum wie p aufweist. Dies ist p̄ = (φ, r) = (ωt + θ, vt). Definition. Ist ∆φ := φ0 − φ positiv, so verläuft der Arm θ unterhalb, sonst oberhalb von p. 1 Dies liegt einfach daran, dass der Ursprung des Koordinatensystems mit dem Sonnenmittelpunkt und also dem Spiralzentrum zusammenfällt. 69 Abbildung 5.1 zeigt die geometrische Bedeutung. Man erkennt sofort, dass ∆φ = θ0 − θ ist. Tatsächlich gebraucht wird diese Kategorisierung in der Simulation genau an einer Stelle: Laut Abschnitt 4.3.3.3 ist der Winkel ψθ unter gewissen Umständen zu 2π−ψθ zu korrigieren, nämlich dann, wenn der betrachtete Arm θ zwischen dem Punkt pk und dem Wolkenmittelpunkt (φ, r)M C verläuft. Dies ist genau dann der Fall, wenn der Arm bezüglich pk oberhalb und bezüglich (φ, r)M C unterhalb verläuft.2 Abbildung 5.1 veranschaulicht auch diesen Sachverhalt. Die Definition von “oben” / “unten” mag willkürlich und im Nahfeld sinnlos erscheinen, doch ist sie einfach, lageunabhängig und erfüllt schlicht den gewünschten Zweck. 2 Siehe Abschnitt 4.3.3.3. 70 6 Plausibilitätsbetrachtungen 6.1 Modellverhalten Es ist zweckmäßig, das Verhalten des Modells auf Plausibilität hin zu untersuchen und zu ermitteln, inwieweit es dem gewünschten entspricht. Parameter rM C Wert Siehe jew. Bild vM C vSW 2,0 K aκ 0,4 1 κM ax rmc 0,4 δ 0,1 Tabelle 6.1: Parametrisierung, die zur Erstellung der Abbildungen 6.1 und 6.2 benutzt wurde. Die Wolkengeschwindigkeit spielt keine Rolle, da jeweils nur Schnappschüsse für einen festen Zeitpunkt betrachtet wurden. Kernstück des ganzen Prozesses ist dabei die Verzerrung des s-Gitters. Die Abbildungen 6.1 und 6.2 zeigen durch das Programm ermittelte Verläufe gezerrter Feldlinien. Die Parametrisierung ist in Tabelle 6.1 angegeben, jedoch sind die Graphen als qualitative Darstellungen gedacht und tragen daher keine quantitativen Beschriftungen. Es ist jeweils angegeben, in welcher Entfernung von der Sonne sich das Zentrum der Wolke befinden müsste um das jeweilige Bild zu erzeugen. Abbildung 6.1 zeigt links einen für das Nahfeld, in welchem die Feldlinien nahezu radial gerichtet sind, typischen Verlauf. Der rechte Teil der Abbildung stellt eine für das Fernfeld typische Situation dar, die Feldlinien weichen hier bereits stark von der radialen Richtung ab. Abbildung 6.2 zeigt den Verlauf der Feldlinien in einem mittleren Abstand von der Sonne. Nochmals muss darauf hingewiesen werden, dass ausschließlich die Länge und nicht der räumliche Verlauf einer Feldlinie sich auf das Roeloffsche Modell auswirkt. Dennoch liefert der räumliche Verlauf Hinweise auf die Plausibilität der Anpassungen. Die Feldlinien werden wie gewünscht um die Wolke herumgeführt und schneiden sich, wie von Feldlinien erwartet, nicht. Die Abstände zwischen gezerrten Feldlinien scheinen dagegen relativ konstant und nicht mit dem Abstand vom Wolkenmittelpunkt zuzunehmen. Allerdings ist die Darstellung relativ ungenau. Darüber hinaus ist für das Modell der geometrische Abstand zweier Feldlinien ohnehin nicht von Bedeutung. Sollten die Abstände zwischen zwei gezerrten Feldlinien in einer späteren Stufe des Modells z.B. zur Berücksichtigung des Quertransports genutzt werden, so müsste dies, beispielsweise durch Veränderung der Formel (4.17) zur Berechnung der Radien oder der des Mittelpunktes (4.18) eines Zerrkreises allerdings genauer unter- 71 Abbildung 6.1: Qualitativer Verlauf der gezerrten Feldlinien. Entspricht einer Entfernung des Wolkenzentrums vom Sonnenmittelpunkt von 0,4 AU (links) bzw. von 20 AU (rechts). Die innersten Punkte werden in der Situation des Fernfeldes nur durch wenige Punkte definiert, daher wirken sie sehr zackig. Abbildung 6.2: Qualitativer Verlauf der gezerrten Feldlinien für r = 6 AU, einen mittleren Abstand der Wolke von der Sonne. sucht werden. In diesem Fall wäre das größere Problem vermutlich aber ohnehin, die Transportpfade genau senkrecht mit den Feldlinien schneiden zu lassen. Auf Grund des additiven Ansatzes (4.27) kann nicht erwartet werden, dass die modifizierte Fokussierungslänge an den Grenzen des modifizierten Bereiches stetig ist. Die Fokussierungslänge λ ist im von der Wolke beeinflussten Gebiet gerade durch Gleichung (6.1) gegeben. λ(c) = 1 λ0 1 − l(c)λ0 (c) ,l = A cos πc π 1 + sin πc ∆s (6.1) Hierbei ist λ0 die ursprüngliche Fokussierungslänge des unmodifizierten Feldes, ∆s die Länge des gezerrten Feldlinienabschnittes, c ist die in Gleichung (4.27) definierte 72 λ 1/λ B [Eiheitenlos] 20 0 AU 1/AU - -20 -40 -60 -80 -100 -1 -0.5 0 0.5 1 s/∆s - s1/2 1.5 2 2.5 3 Abbildung 6.3: Die Fokussierungslänge λ entlang einer Feldlinie im Radialfeld B(r) = 1 sowie deren Inverses 1/λ. Der modifizierte Bereich beginnt bei c = 0 und endet bei r2 c = 1. Klar sind die Unstetigkeisstellen an diesen beiden Punkten erkennbar. B ist einheitenlos angegeben, da nur der relative Verlauf Einfluss auf die Fokussierung hat. Die Bogenlänge ist in Vielfachen der Länge des veränderten Feldlinienabschnittes gegeben. Auf Grund dieser Parametrisierung sind die Parameter der magnetischen Wolke unerheblich. Es ist r = 0.1 AU c + 0.3 AU, d.h. der modifizierte Bereich beginnt bei r = 0.3 AU und hat eine Länge von 0.1 AU. Funktion, von s abhängig und nimmt somit ausschließlich Werte zwischen 0 und 1 1 an. Stetigkeit wäre offenbar nur gegeben, wenn für den Faktor 1−lλ gerade 0 1 1 = =1 1 − lλ0 c=0 1 − lλ0 c=1 gelte. Im allgemeinen Fall ist diese Forderung mit l(0) = l(1) = 0 äquivalent. Dies A cos πc ist jedoch nicht erfüllbar, da für c = 0 l = 1+A π c=0 ⇐⇒ cos(0) = 0 =⇒ sin πc Widerspruch und für c = 1 entsprechend cos(π) = 0 =⇒ Widerspruch folgte. Anschaulich zu erkennen ist dies im Plot 6.3, in dem unter Anderem der Verlauf von λ für ein Radialfeld,also z.B. das Nahfeld der Sonne dargestellt ist. Dort tritt ein klarer Sprung der Kurve von λ, ihrem Inversen λ1 sowohl bei c = 0 als auch bei c = 1 auf. 1/λ tritt im Modell auf. Letztendlich ist hierfür die Unstetigkeit des Magnetfeldes (siehe Abschnitt 4.4.1) an den Einflussgrenzen verantwortlich. Wegen dieser Untstetigkeiten ist damit zu rechnen, dass geringere Schrittweiten in s bei der numerischen Behandlung nötig werden. Besonders bei Wolken in Sonnennähe war dies tatsächlich notwendig. Allerdings gestaltete sich hier die Berechnung des Flussröhrenquerschnitts schwierig, so dass das Problem schlicht in einer besonders starken Erhöhung der Fokussierung als in den Unstetigkeiten derselben liegen dürfte. Die Singularität von λ bei c ≈ 0.5 entspricht den Erwartungen, da das Magnetfeld dort ein lokales Maximum besitzt. Da das Modell nur den Faktor λ1 benutzt, spielt diese keine weitere Rolle. 73 3 Ohne Wolke rMC = 0.2 rMC = 0.4 rMC = 0.5 1e+11 Ohne Wolke rMC = 0.2 rMC = 0.4 rMC = 0.5 2.5 2 Anisotropie Intensität / N 1e+10 1.5 1 1e+09 0.5 0 1e+08 −0.5 0 2 4 6 8 10 Zeit / h 12 14 16 18 20 0 1 2 3 Zeit / h 4 5 6 Abbildung 6.4: Logarithmische Intensitätsveräufe und die aufgenommenen Anisotropien für Beobachter hinter einer magnetischen Wolke. Der Beobachter sitzt bei r = 0.5AU, θ = 0◦ . Die einzelnen Szenarios unterscheiden sich durch den Abstand rM C der Wolkenmittelpunkte von der Sonne. Diese sind jeweils angegeben. Als Referenz ist der Verlauf in der Situation ohne Wolke angegeben. Die Parameter sind hierbei entsprechend Tabelle 6.2 gewählt. 6.2 Eine Implementationsstudie vM C Parameter rM C K aκ vSW Wert Siehe jew. Bild 1.75 0.1 1.0 κM ax rmc 0.3 δ λr 0.2 0.1 Tabelle 6.2: Parametrisierung des Modells, wie sie bei den folgenden Plots Verwendung fand, sowie die in GREF genutzte radiale freie Weglänge. Die im folgenden vorgestellte Implementation befindet sich zum Zeitpunkt der Abgabe in einem experimentellen Stadium. Dennoch kann man den Versuch unternehmen, anhand der von ihr gelieferten, zugegebener Maßen unvollkommenen Ergebnisse, Rückschlüsse auf die Güte des zu Grunde liegenden theoretischen Modells zu schließen. Man vergegenwärtige sich zunächst, wie die Wolke das Verhalten eines vorbeieilenden Teilchens beeinflusst. Da sich die hier betrachteten Teilchen um Größenordnungen schneller bewegen als eine magnetische Wolke, betrachtet man die Situation am besten zunächst, als ob die Wolke still stünde, d.h. die Wolke befinde sich an einem beliebigen, aber zeitlich unveränderlichen Punkt (θ, r) in Spiralkoordinaten. Nun folgt man einem, hier zunächst δ-funktionsförmigen Teilchenauswurf, welcher den Feldlinien von der Sonne weg folgt. Auf seinem gesamten Weg wird sich sein Intensitätsprofil in s- wie auch in z-Richtung auf Grund der diffusiven Vorgänge abflachen. Da diffusive Prozesse nicht zur Akkumulation der diffundierenen Größe an einem Raumpunkt führen können, sollte für endliche Zeiträume die räumliche Verteilung der Teilchen jedoch stets ein Maximum aufweisen. Dieses Maximum manifestiert sich in dem Intensitätsverlauf, welchen ein Beobachter an einem bestimmten Raumpunkt aufnimmt, stets als mehr oder minder stark ausgeprägter Peak. Dabei ist der initiale Teilchenpuls vollständig fokussiert. Durch die Pitchwinkeldiffusion 74 1e+09 10 ϑ = 0° ϑ = 0° 8 1e+08 6 Intensität Anisotropie 1e+07 4 1e+06 2 100000 0 10000 −2 0 5 10 15 20 t [h] 25 30 35 0 5 10 15 20 25 30 35 t [h] Abbildung 6.5: Logaritmisches Intensitäts- (links) und Anisotropieprofil, wie es von einem Beobachter bei der Passage einer magnetischen Wolke aufnimmt. Der Beobachter sitzt bei r = 0.64AU , der Wolkenmittelpunkt passiert den Beobachter bei t ≈ 28 h mit einem Radius von ρM C = 0.128. Der Zeitpunkt der Passage ist gekennzeichnet. Mit Ausnahme der statischen Plots wurde der Wert von r2l wie im Text erwähnt verstetigt. Man beachte den eigentlich unmöglichen Anstied der Anisotropie auf über 8. wird das Pitchwinkelspektrum nach und nach geweitet. Fokussierte Teilchen besitzen im Wesentlichen eine Geschwindigkeitskomponente parallel zur Feldlinie. Da die kinetische Energie für alle Teilchen als identisch angenommen wird, bewegen sich fokussierte Teilchen schneller entlang der Feldlinie fort als nicht fokussierte. Die ersten Teilchen, die ein Beobachter registriert, sollten daher überproportional fokussiert sein. Da der initiale Strom vollständig fokussiert war, sollte in den Anisotropie- wie auch den Intensitätsverläufen, die ein Beobachter aufnimmt, also stets relativ früh ein Maximum1 als Relikt des ursprünglichen δ-Peaks auftreten. Als Folge der Querdiffusion wird entlang der zentralen Feldlinie, also der Feldlinie, auf welche injiziert wird, die Zahl der insgesamt transportierten Teilchen sinken, da ein stetiger Abtrag auf andere Feldlinien erfolgt. Solange sich die Masse der Teilchen weit genug von der Wolke weg befindet, wird sich deren Verhalten ebenso darstellen, als existierte die Wolke nicht. Entlang der Feldlinien um die Wolke herum nimmt das Magnetfeld zunächst zu.2 Lässt man das Wolkenzentrum hinter sich, sinkt sie wieder auf den Wert des ungestörten Feldes ab. Hierbei ist zu bemerken, dass das Maximum der Feldstärke nicht zwingend denselben radialen Abstand wie der Wolkenmittelpunkt besitzen muss, sondern, abhängig von der Gestalt des ungestörten Feldes nach vorne oder hinten verschoben sein kann. Wegen des zunächst also konvergierenden Magnetfeldes sollten von der Sonne aus auf die Wolke zu eilende Teilchen tendenziell an der Wolke rückgestreut werden. Das konvergierende Magnetfeld entspricht nämlich gerade der Konfiguration eines 1 Im Falle der Anisotropie ist sich daran zu erinnern, dass sie den Mittelwert der Pitchwinkelverteilung darstellt, µ ∈ [−1 : 1] liegt und |µ| = 1 maximale Fokussierung bedeutet. 2 In einem stark inhomogenen Feld muss dies nicht unbedingt der Fall sein. Ein Maximum ist dann ebenso wenig zu erwarten. Im interplanetaren Feld ist in hinreichender Entfernung von der Sonne die Annahme eines Maximums wegen des abfallenden Feldverlaufs gerechtfertigt. 75 magnetischen Spiegels (siehe Abschnitt 1.2.5). Die Teilchen, welche die Wolke passieren können, werden auch zu einem gewissen Maße gestreut, so dass das Pitchwinkelspektrum des an der Wolke vorbeigelangten Stromanteils am Punkt maximaler Feldstärke geweitet udn derssen Anisotropie abgefallen sein sollte. Da das Feld anschließend tendenziell wieder abfällt, wird der dort vorhandene Strom anschließend wieder fokussiert. Ob der Strom, nachdem er sich hinreichend weit von der Wolke entfernt hat, stärker oder weniger stark fokussiert ist als im Falle ohne Wolke, ist allerdings nicht einfach zu entscheiden. Die Streuung wie die anschließende Fokussierung hängen entscheidend von der Feldänderung ab. Die an der Wolke reflektierten Teilchen werden auf ihrem Weg zur Sonne wiederum der Diffusion ausgesetzt, so dass ein weiterer Abtrag von der zentralen Feldlinie angenommen werden kann. Die Wolke wirkt also wie ein Filter, welcher die schnellen und also stark fokussierten Teilchen passieren lässt, die langsameren, weniger fokussierten Teilchen jedoch reflektiert und so am Vorbeizug hindert. Am Ort des Magnetfeldmaximums geht die Fokussierungslänge gegen unendlich. Alle Teilchen, die diesen Ort erreichen, können ihn ohne Störung schnell wieder verlassen. Im anschließend divergierenden Feld werden sie darüber hinaus fokussiert und daher schnell von der Wolke forttransportiert. Der Bereich um das Magnetfeldmaximum wird also durch die Wolke von Teilchen relativ frei gehalten. Beim Vorbeizug einer Wolke am Beobachter wird die Intensität daher zunächst stark fallen. Nach dem Vorbeizug der Wolke erreicht den Beobachter dann die Zone, in der sich Teilchen zwischen Wolke und Sonne entsprechend einer magnetischen Flasche gefangen befinden. Die Intensität wird wiederum ansteigen. Da in der Zone hinter dem Feldmaximum vermehrt Teilchen reflektiert werden, werden sich hier ebenso vermehrt zur Sonne hin bewegende Teilchen aufhalten. Diese führen dazu, dass der Beobachter einen Abfall der Anisotropie registriert. Genügend lange nach dem Vorbeizug der Wolke werden sich alle Werte nach und nach wieder normalisieren. Abbildung 6.5 zeigt vom hier entworfenen Programm erzeugten zeitlichen Profile von logarithmischer Intensität und (nichtlogarithmischer) Anisotropie. Der Beobachter sitzt hierbei auf der zentralen Feldlinie, auf der auch die Wolke läuft, bei einem radialen Abstand von r = 0.64 AU. Die Wolke wird bei r = 0.2 AU bei t = 0.0 h in die Domäne eingesetzt, die Injektion erfolgt zwischen Sonne und Wolke. Die Passage des Wolkenmittelpunktes ist eingezeichnet. Man erkennt, dass mit der Passage die Intensität einbricht und gleichzeitig die Anisotropie abfällt. Der Abfall der Intensität um den Punkt der Passage erfolgt wie erwartet. Bei der Interpretation ist zu berücksichtigen, dass die Wolke nicht passiert werden kann, und der Beobachter stattdessen um diese herum gedrückt wird. Die Tatsache, dass das Intensitätsminimum dem Wolkenzentrum nachfolgt, kann numerischen Ursprunges sein (siehe Abschnitt 6.3). Der Abfall der Anisotropie nach Vorbeizug der Wolke entspricht ungefähr den Erwartungen. Allerdings sind alle Grafen offensichtlich von starken Störungen überlagert. Eine detailiertere Analyse der Grafenverläufe verbietet sich leider auf Grund der Tatsache, dass Feinstrukturen der Grafen nicht zweifelsfrei als nicht numerischen 76 Ursprunges identifiziert werden können. Auch kann nicht verschwiegen werden, dass verschiedene Szenarien mit dieser experimentellen Implementation überhaupt nicht mehr sinnvoll bearbeitbar sind. Im Folgenden soll eine kurze Analyse möglicher Ursachen betrieben werden. 6.3 Fehleranalyse 3 Ohne Fokussierung Ohne Gitterzerrung Ohne Wolke 2.5 Anisotropie 2 1.5 1 0.5 0 −0.5 0 1 2 3 4 5 t [h] 6 7 8 9 10 Abbildung 6.6: Anisotropieprofile, aufgenommen für einen Beobachter bei r = 0.34 AU. gezeigt ist jeweils dasselbe Szenario, einmal ohne magnetischer Wolke, einmal ohne Verzerrung des s-Gitters und einmal ohne Veränderung der Fokussierungslänge. Der verwandte Parametersatz entspricht wiederum den in Tabelle 6.2 gegebenen. Die Grafen für Anisotropie und Intensität zeigen starke Schwankungen und sich teils fast periodisch. Dabei wechseln sich Gebiete relativer Stabilität mit Gebieten starker Schwankung ab. Die Übergänge sind oft abrupt. Auch zeigen sich diese Störungen in allen Bereichen der Domäne mit Ankunft der ersten Teilchen. Diese Gebiete werden teils aber erst 15 Stunden oder später von der Wolke durchquert und sollten daher von der Wolke nicht beeinflusst werden. Eventuell durch die Wolke hervorgerufene Schwankungen sollten durch die verschiedenen diffusiven Vorgänge auf dem Weg bis zum Beobachter allerdings längst beseitigt worden sein. Dies deutet stark darauf hin, dass diese Schwankungen tatsächlich nicht Teil der Lösung sind, sondern vielmehr Artefakte der numerischen Verfahren. Ein Lauf des Prototypen ohne Einbringen einer Wolke identische Werte liefert allerdings zum ursprünglichen GREF, soweit feststellbar, identische Lösungen. Dies mag an der Robustheit des Programmes bzw. des, verglichen mit einer Wolke, relativ einfachen Szenariobaus liegen. 77 Auffällig ist auch, dass bei statischen Situationen, also Szenarien, in welchen die Wolke sich nicht bewegt, keine erkennbaren Störungen auftreten. Die Abbildung 6.4 zeigt mehrere solcher Szenarien für verschiedene Wolkenaufenthaltsorte. Dies könnte tendenziell dahingehend interpretiert werden, dass die zeitliche Auflösung zu grob gewählt ist. Allerdings zeigte eine Erhöhung der Auflösung um den Faktor 10 keine Auswirkung. Weiterhin scheinen die Störungen mit abnehmendem Wolkenradius tendenziell zuzunehmen, bei einem relativen Radius von δ = 0.1 scheinen Anisotropie und Intensität gar Singularitäten anzusteuern. Als Ursache hierfür kommen grundsätzlich mehrere Faktoren in Frage. Die Tatsache, dass der Wolkenradius die Störungen anscheinend beeinflusst, könnte darauf hindeuten, dass die Auflösung des Gitters entlang der Feldlinie zu grob gewählt wurde. Verschiedene Simulationen mit Gitterauflösungen von 0.1 bis 0.0005 AU zeigten jedoch im Wesentlichen identische Ergebnisse. Auch eine Verdopplung der Zahl der Gitterpunkte des Pitchwinkelgitters lies die Lösungen unverändert. Damit die Lösungen stabil bleiben, sind verschiedene, bereits in Abschnitt 2.3.2 erwähnte Stabilitätskriterien zu erfüllen. Sowohl das Lax-Richtmyer-Kriterium (2.20) als auch das Courant-Friedrichs-Levy-Kriterium (2.21) können durch sich ändernde Abstände ds im s-Gitter nur verletzt werden, wenn diese Abstände abnehmen. Da das Modell diese jedoch ausschließlich verlängern kann, kommt eine Verletzung dieser beiden Bedingungen nicht in Frage. Zusätzlich wird im Code des Prototypen abgeprüft, ob die Weglängen abnehmen. Dies wurde nicht festgestellt. Es verbleiben die Bedingungen an die Fokussierungslänge (2.22) für den µ - Transport. Die erste der beiden gibt einen minimalen Wert der Fokussierungslänge vor, der nicht unterschritten werden darf. Auch dies wird im Code abgefangen, vergleiche Abschnitt 5.4. Die zweite stellt Bedingungen an die Koeffizienten des Iljinschemas. Die Einhaltung dieser Bedingung sollte durch die in Abschnitt 5.4 erläuterte Methode garantiert sein. Tatsächlich war eine derartige Korrektur in einigen Fällen erforderlich. Ob die Korrektur die Stabilität garantiert, konnte hier leider nicht mehr ermittelt werden. Dieses Stabilitätskriterium verbleibt daher zunächst als potentieller Verursacher möglicher Instabilitäten. Vergleicht man Lösungen ein- und desselben Szenarios, bei dem einmal auf die Zerrung des S-Gitters und einmal auf die Änderung der Fokussierungslänge verzichtet wurde, so erkennt man in beiden Fällen, dass die Lösung dennoch gestört bleibt. Abbildung 6.6 stellt diese Situation dar, wobei im Falle der ausgeschalteten s-Gitterzerrung besonders deutlich die hohe Regelmäßigkeit der Störungen hervortritt. Dies deutet auf den µ- Transport als Ursprung des Problems, da in ihn sowohl die Abstände des s-Gitters als auch die Fokussierungslänge mit eingehen. Wie oben erläutert ist für dessen stabile numerische Behandlung die Erfüllung eines Kriteriums notwendig, dessen Verletzung als einziges nicht endgültig ausgeschlossen werden kann. Eine weitere mögliche Fehlerquelle könnte in den Unstetigkeitsstellen im Verlauf von 1 r2l= 2λ liegen. Doch wurde für alle hier gezeigten Grafen der für die Unstetigkeit verantwortliche additive Term aus Gleichung (4.29) mit sin(c) gewichtet, so dass der 78 additive Term an den Rändern des Zerrbereiches gegen 0 geht und r2l insgesamt dort somit wieder stetig wird. Diese Unstetigkeitsstellen können also auch nicht die Ursache sein. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass für die Stabilität der Verfahren erforderlich ist, dass alle auftretenden Funktionen hinreichend glatt sind. Im Rahmen dieser Arbeit konnte leider nicht mehr überprüft werden, ob dies zu besagten Störungen führt. Alles deutet somit auf ein numerisches Problem bei der numerischen Behandlung des µ-Transportes hin. Hier wäre vermutlich der nächste Ansatzpunkt bei dem zweiten Stabilitätskriterium für das Iljinschema zu suchen. Nicht vernachlässigt werden sollte auch die Möglichkeit, dass das Problem durch einen relativ harmlosen Programmierfehler ersteht. 79 7 Zusammenfassung und Ausblick In der vorliegenden Arbeit wurden die physikalischen Grundlagen zum Verständnis des Verhaltens des Plasmas im interplanetaren Raum dargelegt. Das Phänomen magnetischer Wolken wurde als Störung des interplanetaren Magnetfeldes definiert und Erkenntnisse über diese aus verschiedener Literatur zusammengetragen und ein Überblick über den Stand der Forschung hierzu gegeben. Die Grundlagen des interplanetaren Transports hochenergetischer Teilchen wurden dargelegt und darauf aufbauend ein Modell entwickelt, welches die Auswirkungen magnetischer Wolken auf den interplanetaren Transport beschreibt. Eine Strategie zur Implementation dieses Modells in das bestehende Programm GREF wurde erläutert und eine erste Testimplementation durchgeführt. Diese krankt zwar noch an numerischen Defekten, liefert aber dennoch Ergebnisse, welche die Validität des Modells zu stützen scheinen. Weiterhin wurde eine erste Analyse möglicher Fehlerquellen in der vorliegenden Implementation geliefert. Dabei deutet Einiges auf ein Problem in der Schnittstelle des eigentlichen Programms GREF und dem neu erstellten Modul magneticcloud.f95. Unter Umständen ist das Problem also ein rein programmiertechnisches. Vieles weist allerdings in die Richtung, dass das Iljin-Verfahren, mit dem der µ-Transport behandelt wird, in die Grenzbereiche seiner Anwendbarkeit geführt wird. Leider war es im Rahmen des für diese Arbeit zur Verfügung stehenden Zeitrahmens nicht mehr möglich, den letztendlichen Ursprung dieses Problems zweifelsfrei zu finden und zu eliminieren. Eine abschließende Verifikation des Modells kann damit nicht gegeben werden. Dieser Defekte Herr zu werden, eine alltagstaugliche Implementation zu erstellen, wäre somit die nächste große Aufgabe, der man sich zu stellen hätte. Raum für weitergehende Erweiterungen der Implementation wäre damit reichlich gegeben. So besitzt der im Rahmen dieser Arbeit angefertigte Prototyp die wünschenswerte Fähigkeit, Wolken mit einer Domänengrenze schneiden zu lassen, nicht. Um die vollständige Bewegung einer Wolke zu simulieren, wäre es jedoch günstig, diese über die innere Domänengrenze einschießen zu können. Eine künftige Implementation sollte dies allerdings ermöglichen. In dieser Arbeit wurden lediglich Wolken, bei welchen Rekonnexion hinterhalb der Wolken erfolgen konnte, berücksichtigt. Einer der nächsten Schritte sollte also darin bestehen, durch Anpassung der Bewegung sowie Erhöhung des Verzerrungsfaktors für Feldlinien, die hinter der Wolke laufen, auch diese Art von Wolken in das Modell einzubeziehen. Weiterhin sind nach wie vor einige Probleme der Theorie nicht zufriedenstellend zu beantworten. Die Bewegung der Wolke wirft im nicht mehr radialförmigen Fernfeld 80 der Sonne noch einige Fragen auf. Dem Aufbau unendlichen Drucks kann durch die hier getroffene Annahme, dass die Wolke einem Spiralarm folgt, begegnet werden, und MHD-Simulationen zeigen im Nahfeld tatsächlich einen Versatz der Wolke, der in diese Richtung weist. Für das Fernfeld sollte dieses Thema jedoch noch genauer untersucht werden. Der Einfluss des interplanetaren Magnetfeldes auf den Quertransport ist hier als effektiv vernachlässigbar eingestuft worden. Das Modell verzichtet daher auf eine Modifikation des Quertransports. Die dazu getroffenen Annahmen sind hier allerdings nur ungenau. Genauere Analysen des Zusammenhanges zwischen Querdiffusionskoeffizienten und Magnetfeld bzw. numerischer Studien zu diesem Thema wären vermutlich sinnvoll. Gegebenenfalls müsste der Quertransport im Modell angepasst werden. Schließlich dürfte die Fortentwicklung des reinen Transportmodells und seiner Implementation, das die Betrachtung eines dreidimensionalen Szenarios ermöglicht zwischenzeitlich abgeschlossen sein. Damit böte sich die Möglichkeit, das hier entwickelte Wolkenmodell aus der Ekliptikebene in den dreidimensionalen Raum zu heben. Sollte sich die Argumentation in Abschnitt 2.2.4 als tragfähig erweisen, so kann der dort hinzukommende meridionale Transport als von der Wolke ebenfalls als unbeeinflusst angenommen werden. Das dreidimensionale Gitter besteht aus Kegeloberflächen. Dabei stellt deren eines Extrem die Ebene der Ekliptik, deren anderes eine Gerade durch die Sonnenpole dar. Diese einzelnen Ebenen könnten entsprechend der Ekliptik und unabhängig von den übrigen Ebenen behandelt werden. Einzig die Lage des Wolkenmittelpunkts in einer Ebene müsste auf die Lage der Mittelpunkte in den Nachbarebenen abgestimmt werden, so dass sich bei Betrachtung der gesamten Domäne die Wolkenmittelpunkte in den einzelnen Ebenen insgesamt an einer Schlaufe entsprechend der Flusseilkonfiguration aufreihen. Dies wäre für nicht zu hohe Breitengrade einfach durch einen konstanten Abstand der Wolkenmittelpunkte zur Sonne hin zu erreichen. Solange allerdings keine ausgereifte Implementation verfügbar ist, macht eine wie auch immer geartete Erweiterung des Modells keinen Sinn. Damit ist klar, dass in dieser Arbeit zwar ein erstes plausibles Modell für die Berücksichtigung magnetischer Wolken im Roeleffschen Transportmodell erstellt wurde, doch verbleibt Einiges als lediglich erster Ansatz noch unzureichend untersucht, manche Annahme wenig belegt und vieles unberücksichtigt. Es ist die Tür hin zur Einbindung magnetischer Wolken in das Roeloffmodell eröffnet, der Raum dahinter allerdings harrt noch seiner Erschaffung. 81 A Mathematischer Anhang A.1 Bezeichner Modellparameter, die sich bei fester Wolkenposition nicht ändern, werden im Quellcode in eigenen Variablen gespeichert. Für von Feldlinie zu Feldlinie veränderliche Parameter existieren größtenteils keine eigenen Variablen. Einen Überblick über die Zuordnung Parameter - Variablenname bietet Tabelle A.1. Typ Parameter Magnetische Wolke δ vM C vSW Maximalkreis Bezugspunkt pk rM ax φM ax ρM ax θM ax rk φk θk κM ax rmc Bugwelle Asymmetrie Querschnitte aκ K κ (vmc ) α a τ Du Do d¯u d¯o Variable Einheit exp_fac keine v_f keine r_bis AU phi_bis rad rho_bis AU theta_bis rad r_k AU phi_k rad theta_k rad k_f keine h k_vfac AU k_quot keine k_mc AU tangent_angle rad asym_fac keine t0_5_fac keine d_u AU d_o AU dMin_u AU dMin_o AU Tabelle A.1: Modellparameter und deren Namen in den Quellen. v_f und k_f ist anders als im Modell relativ zu dem Abstand Sonne - Wolkenmittelpunkt angegeben. 82 A.2 Mathematischer Anhang A.2.1 Konventionen Alle Koordinatenangaben erfolgen, soweit nicht anders angegeben, in Polarkoordinaten der Form (φ, r) mit φ als den Winkel und r den radialen Abstand vom Ursprung. Sei (φ0 , r0 ) das Spiralzentrum, im Allgemeinen (φ0 , r0 ) = (0, 0). Einzelne Feldlinien werden mit dem Tangentenwinkel θ bezeichnet, mit welchem sie aus dem Spiralzentrum austreten: θ = lim θ (t) (A.1) t→t0 θ (t) beschreibt hierbei den Tangentialwinkel am Punkt der Parametrisierung A (t), A (t0 ) = (φ0 , r0 ) ist die Parametrisierung des Spiralzentrums. Die Gestalt der Spirale wird im Abschnitt A.2.3 erläutert. A.2.2 Transformationen Sind zwei Polarkoordinatensysteme K und KT rans gegeben, wobei der Urpsrung von K in den Koordinaten von KT rans mit (ϑO , rO ) gegeben ist, so lässt sich ein Punkt mit den in System K gegebenen Koordinaten (ϑ, r) mittels r sin ϑ − rO sin ϑO r cos ϑ − rO cos ϑO ϑT rans (ϑ, r) = arctan q 2 rT rans (ϑ, r) = −2 r rO cos (ϑO − ϑ) + rO + r2 (A.2) (A.3) in das System KT rans transformieren. Er hat dort dann die Koordinaten (ϑT rans , rT rans ). A.2.3 Archimedische Spirale Die Gestalt einer archimedischen Spirale ergibt sich aus dem Verhältnis β = Arm Aθ kann als folgende Parametrisierung beschrieben werden: ωs , vs ein 83 Aθ,Zylinderkoordinaten (t) = Aθ,Kartesisch (t) = dAθ,Kartesisch (t) = dt = ωs t + θ (A.4) vs t cos (ωs t + θ) vs t (A.5) sin (ωs t + θ) 0 Aθ,y (A.6) = 0 Aθ,x cos (ωs t + θ) − sin (ωs t + θ) vs + vs ωs t sin (ωs t + θ) cos (ωs t + θ) Man kann generell zu jedem Punkt (φ, r) genau ein (θ, t) finden, so dass φ r = Aθ (t) (A.7) gilt. Jedem Punkt Aθ (t) ist hierbei ein Tangententialwinkel zuzuordnen: 0 Aθ,y sin (ωs t + θ) + ωs t cos (ωs t + θ) ϑ (t) = arctan 0 (t) = arctan cos (ωs t + θ) − ωs t sin (ωs t + θ) Aθ,x (A.8) Es ist zu beachten, dass dies den Winkel zwischen Tangente und kartesischer x Achse darstellt. Die Bogenlänge eines Spiralarmes ergibt folgende Herleitung. Da die Bogenlänge von der Wahl des Spiralarmes unabhängig ist, kann θ = 0 angenommen werden. Die Gleichung (A.9) gibt die Bogenlänge ab r0 = 0 an. r Zvs Zt d cos (ωs τ ) − ωs τ sin (ωs τ ) A (τ ) dτ = vs s (t) = sin (ωs τ ) + ωs τ cos (ωs τ ) dτ dτ r0 vs t0 Zr s = cos r0 Zr = p 2 2 ωs ωs ωs ωs ωs ωs ρ − ρ sin ρ + sin ρ + ρ cos ρ dρ vs vs vs vs vs vs 1 + β 2 ρ2 dρ r0 s (r) = 84 1 p βr 1 + β 2 r2 + arsinh βr 2β (A.9) Der Abstand eines Punktes p von einem Spiralarm A wird als die kürzeste Entfernung zwischen p und den auf dem Arm A liegenden Punkten p (t) (mit geeigneter Parametrisierung t) definiert: |p, Aθ | := min {|p, Aθ (t)| |t ∈ R} pM in := Aθ (tM in ) mit |p, Aθ (tM in )| = |p, Aθ | (A.10) (A.11) Da Aθ eine kompakte Menge darstellt, ist (A.10) definiert und insbesondere sichergestellt, dass wenigstens ein pM in ∈ Aθ existiert, welches Definition (A.11) erfüllt. Es wird bei (in kartesischen Koordinaten) gegebenem x p= y die (quadratische) Abstandsfunktion f (t) = (t vs sin (t ωs + θ) − y)2 + (t vs cos (t ωs + θ) − x)2 für den Abstand von p zum Punkt Aθ (t) auf dem Spiralarm Aθ minimiert. Man erhält t = − sin (t ωs + θ) y + cos (t ωs + θ) x ωs cos (t ωs + θ) y − ωs sin (t ωs + θ) x − vs (A.12) (A.13) Diese Gleichung ist zwar analytisch nicht nach t aufzulösen, doch kann man numerisch einen Fixpunkt tM in bestimmen, und erhält damit pM in = Aθ (tM in ). Allerdings ist hiermit mathematisch nicht klar, ob tM in eindeutig und die Definition von pM in somit wohl bestimmt ist. Praktisch spielt dies für das Modell keine Rolle, ist doch aus der Anschauung offenbar, dass Uneindeutigkeiten wenn überhaupt nur in Extremfällen auftreten können. Ein Spiralarm Aθ wird als oberhalb des Punktes p verlaufend bezeichnet, falls der gemäß (A.11) definierte Punkt weiter vom Zentrum der Spirale entfernt liegt als p selbst. Praktisch wird auf Grund der nur schweren Handhabbarkeit dieser Weg zur Ermittlung des Feldlinienverlaufes in der Regel nicht direkt gegangen. 85 Literaturverzeichnis Aschwanden 2004 Aschwanden, Markus: Physics of the Solar Corona. Springer Verlag, 2004 Bird u. a. 1990 Bird, Michael ; Edenhofer, Peter ; Grün, Eberhard ; Leinert, Christoph ; Mariani, Franco ; Marsch, Eckard ; Neubauer, Fritz ; Schwenn, Rainer ; Schwenn, R. (Hrsg.) ; Marsch, E. (Hrsg.): Physics in the Inner Heliosphere. Springer-Verlag, 1990 Bland 1972 Bland, D. R.: Solutions of Laplace’s Equation. Routledge & Kegan Paul, 1972 Bothmer u. Schwenn 1997 Bothmer, V. ; Schwenn, R.: The structure and origin of magnetic clouds in the solar wind. In: Annales Geophysicae 16 (1997), S. 1–24 Burlaga u. a. 1981 Burlaga, L. F. ; Sittler, E. ; Mariani, F. ; Schwenn, R.: Magnetic loop behind an interplanetary shock: Voyager, Helios and IMP 8 observations. 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Feldverlauf um eine magnetische Wolke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 38 39 43 4.1 4.2 4.3 4.4 Abfolge zur Feldlinienzerrung Assymetrie . . . . . . . . . . . Feldlinienzerrung . . . . . . . Feldlinienkompression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 51 57 61 5.1 Bestimmung der Feldlinienlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 Feldlinienverlauf für verschiedene Feldkonfigurationen Feldlinienverlauf für mittlere Asymmetrie . . . . . . . Fokkussierungslänge entlang einer Feldlinie . . . . . . Profile statischer Wolken . . . . . . . . . . . . . . . . Profile einer dynamischen Wolke . . . . . . . . . . . . Anisotropieprofil mit verschiedenen Konfigurationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 12 13 14 18 72 72 73 74 75 77 91 Tabellenverzeichnis 6.1 6.2 Parametersatz 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Parametersatz 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 A.1 Modellparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 92 Eidesstattliche Versicherung Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und nur unter Verwendung der angegebenen Hilfsmittel und Quellen angefertigt habe. Osnabrück, den Michael Beer