Bakterien testen ihre «Fitness» an Medikamenten

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17. August 2007
Bakterien testen ihre «Fitness» an Medikamenten
Erreger von Lungenentzündungen reagieren unterschiedlich auf Penicillin und testen damit
ihre bestmögliche Resistenz gegen das Arzneimittel. Die Berner Infektiologinnen Kathrin
Mühlemann und Brigitte Morand sind diesen «Fitnesstests» in Bakterienstämmen auf der
Spur. Die Studie wurde in den «Proceedings of the National Academy of Sciences» publiziert.
Die Lungenentzündung ist die weltweit häufigste zum Tod führende Infektionskrankheit. Sie wird in
der Regel mit Penicillin oder Breitbandantibiotika behandelt. Der wichtigste bakterielle Erreger,
Streptococcus pneumoniae, hat gegen Penicillin bereits seit Jahrzehnten eine Resistenz entwickelt
und diese erfolgreich über die ganze Welt verbreitet. Wie eine solche Resistenz genau entsteht, ist
erst bruchstückhaft bekannt. Eine wichtige Rolle könnte laut Kathrin Mühlemann, Professorin am
Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern, die sogenannte Heteroresistenz spielen. Bei
einem heteroresistenten Bakterienstamm sind über 90 Prozent der Bakterien zwar empfindlich
gegen ein Medikament wie Penicillin, doch ein geringer Teil der Bakterien bildet eine resistente
«Subpopulation». Dies macht solche Stämme gefährlich, weil sie fälschlicherweise leicht als Penicillin-sensibel eingestuft werden, die «Subpopulationen» aber überleben und zu einem späteren
Zeitpunkt erneut eine Infektion auslösen können.
Einblicke in die Evolution von Bakterien
Für die Studie haben Mühlemann und Morand Streptokokken-Stämme mit unterschiedlichen Resistenzen aus 16 Ländern – von der Schweiz bis nach Taiwan – untersucht. In sieben dieser Stämme wurden die gefährlichen «Subpopulationen» entdeckt. Diese waren genetisch identisch mit
dem Rest der Bakterienpopulation, das heisst sie hatten keine zusätzlichen mutierten Gene aufgenommen. Die Resultate ermöglichen Einblicke in die Evolution von Resistenzen: «Die Heterore-
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sistenz erlaubt sozusagen eine Testphase – damit kann der Mikroorganismus trotz Antibiotika mit
Wachstum experimentieren» erklärt Mühlemann. Die Forscherinnen vermuten, dass das Experimentieren für Bakterien von Vorteil sei, weil sie so nicht gezwungen wären, ein neues Gen aufzunehmen. Eine solche Gen-Mutation würde die Bakterien zuerst schwächen, da das neue Gen erst
in ihren Stoffwechsel aufgenommen werden müsste. Im Gegensatz dazu ermögliche die Heteroresistenz den Bakterien ein Ausloten ohne Nachteil für ihre «Fitness»: «Es ist, als ob man einen
Anzug zum Anprobieren nach Hause nehmen könnte, ohne dafür schon bezahlen zu müssen»,
beschreibt Mühlemann den Vorgang. Ein besseres Verständnis dieser Prozesse könnte der Bekämpfung von Resistenzen bei Krankheitserregern dienen.
Quellenangabe: Brigitte Morand and Kathrin Mühlemann, Heteroresistance to penicillin in Streptococcus pneumoniae, Proceedings of the National Academy of Sciences, Early Edition.
doi/10.1073/pnas.0702377104
Bildlegende:
Resistenztest von Streptococcus pneumoniae für Penicillin. An der Grenze des grünlichen Bakterienrasens sind einzelne kugelförmige Bakterienkolonien zu sehen, welche in den roten bakterienfreien Hof (Region mit hoher Penicillinkonzentration) einwachsen. Diese «Subpopulationen» weisen eine höhere Resistenz auf – der Bakterienstamm ist somit heteroresistent.
Bild: Institut für Infektionskrankheiten, Universität Bern.
Download unter: http://www.unibe.ch/ /medien/mitteilungen/news/2007/heteroresistenz.html
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Kathrin Mühlemann
Institut für Infektionskrankheiten
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