Methoden aus dem Mittelalter

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HORIZONT 31/2014
PRAXIS 19
31. Juli 2014
Mehr Umsatz, weniger Kosten
Zustand der Marketingplanung in den Unternehmen
Auswirkungen von besseren Planungsprozessen
Von Michael Reidel
D
ie Zahl hat es in sich: Bis zu 80
Prozent der Unternehmen
hierzulande haben Nachholbedarf bei ihrer Marketingplanung. Das ist eines der Kernergebnisse
einer Analyse der Münchner Managementberatung Keylens, an der Teradata
als Kooperationspartner beteiligt gewesen war. Das Ergebnis erstaunt erst mal,
gehört doch die Return-on-InvestmentDiskussion zum Standardprogramm auf
Branchentagungen. „Für die Unternehmen ist das ein absolutes Schmerzthema“, sagt Jörg Meurer. Doch der Managing Partner bei Keylens Management
Consultants weiß auch, dass sich hier seit
über zehn Jahren außer Bekundungen
„Wir müssen ran an das Thema“ wenig
getan hat. Die Folgen sind derweil dramatisch. Insgesamt investieren die Unternehmen zwischen 80 und 100 Milliarden
Euro ins Marketing. Bis zu 30 Milliarden
könnten, so die Annahme, dabei ineffizient allokiert sein. Dafür gibt es drei
Hauptursachen. Zum einen die Flut der
Kanäle. Laut der Analyse nutzen die Unternehmen heute im Schnitt sieben Gattungen, um den Kunden zu erreichen.
Zum Zweiten: überalterte Tools. „Die gesamte betriebswirtschaftliche Forschung
hat bis heute keinen substanziellen Beitrag zu einer besseren Allokation und
Messung von Marketingbudgets vorgelegt“, kritisiert Meurer. Das führt dazu,
dass statt moderner Analysewerkzeuge
sehr oft das gute alte Excel-Sheet den Planungsprozess beherrscht. Und dadurch
keiner so genau weiß, was der andere
macht. „In den Unternehmen herrscht
wenig abteilungsübergreifende Transparenz über den Einsatz der Budgets“, sagt
Projektleiterin Vera Bornemann. Hinzu
kommt: Oftmals unterbleibt eine Verknüpfung der Marketingpläne mit denen
des Unternehmens. Statt etwa von Mengen- und Umsatzzielen zu sprechen, redet
das Marketing von Awareness. Nur ist das
eine Größe, die außerhalb der Disziplin
kaum ein Entscheider versteht. Meurer
fordert deshalb ein Umdenken bei den
Vermarktungsspezialisten: „Für die Werthaltigkeit des Marketings ist nicht die
Messbarkeit der Maßnahmen entscheidend, sondern Zielsetzung, Planung und
Budgetierung.“
Angaben in Prozent
Angaben in Prozent
Kosteneinsparpotenzial*
gut
Umsatzsteigerungspotenzial**
20
0 Prozent
über 7,5 Prozent
10
41
bis 10 Prozent
Nachholbedarf
80
bis 20 Prozent
Quelle: Keylens
HORIZONT 31/2014
Bittere Pille: Gerade mal jedes fünfte Unternehmen verfügt nach der
über 20 Prozent
8
bis 7,5 Prozent
21
bis 5 Prozent
Marketingbudgets: KeylensAnalyse deckt Schwächen in
der Etatplanung auf / Kaum
systematisches Vorgehen
FOTO: APOPS / FOTOLIA
Methoden
aus dem
Mittelalter
Viele Hausaufgaben
6
bis 5 Prozent
25
bis 2,5 Prozent
16
0 Prozent
12
59
2
* Frage: Welches Einsparpotenzial halten Sie bei systematischer und langfristiger Planung
des Marketing- und Kommunikationsbudgets für erreichbar?
** Frage: Bei angenommener optimaler Verwendung Ihres derzeitigen Budgets,
welche Umsatzsteigerung würden Sie für möglich halten?
Keylens-Untersuchung über eine gute Marketingplanung. Der Rest hat gewaltigen
Nachholbedarf, unter anderem in der systematischen Ermittlung des richtigen
Budgetsplits, der effizienten Allokation und der Wirkungsanalyse des MarketingMix. Dabei ist richtige Planung die Grundlage für einen guten Return on Investment.
Quelle: Keylens
HORIZONT 31/2014
Planungseffekte: Warum es sich lohnt, sich intensiver mit seinem
Marketingbudget jenseits aller Messbarkeitsfragen zu beschäftigen, zeigen vor allem
zwei Ergebnisse eindeutig: Fast 70 Prozent erwarten durch eine optimierte Planung
Kostensenkungen von mindestens 5 Prozent. Rund 40 Prozent der Teilnehmer
glauben, dass sich der Unternehmensumsatz um mehr als 2,5 Prozent steigern lässt.
Dezentralisierung als Erfolgsgrundlage
Maßnahmen, die in den vergangenen fünf Jahren zu mehr Effizienz
bei der Allokation geführt haben
Erfolgreiche Unternehmen*
Durchschnittliche Unternehmen*
98
Dezentralisierung (Delegation)
3
Kundenzentrierte Planung
96
Verbesserte IT-Struktur
3
Allokation von Marketingbudgets nach ...
95
Qualifikation der Mitarbeiter
verbessert
Erfolgreiche Unternehmen*
95
95
Zeiträumen
86
Spezialisierung der Mitarbeiter
35
95
Themen/Kampagnen
83
Verbesserte Freigabestrategien
75
34
95
Produktgruppen
4
Höhere Dispositionsspielräume
67
2
Zentralisierung
3
Flexiblere Arbeitszeiten/-inhalte
2
2
85
Maßnahmen (Print, Online)
98
89
78
Kundengruppen
33
78
Sales Funnel
*Zustimmung in Prozent der Unternehmen, die ihre Planung als erfolgreich (35 Prozent) /
weniger erfolgreich bis durchschnittlich (65 Prozent) einschätzen
Quelle: Keylens
investieren kontinuierlich in ihre IT-Struktur und moderne Marketing-Software.
Hilfreich für eine effizientere Budgetallokation ist aber zunächst ein anderer Schritt:
die Priorisierung von Kennzahlen. Das ist wichtig, wenn das Marketing seinen
Beitrag zur Wertsteigerung eines Unternehmens belegen will. Die Spitzenkennzahlen
sollten dabei so gewählt sein, dass diese von Vorständen und Geschäftsführungen
jederzeit nachvollzogen werden können.
Knapp die Hälfte optimiert nicht
Systematische Ermittlung des Marketingbudgets
Angaben in Prozent
20,0
Trifft zu
7,3
23,6
Trifft teilweise zu
12,7
36,4
Quelle: Keylens
25
Standorten
Vertriebskanälen
Trifft keinesfalls zu
33
5
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Hilfsprogramme: Ohne IT geht es nicht. Erfolgreiche Unternehmen
Trifft vollkommen zu
Durchschnittliche Unternehmen*
67
Trifft eher nicht zu
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Die Untersuchung
Kaum Änderungen: Wenn es jetzt wieder im Marketing in die
Für ihre Analyse „Marketingplanung und Organisation“
hat die Münchner Management- und Strategieberatung
Keylens 40 Marketingleiter
sowie Mitglieder der Unternehmensführung großer und
mittelgroßer Firmen in
Deutschland telefonisch
befragt. Zudem haben die
Berater ein Benchmarking aus
Keylens-Projekten vollzogen.
Budgetplanungen für das kommende Jahr geht, werden viele Unternehmen ihre
Pläne aus dem Vorjahr einfach fortschreiben. Nur knapp ein Drittel ermittelt systematisch die Höhe des optimalen Budgets. Dadurch risikieren die Entscheider allerdings, dass die Investitionen nicht ihre volle Wirkung entfalten können. Warum es
nur zu wenigen Anpassungen kommt? Fehlende Analysewerkzeuge, wenig Transparenz im Marketing. „Social Media weiß beispielsweise häufig nicht, was die
restliche Kommunikation macht“, kritisiert Keylens-Beraterin Vera Bornemann.
3
3
*Zustimmung in Prozent der Unternehmen, die ihre Planung als erfolgreich (35 Prozent) /
weniger erfolgreich bis durchschnittlich (65 Prozent) einschätzen
Quelle: Keylens
Aussteuerung:
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In einem unterscheiden sich erfolgreiche Unternehmen
von weniger erfolgreichen ganz deutlich. Sie allokieren Budget nach Kundengruppen und entlang des Sales Funnel. Zentrale Frage dabei ist: Wie viel Marketingspendings pro Neukunde und pro Bestandskunde muss ein Unternehmen aufwenden? Diese Marketingproduktivität ist eine Kennzahl, die dem CEO und seinem
Finanzvorstand bei der Bewertung von Maßnahmen helfen.
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