masterarbeit_karin_benz

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Einfluss von Schlaf und sozialer Unterstützung
auf postpartale psychische Belastungen
Masterarbeit
vorgelegt von
Benz-Hugentobler Karin
an der
Universität Konstanz
Geisteswissenschaftliche Sektion
Fachbereich Geschichte und Soziologie mit Sportwissenschaft und Empirische Bildungsforschung
Pädagogische Hochschule
Thurgau.
Lehre Weiterbildung Forschung
1. Gutachter: Prof. Dr. Sonja Perren
2. Gutachter: Prof. Dr. Matthias Oliver Wagner
Konstanz, 2013
Abstract
Psychische Belastungen oder gar Störungen sind ein häufiges Problem bei Müttern
in den ersten Monaten nach der Geburt. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, inwiefern psychische Probleme im Leben vor der Geburt prädiktiv sind für die
psychische Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt. Weiter wurde
der Frage nachgegangen, ob genügend Schlaf oder soziale Unterstützung die möglichen Nachteile psychischer Probleme früher im Leben beeinflussen oder abmildern
können und somit einen Moderator darstellen.
Die Daten der vorliegenden Arbeit stammen aus einer Stichprobe von 53 Müttern,
die alle ein Kind unter einem Jahr haben. Die Frauen haben sich auf einen Aufruf
hin freiwillig für die Teilnahme an einem Interview zu Problemen und Ressourcen
rund um die Geburt gemeldet.
Die Untersuchung hat gezeigt, dass sich frühere psychische Probleme negativ auf
die psychische Befindlichkeit nach der Geburt auswirken.
Wichtigster Prädiktor in der Untersuchung stellt der Schlaf dar. Die Schlafzufriedenheit der Mutter hat einen starken Effekt auf ihre psychische Belastung in den ersten
drei Monaten nach der Geburt.
Verschiedene Bereiche der sozialen Unterstützung haben einen Einfluss auf das
psychische Wohlbefinden der Frauen. Besonders Unterstützung im Haushalt reduziert ihre psychische Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt. Die
soziale Vernetzung der Mütter hat einen Einfluss auf die psychische Verfassung
nach der Geburt und steht zudem in Interaktion mit den psychischen Problemen
früher im Leben. Frauen mit kleiner Problembelastung vor der Geburt können ihre
Belastung auch nach der Geburt verringern, wenn sie von einem breiten sozialen
Netz getragen sind.
Interessanterweise beeinflussen weder die Partnerunterstützung, noch die Zeit, die
das Paar für sich ohne Kind zur Verfügung hat, die psychische Verfassung der
Frauen nach der Geburt.
Schlagwörter: Antenatale psychische Probleme, postpartale Störungen und Belastungen, Schlafzufriedenheit, soziale Unterstützung
Abstract
Mental disorders are a very common problem for women in the first few months following childbirth. This study investigated whether psychological problems prior to
pregnancy are a significant predictor for the mother’s wellbeing in the first three
months postpartum.
Further this study wants to explain if sufficient sleep or social support, can decrease
the negative impact of mental problems or disorders experienced earlier in life on
the psychological situation of the young mother in the first few months after giving
birth to a child. It is to be shown if the subjective sleep quality or social support can
be a moderator in this model.
The sample of this study (N = 53) was recruited by an advertisement and the
women volunteered to take part in an interview about resources and problems
around childbirth. All the partaking women have a child under one year old.
The investigation has shown, that mental problems earlier in life has a negative influence on psychological health in the first three months postpartum.
The main predictor for psychological health in this investigation is the subjective
perception of the mother’s sleep. Sleep has a strong effect on the mental state of
the women in the first few months after childbirth.
Different aspects of social support also influence the mother’s psychological wellbeing. Practical assistance in the household contributes to a reduction of mental problems in the first few months postpartum. Social networks also have a positive impact
on the women’s situation. Further, there could be found an interaction between social networks and mental problems earlier in life.
Women with little impairment in the past can reduce their mental problems in the
first months postpartum if they are supported by a large social network.
It is striking that there couldn’t be found any influence of partner support or satisfaction with partnership on the psychological situation of the young mothers.
Key words: Antenatal mental problems, postpartum psychological disorders, satisfaction with sleep, social support
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis .................................................................................8
Tabellenverzeichnis ......................................................................................9
Danksagung.................................................................................................10
1
2
Einleitung ...............................................................................................11
1.1
Thematischer Hintergrund ....................................................................... 11
1.2
Ziel der Arbeit............................................................................................ 13
1.3
Aufbau der Arbeit...................................................................................... 13
Psychische Störungsbilder ..................................................................15
2.1
Depressive Störungen.............................................................................. 15
2.1.1 Postpartale Depression ........................................................................ 17
2.1.2 Depressive Symptome nach der Geburt .............................................. 20
2.1.3 „Baby-Blues“ ......................................................................................... 21
2.1.4 Postpartale Psychose ........................................................................... 21
2.2
Angststörungen ........................................................................................ 22
2.3
Komorbidität.............................................................................................. 23
2.4
Auswirkungen Psychischer Störungen auf die kindliche Entwicklung25
2.4.1 Psychischen Störungen und Mutter-Kind-Interaktion ........................... 25
2.4.2 Langzeitauswirkung auf die kindliche Entwicklung ............................... 26
3
Ressourcen nach der Geburt ...............................................................27
3.1
Schlaf als Ressource................................................................................ 27
3.1.1 Veränderungen im Schlafverhalten in der perinatalen Phase .............. 27
3.1.2 Erfassung von Schlaf............................................................................ 28
3.1.3 Bedeutung von Schlaf für die psychische Befindlichkeit ...................... 28
3.2
Soziale Unterstützung .............................................................................. 32
3.2.1 Definitionen........................................................................................... 32
3.2.2 Soziale Unterstützung und psychische Befindlichkeit nach der Geburt 33
3.2.2.1 Einzelne Komponenten sozialer Unterstützung
und ihre Auswirkungen ...................................................................... 35
4
Fragestellungen.....................................................................................38
4.1
Herleitung der Fragestellungen............................................................... 38
5
5
4.2
Fragestellungen ........................................................................................ 39
4.3
Hypothesen ............................................................................................... 40
4.4
Arbeitsmodell ............................................................................................ 41
4.5
Operationalisierung der Fragestellungen............................................... 41
Methode..................................................................................................43
5.1
Hintergrund der Studie............................................................................. 43
5.2
Stichprobe ................................................................................................. 44
5.2.1 Rekrutierung der Stichprobe................................................................. 44
5.2.2 Beschreibung der Stichprobe ............................................................... 44
5.3
Studiendesign ........................................................................................... 46
5.3.1 Durchführung der Studie ...................................................................... 46
5.3.2 Messzeitpunkte..................................................................................... 47
5.4
Instrumente ............................................................................................... 47
5.4.1 Datengewinnung zu „Psychische Probleme vor der Geburt“................ 47
5.4.2 Datengewinnung zu „Psychische Belastung nach der Geburt“ ............ 48
5.4.3 Datengewinnung zu „Schlafzufriedenheit in den ersten drei Monaten
nach der Geburt“ .............................................................................................. 48
5.4.4 Datengewinnung zu „Soziale Unterstützung“ ....................................... 49
5.5
Skalenbildung ........................................................................................... 50
5.5.1 Skalenbildung der UV: „Psychische Probleme vor der Geburt“............ 50
5.5.2 Skalenbildung der AV: „Psychische Belastung nach der Geburt“ ........ 51
5.5.3 Skalenbildung der Variable „Schlafzufriedenheit in den ersten
drei Monaten nach der Geburt“ ............................................................ 51
5.5.4 Skalenbildung der Variablen „Soziale Unterstützung in den
ersten drei Monaten nach der Geburt“ ................................................. 52
5.6
6
Statistische Verfahren .............................................................................. 54
Ergebnisse .............................................................................................56
6.1
Deskriptive Ergebnisse der Stichprobe.................................................. 56
6.2
Bivariate Korrelationen ............................................................................ 61
6.2.1 Korrelationen zwischen früheren psychischen Problemen und
anderen beteiligten Variablen ............................................................... 62
6.2.2 Korrelationen zwischen der psychischen Belastung nach der
Geburt und anderen beteiligten Variablen ............................................ 63
6.2.3 Korrelationen zwischen Schlafzufriedenheit und den anderen beteiligten
Variablen .......................................................................................................... 63
6
6.2.4 Korrelation zwischen sozialer Unterstützung und anderen beteiligten
Variablen .......................................................................................................... 63
6.2.5 Korrelationen zwischen den Kontrollvariablen und anderen beteiligten
Variablen .......................................................................................................... 64
6.3
Unbedingte Haupteffekte im Modell........................................................ 64
6.3.1 Unbedingte Haupteffekte der Psychischen Probleme vor der Geburt auf
die psychischen Probleme nach der Geburt .................................................... 64
6.3.2 Unbedingte Haupteffekte aller beteiligter Variablen ............................. 65
6.4
Interaktionen im Modell............................................................................ 66
6.4.1 Interaktion zwischen „Schlafzufriedenheit“ und „psychischen
Problemen früher“................................................................................. 66
6.4.2 Interaktion zwischen Paaraktivität und psychischen Problemen früher 67
6.4.3 Interaktion zwischen Partnerunterstützung und psychischen
Problemen früher .................................................................................. 68
6.4.4 Interaktion der sozialen Vernetzung mit den psychischen
Problemen früher .................................................................................. 68
6.4.5 Interaktion der „Unterstützung im Haushalt“ mit den
„psychischen Problemen früher im Leben“ ........................................... 70
6.5
7
Zusammenfassung der Ergebnisse ........................................................ 70
Diskussion .............................................................................................72
7.1
Diskussion der Resultate in Bezug auf die Hypothesen....................... 72
7.1.1 Einfluss der psychischen Probleme früher im Leben auf die psychische
Belastung nach der Geburt .............................................................................. 72
7.1.2 Zusammenhang zwischen Schlafzufriedenheit und psychischer
Belastung vor und nach der Geburt ................................................................. 73
7.1.3 Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und psychischer
Belastung vor und nach der Geburt ................................................................. 73
7.2
Methodenkritik .......................................................................................... 75
7.2.1 Datenerfassung .................................................................................... 75
7.2.2 Erhobene Zeitpunkte und Zeitspannen ................................................ 76
7.2.3 Passung zwischen Datenerhebung und Auswertung ........................... 76
7.2.4 Skalenbildung ....................................................................................... 76
7.2.5 Störfaktoren .......................................................................................... 79
7.3
Generalisierbarkeit aufgrund der Stichprobe ........................................ 80
7.3.1 Rekrutierung der Stichprobe................................................................. 80
7.3.2 Generalisierbarkeit der Stichprobe ....................................................... 81
7
7.4
Interpretation der Ergebnisse.................................................................. 81
7.4.1 Problembelastung früher im Leben ...................................................... 81
7.4.2 Der Einfluss von Schlaf auf die psychische Verfassung....................... 82
7.4.3 Der Einfluss sozialer Unterstützung auf die psychische Verfassung.... 83
7.5
Erkenntnisse für die Praxis...................................................................... 85
7.6
Schlusswort............................................................................................... 87
8
Literaturverzeichnis ..............................................................................89
9
Anhang ...................................................................................................93
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Prävalenzen und Komorbidität von depressiven Störungen und Angststörungen
(Reck et al., 2008, S. 464). .......................................................................................25
Abbildung 2. Risikofaktoren für eine PPD bei Erstgebärenden. (Goyal et al, 2009, S. 230) .30
Abbildung 3. Mittelwerte der z-Scores der einzelnen Cluster in Bezug auf die mütterliche
Selbstwirksamkeit und ihren Erziehungsstil (Wade et al., 2012, S. 286). .................32
Abbildung 4. Dimensionen sozialer Unterstützung und mütterliche Selbstwirksamkeit in
Bezug auf postpartale Depressionen (Leahy-Warren et al., 2011, S. 391)...............34
Abbildung 5. Arbeitsmodell ....................................................................................................41
Abbildung 6. Alter der Mütter .................................................................................................45
Abbildung 7. Bildungsniveau der Mütter ................................................................................46
Abbildung 8. Psychische Probleme der Mütter früher im Leben (Anzahl Probleme) .............57
Abbildung 9. Psychische Belastung in den ersten 3 Monaten nach der Geburt ....................57
Abbildung 10. Schlafzufriedenheit der Mütter 3 Monate nach der Geburt .............................58
Abbildung 11. Partnerunterstützung in den ersten 3 Monaten nach der Geburt....................59
Abbildung 12. Häufigkeit der Paaraktivität ohne Baby...........................................................60
Abbildung 13. Soziale Vernetzung .........................................................................................60
Abbildung 14. Unterstützung im Haushalt in den ersten 3 Monaten nach der Geburt...........61
Abbildung 15. Interaktionsmodell mit sozialer Vernetzung ....................................................69
8
Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Interkorrelationen aller im Modell beteiligter Variablen .........................................62
Tabelle 2: Parameter der Haupteffekte der Probleme früher im Leben auf die Belastung nach
der Geburt .................................................................................................................65
Tabelle 3: Parameter der Haupteffekte auf die psychische Belastung nach der Geburt .......66
Tabelle 4: Parameter zur Interaktion mit dem Schlaf in Bezug auf die psychische Belastung
in den ersten drei Monaten nach der Geburt ............................................................66
Tabelle 5: Parameter zur Interaktion mit der Paaraktivität in Bezug auf die psychischen
Probleme in den ersten drei Monaten nach der Geburt ............................................67
Tabelle 6: Parameter zur Interaktion mit der Partnerunterstützung in Bezug auf die
psychischen Probleme in den ersten 3 Monaten nach der Geburt ...........................68
Tabelle 7: Parameter zur Interaktion mit der sozialen Vernetzung in Bezug auf die
psychischen Probleme in den ersten drei Monaten nach der Geburt .......................68
Tabelle 8: Parameter zur Interaktion mit der Unterstützung im Haushalt in Bezug auf die
psychische Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt.........................70
9
Danksagung
Danksagung
An der Stelle möchte ich den Psychologinnen des Verbandes Aargauischer
Psychologinnen und Psychologen herzlich für die zur Verfügung gestellten
Daten danken. Diese Daten bilden die Grundlage der vorliegenden Masterarbeit.
Mein besonderer Dank gilt Frau Prof. Dr. Sonja Perren für ihre Unterstützung, Beratung und Ermunterung beim Verfassen der Arbeit.
Ausserdem möchte Herrn Prof. Dr. Matthias Wagner herzlich danken für sein
Engagement als Zweitgutachter.
Ein herzliches Dankeschön gilt meiner Mutter für ihre vielfältige Unterstützung, sowie der gesamten Familie für alle ihre Hilfe.
Bei meinen Mitstudentinnen möchte ich mich ebenfalls herzlich bedanken.
Sie haben mir durch Babysitting immer wieder den Rücken frei gehalten und
mir die Arbeit dadurch sehr erleichtert.
Auch mein Freundeskreis hat auf vielfältige Weise Anteil an der Entstehung
dieser Arbeit. Vor allem den eifrigen Korrekturlesern, die mit Lob und Tadel
nicht gespart haben, gebührt ein herzliches Dankeschön.
Ganz besonders aber möchte ich meinen Kindern danken, dass sie mir mit
ihrer unkomplizierten und geduldigen Art Raum gelassen haben, diese Masterarbeit verfassen zu können.
10
1 Einleitung
1
Einleitung
1.1
Thematischer Hintergrund
Die Geburt eines Kindes ist ein Wendepunkt im Leben aller Eltern. Oft geht
für das Paar ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung und die Freude über den
neuen Erdenbürger ist entsprechend gross.
Das gesellschaftliche Umfeld empfindet die Geburt als „freudiges Ereignis“
und erwartet besonders von den Müttern ungetrübte Freude und Dankbarkeit, besonders, wenn sie einem gesunden Kind das Leben geschenkt haben.
Allerdings ist die Geburt eines Kindes für Eltern ein einschneidendes Erlebnis
mit weitreichenden Konsequenzen für ihr gesamtes weiteres Leben. Es stellt
vor allem für die Frauen ein kritisches Lebensereignis dar, welches grosse
Anpassungsleistungen an die neue Lebenssituation fordert (Reck, 2004).
Gelingt diese Anpassung nicht oder nur in ungenügendem Masse, birgt die
Geburt eines Kindes für die Mutter das Risiko, eine psychischen Störung
oder Beeinträchtigung zu entwickeln (Reck, 2007).
Verschiedene Zahlen belegen dies: so sollen bis zu 80% der Frauen an einem „Baby-Blues“ kurz nach der Geburt leiden und nicht wenige davon daraus eine ernsthaftere psychische Störung entwickeln (O’Hara & Swain,
1996).
Die meisten dieser Störungen treten nicht völlig unvermittelt zu Tage, vielmehr ist dies ein schleichender Prozess, der nicht selten seinen Anfang bereits während der Schwangerschaft nimmt (Sword, Clark, Hegadoren, Brooks
& Kingston, 2012).
Betroffene Frauen zögern, bei Fachkräften Hilfe suchen, zumal das gesellschaftliche Bewusstsein und die Akzeptanz psychischer Beeinträchtigungen
nach der Geburt eher klein sind. Dies erschwert die rasche Erkennung und
die adäquate Behandlung der Störung, was allerdings für Mutter, Kind und
deren Umfeld bedeutsam wäre. Psychische Störungen der Mütter können
sich nämlich negativ auf die Mutter-Kind-Interaktion auswirken, was wieder-
11
1 Einleitung
um das Bindungsverhalten der Kleinkinder negativ beeinflusst und so ihre
Entwicklung in verschiedenen Bereichen beeinträchtigt (Hay, Pawlby,
Waters, & Sharp, 2008).
Um gefährdete Mütter auszumachen und gegebenenfalls entsprechende
präventive Massnahmen zu ergreifen, müssen Risikofaktoren, die eine psychische Störung begünstigen, erkannt werden (Boyd, Le, & Somberg, 2005).
Psychische Probleme vor der Geburt werden häufig als einer der wichtigsten
Risikofaktoren genannt. Reck (2007) beschreibt depressive Episoden im Leben der Mutter vor der Geburt als den wichtigsten Prädiktor für die Entstehung einer postpartalen Depression (PPD). Giardinelli und Kollegen (2012)
hingegen nennen Angststörungen während der Schwangerschaft als zentralen Risikofaktor für eine spätere PPD.
Trägt eine werdende Mutter ein erhöhtes Risiko, an einer postpartalen psychischen Störung zu erkranken, gilt es, mögliche Ressourcen bei der Frau
selber oder in deren Umfeld zu suchen, damit die Wahrscheinlichkeit einer
erneuten Erkrankung vermindert werden kann (Misri et al., 2010).
Unter anderem scheint Schlaf, in besonderem Masse die subjektiv erlebte
Zufriedenheit mit dem Schlaf, die psychische Verfassung der Mutter zu beeinflussen (Skouteris, Germano, Wertheim, Paxton, & Milgrom, 2008).
Neben zahlreichen anderen Autoren nennen Stapleton und Kollegen (2012a)
soziale Unterstützung in all ihren möglichen Facetten die entscheidende Voraussetzung für eine stabile psychische Verfassung während der Schwangerschaft und nach der Geburt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass psychische Störungen
nach der Geburt häufig vorkommen. Daher ist es bedeutsam, dass Fachkräfte diesbezüglich wachsam sind und Risiken sowie Ressourcen der jungen
Mütter gegeneinander abwägen. Es ist einerseits der psychischen Verfassung der Frauen in der Vergangenheit Rechnung zu tragen, andererseits
muss ihre aktuelle Situation bezüglich sozialer Unterstützung beachtet werden. Bei allen Müttern ist der Schlaf zu beachten, denn Unzufriedenheit mit
dem Schlaf kann über längere Zeit zu psychischen Problemen führen.
12
1 Einleitung
1.2
Ziel der Arbeit
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit perinatalen psychischen Störungen
und Belastungen. Es soll auf verschiedenen Faktoren eingegangen werden,
welche das Auftreten psychischer Belastungen nach der Geburt begünstigen
oder verhindern können.
Es wird der Frage nachgegangen, inwiefern die subjektiv empfundene Zufriedenheit mit dem Schlaf die Entstehung einer psychischen Beeinträchtigung oder Störung nach der Geburt beeinflussen kann.
Weiter ist von Interesse, ob und in welcher Form soziale Unterstützung dazu
beitragen kann, das Risiko der Entstehung einer psychischen Störung nach
der Geburt zu verringern.
Es handelt sich dabei um eine Arbeit, deren empirischer Teil auf Daten basiert, die von in der Praxis tätigen Psychologinnen erhoben worden sind.
Um diesem praktischen Hintergrund der ursprünglichen Datenerhebung
Rechnung zu tragen, sollen die Resultate so dargelegt und interpretiert werden, dass sie für Fachleute in ihrer Tätigkeit mit jungen Müttern, von Nutzen
sein können.
1.3
Aufbau der Arbeit
In einem ersten Abschnitt soll auf psychische Störungen in der gesamten
Lebensspanne und im Besonderen nach der Geburt eingegangen werden.
Als Schwerpunkt werden an der Stelle depressive Störungen und Angststörungen betrachtet, Prävalenzen und Symptome beleuchtet, sowie die wichtigsten Instrumente zur jeweiligen Diagnostik vorgestellt.
Darüber hinaus wird auf die in der Praxis häufige Komorbidität hingewiesen,
die eine genaue Zuordnung der Symptomatik zu einer konkreten Störung
erheblich erschwert und oft gar verunmöglicht.
Es wird überdies aus empirischen Befunden dargelegt, wie sich psychische
Störungen der Mutter auf die kindliche Entwicklung auswirken können.
13
1 Einleitung
Neben Risikofaktoren, die eine psychische Störung nach der Geburt begünstigen, sollen aber auch Ressourcen beschrieben werden, welche die psychische Verfassung der Mutter positiv beeinflussen können.
Die vorliegende Arbeit beschränkt sich auf zwei Ressourcen, nämlich auf die
subjektiv erlebte Schlafzufriedenheit der Mutter einerseits und die soziale
Unterstützung, welche die Frau aus ihrem Umfeld erhält, andererseits.
Zur Schlafzufriedenheit werden Resultate aus Studien dargelegt, die sich mit
den Veränderungen des mütterlichen Schlafes während der Schwangerschaft und den ersten Monaten nach der Geburt befassen. Im Zentrum steht
dabei die Frage, welche Bedeutung die Schlafzufriedenheit der Mutter für
ihre psychische Befindlichkeit hat.
Soziale Unterstützung wird als komplexes Konstrukt zuerst definiert. Dann
werden verschiedene Facetten sozialer Unterstützung beleuchtet und auf
ihre Bedeutung für die psychische Verfassung der Mutter untersucht.
Nach dieser theoretischen Auseinandersetzung mit der Thematik werden
Fragestellung und Hypothesen entwickelt und dargelegt, gefolgt von der Beschreibung der verwendeten Stichprobe.
Nach der Erläuterung der statistischen Methode werden die Resultate dargelegt und im Bezug auf Erkenntnisse aus dem theoretischen Teil der Arbeit
diskutiert.
Es wird auf die Limitation der Arbeit hingewiesen und in einem letzten Teil
auf ihre Bedeutung für die Praxis aufmerksam gemacht.
14
2 Psychische Störungsbilder
2
Psychische Störungsbilder
Es gibt zahlreiche mehr oder weniger häufige und unterschiedlich gut behandelbare psychische Störungen, die für die psychiatrische Diagnostik relevant
sind. Diese sind in der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen,
ICD-10, der Weltgesundheitsorganisation zusammengefasst (Leucht &
Fröstl, 2012).
Aus der Vielzahl möglicher Störungen kommen Depressionen und Angststörungen sowohl nach der Geburt, als auch über die gesamte Lebensspanne
am häufigsten vor und sind entsprechend in der Literatur gut dokumentiert
(Wittchen, Jacobi, Klose & Ryl, 2010). Aus diesem Grund beschränkt sich
der theoretische Teil der Arbeit auf depressive Störungen und Angststörungen.
2.1
Depressive Störungen
Die Depression gehört zu den affektiven Störungen und wird im ICD 10 je
nach Unterform mit F32 – F39 kodiert. Der ICD - 10 spricht von depressiven
Episoden und unterscheidet da zwischen „leichter“, „mittelgradiger“ und
„schwerer depressiver Episode“ (ICD-10, 2013, S. 169 - 186).
In amerikanischen und in vielen englischsprachigen Studien wird aber die
Klassifikation nach dem DSM-IV (Diagnostical and Statistical Manual of Mental Disorders) verwendet. Dort wird je nach Schweregrad der Störung zwischen „major depression“ und „minor depression“ unterschieden. Zudem findet man in der englischsprachigen Literatur oft den Begriff „depressive symptoms“, die zwar klinisch nicht relevant, aber für die Frauen doch mit einem
Leidensdruck verbunden sind (Conradi, Ormel, & de Jonge, 2012).
Prävalenzen
Bei der Depression rechnet man mit einer Lebenszeitprävalenz von 19%,
wobei Frauen mit 25% etwa doppelt so häufig davon betroffen zu sein scheinen als Männer mit 12.8% (Wittchen et al, 2010).
15
2 Psychische Störungsbilder
Wie nach anderen einschneidenden oder kritischen Lebensereignissen treten
in den ersten zwei Jahren nach einer Geburt depressive Störungen oder
Symptomatiken gehäuft auf. Laut Giardinelli und Kollegen (2012) erleiden in
westeuropäischen Ländern etwa 10-15 % der gebärenden Frauen eine depressive Störung nach der Geburt, eine sogenannte postpartale Depression
(PPD).
Die Zahlen zu Prävalenzen depressiver Störungen oder Störungsbildern variieren je nach konsultierter Studie sehr stark. Dies liegt vor allem an den Unterschieden der jeweiligen Stichprobe und an den für die Fragestellung angewandten Erhebungsmethoden (Giardinelli et al., 2012).
Symptomatik
„Die Depression ist eine tiefgreifende, über längere Zeit andauernde Veränderung im Denken, Fühlen, Wollen und Handeln“ (Leucht & Fröstl, 2012, S.
104).
Wie aus der Namensgebung des Störungsbildes hervorgeht, ist das Gefühl
der Niedergeschlagenheit eigentliches Leitsymptom der Depression. In ihrer
gesamten Symptomatik kommt die Depression aber äusserst vielschichtig
daher, häufig gar in Form von somatischen Beschwerden (Brouwer, Meijer, &
Zevalkink, 2013).
Meist zeigt sich im affektiven Bereich eine deutliche Stimmungseinengung
der Betroffenen. Sie fühlen sich ausser Stande, Freude oder andere Affekte
zu empfinden, sondern sie leiden an einem Gefühl der inneren Leere und
damit einhergehend an einem Interessensverlust. Häufig zeigt sich eine depressive Episode auch dadurch, dass die Betroffenen unruhig sind und sich
übertriebene Sorge über ihre Zukunft machen sowie an einem Gefühl der
Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit leiden. Hinzu kommen Minderwertigkeitsoder Schuldgefühle, welche für die Betroffenen höchst belastend sind
(Davey, Tough, Adair, & Benzies, 2011).
Weiter kann eine deutliche Verminderung des Antriebes beobachtet werden.
Trotz grosser Willensanstrengung gelingt es dem depressiven Menschen
nicht, diese Antriebshemmung zu überwinden (Boyd et al., 2005).
16
2 Psychische Störungsbilder
Im kognitiven Bereich kommt es zu Konzentrationsproblemen, zu verlangsamtem Denken (Denkhemmung) und einem generellen Kreisen der negativen Gedanken (Grübelzwang) (Conradi et al., 2012).
Dieser vielschichtige Leidensdruck führt bei den Betroffenen oft zu Veränderungen im Verhalten und es kann nicht selten ein deutlicher sozialer Rückzug
beobachtet werden (Boyd et al., 2005).
Sehr häufig manifestieren sich depressive Störungen in körperlichen Beschwerden. Betroffene leiden dann unter Symptomen wie Appetitstörungen,
Erschöpfung und Schlafstörungen. Sie beklagen Libidoverlust und andere
vegetative Probleme wie Schwindel, Herzrasen, Übelkeit, Schmerzen, etc.
(Leucht & Fröstl, 2012).
2.1.1 Postpartale Depression
Die postpartale Depression (PPD), die hier eingehender beleuchtet werden
soll, unterscheidet sich weder in Form noch Symptomatik von der Depression
zu einem anderen Zeitpunkt im Leben. Daher hat sie als spezifisches Störungsbild keine eingenständige Klassifikation im ICD-10 (Wittchen et al.,
2010).
Von einer PPD spricht man, wenn die depressiven Symptome innerhalb der
ersten beiden Jahre nach der Geburt auftreten (Giardinelli et al., 2012).
Prävalenz
Je nach konsultierter Studie können Zahlen zu Prävalenzen beträchtlich variieren. Dies liegt an unterschiedlichen Stichproben oder Erhebungsinstrumenten, sowie am individuellem Studiendesign. Epidemologischen Studien gehen in westlichen Ländern von einer Prävalenz von 10-15% aus (Alonso et
al., 2004).
Oft jedoch werden postpartale psychische Störungen nicht erkannt. Gremigni
und Kollegen (2011) gehen davon aus, dass in der Praxis etwa 50% der klinisch relevanten depressiven Störungen nicht als solche diagnostiziert werden.
17
2 Psychische Störungsbilder
Symtpomatik
Die Leitsymptome einer PPD sind Weinerlichkeit, das Gefühl von Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühle, die Unmöglichkeit, sich über das Baby zu freuen,
Unruhe und Angstsymptome, Appetitverlust, Müdigkeit, Schlafstörungen, sozialer Rückzug, negative Denkmuster bis hin zu Suizidgedanken (Davey et
al., 2011).
Dies unterscheidet sich, wie bereits weiter oben erwähnt, nicht von der Symptomatik einer depressiven Episode zu einem anderen Zeitpunkt im Leben.
Die Sorgen und Ängste sind aber auf das Baby gerichtet. Die Mutter hat Minderwertigkeitsgefühle im Bezug auf ihre Fähigkeit als Mutter. Frauen mit
postpartaler Depression fühlen sich ihrer Aufgabe häufig nicht gewachsen
und leiden an ihrer Angst, das Kind nicht angemessen versorgen zu können
( Reck, 2007).
Risikofaktoren
Schon seit längerem befasst sich die Wissenschaft eingehend mit Risikofaktoren, die das Auftreten perinataler depressiver Störungen begünstigen. Gerade die postpartale Depression ist diesbezüglich vielfältig dokumentiert.
Bereits eine Meta-Analyse aus den 1990er Jahren legt dar, dass psychische
Störungen, zu irgendeinem Zeitpunkt früher im Leben der Frau, der wichtigste Prädiktor für das Auftreten einer PPD sind. Ferner sollen wenig soziale
Unterstützung, geringe Paarzufriedenheit, ein traumatisches Geburtserlebnis,
stressvolle Lebensereignisse und ein geringer sozio-ökonomischer Status
weitere zentrale Risikofaktoren darstellen (O’Hara & Swain, 1996).
Auch neuere Untersuchungen gehen in die gleiche Richtung. In einer randomisierten Studie (N = 1403) belegen kanadische Forscher, dass depressive
Symptome in der Vorgeschichte der Mutter das Schlüsselrisiko für eine erneute Depression nach der Geburt darstellen. Ebenfalls mit einem hohen
Risiko waren in ihrer Stichprobe Mütter belastet, die selbst nicht in Kanada
geboren waren und somit einen Migrationshintergrund aufweisen (Davey et
al., 2011).
18
2 Psychische Störungsbilder
Eine andere kanadische Studie stützt diese Erkenntnisse und geht davon
aus, dass 50 % der Frauen, die früher im Leben an einer depressiven Symptomatik gelitten hatten, nach der Geburt ihres Kindes an einer PPD erkranken (Sword et al., 2012).
Eindrückliche Zahlen stammen auch aus einer amerikanischen Längsschnittstudie, welche die depressiven Symptome von Frauen mit Hilfe des Beck
Depression Inventory II in der 32. Gestationswoche mit den Werten der selben Skala 12 Wochen nach der Geburt verglichen. Bei 39 % der Frauen mit
erhöhten depressiven Werten während der Schwangerschaft sind die Symptome nach der Geburt nicht schlimmer geworden, bei 61 % haben sich die
Beschwerden allerdings verschlechtert. Je schwerwiegender die Belastungen
waren, desto eher verschlechterte sich die depressive Symptomatik. Dass
sich die Situation nach der Geburt beruhigt und sich die Frau besser fühlt,
wie sich vermutlich viele Mütter und deren Umfeld erhoffen, ist nicht zu erwarten. Es ist daher unerlässlich, auf depressive Symptome während der
Schwangerschaft zu achten und bei Bedarf geeignete Massnahmen einzuleiten, weil mit einer spontanen Besserung nicht gerechnet werden kann
(Sexton et al., 2012).
In sämtlichen zitierten Studien hat sich durchgängig in unterschiedlich starker
Ausprägung gezeigt, dass depressive Episoden vor der Geburt den wichtigsten Risikofaktor für die Entwicklung einer PPD darstellen. Ein australisches
Forscherteam hat sich aus diesem Grund mit den Risikofaktoren antenataler
Depressionen (AD) befasst. Laut ihrer Erkenntnis spielen tiefes Selbstvertrauen und Angststörungen eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer AD.
Wer während der Schwangerschaft wenig soziale Unterstützung im persönlichen Umfeld erhält, ist ebenfalls gefährdet, depressive Symptome zu entwickeln. Negative Denkmuster und kritische Lebensereignisse beeinflussen die
psychische Verfassung der Schwangeren ebenfalls negativ. Letztlich stellen
tiefes Einkommen und aktuelle Erziehungsprobleme mit älteren Kindern Risikofaktoren für die Mutter dar, während der Schwangerschaft an einer Depression zu erkranken (Leigh & Milgrom, 2008).
19
2 Psychische Störungsbilder
Diagnostik
Geht man davon aus, dass rund 50 % der postpartalen Depressionen nicht
erkannt und somit nicht behandelt werden (Gremigni, Mariani, Marracino,
Tranquilli, & Turi, 2011), erstaunt es nicht, dass viele Fachkräfte ein Screening aller Schwangeren auf depressive Symptome empfehlen und fordern.
Dies vor allem in benachteiligten Bevölkerungsschichten, die wenig Zugang
zu potentieller Hilfe und Unterstützung haben (Boyd et al., 2005).
In der Praxis ist dafür vor allem die Edinburgh Postpartum Depression Scale
(EPDS) verbreitet. Dieser Befindlichkeitsbogen basiert auf einer Selbsteinschätzung der Frau und erfragt ihren psychischen Zustand der letzten 14
Tage. Nach der Auswertung teilt der Bogen die Frauen in 3 Kategorien ein.
Es wird ausgesagt, ob eine geringe (EPDS <10), mässige (EPDS 10 – 12)
oder hohe (EPDS >12) Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass die Frau eine Depression entwickeln wird. Bei Frauen, die ein mässiges oder hohes Risiko zu
erkranken aufweisen, empfiehlt sich dringend eine differenziertere Diagnostik
(Dennis & Letourneau, 2007).
2.1.2 Depressive Symptome nach der Geburt
Viele Frauen leiden in den ersten Monaten nach der Geburt zwar nicht an
einer klinisch relevanten depressiven Störung, weisen aber einzelne depressive Symptome auf oder beklagen eine milde Form einer depressiven Störung. So zeigten in einer Studie der Universität Bologna über die Hälfte der
untersuchten, klinisch unauffälligen Frauen (55.7%) depressive Symptome
(Gremigni et al., 2011).
In einer älteren, aber oft zitierten Arbeit von O’Hara & Swain (1996), gehen
die Forscher von etwa 25 % der Frauen aus, die depressive Symptome unterschiedlicher Ausprägung aufweisen.
Auf die einzelne Frage, ob sie sich deprimiert fühlten, gaben 65 % der Frauen an, wenig, mittel oder schwer unter depressiven Verstimmungen zu leiden
(Surkan, Peterson, Hughes, & Gottlieb, 2006).
20
2 Psychische Störungsbilder
2.1.3 „Baby-Blues“
Die kurzzeitige Beeinträchtigung der Stimmungslage kommt in der postpartalen Phase einer Mutter ausserordentlich häufig vor. Man spricht bei diesem
Stimmungstief, das gewöhnlich nach drei bis fünf Tagen nach der Geburt
auftritt, von einem „Baby-Blues“. Viele Frauen fühlen sich in dieser Zeit traurig, ängstlich und sind weinerlich. Die tiefgreifende hormonelle Umstellung im
Körper der Frau unmittelbar nach der Geburt hat einen wichtigen Anteil an
der Entstehung dieses Stimmungstiefs. Nach ein paar Tagen lässt die Symptomatik jedoch häufig nach und es geht den Frauen besser (Boyd et al.,
2005).
Dieser „Baby-Blues“ ist ein verbreitetes Phänomen, von dem bis zu 70 % der
Frauen berichten. Trotzdem empfiehlt es sich, betroffene Frauen zu beobachten, da sich die gedrückte Stimmungslage, die Traurigkeit und Ängstlichkeit in eine depressive Episode ausweiten können (Reck, 2009).
2.1.4 Postpartale Psychose
Die postpartale Psychose ist eine sehr seltene (1-2 Fälle auf 1000 Geburten),
aber zweifellos die schwerwiegendste psychische Störung nach der Geburt.
Sie ist so gravierend, weil die Suizidrate bei den betroffenen Frauen sehr
hoch ist. Es besteht auch die Gefahr, dass die Mutter ihr Kind verletzt oder
gar tötet. Dies aus ihrer Not heraus, weil sie überzeugt ist, das Kind nicht
aufziehen zu können und ihm so einen Leidensweg zu ersparen. Die psychotischen Mütter befinden sich in ihrer Wahrnehmung in einer auswegslosen
Situation und gehören unverzüglich in psychiatrische Behandlung und Obhut,
um nicht sich selber oder das Kind zu gefährden (Swanson, Pickett, Flynn, &
Armitage, 2011).
21
2 Psychische Störungsbilder
2.2
Angststörungen
Angststörungen werden im ICD-10 den neurotischen Störungen zugeordnet
und in ihren Subformen mit F40 und 41 kodiert. Am meisten verbreitet ist die
generalisierte Angststörung, aber auch spezifische Phobien und Panikerkrankungen fallen unter diese Gruppe (ICD-10, 2013, S 190 - 200).
Prävalenzen
Mit einer Lebenszeitprävalenz von etwa 15 % ist die Angststörung nach der
Depression die zweithäufigste psychische Erkrankung (Leucht & Fröstl,
2012).
Besonders in der Schwangerschaft sind Angstsymptome verbreitet und je
nach konsultierter Studie sind 6.6 % bis 21.7 % der Schwangeren von Angststörungen betroffen. Die grosse Range in den Prozentangaben liegt wiederum an den verschiedenen Stichproben mit unterschiedlichem Untersuchungsdesign (Giardinelli et al., 2012).
Weiter scheint der Anteil an Müttern, die unter Angstsymptomen leiden, im
letzten Schwangerschaftsdrittel besonders hoch zu sein. Nach der Geburt
liegen diese Werte dann erheblich tiefer, was die Forscher damit begründen,
dass viele Ängste der Mutter an Bedeutung verloren haben, wenn sie ein
gesundes Kind zur Welt gebracht hat (Giardinelli et al., 2012).
Symptomatik
Während und nach der Schwangerschaft ist die generalisierte Angststörung
die am häufigsten verbreitete Form der Angst. Daher soll hier ausschliesslich
ihre Symptomatik erläutert werden.
Die Angst ist im Fall der generalisierten Angststörung nicht auf etwas Spezifisches gerichtet wie bei einer Phobie, sondern eben generalisiert und lang
anhaltend. Die betroffene Person macht sich übertriebene, häufig unrealistische Sorgen, die frei flotieren und sich oft auf alltägliche Dinge beziehen. Bei
Frauen in der perinatalen Phase sind die Ängste in der Regel auf das Kind
gerichtet oder auf die eigene Fähigkeit, das Kind adäquat versorgen zu können (Vaccarino, Evans, Sills, & Kalali, 2008).
22
2 Psychische Störungsbilder
Diese Sorgen sind gepaart mit einer Übererregbarkeit (Hypervigilianz) und
motorischer Unruhe und Spannung. Weitere vegetative Symptome sind auch
Nervosität, Zittern, Herzklopfen, Schwindelgefühle und Schlafstörungen
(Swanson, Pickett, Flynn, & Armitage, 2011).
Aus diesem Leidensdruck heraus entwickeln die Betroffenen in der Regel ein
Vermeidungsverhalten, indem sie der Angst auslösenden Situationen aus
dem Weg gehen, was wiederum zu sozialem Rückzug und Isolation führen
kann (Austin et al., 2010).
Diagnostik
Um nach ICD -10 eine generalisierte Angststörung diagnostizieren zu können, sind folgende Leitlinien von Bedeutung.
„Der Patient muss primäre Symptome von Angst an den meisten Tagen,
mindestens mehrere Wochen lang, meist mehrere Monate aufweisen. In der
Regel sind folgende Einzelsymptome festzustellen:
1. Befürchtungen
2. Motorischen Spannung
3. Vegetative Übererregbarkeit“ (ICD – 10, 2013, S. 198)
2.3
Komorbidität
Aus der Beschreibung der depressiven Symptome und der Angstsymptomatik in den beiden vorangehenden Abschnitten fällt auf, dass viele Symptome
sowohl bei Depressionen als auch bei Angststörungen vorkommen. Das legt
den Schluss nahe, dass sich Depressionen und Angststörungen nicht trennscharf voneinander unterscheiden lassen und sich gewisse Überlagerungen
in den Störungsbildern zeigen (Austin et al., 2010).
Studien, die perinatale Angststörungen untersuchen, sind weit weniger zahlreich vorhanden als Untersuchungen über die von der Wissenschaft schon
länger erforschte PPD. Häufig hingegen findet man Studien, die sich mit
Angstsymptomen befassen, welche mit depressiven oder anderen Störungen
wie Suchterkrankungen oder Essstörungen einhergehen. Man spricht in diesem Zusammenhang von Komorbidität (C. Reck et al., 2008).
23
2 Psychische Störungsbilder
Prävalenzen
Dass Angstsymptome und depressive Störungen eine hohe Komorbidität
aufweisen, wird in verschiedenen, auch älteren Studien berichtet (O’Hara &
Swain, 1996).
Die einzelnen Prävalenzraten können aber je nach konsultierter Studie stark
variieren. In einer italienischen Forschungsarbeit (N = 590) wurden sowohl
depressive Störungen, unterteilt nach „major depression“ und „minor depression“ erfasst, als auch Angststörungen in ihren Unterformen erhoben. Die
Werte wurden im letzten Schwangerschaftsdrittel sowie in den ersten Monaten nach der Geburt gemessen. Die Komorbiditätsrate von Angststörung und
depressiver Störung nach der Geburt lag bei 11.2 %. Zudem stellte eine
Angstsymptomatik während der Schwangerschaft den wichtigsten Prädiktor
für eine postpartale Depression dar (Giardinelli et al., 2012).
Eine differenzierte Unterscheidung zwischen depressiven Störungen, Angststörungen und Komorbidität zeigen Reck und Kollegen (2008) in ihrer im
deutschsprachigen Raum angelegten Studie (N = 899). Aufgrund ihrer Diagnose mit dem Anxiety-SCID-Screening und dem Anxiety Screening Questionnaire (ASQ-15) in den ersten 3 Monaten nach der Geburt haben sich folgende Prävalenzraten ergeben. 11.1 % der Frauen litten während der ersten
3 Monate nach der Geburt an einer Angststörung, bei 2.2 % davon hat die
Symptomatik nach der Geburt erst eingesetzt. Ebenfalls mit dem SCID wurde
die depressive Symptomatik in den ersten drei Monaten postpartum erfasst.
6.1 % der befragten Frauen litten an einer depressiven Störung, was unerwartet tief liegt. Bei 2.3 % aller untersuchten Frauen liegt eine Komorbidität
vor. 18.4 % der Frauen mit diagnostizierter Angststörung litten auch an einer
Depression, während bei 33.9 % der depressiven Frauen auch eine Angststörung vorliegt. Dass die Raten aller beschriebener Störungen im Vergleich
zu anderen Untersuchungen eher tief ausfällt, begründen die Forscher mit
der Stichprobe, welche sich vor allem aus mittelständischen, gut ausgebildeten Frauen zusammensetzt (Reck et al., 2008).
24
2 Psychische Störungsbilder
Abbildung 1. Prävalenzen und Komorbidität von depressiven Störungen und Angststörungen (Reck et al., 2008, S. 464)
2.4
Auswirkungen Psychischer Störungen auf die kindliche
Entwicklung
2.4.1 Psychischen Störungen und Mutter-Kind-Interaktion
Psychische Störungen haben unmittelbaren Einfluss darauf, wie die Mutter
ihr Kind versorgen kann und wie sie mit ihm in Interaktion tritt (Reck, 2008).
Stein und Kollegen (2012) haben in ihrer Studie dargelegt, wie sich Denkmuster von Müttern, die an Angststörungen und depressiven Symptomatiken
leiden, auf ihre Responsivität gegenüber dem Kind auswirken. Im Labor wurden von solchen Störungsbildern betroffene Frauen mit negativen, die Kontrollgruppe hingegen mit neutralen Denkmustern konfrontiert. Die Frauen der
Gruppe mit dem negativen Priming haben hinterher weniger sensitiv auf ihre
Kinder reagiert. Die Kinder ihrerseits haben in der Folge weniger vokalisiert
(Stein et al., 2012).
In ihrer Studie zur Mutter-Kind-Interaktion depressiver Mütter haben Haycraft
& Farrow (2013) den Schweregrad der mütterlichen depressiven Symptome
mit der Gestaltung der gemeinsamen Mahlzeiten verglichen. Je ausgeprägter
die depressiven Symptome der Mütter waren, desto mehr Druck haben die
25
2 Psychische Störungsbilder
Frauen auf ihre Kinder ausgeübt. Der Umgangston war gereizter, ungeduldiger und unfreundlicher dem Kind gegenüber. Weiter haben depressivere
Mütter das Essen als solches häufiger thematisiert, was sich wiederum ungünstig auf die Mutter-Kind-Beziehung ausgewirkt hat.
2.4.2 Langzeitauswirkung auf die kindliche Entwicklung
In einer Londoner Längsschnittstudie (N = 178) wurde untersucht, wie sich
mütterliche Depressionen langfristig auf die Entwicklung der Kinder auswirken. Es haben sich dabei eine erstaunliche Vielfalt an Erkenntnissen abgezeichnet. Litten die Mütter während der Schwangerschaft an klinisch relevanten Depressionen, haben ihre Töchter Jahre später, in der Pubertät, mehr
emotionale Probleme gezeigt als die Töchter von gesunden Müttern. Traten
die mütterlichen Depressionen hingegen erst nach der Geburt auf, fielen diese Mädchen im Alter von 16 Jahren mehr durch störendes Verhalten auf als
die Töchter der Vergleichsgruppe. Bei Jungen hingegen offenbarte sich ein
anderes Phänomen. Postpartale Depressionen der Mutter haben sich negativ
auf die kognitive Entwicklung der Knaben ausgewirkt. Söhne depressiver
Mütter haben in der Pubertät mit 16 Jahren signifikant tiefere IQ- Werte gezeigt als die Jungen diesen Alters mit psychisch gesunden Müttern. In dem
Zusammenhang ist allerdings unbedingt darauf hinzuweisen, dass klinisch
relevante depressive Störungen oft mit Suchtverhalten einhergehen. Die negativen Auswirkungen auf die Kinder, von denen berichtet wird, sind teilweise
auch auf den Suchtmittelmissbrauch, ausgelöst durch die Depression, zu
erklären. Nicht zu vernachlässigen ist in dem Zusammenhang aber die genetische Komponente. Kinder von depressiven Müttern könnten eine genetische Disposition haben, auf Belastungssituationen im Leben vulnerabler zu
reagieren als andere Kinder (Hay et al., 2008).
26
3 Ressourcen nach der Geburt
3
Ressourcen nach der Geburt
3.1
Schlaf als Ressource
3.1.1 Veränderungen im Schlafverhalten in der perinatalen Phase
Bereits in der Schwangerschaft verändern sich die Schlafmuster und die
Schlafqualität der Frauen. Im ersten Trimester geht die Qualität der Tiefschlafphase zurück und erholt sich nicht mehr bis nach der Geburt. Zudem
nehmen die Schlafdauer und die Effizienz des Schlafes über die Schwangerschaft kontinuierlich ab und erreichen dann etwa fünf Monate nach der Geburt ihren Tiefpunkt (Stein et al., 2012).
Während des letzten Schwangerschaftsdrittels nimmt vor allem die Dauer
des Nachschlafes der Frauen ab und der Schlaf wird häufiger unterbrochen.
Dies kompensieren die Frauen nach Möglichkeit mit kurzen Schlafphasen
während des Tages, sodass die Gesamtdauer des Schlafes über 24 Stunden
nicht unbedingt abnimmt, dessen Qualität jedoch schon (Bei, Coo Calcagni,
Milgrom, & Trinder, 2012).
Die meisten Frauen haben schon in den letzten Schwangerschaftswochen
weniger gut als sonst geschlafen. Zudem sind sie durch den Geburtsvorgang
sowie durch die hormonelle Umstellung nach der Geburt erschöpft. Da sie
viele psychische und physische Ressourcen mobilisieren mussten, überrascht es nicht, dass die Mehrheit der Frauen in den ersten Monaten nach
der Geburt an Müdigkeit und Erschöpfung leiden. Über zwei Drittel der Mütter
klagen in den ersten 12 Monaten nach der Geburt darüber und über 50 %
der Frauen empfinden ihre Müdigkeit selbst 12 bis 18 Monate nach der Geburt noch als ernstes Problem (Wade, Giallo, & Cooklin, 2012).
27
3 Ressourcen nach der Geburt
3.1.2 Erfassung von Schlaf
Um Schlafdauer und -qualität zu messen, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Es können beide Grössen im Schlaflabor mittels technischer Methoden eruiert werden. Dies gestaltet sich allerdings sehr aufwendig und eignet
sich eher für medizinische Zwecke als für die Forschung. Viel verbreiteter ist
daher, das subjektive Empfinden und die Schlafzufriedenheit mittels Fragebögen, Skalen oder Interviews zu erfassen (Gress et al., 2010).
Wichtiger als die objektiv gemessene Schlafdauer ist die subjektiv erlebte
Schlafqualität. Besonders das häufige nächtliche Erwachen scheint die psychische Befindlichkeit der Mütter sehr zu beeinträchtigen, mehr als die kürzere Gesamtschlafdauer an sich (Gress et al., 2010).
3.1.3 Bedeutung von Schlaf für die psychische Befindlichkeit
Müdigkeit und Erschöpfung gehen für die Frauen mit einem beträchtlichen
Leidensdruck einher. Dies nicht nur, weil sie sich energielos und abgeschlagen fühlen und dadurch Mühe haben, ihren anstrengenden Alltag mit dem
Säugling bestreiten zu können. Vielmehr sind auch kognitive Funktionen wie
Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Erinnerungsvermögen und Problemlösungsstrategien beeinträchtigt. Die Klarheit der Denkprozesse wird als
Folge der lang anhaltenden Müdigkeit mit der Zeit getrübt. Zudem tendieren
Frauen, die sich sehr erschöpft fühlen, dazu, das Verhalten des Kindes oder
ihre eigene Fähigkeit als Mutter negativ zu bewerten. Diese Symptomatik,
besonders die Entwicklung negativer Denkmuster, tritt allerdings auch bei
Depressionen auf. Es ist daher schwierig, die beiden Konstrukte eindeutig
auseinander zu halten. Entsprechend wäre es für die Praxis naheliegend,
nach der Geburt Sreenings für Schlafqualität und depressive Symptomatik
durchzuführen (Wade et al., 2012).
In ihrer Studie über den Zusammenhang von Angsterkrankungen, Depressionen und Schlafproblemen in der perinatalen Phase haben Swanson und
Kollegen (2011) folgende Sachverhalte dargelegt: Während der Schwanger-
28
3 Ressourcen nach der Geburt
schaft führen eher Angstsymptome zu Schlaflosigkeit, zwischen depressiven
Symptomen und Schlafproblemen konnte während der Schwangerschaft
hingegen kein Zusammenhang nachgewiesen werden. Nach der Geburt
kehrt sich der Sachverhalt jedoch um. Angstsymptome, die in jener Phase
ohnehin an Bedeutung verlieren, beeinflussen die Schlafzufriedenheit nicht,
dafür konnte ein Zusammenhang zwischen Schlaflosigkeit und Depressivität
aufgezeigt werden (Swanson et al., 2011).
Ausreichend Schlaf ist für die psychische und physische Verfassung der Mutter von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Erschöpfte Mütter zeigten drei
Monate nach der Geburt mehr depressive Symptome als Frauen, die angaben, gut und genügend zu schlafen. Konkret wurde belegt, dass junge Mütter, die weniger als vier Stunden Schlaf zwischen Mitternacht und sechs Uhr
morgens bekamen und weniger als 60 Minuten während des Tages schlafen
konnten, ein erhöhtes Risiko aufwiesen, an depressiven Symptomen zu leiden. Vor allem häufige Unterbrechungen des Schlafes in der Nacht haben
sich negativ auf die psychische Verfassung der Mütter ausgewirkt. Ausserdem hat diese Untersuchung ergeben, dass pränatale Depressivität und gestörter Schlaf über die Hälfte der Varianz von mütterlichen depressiven Symptomen in der ersten Zeit nach der Geburt ausmachen. Andere Faktoren wie
das Alter der Mutter, das Geschlecht des Kindes und die Zufriedenheit mit
der Partnerschaft erklärten hingegen nur 14.5 % der Varianz. Das kindliche
Temperament konnte nicht als signifikanter Prädiktor für postpartale psychische Probleme identifiziert werden (Goyal, Gay, & Lee, 2009).
29
3 Ressourcen nach der Geburt
Abbildung 2. Risikofaktoren für eine PPD bei Erstgebärenden. (Goyal et al, 2009, S.
230)
Die Pflege eines Neugeborenen ist anstrengend und es kann je nach Kind
unterschiedlich lange dauern, bis der Säugling einige Stunden aneinander
schlafen kann. Das Neugeborene lernt über Wochen und Monate, einen
Schlaf-Wachrhythmus zu entwickeln, sowie zuerst einmal Tag und Nacht zu
unterscheiden. Dies ist ein ganz normaler Prozess und man spricht deshalb
in den ersten drei Monaten nach der Geburt bei Säuglingen noch nicht von
Schlafproblemen. Eltern hingegen, besonders die Mütter, beurteilen die Situation oft anders und schätzen das Schlafverhalten ihrer Säuglinge als problematisch ein. Dies könnte daran liegen, dass Mütter psychisch und physisch darunter leiden, wenn ihre Kinder sie immer wieder aufwecken oder
lange Zeit brauchen, um einzuschlafen. Jedenfalls hat sich ein signifikanter
Zusammenhang zwischen den Schlafproblemen der Säuglinge, eingeschätzt
von ihrem Müttern, und der mütterlichen Depressivität gezeigt (Bayer,
Hiscock, Hampton, & Wake, 2007).
Schlafmangel und Erschöpfung beeinflussen aber nicht nur die psychische
Befindlichkeit der Mutter negativ. Erschöpfte Mütter scheinen überdies mehr
Schwierigkeiten zu haben, angemessen auf die Bedürfnisse ihrer Säuglinge
einzugehen. Daher können sich aufgrund der mütterlichen Erschöpfung
30
3 Ressourcen nach der Geburt
Schwierigkeiten in der Mutter-Kind-Interaktion ergeben, selbst wenn die Mutter nicht an depressiven Verstimmungen leidet (Goyal et al., 2009).
Wade und Kollegen (2012) haben in ihrer Studie (N = 261) die Auswirkungen
von Erschöpfung und Depressivität bei Müttern auf ihr Erziehungsverhalten
untersucht. Zu diesem Zweck haben sie bei den Frauen im ersten Jahr nach
der Geburt mit verschiedenen diagnostischen Instrumenten die Ausprägungen von Erschöpfung und Depressivität erhoben. Die Frauen wurden darauf
hin vier Gruppen, sogenannten Clustern, zugeordnet. Im Cluster a) wurden
die Frauen eingeteilt, die tiefe Werte von Erschöpfung und Depressivität
zeigten, im Cluster b) Mütter, die nur Symptome von Erschöpfung aufwiesen,
in c) die Frauen mit mittleren depressiven Werten und leicht erhöhten Werten
von Müdigkeit, und im Cluster d) die Frauen mit hohen Werten von Erschöpfung und Depression. Die Forscher haben nun untersucht, wie sich die Zugehörigkeit zu verschiedenen Clustern auf das Gefühl von Selbstwirksamkeit
der Frauen und auf ihr Erziehungsverhalten auswirkt. Es konnte unter anderem festgestellt werden, dass selbst Frauen, die nur Symptome von Erschöpfung zeigten, sich jedoch nicht depressiv fühlten, weniger das Gefühl von
Selbstwirksamkeit hatten. Ausserdem konnten sie weniger warmherzig und
engagiert auf ihre Kinder eingehen, als Frauen, die sich nicht erschöpft fühlten. Allerdings wird in der Studie auch deutlich, dass sich Depressionen zusammen mit Erschöpfung am negativsten auf das Erziehungsverhalten der
Mütter auswirken. In dieser Untersuchung hat sich eine depressive Symptomatik bei den Müttern ungünstiger für das Erziehungsverhalten erwiesen als
eine Erschöpfungssymptomatik.
31
3 Ressourcen nach der Geburt
Abbildung 3. Mittelwerte der z-Scores der einzelnen Cluster in Bezug auf die mütterliche Selbstwirksamkeit und ihren Erziehungsstil (Wade et al., 2012, S. 286).
Mehrere Autoren sind sich aufgrund dieser Befunde einig, dass die Frage
nach der Schlafzufriedenheit der Mutter und dem Schlafverhalten des Kindes
unbedingt vom betreuenden Fachpersonal nach der Geburt und in der Nachbetreuung erfragt werden muss. Dies nicht zuletzt darum, weil sich mütterliche Erschöpfung wie bereits erwähnt negativ auf ihr Verhalten gegenüber
dem Kind auswirken kann. Es konnte überdies ein Zusammenhang zwischen
Erschöpfung der Mutter in der ersten Zeit nach der Geburt und dem Verhalten des Kindes sowie dessen physischer Gesundheit im Alter von drei Jahren
festgestellt werden (Bayer et al., 2007).
3.2
Soziale Unterstützung
3.2.1 Definitionen
Soziale Unterstützung gilt als wichtige Einflussgrösse beim Auftreten psychischer Störungen. Allerdings ist soziale Unterstützung ein komplexes theoretisches Konstrukt, das unterschiedliche Komponenten beinhaltet.
32
3 Ressourcen nach der Geburt
Ganz grundlegend kann soziale Unterstützung als von aussen erhaltene
Ressourcen angesehen werden, die mithelfen, eine Situation meistern zu
können (Schwarzer & Knoll, 2007).
Haga und ihre Mitarbeiter (2012) differenzieren den Begriff, indem sie zwischen emotionaler (Zuspruch, emotionale Anteilnahme), instrumentaler
(praktische Hilfe) und informativer (Hintergrundinformationen) sozialer Unterstützung unterscheiden.
Etwas detaillierter gehen andere Autoren vor, indem sie soziale Unterstützung als vielschichtiges Konstrukt bezeichnen. Dieses setzt soziale Strukturen und Funktionen voraus, welche emotionale Beteiligung, praktische Hilfe,
sowie Wertschätzung des Gegenübers umfassen (Leahy‐Warren, McCarthy,
& Corcoran, 2012).
Soziale Unterstützung wird in dieser Arbeit nach der Definition von Leahy Warren und Kollegen (2012) verstanden.
3.2.2 Soziale Unterstützung und psychische Befindlichkeit nach der
Geburt
Soziale Unterstützung wird im Zusammenhang mit perinatalen psychischen
Störungen immer wieder als wichtige Einflussgrösse bezeichnet. Ein Mangel
an sozialer Unterstützung ist laut gewisser Studien sogar der wichtigste Prädiktor für das Auftreten von psychischen Störungen nach der Geburt (O’Hara
& Swain, 1996).Vorhandene soziale Unterstützung wirkt sich hingegen positiv auf die psychische Befindlichkeit der Frauen nach der Geburt aus. Die
Gewissheit, Unterstützung zu erfahren, kann den Müttern helfen, angemessen mit ihrer Belastungssituation umzugehen und über bessere CopingStrategien zu verfügen (Schwarzer & Knoll, 2007).
In ihrer Arbeit zum Einfluss sozialer Unterstützung auf die psychische Verfassung nach der Geburt nennen Dennis & Letourneau (2007) verschiedene
Risikofaktoren für die Entstehung postpartaler Depressionen. Aufgrund ihrer
Erkenntnisse ist es ungünstig, wenn kein Austausch möglich ist mit Personen, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben wie man selbst. Zudem
ist es ungünstig, kein Gegenüber für intime Gespräche zu haben. Viele Frauen empfinden es auch als problematisch, keine Hilfe zu erhalten ohne explizit
33
3 Ressourcen nach der Geburt
darum zu bitten. Junge Mütter, die sich nach der Geburt sozial isoliert fühlen,
sind ebenfalls gefährdet, an einer postpartalen Depression erkranken.
Viele Frauen haben sehr konkrete Vorstellungen von der Unterstützung, die
sie sich für sich selber und ihr Kind wünschen. Gerade die Erwartungshaltung der Frauen bezüglich sozialer Unterstützung von der Seite des Partners
oder des sozialen Umfeldes ist zentral für ihre psychische Verfassung. Entscheidend für ihr psychisches Wohlbefinden ist weniger die konkret erhaltene
Hilfe selber. Viel bedeutender ist die Frage, ob ihre Erwartungen bezüglich
der Unterstützung erfüllt werden. Enttäuschungen sind in dem Zusammenhang für die Frauen sehr belastend, umgekehrt können erfüllte Erwartungen
ein Gefühl von Sicherheit und Selbstwirksamkeit hervorrufen, was sich wiederum positiv auf psychische Verfassung der Mütter in den ersten Monaten
nach der Geburt auswirkt (Stapleton et al., 2012).
Abbildung 4. Dimensionen sozialer Unterstützung und mütterliche Selbstwirksamkeit
in Bezug auf postpartale Depressionen (Leahy-Warren et al., 2011, S. 391)
34
3 Ressourcen nach der Geburt
3.2.2.1 Einzelne Komponenten sozialer Unterstützung und ihre Auswirkungen
Partnerunterstützung
Eine zentrale Komponente von sozialer Unterstützung stellt die Unterstützung durch den Partner dar. Nicht nur, dass Frauen in der Pflege des Säuglings und in ihren häuslichen Tätigkeiten durch den Partner unterstützt werden, wirkt sich positiv auf ihre depressive Symptomatik aus, sondern die Hilfe
des Partners scheint auch die Selbstwirksamkeit der Frauen zu erhöhen. Gerade das Gefühl der Selbstwirksamkeit wirkt sich günstig auf die psychische
Befindlichkeit der Mütter nach der Geburt aus (Haslam, Pakenham, & Smith,
2006).
Die Bedeutung des Partners kommt nicht erst nach der Geburt zum Tragen.
Für die psychische Verfassung der Frauen nach der Geburt ist nämlich ebenfalls entscheidend, wie sich die Frau während der Schwangerschaft von ihrem Partner unterstützt gefühlt hat. Strapleton und Kollegen (2012) berichten
von einem Zusammenhang zwischen Partnerunterstützung während der
Schwangerschaft und dem Stressempfinden der Frau im Bezug auf ihr Kind
in den ersten Monaten nach der Geburt. Es scheint, dass sich unterstützte
Frauen als Mutter kompetenter fühlen und entsprechend die Herausforderungen mit ihrem Neugeborenen weniger belastend empfinden. Das wiederum erleichtert den Frauen die Anpassung an ihre Mutterrolle, was sich günstig auf ihre physische und psychische Befindlichkeit auswirkt.
Paarzufriedenheit
Nicht nur Partnerunterstützung, sondern auch die Paarzufriedenheit wirkt
sich signifikant auf den emotionalen Stress der Mutter aus und ist somit für
das psychische Gleichgewicht der Frauen in den ersten Monaten nach der
Geburt sehr wichtig (Stapleton et al., 2012).
Frauen, die in verschiedener Hinsicht nicht zufrieden sind in ihrer Partnerschaft oder in ihren Erwartungen vom Partner enttäuscht werden, weisen ein
höheres Risiko auf, an einer postpartalen psychischen Störung zu leiden.
35
3 Ressourcen nach der Geburt
Konkret berichten diese unzufriedenen Frauen über mangelnde oder schwierige Kommunikation in der Partnerschaft, beklagen fehlende Wärme seitens
des Partners, vermissen die Nähe zu ihm oder erleben gar eheliche Konflikte
(Dennis & Letourneau, 2007).
Soziale Netzwerke
Nicht nur der Partner mit seiner Unterstützung ist für die Frau wichtig. Es ist
auch von Bedeutung, ob sie in einem sozialen Netzwerk eingebunden ist
oder eher isoliert dasteht. Die soziale Vernetzung ist dann ganz besonders
wichtig, wenn kein Partner vorhanden ist oder dieser die Unterstützung nicht
in gewünschtem Mass oder in adäqutater Weise vornehmen kann (O’Hara &
Swain, 1996).
Häufig von sozialen Netzwerken ausgeschlossen sind Frauen mit Migrationshintergrund, die aufgrund ihrer Herkunft schlicht über kein oder nur über
ein sehr beschränktes soziales Netz verfügen und sich dieses aufgrund
mangelnder Sprachkenntnisse oder kulturellen Traditionen nicht aufbauen
können. In diesem Zusammenhang berichten Frauen, die zwei oder mehr
gute Freundinnen oder Verwandte als Unterstützungspersonen haben über
weniger depressive Symptome als Frauen mit weniger sozialen Kontakten.
Generell hat die Anzahl verfügbarer unterstützender Personen einen positiven Zusammenhang mit der psychischen Verfassung der Mutter. Je mehr
Personen eine Frau als mögliche Hilfsquelle in verschiedenen Bereichen zur
Verfügung hat, desto eher ist anzunehmen, dass es ihr psychisch gut geht
(Surkan et al., 2006).
Institutionelle soziale Unterstützung
Gerade unter ökonomisch unterprivilegierten, sozial ungenügend eingebetteten Frauen, die ohnehin eine Risikogruppe für postpartale psychische Störungen darstellen, ist eine institutionelle Unterstützung, welche diese fehlenden Ressourcen bestmöglich auffangen kann, möglicherweise hilfreich. Dies
kann auf verschiedene Weise erfolgen. In einer randomisierten Studie (N =
679) beispielsweise wurde die Wirksamkeit eines Interventionsprogramms
(Just for You) für Frauen mit tiefem Einkommen überprüft. Im Rahmen der
36
3 Ressourcen nach der Geburt
Studie wurde den Frauen der Interventionsgruppe während der ersten 15
Monate nach der Geburt Unterstützung in verschiedenen Bereichen und in
unterschiedlichem Ausmass gewährt. Das Interventionsprogramm umfasste
im körperlichen Bereich Informationen zu Ernährung, Massnahmen zur Förderung des Stillens, Zuteilung von Essensgutscheinen und Möglichkeiten,
Sport zu treiben. Für die emotionale Unterstützung wurden die Frauen immer
wieder von den Betreuerinnen angerufen und nach ihrem Befinden befragt,
oder die Betreuerinnen führten Hausbesuche durch und kümmerten sich um
die Mutter und das Kind. Nach 15 Monaten konnte gezeigt werden, dass die
Frauen der Interventionsgruppe ihre depressive Symptomatik signifikant tiefer einschätzen als die Mütter der Kontrollgruppe (Surkan, Gottlieb, McCormick, Hunt, & Peterson, 2012).
In einer weiteren randomisierten Interventionsstudie wurde die Wirksamkeit
von Peer-Unterstützung in Form von Hausbesuchen untersucht. Freiwillige,
nicht professionelle Peers (junge Mütter, die selbst unter einer PPD gelitten
und sich davon erholt haben) besuchten psychische belastete Frauen (EPDS
>12) während 12 Wochen zu Hause und pflegten regelmässigen Telefonkontakt mit ihnen. Während der Hausbesuche versorgten die instruierten Freiwilligen die depressiv belasteten Mütter mit Informationen zu postpartalen seelischen Störungen, unterstützten sie emotional und gaben ihnen Zuspruch für
diese Dinge, die bereits gut funktionierten. Weiter gewährten sie den Müttern
auch praktische Hilfe in der Versorgung des Säuglings. Zusätzlich wurde die
Mutter-Kind-Interaktion bei verschiedenen Alltagsbegebenheiten analysiert
und wenn nötig zu Verbesserungen angeregt. Das Interventionsprogramm
hat die depressive Symptomatik der Mütter mit einer mittleren Effektsstärke
positiv beeinflusst. Für die Mutter-Kind-Interaktion konnte allerdings nur eine
leichte Verbesserung erzielt werden. Die Autoren der Studie führen dieses
Ergebnis darauf zurück, dass Unterstützung von Peers die psychische Verfassung der Mütter verbessern kann, dass für eine gewinnbringende Arbeit
an der Mutter-Kind-Interaktion hingegen ein professioneller Hintergrund der
Betreuenden unerlässlich ist (Letourneau et al., 2011).
37
4 Fragestellungen
4
Fragestellungen
4.1
Herleitung der Fragestellungen
Die Befunde aus vielen Studien zeigen, wie häufig perinatale psychische Störungen vorkommen. Besonders Depressionen und Angststörungen sind nach
der Geburt verbreitet anzutreffen. Die genannten Prävalenzraten erweisen
sich als erstaunlich hoch, obgleich sich die Zahlen in verschiedenen Studien
teilweise deutlich unterscheiden (Giardinelli et al., 2012).
In Bezug auf die Intensität der psychischen Beeinträchtigungen kann nach
der Geburt von zeitlich begrenzten Symptomen aufgrund einer akuten Belastungssituation bis hin zu persistenten, chronifizierten Störungen oder gar zu
ganz seltenen psychotischen Erkrankungen die gesamte Bandbreite beobachtet werden (Dennis & Letourneau, 2007).
Selbst klinisch nicht relevante psychische Beeinträchtigungen junger Mütter
stellen jedoch in der Regel für sie selber, das Kind und die ganze Familie
eine Belastung dar. Besonders für die frühe Entwicklung so zentrale mütterliche Feinfühligkeit und die daraus hervorgehende Mutter-Kind-Interaktion ist
in hohem Masse entscheidend für die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung des Kindes. In allen Bereichen der Entwicklung können Kinder psychisch belasteter Mütter nachhaltig beeinträchtigt sein (Hay et al., 2008).
Daher sind psychische Störungsbilder Schwangerer und junger Mütter nicht
nur für die Forschung, sondern auch für alle involvierten Fachkräfte, von
wichtiger Bedeutung (Reck, 2008).
Einerseits ist es daher unumgänglich, dass behandelnde Gynäkologen, Hebammen, Mütterberaterinnen, Pädiater und andere Fachkräfte auf das Thema psychischer Störungen nach der Geburt sensibilisiert sind. Sie müssen
über Risikogruppen Bescheid wissen, Screeninginstrumente einsetzen und
bei Bedarf geeignete Hilfsmassnahmen einleiten können (Dennis &
Letourneau, 2007).
38
4 Fragestellungen
Entscheidend für die Einschätzung der Gesamtsituation ist die Gegenüberstellung von Belastungen und Risikokonstellationen auf der einen Seite und
vorhandenen Ressourcen auf der anderen Seite (O’Hara & Swain, 1996).
4.2
Fragestellungen
Aufgrund der vorgängigen Überlegungen sollen in der vorliegenden Arbeit
folgende Fragestellungen beantwortet werden:
-
Führen bei klinisch unauffälligen Frauen psychische Probleme in der
Lebensgeschichte zu vermehrter psychischer Belastung nach der Geburt?
-
Hat die subjektiv empfundene Zufriedenheit mit dem eigenen Schlaf
einen Einfluss auf die psychische Belastung nach der Geburt?
-
Wie hängt die soziale Unterstützung mit der psychischen Belastung
nach der Geburt zusammen?
-
Hat der Umfang der Partnerunterstützung Einfluss auf die psychische
Verfassung der Frauen in den ersten drei Monaten nach der Geburt?
-
Ist das Mass der Paaraktivitäten ohne Kind für die psychische Belastung der Mutter nach der Geburt von Bedeutung?
-
Hat die Anzahl Personen, die der Mutter nach der Geburt helfend zur
Seite stehen und damit die soziale Vernetzung repräsentieren, einen
Einfluss auf ihre psychische Befindlichkeit?
-
Beeinflusst die Entlastung, die eine Mutter im Haushalt erfährt, ihre
psychische Verfassung nach der Geburt?
Weitere Einflussgrössen
Verschiedene demografische Faktoren könnten einen Einfluss auf die genannten Fragestellungen haben, sollen aber in dem Zusammenhang nicht
eigenständig thematisiert werden. So könnten das Alter der Mutter, ihr Bildungsniveau und die meist damit verbundene sozio-ökonomische Situation
die zu untersuchenden Variablen beeinflussen. Möglicherweise könnte auch
das Alter des Kindes zum Zeitpunkt das Befragung eine Rolle spielen, da
sich die erhobenen Daten auf die ersten drei Lebensmonate des Kindes be-
39
4 Fragestellungen
ziehen. Diese retrospektive Betrachtung könnte die Aussagen der Mutter
ebenfalls beeinflusst haben. Aus diesem Grund sollen diese drei Grössen als
Kontrollvariablen ins Arbeitsmodell aufgenommen werden.
4.3
Hypothesen
H1: Je mehr psychische Probleme eine Frau früher im Leben hatte, sei es
vor oder während der Schwangerschaft, desto höher ist ihre psychische Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt.
H2: Je zufriedener eine Frau mit ihrem Schlaf nach der Geburt ist, desto weniger beeinflussen frühere psychische Probleme ihre psychische Belastung
in den ersten drei Monaten nach der Geburt.
H3: Je mehr Unterstützung eine Frau von ihrem Partner in den ersten drei
Monaten nach der Geburt erhält, desto geringer ist der Einfluss von früheren
psychischen Problemen auf ihre psychische Belastung in den ersten drei
Monaten nach der Geburt.
H4: Je mehr soziale Unterstützung von ausserhalb der Partnerschaft eine
Frau erfährt, desto weniger beeinflussen frühere psychische Probleme ihre
psychische Befindlichkeit in den ersten drei Monaten nach der Geburt.
40
4 Fragestellungen
4.4
Arbeitsmodell
Abbildung 5. Arbeitsmodell
4.5
Operationalisierung der Fragestellungen
Um die genannten Fragestellungen (vgl. Abschnitt 4.2) beantworten zu können, wird überprüft, ob die psychischen Probleme, die ein Frau früher im Leben hatte, die psychische Verfassung nach der Geburt beeinflusst.
In den hypothesengeleiteten Fragestellungen wird untersucht, ob die „Schlafzufriedenheit“ der Mutter und die „soziale Unterstützung“, die eine Frau erhält, den Zusammenhang zwischen „früheren psychischen Problemen“ und
der „psychischen Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt“
moderieren.
Über diese Fragestellung hinaus soll geklärt werden, ob die „subjektive
Schlafzufriedenheit“ einen direkten Einfluss auf „die psychische Belastung in
41
4 Fragestellungen
den ersten drei Monaten nach der Geburt“ hat. Die „Schlafzufriedenheit“ wird
daher als unabhängige Variable behandelt.
Weiter wird berechnet, ob und welche Komponenten der „sozialen Unterstützung“ die „psychische Belastung nach der Geburt“ direkt beeinflussen. Daher
werden diese drei Grössen ebenfalls als unabhängige Variablen ins Modell
aufgenommen.
Sämtliche Berechnungen werden für das „Alter der Mutter“, „Alter des Kindes“ und „Bildung der Mutter“ kontrolliert.
42
5 Methode
5
Methode
5.1
Hintergrund der Studie
Im Rahmen ihrer Arbeit in der „Fachgruppe PPS“ (postpartale psychische
Störungen) haben sich vier Psychologinnen aus dem Verband Aargauischer
Psychologinnen vertieft mit dem Thema der postpartalen psychischen Störungen befasst.
In dem Zusammenhang haben die praktizierenden Psychologinnen 2004 einen halbstandardisierten Fragebogen zur Postpartalen Depression (PPD)
und zu postpartaler psychischer Störungen (PPS) konstruiert. In einer Pilotstudie haben die Psychologinnen mit 31 Frauen ein Interview zum Thema
“Positive und schwierige Seiten nach der Geburt“ geführt und dieses 2006
deskriptiv ausgewertet.
Die Pilotstudie ergab, dass zum Thema „psychische Störungen nach der Geburt“ bei den jungen Müttern ein erstaunliches Informationsdefizit besteht.
Aus diesem Grund beschlossen die vier Psychologinnen, eine zweite Umfrage mit mehr Frauen durchzuführen.
Anhand der Resultate aus der Pilotstudie wurde 2008 ein Leitfaden für ein
halbstrukturiertes Interview gestaltet (siehe Anhang). Ziel dieser zweiten Erhebung war für die praktizierenden Psychologinnen, mögliche Bedürfnisse
und Schwierigkeiten ihrer Klientinnen zu erkennen und entsprechend besser
darauf eingehen zu können.
2009 wurden 53 Frauen von insgesamt sechs Interviewerinnen befragt (mit
diversen Nachbefragungen 2010). 2011 wurden die Interviews von den Psychologinnen deskriptiv ausgewertet und sollen nun im Rahmen dieser Masterarbeit weiter untersucht werden.
43
5 Methode
5.2
Stichprobe
5.2.1 Rekrutierung der Stichprobe
Mit Hilfe von Flyern, die bei Fachpersonen wie Frauenärzten, Kinderärzten,
Hebammen und Mütterberaterinnen aufgelegt wurden, konnte die Stichprobe
von 53 Frauen rekrutiert werden. Die Mütter haben sich selber gemeldet, um
am Interview teilzunehmen.
Bei lediglich einem Interview fehlen die für diese Untersuchung relevanten
Informationen. Aus diesem Grund wurde dieses Interview nicht berücksichtigt, was zu einer Stichprobe von N = 52 geführt hat.
5.2.2 Beschreibung der Stichprobe
Die Frauen der vorliegenden Stichprobe kommen aus der Region Aarau,
Schweiz. Zum Zeitpunkt des Interviews betrug das durchschnittliche Alter
31.8 Jahre (SD = 4.9 Jahre, min. 19 Jahre, max. 41 Jahre).
Alle 52 Frauen (100 %) waren verheiratet und hatten ein Kind unter einem
Jahr. 26 Frauen (50 %) hatten einen Jungen, 25 Frauen (48.1 %) ein Mädchen und eine Mutter (1.9 %) hatte Zwillinge (ein Mädchen und ein Junge)
geboren.
Das durchschnittliche Alter der Kinder betrug 5.9 Monate (SD = 3.5 Monate,
min. 1 Monat, max. 12 Monate).
17 Mütter (32.7 %) hatten ein Kind zwischen 0 und 3 Monaten, 16 (30.8 %)
zwischen 4 und 6 Monaten, zehn (19.2 %) zwischen 7 und 9 Monaten und
neun (17.3 %) zwischen 10 und 12 Monaten.
Für 30 Mütter (57.7 %) war es das erste Kind, 20 Mütter (38.5 %) hatten das
zweite Kind geboren und für zwei Mütter (3.8 %) war es das dritte Kind.
44
5 Methode
Abbildung 6. Alter der Mütter
Die befragten Frauen sind mehrheitlich gut ausgebildet und in kleinen Pensen berufstätig. Neun Frauen verfügen über einen Universitätsabschluss
(17.3 %), 18 (34.6 %) haben einen Fachhochschulabschluss vorzuweisen,
fünf (9.6 %) geben eine höhere Fachschule als höchsten Bildungsabschluss
an, 18 (34.6 %) haben eine 3-4 jährige Lehre absolviert, und zwei (3.8 %)
haben eine 1-2 jährige Lehre abgeschlossen. Es gibt keine Frauen ohne abgeschlossene Berufsausbildung in dieser Stichprobe
45
5 Methode
Abbildung 7. Bildungsniveau der Mütter
5.3
Studiendesign
5.3.1 Durchführung der Studie
Die Daten für die Studie wurden von sechs verschiedenen Psychologinnen in
Form eines halbstrukturierten Interviews erhoben. Die Interviewerinnen haben offene Fragen gestellt und die Antworten dann im vorhandenen Fragebogen festgehalten.
Die erhobenen Informationen geben Auskunft über demografische Daten der
Eltern, Kinder und Geschwisterkinder.
Zudem wurde die allgemeine Zufriedenheit der Mutter erfasst, sowie nach
Belastungen und Ressourcen gefragt.
Weitere Fragen betrafen die psychische Befindlichkeit der Mutter.
Es wurde ausserdem erhoben, wie gut die an der Studie teilnehmenden
Frauen durch Fachpersonal über mögliche postpartale psychische Störungen
informiert wurden.
46
5 Methode
5.3.2 Messzeitpunkte
Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine quasi Längsschnittstudie. Die Teilnehmerinnen wurden zwar zu einem einzigen Zeitpunkt
befragt, doch die Fragen beziehen sich auf verschiedene Zeitpunkte oder
Zeitspannen im Leben der Frauen. Es sind Daten über die Zeit vor und während der Schwangerschaft, die ersten drei Monate nach der Geburt und die
aktuelle Situation erhoben worden. Die Frauen gaben somit retrospektiv
Antwort über ihre Befindlichkeit. Je nach aktuellem Alter des Kindes lagen
die von der Mutter zu beschreibenden Informationen mehr oder weniger weit
in der Vergangenheit zurück.
In der vorliegenden Arbeit werden nur zwei Zeitspannen berücksichtigt, nämlich die Zeit vor der Geburt (t1), die das Leben vor der Schwangerschaft und
die Schwangerschaft selber zusammenfasst, sowie die ersten drei Monate
nach der Geburt (t2).
5.4
Instrumente
Im von den Psychologinnen zusammengestellten Interview wurden keine
etablierten Skalen verwendet, sondern die Befragung hatte eher konsultativen und explorativen Charakter. Obschon Fragen zu „psychischen Störungen“ gestellt und diese im Interview auch als solche benannt wurden, haben
diese erhaltenen Informationen keinerlei diagnostische Qualität im Sinne einer sorgfältigen Anamnese. Um eine psychische Störung diagnostizieren und
in ihrer Ausprägung differenziert beurteilen zu können, wären klinisch etablierte Diagnoseinstrumente unerlässlich.
5.4.1 Datengewinnung zu „Psychische Probleme vor der Geburt“
Die Teilnehmerinnen wurden unter dem Titel „Häufigste psychische Störungen bei Müttern“ wiederum offen nach ihrem psychischen Befinden befragt.
Zeitlich wurde zwischen „früher im Leben“ (ta), „nach einer allfälligen voran-
47
5 Methode
gegangenen Geburt“ (tb), „während der Schwangerschaft“ (tc) „in den ersten
drei Monaten nach der Geburt“ (td) und „aktuell“ (te) unterschieden.
Die genannten Antworten wurden von den Interviewerinnen dann in folgende
Kategorien eingeteilt: Schlafstörungen, Erschöpfungssyndrom, depressive
Episoden, Angststörungen, Belastungsstörungen und Anpassungsstörungen,
Zwangsstörungen, somatoforme Schmerzstörungen, Ess-Störungen, Suchtstörungen, Depersonalisation/Derealisation und psychotische Störungen.
Mehrfachnennungen waren selbstverständlich möglich (siehe Anhang, Interview Frage 14).
5.4.2 Datengewinnung zu „Psychische Belastung nach der Geburt“
Um die psychische Verfassung der Frauen während der ersten drei Monate
nach der Geburt zu erfassen, haben die Psychologinnen eine Checkliste für
Fachleute im medizinischen/psychosozialen Bereich zur Feststellung von
postpartalen psychischen Störungen/Problemen - Leitfaden für ein Gespräch
mit Frauen in den ersten 3 Monaten nach der Geburt (siehe Anhang) verwendet. Die Psychologinnen haben in ihrer Arbeitsgruppe diese Checkliste
eigens für das in der Untersuchung verwendete Interview entwickelt. Die
Checkliste besteht aus drei Subskalen, welche den „emotionalen“ und den
„körperlichen“ Bereich, sowie „Verhalten und Kontakte“ erfasst. Es handelt
sich dabei um eine 4-stufige Skala, die aufsteigend zwischen „nicht“, “kaum“,
„mittel“ und „stark“ unterscheidet.
5.4.3 Datengewinnung zu „Schlafzufriedenheit in den ersten drei Monaten nach der Geburt“
Im für die Untersuchung verwendeten Interview ist an verschiedenen Stellen
und in unterschiedlichem Zusammenhang von Schlaf die Rede. Durch die
offene Frageweise haben Frauen in unterschiedlichen Kontexten von Schlafproblemen berichtet, haben aber auch Schlaf als wichtige Ressource genannt und immer wieder das Bedürfnis nach mehr Schlaf geäussert.
Um die Schlafzufriedenheit der Frauen in den ersten drei Monaten nach der
Geburt jedoch genauer quantifizieren zu können, wurde zur Skalenbildung
48
5 Methode
eine Frage ausgewählt, in der alle Frauen konkret zu Schlafproblemen befragt wurden.
Die zum Thema Schlaf erhobenen Daten aus der Checkliste für Fachleute im
medizinischen/psychosozialen Bereich zur Feststellung von postpartalen
psychischen Störungen/Problemen - Leitfaden für ein Gespräch mit Frauen
in den ersten 3 Monaten nach der Geburt (siehe Anhang) dienten als Grundlage zur Skalenbildung.
Die Frauen haben in einer 4-stufigen Skala ihre körperliche Befindlichkeit
während der ersten drei Monate nach der Geburt eingeschätzt. Der Wert 0
bedeutet „nie“, 1 entspricht „kaum“, 2 „mittel“ und 3 „stark“. Die verwendeten
Fragen decken folgende Bereiche ab: 1. „Müdigkeit, Erschöpfung“, 2.
„Schlafstörungen“ (Ein- und Durchschlafstörungen), 3. „Schlafmangel“, 4.
„Unstillbarer Schlafdrang“.
5.4.4 Datengewinnung zu „Soziale Unterstützung“
Der Bereich der „sozialen Unterstützung“ stellt das komplexeste Konstrukt im
Modell dar. Wie im Theorieteil beschrieben umfasst „soziale Unterstützung“
ganz unterschiedliche Komponenten, die je nach Studie auch verschieden
gewichtet werden. Es sollen im folgenden diejenigen erläutert werden, welchen aus den theoretischen Erkenntnissen Bedeutung beizumessen sind.
Soziale Vernetzung
Im offenen Interview, welches der Arbeit zugrunde liegt, wurde das Konstrukt
der sozialen Vernetzung in verschiedenem Zusammenhang thematisiert.
Dafür sind unter dem Stichwort „Ressourcen“ (siehe Anhang, Interview, Frage 10) ganz unterschiedliche Aspekte erfragt worden. Diese geben Auskunft
darüber, wie viele Personen aus dem persönlichen oder auch fachlichinstitutionellen Umfeld der Frau in irgendeiner Form zur Seite stehen. Es
wurden konkrete Personen aufgezählt (Partner, Schwester, Freundin, etc.)
die den Frauen in verschiedenen Bereichen Hilfestellungen und Unterstützung bieten. Sie sind für die Frauen beispielsweise Gesprächspartner für
intimste Probleme oder ermöglichen ihr als Babysitter, einige Stunden Urlaub
von der Mutterschaft.
49
5 Methode
Alltagsunterstützung
Es wurde ausserdem nach konkreten Entlastungen im Haushalt gefragt (siehe Anhang, Interview, Frage 10). Die Frauen gaben Auskunft, in welchen
Tätigkeiten sie im Haushalt unterstützt werden.
Partnerunterstützung
Im Interview wurde an verschiedenen Stellen nach der Unterstützung des
Partners gefragt; sei es für Gespräche, konkrete Hilfestellungen oder bezüglich der Pflege des Kindes.
Ferner wurde die Paarzufriedenheit angesprochen, indem gefragt wurde, wie
häufig das Paar Aktivitäten zu zweit ohne das Baby durchführt.
5.5
Skalenbildung
In der Erhebung wurden Daten, wie unter 5.3.1 beschrieben, zu verschiedenen Zeitpunkte und Zeitspannen erfragt. Für die Beantwortung meiner Fragestellung sind jedoch nur die Zeit vor der Geburt (t1) und die ersten drei
Monate nach der Geburt (t2) relevant. Daher konnte keine Skala so aus dem
Fragebogen übernommen werden. Vielmehr mussten die Skalen selber konstruiert werden, was im folgenden erläutert werden soll.
5.5.1 Skalenbildung der UV: „Psychische Probleme vor der Geburt“
Grundlage für die Bildung der unabhängigen Variable stellen die unter 5.4.1
beschriebenen Daten über die psychischen Probleme der Mutter früher im
Leben dar. Um die Unterscheidung zwischen der Situation vor der Geburt (t1)
und nach der Geburt (t2) darstellen zu können, wurden die im Interview erhobenen Informationen zu psychischen Störungen „früher im Leben“ (ta), „nach
einer allfälligen vorangegangenen Geburt“ (tb), „während der letzten
Schwangerschaft“ (tc) zu einem einzigen Zeitpunkt „vor der Geburt“ (t1) zusammengefasst.
50
5 Methode
Wenn von einer psychischen Störung zu mindestens einem Zeitpunkt (ta), (tb)
oder (tc) berichtet wurde, ist dies als „psychisches Problem früher im Leben“
gewertet worden.
Daraus ergeben sich 12 dichotome Variablen, die zwischen „Störung“ und
„keine Störung“ unterscheiden. Unter „Störung“ ist aber wie weiter oben bereits erwähnt, nicht eine klinisch-diagnostisch erhobene Störung zu verstehen, sondern der Begriff „Störung“ bezieht sich auf den Wortlaut der Frage
(siehe Anhang, Interview, Frage 14) und ist als ein „psychisches Problem“ zu
verstehen.
Aus diesen 12 dichotomen Variablen wurde der Summenscore gebildet. Die
erhaltenen Werte bewegen sich zwischen 0 (an keiner Störung gelitten) und
7 (von 7 Störungen in der Vergangenheit berichtet).
Für die endgültige unabhängige Variable wurde eine 4-stufige Skala gebildet.
Es wird aufsteigend zwischen 0 (noch nie eine Störung) bis 3 (an 3 und mehr
Störungen gelitten) unterschieden.
5.5.2 Skalenbildung der AV: „Psychische Belastung nach der Geburt“
Aus der unter 5.4.2 beschriebenen Checkliste für Fachleute im medizinischen/psychosozialen Bereich zur Feststellung von postpartalen psychischen
Störungen/Problemen - Leitfaden für ein Gespräch mit Frauen in den ersten
3 Monaten nach der Geburt wurden für die Bildung der abhängigen Variable
die Subskalen „emotionaler Bereich“ mit 15 Items, sowie „Verhalten und Kontakte“ mit 10 Items verwendet (siehe Anhang, Checkliste).
Um den Wert der abhängigen Variable im Modell zu berechnen, wurden die
Mittelwerte der beiden Subskalen verwendet. Diese Werte wurden addiert
und man bestimmte wiederum den Mittelwert davon.
5.5.3 Skalenbildung der Variable „Schlafzufriedenheit in den ersten
drei Monaten nach der Geburt“
Um die subjektive Zufriedenheit mit dem Schlaf der befragten Müttern in den
ersten drei Monaten nach der Geburt quantifizieren zu können, wurden aus
der Checkliste für Fachleute im medizinischen/psychosozialen Bereich zur
51
5 Methode
Feststellung von postpartalen psychischen Störungen/Problemen - Leitfaden
für ein Gespräch mit Frauen in den ersten 3 Monaten nach der Geburt vier
Items aus der Subskala „körperlicher Bereich“ verwendet (Siehe Anhang,
Checkliste). All diese Items erfassen die von den Müttern subjektiv empfundenen Schlafprobleme in den ersten drei Monaten nach der Geburt. Es wird
in einer 4-stufigen Skala zwischen 0 = „keine Belastung“ bis 3 = „starke Belastung“ differenziert.
Für die Bildung der Variable „Schlafzufriedenheit“ wurde aus den vier Items
der Mittelwert bestimmt.
Um die Zufriedenheit der Mütter mit ihrem Schlaf im Modell als Ressource
und nicht als Belastung darstellen zu können, musste die Variable umgepolt
werden, sodass der Wert 0 „gar nicht zufrieden mit dem Schlaf“ bedeutet und
unter dem Wert 3 „sehr zufrieden mit dem Schlaf“ zu verstehen ist.
5.5.4 Skalenbildung der Variablen „Soziale Unterstützung in den ersten
drei Monaten nach der Geburt“
Um die Skala für die „soziale Unterstützung“ zu generieren, orientiert sich die
angewandte Vorgehensweise an der Definition sozialer Unterstützung von
Leahy-Warran und Kollegen (2012). Sie bezeichnen in ihrer Studie soziale
Unterstützung als vielschichtiges Konstrukt, welches das Vorhandensein von
sozialen Strukturen und Funktionen voraussetzt, emotionale Beteiligung,
praktische Hilfe, Information sowie Wertschätzung für das Gegenüber mit
einschliesst.
Aufgrund der Vielschichtigkeit des Konstrukts wurde auf eine einzige Variable, welche „soziale Unterstützung“ als Ganzes abbilden soll, verzichtet. Dies
geschah zugunsten von vier verschiedenen Skalen, welche jeweils Teilbereiche des Konstrukts einzeln repräsentieren. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine differenziertere Beurteilung des Sachverhaltes.
52
5 Methode
Es werden folgende Skalen verwendet:
Variable „Partnerunterstützung“
Es wurde erhoben (siehe Anhang, Interview, Fragen 10a, 10b, 10c), welche
Personen, sei es Partner, Freundin, Nachbarin oder auch Fachperson, der
Frau in verschiedenen Bereichen hilfreich zur Seite stehen.
Zur Bildung der Variable „Partnerunterstützung“ wurden die Nennungen
„Partner“ ausgezählt und ein Summenscore daraus gebildet. Es ist dabei eine Skala von 0 -3 entstanden, 0 bedeutet, der Partner unterstützt in keinem
Bereich, 3 heisst, der Partner unterstützt in allen 3 möglichen Bereichen.
Variable „Paaraktivität“
Aus den Informationen (siehe Anhang, Interview, Frage 10i) wurde ebenfalls
eine Skala von 0 - 3 konstruiert. Diese Variable gibt Auskunft, wie häufig ein
Paar zusammen ohne das Kind etwas unternimmt. Der Wert 0 entspricht
„noch nie“, der Wert 1 „mindestens 1 Mal in 3 Monaten“, der Wert 2 „mindestens 1 Mal pro Monat“, der Wert 3 „mindestens 1 Mal pro Woche“.
Variable „soziale Vernetzung“
Zur sozialen Vernetzung der Frauen (siehe Anhang, Interview, Fragen 10a,
10b, 10c) wurden die Summenscores der von der Frau genannten unterstützenden Personen gebildet. Allerdings wurde der Partner ausgenommen, da
dieser in der eigenen Variable „Partnerunterstützung“ erscheint. Daraus wurde eine Skala von 0 bis 3 berechnet, wobei 0 „keine Person“ steht und der
Wert 3 „3 oder mehr Personen“, bedeutet.
Variable „Unterstützung im Haushalt“
Zur Variablenbildung wurden die verschiedenen Hilfen als Grundlage genommen, die eine Frau in ihren häuslichen Tätigkeiten erhält (siehe Anhang,
Interview, Frage 10i). Es wurde der Summenscore berechnet und daraus
eine Skala von 0-3 gebildet, wobei 0 „keine Unterstützung“ bedeutet und der
Wert 3 für „3 oder mehr Bereiche mit Unterstützung“ steht.
53
5 Methode
Skalenbildung der Kontrollvariablen
KV1: Diese lineare Variable gibt das Alter der Mutter in Jahren an.
KV2: In dieser linearen Kontrollvariable wird Bildung der Mutter in einer Skala
mit fünf Stufen dargestellt. Der höchste Bildungsabschuss wird wie folgt bezeichnet: 0 = „Lehre 1 - 2 Jahre“, 1 = „Lehre 3 - 4 Jahre“, 2 = „Höhere Fachschule“, 3 = „Fachhochschule“, 4 = „Universität“.)
KV3: Das Alter des Kindes wird in Monaten ausgewiesen.
5.6
Statistische Verfahren
Es werden an der Stelle lediglich die statistischen Verfahren beschrieben, die
für die Berechnung der Hauptergebnisse angewendet wurden.
In einem ersten Schritt wurden alle beteiligten Variablen, also UV, AV, mögliche Moderatorvariablen sowie die Kontrollvariablen einer Pearson Korrelation unterzogen, um erste signifikante Zusammenhänge zwischen den Variablen beschreiben zu können.
Alle weitere Berechnungen wurden im GZLM vorgenommen, sei es für die
Berechnung der unbedingten Haupteffekte zwischen der UV und der AV sowie auch für die beteiligten Interaktionen.
Für die Verifizierung der Hypothese 1 wurde im GZLM berechnet, ob die
psychischen Probleme früher im Leben einen signifikanten Prädiktor für die
psychische Belastung nach der Geburt darstellen. Es wurden nur UV und
AV, sowie die Kontrollvariablen in die Berechnungen aufgenommen
Zur Verifizierung der Hypothese 2 wurde die Variable „Schlafzufriedenheit in
den ersten drei Monaten nach der Geburt“ ebenfalls ins Modell aufgenommen. In einem ersten Schritt wurden die unbedingten Haupteffekte der UV
und der Schlafvariable auf die AV berechnet. Letztlich wurde im Interaktionsmodell überprüft, ob die Variable „Schlafzufriedenheit in den ersten drei
Monaten nach der Geburt“ und die UV „Psychische Probleme früher“ in
Wechselwirkung stehen und die Variable „Schlafzufriedenheit“ entsprechend
als Moderator im Modell wirkt.
54
5 Methode
Für die Überprüfung der Hypothese 3 wurden die beiden Variablen zur Partnerschaft, nämlich „Paaraktivität“ und „Partnerunterstützung“, ins GZLM aufgenommen und ebenfalls zuerst auf die unbedingten Haupteffekte auf die AV
untersucht. Dann wurde im Interaktionsmodell berechnet, ob die beiden
Paarvariablen den Zusammenhang zwischen UV und AV moderieren.
Um die Hypothese 4 annehmen oder verwerfen zu können, wurden die Variablen zur sozialen Unterstützung ausserhalb der Partnerschaft, nämlich
„soziale Vernetzung“ und „Haushaltunterstützung“ im GZLM auf ihre unbedingten Haupteffekte auf die AV untersucht. Zudem wurde überprüft, ob die
beiden Variablen in Interaktion mit der UV stehen.
55
6 Ergebnisse
6
Ergebnisse
Im vorliegenden Ergebnisteil werden die Resultate auf verschiedenen Ebenen dargestellt. In einem ersten Teil wird die Stichprobe als Ganzes deskriptiv beschrieben.
Danach werden die Interkorrelationen zwischen den verschiedenen im Modell beteiligten Variablen gezeigt.
In einem weiteren Schritt geht es darum, die Resultate aus dem GZLM zu
erläutern. Zuerst wird der Zusammenhang zwischen der unabhängigen und
der abhängigen Variable aufgezeigt, indem die unbedingten Haupteffekte
dargelegt werden.
Im folgenden sollen die Variablen „Schlafzufriedenheit “ und „soziale Unterstützung“ in die Berechnungen einfliessen. Allerdings werden vorerst die unbedingten Haupteffekte dieser beiden Variablen im Bezug auf die abhängige
Variable beschrieben.
Erst im letzen Schritt werden die im GZLM gerechneten Interaktionen zwischen den einzelnen möglichen Moderatorvariablen und der unabhängigen
Variable beschrieben und grafisch dargestellt.
6.1
Deskriptive Ergebnisse der Stichprobe
Für die unabhängige Variable „Psychische Probleme früher im Leben“ liegen
in der Stichprobe folgende Resultate vor. Der Mittelwert der Skala liegt bei
1,5 (Min. = 0, Max. = 3, SE = 1,2). 17 Frauen (32.7 %) berichten über keinerlei psychische Befindlichkeitsbeeinträchtigungen früher im Leben, neun (17.3
%) geben eine Störung an, 11 (21 %) sprechen von zwei Beeinträchtigungen
und 15 (28.8 %) geben drei oder mehr Probleme an.
56
6 Ergebnisse
Abbildung 8. Psychische Probleme der Mütter früher im Leben (Anzahl Probleme)
Bezüglich der abhängigen Variable „Psychische Belastung in den ersten drei
Monaten nach der Geburt“ liegt in der Stichprobe ein Mittelwert von 0.95 vor
(Min. = 0.23, Max. = 2,32., SE = 0.47).
Abbildung 9. Psychische Belastung in den ersten 3 Monaten nach der Geburt
57
6 Ergebnisse
Betrachtet man die Variable, „Schlafzufriedenheit“ als Ressource, und nicht
wie ursprünglich im Fragebogen erhoben als Belastung, zeigt sich folgendes
Bild. Das Minimum liegt bei 0, also „überhaupt nicht zufrieden mit dem
Schlaf“, der maximale genannte Wert ist 3, also „sehr zufrieden mit dem
Schlaf“. Der Mittelwert über die gesamte Stichprobe liegt bei 1.5 (SE = 0.92).
Abbildung 10. Schlafzufriedenheit der Mütter 3 Monate nach der Geburt
Die Variablen, die im Modell die soziale Unterstützung abbilden, fordern eine
differenziertere Betrachtung. In der vorliegenden Arbeit wurde jede dieser
Variablen einzeln untersucht.
Betrachtet man die Variable „Partnerunterstützung“ zeigt sich ein Mittelwert
von 2.40 (SE = 0.66). Keine der Frauen gibt den Wert 0, also „keine Unterstützung“ an, lediglich fünf Frauen (9,6 %) nennen den Wert 1 an, 21 (40.4
%) den Wert 2 und genau die Hälfte (50 %) der Frauen gibt den maximalen
Wert 3 an.
58
6 Ergebnisse
Abbildung 11. Partnerunterstützung in den ersten 3 Monaten nach der Geburt
Die Variable „Paaraktivität“ zeigt deutlich geringere Ausprägungen. Der Mittelwert beträgt 1.08 (SE = 0.95). 20 Frauen (38.5 %) haben noch gar nie etwas mit dem Partner ohne Baby unternommen, 18 Frauen (34.6 %) berichten
von einem Mal in drei Monaten, 11 (21.2 %) von ein Mal pro Monat und nur
drei Frauen (5.8%) geben an, im Durchschnitt jede Woche einmal mit dem
Partner etwas alleine zu unternehmen.
59
6 Ergebnisse
Abbildung 12. Häufigkeit der Paaraktivität ohne Baby
Die Variable „soziale Vernetzung“, bildet ab, wie viele Personen ausser dem
Partner die Frauen in unterschiedlichen Bereichen wie als Gesprächspartner,
zur Gestaltung der Freizeit oder als Babysitter unterstützen. Es zeigt sich hier
ein Mittelwert von 1.33 (Min = 0.33, Max = 2.33, SE = 0.56).
Abbildung 13. Soziale Vernetzung
60
6 Ergebnisse
Die Variable „Unterstützung im Haushalt“ präsentiert sich wie folgt. Der Mittelwert beträgt 2.13 (SE = 0.99). Vier Frauen (7.7 %) erhalten keine Hilfe,
zehn Frauen (19.2 %) bekommen in einem Bereich des Haushalts Entlastung, 13 (25 %) in zwei Bereichen und 25 (48.1%) in drei oder mehr Bereichen.
Abbildung 14. Unterstützung im Haushalt in den ersten 3 Monaten nach der Geburt
6.2
Bivariate Korrelationen
Sämtliche im Modell beteiligten Variablen wurden auf ihre wechselseitigen
Korrelationen nach Pearson untersucht. In der folgenden Darstellung werden
erst alle signifikanten Korrelationen der UV mit anderen Variablen aufgezeigt,
dann die Korrelationen der AV mit anderen Variablen beschrieben. Auf der
nächsten Ebene folgen diejenigen der allfälligen Moderatorvariablen und anderen Variablen und im letzten Abschnitt noch die Korrelationen der Kontrollvariablen untereinander. Da es sich um wechselseitige Korrelationen handelt,
begnügt man sich an der Stelle, diese nur einmal zu nennen.
61
6 Ergebnisse
62
Bivariate Korrelationen
Tabelle 1:
Interkorrelationen aller im Modell beteiligter Variablen
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
1
*.277
-.165
.087
.079
.033*
.061
-.054
.007
-.019
*.277
1
-.064**
.199
-.027
-.032
-.273*
.-155
-.224
.167
-.165
-.064**
1
-.152
-.082
-.179
.227
.198
.285*
-.159
4 Paaraktivität
.087
.199
-.152
1
-.237
.086
.031
.182
-.120
.218
5 Partnerunterstüt-
.079
-.027
-.082
-.237
1
-.105
.065
-.177
-.088
-.209
.033*
-.032
-.179
.086
-.105
1
.065
.025
-.066
.890
.061
-273*
.227
.031
.065
.025
1
.148
.374**
-.188
8 Alter der Mutter
-.054
-.155
.198
.182
-.177
.025
.148
1
.187
-.057
9 Bildung der Mutter
.007
-.224
.285*
-.120
-.088
-.066
.374**
.187
1
-.420*
10 Alter des Kindes
-.019
.167
-.159
.218
-.209
.890
-.188
-.057
-.420*
1
1 Psychische Probleme früher
2 Psychische Belastung nach Geburt
3 Schlafzufriedenheit
zung
6 Soziale Vernetzung
7 Unterstützung im
Haushalt
Anmerkung: 2-seitige Korrelation (N = 52), *p < .05, **p < .001
6.2.1 Korrelationen zwischen früheren psychischen Problemen und
anderen beteiligten Variablen
Die psychischen Probleme früher im Leben weisen eine lediglich geringe positive Korrelation (r = .277, p <.05) mit der psychischen Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt auf.
Die psychischen Probleme der Vergangenheit korrelieren positiv mit der sozialen Vernetzung der Frauen in den ersten drei Monaten nach der Geburt
(r = .330, p < .05). Je zahlreicher die psychischen Probleme früher im Leben
waren, desto besser ist die Frau nach der Geburt in einem sozialen Netz von
unterstützenden Personen eingebunden.
6 Ergebnisse
6.2.2 Korrelationen zwischen der psychischen Belastung nach der
Geburt und anderen beteiligten Variablen
Die psychische Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt zeigt
einen deutlichen negativen Zusammenhang mit der Schlafzufriedenheit der
Frau (r = -.604, p< .001). Die negative Korrelation begründet sich mit der unterschiedlichen Polung der Variablen. So hat die Zufriedenheit mit dem
Schlaf eine günstige Auswirkung auf die psychische Belastung in den ersten
drei Monaten nach der Geburt.
Ausserdem kann ein negativer Zusammenhang, wieder aufgrund der unterschiedlichen Polung der Variablen, zwischen der „Unterstützung im Haushalt“
und der „psychischen Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt“
festgestellt werden (p = - .273, p < .05). Je mehr Unterstützung die Frauen im
Haushalt nach der Geburt erhalten, desto kleiner ist ihre psychische Belastung.
Alle anderen untersuchten Variablen haben keinen signifikanten Zusammenhang mit der „psychischen Belastung in den ersten drei Monaten nach der
Geburt“ gezeigt.
6.2.3 Korrelationen zwischen Schlafzufriedenheit und den anderen beteiligten Variablen
Neben den bereits genannten Korrelationen zwischen der Schlafvariable und
anderen Variablen zeigt sich lediglich ein weiterer Zusammenhang zwischen
der Schlafzufriedenheit der Mutter und ihrem Bildungsniveau (r = .285, p <
.05). Je besser eine Frau ausgebildet ist, desto zufriedener ist sie mit ihrem
Schlaf.
6.2.4 Korrelation zwischen sozialer Unterstützung und anderen beteiligten Variablen
Aus dem Bereich der sozialen Unterstützung ist neben den bereits beschriebenen Korrelationen nur noch ein Zusammenhang signifikant. Es zeigt sich
63
6 Ergebnisse
nämlich eine positive Korrelation (r= .374, p < .001) zwischen der Unterstützung, die eine Frau im Haushalt erhält, und ihrer Bildung. Je höher das Bildungsniveau der Mutter, desto mehr Unterstützung erhält sie im Haushalt.
Alle anderen beteiligten Variablen, namentlich die beiden, welche die Partnerschaftskomponente abbilden, zeigen erstaunlicherweise keine signifikanten Werte.
6.2.5 Korrelationen zwischen den Kontrollvariablen und anderen beteiligten Variablen
Neben den oben erwähnten Zusammenhängen zwischen Kontrollvariablen
und anderen im Modell beteiligten Variablen bleibt eine letzte signifikante
Korrelation zu nennen. Das Alter des Kindes in Monaten scheint negativ mit
der Bildung der Mutter zusammenzuhängen (r = .402, p < .001). Je höher der
Bildungsstand der Mutter, desto jünger war das Kind zum Zeitpunkt des Interviews. Das Alter der Mutter steht hingegen mit keiner anderen im Modell
beteiligten Variable in signifikantem Zusammenhang.
6.3
Unbedingte Haupteffekte im Modell
6.3.1 Unbedingte Haupteffekte der Psychischen Probleme vor der Geburt auf die psychischen Probleme nach der Geburt
Betrachtet man die Auswirkungen der psychischen Probleme vor der Geburt
auf die psychische Belastung der Mutter in den ersten drei Monaten nach der
Geburt, ergibt sich folgendes Bild:
Die von den Müttern berichteten psychischen Probleme in der Vergangenheit
sind ein signifikanter Prädiktor für die psychische Belastung in den ersten
drei Monaten nach der Geburt (Wald χ2 (52) = 4.569; B = 0.106; p < .05, ω =
0.30). Es handelt sich dabei um eine mittlere Effektstärke.
Keine der im Modell aufgenommenen Kontrollvariablen zeigt einen signifikanten Wert. Weder das Alter der Mutter, noch ihr Bildungsstand sind in dem
Zusammenhang von Bedeutung. Das Alter des Kindes zur Zeit der Befra-
64
6 Ergebnisse
65
gung beeinflusst den untersuchten Zusammenhang zwischen Problemen vor
und nach der Geburt nicht.
Tabelle 2:
Parameter der Haupteffekte der Probleme früher im Leben auf die Belastung nach
der Geburt
B
Wald χ2
p
Konstante
0.182
7.20
.007
Psychische Probleme früher
0.106
4.57
.033
ω
0.30
Anmerkung. N = 52
6.3.2 Unbedingte Haupteffekte aller beteiligter Variablen
Werden alle im Modell beteiligten Variablen als unabhängige Variablen im
Bezug auf die psychische Belastung in den ersten drei Monaten nach der
Geburt betrachtet, entsteht ein differenzierteres Bild.
Bei allen Berechnungen wurden wiederum das Alter von Mutter und Kind,
sowie für der Bildungsstand der Mutter als Kontrollvariablen ins Modell aufgenommen.
Die psychischen Probleme vor der Geburt behalten ihren signifikanten Einfluss auf die Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt (Wald χ2
(52) = 5.704; B = .100; p < .05; ω = 0.33) und weisen eine mittlere Effektstärke auf.
Die Schlafzufriedenheit ist ebenfalls ein signifikanter Prädiktor für die psychische Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt (Wald χ2 =
24.357; B = -0.286; p < .001, ω = 0.68). Die Schlafzufriedenheit hat also einen starken Einfluss auf die psychische Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt.
Das Signifikanzniveau nur knapp verpasst hat die Einbettung der Frau in ein
soziales Netz (Wald χ2 (52) = 3.430; B = -0.178; p = .064).
Alle anderen Aspekte der sozialen Unterstützung zeigen keine signifikante
Auswirkung auf das psychische Befinden nach der Geburt. Weder die Hilfe,
welche die Frau in ihren häuslichen Tätigkeiten erfährt, noch die Unterstützung des Partners oder die Aktivitäten, die das Paar ohne Baby unternimmt,
6 Ergebnisse
66
sagen etwas über die psychische Situation der Frauen in den ersten drei
Monaten nach der Geburt voraus.
Die Kontrollvariablen weisen ebenfalls keine signifikanten Werte auf.
Tabelle 3:
Parameter der Haupteffekte auf die psychische Belastung nach der Geburt
B
Wald χ2
p
Konstante
1.49
12.87
.000
Psychische Probleme früher
0.10
5.70
.017
0.33
Schlafzufriedenheit
- 0.30
24.36
.000
0.68
Partnerunterstützung
- 0.03
0.102
.749
Aktivitäten als Paar
0.05
0.83
.363
Soziale Vernetzung
- 0.18
3.43
.064
Unterstützung im Haushalt
- 0.05
0.95
.331
ω
Anmerkung. N = 52
6.4
Interaktionen im Modell
6.4.1 Interaktion zwischen „Schlafzufriedenheit“ und „psychischen
Problemen früher“
Tabelle 4:
Parameter zur Interaktion mit dem Schlaf in Bezug auf die psychische Belastung in
den ersten drei Monaten nach der Geburt
B
Wald χ2
p
Konstante
1.37
13.17
.000
Psychische Probleme früher
0.05
0.346
.556
-0.31
10.989
.001
0.02
0.107
.774
Schlafzufriedenheit
Interaktion
ω
0.46
Anmerkung. N = 52
Die Analysen haben gezeigt, dass die psychischen Probleme früher im Leben im Wechselwirkungsmodell seine signifikante Bedeutung für die Bela-
6 Ergebnisse
67
stungen nach der Geburt verlieren (Wald χ2 (52) = 0.346; B = 0.05; p=
0.556).
Auch die Interaktion zwischen der Schlafzufriedenheit und den psychischen
Problemen früher im Leben ist nicht signifikant (Wald χ2 (52) = 0.107; B =
0.02; p = 0.774).
Der einzige signifikante Effekt des Modells stellt der unbedingte Haupteffekt
der Schlafzufriedenheit auf die psychische Belastung nach der Geburt dar
(Wald χ2 = 10.989; B = - 0.31; p = 0.001; ω = 0.46).
Die Schlafzufriedenheit stellt im Modell also keinen Moderator dar, sondern
sie hat einen mittleren unbedingten Haupteffekt auf die psychische Belastung
in den ersten drei Monaten nach der Geburt.
6.4.2 Interaktion zwischen Paaraktivität und psychischen Problemen
früher
Tabelle 5:
Parameter zur Interaktion mit der Paaraktivität in Bezug auf die psychischen Probleme in den ersten drei Monaten nach der Geburt
B
χ2
p
Konstante
0.951
4.32
.038
Psychische Probleme früher
0.166
4.833
.028
Paaraktivität
0.132
2.410
.143
-0.059
1.237
.266
Interaktion
ω
Anmerkung. N = 52
Beleuchtet man im GZLM die Interaktion zwischen der Paaraktivität ohne
Kind mit den psychischen Problemen früher im Leben, so bleibt der unbedingte Haupteffekt der psychischen Probleme früher auf psychische Verfassung nach der Geburt bestehen. Die psychischen Probleme früher im Leben
sind ein signifikanter Prädiktor für die psychische Belastung nach der Geburt
(Wald χ2 (52) = 4.833; B = 0.17; p > 0.05, ω = 0.30). Es handelt sich dabei
um eine mittlere Effektstärke.
6 Ergebnisse
68
6.4.3 Interaktion zwischen Partnerunterstützung und psychischen
Problemen früher
Tabelle 6:
Parameter zur Interaktion mit der Partnerunterstützung in Bezug auf die psychischen Probleme in den ersten 3 Monaten nach der Geburt
B
χ2
p
Konstante
1.13
6.32
.012
Psychische Probleme früher
0.028
0.023
.880
-0.071
0.253
.615
0.034
0.202
.653
Partnerunterstützung
Interaktion
ω
Anmerkung. N = 52
Betrachtet man dieses Interaktionsmodell, stellt sich heraus, dass keine der
beteiligten Variablen einen signifikanten Einfluss auf die abhängige Variable
aufweisen. Weder die unbedingten Haupteffekte der psychischen Problemen
früher oder der Partnerunterstützung, noch die Interaktion zwischen den beiden Variablen weisen einen Wert im signifikanten Bereich auf.
6.4.4 Interaktion der sozialen Vernetzung mit den psychischen Problemen früher
Tabelle 7:
Parameter zur Interaktion mit der sozialen Vernetzung in Bezug auf die psychischen
Probleme in den ersten drei Monaten nach der Geburt
B
Wald χ2
p
1.84
12.29
.000
Psychische Probleme früher
- 0.11
0.680
.409
Soziale Vernetzung
- 0.38
4.91
.027
0.17
3.784
.052
Konstante
Interaktion
Anmerkung. N= 52
ω
0.31
6 Ergebnisse
70
6.4.5 Interaktion der „Unterstützung im Haushalt“ mit den „psychischen Problemen früher im Leben“
Tabelle 8:
Parameter zur Interaktion mit der Unterstützung im Haushalt in Bezug auf die psychische Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt
B
χ2
p
Konstante
1.299
7.081
.008
Psychische Probleme früher
0.153
1.623
.203
Unterstützung im Haushalt
- 0.089
0.842
.646
Interaktion
- 0.019
0.143
.705
ω
Anmerkung. N = 52
Wird die Unterstützung im Haushalt mit den psychischen Problemen früher
im Leben im Interaktionsmodell betrachtet, verlieren sämtliche beteiligten
Variablen ihre bedingten Haupteffekte. Eine signifikante Wechselwirkungen
zwischen den beiden Variablen kann nicht nachgewiesen werden.
6.5
Zusammenfassung der Ergebnisse
Es werden im folgenden sämtliche signifikanten Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst. Die Resultate werden ohne Bezug auf die Hypothesen dargelegt.
-
Je mehr psychische Probleme die Frauen früher im Leben hatten, desto grösser beschreiben sie ihre psychische Belastung in den ersten
drei Monaten nach der Geburt.
-
Je grösser die Schlafzufriedenheit der Frauen in den ersten drei Monaten nach der Geburt ist, desto weniger fühlen sie sich während dieser Zeit psychisch belastet.
6 Ergebnisse
-
Je mehr Unterstützung die jungen Mütter im Haushalt in den ersten
drei Monaten nach der Geburt erfahren, desto geringer ist ihre psychische Belastung.
-
Je besser eine Frau ausgebildet ist, desto zufriedener ist sie mit ihrem
Schlaf.
-
Je höher der Bildungsstand der Mutter, desto mehr Unterstützung erhält sie in ihren häuslichen Tätigkeiten.
-
Je höher das mütterliche Bildungsniveau, desto jünger war ihr Kind
zur Zeit des Interviews.
-
Die psychischen Probleme früher im Leben haben einen mittleren Effekt auf die psychische Belastung drei Monate nach der Geburt.
-
Die Schlafzufriedenheit in den ersten drei Monaten nach der Geburt
hat einen starken Effekt auf die psychische Belastung in dieser Zeit.
-
Die soziale Vernetzung der Frau hat einen mittleren Effekt auf ihre
psychische Belastung in den ersten drei Monaten nach der Geburt,
wenn die psychischen Probleme früher und die soziale Vernetzung im
Bezug auf die psychische Belastung nach der Geburt berücksichtigt
werden. Je besser die Frau vernetzt ist, desto geringer schätzt sie ihre
psychische Belastung ein.
-
Die soziale Vernetzung steht auf folgende Weise in Wechselwirkung
mit den psychischen Problemen vor der Geburt: Wer bereits vor der
Geburt wenig Probleme hatte und zudem gut vernetzt ist, kann die
psychische Belastung nach der Geburt verringern. Bei wenig vernetzten oder psychisch belasteten Personen verbessert sich ihre psychische Situation trotz eines vorhandenen sozialen Netzes nicht.
71
7 Diskussion
7
Diskussion
Im letzten Kapitel der vorliegenden Arbeit werden die Hauptergebnisse des
empirischen Teils zusammengefasst und aufgrund dessen die Hypothesen
angenommen oder abgelehnt.
Darauf werden die angewandten Methoden kritisch beleuchtet, die Ergebnisse diskutiert und ihre Generalisierbarkeit erläutert.
Es werden dann die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung mit den Erkenntnissen anderer Studien verglichen.
Letztlich sollen die aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse auf ihre Bedeutung für die Praxis diskutiert werden.
7.1
Diskussion der Resultate in Bezug auf die Hypothesen
Die Hypothesen, welche aufgrund theoretischer Erkenntnisse unter 4.3. zur
Beantwortung der Forschungsfragen formuliert wurden, können nun anhand
der erarbeiteten empirischen Ergebnisse angenommen oder abgelehnt werden.
7.1.1
Einfluss der psychischen Probleme früher im Leben auf die psychische Belastung nach der Geburt
Wie erwartet fühlen sich Frauen, die über mehr psychische Probleme in der
Vergangenheit berichten, auch in den ersten drei Monaten nach der Geburt
ihres Kindes psychisch belasteter. Die psychischen Probleme vor der Geburt
haben einen mittleren Effekt auf die subjektiv erlebte psychische Belastung
nach der Geburt.
Aufgrund dieser Erkenntnis kann die Hypothese 1 angenommen werden.
72
7 Diskussion
7.1.2 Zusammenhang zwischen Schlafzufriedenheit und psychischer
Belastung vor und nach der Geburt
Wie bedeutsam für die Frauen ihre subjektiv empfundene Zufriedenheit mit
dem Schlaf nach der Geburt ist, hat die vorliegende Untersuchung deutlich
gemacht. Die Schlafzufriedenheit der Frauen in den ersten drei Monaten
nach der Geburt ist ein signifikanter Prädiktor für ihre psychische Belastung
in dieser ersten Zeit nach der Geburt. Schlaf hat also einen starken Effekt auf
die psychische Verfassung der Frauen und scheint gar die wichtigste Einflussgrösse in der ersten Zeit nach der Geburt schlechthin zu sein.
Eine Wechselwirkung zwischen den psychischen Problemen früher im Leben
und der Schlafzufriedenheit in den ersten drei Monaten nach der Geburt
konnte allerdings nicht nachgewiesen werden. Es ist für Frauen, die vor der
Geburt unter psychischen Problemen litten, nicht bedeutsamer, genügend zu
schlafen wie für alle anderen jungen Mütter auch. Unabhängig von der psychischen Befindlichkeit vor der Geburt begünstigt genügend Schlaf eine gute
psychische Verfassung.
Aufgrund dieser Befunde muss die Hypothese 2 abgelehnt werden.
7.1.3 Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und psychischer Belastung vor und nach der Geburt
In der vorliegenden Untersuchung wurde das Konstrukt der sozialen Unterstützung in die Teilbereiche Partnerunterstützung, Paaraktivität, soziale Vernetzung und Unterstützung im Haushalt aufgeteilt.
Die verschiedenen Komponenten haben unterschiedliche Bedeutung für die
psychische Belastung der beteiligten Frauen in den ersten drei Monaten
nach der Geburt.
73
7 Diskussion
Im Rahmen dieser Arbeit konnte keinerlei Zusammenhang zwischen partnerschaftlicher Unterstützung und psychischer Belastung nach der Geburt gefunden werden. Weder die Anzahl Lebensbereiche, in denen der Partner seine Frau unterstützt, sei es als Gesprächspartner, Babysitter oder Helfer im
Haushalt, noch der zeitliche Umfang, in dem das Paar etwas für sich alleine
unternehmen kann, haben einen Einfluss auf die psychische Verfassung der
Frau in den ersten drei Monaten nach der Geburt.
Aufgrund dieser Erkenntnis muss die Hypothese 3 abgelehnt werden.
Mehr Aufschluss über die psychischen Belastungen der Mutter nach der Geburt gibt die Unterstützung, welche die Frauen von ausserhalb der Partnerschaft erhalten.
Die Hilfe, die eine Frau in ihren häuslichen Tätigkeiten bekommt, beeinflusst
ihre psychische Verfassung in den ersten drei Monaten nach der Geburt
günstig. Wird die Haushaltunterstützung aber gemeinsam mit allen anderen
im Modell beteiligten Variablen untersucht, stellt sie hingegen keinen signifikanten Prädiktor mehr dar. Genügend Schlaf zu haben oder in einem sozialen Netz aufgehoben zu sein, scheint für die psychische Verfassung nach der
Geburt bedeutender zu sein als die konkrete Entlastung im Haushalt.
Die Einbettung in ein soziales Netz hingegen ist für die Mutter ein wichtiger
Faktor für ihr psychisches Wohlbefinden. Wird die soziale Vernetzung der
Frau auf ihre Interaktion mit der Problembelastung von früher untersucht,
zeigt sich folgendes Bild: Die soziale Vernetzung ist selbst ein signifikanter
Prädiktor für die psychische Belastung nach der Geburt. Die Probleme von
früher haben in diesem Interaktionsmodell keine signifikante Bedeutung für
die psychische Befindlichkeit nach der Geburt. Es zeigt sich überdies eine
marginal signifikante Interaktion zwischen der sozialen Vernetzung und der
Problembelastung von früher in Bezug auf die psychische Verfassung nach
der Geburt. Es gilt hier aber zu betonen, dass nur Frauen, die in der Vergangenheit von wenigen Problemen belastet waren und zusätzlich gut sozial
74
7 Diskussion
vernetzt sind, ihre psychische Belastung durch soziale Vernetzung positiv
beeinflussen können
Daher ist von keinem generellen Puffereffekt der sozialen Vernetzung auf die
psychische Belastung nach der Geburt zu sprechen. Nicht bei allen Frauen
kann eine gute soziale Vernetzung den negativen Effekt früherer Probleme
dämpfen. Der günstige Einfluss der sozialen Unterstützung beschränkt sich
auf diejenigen Frauen, die ohnehin schon von wenigen Problemen betroffen
waren.
Aufgrund dieser Resultate muss die Hypothese 4 abgelehnt werden.
7.2
Methodenkritik
7.2.1 Datenerfassung
Sämtliche der 52 für die Arbeit verwendeten Interviews wurden von insgesamt sechs Interviewerinnen durchgeführt. Da die Anleitung zum halbstrukturierten Interview sehr genau beschrieben ist (siehe Anhang, Interview), gehe
ich davon aus, dass die Durchführungsobjektivität hinreichend gewährleistet
ist. Allerdings ist denkbar, dass die Teilnehmerinnen der Studie, je nach Haltung der Interviewerin und der von ihr gestalteten Gesprächsatmosphäre,
mehr oder weniger ausführlich oder offen von ihrer Situation berichtet haben.
In dem sehr persönlichen Setting des Einzelinterviews, welches gegen zwei
Stunden dauerte, ist nicht ausgeschlossen, dass Frauen in gewissem Mass
nach sozialer Erwünschtheit geantwortet haben und vielleicht nicht so frei
von ihren Problemen berichtet haben, wie das in einem anonymen Fragebogen der Fall gewesen wäre.
Um die im Interview erhaltenen Informationen quantitativ erfassen zu können, wurden den Frauen bei einigen Fragen eine Auswahl von möglichen
Antworten vorgelegt. Meist aber gestaltete sich die Frage ganz offen, sodass
es zu einer Vielzahl verschiedener Antworten gekommen ist. Die Interviewe-
75
7 Diskussion
rinnen mussten dann diese Auskünfte in die vorgegebenen Kategorien einteilen, was wahrscheinlich nicht immer ganz eindeutig möglich gewesen ist.
7.2.2 Erhobene Zeitpunkte und Zeitspannen
Wie unter 5.3.1. beschrieben, wurden die Daten zu einem einzigen Zeitpunkt
erfasst, was auf ein querschnittliches Design der Studie hindeutet. Allerdings
wurden viele Informationen retrospektiv erhoben. Das hat möglicherweise zu
Verzerrungen in der Beurteilung der zurückliegenden Situation geführt. Weiter hat die Vielfalt an erhobenen Zeitpunkten und -spannen die Übersichtlichkeit in den Daten beeinträchtigt. Die Datenlage für die einzelnen Messzeitpunkte erwies sich dadurch an manchen Stellen als etwas dünn.
7.2.3 Passung zwischen Datenerhebung und Auswertung
Die im Interview erhobenen Daten eigenen sich sehr gut für eine deskriptive
Auswertung der Stichprobe. Es kann gezeigt werden, in welchen Bereichen
die befragten Mütter belastet sind, wo sie über Ressourcen verfügen, was sie
von Fachpersonen erwarten, etc. Für eine fundierte, mit anderen Studien
vergleichbare empirische Arbeit wären mit etablierten Skalen erhobene Daten dienlich gewesen. Da es sich um eine Sekundäranalyse handelt, musste
bei der Bildung der Variablen mit den vorhandenen Daten gearbeitet werden.
Um die Fragestellungen präziser und differenzierter beantworten zu können,
wäre es von Vorteil gewesen, die Daten selber, mit eigens dafür ausgesuchten Instrumenten zu erheben.
7.2.4 Skalenbildung
Für die gesamte Datenerhebung wurden keine etablierten Skalen verwendet.
Sämtliche Fragen wurden im Interview entweder offen gestellt oder die Psychologinnen haben eigene Skalen konstruiert und eingesetzt. In diesem Sinne konnten selbstredend aufgrund der vorhandenen Daten keine klinischen
Diagnosen bezüglich psychischer Störungen gestellt werden.
Besonders ist festzuhalten, dass die unabhängige und die abhängige Variable inhaltlich zwar das gleiche Konstrukt abbilden sollen; nämlich die mütter-
76
7 Diskussion
liche psychische Verfassung, allerdings vor und nach der Geburt. Obwohl
sich die Werte der beiden Variablen im selben Bereich (0-3) bewegen, sind
sie anders zustande gekommen. Die UV ist ein Summenscore von verschiedenen früheren psychischen Problemen. Die AV hingegen stellt eine Selbsteinschätzung der Ausprägung psychischer Belastung während der ersten
drei Monate nach der Geburt dar.
Hätte man die gleiche Skala zur Bildung von UV und AV zur Verfügung gehabt, einfach vor und nach der Geburt erhoben, wäre es möglich gewesen,
die Fragestellungen mit einem Residual Change Modell präziser beantworten
zu können.
Skala der unabhängigen Variable
Die unabhängige Variable wurde aufgrund retrospektiver Einschätzungen der
Frauen konstruiert. Die Variable bildet lediglich eine Summe ab und sagt aus,
von wie vielen psychischen Störungen, irgendwann im Leben vor der Geburt,
eine Frau berichtet. Wiederum sei darauf hingewiesen, dass es sich dabei
nicht um klinisch diagnostizierte Störungen handelt, sondern um subjektiv
erlebte psychische Belastungen in der Vergangenheit. Die unabhängige Variable lässt aber nicht auf die Intensität der einzelnen psychischen Probleme
schliessen. Viel eher zeigt sie die Tendenz einer Frau, sich aufgrund von
einschneidenden Ereignissen in ihrem Leben psychisch belastet zu fühlen.
Skala der abhängigen Variable
Die Skala zum „emotionalen Bereich“ postpartaler psychischer Störungen/Probleme (siehe Anhang, Checkliste) hat 15 Items und weist ein Cronbach’s Alpha von .896 auf.
Führt man eine Faktorenanalyse durch und berechnet mittels rotierter Komponentenmatrix eine Hauptkomponentenanalyse, werden vier Hauptkomponenten sichtbar. Inhaltlich könnten die Komponenten folgendermassen beschrieben werden: Komponente 1: Affektivität, Stimmungsschwankungen;
Komponente 2: Negative Denkmuster, Depressivität; Komponente 3: Angstsymptome; Komponente 4: Schuldgefühle, Versagensängste.
77
7 Diskussion
Die Skala zum „Verhalten und Kontakte“ hat ihrerseits 10 Items und weist ein
etwas geringeres, aber in dem Zusammenhang immer noch akzeptables
Cronbach’s Alpha von .735 auf. Durch die Hauptkomponentenanalyse werden drei Hauptkomponenten extrahiert. Diese drei Hauptkomponenten inhaltlich zu differenzieren, war aufgrund des Resultates nicht möglich.
Trotzdem wurden zur Bildung der abhängigen Variable diese beiden Subskalen verwendet, da ihre Fragen thematisch viele Aspekte psychischer Störungen, im besonderen Symptome von Angst und Depressivität beinhalten.
Der körperliche Bereich wurde absichtlich nicht in die Variable hineingenommen. Gerade Depressivität kann sich zwar auch in somatischen Beschwerden manifestieren, doch sind viele der körperlichen Beschwerden, die in dieser Subskala erfragt werden, direkte Auswirkungen der Geburt und nicht
Ausdruck einer psychischen Störung. Eher könnte man vermuten, dass sich
die körperlichen Beschwerden negativ auf die Stimmungslage der Frauen
auswirken, was sich in den Antworten der Fragen im „emotionalen Bereich“
und im Bereich „Verhalten und Kontakte“ niederschlägt.
Skala der Variable Schlafzufriedenheit
In der Variable zur Schlafzufriedenheit sind wesentliche Aspekte der für die
subjektiv empfundene Schlafqualität notwendigen Informationen enthalten.
Es handelt sich aber wiederum nicht um eine etablierte Skala, welche eine
ausgewiesene Reliabilität aufweisen und die Schlafzufriedenheit differenzierter und vertiefter abbilden würde. Aus der Skala geht nicht hervor, ob die
Mutter selber an Schlafstörungen leidet, oder ob ihr Schlaf durch das Kind
gestört wird. Aufgrund der untersuchten Zeitspanne, nämlich den ersten drei
Monaten nach der Geburt, in der das Kind selber in aller Regel noch keinen
gefestigten Tag-Nacht-Schlafrhythmus zeigt, kann davon ausgegangen werden, dass die Schlafprobleme der Mutter eher von den Bedürfnissen des Babys induziert werden. Die psychisch unauffällige Stichprobe deutet auch darauf hin, dass die Mutter nicht aufgrund einer depressiven Störung an Schlafproblemen leidet, sondern das Schlafdefizit viel eher durch die anstrengende
Versorgung des Neugeborenen zustande kommt.
78
7 Diskussion
Skalen der Variablen zur sozialen Unterstützung
Sämtliche Variablen zur sozialen Unterstützung wurden durch Auszählen und
der Bildung von Summenscores konstruiert. Die Frauen haben also nicht ihre
Zufriedenheit mit den verschiedenen Aspekten der sozialen Unterstützung
quantifiziert. Die Skalen basieren vielmehr auf einer Anzahl Personen, die
der Frau unterstützend zur Seite stehen oder einer Anzahl konkreter Entlastungen, die eine Mutter erfährt. So ist beispielsweise denkbar, dass eine
Frau zwar wenige Personen in ihrem persönlichen Umfeld hat, von denen sie
aber sehr vielfältige und umfangreiche Hilfe erhält. Auf der anderen Seite ist
es möglich, dass viele oberflächlichere Kontakte zwar zu einem höheren
Summenscore führen, was für die betroffene Frau aber nicht unbedingt eine
verlässliche Unterstützung darstellt. Die Variablen zur sozialen Unterstützung
geben also keine Auskunft über deren Qualität und Intensität. Sie zeigen
aber auf, ob die Frau überhaupt in irgendeiner Form Unterstützung erfährt,
sei es durch Partner, Freunde, Nachbarn oder Fachpersonal.
7.2.5 Störfaktoren
Retrospektive Betrachtung
Alle erhobenen Daten wurden zu einem einzigen Zeitpunkt generiert. Dies
bedeutet, dass die Frauen viele Fragen retrospektiv beantworten mussten
und dass die Zeitspanne zwischen den einzelnen Ereignissen sehr gross
sein kann. Dies kann zu Verzerrungen in der Beurteilung von zurückliegenden Belastungen führen. Um diesen möglichen Störfaktor auszuschalten,
wurde das Alter des Babys als Kontrollvariable ins Modell aufgenommen,
denn je älter das Kind zur Zeit der Befragung war, umso weiter liegen die
ersten drei Lebensmonate des Säuglings zurück und umso eher hat eine
Mutter die damalige Situation als nicht mehr so belastend in Erinnerung.
Alter der Mutter
Ausser dem Alter des Kindes wurde auch das Alter der Mutter als möglicher
Störfaktor betrachtet. Es wäre denkbar, dass jüngere Mütter gelassener oder
79
7 Diskussion
aber unsicherer sind und sich leichter oder eben schwieriger an die neue
Rolle als Mutter gewöhnen.
Bildungsstand der Mutter
Der Bildungsstand der Mutter wurde in dieser Untersuchung verwendet, um
eine Aussage über den sozio-ökonomischen Status der Frau machen. Es
wird in der Untersuchung davon ausgegangen, dass eine gute Schulbildung
tendenziell mit höherem Verdienst einhergeht. Ausserdem wird argumentiert,
dass Mütter über mehr Unterstützung verfügen, je mehr Geld im Haushalt
vorhanden ist, weil dann auch Unterstützung in Anspruch genommen werden
kann, die mit Kosten verbunden ist. Da die meisten Frauen nur Teilzeit, ihre
Partner aber Vollzeit arbeiten, ist auch die Ausbildung des Partners als möglicher Störfaktor denkbar. Man hat sich aber im Rahmen dieser Arbeit darauf
beschränkt, den Bildungsstand der Frau als Kontrollvariable ins Modell zu
nehmen.
7.3
Generalisierbarkeit aufgrund der Stichprobe
7.3.1 Rekrutierung der Stichprobe
Um Frauen für ihre Studie zu gewinnen, haben sich die aargauischen Psychologinnen an Fachpersonal wie Hebammen, Kinderärzte, Mütter- und Väterberatungen etc. gewandt. Diese Fachpersonen haben dann in ihren Institutionen Flyer ausgelegt, die auf die Studie aufmerksam machten. Es wurden
daher nur Frauen erreicht, welche solche Kontaktmöglichkeiten zu Fachpersonen überhaupt nutzen. Wer diese besagten Fachkräfte in deren Institutionen nicht aufgesucht hat, ist in dieser Stichprobe nicht vertreten.
Sämtliche Frauen haben sich auf eigene Initiative hin und ohne irgendwelche
finanzielle Entschädigung für das Interview zur Verfügung gestellt. Es sind in
der Stichprobe daher nur junge Mütter anzutreffen, die über die notwendige
Mobilität und Zeit zur Teilnahme verfügen. Zudem sind ausreichende
Sprachkenntnisse der Mutter nötig, um am Interview teilnehmen zu können
oder den Aufruf dazu überhaupt zu verstehen. Es liegt aus diesem Umstand
80
7 Diskussion
der Schluss nahe, dass sich auf diesen Aufruf lediglich Frauen meldeten, die
sich aktiv mit dem Thema der Geburt und ihrer neuen Rolle als Mutter auseinandersetzen. Mütter hingegen, die unter grossen Belastungen oder gar
klinisch relevanten psychischen Störungen leiden, werden kaum Zeit und
Ressourcen finden, sich freiwillig an einem Interview zu beteiligen.
7.3.2 Generalisierbarkeit der Stichprobe
Aufgrund der oben beschriebenen Rekrutierung hat sich eine Zusammensetzung der Stichprobe ergeben, die Risikogruppen für psychische Störungen
kaum berücksichtigt.
Sämtliche Frauen sind zum Zeitpunkt verheiratet und keine ist alleinerziehend. Die Stichprobe fällt durch das hohe Bildungsniveau sowohl der Mütter
als auch der Väter auf.
Über die Hälfte der Frauen sind zum ersten Mal Mutter geworden, sodass
Mütter, die schon ältere Kinder zu versorgen haben, eher untervertreten sind.
Die Resultate dieser Untersuchung lassen sich daher auf andere mittelständische, gut ausgebildete, klinisch unauffällige Frauen übertragen. Risikogruppen wie sozial benachteiligte oder psychisch kranke Frauen, sowie alleinerziehende oder ganz junge Mütter sind in der Stichprobe gar nicht repräsentiert. Auf spezifische Belastungen, die für eine Familie durch die Geburt
eines Geschwisterkindes entstehen können, ist in dieser Studie nicht eigens
eingegangen worden.
7.4
Interpretation der Ergebnisse
Aufgrund der Beschreibung der methodischen Besonderheiten und Einschränkungen dieser Studie können nun die Resultate interpretiert werden.
7.4.1 Problembelastung früher im Leben
Wie unter 7.1.1 beschrieben konnte die Hypothese 1 angenommen werden;
die Problembelastung früher im Leben hat sich als signifikanter Prädiktor für
81
7 Diskussion
die psychische Belastung der Mütter in den ersten drei Monaten nach der
Geburt erwiesen.
Dieser Befund erstaunt keineswegs. Vielmehr reiht er sich in eine grosse Anzahl Studien ein, welche ihrerseits psychische Störungen in der Lebensgeschichte der Frau als zentralen Risikofaktor für die Entstehung postpartaler
psychischer Belastung nennen (O’Hara & Swain, 1996).
Frauen, die in der Vergangenheit mit psychischen Problemen zu kämpfen
hatten, neigen möglicherweise grundsätzlich dazu, auf schwierige Situationen mit psychischer Belastung zu reagieren. Es ist nachzuvollziehen, dass
sie sich angesichts eines so gewichtigen Ereignisses wie der Geburt ihres
Kindes erneut verunsichert psychisch belastet fühlen.
Dass die psychischen Probleme in der Vergangenheit nur einen mittleren
Effekt auf die Belastung nach der Geburt zeigen, könnte an der Zusammensetzung der Stichprobe liegen. Die Frauen fühlen sich als Gesamtes nach
der Geburt eher gering belastet, was aufgrund der Rekrutierung der Stichprobe nicht erstaunt. Psychisch schwer belastete Mütter hätten gar nicht die
zeitlichen und mentalen Ressourcen gehabt, sich freiwillig für ein Interview
zur Verfügung zu stellen.
Es soll an der Stelle noch einmal explizit darauf hingewiesen werden, dass
für die Quantifizierung des Problemwertes vor der Geburt nicht die gleiche
Skala benutzt wurde wie für die Einschätzung der psychischen Belastung
nach der Geburt.
7.4.2 Der Einfluss von Schlaf auf die psychische Verfassung
Schlaf ist zwar ein hochsignifikanter Prädiktor für die psychische Verfassung
in den ersten Monaten nach der Geburt, er steht aber in keiner Wechselwirkung mit den psychischen Problemen früher im Leben.
Vergleicht man dieses Ergebnis mit Erkenntnissen aus anderen Studien,
stellt man eine grosse Übereinstimmung fest. Sowohl Goyal et al. (2009), als
auch Bayer et al. (2007) haben auf die zentrale Bedeutung von mütterlichem
Schlaf für ihre psychische und sogar physische Gesundheit hingewiesen.
Die Stichprobe weist in ihrer Gesamtheit, wie bereits erwähnt, eine eher tiefe
Ausprägung der psychischen Belastung nach der Geburt auf. Es ist daher
82
7 Diskussion
anzunehmen, dass allfällige Schlafprobleme und Erschöpfungssymptomatiken der Mütter nach der Geburt des Kindes ihre Ursache nicht in psychischen Störungen wie beispielsweise Depressionen haben. Vielmehr kommt
die Unzufriedenheit mit dem Schlaf daher, dass das Kind rund um die versorgt werden muss. Die Mutter erhält durch die anstrengende Pflege des
Neugeborenen nicht genügend Schlaf oder ihr Schlaf wird immer wieder gestört wird. Dieses Schlafmanko führt über längere Zeit zwangsläufig zu einer
Erschöpfungssymptomatik bei der Mutter, was ihre psychische Befindlichkeit
erheblich beeinträchtigen kann (Goyal et al., 2009).
Interessanterweise haben die vorliegenden Daten gezeigt, dass Frauen zufriedener sind mit ihrem Schlaf, je besser sie ausgebildet sind. Die Studie hat
aber auch verdeutlicht, dass Frauen mit höherer Bildung mehr Unterstützung
im Haushalt erhalten. Dies entlastet sie in ihrem Alltag und sie können möglicherweise dank der Unterstützung ihr Schlafmanko besser kompensieren,
weil sie von den häuslichen Tätigkeiten ein Stück weit entbunden sind.
Es soll an der Stelle noch einmal explizit festgehalten werden, dass die subjektive Schlafzufriedenheit der Mütter der wichtigste Prädiktor für ihre psychische Verfassung in den ersten drei Monaten nach der Geburt darstellt.
Die Schlafzufriedenheit steht aber in keiner Wechselwirkung mit psychischen
Problemen von früher im Leben. Für psychisch belastete Frauen ist genügend Schlaf daher nicht wichtiger als für alle anderen. Es wird vielmehr deutlich, wie essentiell genügend Schlaf für gleichermassen alle Mütter in den
ersten Monaten nach der Geburt ist.
7.4.3 Der Einfluss sozialer Unterstützung auf die psychische Verfassung
Partnerunterstützung
In zahlreichen Studien, unter anderem in denen von Dennis & Ross (2006 )
oder Stapleton und Kollegen (2012) spielt der Partner die zentrale Bedeutung
für die psychische Verfassung der Frau nach der Geburt. In der vorliegenden
Untersuchung hingegen konnten keinerlei signifikante Zusammenhänge zwischen der Partnerunterstützung oder der Paaraktivität und der psychischen
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7 Diskussion
Verfassung der Frau nach der Geburt gefunden werden. Dies könnte an der
privilegierten Stichprobe liegen, in der keine der Frauen auf die Unterstützung des Partners gänzlich verzichten muss. Ausserdem fällt bei der Partnerunterstützung der hohe Mittelwert auf. Die Frauen der Stichprobe können
in ihrer Gesamtheit auf umfangreiche Unterstützung des Partners zählen.
Betrachtet man den Einfluss der Paaraktivität ohne Kind auf die psychische
Verfassung der Frauen, kann festgestellt werden, dass es den Frauen psychisch nicht besser geht, wenn sie etwas gemeinsam mit dem Partner, aber
ohne das Kind, unternehmen können. Das erstaunt in dem Sinn nicht, da in
der ersten Zeit nach der Geburt für das Paar ohnehin das Neugeborene im
Zentrum steht. Die beiden Partner müssen sich in ihrer neuen Rolle als Eltern zurechtfinden, was ihnen gemeinsam mit dem Baby wohl am besten gelingt. Für das psychische Wohlbefinden in der ersten Zeit nach der Geburt ist
es vermutlich mindestens so wertvoll, sich als Paar mit dem Kind zu befassen, als sich alleine zurückzuziehen.
Unterstützung ausserhalb der Partnerschaft
Unterstützung in den praktischen Dingen des Alltags hat einen günstigen
Einfluss auf die psychische Verfassung der Frauen. Die jungen Mütter, die
viel Unterstützung im Haushalt erhalten, leiden weniger unter psychischer
Belastung als Frauen, die wenig Hilfe bekommen. Eben diese Unterstützung
wird aber nicht allen Frauen in gleichem Masse zuteil. Die Daten haben gezeigt, dass Frauen umso mehr Unterstützung im Haushalt erhalten, je besser
sie ausgebildet sind. Dies lässt sich möglicherweise damit erklären, dass eine gute Schulbildung oft mit einer ökonomisch bevorzugten Situation einhergeht. Gerade diese wirtschaftliche Besserstellung kann bezahlte Unterstützung für die betroffenen Frauen ermöglichen. Ökonomisch schlechter gestellten jungen Müttern bleibt dies eher verwehrt.
Ein weiterer bedeutsamer Faktor für ihre psychische Befindlichkeit stellt die
soziale Vernetzung der Frau dar. Die Resultate der Untersuchung decken
sich mit den Erkenntnissen von Surkan und Kollegen (2006) und legen nahe,
dass sich ein breites soziales Netz der jungen Mutter positiv auf ihre psychische Verfassung auswirkt. Je mehr Personen im Umfeld einer Frau als
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7 Diskussion
Kommunikationspartner, Babysitter oder ähnliches zur Verfügung stehen,
desto weniger fühlt sie sich psychisch belastet. Es ist dabei nicht von entscheidender Bedeutung, ob diese Personen Verwandte, Freunde oder Fachpersonen sind. Gute soziale Vernetzung kann daher fehlende oder unzureichende Partnerunterstützung zu einem gewissen Grad kompensieren.
Wie im Ergebnisteil beschrieben, steht die soziale Vernetzung einer Frau in
einer marginal signifikanten Wechselwirkung mit ihrer psychischen Belastung
vor der Geburt. Es gibt also einen Einfluss der sozialen Vernetzung auf den
Zusammenhang von den Problemen der Frauen früher im Leben und ihrem
psychischen Befinden nach der Geburt. Allerdings ist ein positiver Effekt nur
bei den Frauen zu erwarten, die schon vor der Geburt wenige Probleme hatten und zudem in einem breiten sozialen Netz aufgehoben sind. Frauen hingegen, die von vielen psychischen Problemen in der Vergangenheit berichten, können ihr psychisches Wohlbefinden auch durch mehr soziale Kontakte
nicht verbessern.
Die meisten Frauen der Stichprobe werden von ihrem Partner stark unterstützt, was die Bedeutung des sozialen Netzes etwas kleiner werden lässt.
Möglicherweise suchen die Frauen in der ersten Zeit nach der Geburt eher
die Nähe zu ihrem Partner, um sich gemeinsam an ihre neue Rolle zu gewöhnen. Zudem ist es mit zusätzlichem Aufwand und teilweise auch mit
Stress verbunden, sich Unterstützung von aussen zu holen (Leahy‐Warren et
al., 2012), während der Partner leichter verfügbar ist.
7.5
Erkenntnisse für die Praxis
Anamnese während der Schwangerschaft
Wie bereits mehrmals erwähnt, sind Frauen mit depressiven Episoden,
Angststörungen oder anderen psychischen Krisen in ihrer Vorgeschichte besonders gefährdet, nach der Geburt eines Kindes erneut an einer psychischen Störung zu leiden. Daher sollte jede Mutter während der Schwangerschaft in der Anamnese auch über frühere psychische Beeinträchtigungen
befragt werden. Bei Frauen, die bereits Kinder geboren haben, ist die Frage
nach einer allfälligen PPD bei den vorangehenden Geburten unbedingt zu
85
7 Diskussion
stellen. Es sollen aber nicht nur klinisch relevante und möglicherweise behandelte psychische Störungen beachtet werden. Vielmehr wäre es hilfreich,
wenn betreuendes Fachpersonal wie Gynäkologen oder Hebammen bereits
während der Schwangerschaft in einem Gespräch zu eruieren versuchen, ob
eine Frau früher im Leben die Tendenz gezeigt hat, auf Stresssituationen mit
psychischer Belastung zu reagieren.
Risikofaktoren und Ressourcen
Berichtet eine Frau über psychische Probleme in der Vergangenheit, müssen
auf der anderen Seite die Ressourcen, über die sie selber und ihr Umfeld
verfügen, beachtet werden. Solche Schutzfaktoren wie soziale Vernetzung,
aber auch Unterstützung in Form von praktischer Hilfe können das Risiko
einer erneuten psychischen Störung oder Beeinträchtigung nach der Geburt
verringern. Für Fachkräfte ist nun entscheidend, sich rasch ein möglichst treffendes Bild von den Belastungen und den Ressourcen zu machen, die den
Frauen und ihren Familien als Schutzfaktor dienen können.
Screening nach der Geburt
Um die psychische Verfassung aller Frauen nach der Geburt einschätzen zu
können, sollten Fachkräfte wie Hebammen oder nachbetreuende Gynäkologen jede junge Mutter zu ihrem aktuellen Befinden befragen. Als Diagnostikinstrument bietet sich dafür die EPDS an, weil dieser Fragebogen in wenigen
Minuten Auskunft darüber gibt, wie hoch das Risiko einer Frau ist, eine
postpartale Depression zu entwickeln. Bei entsprechenden Resultaten
(EPDS > 12) ist eine differenziertere Diagnostik angezeigt.
Neben dem Screening zur psychischen Verfassung nach der Geburt mittels
der EPDS müssen die Frauen unbedingt nach ihrer Schlafzufriedenheit befragt werden. Für die Fachkraft empfiehlt sich hier, den Schlaf in einer offenen Frage anzusprechen und die jungen Mütter gleichzeitig über die Wichtigkeit von ausreichend Schlaf zu informieren. Es ist für die Frauen entscheidend zu wissen, dass Erschöpfung die mütterlichen Erziehungsmuster und
ihre psychischen Verfassung negativ beeinflussen kann.
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7 Diskussion
Massnahmen
Jede Mutter ist im Gespräch durch die beteiligten Fachkräfte explizit darauf
hinzuweisen, wie häufig psychische Störungen nach der Geburt vorkommen.
Dies soll ihr erleichtern, bei Belastungen Hilfe zu suchen und sich nicht für
ihren Leidensdruck zu schämen. Liegen bei einer Mutter Belastungen vor,
die sie mit Hilfe ihrer eigenen Ressourcen nicht kompensieren kann, müssen
mit der Frau gemeinsam konkrete Massnahmen besprochen werden, die ihre
Belastung verringern könnten.
Es in jedem Fall zentral, dass die junge Mutter in einem sozialen Netz aufgehoben ist. Ist diese soziale Vernetzung im privaten Umfeld zu wenig vorhanden, kann und muss dieses Defizit durch Kontakte zu Fachkräften wie Hebammen, Psychologen, Sozialarbeiter etc. kompensiert werden.
Daneben ist auf ausreichend praktische Unterstützung im Alltag zu achten.
Das erleichtert der Mutter die Gestaltung der anstrengenden Zeit in den ersten Monaten nach der Geburt und erlaubt ihr, die Kräfte vermehrt auf sich
und ihr Kind zu richten.
Mit Frauen, die über Schlafprobleme klagen, sind unbedingt Möglichkeiten
zur Verbesserung der Schlafzufriedenheit zu besprechen. Die Klärung der
Ursachen ihrer Schlafprobleme kann zur Findung geeigneter Massnahmen
beitragen. Um beispielsweise die Unterbrechungen des Nachtschlafes zu
minimieren, müsste zeitweise jemand anders die Pflege des Kindes übernehmen. Ist dies aufgrund des Stillens nicht möglich, kann der Frau ermöglicht werden, während des Tages etwas Schlaf zu kompensieren. Beruhigt
sich die Situation nach ein paar Monaten nicht, sollte der kindliche Schlaf
näher untersucht und dabei festgestellt werden, ob sich beim Kleinkind ungünstige Schlafmuster etabliert haben, die durch geeignete Massnahmen
verbessert werden könnten.
7.6
Schlusswort
Ziel der vorliegenden Arbeit war, zu untersuchen, inwiefern genügend Schlaf
und soziale Unterstützung die psychische Verfassung junger Mütter in den
ersten drei Monaten nach der Geburt beeinflussen. Es sollte eruiert werden,
87
7 Diskussion
ob Schlaf und soziale Unterstützung bei Frauen mit psychischen Problemen
im Leben vor der Geburt, das Risiko einer erneuten psychischen Belastung
nach der Geburt vermindern können.
Es wurde deutlich, dass Frauen mit mehr psychischen Problemen in der Vergangenheit auch nach der Geburt des Kindes eher psychische Belastungen
zeigen als wenig vorbelastete Mütter. Ausserdem ist es für alle Frauen gleichermassen von Bedeutung, zu ausreichend Schlaf zu kommen, um psychische Belastungen zu vermindern. Bezüglich sozialer Unterstützung wurde im
Rahmen der Arbeit deutlich, dass sowohl ein vorhandenes soziales Netz als
auch praktische Unterstützung im Alltag die psychische Befindlichkeit der
Frauen günstig beeinflussen.
Aus den Erkenntnissen dieser Arbeit lässt sich die Notwendigkeit ableiten,
bereits werdende Mütter darauf hinzuweisen, wie verbreitet psychische Probleme nach der Geburt sind. Allerdings muss auch dargelegt werden, dass
sich die psychische Befindlichkeit durch soziale Unterstützung, sei es aus
dem privaten oder professionellen Umfeld, verbessern lässt.
Als einfache, aber zentrale Botschaft muss den jungen Müttern vermittelt
werden, wie wichtig genügend erholsamer Schlaf für ihre psychische Befindlichkeit ist. Daher sind Massnahmen zur Verbesserung der Schlafzufriedenheiten unbedingt anzustreben, selbst wenn diese nur mit gewissen Anstrengungen zu verwirklichen sind.
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