Wissen Hat Wasser ein Gedächtnis? Ein Streit unter Forschern oder ein Wissenschaftskrimi? Im Gespräch mit Homöopathen, Heilpraktikern und Alternativmedizinern ist immer wieder die Rede von „heilenden Informationen“, die gutes Wasser an den Körper vermitteln kann. Innerhalb der „harten“ Wissenschaft ist die These vom Gedächtnis des Wassers allerdings heftig umstritten und dem französischen Forscher Jacques Benveniste hat diese These sogar einen Karriereknick beschert, der sich wie ein Wissenschaftskrimi liest. Der renommierte Wissenschaftsjournalist Ulrich Schnabel schreibt dazu in seinem im November 2003 in der ZEIT erschienenen Beitrag „Verdünnte Wahrheit“: „Der Streit um das Gedächtnis des Wassers beginnt 1988 mit einem Paukenschlag. In der Zeitschrift Nature beschreibt der Immunologe Jacques Benveniste, Abteilungsleiter des staatlichen französischen Instituts INSERM, seine Versuche mit hoch verdünnten Flüssigkeiten. Diese könnten dann noch eine Wirkung auf Blutkörperchen erzielen, wenn in ihnen kein einziges Wirkstoff-Molekül mehr nachweisbar sei. „All das geschieht so“, sagt Benveniste, „ als ob sich das Wasser daran erinnere, einmal ein Mole26 Fotos ©:Corel / lucas - FOTOLIA Hat Wasser ein Gedächtnis oder nicht? Der Streit um ein Stück Wahrheit liegt mittlerweile in einer Endlosschleife. Hier die Skeptiker und Kritiker aus den Reihen der Wissenschafts-Communitys, dort die Wasserforscher der Gruppe der „Alternativen“, zu denen Homöopathen, Erfahrungsmediziner und Heilpraktiker gehören. Der Vorhang des Bühnenstücks scheint für die einen gefallen, während die anderen nicht loslassen, das Wassergedächtnis immer wieder mit neuen Belegen zu versehen. Wer hat nun Recht? Oder worum geht es eigentlich? kül gesehen zu haben.“ Homöopathen in aller Welt jubeln. Endlich scheint ein angesehener Forscher das Prinzip ihrer Lehre zu beweisen: „Hoch potenziertes Wasser“ ohne erkennbare Inhaltsstoffe kann biologische Wirkung erzielen. Doch dann reist der Nature-Chefredakteur John Maddox mit dem Zauberkünstler James Randi und dem Fälschungsexperten Walter Stewart nach Paris, um die Experimente zu überprüfen. Das Trio fördert Ungereimtheiten in der Führung der Laborbücher zutage und kommt zu dem Schluss, dass „die Art und Weise, wie die beschriebenen Versuche ausgeführt wurden, die Schlussfolgerungen nicht zulassen““. Soweit die ZEIT. Unterstützung für Benveniste – ein Nullsummenspiel? „Es wurde gelogen, gefälscht und betrogen von diesen Herrschaften“, so kommentiert der Wasserexperte Dr. René Hirschel die Aktivitäten des Expertenteams. In seinem Buch „Das Gedächtnis des Wassers“ beschreibt der Physiker Michel Schiff den Her- gang des Geschehens so, wie er es erlebt hat: Das Nature-Team habe nach einer Reihe erfolgreicher Experimente die Geduld verloren, selbst direkt in den Versuchsablauf eingegriffen und zudem auf die Experimentatoren Druck ausgeübt. „Das waren wohl kaum Bedingungen, unter denen schwierige Experimente gelingen“, so Schiff. Für die Repression in der Wissenschaft hat Schiff folgende Erklärung: „Wissenschaftlich beschreibt Benveniste Beobachtungen, die mit den derzeit anerkannten Theorien nicht erklärt werden können.“ Doch alle Fürsprecher nutzten Benveniste nichts: Innerhalb der wissenschaftlichen Community war sein Ruf ruiniert. Bis zu seinem Tod im Jahr 2004 wehrte sich Benveniste mit aller Energie gegen die schweren Vorwürfe. Dennoch wurde seine Abteilung im INSERM geschlossen. Benveniste setzte seine Arbeiten in einem Privatlabor fort und widmete seinen Forscherdrang der reinen „molekularen Information“. Er zeichnete die elektromagnetische Strahlung molekularer Lösungen digital auf und spielte sie anschließend über einen Computer mit Praxis Magazin 6 / 2012 Wissen Auch Professor Popp bestätigt die Thesen von Benveniste Auf dem zehnten Symposium der „Deutschen Gesellschaft für Energetische und Informationsmedizin“ (DGEIM) Mitte Oktober 2008 in Heidelberg schließlich berichtete der renommierte Physikprofessor Fritz-Albert Popp von Experimenten, die Professor Benveniste mit seiner These vom Gedächtnis des Wassers rehabilitieren. Für diese Experimente benutzen Popp und sein Team so genannte Dinoflagellaten, also Meeresalgen, die durch Biolumineszenz leuchten können. Diese organischen Indikatoren konfrontierte er mit zweierlei Wasser: „unverschütteltem“ und „verschütteltem“ Wasser. Die Verschüttelung ist bekanntlich die Methode der Homöopathie, um durch schnelle, harte Stöße Informationen im Wasser weiterzugeben und zu potenzieren. Die These Popps: Sollten die Dinoflagellaten durch stärkeres Leuchten auf das verschüttelte Wasser reagieren, dann könne man davon ausgehen, dass Wasser ein Gedächtnis besitzt. Die Dauer des Leuchtens würde Hinweise auf die Gedächtniszeit des Wassers geben. Über mehrere Monate hinweg führten Popp und sein Team die Versuche mit den Dinoflagellaten durch. Und tatsächlich: Bei den Praxis Magazin 6 / 2012 Dinoflagellaten ließ sich eine Gedächtniszeit von mindestens zehn Minuten nachweisen, was nach Einschätzung Popps „eine extrem lange Zeit“ ist. Damit ist Jacques Benveniste zumindest mit den Worten von Professor Popp „rehabilitiert“. Aber in der Wissenschafts-Community bleiben die Zweifel weiter erhalten. Der Streit um die besondere Eigenschaft des Wassers ist noch längst nicht beendet. Emotos Photos ohne Anspruch auf Wissenschaftlichkeit? Mitte der 1990er Jahre trat der japanische WasserForscher Masaru Emoto mit Kristallbildern von gefrorenem Wasser seinen Siegeszug rund um die Welt an. Bei seinen Experimenten wird Wasser tropfenweise in Schalen gefüllt und bei minus 25 Grad Celsius gefroren. Die entstandenen Kristalle werden bei minus 5 Grad Celsius unter dem Mikroskop bei 200facher Vergrößerung fotografiert. Dabei zeigen sich erstaunliche Phänomene: Je nachdem, welchen Einflüssen das Wasser vor dem Fotografieren ausgesetzt wird, verändern sich die Kristalle. Selbst Wörter können laut Emoto die Struktur des Wassers verändern. „Durch meine Forschungsarbeit bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass Wasser sechseckige Kristalle zeigt, sobald eine energetische Information friedvoll und konstruktiv ist. Ist die Kristallstruktur zerstört, kann man auf eine raue, zerstörerische Kraft schließen“, so Emoto. Negative Wörter wie Pech oder Dummkopf führen zu schwachen, unharmonischen oder zerrissenen Eiskristallen. Positive Wörter wie Liebe, Danke oder Glück hingegen führen zu harmonischen Kristallen von hoher Ästhetik. Der große Verdienst von Emoto liegt darin, einem großen Publikum das Thema „Wassergedächtnis“ nahe gebracht zu haben. „Glücklicherweise brauchten die etablierten Wissenschaftler Emotos Arbeiten nicht allzu ernst nehmen, denn der Autor bekannte ausdrücklich, dass er selbst lediglich empirisches Mate- Dr. Masaru Emoto, japanischer Wasserforscher, ist sich sicher: Wasser hat ein Gedächtnis. rial gesammelt habe, dies aber nicht unter streng wissenschaftlichen Versuchsbedingungen. Das heißt konkret: Seine Experimente können nicht wiederholt werden und haben damit keinerlei Beweiskraft. Auch von einem wissenschaftlichen Erklärungsansatz für seine Befunde ist keine Rede“, so wertet der Wissenschaftsautor Felix Paturi die Ergebnisse Emotos. Aber ganz stimmig scheint diese Aussage nicht zu sein: In den USA und in asiatischen Ländern werden Emotos Arbeiten durchaus positiv bewertet. Nicht nur von Freunden, sondern auch und gerade von Vertretern der hohen Wissenschaft. Walter Ohler, Andrea Tichy Das Buch zum Beitrag Andrea Tichy Lebendiges Wasser – Quell der Gesundheit Die Wasser-Apotheke mit ausklappbarer Frequenz-Tabelle, 200 Seiten, 17 x 23,5 cm, ca. 180 Farbfotos, Quell-Edition, Frankfurt 2009 ISBN 978-3-9812667-0-2, € 19,90 27 Fotos ©: Emoto Peace-Prohect / Imst Tourismus Soundkarte reinem, unbehandeltem Wasser vor. Er war davon überzeugt, Wasser könne wie eine Art Tonband die Information der Moleküle speichern. Benveniste erklärt es damit, dass jedes Molekül ein elektromagnetisches Signal sendet, das auch dann erhalten bleibt, wenn das Molekül nicht mehr vorhanden ist. Die Versuche des Physikers und Nobelpreisträgers Georges Charpak, gemeinsam mit Benveniste die von ihm postulierten „elektromagnetischen Molekülinformationen“ (electromagnetic signals) nachzuweisen, führten allerdings zu keinem Ergebnis.1997beauftragtediefranzösische Tageszeitung Le Monde seinen Reporter Eric Fottorino damit, die Wahrheit um Benvenistes Versuche endgültig ans Licht zu bringen. Doch auch dieser kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis: Die Betrugsvorwürfe gegen Benveniste seien allerdings nicht eindeutig belegt.