Zentralplus Blick von der Bar in Richtung Restaurant. (Bild: lwo) Restaurant-Test: Anker Luzern Im neuen «Anker» sind nicht nur die Karotten «funky» 9min Lesezeit 23.12.2016, 13:52 Uhr New York meets Lucerne: Nach zwei Jahren Umbau ist das geschichtsträchtige Hotel Restaurant Anker am Pilatusplatz innen nicht mehr wiederzuerkennen. Vor lauter Staunen über die trendige Inneneinrichtung gerät das Essen fast in den Hintergrund. Auf Visite im «Duzis»- und Unisex-WC-Restaurant. Hoppla! Wer das alte Restaurant Anker am Pilatusplatz kannte, wird einigermassen überrascht sein vom neuen. Und zwar, das darf mit grosser Gewissheit vorausgesagt werden, äusserst positiv. Vom alten Mief ist rein gar nichts mehr geblieben. Der Architekt Martin Polzer hat ganze Arbeit geleistet und eine flotte Mischung aus alt und modern hingekriegt. Während an der Decke die freigelegten Abluftrohre einen hippen Industriecharme versprühen, sind die Wände, ebenfalls sehr trendy, auf halbfertig getrimmt. Farblich stechen auf einer Seite grüne Sitzpolster und im hinteren Teil ein blaues «Abteil» hervor. Die originellen Deckenlampen leuchten den hohen Raum angenehm dezent aus. So kommts raus, wenn sich ein Innenarchitekt austoben kann. (Bild: Hotel Anker) Bewegte Geschichte Zwei Jahre hat die neue Besitzerin Remimag unter den Geschäftsleitern Bastian und Florian Eltschinger in den Umbau des geschichtsträchtigen Hotels samt Restaurant investiert. Das Familienunternehmen Remimag betreibt 15 Hotel-Gastrobetriebe und führt seit Januar 2015 auch die Gamag Management AG mit 14 weiteren Betrieben. Vor wenigen Tagen fand nun die Eröffnung des 1914 erbauten, ehemaligen Volkshauses am Pilatusplatz statt. Lange Zeit war dies der Sitz der Zentralschweizerischen Arbeiterbewegung, die Genossen hielten dort immer ihre Parteiversammlungen ab. Der Pilatusplatz auf einer älteren Aufnahme. (Bild: Bild: Webseite Anker) «Crunchy Zwiebeln» und «funky Karotten» Fünf Mittagsmenüs stehen, nebst der offiziellen Speisekarte, bei unserem Besuch zur Auswahl. Alle kosten zwischen 20 und 40 Franken. Zum Preis gehören immer eine Kartoffel-Lauch-Suppe sowie Salat aus der Schüssel. Wir bestellen den, ebenfalls angesagten, Pulled Pork Burger mit Barbecue-Sauce, Essiggurken, karamellisierten Apfelscheiben, «crunchy Zwiebeln» und Kartoffeln. Zwar hätten uns auch die «funky Karotten» samt Bratwurst interessiert, aber irgendwo muss man ja mal anfangen. Blick durch das Restaurant zu den Fenstern an der Pilatusstrasse. (Bild: lwo) Die angenehm kurze Wartezeit nutzen wir, um die vielen schmucken architektonischen und dekorativen Details des mit rund 80 Plätzen voll besetzten Restaurants zu bestaunen. Und von diesen Details gibt’s jede Menge, von der offenen Küche samt Grill über die kreativ gestalteten Fenster bis zum heiss diskutierten, weil in Luzern eigentlich nicht erlaubten Unisex-WC. Hier hat wirklich alles Stil. Die sonst in Beizen unübliche Du-Kultur, die die Remimag-Mitarbeiter im «Anker» pflegen, fällt uns gar nicht auf. Mit einem «Grüezi» zur Begrüssung, und «Was darf’s denn sein?» umschifft unser Personal das Duzen teilweise elegant. Originell serviert Nach der Suppe (lecker, gut gewürzt) und dem Salat (prima, vielseitiger Mix) folgt der Burger. Dieser wird nicht auf einem Teller serviert, sondern auf einem Holztablett, in das eine vorgewärmte Platte eingelassen ist. Das Ganze sieht nicht nur gut aus, sondern schmeckt auch ausgezeichnet. Frisch, knackig, saftig – hipphipp Hurra. Auch am abschliessenden Latte Macchiato gibt’s nichts zu meckern. Der Pulled Pork Burger, serviert auf einem Tablett. (Bild: lwo) In der À-la-carte-Speisekarte dominieren Fleischgerichte vom sogenannten «Josper-Grill», was gemäss Beschrieb eine «elegante Kombination aus Grill und Backofen» ist. Auch Fischgerichte sowie drei vegetarische Menüs und jede Menge Beilagen stehen zur Auswahl. Wer mal so richtig klotzen will, bestellt ein 350-Gramm-Rib Eye. Kostenpunkt: 58 Franken. Auch Weinliebhaber kommen auf ihre Kosten. Für Budgetbewusste dürfte der «Anker» aber kaum zur ersten Adresse werden. Der Burger inklusive Suppe und Salat kostet 28.50 Franken, das Cola 5 und der Kaffee 6 Franken. Macht total knapp 40 Stutz. Die Sache mit dem Duzen wird zwar weniger vom Servicepersonal, dafür auf der Rechnung ausgiebig gelebt: «Für Dein Wohl sorgt …», «Wir freuen uns auf Dich» und «Besten Dank für Deinen Besuch» steht da – spätestens bei der nächsten Visite sollte das Du also Siet... sitzen. Eine Reservation für 15 Minuten? Kleines Detail am Rande: Wer online einen Tisch reservieren will, merkt rassig, wie geschäftstüchtig die neuen Besitzer unterwegs sind. Unter anderem muss man nämlich angeben, wie lange man am Tisch sitzen bleiben will. Die Auswahl: 15, 30 oder 45 Minuten. Länger geht’s nicht. Clever: So können Tische auch zwei oder drei Mal vergeben werden. Aber: Ein flotter Jass oder eine ausgiebige Zeitungslektüre danach? Nicht am Mittag, nicht im «Anker». Jedoch hat es im vorderen Teil der Beiz eine Lounge mit Zeitungen. In der Lounge liegen diverse Zeitungen auf. Wir machen den Test aufs Exempel, bleiben demonstrativ eine gute Stunde sitzen und warten gespannt darauf, freundlich aber bestimmt zum Gehen aufgefordert zu werden. Doch nichts passiert. Ist auch besser so. «Fast Food» und «Anker» – das passt nicht zusammen. Zufrieden trollen wir von dannen. Das neue Schmuckstück am Pilatusplatz, wir sind uns einig, ist speziell aus innenarchitektonischer Sicht eine Bereicherung für die Stadt. Preis/Leistung 40 Franken für unser Mittagsmenü samt Getränken, Salat und Suppe geht in Ordnung. Wer’s günstiger mag, findet über den Mittag auch Gerichte um die 20 Franken. An der Qualität gibt’s nichts zu stänkern. **** von ***** Service Es war nicht die überbordende Lebensfreude, die uns bedient hat, aber die Bedienung war freundlich, korrekt, hilfsbereit. Dass es beim Zahlen etwas längert dauert, wenn das Haus voll ist, gehört dazu. *** von ***** Ambiente Schlicht eine Wucht! Etwas Vergleichbares gibt es in Luzern vermutlich nicht. Die Innenarchitekten haben ganze Arbeit geleistet. ***** von ***** Online-Faktor Auf der Webseite finden sich alle Infos samt schöner Bilder. Etwas irritierend ist einzig, wie oben erwähnt, die maximale Reservationsdauer von 45 Minuten. Mit Blick auf die speziell langen Öffnungszeiten am Freitag und Samstag (bis 2 Uhr) können ziemlich sicher immerhin die «Spätesser» gemütlich sitzen bleiben. **** von ***** Öffnungszeiten Sonntag bis Donnerstag von 6.30 bis 24 Uhr, Freitag und Samstag von 6.30 bis 2 Uhr. Kontakt Hotel Restaurant Anker Pilatusstrasse 36 6003 Luzern Tel.: 041 220 88 00 E-Mail: [email protected]