Essay Klimawandel Teil 4

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Der Klimawandel aus dem Blickwinkel
der Physik und der Erdgeschichte
Teil 4
Dr.-Ing. Alexander Koewius
3. Der Treibhauseffekt (THE) als Folge des Vorhandenseins von Treibhausgasen
(THG) in der Erdatmosphäre
3.1 Vorbemerkungen
Die Klimaforschung stellt seit mehr als 100 Jahren ein Arbeitsgebiet dar, das – dank immens
fortschreitender Erkenntnisse – zu einer solchen Breite und Tiefe angewachsen ist, dass es für
einen Einzelnen mittlerweile nicht mehr überschaubar erscheint. Dies betrifft insbesondere
die - mittlerweile keineswegs kleine - Zahl derer, die sich – alt oder jung – als naturwissenschaftlich vorgebildete/bildungsfähige Laien um ein fundiertes Verstehen all der
Mechanismen bemühen, die globalen Klimaänderungen zugrunde liegen (können). In der
Weise eben, wie es auch hier von einem am Thema brennend interessierten
„klimatologischen“ (nicht: „physikalischen“) Laien versucht wird, aufs Papier zu bringen,
wenn auch nur aus physikalischer, den THE betreffender Sicht. Außer Frage steht, was
[S. Rahmstorf, H-J Schellnhuber] sinngemäß so formuliert haben: „Einem Laien ist es heute
nur schwer möglich, sich ein fundiertes und in allen Punkten sachlich korrektes Bild vom
Wissensstand in der Forschung zum Klimawandel zu machen“, von der Schwierigkeit ganz zu
schweigen, dass so einer – im Vertrauen auf sein physikalisches Verständnisvermögen – per
eigener Publikation jemals Anerkennung in der Fachwelt erfährt, auch wenn er vollkommen
auf der Seite der „offiziellen“ Klimaforschung steht. Auf der anderen Seite scheint uns jedoch
der Unterschied zwischen einem Laien und einem (studierten, auf dem Gebiet der
Klimatologie forschenden und/oder lehrenden) Fachmann durchaus fließend zu sein, wenn
man sich beispielsweise die Internet-Seiten so mancher Hochschule, Regierungsinstitution
und so manchen Forschungsinstituts in der Welt zu Gemüte führt.
Jedenfalls hat die in den letzten 50 Jahren lawinenartig angeschwollene Forschungstätigkeit
(Grund: die drohende, auf den Menschen zurückzuführende Klimaänderung) eines klar
sichtbar werden lassen, nämlich die ungeheure Komplexität des lebenserhaltenden Systems
„ Erdoberfläche einschließlich der sie umhüllenden Atmosphäre“, im folgenden kurz System
genannt. Diese Komplexität von – nicht selten sehr subtile Zusammenhänge widerspiegelnden
– Tatbeständen und Prozessabläufen tritt eigentlich bei jedem geo-wissenschaftlichen Aspekt
zutage, unter dem man das System betrachtet; d.h. gleich, ob es sich um die Geologie,
Biologie, Chemie oder die Physik handelt. A propos Physik: Beinahe alles was diese
Disziplin an Theorie zu bieten hat vom submikroskopischen Kosmos (Atome, Moleküle mit
ihrem nur quantenmechanisch beschreibbaren Verhalten in Strahlungsfeldern) bis hin zum
Makrokosmos (Sonne und Planeten, die Himmelsmechanik, usw.) findet mehr oder weniger
seinen Niederschlag in der interdisziplinären, – das Heute wie das (erd)geschichtliche Gestern
umfassenden – Wissenschaft vom Klima und seinem Wandel.
Um nun das Wesentliche für die folgende Darstellung, die sich zunächst am natürlichen THE
orientiert, ausführlich erläutern und damit dem Verständnis näher bringen zu können, müssen
wir uns als erstes an modellhaft vereinfachte Vorstellungen halten, so wie sie auch im Fachschrifttum als Beschreibung global gemittelter Sachverhalte zum Klimawandel zu finden
sind, beispielsweise das unten stehende Bild 11 zur Energiefluss-Bilanz der Erde, dessen sich
auch einige der Assessment Reports des IPCC bedienen. Das Bild lässt sich nach [W. Roedel]
auch als Ergebnis aus einem „null-dimensionalen“ Energiebilanzmodell (EBM) verstehen, das
für eine atmosphärische Variable, z.B. die GMT, nur den entsprechenden globalen Mittelwert
liefert, mithin keine regionalen Differenzierungen zulässt. Ähnliches gilt für die „radiativkonvektiven Modelle“, RCM, die (als im Prinzip eindimensionale Modelle) atmosphärische
Energieflüsse nur in der Senkrechten (d.h. z-Richtung) und damit das T-Profil der
Atmosphäre in Funktion von z näherungsweise zu berechnen gestatten. Im Sinne der
Exaktheit und ebenso für die regionale Aussagekraft eines Klimamodells müssen aber die
(konvektiven) Energieflüsse auch in der Horizontalen einbezogen werden, was prinzipiell
erst dynamische drei-dimensionale Zirkulationsmodelle erlauben, nämlich die (in der
englischen Fachsprache) so genannten „General Circulation Models“, GCM.
Hinsichtlich der Aussagekraft von flächengewichteten globalen Mittelwerten (mit denen
einfache, gut überschaubare Näherungsmodelle arbeiten) gibt es – wie schon am Ende von
Teil 3 bemerkt – bei Klima-Gegnern mit akademischem Hintergrund massive Zweifel. Um zu
zeigen, wie wenig diese zumindest bei der irdischen GMT berechtigt sind, haben wir an Hand
einer Gegenüberstellung zu deren „Vergleichspartner“, d.h. zur (Te)g gemäß der Beziehung
(Te)4g = S∗(1- a)/(2σ) für einen „außerirdischen Extremfall“ nachgerechnet, siehe
Anhang II am Schluss dieses Teils der Abhandlung.
Angesichts der Vielzahl an erläuterungsbedürftigen Details im gesamten komplexen
Stockwerk-System ‚Atmosphäre’ sehen wir es für unser Erklärungsvorhaben weiter als
zulässige Vereinfachung an, wenn wir uns nur auf die Troposphäre (einschließlich der
Tropopause, mittlere Höhe über Meeresniveau: z ~12 km, als ihrer oberen Begrenzung)
beschränken. Wenn wir im folgenden von TOA (= Top Of Atmosphere) sprechen, meinen
wir damit den oberen Rand der Troposphäre. Für diese Art der Beschränkung spricht unter
anderem, dass
- sich das mit Wolkenbildung einhergehende Wetter nur in der Troposphäre abspielt
(Wolken haben einen starken Einfluss auf das Klimageschehen!),
- die Troposphäre ca. 80 bis 85 % der gesamten Masse der Atmosphäre enthält, also in
entsprechendem Anteil auch die gleichverteilten klimawirksamen Spurengase
(KWSG) wie CO2, CH4, N2O und
- das für den natürlichen THE maßgeblich verantwortliche Treibhausgas, nämlich der
Wasserdampf, kaum über die Tropopause hinauskommt (angesichts der sehr großen
Mengen dieses Gases in der Troposphäre kann man bei dieser - nach [W. Roedel] auch als Merkmal hervorheben, sie sei wie von einer „Wasserdampfsphäre“
durchdrungen).
Selbstverständlich können die klimawirksamen Vorgänge in der Stratosphäre (vor allem
durch Ozon, O3 ) – ungeachtet der dort vorhandenen geringen Gasdichten – in gängigen, auf
größtmögliche Genauigkeit bedachten Klimamodellen nicht vernachlässigt werden. Ein Teil
des solaren Energiezuflusses (14 von den 67 W/m2 in Bild 11), nämlich der auf den UVBereich des Sonnenspektrums entfallende Teil, wird bereits durch Absorption in der
Stratosphäre „abgefangen“, um dort für einen Anstieg der Temperatur mit größer werdender
Höhe z bis hin zur Stratopause zu sorgen.
Zur eigenen Überraschung hat sich die „Informationslage“ zu einigem an Grundsätzlichem,
was den THE aus der Physik und Atmosphärenphysik berührt, als nicht so vollständig
erwiesen, wie es für die hier angestrebte Konsistenz und Gründlichkeit der Darstellung
wünschenswert (besser gesagt: eigentlich notwendig) gewesen wäre. Diese Einschätzung der
Lage lässt sich nun allerdings – nach monatelanger Recherchetätigkeit in der Bibliothek und
am Bildschirm – nicht mehr so recht als eine vorläufige ansehen. Mithin folgt aus dieser
Situation, dass wir zweitens im Sinne einer klaren Linienführung nicht umhin kommen, hier
und da Dinge in einer Weise auf den Punkt zu bringen, wie wir sie woanders nicht feststellen
konnten.
Beispielsweise findet man in der Literatur je nach Zusammenhang Aussagen wie „Was die THGMoleküle an infraroter Strahlung absorbieren, wird von ihnen in derselben Weise auch wieder
emittiert“ und ebenso „Absorption bedeutet – im Gegensatz zur Streuung - , dass Strahlung in andere
Energieformen (gemeint ist „thermische Energie“) umgewandelt wird“. „Wie nun?“ fragt sich der
verwirrte Laie angesichts der Gegenstrahlung erzeugenden Tätigkeit der THG-Moleküle, und weiter
„wenn beides richtig ist, nach welcher Maßgabe passiert dann das eine oder andere?“
‚Auf den Punkt bringen’ heißt hier, vereinfachende, pauschale Annahmen zu treffen ohne sich
dabei zu weit von der Wirklichkeit zu entfernen, bzw. ohne dabei der Logik eines
Erklärungsversuchs zu schaden.
Bevor wir zu den Annahmen kommen, sehen wir uns erst die folgenden physikalischen
Tatsachen und Begriffe in Bezug auf Gase (bzw. die sie konstituierenden Teilchen) an:
Die thermische Energie eines Gases, das aus 2- oder mehratomigen Molekülen besteht, ist
nicht allein durch die mittlere Translationsenergie seiner Teilchen, d.h. durch m∗v2/2
bestimmt (mit v als Symbol für Molekül-Geschwindigkeit und m für Masse eines Moleküls).
Zwar wird die Temperatur T des Gases allein dieser (kinetischen) Energie, mithin der
linearen Molekülbewegung proportional gesetzt. Anders aber als einzelne, freie Atome sind
Moleküle zusätzlich in der Lage, aus Molekülstößen stammende kinetische Energie durch
Änderung des gequantelten Rotationszustandes (um die Hauptachsen des Moleküls)
aufzunehmen oder abzugeben. ‚Rotation’ bedeutet für ein Molekül bis zu 3 zusätzliche,
wirksame Freiheitsgrade, die zu den 3 Freiheitsgraden der linearen Bewegung hinzukommen.
Hieraus bestimmt sich die spezifische Wärme eines Gases, die bei nicht zu hohem T eine
Konstante ist. Infolge steigender Temperaturen nimmt nun die spezifische Wärme (= Energie
je kg Gas und Grad) zu, weil dank höher werdendem T die Atome in einem Molekül mehr
und mehr in Schwingungen zueinander geraten. Weitere, sog. innere Freiheitsgrade kommen
also ins Spiel, die per Aufheizen des Gases nun ebenfalls (durch gequantelte Energiezufuhr)
„bedient sein wollen“. Die thermische Energie, die gemäß dem oben Gesagten in einem Gas
steckt, wird – wegen ihrer Abhängigkeit von T – oft auch mit „fühlbarer Wärme“ bezeichnet,
nämlich um diese gegen diejenige Art von thermischer Energie abzugrenzen, welche mit
latenter Wärme bezeichnet wird. So gelangt latente Wärme dadurch in unsere Lufthülle, dass
dort Wasserdampf zu Wolken und Regentropfen kondensiert.
Heizt man ein Gas noch weiter auf (T bis mehr als 1000 Grad), kommt es auch zu Anregungen (Quantensprüngen) innerhalb der Elektronenhülle eines Gasteilchens (sog. elektronische
Anregung); dies ist aber für das Folgende nicht relevant und sei deshalb nur der
Vollständigkeit halber erwähnt.
Sind nun Moleküle der Atmosphäre einem Strahlungsfeld ausgesetzt, in dessen Spektrum die
hohen Frequenzen fehlen, – sei es nun die von der Sonne herrührende Strahlung, die in die
Troposphäre ohne den harten UV-Anteil eindringt, oder sei es die vom Erdboden ausgehende
IR-Strahlung – , dann hängt es ganz von der Art des Moleküls ab, ob von ihm Strahlungsenergie absorbiert werden kann oder nicht. Wenn wir von einer effektvollen Absorption ohne
Beteiligung der Elektronenhülle ausgehen, dann steht im Mittelpunkt der Betrachtung die so
genannte Rotations-Schwingungs-Anregung, RSA. Wie wir in einem gesonderten Anhang
(Anhang IV) ausführlicher zu erläutern beabsichtigen, unterliegen die Rotation und die – je
nach Molekül nach Zahl und Art möglichen – Schwingungsformen einer quantenmechanisch
exakt beschreibbaren Kopplung; mit anderen Worten: die Zustandsänderung bei der
Schwingung löst eine Änderung des Zustands bei der Rotation aus, und umgekehrt. Beides
kommt demnach von einander getrennt in der Regel nicht vor. Die Rotation wird (von
bestimmten, molekülspezifischen Frequenzen, die das Strahlungsfeld eines schwarzen
Körpers enthält) nicht direkt beeinflusst, wohl aber die Eigenchwingung mit der
entsprechenden Frequenz. Unbedingte Voraussetzung aber dafür ist, dass das Molekül ein
Dipolmoment aufweist. Das kann ein natürliches sein, das von vornherein auf Basis der (frei
von Schwingungsausschlägen dargestellten) Grundkonfiguration des Moleküls vorhanden ist
(Beispiel: H2O). Es kann aber auch ein induziertes Dipolmoment sein (wie bei CO2), das sich
bei bestimmten Schwingungsmoden, d.h. aus der schwingungsbedingten Verzerrung der
Grundkonfiguration ergibt. Ausführlicheres zu all diesem bietet Anhang IV.
Moleküle, die nur aus zwei – und zwar aus 2 gleichen – Atomen bestehen, haben diese
Eigenschaft nicht, demgemäß auch nicht die Hauptbestandteile der Atmosphäre ebenso wie
der Troposphäre, nämlich N2, O2 und natürlich auch Ar (Argon) als sozusagen „einatomiges
Edelgasmolekül“. Dagegen ist das Vorhandensein von Dipolmomenten ein wesentliches
Kennzeichen bei Treibhausgas-Molekülen, was sich über deren Aufbau vorwiegend aus 3 und
mehr Atomen (Ausnahme: das weniger bedeutsame THG CO) erklären lässt; Einzelheiten
siehe Anhang IV. Neben den beiden wichtigsten THG H2O -Dampf und CO2, deren Menge in der
Atmosphäre im Vergleich zu allen anderen THG-Spezies überwiegt, sind heute – etwa in der
Reihenfolge ihrer Bedeutung und Gehalte im Bereich der Troposphäre – zu nennen:
• Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Diese sind in ihrem Gehalt, wie ja CO2 auch, stark
anthropogen beeinflusst
• Troposphärisches O3 (stark anthropogen beeinflusst)
• FCKW = Fluor-Chlorkohlenwasserstoffe (weitgehend anthropogen beeinflusst)
Anmerkung: Der H2O-Dampfgehalt (im Mittel heute ~ 0,25 %) ist bekanntlich stark von der
Temperatur, T, abhängig und von daher nur indirekt anthropogen über eine Erhöhung der GMT
beeinflussbar. Diese Erhöhung beträgt seit 1750 etwa 0,8 Grad. Somit ist der anthropogene Einfluss
auf besagten Gehalt (noch) als sehr gering einzustufen.
Die Pauschal-Annahmen bzw. Schlussfolgerungen aus all dem oben zur Physik Gesagten (wie
sie in der Literatur zum THE in derart pointierter Form nicht zu finden sind) lauten:
- Angesichts der relativ niedrigen Temperaturen, die in der Troposphäre herrschen, sind
alle dort anwesenden Moleküle nicht in der Lage, über Zustandsänderungen innerhalb
ihrer Elektronenhülle Energiequanten zu absorbieren. Insbesondere gilt diese Feststellung für die Anregung der Moleküle durch die solare Strahlung von der Art, wie sie
die Troposphäre erreicht, und erst recht für die terrestrische Ausstrahlung im
Infraroten.
- Nur die THG sind – infolge ihrer i. a. aus 3 und mehr Atomen zusammengesetzten
Struktur – in der Lage, Strahlungsenergie in thermische zu verwandeln und vice versa.
Der dem zugrunde liegende Mechanismus ist im Bereich der RotationsSchwingungsanregung zu suchen. Die über Energiequanten erfolgende Änderungen
dieses Zustandes können entweder durch zwischenmolekulare Stoßvorgänge
(sozusagen „von unten her“) erfolgen, oder (sozusagen „von oben her“) durch
Absorption von Strahlungsquanten h∗ν , mit ν als einer von mehreren, molekülspezifisch passenden Frequenzen.
- Demgegenüber sind die – maximal zweiatomigen – Hauptbestandteile der
Atmosphäre, nämlich N2, O2 und Ar (sie machen zusammen ca. 99,9 % der
Atmosphärenmasse aus), im Bereich der Troposphäre nicht in der Lage, Energie direkt
aus den dort herrschenden Strahlungsfeldern zu absorbieren. Sie nehmen aber am
Gesamtgeschehen insofern teil, als sie über Stoßvorgänge kinetische Energie an die
„strahlungs(aufnahme)fähigen“ THG-Moleküle weitergeben bzw. von den letzteren
erhalten können.
- Die Erwärmung*) der Luft in der Troposphäre durch Strahlung erfolgt nicht
unmittelbar, das heißt z.B. nicht in der Weise, dass ein Strahlungsfeld Luftteilchen in
seiner Ausbreitungsrichtung per Strahlungsdruck merklich beschleunigen würde (was
man sich - wenigstens im Prinzip - ja vorstellen könnte). Sondern sie erfolgt dadurch,
-----------------------------------------------------------*) Bei der Gelegenheit müssen wir uns die beiden verschiedenen Kontexte bewusst machen, innerhalb derer das
Wort „Erwärmung“ (ebenso wie „Kühlung“) benutzt wird.
1) Am ehesten verbinden wir damit die Vorstellung eines instationären Vorgangs, der - in einem bestimmten
Zeitraum - zum Aufheizen (Kühlen) eines bestimmten Körpers oder abgeschlossenen Luftvolumens auf einen
voreingestellten Temperaturwert führt; ein Wert, der über (unter) der Temperatur der Umgebung liegt.
2) Aber auch nach Erreichen der gewünschten Temperatur muss weiter geheizt (gekühlt) werden; nur, dass
dabei im Gleichgewicht zwei entgegengesetzt gleiche Wärmeflüsse am Körper auftreten und sich – am
Thermometer unsichtbar – die Waage halten. Anders ausgedrückt, egal, ob das System „Wohnzimmer im
Winter“ oder „der Kühlschrank“ heißt: Um die Temperatur innen im System (d.h. trotz Wärme- bzw. Kühlverlusten) konstant zu halten, müssen Wärmezufuhr und Wärmeabfuhr stets gleichzeitig und in gleichem
Umfang passieren. Und der richtet sich bei diesen Beispielen nicht zuletzt nach der gewünschten,
voreingestellten Temperaturdifferenz zwischen außen und innen. In diesem, unter 2) erläuterten Sinn werden
dann auch Texte zur Klimatologie besser verständlich, wenn dort unter „Treibhauseffekt“ in einem Atemzug von
Erwärmung bzw. Strahlungskühlung der Atmosphäre die Rede ist.
dass a) per Kontakt mit der Erdoberfläche infolge Konvektion und
Evapotranspiration**) thermische Energie (in Form von fühlbarer und latenter
Wärme) in die Troposphäre geführt wird, und b) dieser Energie-Eintrag ergänzt wird
durch die (auf bestimmte Frequenzbereiche beschränkte) Absorption von solarer und
terrestrischer Strahlung durch die Treibhausgase. Gemäß Bild 11 wird so insgesamt
eine (in Flussdichten S [W/m2] ausgedrückte) Energie SBrutto = 67 + 102 + 350 = 519
in die Atmosphäre geführt, was netto (unter Abzug der Gegenstrahlung von 324)
SNetto = 519 – 324 = 195 ergibt. Genau dieser Betrag verlässt die Atmosphäre (in der
hier gewagten Vereinfachung: die Troposphäre) an ihrem oberen Rand als
IR-Strahlung. Im Gleichgewicht wird also das, was an Energie aus verschiedenen
Richtungen netto zugeführt wird („Erwärmung“), auch wieder herausgeführt
(„Strahlungskühlung“), und zwar auf Nimmerwiedersehen nach außen in den
Weltraum!
Wir wollen hier gleich auf 2 weitere makroskopische Gegebenheiten aufmerksam machen,
deren einsichtige Beschreibung ohne gewisse Modellvorstellungen (Annahmen) nicht so recht
durchzuführen wäre:
- Das oben zuletzt genannte Energiefluss-Gleichgewicht ebenso wie der
„Gegenstrahlung“ genannte Strahlungsfluss „passieren“ beide dann in dem genannten
zahlenmäßigen Umfang (in Form globaler Mittelwerte), wenn das hierfür erforderliche
vertikale, mittlere Temperaturprofil der Troposphäre sich auch aus Messungen
nachweisen lässt. In der Troposphäre nimmt die Temperatur ab Erdboden
(TEB = + 15°C) etwa linear ab, um im Bereich der Tropopause in einen – bis in die
untere Stratosphäre reichenden – konstanten Wert einzumünden, der im Mittel bei -55
bis -60 °C liegt. Für den linearen Verlauf gilt die Gleichung T = TEB + (dT/dz) ∗ z,
etwa hinauf bis zu z = um die 10 km Höhe über Meeresniveau, wie es einer globalmittleren Betrachtung ungefähr entspricht. Dabei muss der Gradient dT/dz < 0 sein.
Bild 12 zeigt, dass dem auch so ist, und Anhang III, dass dem so sein muss.
- Wenn nun TEB = + 15°C der globale Mittelwert (auf Meereshöhe) ist, der dem
natürlichen THE zugerechnet wird, dann darf man wohl davon ausgehen, dass
diesem auch ein entsprechender mittlerer Gradient zugeordnet werden kann. Der in
der diesbezüglichen Literatur am häufigsten genannte Wert ist dT/dz = – 6,5 °C/km.
Als Absolutwert betrachtet, liegt er niedriger als der so genannte trocken-adiabatische
Gradient (DALR = Dry Adiabatic Lapse Rate), der im Falle der Erde (als Absolutwert
betrachtet) bei 9,8 °C/km angesiedelt ist, siehe wiederum Anhang III. Wir vermuten
nun, dass DALR den linearen T-Abfall dann beherrschen würde, wenn keinerlei THG
in der Atmosphäre vorhanden wären und sich entsprechend auch TEB = - 18 °C
herausstellte. So gesehen lässt sich an ⏐ dT/dz⏐ < ⏐ DALR⏐ erkennen, ob eine
Erwärmung der Atmosphäre im Bereich der Troposphäre stattgefunden hat bzw. (als
Merkmal eines stationären dynamischen Prozesses) stattfindet. Nun, wie auch immer,
die Summe dessen, was aus der Atmosphäre und direkt vom Erdboden im Infraroten
in den Weltraum abgestrahlt wird, nämlich SE∗ (1 – a)/4 = 235, bleibt von all diesen
Überlegungen verständlicherweise unberührt.
3.2 Der natürliche Treibhauseffekt
Die Temperaturdifferenz in Bezug auf eine fiktive, wenn auch physikalisch denkbare
Vergleichstemperatur, in der dieser lebenswichtige Effekt zum Ausdruck kommt, nämlich
ΔT = 15 °C – (- 18 °C) = 33 °C = GMT* - (Te)g , soll uns erst später wieder eingehender
beschäftigen. Vorerst interessiert uns, wie sich die in Bild 11 ersichtliche Gegenstrahlung von
324 [W/m2] erklärt, die (auch gegenwärtig noch) hauptsächlich durch den Gehalt an H2O Dampf und CO2 in der
-----------------------------------
**) Das ist die Bildung von Wasserdampf infolge Verdunstung von Feuchtigkeit, die auch von den Pflanzen her
stammt.
Troposphäre zustande kommt; ein Gehalt, dem die 15 °C am Erdboden (statt - !8 °C)
wesentlich zu verdanken sind.
(Text zum Bild: A. Koewius)
Das obige Flussdiagramm, das sehr bekannt und ebenso Bestandteil verschiedener IPCCReports ist, lässt sich ohne weitere Erläuterungen nicht recht begreifen, es sei denn, man
nimmt es als Ganzes unbesehen als „Glaubenssache“ hin. Zunächst wollen wir zwischen so
genannten „robusten Größen“ und solchen Größen im Diagramm unterscheiden, die wir eher
in die Rubrik „mehr oder weniger gute Estimates“ einordnen möchten, um mit dieser
Unterscheidung eine lineare Gleichung aufzustellen. Ziel ist dabei, die Einflüsse auf die
Gegenstrahlung 324, die in der Gleichung formal als Unbekannte w auftaucht, klarer zu
machen.
Als robust sind anzusehen a) 67 + 168 = 235 als der ‚effektive’ solare Strahlungsfluss, der
vom System absorbiert wird und b) 390 als die Energie, die vom Erdboden im Infraroten
abgestrahlt wird gemäß GMT* = 273 + 15 = 288 °K, wobei die Stefan-Boltzmann-Gleichung
für den Schwarzen Strahler mit kontinuierlichem Spektrum ins Spiel kommt.
Als „weniger robust“ im o.g. Sinne sehen wir u = 67 an (entsprechend 235 – u = 168) und
v = 78 + 24 = 102.
Orientiert am Netto-Zufluss an Energie in die Atmosphäre, der ihrer Abstrahlungsleistung von
195 in den Weltraum entspricht, bilanzieren wir
u + v + 350 – w = 195,
woraus w = 155 + (u + v) folgt. Also ist w wenigstens schon mal nicht kleiner als 155.
u + v = 169 ist nun wesentlich auf den Gehalt an Wasserdampf in der Troposphäre
zurückzuführen; man beachte zum einen den oben genannten, großen Anteil von 78 in v. Zum
anderen lässt sich aus der am Erdboden ermittelten spektralen Intensität der solaren Strahlung
ablesen, das Wasserdampf als Absorber fühlbar auch im (relativ nahen) Infrarot des
Sonnenspektrums in Erscheinung tritt und im IR-Bereich z.B. CO2 weit übertrifft.
Im Zusammenhang mit der Gegenstrahlung w ist noch folgendes anzumerken: Gelegentlich
findet man in Publikationen zum THE die Auffassung vertreten, die auf die THG
zurückzuführende „IR-Sekundärstrahlung“ verließe die Atmosphäre zu gleichen Teilen nach
unten (Gegenstrahlung) wie nach oben; Zitat aus
„ Klimaschutz; Antworten des UBA auf populäre skeptische Argumente (vom 01.10.2005)“ :
>> .... Diese Strahlung (Anm.: gemeint ist nur die vom Erdboden, 390) wird teilweise (d.h. 350) von
den in der Atmosphäre befindlichen optisch aktiven Gaskomponenten, den so genannten
Treibhausgasen, absorbiert und entsprechend den Gesetzen der Quantenphysik in gleichem Maße
wieder emittiert.
Wegen der isotropen, d. h. in allen Richtungen gleichstarken Abstrahlung sind etwa 50 % dieser
Strahlung (das heißt entspr. Bild 11: 350/2 = 175) als so genannte "Gegenstrahlung" zur
Erdoberfläche gerichtet. .... <<
Nun, der letzte Satz wäre allenfalls dann richtig, wenn im Gasvolumen (wenigstens der
Troposphäre) in jeder Höhe z die gleiche Temperatur herrschen würde, was ja keineswegs
zutrifft, siehe Bild 12. Aber betrachten wir einmal diese Annahme als eine erste (gute?)
Annäherung an die Wirklichkeit. Dann beträfe die zitierte Gleichteilung aber nicht nur die
350, sondern auch den Anteil 67 + 102, wenn wir uns 102 vollständig in Strahlung umgesetzt
denken. Mithin ergäbe sich (169 + 350)/2 = 259,5 (statt 195) zum Weltraum hin und dasselbe
(statt w = 324) hin zum Erdboden.
Wir erreichen aber die in Bild 11 angegebenen Werte natürlich dann, wenn wir – (im Falle
195) – von 259,5 das Zuviel „64,5“ abziehen und – (im Falle 324) – die „64,5“ zu 259,5
hinzufügen.
Damit ist die Differenz von 129, die zwischen 324 und 195 herrscht nur so zu erklären, dass
die Temperatur dort oben, wo die Strahlung aus der Troposphäre zum Weltraum hin abgeht,
niedriger ist als in den bodennahen Luftschichten, aus denen die Gegenstrahlung zum
Erdboden hin austritt. Ja, auch die Strahlung, die ein mit THG durchsetztes Gasvolumen an
seinen Grenzen aussendet, ist Temperaturstrahlung! Ungeachtet dessen, dass dies – im
Gegensatz zum Festkörper (allgemein: aus kondensierter Materie bestehenden Körper) – nur
auf bestimmten, von der Art des Treibhausgases festgelegten Frequenzen des Spektrums
geschieht. Hilfreich für die eigene Imagination ist vielleicht auch das folgende ‚Bild’: Stellen
wir uns besagtes Gasvolumen als ein –im Infraroten mild strahlendes – opakes (d.h. milchigundurchsichtiges, nebliges) Gebilde vor, so wie wir es zur Nachtzeit dann erblicken könnten,
wenn unsere Augen für elektromagnetische Strahlung auch bis ins ferne Infrarot hinein
empfindlich wären. Außen von oben besehen „glühte“ dann aber dieser Nebel wegen
niedrigerer Temperatur schwächer, als wenn er vom Erdboden her ansichtig wird.
Man könnte meinen, nun sei zu Bild 11 eigentlich alles gesagt; trotzdem kommen wir von
ihm so leicht nicht los, wie die folgenden Überlegungen zeigen:
Es erhebt sich zunächst die Frage, ob es für manche der dort enthaltenen Zahlenangaben nicht
auch Alternativen geben kann, natürlich in der Weise, dass diese das Gesamtbild nicht in
Unordnung bringen. In der Tat gibt es eine Beziehung, die in diesem Rahmen Alternativen
zulässt, nämlich eine für u und v, die da (wie schon oben genannt) u + v = 169 oder anders
geschrieben u = 169 - v lautet. Aber das eher nebenbei.
Interessanter ist da schon ein Befund aus Bild 11, auf den wir eher zufällig gestoßen sind, der
auf den ersten Blick merkwürdig erscheint; der aber auf den zweiten Blick etwas davon
erahnen lässt, wie einige der im Bild enthaltenen Zahlenangaben aufeinander abgestimmt
wurden. Ausgangspunkt sind die beiden Strahlungsflüsse, die die Atmosphäre (hier:
näherungsweise die Troposphäre) nach oben (195) und brutto nach unten (Gegenstrahlung,
324) verlassen. Sie stehen im Verhältnis
f = 324/195 = 1,66154 ∼ 1,66.
Nun stellt sich aber auch f = 390/235 ∼ 1,66 heraus. Und da 324 = 390 – 66 sowie
195 = 235 – 40 ist, ergibt sich nebenbei auch 66/40 ∼ 1,66.
Wenn nun TEB = 273 + 15 = 288 °K die Temperatur (im Falle des Natürlichen THE) ist, bei
welcher der Erdboden die Strahlungsleistung 390 abgibt, dann entspräche der
Strahlungsleistung 235 (im hypothetischen Bezugsfall, von dem aus die Wirkung des
Natürlichen THE bekanntlich beurteilt wird) eine Temperatur am Erdboden von
∼ 255 °K = - 18 °C. Aus Plausibilitätsgründen fragen wir nach der Höhe z, in welcher – 18 °C
als mittlere Temperatur in der Atmosphäre auftritt. Aus dem am Ende von Abschnitt 3.1
Gesagten folgt – in mittlerer Betrachtungsweise – für den troposphärischen T-Verlauf:
T ∼ TEB + (dT/dz) ∗ z ,
also T ∼ 15°C – 6,5 ∗ z ,
mit z in km eingesetzt.
Mit T = -18 °C ergibt sich z = 33/6,5 = 5,1 km. Literaturwerte zu z liegen zwischen 5 und
6 km. Dies ist im Sinne einer mittleren Betrachtung (wie sie sich ja in Bild 11 widerspiegelt)
plausibel. Eine solche Betrachtung bezieht sich [W. Roedel] auf das energetische Mittel über
den gesamten thermischen Spektralbereich und ist in diesem Sinne richtig. Die wahren
Verhältnisse sind jedoch differenzierter zu betrachten; Zitat: „Im Detail ist die Erde (mit ihrer
Atmosphäre) keineswegs ein homogener Schwarzer Strahler, sondern zeigt in
unterschiedlichen Wellenlängen-Bereichen ausgeprägte Unterschiede in der Herkunftshöhe
der Strahlung und in der Strahlungstemperatur“.
Hierzu eine letzte Anmerkung: In einigen Publikationen zum Klimawandel (zumal in solchen,
die sich „amtlicherseits“ in populärwissenschaftlicher Diktion an ein breiteres,
verständniswilliges Publikum wenden) wird so getan, als ob die nach außen in den Weltraum
gerichtete IR-Abstrahlung des Systems tatsächlich nur von einer bestimmten Höhe z aus
erfolgen würde. Aber das wiederum ist, das heißt ohne die obigen Einschränkungen zu
nennen, nicht richtig.
Z
[km]
(nach: R. Hippler, Universität
Greifswald „AtmosphärenPhysik SS 2005“)
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