medizin Der Salzburger Arzt September 2006 in salzburg Neue Einblicke in den Dünndarm Doppel-Ballon-Enteroskopie Neues Verfahren an der 1. Medizin / SALK wird sowohl diagnostisch als auch therapeutisch genutzt des Verdauungstraktes durchführen zu können, also in den mit traditionellen Endoskopen nur mittels intraoperativer Endoskopie erreichbaren Dünndarmabschnitten. Seit einigen Monaten gibt es nun die in Japan entwickelte Doppelballon-Enteroskopie (DBE)1 an der UK für innere Medizin I. ■ von Dr. Thomas Haas und Univ.-Prof. Dr. Frieder Berr Der Dünndarm war bis vor kurzem diagnostisch schwer zu erreichen. Dies hat sich mit der Einführung von neuen Verfahren wie der Kapselendoskopie und der Push-and-Pull-Enteroskopie mittels Doppel-Ballon-Technik geändert. Denn der Endoskopiker kann nicht mehr nur Magen und Kolon untersuchen sondern auch den gesamten Dünndarm. Mit der seit einigen Monaten an der Salzburger UK Innere Medizin I, Gastroenterologie vorhandenen Doppel-Ballon-Enteroskopie (DBE) ist nun auch eine therapeutische Intervention möglich geworden. Ü ber lange Zeit waren radiologische Verfahren zum Beispiel mit Doppelkontrast (Methode nach Sellink) der einzige Weg, um sich Einblick in den Dünndarm zu verschaffen. In den 80er Jahren wurde die Push-Enteros- Hauptindikationen sind chronische oder akut rezidivierende Blutungen. Dr. Thomas Haas (li.) und Prof. Dr. Frieder Berr kopie eingeführt, bei der allerdings nur ein kleiner Teil des Dünndarms einsehbar ist. Seit 2001 ist es mit Hilfe der Kapselendoskopie möglich – bei guten Bedingungen – den gesamten Dünndarm zu inspizieren. Sie ist vor allem in der Abklärung der okkulten mittleren gastrointestinalen Blutungen als State of the Art anzusehen, außerdem kann sie bei einzelnen Patienten mit Morbus Crohn Zusatzinformationen liefern. Die Achillesferse im Management von Dünndarmkrankheiten war bisher immer, keine therapeutische Interventionen im bisher „schwarzen“ Bereich Abb. 1: Das Endoskop mit einer Arbeitslänge von 200 cm mit dem 145 cm langen Übertubus und den beiden Ballonen In circa 5 Prozent aller gastrointestinalen Blutungen liegt die Blutungsquelle im Dünndarm distal des Treitz’schen Bandes. In etwa 70% handelt es sich dabei um Angiodysplasien. Eine aktuelle MetaAnalyse2 ergab für die obskure GI-Blutung eine diagnostische Ausbeute von 63% für die Kapsel versus 28% für die bisherige (push-)Enteroskopie und einen diagnostischen Zuwachs um 30% durch die Kapsel gegenüber bisheriger Enteroskopie und Röntgen-Barium-Untersuchung. Um die erkannten Läsionen zu therapieren kommen bisher die push-Enteroskopie für einen Teil (50-150cm) des oberen Dünndarms oder die intraoperative Endoskopie als invasiver Eingriff mit Narkoserisiko in Frage. Hier kann die DBE die Lücke schließen. Abb. 2: Durchleuchtungsgezielte Lagekontrole 18 medizin September 2006 Der Salzburger Arzt in salzburg Außerdem kann die DBE auch therapeutisch genutzt werden: – Blutstillung: mittels Injektion und/oder Argon-Plasma-Coagulation (APC) – Endoskopische Polypektomie – Dilatationen – Fremdkörperextraktion – ERCP bei biliodigestiven Anastomosen (z.B. mit Roux-Y) Das System der DBE setzt sich zusammen aus einem hochauflösenden Video-Endoskop mit einem Außendurchmesser von 8,5 mm und einem Übertubus mit einem Außendurchmesser von 12 mm. Die Arbeitslänge des Enteroskops beträgt 200 cm, die Länge des Tubus 145cm. Sowohl an der Spitze des Endoskops als auch an der Spitze des Übertubus befindet sich ein Ballon. Mit Hilfe der Ballons wird der Dünndarm im Sinne einer aktiven, raupenartigen Vorwärtsbewegung schrittweise auf den Tubus aufgefädelt, durch druckkontrolliertes Blockieren eines weichen 40-mm-Latex-Ballons kann sich der Übertubus im Dünndarm abstützen und nachfolgend das darin liegende Endoskop über 40–50 cm im Dünndarm vorangeschoben werden. Danach wird ein Latex-Ballon an der Endoskopspitze aufgeblasen, so dass nun gegen dieses Widerlager der Übertubus nachgeschoben werden kann. Durch ein Wechselspiel (push and pull) kann das Endoskop schrittweise durch prinzipiell den gesamten Dünndarm peroral voranbewegt werden. In der Regel sind innerhalb einer Zeit von 1–1,5 Stunden bis zu 70% des Dünndarms von peroral einsehbar, ergänzend ist transanal/transvalvulär über das Kolon die Inspektion des Ileums bis etwa 150 cm oberhalb der Valvula möglich. Ein 2,2-mm-Kanal ermöglicht beim Routinegerät das Einbringen von Argon-Plasma-Koagulationssonden, Injektionsnadeln oder anderem speziellen Zubehör. Hauptindikationen sind die akut rezidivierende oder chronische gastrointestinale Blutung, vor allem durch Angiodysplasie. Morbus Crohn des Dünndarms, Polyposis, therapierefraktäre Sprue sowie Extraktionen von Fremdkörpern sind weitere wichtige Einsatzgebiete. DBE wird gut toleriert und ist sicher, oft zuerst Kapselendoskopie. Für die von oral durchgeführte DBE ist keine besondere Vorbereitung notwendig, die von anal durchgeführte Untersuchung erfordert die übliche Koloskopie-Vorbereitung. Die Untersuchung erfordert keine Allgemeinnarkose sondern erfolgt in Sedierung bzw. Sedoanalgesie. Die PPE wird im allgemeinen gut toleriert, die am häufigsten berichtete Nebenwirkung waren Rachenschmerzen und Bauchschmerzen2, an relevanten Komplikationen wurde lediglich ein Fall eines paralytischen Ileus nach DBE berichtet3 sowie das Auftreten einer Pankreatitis 4, vermutlich durch das mechanische Trauma des Ballons im Duodenum. Mit der DBE sind verschiedene diagnostische Verfahren möglich: – Biopsie, – Punktion, – Chromoendoskopie, – Dünndarm-Doppelkontrast (damit lässt sich der Dünndarm abschnittsweise selektiv darstellen) und – Tuschemarkierung (der tiefste erreichte Punkt der Untersuchung lässt sich so markieren sowie das Operationsfeld für den Chirurgen). Folgender Algorithmus wird zur Abklärung eines Patienten mit okkultem gastrointestinalen Blutverlust (positiver Stuhltest) empfohlen: 1. Komplette endoskopische Abklärung (ÖsophagoGastroDuodenoskopie, komplette Koloskopie wenn möglich unter Einbeziehung des terminalen Ileum). 2. Bei fehlendem Nachweis einer Blutungsquelle und neuerlicher Blutungsepisode kann vor der Dünn- 19 Abb. 3: Endoskopisches Bild aus dem unteren Jejunum darmabklärung eine Wiederholung von Gastro– und Koloskopie sinnvoll sein, da bis zu 35% „neue“ Läsionen bei der Zweituntersuchung entdeckt werden können 5. 3. Kapselendoskopie, bei positivem oder suspektem Befund 4. Doppelballon-Enteroskopie mit Therapie. Gastroenterologische Endoskopie OA Dr. Thomas Haas UK für innere Medizin 1 Müllner Hauptstraße 48 5020 Salzburg Email: [email protected] Tel: 0662 4482 2803 1 2 3 4 5 Yamamoto H, et al., Gastroenterology 2003; Triester SL, et al., Am J Gastroenterol 2005; Attar A, et al., Gut 2005; May A, et al. Endoscopy 2006; Zaman A, et al., Gastrointest Endosc. 1998; Dieser Beitrag wurde gesponsert von Ihr kompetenter Partner für individuelle Lösungen im Bereich der flexiblen Endoskopie Bahnstraße 4, Top 001, A - 2340 Mödling Telefon: 02236/28026, Telefax: 02236/28027 e-mail: [email protected] Homepage: www.reinharddilena.gmbh.ac EN ISO 9001 : 2000 EN ISO 13485 : 2003