Materialmappe - Staatstheater Braunschweig

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Junges Staatstheater Braunschweig
Spielzeit 2014/2015
www.staatstheater-braunschweig.de
[email protected]
Tel. (0531) 1234 542
»Die Klimakonferenz«│12+
Theatrale Installation
Uraufführung
Materialmappe
Was ist der Unterschied zwischen Klima und Wetter? Wie viel CO2 in der
Atmosphäre sind 350 ppm-äqu? Was ist das 2-Grad-Ziel? Was hat der
Mensch mit dem Klimawandel zu tun? Habe ich mit meinem alltäglichen
Konsumverhalten Einfluss auf den Klimawandel? Warum kommt ständig der
Eisbär auf der einsamen Scholle daher geschwommen, wenn es um den
Klimawandel geht?
»Klima = Wetter...Oder?«
2-Grad-Ziel, Wetter, Klima, Pole schmelzen. Wird es jetzt wärmer? Oder
kälter? Oder beides?
Zum Thema Klimawandel haben alle etwas zu sagen, denn es ist
omnipräsent: in den Medien, in der Politik und auch in der Schule. Laut der
Shell Jugendstudie 2010 nennen 76% der jungen Menschen den Klimawandel
ein wichtiges Zukunftsthema.
Während den Vorbereitungen zu dieser Inszenierung haben wir festgestellt,
dass unser Wissen zum Klimawandel nur zu einem begrenzten Teil ausreicht,
um daraus eine ›theatrale Installation‹, die wir »Die Klimakonferenz« nennen,
zu erarbeiten.
Wir danken daher dem Institut für Geoökologie, Klimatologie und
Umweltmeteorologie der TU Braunschweig für ihre Kooperation und
Unterstützung für diese Inszenierung. Im Rahmen des Seminars »Science
meets Theatre« haben wir über zwei Semester die inhaltliche Dimension der
Produktion eingegrenzt. Das erarbeitete Material finden Sie hier in der Mappe.
»Die Klimakonferenz« lädt junge Menschen ab 12 Jahren ein, sich mit den
Mitteln des Theaters mit den Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels
auseinanderzusetzen, ein Bewusstsein für den Einfluss des Menschen darauf
zu entwickeln und Möglichkeiten zu erdenken, im Alltag darauf zu reagieren.
In dieser Materialmappe befinden sich inhaltliche Anregungen und Aufgaben
zur Vor- und Nachbereitung Ihres Theaterbesuchs.
Wir wünschen viel Freude bei dem Theaterbesuch und hoffen, dass der
Besuch neue Eindrücke liefert. Anregungen zur Gestaltung und zum Inhalt der
Materialmappe nehmen wir dankend entgegen.
Thiemo Hackel, Kathrin Simshäuser & Carsten Weber
für das Junge Staatstheater Braunschweig
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
2
Ralph Kinkel
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
3
Kontakte
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Tel. (0531) 1234 542
Leiter Junges Staatstheater
[email protected]
Tel. (0531) 1234 521
Dramaturgie & Organisation
[email protected]
Tel. (0531) 1234 542
Dramaturgie
[email protected]
Tel. (0531) 1234 524
Theaterpädagogik
[email protected]
Tel. (0531) 1234 541
Theaterpädagogik
[email protected]
Tel. (0531) 1234 504
Herausgeber Staatstheater Braunschweig,
Am Theater, 38100 Braunschweig
Generalintendant Joachim Klement
Leiter Junges Staatstheater Andreas Steudtner
Redaktion und Gestaltung Sascha Bertram, Marina Fabry, Lisa Hennig,
Manina Herden, Maria Hinz, Janko Löbig, Marcus Schiedung, Stefanie
Wöhler, Kathrin Simshäuser, Carsten Weber, Thiemo Hackel, Laura
Wübbenhorst
Fotos Volker Beinhorn
Redaktionsschluss 13.06.2015
Änderungen vorbehalten
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Anja Dreischmeier, Anja Signitzer, Ralph Kinkel, Esther Jurkiewicz, Nikolaij Janocha
Ravi Marcel Büttke, Anja Signitzer, Anja Dreischmeier
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Besetzung
Künstlerische Leitung Andreas Steudtner
Bühne & Kostüme Katharina Lackmann
Dramaturgie Kathrin Simshäuser
Theaterpädagogik Thiemo Hackel
von und mit
Ravi Marcel Büttke, Anja Dreischmeier, Thiemo Hackel, Nikolaij
Janocha, Esther Jurkiewicz, Ralph Kinkel, Luca Schoos Neves, Anja
Signitzer, Kathrin Simshäuser, Carsten Weber
sowie Marina Fabry, Manina Herden, Jannik Heusinger, Janko Löbig vom
Institut Geoökologie der TU Braunschweig
Regieassistenz & Spielleitung Esther Jurkiewicz Hospitanz Luca Schoos
Neves (Regie & Dramaturgie) Produktionsassistenz Karin Haberich, Marzieh
Sargaran, Christine Wagenleiter Musikalische Einstudierung Carl Philipp
Fromherz Ausstattungsleitung / Technische Direktion Ralf Wrobel Ton-,
Bühnen- & Beleuchtungstechnik Jens Hanking, Katharina Höffert, FrankWolfgang Rosenthal Videoschnitt Gregor Dobiaschowski Leitung Requisite
Sascha M. Kaminski Leitung Kostümabteilung Ernst Herlitzius Leitung
Maskenabteilung
Nicolas Guth Maske Lisa Widdeke Leitung
Ausstattungswerkstätten Petra Röder Produktionsingenieur Stephan
Busemann Leitung Malsaal Sonja Bähr Leitung Tischlerei Peter Kranzmann
Leitung Schlosserei Armin Zühlke Leitung Deko- & Möbelabteilung Axel
Schneider
Premiere 13. Juni 2015 im Haus Drei
Aufführungsdauer ca. 150 Minuten, inkl Workshop
Aufführungsrechte Junges Staatstheater Braunschweig
»Den Klimawandel aufhalten?
Die Welt retten?
Wir müssen in diese Richtung!«
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Nikolaij Janocha, Ralph Kinkel, Anja Signitzer, Luca Schoos Neves, Anja Dreischmeier
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Einführung
Klimaänderungen der letzten Jahre
Seit die Erde existiert kommt es zu Klimaschwankungen. Dabei kam es immer
wieder zu einem Wechsel zwischen sich Kalt- und Warmzeiten (siehe
Abbildung 1). Zurzeit befinden wir uns im seit circa 11.000 Jahren
andauernden Holozän, einer Warmzeit nach der Weichselkaltzeit. Diese hatte
vor ca. 8000 Jahren ihren Höhepunkt (Klimaoptimum) erreicht, wonach bis
zum Beginn der Industrialisierung ein geringer Kalttrend einsetzte. Die
Lufttemperaturen waren vor Beginn der Industrialisierung ca. 0,5 °C niedriger
als zu Zeiten des Klimaoptimums. Seit Beginn der Industrialisierung ist
hingegen wiederum ein eindeutiger Anstieg der globalen Lufttemperatur zu
verzeichnen.
Abbildung 1: Globale Temperaturverteilung gegenüber dem heutigen Mittelwert der
letzten 542 Mio. Jahre (Endlicher & Gerstengarbe, 2007)
Die Klimaschwankungen vor Beginn der Industrialisierung hatten natürliche
Ursachen, welche schon seit einigen Jahren Gegenstand der Forschung und
somit mittlerweile gut erklärbar sind. Die aktuelle globale Klimaänderung lässt
sich jedoch nicht nur durch natürliche Ursachen erklären und hat zusätzlich
einen anthropogenen Hintergrund, welcher immer mehr in den Vordergrund
der Klimaforschung und Öffentlichkeit gerät.
Natürliche Ursachen für Klimaschwankungen
Die Sonne und die damit verbundene Solarkonstante ist der größte
Einflussfaktor des Erdklimas. Die Ausprägung der Solarkonstante (s. Glossar)
schwankt bedingt durch verschiedene Ursachen im Laufe der Jahre. Ungefähr
alle 11 Jahre besitzt die Sonne ein Aktivitätsmaximum, welches sich durch
eine vermehrte Anzahl an Sonnenflecken bemerkbar macht, der sogenannte
Sonnenfleckenzyklus. Erkennbar und erforschbar ist dies z.B. in der Dicke von
Baumringen. Zusätzlich zu dem elfjährigen Zyklus kam es in der
Vergangenheit zu auffälligen Minima in der Sonnenfleckenaktivität und damit
verbunden auch zu kleinen Kaltzeiten (Bsp. Maunderminimum – 1645 bis
1715). Zusätzlich wird die Bestrahlungsstärke der Erde durch die Sonne von
den Milankovitsch-Zyklen beeinflusst. Dabei spielen verschiedene
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Erdbahnparameter (Ekliptikschiefe, Präzession, Exzentrizität), welche sich
zyklisch ändern eine wichtige Rolle. Diese extraterrestrischen Ursachen
reichen jedoch nicht um Klimaschwankungen vollständig zu erklären, es sind
auch Rückkopplungsprozesse mit terrestrischen Ursachen nötig.
Zu diesen terrestrischen Ursachen zählt unter anderem die Verteilung der
Landmasse auf der Erdoberfläche. So besagt die Kontentaldrift-Theorie, dass
es nur zu einer Eiszeit kommen kann, wenn in Polnähe genügend
Landmassen vorhanden sind, auf denen Schnee liegen bleiben kann um im
späteren Verlauf Eisablagerungen zu bilden. Dadurch kann es dann zu einer
positiven Eis-Albedo-Rückkopplung (s.Glossar) kommen. Ebenfalls ein
wichtiger Punkt ist das Vorhandensein von Wolken, welche circa 25 bis 30 %
der Sonneneinstrahlung reflektieren. Dieser Effekt ist auch bei großen
Vulkanausbrüchen mit größeren Aschwolken zu verzeichnen. Beides führt zu
einem geringeren Energieeintrag an der Erdoberfläche und hat somit eine
kühlende Wirkung. Zusätzlich spielt die thermohaline Zirkulation (z.B.
Golfstrom, El Niño; s.Glossar) unserer Ozeane und dessen Rückkopplungseffekte eine wichtige Rolle
in unserem Klimasystem.
Ein wichtiger Antrieb für
unser Klima ist der Treibhauseffekt, welcher auf der
chemischen
Zusammensetzung unserer Atmosphäre beruht. Die einfallende Sonnenenergie ist
kurzwellig und wird von
den Treibhausgasen in
unserer Atmosphäre zur
Erdoberfläche hindurch gelassen. Diese nimmt die
Energie auf und wandelt
sie
in
(langwellige)
Wärmestrahlung
um.
Diese Wärmestrahlung wird nun nicht mehr komplett aus der Erdatmosphäre
herausgelassen, da klimawirksame Gase (z.B. CO2) diese aufnehmen
(absorbieren) und wieder gleichförmig in alle Richtungen an die Atmosphäre
abgeben.
Abbildung
2:
Der
natürliche
Treibhauseffekt
(http://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/klimawandel/3842
7/wetter-klima-und-klimawandel).
Anthropogene Ursachen für Klimaschwankungen
Da der Mensch immer mehr in die Natur eingreift, beeinflusst er mittlerweile
auch das Klima. So verändert er z.B. die Erdoberfläche indem er sie mit
Häusern bebaut und Landwirtschaft betreibt. Dies verändert die thermischen
Eigenschaften der Orte, an denen die Nutzungsänderungen stattfinden
entscheidend. So kommt es in Städten oft zu höheren Temperaturen als im
Umland.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Ebenfalls wird die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre und deren
Anreicherung mit Treibhausgasen durch den Menschen verursacht. Durch
Nutzung fossiler Brennstoffe, Waldrodungen, intensive Viehhaltung und
weitere anthropogen bedingte Prozesse werden immer mehr Kohlendioxid,
Methan und andere Treibhausgase in die Atmosphäre geblasen. Eine erhöhte
Kompensation durch natürliche Prozesse wie beispielsweise Photosynthese
findet aber nicht statt, sodass die Konzentrationen dieser Gase ansteigen und
der Treibhauseffekt verstärkt wird (Abbildung 3).
Abbildung 3: Verlauf der CO2, N2O (Lachgas) und CH4 (Methan) Konzentrationen über die
letzten 2000 Jahre (EPA, 2015).
Rückkopplungen
Die verschiedenen Ursachen und ihre Auswirkungen für Klimaänderungen,
können sich gegenseitig positiv oder negativ beeinflussen und damit
verstärken bzw. abschwächen. Ein Beispiel für eine positive Rückkopplung
wäre z.B. die Eis-Albedo-Rückkopplung: Wenn die Gletscher- und Eisflächen
immer weiter abschmelzen wird dadurch die Albedo verringert und die
Atmosphäre wärmt sich schneller auf.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Prognosen zum anthropogenen
Klimawandel und zu erwartende
Folgen
Einleitung, IPCC und Klimamodelle
Eines der wichtigsten wissenschaftlichen und internationalen Organe im
Rahmen des Klimawandels und dessen Quantifizierung ist der IPCC
(Intergovernmental Panel on Climate Change). Dieser ist ein
Zusammenschluss von mehreren hundert WissenschaftlerInnen aus der
ganzen Welt und erstellt in regelmäßigen Abständen Berichte für die
Vereinten Nationen, der Neueste ist von 2013 und der Vorige von 2007. Diese
Berichte sind sehr ausführlich, da sie zum einen beobachtete klimatische
Veränderungen darstellen, und zum andern sogenannte Projektionen auf
Basis hoch komplexer Modelle erstellen, die wissenschaftlich anerkannten
Szenarien unterliegen. Der IPCC macht keine eigene Datenerhebung,
sondern benutzt Daten aus anerkannten publizierten wissenschaftlichen
Arbeiten oder Messstationen. Die im neuen Bericht verwendeten Szenarien
beinhalten mögliche CO2-Konzentrationsentwicklungen und damit verbundene
Treibhauseffekte bis zum Jahr 2100. Es wurden in dem Bericht vier Szenarien
vorgestellt, wobei es ein Klimaschutzszenario und ein Worst-Case
Emissionsszenario gibt. Zwischen diesen beiden liegen noch zwei weitere
Szenarien, die einen Anstieg der CO2-Konzentrationen bis zum Jahr 2100
beinhalten, wobei ab ca. 2050 eine Abschwächung der Emissionen stattfindet.
Klimamodelle im Allgemeinen sind die wohl kompliziertesten Modelle die es im
Moment gibt und sie können nur von Superrechnern berechnet werden. Des
Weiteren werden die Modelle immer weiter mit neuen Daten und klimatischen
Wechselwirkungen und Zusammenhängen optimiert. Unsicherheiten sind
jedoch, trotz Optimierung, ein wichtiger Faktor und somit unterliegen alle
Ergebnisse immer einer gewissen Unsicherheit. Es ist jedoch mathematisch
und statistisch möglich die wahrscheinlichsten Varianten zu bestimmen.
Prognosen
Die EU-Kommission und die Bundesregierung haben sich das Ziel gesetzt
unter einer globalen Erwärmung von 2 °C zu bleiben. Das angenommene
Worst-Case Szenario würde jedoch eine Erwärmung um rund 4 °C
verursachen und das Klimaschutzszenario eine Erwärmung um 1,5 °C im Jahr
2100. Die angesprochenen Erwärmungen bezeichnen hierbei den globalen
Mittelwert der Lufttemperatur. Wichtiger ist jedoch die regionale Betrachtung.
Abbildung 4 zeigt, dass vor allem die nördlichen Polarregionen eine höhere
Erwärmung erleben werden und andere Regionen, wie bspw. Teile des
Pazifiks eine nicht so starke. Diese Veränderung der Temperatur verursacht
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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auch eine Veränderung des Wasserzyklus in globaler Sicht. Hier ist, wie bei
der Temperatur, auch die regionale Veränderung von großer Bedeutung. So
werden Regionen, die jetzt schon hohe Niederschlagsmengen aufweisen,
noch feuchter und trockene Regionen noch trockener. Im folgenden Kapitel
wird auch auf die damit verbundene Wasserknappheit eingegangen.
Mit der Temperaturzunahme werden weitere Gletscher und Schneemassen
schmelzen und für einen Wasserinput in die Ozeane sorgen. Außerdem wird
das Ozeanwasser sich mit zunehmender Temperatur weiter ausdehnen, da
die Dichte von Wasser temperaturabhängig ist.
Abbildung 4: Temperaturveränderung im Jahr 2100 für das
Klimaschutzszenario (RCP 2.6) und das Worst Case Szenario
(RCP 8.5), ICPP 2013.
Somit ist global mit einem Meeresspiegelanstieg zu rechnen. Je nach
Szenario wird ein Anstieg von 0,3-1,0 m prognostiziert. Ein Anstieg von einem
Meter würde in Deutschland bedeuten, dass zum Beispiel Hamburg, Bremen
und die Ostfriesischen Inseln stark überschwemmt sein würden. Die
angesprochenen regionalen Unterschiede in Temperaturanstieg und
Niederschlag sind auch auf der Skala von Deutschland zu prognostizieren. So
wird der Temperaturanstieg im Süden und Osten höher sein als im Westen
und diese Regionen werden auch trockener werden. Auch Braunschweig wird
im Mittel einen Anstieg der Temperatur erleben und Veränderungen der
Niederschlagsereignisse.
Folgen
Der IPCC listet folgende Folgen als höchst wahrscheinlich auf:
• Hohes Risiko für Küsten, durch ansteigenden Meeresspiegel
• Überflutungen großer Flüsse (durch extreme Niederschläge),
mit einer verbundenen, hohen Gefahr für Städte
• Extremwetterlagen, Hitzewellen und Starkregen (mit höherer
Intensität und Frequenz)
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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•
•
•
Stärkere Probleme für ärmere Länder und deren Bevölkerung,
Schäden und Versorgungsprobleme zu kompensieren
Verlust von Biodiversität und Ökosystemen
Geringere landwirtschaftliche Produktion
Wasserknappheit wird in Zukunft wahrscheinlich das größte Konflikt- und
Kriegspotential sein. So werden Regionen, die jetzt schon Wasserknappheit
aufweisen, noch stärkere Probleme haben genug Wasser für die Versorgung
liefern zu können. Außerdem wird die Verschmutzung von Trinkwasser
wahrscheinlich stärker zunehmen und damit die Trinkbarkeit weiter
beeinträchtigt. In trockenen Regionen wird es dann zusätzlich zu starken
Einschränkungen der Landwirtschaft kommen, da das Wasser für die
Bewässerung fehlen wird und sich somit auch das globale Hungerproblem
verstärkt.
Mit dem Anstieg der Temperatur ist davon auszugehen, dass
Wetterereignisse immer extremer werden in der Zukunft. So werden zum
Beispiel im Sommer extreme Hitzewellen und extreme Starkregenereignisse
in unserer Region häufiger auftreten und sich intensivieren. Dies hat vor allem
für die Landwirtschaft hohe Bedeutung, da die Produktion durch solche
extremen Wetterlagen stark minimiert wird. Außerdem haben solche
Extremereignisse auch direkte Auswirkungen auf die Gesundheit. Hier sind
vor allem Herzkreislaufbeschwerden während Hitzewellen zu beachten und
die Verschmutzung von Trinkwasser und Ausbreitung von Keimen und
Krankheiten nach Starkregenereignissen. Auch wirtschaftlich wird der
Klimawandel starke Folgen haben. So muss in Zukunft mehr für
Instandhaltung und Reparatur von Infrastruktur investiert werden.
Ausgleichszahlungen an Landwirte nach Missernten werden steigen.
Schutzmaßnahmen gegen Überflutung, wie Deiche, müssen erneuert und
verbessert werden. Weitere Frühwarnsysteme müssen installiert und
entwickelt werden um Extremereignisse besser abschätzen und kalkulieren zu
können. In einigen Regionen wie den Alpen, wird der Tourismus und damit
eine wichtige Einnahmequelle stark abnehmen.
Fazit
Die Temperatur wird - in Abhängigkeit der Emissionsentwicklungen - global
ansteigen. Jedoch ist vor allem der regionale Unterschied von Bedeutung.
Höhere Breitengrade werden sich stärker erwärmen, wovon vor allem die
Arktis besonders betroffen sein wird. Mit der Temperatur sind in dem
komplexen Klimasystem auch andere Faktoren gekoppelt. So werden jetzt
schon regenintensive Gebiete noch feuchter und trockene Gebiete trockener.
Dies wird in Zukunft, sofern nicht deutliche Emissionsminderungen bis 2050
erreicht werden, starke Folgen haben und der „Kampf“ um Wasser wird das
höchste Kriegspotential sein. Mit zunehmender Temperatur werden vor allem
extreme Wettereignisse zunehmen, die unterschiedliche direkte und indirekte
Folgen haben. Diese reichen von direkter Gesundheitsgefährdung (starke
Hitze, Krankheiten und Keime) bis hin zu zusätzlichen wirtschaftlichen
Belastungen auf Grund des Anpassungsdrucks.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Weitere Internetseiten
Ein interessantes Kartentool um sich viele mögliche Veränderungen in
Deutschland zu verdeutlichen, bietet das Potsdam Institut für
Klimafolgenforschung. Man kann zwischen dem Emissionsszenario (RCP8.5)
und dem Klimaschutzszenario (RCP2.6) wählen.
http://www.klimafolgenonline.com/
IPCC Website mit allen Berichten und auch anschaulichen Videos
http://www.ipcc.ch/
IPCC Synthesis Report Video
https://www.youtube.com/watch?v=F-Hcu3jH8G4&feature=youtu.be
Bisherige Folgen des
anthropogenen Klimawandels
Antriebe des Klimawandels
Der so genannte Antrieb des Klimawandels ist ein Begriff, der eine externe
Störung der natürlichen Strahlungsbilanz beschreibt. Der natürliche
Strahlungsantrieb wird durch solare Strahlungsänderungen hervorgerufen,
beträgt aber nur etwa 10 % des gesamten Strahlungsantriebes. Der
anthropogene, durch den Menschen verursachte Anteil, trägt somit zu über 90
% zum gesamten Strahlungsantrieb bei (IPCC, 2007).
Hervorgerufen wird der anthropogene Anteil der Strahlungsbilanz
hauptsächlich durch Emissionen von Treibhausgasen. Die durch Menschen
emittierten Treibhausgase sind zum größten Teil Kohlendioxid, aber auch
Methan, Lachgas und Halogenkohlenwasserstoffe (u.a. FCKW) tragen dazu
bei. Obwohl in viel geringeren Konzentrationen ausgestoßen, sind Methan,
Lachgas und Halogenkohlenwasserstoffe durch ihr vielfaches Potenzial zur
Klimaschädigung, verglichen mit der gleichen Menge Kohlendioxid, sehr
relevant für den Treibhauseffekt.
Eine weitere Komponente bildet das durch menschliche Schadstoffe
entstehende Ozon, aber auch Ruß durch Feuer und Verbrennung fossiler
Rohstoffe, Veränderungen der Landnutzung und die daraus folgende
Änderungen der Reflektion der Sonneneinstrahlung sind am Strahlungsantrieb
beteiligt. Als Beispiel sei ein fast schwarzer Ackerboden genannt, der kaum
Strahlung reflektiert und sich somit deutlich stärker erwärmt als eine saftige
grüne Wiese.
Ausprägungen des rezenten Klimawandels
Historisch gesehen gab es schon immer Klimaschwankungen. Diese lassen
sich durch Analysen von Eisbohrkernen und anderen so genannten
Klimaarchiven recht gut rekonstruieren. Ein starkes Indiz für einen nicht
natürlich bedingten Klimawandel ist allerdings, dass der globale
Temperaturanstieg in der letzten 100 Jahren plus der nächsten
vorhergesagten 50 Jahre größer sein wird als jemals in mehr als 11000
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Jahren zuvor rekonstruiert werden konnte (Schönwiese, 1997). Seit Beginn
der Industrialisierung und dem damit verbundenen Ausstoß von
Treibhausgasen ist ein deutlicher Anstieg der Globaltemperatur messbar.
Betrachtet man die letzten 150 Jahre, so ist die globale Temperatur im Mittel
um ca. 1 °C gestiegen, wobei die Hälfte des Anstieges in den letzten 50
Jahren stattgefunden hat (Gerstengarbe & Werner, 2007). Die globale
Verteilung ist allerdings sehr ungleichmäßig. So gibt es Gebiete, in denen es
sogar etwas kühler geworden ist, allerdings auch welche die heute mehr als
2 °C wärmer sind. In Deutschland ist der Klimawandel ebenfalls präsent, hier
ist es im Mittel, bezogen auf den Zeitraum von 1961 bis 1990, um fast 1.5 °C
wärmer geworden. Auch hier gibt es Regionen in denen es um mehr als 2 °C
wärmer geworden ist, kühler ist es hingegen in keiner Region geworden
(Gerstengarbe & Werner, 2007). Noch deutlicher fallen regionale Änderungen
bzw. Unterschiede bei Betrachtung der Niederschlagsverteilung auf. Fast
überall ist es so, dass feuchte Gebiete feuchter geworden und trockene
Gebiete trockener geworden sind. Das reicht so weit, dass es globale
Niederschlagsanomalien gibt, die von mehr als ± 500 mm Niederschlag im
Jahr reichen (Gerstengarbe & Werner, 2007). Man bedenke: Im Raum
Braunschweig fallen pro Jahr ca. 600 mm Gesamtniederschlag. Dies kann in
den stark betroffenen Gebieten katastrophale Folgen haben. So wird an der
einen Stelle das jetzt schon knappe Trinkwasser immer weniger verfügbar und
an anderen Stellen häufen sich die Flutkatastrophen. Auch die Landwirtschaft
leidet darunter, es gibt immer öfter Ernteausfälle durch Dürreperioden oder
überflutete Äcker. Damit einhergehend kommt es zu infrastrukturellen
Problemen, die häufig mit hohen Kosten verbunden sind und - nicht zu
vergessen - zu privaten Schicksalsschlägen.
Folgen des anthropogenen Klimawandels
Zu den Folgen gehören Extremwetterereignisse, die durch Hitze- und
Kälteperioden, Starkregen und verheerende Stürme gekennzeichnet sind,
sowie Gletscherschmelzen und das Auftauen der Permafrostböden. Aber
auch Verschiebungen von Klimazonen und Ökosystemen, wie zum Beispiel
die Erwärmung und Versauerung der Ozeane, gehören zu den Folgen.
Häufung von extremem Wetter ist aber das, was der Mensch direkt und sofort
bemerkt. So wie bei der großen Hitzeperiode in der ersten Augusthälfte 2003,
die in beinahe ganz Europa herrschte, ausgenommen war nur das nördliche
Skandinavien. In Deutschland herrschten Temperaturen bis über 40 °C, in
Portugal wurden sogar 47 °C erreicht. Diese außergewöhnlich heiße Periode
hielt 14 Tage an, begleitet von Wasserknappheit und daraus resultierenden
geringen Erntemengen und einer deutlichen Zunahme von Waldbränden.
Auch gesundheitlich waren die Auswirkungen katastrophal. Allein in
Deutschland fielen dem Hitzestress ca. 3500 Menschen zum Opfer,
europaweit waren es sogar 70000. Nach langjährigen Aufzeichnungen geht
die Wissenschaft davon aus, dass sich solche Ereignisse in der Zukunft
häufen werden, denn der Trend zeigt auch hier klar nach oben. So hat sich die
Anzahl der Tage mit Temperaturmaxima von mehr als 30 °C in Deutschland
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
15
von 1950 bis 2010 von durchschnittlich 3 Tage im Jahr auf 8 Tage im Jahr
erhöht (Jacob, Ries, Weber, 2012).
Bei Flutkatastrophen spricht man auch von Jahrhunderthochwassern. Solch
ein Hochwasser kommt also statistisch gesehen an ein und demselben Ort
nur einmal in einem Jahrhundert vor. In Deutschland gab es im
20. Jahrhundert neun solcher Jahrhundertereignisse. Im 21. Jahrhundert, das
gerade einmal 15 Jahre alt ist, waren es schon fünf. Diese extremen
Hochwässer wurden durch extreme Starkregenereignisse, die über mehrere
Tage anhielten, ausgelöst. Bei diesen Starkregen fielen zum Teil fast 150 mm
Niederschlag an nur einem Tag. Zur Erinnerung: In Braunschweig sind es
600 mm im ganzen Jahr. Gerade hier ist die Häufung der Ereignisse noch
deutlicher zu sehen. Gab es im 20. Jahrhundert noch durchschnittlich alle 11
Jahre eine Flutkatastrophe, so waren es bisher im 21. Jahrhundert nicht
einmal 3 Jahre von einem zum nächsten Jahrhunderthochwasser. Aber nicht
nur die Häufigkeit, sondern auch die Stärke, mit der die Hochwässer auftreten,
nimmt zu. So hatte das mitteleuropäische Hochwasser 2013 in Passau eine
statistische
Wiederkehrwahrscheinlichkeit
von
500 Jahren,
das
Alpenhochwasser 2005 in Teilen Tirols sogar eine Wahrscheinlichkeit der
Wiederkehr von 5000 Jahren (DWD).
Durch die Erderwärmung schrumpfen die Gletscher und die arktischen
Permafrostböden tauen langsam auf. Die größten Gletscher unseres Planeten
sind die Antarktis und das Grönlandeis. Gerade hier wirkt sich der
beobachtete Rückgang dramatisch aus. Der Meeresspiegel steigt an und
große Trinkwasserreserven gehen unwiderruflich verloren. Der Anstieg des
Meeresspiegels hat schon heute Auswirkungen auf Inselstaaten und Staaten
mit sehr flachen Küstenregionen, wie zum Beispiel die Niederlande.
Wohlhabende Staaten können es sich leisten und bauen große Deichanlagen
um sich zu schützen. Auf den Malediven leben 100 % der Bevölkerung in
niedrig gelegenen Küstengebieten und sind somit vom Anstieg des Meeres
direkt bedroht. Der Inselstaat kann eine umfangreiche Deichanlage zum
Schutz aber nicht finanzieren. Dazu kommt, dass der Staat größtenteils vom
Tourismus lebt. Durch die sich erhöhende Gefahr von Sturmfluten befürchtet
man einen Rückgang der Touristen, was wiederum die Probleme der
Bevölkerung verschärfen würde. Nimmt man nur die 10 Staaten, deren
Bevölkerung in gefährdeten Gebieten am bevölkerungsreichsten ist, sind fast
eine halbe Milliarde Menschen vom Meeresspiegelanstieg bedroht (Sterr,
2007).
Auch das Auftauen der Permafrostböden hat weitreichende Auswirkungen.
Unter dem „ewigen Eis“ sind riesige Mengen Biomasse konserviert. Nach dem
Abtauen des Eises würden diese freigelegt und fingen an zu verrotten. Dabei
gelangen extrem große Mengen Kohlendioxid und Methan in die Atmosphäre
und der Treibhauseffekt würde potentiell enorm verstärkt werden.
Durch die Verschiebung von Klimazonen und Ökosystemen kommt es
besonders in ärmeren Staaten zu einer Knappheit des Nahrungsangebotes.
Einmal ist durch Dürren und Überflutungen mit Ernteausfällen zu rechnen,
zum anderen verschieben sich auch die Lebensräume der Kulturpflanzen
durch ein nicht mehr optimales Klima. Auch wegen der Einwanderung von
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Unkräutern, Schadinsekten und Schadpilzen müssen die Landwirte ihre
Strategien anpassen und neue Pflanzenschutzmittel einsetzen. Die können
sie sich aber in den wenigsten Fällen leisten und sind in manchen Regionen
der Erde evtl. auch nicht verfügbar.
Fazit und Ausblicke
Viele Indizien lassen eine starke Vermutung zu, dass der Klimawandel
tatsächlich rezent ist und durch das Zutun des Menschen forciert wird. Viele
prognostizieren ja schon die Superwarmzeit der Zukunft. Im
Emissionsscenario RCP8.5 (siehe Kapitel 2) wird ein Temperaturanstieg von
bis zu 8 °C bis zum Jahr 2300 vorausgesagt. Sollte dies auch nur annähernd
so eintreten, müssen wir neben den deutlichen Temperaturanstiegen weltweit
auch mit einer Häufung von Extremwetterereignissen, mit jährlich vielen
Hitzetoten und überschwemmten Küstengebieten und ganzen Landstrichen
rechnen. Dadurch werden arme Staaten an Trinkwasserknappheit und auch
immer
wieder
an
Hungerkatastrophen
leiden.
Durch
den
Meeresspiegelanstieg könnten ganze Inselstaaten verschluckt werden und
durch das Auftauen der Permafrostböden würde sich der Treibhauseffekt noch
einmal drastisch verstärken können. Durch die Erwärmung und Versauerung
der Ozeane würden die Fischbestände geringer und dadurch die
Nahrungsmittelknappheit forciert werden. Auch würde das Ökosystem Ozean
durch eine zwangsläufige Überfischung einbrechen, was wiederum
weitreichende globale Folgen haben wird. Die Menschen werden wieder zu
Nomaden und migrieren in kühlere Gebiete und die Kriege werden zukünftig
um Trinkwasser und Nahrung geführt. Damit es nicht dazu kommt sollten alle
etwas zum Klimaschutz beitragen bevor es zu spät ist!
Klimapolitik
Definition
Politische Maßnahmen zum Klimaschutz auf internationaler, nationaler und
lokaler Ebene. […] Hauptsächliches Mittel dazu ist die Reduktion des
Ausstoßes von Treibhausgasen […] (www.bfw.ac.at)
Klimapolitik – Können wir die Welt retten?
Die erste Initiative zur Koordination umweltpolitischer Maßnahmen auf
internationaler Ebene fand 1969 statt. Themen - wie saurer Regen und
Treibhauseffekt - wurden hier zum ersten Mal international angesprochen.
Knapp 3 Jahre später wurde die Konferenz der Vereinten Nationen über die
Umwelt des Menschen in Stockholm ausgerichtet. Dort wurde der Grundstein
für die heutige Klimapolitik gelegt. Danach wurde erstmal eine Pause
eingelegt…
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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20 Jahre später – 1992 –
wurde zur Rio-Konferenz,
- Internationales Umweltabkommen,
auch Erdgipfel genannt,
1994 in Kraft getreten
geladen und dort die in
- Ziel: Stabilisierung der
Stockholm
besprochenen
Treibhausgaskonzentration in der
Themen erneut aufgegriffen.
Atmosphäre
Hier
haben
neben
- Soll mit weiteren Abkommen und
staatlichen
Vertreterinnen
Protokollen umfassende
und Vertretern auch nichtKlimaschutzmaßnahmen ermöglichen
staatliche
Organisationen
- Alle Vertragspartner müssen
teilgenommen.
Die
regelmäßige Berichte veröffentlichen
wichtigsten Ergebnisse der
- Verpflichtung zu jährlichen
Rio-Konferenz waren die
Klimakonferenzen
Verabschiedung der Agenda
21, die Rio-Erklärung über
Umwelt und Entwicklung, die
Klimarahmenkonvention,
die
Waldgrundsatzerklärung,
die
Biodiversitätskonvention und die Gründung der Kommission für Nachhaltige
Entwicklung. Die Abkommen werden im späteren Verlauf den Rahmen der
heutigen Klima- und Umweltpolitik gestalten.
DIE KLIMARAHMENKONVENTION
Klimakonferenzen
1995
Berlin
1996
Genf
1997
Kyoto
1998
Buenos Aires
1999
Bonn
2000
Den Haag
2001
Marrakesch
2002
Neu-Dehli
Klimasekretaritat wird in Bonn eingerichtet
„Berliner Mandat“ – Erarbeitung fester Reduktionsziele
2. IPCC Bericht wird diskutiert
„Genfer Deklaration“ – Ausarbeitung rechtlich
verbindlicher Regelungen zur Reduktion von
Treibhausgasen
Verabschiedung des Kyoto-Protokolls (Zusatzprotokoll
zur
Klimarahmenkonvention,
völkerrechtlich
verbindlich)
Mechanismen: Emissionshandel, Joint Implementations,
Clean Development, Burden Sharing
Genauere Ausgestaltung und Umsetzung des
Kyotoprotokolls,
Debatte
über
Reduktionsverpflichtungen
für
Entwicklungs- und Schwellenländer
Diskussion über System der Kontrollen, Richtlinien für
Jahresberichte, Gespräche zu Clean Development
Mechanism
Keine Ergebnisse, viele Diskussionspunkte ohne
Einigung
Genauer definierte Entscheidung zur Umsetzung und
Ausgestaltung des Kyoto-Protokolls
Beschluss für mehr Öffentlichkeitsarbeit zur
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
18
2003
Mailand
2004
Buenos Aires
2005
Montreal
2006
Nairobi
2007
Bali
2008
Poznan
2009
Koppenhagen
2010
Cancun
2011
Durban
2012
Doha
2013
Warschau
2014
Lima
Einbeziehung der Bevölkerung
Werbung bei weiteren Staaten für das Kyoto-Pr.,
Abschluss der Verhandlungen zu Aufforstungs- und
Wiederaufforstungsprojekte
Gespräche zu finanziellem Bedarf von Entwicklungsund Schwellenländern, um klimagünstig wirtschaftlich
wachsen zu können
Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls (2008 – 2012),
Gespräche zur Fortentwicklung der Klimapolitik nach
2012
Afrikanische Themen stehen im Mittelpunkt, massive
Freigabe von Fördergeldern für den Kampf gegen die
Energiearmut in Afrika
Einigung auf die Ziele bis und nach 2012 (u.a.: konkrete
Beiträge zum Klimaschutz aller Staaten, Verminderung
der Entwaldung,…)
Post-2012-Verhandlungen, notwendige Ziele zur
Eindämmung des Klimawandels, Nennung der
Reduktionsziele bis 2020
Gespräche zu Kernbausteinen der internationalen
Klimapolitik, Einigung auf das 2-Grad-Ziel, weitere
finanzielle Hilfen für Entwicklungs- und Schwellenländer
Offizielle Anerkennung des 2-Grad-Zieles, Einrichtung
des
internationalen
Klimafonds,
Technologiekooperation mit Entwicklungs- und
Schwellenländern
Ziel:
Verabschiedung
eines
neuen
Klimaschutzabkommens 2015 in Paris, Kyoto-Protokoll
wird weitergeführt (ab 2013)
Verhandlungen des neuen Klimaschutzabkommens ab
2013, keine Einigungen für internationalen Schiffs- und
Flugverkehr
Intensivierung der Minderungsaktivitäten bis 2020,
Ausarbeitungen zum Waldschutzprogramm REDD+
Unverbindliche
Rohfassung
für
ein
neues
Klimaschutzabkommen 2015 in Paris entwickelt.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
19
Klimapolitik in Deutschland
Deutschland hat schon immer eine Vorreiterrolle in Bezug auf Klima- und
Umweltpolitik gespielt. Die deutschen Ziele sind im weltweiten Vergleich sehr
ambitioniert. So wollen wir bis 2050 unsere Treibausemissionen bis zu 95 %
im Vergleich zu 1990 senken. Dafür möchte Deutschland vor allem auf den
weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien setzen, alle Sektoren der
deutschen Wirtschaft und Industrie in die Reduktionsambitionen mit
einbeziehen und die wirtschaftliche Chance durch die Einrichtung komplett
neuer Wirtschaftszweige nutzen. Gesetze und Verordnungen, die Deutschland
den Weg schon geebnet haben, sind das Erneuerbare Energien Gesetz, die
Chemikalienschutzvorordnung und die Energieeinsparverordnung. Der
Petersberger Dialog – von deutscher Seite aus ins Leben gerufen - stellt
international gesehen eine weitere wichtige Weiche, um ein
Klimaschutzabkommen bis 2020 erarbeiten zu können.
DEUTSCHLAND UND EU IN LIMA
-
IPCC confirms the need for immediate action
The EU is ready to submit its contribution in time
We need progress in Lima for a success in Paris
Financial support is available
Germany and the EU are ready
BARBARA HENDRICKS
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
20
Das 2°C-Ziel
Um das Ziel zu erreichen eine 2 °C Erwärmung gegenüber vorindustriellem
Niveau nicht zu überschreiten, müssen die CO2-Konzentrationen bis zum Jahr
2100 auf 450 ppm CO2-äqu. stabilisiert werden. Um dies zu erreichen,
müssen die Industrieländer ihre Emissionen bis 2050 um rund 80 % senken.
Dies ist bereits erklärtes Ziel der deutschen Regierung. Das bedeutet
weiterhin, dass in den Industrieländern bis 2050 die jährlichen pro-KopfEmissionen auf unter 2 t CO2 reduziert werden müssen.
Abb. 1: Pro-Kopf-Emissionen im Jahr 2010 aufgeschlüsselt nach Ländern. 20 Länder
sind derzeit für ca. 75 % der weltweiten Emissionen verantwortlich. Deutschland liegt
an neunter Stelle (IPCC 2014).
2008 hat Braunschweig ein integriertes Klimaschutzkonzept vorgestellt. Aus
diesem lassen sich die pro-Kopf-Emissionen des Braunschweigers ableiten:
11,3 t CO2 pro Jahr. Im Bericht wird betont: „Entscheidend für den Erfolg des
Klimaschutzes in der Stadt Braunschweig bleibt das Engagement ihrer
Bürgerinnen und Bürger.” Der Bürger entscheidet darüber ob seine
Emissionen bei ca. 14 t pro Kopf und Jahr oder 5 t pro Kopf und Jahr liegen.
Eine Halbierung der CO2-Emissionen ist somit für jeden Einzelnen sofort
möglich. Für den weiteren Weg bis zum Ziel von 2 t pro Kopf und Jahr ist eine
Dekarbonisierung unserer Wirtschaftsprozesse nötig. Dies ist nur durch
entsprechende Vorgaben der Politik möglich (bspw. Emissionslimits für PKWFlotten).
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
21
Abb. 2: Spielraum der Konsumenten in Deutschland bei ihrer CO2-Emission
(Klimaschutzkonzept Braunschweig 2008).
CO2 – Vermeidungsstrategien
Die Treibhausgas-Emissionen der Vergangenheit können wir nicht
ungeschehen machen, doch wir können den anthropogenen Ausstoß
klimaschädlicher Gase heute und in Zukunft reduzieren. Dabei steht jeder
einzelne in der Verantwortung, die durch ihn verursachten Emissionen
klimaschädlicher Treibhausgase so gering wie möglich zu halten.
Doch wie vermeide ich Treibhausgas-Emissionen?
Emissionsquellen erfassen
Als erstes hilft es, sich bewusst zu machen, wo überall im täglichen Leben
Emissionen entstehen: Einen ersten Überblick darüber gibt der CO2Fußabdruck. In Abbildung 5 ist der CO2-Fußabdruck des deutschen
Durchschnittsbürgers (CO2-Rechner, 2014) abgebildet, d.h. seine jährliche
Treibhausgasemissionen gemessen in CO2-Äquivalenten.
Drei der größten Posten sind Konsum, Heizung und Ernährung. Diese
machen zusammen rund 60 % der Emissionen aus. Doch warum sind diese
Lebensbereiche so emissionsintensiv?
Neben dem
weltweiten Bevölkerungswachstum ist Wirtschaftswachstum ein starker
Motor des Klimawandels (IPCC Report,
2014). In wohlhabenden Ländern wie
Deutschland ist die Kaufkraft und damit auch
der Konsum hoch. Problematisch daran ist,
dass bei der Kaufentscheidung oft nicht
bedacht wird, dass für jede Ware Emissionen
bei der Produktion, beim Transport und bei
der Entsorgung anfallen.
Abbildung 5: Jährliche Treibhausgas»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
emissionen des dt. Durchschnittsbürgers in Tonnen CO2- Äquivalente
(CO2-Rechner).
22
Insbesondere aus dem Ausland importierte Ware weist oft eine schlechte
CO2-Bilanz auf. Zum einen müssen diese Waren oft über weite Strecken nach
Deutschland transportiert werden, was zu hohen Transportemissionen führen
kann; zum anderen fallen für den bei der Produktion eingesetzten Strom in
den Produktionsländern oft mehr Treibhausgasemissionen pro Kilowattstunde
an als in Deutschland (CO2 pro kWh, 2014). Schlussendlich führen sinkende
Preise bei der Fertigung im Ausland auch zu einer Wegwerfmentalität des
Verbrauchers: Was wenig kostet, wird eher weggeworfen und durch Neuware
ersetzt als teure Produkte. So bedingt Konsum auch Emissionen, die bei der
Entsorgung von Produkten (z.B. bei der Müllverbrennung) anfallen.
Beim Thema Heizen spielt die Energiequelle die entscheidende Rolle. Aus
Kostengründen und aus Gründen der technischen Realisierbarkeit kommt die
Energie zum Heizen in Deutschland bislang nur zu einem kleinen Teil aus
(klimafreundlichen) erneuerbaren Energien. Der überwiegende Teil stammt
noch aus fossilen Energieträgern, wie z.B. Heizöl, die deutlich mehr CO 2
freisetzen. Hier ist die beste Einsparstrategie also weniger und vor allem
effizienter Heizen.
Die Emissionen im Zusammenhang mit Ernährung hängen stark vom
konsumierten Lebensmittel ab. So können im Allgemeinen folgende
Zusammenhänge beobachtet werden: Tierische Produkte verursachen bei der
Produktion mehr Treibhausgasemissionen als pflanzliche (CO2 Lebensmittel,
2014). Importierte Lebensmittel verursachen durch ihren Transport mehr
Emissionen als lokal hergestellte. Und auch lange Kühlzeiten und die
Weiterverarbeitung von primären Lebensmitteln erhöhen die TreibhausgasBilanz.
Emissionen reduzieren
Wer versteht, wie die Treibhausgas-Emissionen in den einzelnen
Lebensbereichen entstehen, kann sich daran machen, diese zu reduzieren.
Beim Konsum gilt: Weniger ist mehr (Zeit statt Zeug, 2014). Wenn weniger
Waren gekauft werden, müssen auch weniger Waren unter Freisetzung
klimaschädlicher Gasen hergestellt werden. Vor dem Kauf von Neuware sollte
man sich fragen:
- Kann ein kaputter Gegenstand vielleicht repariert statt ersetzt werden
(Reparaturcafé, 2015)?
- Kann ein selten benötigter Gegenstand auch geliehen statt gekauft werden
(Why own it, 2014)?
- Tut es auch gebrauchte Ware an Stelle von Neuware (Second Hand, 2014)?
Beim Kauf können zusätzlich Emissionen durch die Wahl von in Deutschland
produzierten Waren reduziert werden. Möglicherweise lohnt die Investition in
qualitativ höherwertige Ware, da sie durch ihre lange Lebensdauer nicht so
schnell ersetzt werden muss. Was nicht mehr benötigt wird, aber noch gut
erhalten ist, kann verkauft oder verschenkt (Verschenkmarkt, 2014) werden,
anstatt im Müll zu landen. Und was tatsächlich niemand mehr gebrauchen
kann, sollte sachgemäß entsorgt bzw. recycled (Recycling BS, 2015) werden.
Heizenergie und dadurch verursachte Emissionen kann sparen, wer sich
wärmer anzieht statt die Heizung aufzudrehen, wer nur aktuell genutzte
Räume an Stelle der gesamten Wohnung heizt und wer stoßlüftet, anstatt das
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
23
Fenster gekippt zu lassen (Stoßlüften statt Kipp, 2014). Auch die Einrichtung
der Wohnung spielt eine Rolle: Für effizientes Heizen sollten die Heizkörper
nicht durch Möbel zugestellt werden; Teppichboden hilft gegen kalte Füße und
nachts zugezogene Gardinen reduzieren den Wärmeverlust über die
Fensterscheiben (Heizen, 2003).
Auch die eigenen Ernährungsgewohnheiten lassen sich klimafreundlich
gestalten. Der Griff zu vegetarischen Alternativen und frischen, möglichst
wenig verarbeiteten und saisonalen Produkten (Saisonkalender, 2009) aus
der Region kann den eigenen CO2-Fußabdruck verbessern. Eine gute
Bezugsquelle für solche Lebensmittel sind Wochenmärkte.
Dies sind nur einige der zahlreichen Möglichkeiten, mit denen sich im Alltag
Treibhausgas-Emissionen reduzieren lassen. Dabei lohnt der persönliche
Einsatz für den Klimaschutz gleich in mehrfacher Hinsicht, denn was gut fürs
Klima ist, kommt oft auch fairem Handel, Tierschutz und der eigenen
Gesundheit zugute.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
24
Anpassungsstrategien an den
Klimawandel
Einleitung
Selbst bei sofortiger Umsetzung effektiver Maßnahmen zur Senkung der CO2Emissionen muss mit Klimaänderungen gerechnet werden, die sich auf das
Leben der Menschen auswirken. Aus diesem Grund ist es mittlerweile
wissenschaftlicher und politischer Konsens, dass Maßnahmen gegen den
Klimawandel sowohl Vermeidung (Mitigation) als auch Anpassung (Adaption)
beinhalten sollten. Dabei gilt es, treffend vom deutschen Klimawandelexperten
Hans Joachim Schellnhuber formuliert, das Unbeherrschbare zu vermeiden
und das Unvermeidbare zu beherrschen.
Ziel der Anpassung ist es, die Verwundbarkeit (Vulnerabilität) einer Region
gegen nachteilige Auswirkungen des Klimawandels zu verringern. Anpassung
umfasst sowohl vorgreifende als auch reagierende Maßnahmen, die auf kurz-,
mittel- und langfristiger Ebene umgesetzt werden können – als simples
Beispiel für kurzfristige Anpassung kann das Stapeln von Sandsäcken bei
Hochwasser dienen, während eine mittel- bis langfristige Anpassung die
Erhöhung des Deiches darstellt.
Die Anpassungskapazität einer Region hängt von ihrem Entwicklungsstand ab
(z.B. politische Stabilität, ökonomischer Wohlstand, soziale Standards).
Desweiteren gibt es Grenzen für Anpassungsmaßnahmen, die in
verschiedenen Ländern unterschiedlich stark ausgeprägt sein können
(ökologische, technologische, finanzielle Grenzen, etc.).
Anpassung in Deutschland
In Deutschland existiert seit 2008 eine nationale Anpassungsstrategie an den
Klimawandel, die in einem Aktionsplan Anpassung (2011) mündete. Dieser
Aktionsplan benennt in einem ersten Schritt die Gefahren und Risiken des
Klimawandels, um ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen zu schaffen. Darauf aufbauend werden Handlungsmöglichkeiten
aufgezeigt und Verantwortlichkeiten abgestimmt – Anpassungsmaßnahmen
sollen sowohl in behördliches als auch privates und unternehmerisches
Handeln einbezogen werden.
Eine wichtige Institution in Deutschland ist das Kompetenzzentrum
Klimafolgen und Anpassung (KomPass) des Umweltbundesamtes. Dieses
untersucht beispielsweise wie erfolgreiche Anpassungsmaßnahmen gestaltet
sind und was bei deren Umsetzung zu beachten ist. Das Bundesministerium
für Bildung und Forschung verfolgt mit der Fördermaßnahme KLIMZUG
(Klimawandel in Regionen zukunftsfähig gestalten) ein ähnliches Ziel und
konzentriert sich dabei auf regionale Anpassungsstrategien. Eine solche
Maßnahme ist das Projekt nordwest2050, das für die Region BremenOldenburg einen langfristigen Fahrplan zur Klimaanpassung gemeinsam mit
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
25
Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aufgestellt hat. Die Filmreihe
Wie verwundbar ist die Region1 vermittelt einen guten Einblick in das Projekt
und dessen Umsetzung.
Im
Folgenden
sind
stichpunktartig
Beispiele
bereits
erfolgter
Anpassungsmaßnahmen aufgeführt, die die Vielfältigkeit der Maßnahmen und
der davon betroffenen Bereiche aufzeigen:
 Landwirtschaft  Anbau von robusteren Getreidesorten
 Hochwasserschutz  Überflutungsflächen um Gewässer einrichten
 Fortwirtschaft  Baumarten beim Waldumbau an zukünftige Verhältnisse
anpassen
 Stadtplanung  Kaltluftschneisen im Stadtgebiet bewahren
 Gesundheitswirtschaft  medizinisches Personal zu Auswirkungen des
Klimawandels schulen
 Tourismus  Alternativen zum Skitourismus in Bergregionen
Anpassung global
Die Bedingungen und genannten Beispiele von Anpassungsmaßnahmen in
Deutschland können nur bedingt auf andere Länder übertragen werden.
Global gesehen gibt es große Unterschiede, wie stark einzelne Regionen von
den Auswirkungen des Klimawandels betroffen und welche Maßnahmen zur
Anpassung notwendig sind.
Permafrostregionen müssen beispielweise vermehrt mit Gefahren wie
Erdrutschen rechnen und dortige Infrastrukturen entsprechend angepasst
werden. Bestimmte Inseln und Küstenregionen können auf den steigenden
Meeresspiegel nur bedingt mit Hochwasserschutzmaßnahmen reagieren und
sind langfristig unter Umständen in ihrer Existenz bedroht. Einige Regionen
werden in Zukunft noch stärker von Dürren betroffen sein, mit verheerenden
Auswirkungen auf ihre Nahrungsmittelversorgung.
Bereits diese geringe Auswahl an Beispielen zeigt auf, welche Anstrengungen
weltweit nötig sind, um dem Klimawandel zu begegnen. Erschwerend kommt
hinzu, dass vielen der stärker durch den Klimawandel betroffenen Regionen
die finanziellen Mittel für effektive Anpassungsmaßnahmen fehlen. Als
Konsequenz wird eine zunehmende Zahl an Klimaflüchtlingen prognostiziert,
für deren Bewältigung internationale Vereinbarungen getroffen werden
müssen – noch gibt es z.B. den Status Klimaflüchtling offiziell überhaupt nicht.
Geo-Engineering
Unter Geo-Engineering werden zielgerichtete Eingriffe großen Maßstabs in
das globale Klimasystem verstanden. Diese Eingriffe verfolgen das Ziel die
Klimaerwärmung abzumildern und treten in zwei Kategorien auf:
1. Maßnahmen, die den Strahlungshaushalt beeinflussen (Verringerung der
Nettoeinstrahlung)
2. Technologien, die dem Kohlenstoffkreislauf CO2 entziehen und dauerhaft
speichern
1
www.nordwest2050.de  Mediathek
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
26
Beispiele für solche Maßnahmen reichen von eher einfachen Vorschlägen wie
dem Aufhellen von Dächern (erhöhte Reflexion), über bereits in den Medien
diskutierten und in der Erforschung befindlichen Ansätzen wie der
Abscheidung und Speicherung von CO2 aus Kraftwerksabgasen bis hin zu
fantastisch anmutenden Ideen wie der Installation von spiegelnden Elementen
im Weltraum.
Geo-Engineering sorgt für einen Paradigmenwechsel im Klimaschutz, da die
Maßnahmen nicht an den Ursachen des Klimawandels ansetzen, sondern
dessen Auswirkungen mindern sollen. Das Umweltbundesamt bewertet den
Einsatz solcher Vorschläge, erachtet eine Umsetzung derzeit aber als nicht
ratsam2. Die Maßnahmen weisen nach heutigem Stand der Technik eine
relativ geringe Wirksamkeit und geringes Kosten-Nutzen-Verhältnis auf.
Weiterhin sind sie aus Sicht des Umweltschutzes kritisch zu sehen, da sie
einen massiven Eingriff in das Umweltsystem bedeuten. Auch völkerrechtlich
bietet sich Konfliktpotential, da einzelne Staaten Maßnahmen umsetzen
könnten, deren Folgen weit über deren Landesgrenzen zu spüren wären.
Dennoch spricht sich das Umweltbundesamt für die weitere Erforschung
bestimmter Maßnahmen aus, um gesicherte Erkenntnisse über deren
Potential und Auswirkungen zu erlangen.
2
Umweltbundesamt (2011): GEO-ENGINEERING – wirksamer Klimaschutz oder Größenwahn?
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
27
Klimaskepsis
Was ist ein Klimaskeptiker
Als Skeptiker im Allgemeinen werden Menschen verstanden, die sich zu
bestimmten Themen kritisch äußern. Von einem Klimaskeptiker kann
gesprochen werden, wenn dieser sich kritisch zu Fragen des Klimawandels
äußert und diesen infrage stellt.
Klimaskeptiker können in drei Gruppen eingeteilt werden. Die Gruppe der
Trendskeptiker leugnet den Erwärmungstrend, wie er in der Wissenschaft
prognostiziert wird, generell. Die Ursachenskeptiker zweifeln die
anthropogene Ursächlichkeit des Klimawandels, während Folgenskeptiker die
von der Wissenschaft für wahrscheinlich gehaltenen Folgen infrage stellen.
Außerdem treten Skeptiker vorwiegend in den Medien auf und seltener auf
wissenschaftlichen Fachtagungen, auf denen ein wissenschaftlich fundierter
Dialog zwischen Skeptikern und Wissenschaftlern möglich wäre. Als Beispiel
für mediales Auftreten kann die Internetplattform von “EIKE - Europäisches
Institut für Klima und Energie” angeführt werden. Diese wird von
Klimaskeptikern betrieben und verfolgt das „Ziel“, der Öffentlichkeit die
Wahrheit über die klimatischen Entwicklungen zugänglich zu machen (die
deutsche Politik, die deutschen Medien und auch einige Institute [bringen]
wesentliche Fakten zu Klima und Extremwetter sachlich falsch,
ideologisierend und mit dem offensichtlichen Ziel einer „Politik der Angst“ in
die Debatte ein). Dabei liegt die Vermutung der Nähe zur Energiewirtschaft,
und einer damit verbundenen Subjektivität, nahe. Dieser Eindruck wird durch
ein Zitat des EIKE unterstützt, das wie folgt lautet: „[...]die deutsche
Energiepolitik inzwischen parteiübergreifend von einer
rationalen
Energieplanung abgewendet hat (EIKE). Daher kann nicht bei allen Skeptikern
Subjektivität ausgeschlossen werden, da Verbindungen in die Wirtschaft
(beispielsweise zu RWE und Tochterfirmen) offenkundig sind (RWE, 2009);
jedoch sollte diese Annahme nicht pauschalisiert werden.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
28
Ravi Marcel Büttke, Nikolaij Janocha
Hauptargumente der Klimaskeptiker
Im Folgenden werden die Hauptargumente von Klimaskeptikern aufgelistet
und mit denen der Wissenschaft verglichen (Tab.1).
Tabelle 1: Gegenüberstellung der Thesen von Klimaskeptikern und
wissenschaftlichen Ansichten (Carr et al., 2010).
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
29
These der Klimaskeptiker
Die globalen
Durchschnittstemperaturen sind seit
1998 nicht mehr gestiegen.
Das Klima der Erde wird nur von der
Sonne angetrieben.
Klimaforscher sind in einer
Verschwörung engagiert.
Wissenschaftliche Ansicht

2000 bis 2009 ist das wärmste
Jahrzehnt seit Beginn der Messungen

Das Zusammenspiel von KlimaTreibern kann zu Perioden von relativ
stabilen Temperaturen führen

Die ungewöhnlich hohen
Durchschnittstemperaturen in 1998
stehen im Zusammenhang mit El Niño

Perioden von relativ konstanten
Temperaturen sprechen nicht gegen
die globale Erwärmung

Von Klima kann erst ab einer 30jährigen Periode gesprochen werden

Das Klima der Erde ist von der Sonne
angetrieben - ABER nicht allein

Die Erwärmung des 20. Jahrhunderts
kann nicht durch die Sonnenaktivität
erklärt werden, da diese abnahm

Die IPCC-Berichte unterliegen
erheblichen Kontrollen aber es ist
unvermeidlich, dass in einem 3000Seiten-Dokument Kontrollen
manchmal Fehler nicht erkennen.
◦
Klimamodelle sind fehlerhaft und
können deshalb nicht zuverlässig
Prognosen über zukünftige
Klimatrends liefern.
Fehler in erster Linie bei
Referenzierungen

Es gibt keinen Beweis, dass
Wissenschaftler in angeblichen
Verschwörungen beteiligt sind!

Man verlässt sich nicht ausschließlich
auf Modelle

Physik und Chemie der Atmosphäre
und der Ozeane des Planeten und
Beobachtungen sind die Grundlage
Klima zu verstehen

Modelle sind beschränkt, ABER sie
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
30
werden immer in der Lage sein, eine
Reihe von physikalischen Prozessen
und Rückkopplungen zu
reproduzieren
Troposphärischer Hotspot fehlt.
Die mittelalterliche Warmzeit war
genauso warm oder wärmer als
heute.
Kohlendioxidniveaus steigen an,
nachdem die Temperaturen in den
Eisbohrkernen steigen.

Sie sagen einstimmig eine
Erwärmung mit zunehmender
Treibhausgaskonzentration vorher

Treibhausgase bewirken in der
Stratosphäre eine Abkühlung und eine
Erwärmung an der Oberfläche und in
der gesamten Troposphäre

Beobachtungen unterstützen dies

Darüber hinaus wurden in neuen
Messungen in den Tropen eine
größere Erwärmung in der oberen
Troposphäre als an der Oberfläche
festgestellt, wie durch die Modelle
vorhergesagt

Obwohl die Signatur eines
troposphärischen Hotspots fehlt,
stützen die neuen
Beobachtungsdaten die
Klimasimulationen

Temperaturen in der mittelalterlichen
Warmzeit (MWP) könnten
vergleichbar mit heute sein, aber die
Schätzungen haben eine hohe
Unsicherheit, weil es so wenige
Aufzeichnungen gibt und die
räumliche Abdeckung lückenhaft ist.

Jedoch ändert ein wärmeres MWP
nicht den Umstand einer
anthropogenen Erwärmung

Datensätze des atmosphärischen CO2
und der Antarktistemperatur der
letzten 800.000 Jahre korrelieren mit
der Variabilität der Umlaufbahn der
Erde beim Übergang aus den
Eiszeiten

Verschiedene Prozesse beeinflussen
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
31
das Klima gleichzeitig
Wasserdampf ist das verbreiteste
Treibhausgas.

Wasserdampf spielt eine tragende
Rolle im natürlichen Treibhauseffekt
→ Andernfalls circa -18 °C globale
Durchschnittstemperatur

Aber die Auswirkungen der CO2 induzierten Erwärmung werden nicht
verringert
→ Folgen werden hinzu addiert
Atmosphärisches CO2 hat bereits
ein Absorptionsmaximum für
Infrarotstrahlung erreicht.
Klimasensitivität ist überschätzt in
aktuellen Klimamodellen.

Die Konzentration von Wasserdampf
ist ein positives Feedback

CO2 + 4 H2 → CH4 + 2 H2O

GWP (CH4)= 21-28 (siehe Glossar)

Kohlendioxid in der Atmosphäre auf
dem vorindustriellen Niveau
verursachte bereits eine erhebliche
Strahlungsabsorption

Der vom Menschen verursachte
Anstieg der
Kohlendioxidkonzentration verursacht
weitere Absorption (über ein breiteres
Spektrum von Wellenlängen)

Diese Effekte erzeugen Erwärmung
und sind vollständig in aktuellen
Klimamodellen integriert.

Klimasensitivität wird als Veränderung
der globalen Mitteltemperatur, als
Reaktion auf eine Verdoppelung der
atmosphärischen CO2-Konzentration
definiert

Werte zwischen 2 und 4,5 °C sind
realistisch

Niedrigere Schätzungen
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
32
vernachlässigen in der Regel
Rückkopplungen von Wasserdampf
und Verzögerungen bei langsameren
Erdsystemen
Erhöhtes CO2 fördert das
Pflanzenwachstum und verbessert
landwirtschaftlichen Ertrag
Die Gesellschaft und natürliche
Systeme haben sich angepasst, um
den Klimawandel zu überstehen.

Modelle mit einer Empfindlichkeit
unter 2,5°C können nicht die
beobachteten Klimaveränderungen
der Vergangenheit erklären

Pflanzenwachstum wird durch ein
erhöhtes CO2-Level unter gleichen
Temperaturen und Wasser- und
Nährstoffverfügbarkeit gefördert

Wachstumsbedingungen verändern
sich durch Klimaänderungen, daher
Nahrungsunsicherheit in Teilen der
Welt

Experimente zum Bemessen der
Auswirkungen der CO2-Anreicherung
deuten darauf hin, dass kein erhöhtes
Wachstum für alle Pflanzenarten
auftritt, da sich mit den
Klimaänderungen auch
Wasserverfügbarkeit und
Temperaturen ändern werden, und
dass der Nährstoffgehalt der Ernte in
manchen Fällen negativ beeinflusst
wird

Früherer Klimawandel wurde oft
begleitet von Migration, Krieg und
Krankheit

Die wachsende Bevölkerung wird
unweigerlich zerstörerische
Veränderungen der Umwelt bewirken,
selbst angesichts der wachsenden
technologischen Fähigkeiten
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
33
Fazit
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Arbeitsweise von
Klimaskeptikern keiner wissenschaftlichen Arbeitsweise entspricht, da sie zum
einen durch ihr Auftreten polarisieren und zum anderen durch ihre
Abwesenheit auf Tagungen nicht zum wissenschaftlichen Diskurs beitragen.
Die Argumente, die Skeptiker vorbringen können durch die Erkenntnisse der
Wissenschaft widerlegt werden. Es kann somit davon ausgegangen werden,
dass die Ursachen der globalen Erwärmung nicht nur natürlich sind. Zudem
räumt die Wissenschaft ein, dass bestimmte von ihr gemachte Angaben mit
Unsicherheiten behaftet sind und gibt zu, einige Prozesse noch nicht
vollständig beziehungsweise ausführlich in die Klimamodelle integriert zu
haben. Die Wissenschaft behauptet nicht die zukünftigen Ereignisse zu
kennen, aber alle wissenschaftlichen Modelle zeigen eine einheitliche Tendenz
in Abhängigkeit zukünftiger Emissionsentwicklungen.
Medienprojekte
Einführung
Das Problem „Klimawandel“ ist laut der Shell Jugendstudie (2010) den
Jugendlichen bewusst und allgemein anerkannt. Fast 80 % der Jugendlichen
gaben an, dass sie den Klimawandel für ein ernst zu nehmendes Problem
halten. Diese Einschätzung ging bis hin zu der Ansicht, dass die Existenz der
Menschheit dadurch bedroht sei. Allgemein kann festgestellt werden, dass alle
Jugendlichen den Klimawandel als ein Problem (mit unterschiedlicher
Schwere) anerkennen.
Wer Schuld hat und wie das Problem in der Öffentlichkeit behandelt wird, lässt
sich im Gegensatz dazu aus den Meinungen der Befragten nicht eindeutig
abgrenzen. Mehr als die Hälfte betrachtet die Industrieländer als Ursache und
somit schuldig an einem die eigene Existenz bedrohenden Problem. Diese
ökologisch motivierte Kritik wurde vor allem von Mädchen und in den älteren
Bundesländern geäußert. Es scheint in dieser Zielgruppe auch durchaus
Bereitschaft zu Energieeinsparmaßnahmen im Alltag zu geben. Mehr
männliche Befragte äußerten Skepsis an der durch die Medien dargestellten
Größe und Schwere des Problems und zeigten dementsprechend nur eine
geringe Bereitschaft zu Verhaltensänderungen (~20 %). Ungefähr ebenso
viele sahen den Klimawandel als ein nicht mehr lösbares Problem an. Es
handelte sich wiederum um etwas mehr Mädchen als Jungen, die dieser
Ansicht waren. Trotz allem zeigten sie dieselbe Bereitschaft zu
Klimaschutzmaßnahmen, wie die erste Gruppe.
Die angesprochenen Maßnahmen beschränken sich bei vielen (~40%)
allerdings auf die Wahl „Fahrrad statt Auto“ oder dazu, ein Auto mit
geringerem Verbrauch zu benutzen. Nur wenige engagierten sich darüber
hinaus im Klimaschutz. Diese Gruppe besteht vor allem aus „klimakritische[n]“
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
34
jungen Leuten, die in die Zielgruppe des Theaterstücks fallen würden (Shell
Jugendstudie, 2010). Das Stück müsste für sie alternative oder auch neue
Klimaschutzmöglichkeiten aufzeigen, die im kleinen Rahmen funktionieren.
Außerdem müsste speziell die Ansicht korrigiert werden, dass nur Autofahren
klimaschädlich ist. Letzteres schwingt unterschwellig in der Befragung mit.
Positiv zu vermerken ist, dass laut der Jugendstudie im Bereich Politik das
Engagement vor allem der 12-14-Jährigen im Vergleich zu den Vorjahren
wieder angestiegen ist. Allerdings fehlt Vertrauen in die höheren politischen
Institutionen, weshalb wohl vor allem lokalpolitisch oder mit Bürgerinitiativen
gearbeitet werden kann.
Ausgewählte Informationsquellen
Im Folgenden werden kurz einige ausgewählte Beispiele besprochen und die
prinzipiellen Vor- und Nachteile der Medienquellen betrachtet.
Katastrophen- und Dokumentarfilme
Von Hollywood produzierte Katastrophenfilme stellen logischerweise keine
ernst zu nehmende Informationsquelle dar. Sie dienen primär der
Unterhaltung und geben oft wissenschaftlich inkorrekte Thesen ab. Ein älteres
Beispiel bietet der Blockbuster “The Day After Tomorrow” (2004), welcher den
Beginn einer neuen Eiszeit, infolge des durch die Klimaerwärmung
zusammengebrochenen Golfstroms, thematisiert. Äußerst problematisch bei
Filmen dieser Art ist, dass die Figuren meist Wissenschaftler sind und dadurch
eine Richtigkeit ihrer Thesen beanspruchen, die nur in der Fiktion gegeben ist.
Die Szenarien enthalten genügend richtige Informationen, dass diese von den
Jugendlichen auch in der Realität angenommen werden. So ist zum Beispiel
das im Film dargestellte Golfstromszenario nicht gänzlich falsch. Es wird unter
anderem vermutet, dass die Jüngere Dryas infolge des Hudson-BayEreignisses so ähnlich ausgelöst wurde. Die dargestellte Zeitskala ist in fast
jedem Film zu klein. Das “Schockfrosten” von New York und Europa setzt
nach drei Wochen ein, während sich solche Prozesse normalerweise auf
100er beziehungsweise 1000er Jahre-Skalen bewegen (Sirocko, 2013;
Wikipedia). Außerdem wird vermutet, dass der Golfstrom sich nach einem
Zusammenbrechen ohnehin selbst regulieren würde (auf der geologischen
Zeitskala erfolgt dies nach kurzer Zeit). Das dargestellte Szenario wird aus
eigener Erfahrung von vielen als wahr angenommen und sollte (sofern
thematisiert) richtig gestellt werden. Im Film wird erstaunlicherweise sogar
erwähnt, dass sich „aus einem mysteriösen Grund“ (The Day After Tomorrow,
2004) die 100 ° kältere Luftschicht aus der oberen Atmosphäre beim Absinken
nicht adiabatisch erwärmt (siehe Glossar). Dadurch wird im Film das
„Schockfrosten“ Europas erklärt. Diese Schicht existiert tatsächlich, ist aber
sehr dünn und liegt in viel größeren Höhen, als dies von Hollywood propagiert
wird.
Der renommierte Dokumentarfilm “Chasing Ice” (2012) ist im Gegensatz dazu
aktueller, wenn wahrscheinlich auch weniger bekannt als der zuvor genannte
Blockbuster. Der Film überzeugt durch spannende Landschaftsbilder und
einen hohen Wiedererkennungswert in dem Erfahrungsbericht des
Naturfotografen James Balog und der EIS (Extreme Ice Survey). Der Film
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
35
sollte gerade junge Klimaskeptiker ansprechen, da in den Fotos Tatsachen
präsentiert werden, die nicht lügen oder laut anklagen (Sven Stockrahm, Die
Zeit). Als Makel wird angesehen, dass der Film zwischenzeitlich sehr vom
Thema abschweift, lange über die Krankheitsgeschichte Balogs oder die
technischen Schwierigkeiten des EIS-Ingenieurteams berichtet. Sehr
überzeugt haben neben den beeindruckenden Bildern auch die Einschnitte
von wissenschaftlichen Erklärungen und Interviews mit Forschern. Der Film
wird auch meinerseits als recht gut eingestuft, wobei aus im Folgenden
aufgeführten Gründen “Terra X” ein gelungeneres Projekt ist.
Fernsehserien
Als Beispiele für täglich laufende Fernsehserien können “Galileo” und “Terra
X” angeführt werden. Die Qualität von “Galileo” wird dabei als sehr viel
geringer, als die von “Terra X” eingeschätzt. Beide Serien haben den Vorteil
allgemein bekannt und sehr beliebt zu sein. “Terra X” läuft für jeden erhältlich
auf einem öffentlichen Sender, während es sich bei Pro Sieben um einen
Privatsender handelt. Beide Serien sind legal in Webarchiven als Clips
erhältlich. Positiv an “Terra X” ist, dass es bei der Suchanfrage “Klimawandel”
fast 100 ganze Folgen zu finden gibt. Zu den Filmen existieren kurze Artikel,
sodass das Video nicht komplett angesehen werden muss. Außerdem arbeitet
sie wie “Chasing Ice” viel über Landschaftsbilder. Es wird eher auf
Prozessverständnis geachtet, als bei “Galileo”. Bei letzterem werden die
Folgen in kurze Clips zerschnitten, was zeitlich vorteilhaft ist. Andererseits
vermittelt die von Jugendlichen als “Wissensserie” betrachtete Fernsehshow
nur wenig Prozess- und dafür viel “unnützes” Faktenwissen aus Statistiken
und Selbstexperimenten. Letzteres ist natürlich für Jugendliche oft
ansprechender. Stark negativ wird bei “Galileo” angesehen, dass man
Informationen zum Klimawandel nur über Rubriken wie “Natur und Umwelt,
Tiere und Naturkatastrophen” verstreut findet. Im Gegensatz dazu hat ZDF in
Zusammenarbeit mit BBC sogar eine eigene Dokureihe über “Eisige Welten”
gesendet. Die Qualität der Informationen scheint nach eigener Einschätzung
und Erfahrung bei “Terra X” deutlich höher zu liegen und wissenschaftlich
fundierter zu sein. Allgemein beim Fernsehen als problematisch betrachtet,
wird die Art der Informationsvermittlung. Man kann zwar visuell mehr
Informationen im Gedächtnis behalten, allerdings erschwert es, ohne die
Möglichkeit Inhalte schriftlich nachzulesen, tieferes Verständnis. Es ist zwar in
jedem Fall unterhaltsamer als schriftliche Quellen, meistens aber mit einer
geringeren Informationsdichte pro Zeiteinheit versehen.
Internet und andere Quellen
Der große Vorteil des Internets besteht darin, dass mittlerweile laut der Shell
Jugendstudie (2010) fast 100 % der Jugendlichen einen Zugang zum Internet
haben. Problematisch ist dabei allerdings, wie und für welchen Zweck die
Jugendlichen das Internet nutzen. Laut der JIM-Studie (2011) ist das Internet
zwar das nach dem Handy am häufigsten täglich genutzte Medium und die
Jugendlichen gaben ebenfalls den Umweltschutz als sehr wichtige Interesse
an, jedoch ist zu bezweifeln, dass die Informationssuche im Internet
hauptsächlich diesem Zweck dient. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass die
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
36
Informationsmenge zu groß und unübersichtlich ist. Es gibt wenige
Qualitätsgarantien und aus eigener Erfahrung ist bekannt, dass die meisten
Nutzer Wikipedia als “verlässliche” und vor allem allseits bekannte
Informationsquelle nutzen.
Vorteilhaft an dem Wikipedia Artikel zum Klimawandel ist, dass er die
Ursachen gut und auch soweit ersichtlich wissenschaftlich korrekt darstellt.
Kompliziertere Prozesse wie die Milanković-Zyklen können mit einem Klick
ebenfalls schnell nachgelesen werden. Es ist übersichtlich und relativ
umfangreich. Allerdings werden die Folgen des Klimawandels, als auch
Vorschläge für Einsparmaßnahmen nicht genannt. Vermutet wird, dass dies
aufgrund der Umstrittenheit dieser Themen nicht der Fall ist. Eindeutig negativ
ist anzusehen, dass theoretisch jeder in Wikipedia einen eigenen Artikel
verfassen könnte. So schwankt die Qualität der Artikel nach den Verfassern,
wobei viele Artikel trotzdem eine gute Qualität und lange Literaturliste
aufweisen. Für die “Klimakonferenz” müsste möglicherweise der Artikel näher
auf Falschaussagen überprüft werden.
Das studentische Forschungsprojekt “REKLIM” ist ein ausgewähltes
Klimaprojekt, welches auch im Internet präsent ist. Es behandelt einen breiten
Themenkatalog in Form von, Artikeln, Fotostrecken, Berichten und Interviews.
Negativ anzusprechen ist die Altersgruppe, an die sich “REKLIM” vermutlich
richtet. Es ist wohl eher für Studenten oder Oberstufenschüler ansprechend.
Allerdings ist es ein gutes Beispiel für ein von Studenten gemachtes Projekt,
dem unseren nicht unähnlich.
Radio und Zeitungen kommen als ältere Medien ebenfalls in Frage, werden
aber aufgrund der JIM-Studie (2011) für die Betrachtung verworfen, da die
Nutzung dieser sehr gering ausfällt. Positiv zu vermerken ist jedoch, dass bei
Nachrichten die Jugendlichen am ehesten der Tageszeitung vertrauen.
Glossar
Adaption
Anpassung an sich ändernde Rahmenbedingungen.
Adiabatische Erwärmung/Abkühlung
Erwärmung bzw. Abkühlung eines Luftpakets auf Grund einer
Höhenänderung.
Albedo
Verhältnis aus kurzwelliger Ausstrahlung und kurzwelliger Einstrahlung einer
Oberfläche. Helle Oberflächen haben dementsprechend eine hohe Albedo
und dunkle Oberflächen eine niedrige Albedo.
Anthropogen
menschengemacht.
Burden Sharing
Lastenteilung innerhalb einer Gruppe von Ländern mit einer gemeinsamen
Reduktionsverpflichtung. Wurde im Rahmen des Kyotoprotokolls für die EU
umgesetzt, die sich verpflichtet hatte ihre Emissionen um 8 % zu senken.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
37
Deutschland und Dänemark hatten die größten Reduktionsziele, während
Spanien, Griechenland und Portugal ihre Emissionen sogar steigern durften.
Clean Development Mechanism
Ein im Rahmen des Kyoto-Protokolls entwickelter Mechanismus.
Industrieländern können hiermit Projekte zur Emissionsreduktion in
Entwicklungsländern finanzieren (bspw. Aufforstung) und bekommen hierfür
Zertifikate ausgestellt, die der Emissionsreduktion in den Industrieländern
angerechnet werden.
CO2-Äquivalente
Umrechnung der Konzentration aller Treibhausgas in eine CO2-Konzentration
(in parts per million,ppm) unter Berücksichtigung des jeweiligen Global
Warming Potentials.
CO2-Bilanz
Bezeichnet die summierten, direkten und indirekten CO2-Emissionen über
einen gewissen Zeitraum oder eine zurückgelegte Strecke. Beispielsweise
wird die CO2-Bilanz der Bevölkerung Deutschlands angegeben als Summe
aller direkten und indirekten CO2-Emissionen pro Kopf über den Zeitraum von
einem Jahr.
Eis-Albedo-Rückkopplung
Beim Beginn von Kaltzeiten erhöht sich die Eisfläche auf der Erde und somit
auch die Albedo der Erde. Die Reflektion der solaren Einstrahlung wird also
erhöht, wodurch weniger Energie zur Erwärmung der Erdoberfläche verfügbar
ist und somit den Prozess der Abkühlung verstärkt. Umgekehrt verhält es sich
beim Beginn von Warmzeiten.
El Niño
Bezeichnet ein wiederkehrendes, natürliches Klimaphänomen das im
äquatorialen Pazifik durch eine Umkehr von Strömungsprozessen bedingt ist.
Unter anderem wird der Auftrieb kalten, nährstoffreichen Wassers entlang der
Westküste Südamerikas unterbunden, wodurch es zum Massensterben von
Fischen kommen kann. Der Name stammt von peruanischen Fischern und
rührt daher, dass das Phänomen meist um Weihnachten entsteht.
Emission
Ausstoß von Luftinhaltsstoffen durch Verbrennungsprozesse.
Emissionshandel
Handel von CO2-Emissionszertifikaten ähnlich einer Börse mit dem Ziel die
CO2-Emissionen der Industrie zu reduzieren bzw. Anreize zu schaffen
Technologien zur Emissionsreduktion zu entwickeln.
Geo-Engineering
Zielgerichtete, technologische Eingriffe großen Maßstabs in das globale
Klimasystem.
GWP (Global Warming Potential)
Das Erwärmungspotential eines Gases im Vergleich zu demjenigen von CO2.
Hudson-Bay-Ereignis
Am Ende der letzten Eiszeit bildete sich im Bereich der heutigen Hudson-Bay
durch Zuflüsse von Gletscherwasser der Agassizsee. Nach einer Theorie wird
angenommen, dass vor ca. 13 000 Jahren ein Eisriegel brach, wodurch es
zum Ausströmen des Süßwassers in den Nordatlantik kam.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
38
Joint Implementations
Gleicher Mechanismus wie der Clean Development Meachnism, mit dem
Unterschied, das ein Industriestaat A (Annex B) Zertifikate für eine Investition
zur Emissionsreduktion in einem Industriestaat B erhält.
Jüngere Dryas
Etwa 1000-jährige Kälteperiode oder auch Kälterückfall am Ende der letzten
Eiszeit. Als Ursache gilt eine Unterbrechung des Golfstroms auf Grund einer
Gletscherschmelze. Das Hudson-Bay-Ereignis könnte ein auslösender Faktor
gewesen sein.
Kalt-und Warmzeit
Zeiträume während derer die Lufttemperaturen über (Warmzeit) oder unter
(Kaltzeit) einer langjährigen Mitteltemperatur liegen.
Klima
Statistik des Wetters an einem Ort über einen Betrachtungszeitraum von
typischerweise 30 Jahren.
Mitigation
Vermeidung (der globalen Erwärmung).
Permafrostregion
Region, in der die Böden ab einer gewissen Tiefe dauerhaft gefroren sind
(z.B. in Alaska, Sibirien). Oberhalb des dauerhaft gefrorenen Bereichs gibt es
eine Bodenschicht, die im Sommer regelmäßig auftaut (in einer Mächtigkeit
von wenigen Dezimetern bis einigen Metern).
Projektion
Mögliche zukünftige Entwicklung einzelner oder mehrerer Klimakenngrößen
(Temperatur, Niederschlag, Sonneneinstrahlung usw.) auf Basis von
Szenarien und Klimamodellen.
Solarkonstante
Solare Einstrahlung am oberen Rand der Atmosphäre (rd. 1370 W m-2).
Strahlungsantrieb
Erwärmungspotential eines Luftinhaltsstoffes (Gase, Partikel) umgerechnet in
W m-2.
Thermohaline Zirkulation
Auch als globales Förderband bezeichnet. Hierbei handelt es sich um globale
Meereströmungen, die von Temperatur- und Salzgehaltsunterschieden
angetrieben werden. Beides sind wesentliche Faktoren für die Dichte des
Wassers.
Treibhausgas
Gas, das Energie im infraroten Wellenlängenbereich absorbiert und wieder
gleichförmig in alle Richtungen abstrahlt. Die Wirkung ist vergleichbar mit
derjenigen eines Treibhauses.
Vulnerabilität
Anfälligkeit (Verwundbarkeit) eines Systems gegenüber nachteiligen
Auswirkungen infolge einer Störung.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Anja Dreischmeier, Mikolaij Janocha, Esther Jurkiewicz, Anja Signitzer
Anja Dreischmeier, Thiemo Hackel, Ravi Marcel Büttke
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
40
Vorbereitung
Bestandsaufnahme
Was wissen wir eigentlich über das Thema Klimawandel? Das gilt es in dieser
Übung herauszufinden! Die Schülerinnen und Schüler sollen sich in
Zweierpaaren gegenübersetzen, so dass sie sich gut miteinander unterhalten
können. Im nächsten Schritt erzählen sie sich immer abwechselnd eine Minute
lang etwas zu folgenden Fragen. Dabei ist es wichtig, dass sich der
Zuhörende so viel wie möglich merkt.
●
●
●
●
●
Was ist das Klima?
Was ist der Klimawandel?
Habe ich Angst wegen des Klimawandels?
Wie beeinflusse ich persönlich den Klimawandel?
Was tue ich schon um den Klimawandel zu stoppen?
Nachdem über alle Fragen gesprochen wurde, stellen die Schülerinnen und
Schüler der Klasse vor, was sie gerade von ihrer Gesprächspartnerin/ ihrem
Gesprächspartner erzählt bekommen haben. Die Ergebnisse der Klasse kann
man sammeln, um daraus später vielleicht Plakate zu gestalten.
Die Klima-Dia-Show
In Kleingruppen (5-6 SchülerInnen) entwickeln die Schülerinnen und Schüler
fünf Standbilder zu den Folgenden Themen:
●
●
Die Folgen des Klimawandels
Die Ursachen des Klimawandels
Wenn alle Gruppen 5 Standbilder gefunden haben, werden sie vor der Klasse
präsentiert. Dabei ist es wichtig, dass immer eine Schülerin / ein Schüler aus
einer anderen Gruppe die Bilder kommentiert. Wie bei einem Dia-Vortrag hält
er eine Rede und beschreibt das, was er in dem Standbild sieht. Wenn ihm
nichts mehr einfällt sagt er »KLICK«, und das nächste Standbild wird gezeigt.
Wie viele Welten bräuchtet ihr?
Findet heraus, wie viel CO2 ihr als Klasse ausstoßt. Auf der Homepage von
Brot für die Welt kann man das in einem anschaulichen Test herausfinden.
Wenn ihr alle euren persönlichen CO2-Austoß errechnet habt, errechnet den
Gesamtwert
eurer
Klasse
Den
Test
findet
ihr
hier:
http://www.fussabdruck.de/fussabdrucktest/#/start/index/
Wir brauchen einen Klimasong!
Sucht euch ein Lied, das ihr gerade besonders cool findet. Druckt euch den
Text aus und schreibt ihn zu einem Klimasong um. Dann übt ihn ein und
präsentiert ihn eurer Klasse. Ihr könnt auch gerne ein Musikvideo dazu drehen
und es auf unsere Facebookseite posten. Wir freuen uns immer sehr!
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
41
Nachbereitung
Der Klimawandel im Alltag
Diese Übung erfordert einen relativ großen Zeitaufwand. Dieser
erstreckt sich über insgesamt 3 Tage.
1. Tagesablauf erstellen (Tag 1)
Sie Schülerinnen und Schüler sollen in ihrem alltäglichen Leben ein
Bewusstsein dafür entwickeln, mit welchen Handlungen sie einen
Einfluss auf das Klima nehmen. Dafür erstellt jeder aus der Klasse
einen alltäglichen Tagesablauf (siehe Tabelle im Anhang), in dem er
diese Tätigkeiten rot markiert.
2. Auswertung in der Klasse (Tag 2)
Teilen Sie Ihre Klasse in Kleingruppen (5-6 Schüler/innen) und lassen
Sie ihre Tagesabläufe miteinander vergleichen und darüber diskutieren.
Danach sollen in den Gruppen Alternativen für ihre umwelt- bzw.
klimaschädlichen Tätigkeiten diskutiert werden.
Anschließend werden die Ergebnisse in der Klasse präsentiert.
3. Ein klimafreundlicher Tag (Tag 3)
Für den nächsten Tag sollen sich die Schüler/innen vornehmen, ihre
Änderungen in die Tat umzusetzen. Ihre Erfahrungen tragen sie in den
Auswertungsbogen ein und besprechen sie mit ihren Mitschülern.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
42
Ensemble
Ensemble, Anja Signitzer
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
43
Theaterknigge
Ein Theater ohne Publikum ist wie …
… Nullen ohne Einsen.
… ein Wald ohne Bäume.
… die Welt ohne das Internet.
Daher freuen wir uns darüber, dass ihr da seid! Da es im Theater ein paar
Regeln zu beachten gibt, haben wir dieses kleine Lexikon als Hilfe für euch
zusammengestellt:
Abendkleid, das: Viele Menschen ziehen sich gerne schön an, wenn sie ins
Theater gehen. Sie wollen den Schauspielerinnen und Schauspielern ihren
Respekt erweisen, oder selber auch ein bisschen glitzern, falls jemand zu
ihnen in die Loge schaut. Heute ist schicke Kleidung aber keine feste Regel
mehr im Theater.
Essen, das: Ihr könnt euch vorstellen wie sehr es stören würde, wenn bei
ganz leisen oder traurigen Szenen plötzlich jemand im Publikum in einen
knackigen Apfel beißen würde. Und dann stellt euch vor, dass jemand neben
euch eine Knistertüte auspackt ... Also, das Essen im Theater ist grundsätzlich
nicht erlaubt.
Fotografieren, das: Auch das Fotografieren ist leider nicht erlaubt. Wenn ihr
schöne Bilder von dem Stück haben wollt, fragt doch im Theater nach.
Meistens gibt es Erinnerungsbilder zum mit nach Hause nehmen auf Plakaten
und Postkarten.
Klatschen, das: Nachdem ein Stück vorbei ist, kommen die
Schauspielerinnen und Schauspieler auf die Bühne und alle können heftig
applaudieren. Je besser einem das Stück gefallen hat, desto lauter kann der
Applaus sein.
Unterhalten, das: Vermeidet es bitte, euch während der Vorstellung zu
unterhalten. Die Schauspieler können euch, anders als im Kino, hören! Merkt
euch eure Anmerkungen und Gedanken einfach, bis das Stück zu Ende ist,
dann habt ihr noch genug Zeit über das Gesehene zu diskutieren.
Turnschuhe, die: Turnschuhe sind im Theater erlaubt. Vielleicht solltest du
sie nicht grade ausziehen, wenn du deine Füße vorher nicht gewaschen hast
und deine Socken stinken könnten.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
44
Anhang für Interessierte
Es wird heiß
Aus dem Greenpeace Magazin 6.12 von Bill McKibben
Drei simple Zahlen belegen, dass die Menschheit in akuter Gefahr ist – es ist
die erschreckende Mathematik der Erderwärmung. Die gruseligste von ihnen
lautet: 2795 Gigatonnen. So viel Kohlendioxid steckt in den nachgewiesenen
Reserven der Öl- und Kohlekonzerne, deren Förderung bereits geplant ist.
Wenn wir zulassen, dass dies tatsächlich geschieht, wird sich unser Planet
grundlegend wandeln. Nur eine neue Protestbewegung kann dies verhindern.
Fangen wir mit ein paar konkreten Zahlen an.
Im Juni wurden in den Vereinigten Staaten 3215 Temperaturrekorde
gebrochen oder eingestellt.
Der Mai war in der nördlichen Hemisphäre der wärmste seit Beginn der
Aufzeichnungen, zugleich war er der 327. Monat in Folge, in dem die
Erdtemperatur über dem Durchschnitt des letzten Jahrhunderts lag. Die
Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Phänomen zufällig eintritt, liegt bei eins
zu 2,7 x 1098 – eine Zahl, deutlich größer als die Anzahl der Sterne im All.
Dieser Frühling war in Amerika der wärmste seit Beginn der
Temperaturaufzeichnungen – der neue Rekord übertraf den alten so sehr,
dass er „die größte Abweichung vom bislang gemessenen
Temperaturdurchschnitt einer Jahreszeit“ war. Gleichzeitig wurde aus SaudiArabien gemeldet, dass es in Mekka bei 42,8 Celsius geregnet hatte, der
wärmste Wolkenbruch der Geschichte. Nicht, dass unsere Politiker sich davon
beeindrucken lassen. Der diesjährige Umweltgipfel in Rio de Janeiro, 20 Jahre
nach der ersten Rio-Konferenz 1992, erreichte überhaupt nichts. Dabei muss
man sich nur eine einfache Rechnung ansehen, um den Ernst der Lage zu
verstehen.
Im letzten Jahr haben Finanzexperten eine einfache arithmetische Analyse
veröffentlicht, die in Fachkreisen diskutiert wird, einer breiteren Öffentlichkeit
aber noch nicht bekannt ist. Sie wirft die meisten bisherigen politischen
Überlegungen zum Klimawandel über den Haufen. Und sie ermöglicht es uns,
anhand von drei simplen Zahlen unsere beinahe, aber noch nicht völlig
hoffungslose Lage zu verstehen.
Die erste Zahl: 2º C
Hätte der Film hollywoodmäßig geendet, wäre der Kopenhagener Klimagipfel
2009 der Höhepunkt des weltweiten Kampfes gegen den Klimawandel
gewesen. In der dänischen Hauptstadt hatten sich die Nationen der Welt zu
einer Konferenz versammelt, die, wie der britische Klimaökonom Sir Nicholas
Stern es formulierte, „angesichts des Ernsts der Lage die wichtigste Konferenz
seit dem Zweiten Weltkrieg“ war. Die dänische Umweltministerin und
Tagungsvorsitzende Connie Hedegaard erklärte seinerzeit: „Das ist unsere
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
45
Chance. Nutzen wir sie nicht, könnte es Jahre dauern, bis wir eine zweite,
bessere bekommen. Wenn überhaupt.“
Am Ende wurde sie natürlich nicht genutzt. Kopenhagen war ein grandioser
Misserfolg. Weder China noch die USA, die zusammen für 40 Prozent der
weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind, waren zu deutlichen
Zugeständnissen bereit. Die Konferenz dümpelte zwei Wochen ziellos vor sich
hin, bis am letzten Tag Staatschefs aus der ganzen Welt einflogen. Unter
chaotischen Bedingungen versuchte Präsident Obama, einen
gesichtswahrenden „Copenhagen Accord“ vorzuschlagen, der kaum
jemanden überzeugen konnte. Die Vereinbarungen sind nicht bindend, und
auch wenn einige Länder ihre Bereitschaft signalisierten, den CO2-Ausstoß zu
reduzieren – es gab keine Durchsetzungsmechanismen.
Doch das Abschlussdokument enthielt eine wichtige Zahl. In Paragraf eins
wurde „die wissenschaftliche Auffassung, dass die Erderwärmung unter zwei
Grad Celsius liegen sollte“, offiziell anerkannt. Und im nächsten Paragrafen
hieß es: „Wir erkennen an, dass tiefe Einschnitte bei den globalen Emissionen
notwendig sind, damit die Erderwärmung unter zwei Grad Celsius gehalten
werden kann.“ Mit der Bekräftigung von zwei Grad wurden Positionen
ratifiziert, die zuvor schon von den G8 und vom sogenannten Major
Economies Forum formuliert worden waren. Tatsächlich war diese Zahl
erstmals auf der Berliner Klimakonferenz 1995 genannt worden, die unter dem
Vorsitz der damaligen deutschen Umweltministerin und heutigen
Bundeskanzlerin Angela Merkel stattfand.
Einige Anmerkungen zum Kontext: Bislang ist die Durchschnittstemperatur der
Erde um knapp 0,8 Grad Celsius gestiegen, und das hat schon weit mehr
Schaden angerichtet, als die meisten Wissenschaftler erwarteten. Beinahe die
Hälfte der arktischen Sommereisfläche ist verschwunden, die Ozeane sind 30
Prozent saurer, und da warme Luft mehr Wasserdampf hält als kalte, ist die
Atmosphäre über den Weltmeeren fünf Prozent feuchter, sodass mit
katastrophalen Überschwemmungen zu rechnen ist. Angesichts dessen halten
viele Wissenschaftler zwei Grad als Limit für viel zu lax. „Alles, was über
einem Grad liegt, ist riskant“, schreibt der Hurrikanexperte Kerry Emanuel vom
Massachusetts Institute of Technology. „Und mit steigenden Temperaturen
werden die Chancen immer ungünstiger.“ Thomas Lovejoy, ehemaliger
Artenvielfalt-Experte der Weltbank, drückt es so aus: „Wenn wir sehen, was
heute schon bei 0,8 Grad passiert, dann sind zwei Grad schlicht zu viel.“ Der
Nasa-Wissenschaftler James Hansen, der prominenteste Klimaforscher
weltweit, formuliert es noch drastischer: „Das Zwei-Grad-Ziel, von dem in
internationalen Verhandlungen gesprochen wird, führt langfristig in die
Katastrophe.“
Trotz dieser begründeten Skepsis hat sich die Politik über alle
wissenschaftlichen Mahnungen hinweggesetzt, und die Welt hat sich auf zwei
Grad geeinigt. Man kann sogar sagen, dass es das Einzige ist, worauf sich die
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
46
Welt in Sachen Klimawandel überhaupt geeinigt hat. 167 Länder, die für mehr
als 87 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich sind, haben das
Kopenhagener Abschlussdokument unterzeichnet, in dem die zwei Grad
festgeschrieben sind. Nur ein paar Länder haben es abgelehnt, darunter
Kuwait, Nicaragua und Venezuela. Selbst die Vereinigten Arabischen Emirate,
die ihr Geld vor allem mit Öl und Gas verdienen, haben unterzeichnet. Die
offizielle Linie des Planeten Erde ist zurzeit die, dass die Erwärmung zwei
Grad nicht übersteigen darf. Das ist das Äußerste. Zwei Grad.
Die zweite Zahl: 565 Gigatonnen CO2
Nach Schätzungen von Wissenschaftlern kann die Menschheit bis zur Mitte
dieses Jahrhunderts ungefähr 565 Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre blasen
und trotzdem noch die vertretbare Hoffnung haben, unter dem Limit von zwei
Grad zu bleiben („vertretbar“ bedeutet hier eine Wahrscheinlichkeit von vier zu
fünf, also etwas schlechter als russisches Roulette mit einem
sechsschüssigen Revolver).
Die Vorstellung eines globalen „CO2-Budgets“ kam vor etwa zehn Jahren auf,
als Wissenschaftler berechneten, wie viel Öl, Kohle und Gas weiterhin
verbraucht werden können. Da wir die Erdtemperatur bislang um 0,8 Grad
erhöht haben, sind wir noch mehr als die Hälfte des Weges vom Zwei-GradZiel entfernt. Computermodelle errechnen aber, dass selbst dann, wenn wir ab
sofort den CO2-Ausstoß nicht mehr erhöhen würden, die Erdtemperatur um
noch einmal 0,8 Grad steigen würde, da das bisher freigesetzte CO2 die
Atmosphäre weiterhin aufheizt. Das heißt, wir haben schon drei Viertel des
Weges zum Zwei-Grad-Ziel zurückgelegt.
Wie zuverlässig sind diese Zahlen? Niemand behauptet, dass sie exakt sind,
aber die wenigsten Fachleute bestreiten, dass sie grundsätzlich stimmen. Die
Zahl 565 Gigatonnen ist das Ergebnis einer der aufwendigsten
Computersimulationen, die in den letzten Jahrzehn-ten von Klimaforschern
entwickelt wurden. Sie wird auch bestätigt durch die jüngsten Klimamodelle,
die derzeit für den nächsten Bericht des Weltklimarates IPCC erarbeitet
werden. „All diese Modelle unterscheiden sich nicht groß voneinander“, sagt
Tom Wigley, ein australischer Klimaforscher am National Center for
Atmospheric Research. „Wir haben gegenwärtig etwa 40 Modelle, früher
waren es 20. Aber bislang sind die Ergebnisse ziemlich ähnlich. Im Grunde
geht es nur um Feinabstimmungen. In den letzten zehn Jahren hat sich nicht
viel verändert.“ Auch William Collins, Klimaforscher am Lawrence Berkeley
National Laboratory, sieht das so: „Die Ergebnisse der neuesten Modelle
werden ziemlich ähnlich sein. Wir haben immer mehr Klimadaten, aber die
Ergebnisse bleiben weitgehend gleich.“
Auch in den Volkswirtschaften der Welt ändert sich nicht viel. Nur 2009, auf
dem Höhepunkt der Finanzkrise, gingen die CO2-Emissionen leicht zurück,
doch ansonsten pumpen wir Jahr für Jahr Rekordmengen an Kohlendioxid in
die Atmosphäre. Im Mai veröffentlichte die Internationale Energieagentur (IEA)
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
47
ihre jüngsten Zahlen: Die CO2-Emissionen stiegen im letzten Jahr auf 31,6
Gigatonnen, das sind 3,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Amerika hatte einen
warmen Winter und stellte mehr Kohlekraftwerke auf Erdgas um, sodass der
Ausstoß leicht sank. In China setzte sich der Boom fort, der CO2-Ausstoß
stieg dort um 9,3 Prozent (neuer-dings liegt er über dem der USA). In Japan,
wo nach Fukushima die Atomkraftwerke abgeschaltet wurden, stiegen die
Emissionen um 2,4 Prozent. In einer Studie nach der anderen wird
prognostiziert, dass der CO2-Ausstoß jährlich um etwa drei Prozent zunehmen
wird, und wenn das in diesem Umfang weitergeht, werden wir unsere 565
Gigatonnen bereits in 16 Jahren erreicht haben, also etwa dann, wenn die
heutigen Vorschüler ihr Abitur machen. „Die neuen Daten machen abermals
deutlich, dass wir das Zwei-Grad-Ziel praktisch schon erreicht haben“, sagt
Fatih Birol, Chefökonom der IEA. „Der Trend dieser Daten entspricht einer
Erwärmung um etwa sechs Grad.“ Dann hätten wir einen Planeten wie aus
einem Science-Fiction-Roman.
Mit Blick auf die neuen Fakten wiederholten alle Teilnehmer in Rio wie üblich
gebetsmühlenartig die Forderungen nach politischen Maßnahmen, die uns zu
dem Zwei-Grad-Ziel zurückführen. Das Kasperltheater wird im November
weitergehen, wenn in Katar die nächste Vertragsstaatenkonferenz (COP) der
UN-Klimarahmenkonvention stattfindet. Das wird COP 18 sein – COP 1
war 1995 in Berlin –, und bei all diesen Konferenzen ist praktisch nichts
herausgekommen. Selbst die traditionell reservierten Wissenschaftler halten
mit ihrer Meinung nicht mehr hinter dem Berg. „Seit fast 30 Jahren ist die
Botschaft glasklar“, sagt William Collins und lacht sarkastisch. „Wir haben die
notwendigen Instrumente und Computer, um alles detailliert zu berechnen.
Wenn wir weitermachen, sollte das unter vollständiger Berücksichtigung der
wissenschaftlichen Forschungsergebnisse geschehen.“
Bislang sind all diese Forderungen jedoch wirkungslos verhallt. Wir sind in
genau derselben Lage wie vor 25 Jahren: Die Wissenschaft warnt, die Politik
unternimmt nichts. Die meisten Klimaforscher sprechen empört und offen,
sobald die Mikrofone ausgeschaltet sind. Ein älterer Wissenschaftler erklärte
im persönlichen Gespräch: „Sie kennen sicher diese Zigarettenpackungen, auf
die Hersteller Bilder von Menschen mit Loch im Hals drucken müssen. So
etwas müsste es auch für Zapfsäulen geben.“
Die dritte Zahl: 2795 Gigatonnen CO2
Dies ist die gruseligste Zahl – eine, die erstmals die politischen und
wissenschaftlichen Dimensionen unseres Dilemmas verknüpft. Vorgestellt
wurde sie im Sommer letzten Jahres von der Carbon Tracker Initiative, einer
in London ansässigen Gruppe von Finanzanalysten und Umweltaktivisten. Sie
veröffentlichte einen Bericht, der Investoren auf die möglichen Risiken
aufmerksam machen soll, die der Klimawandel für ihre Anlageportfolios
darstellt. Die Zahl bezeichnet die Gesamtmenge an CO2, die in den bekannten
Kohle-, Gas- und Ölreserven der Energieunternehmen und der Ölstaaten (wie
Venezuela oder Kuwait) enthalten ist. Das ist die fossile Ener-gie, die wir nach
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
48
gegenwärtiger Planung verbrauchen werden. Der Punkt ist, dass diese neue
Zahl – 2795 – höher liegt als 565. Fünfmal höher.
Die Carbon Tracker Initiative – geleitet von James Leaton, einem
Umweltaktivisten, der beim Unternehmensberater PricewaterhouseCoopers
arbeitete – hat ermittelt, über welche Reserven die großen Energiekonzerne
der Welt verfügen. Die Zahlen sind nicht perfekt – sie reflektieren nicht die
gestiegene Bedeutung unkonventioneller Energieträger wie Schiefergas und
geben auch nicht exakt die Kohlereserven wieder, für die weniger strenge
Meldevorschriften gelten als für Öl und Gas. Aber für die größten
Unternehmen sind die Zahlen ziemlich genau: Bei einem kompletten
Verbrauch der Bestände von Lukoil (Russland) und ExxonMobil (USA),
welche die Liste der Öl- und Gaskonzerne anführen, würden allein diese
beiden Firmen jeweils mehr als 40 Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre blasen.
Und eben deshalb ist diese neue Zahl 2795 Gigatonnen so wichtig. Denken
wir uns die zwei Grad Celsius als Alkohollimit im Straßenverkehr –
entsprechend den 0,5 Promille, die man bei einer Verkehrskontrolle höchstens
im Blut haben darf. Die 565 Gigatonnen wären die Drinks, mit denen man sich
gerade noch ans Steuer setzen kann – die zwei Bierchen, sagen wir, die man
zum Abendessen trinkt. Und die 2795 Gigatonnen? Das ist die Batterie
Sixpacks, die, geöffnet und trinkbereit, auf dem Tisch der Energiegiganten
steht.
Wir haben also fünfmal mehr Öl, Kohle und Gas in den Büchern, als nach
Ansicht von Klimaforschern verbraucht werden dürfen. 80 Prozent dieser
Reserven müssten unerreichbar weggeschlossen werden. Solange wir diese
Zahlen nicht kannten, war unser Untergang denkbar gewesen. Aber nun
wissen wir: Ohne massives Eingreifen ist er unausweichlich.
Diese Vorräte an fossiler Energie sind technisch noch unter der Erde. Aber
ökonomisch sind sie schon an der Oberfläche – sie stecken in Aktienkursen,
Unternehmen bieten sie als Kreditsicherheit, Staaten gründen ihre Haushalte
auf die erwarteten Profite durch ihre Bodenschätze. Dies erklärt, warum sich
die Energiekonzerne so massiv gegen staatliche Vorschriften in Sachen CO2Ausstoß wehren – diese Reserven sind ihr größtes Kapital, ohne sie würden
sie an Wert verlieren. Deshalb haben sie in den letzten Jahren auch mit allen
Kräften untersucht, wie man Öl aus kanadischem Teersand gewinnt, in den
Tiefen des Ozeans nach Öl bohrt oder in den Appalachen Erdgas fördert.
Die CO2-Blase
Wenn man Exxon oder Lukoil im Interesse des Klimaschutzes verbieten
würde, ihre Reserven zu fördern, würden diese Unternehmen drastisch an
Wert verlieren. John Fullerton, früher Manager bei JP Morgan, heute Direktor
des Finanzberaters Capital Institute, schätzt, dass diese 2795 Gigatonnen
CO2 nach heutigem Marktwert etwa 21 Billionen Euro wert sind. Wenn man
also auf die Wissenschaft hörte und 80 Prozent der Vorkommen wegschlösse,
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
49
würde man ein Vermögen von 17 Billionen Euro abschreiben müssen. Das
sind natürlich keine exakten Zahlen, aber die Immobilienblase ist neben der
CO2-Blase wirklich sehr klein. Diese wird nicht unbedingt platzen – es könnte
sein, dass wir zur großen Freude der Investoren alle Vorräte komplett
aufbrauchen. Doch in dem Fall werden wir die Erde zugrunde gerichtet haben.
Man kann mit Investitionen in fossile Energien eine gute Rendite erzielen,
oder man kann einen halbwegs lebensfähigen Planeten haben – aber nach
den aktuellen Zahlen sieht es so aus, als könne man nicht beides haben. Man
muss nur rechnen: 2795 ist das Fünffache von 565. So einfach ist das.
Wie gesagt, alle Versuche, die Erderwärmung in den Griff zu bekommen, sind
bislang gescheitert. Die CO2-Emissionen steigen weiterhin, zumal
Entwicklungsländer den westlichen Industrienationen nacheifern, sie sogar
überholen. Selbst in den reichen Ländern ist ein geringfügiger
Emissionsrückgang noch nicht die klare Trendwende, die nötig wäre, wenn wir
die eiserne Logik der drei Zahlen durchbrechen wollen. Deutschland ist das
einzige große Land, das tatsächlich versucht, einen anderen Energiemix
hinzubekommen. An einem sonnigen Samstag Ende Mai erzeugte es fast die
Hälfte seiner Energie aus Solaranlagen. Das ist ein kleines Wunder – und es
zeigt, dass wir über die Technologie zur Lösung unserer Probleme verfügen.
Doch es fehlt der Wille. Deutschland ist die Ausnahme, die Regel ist: noch
mehr CO2.
Wir wissen inzwischen, welche Strategien nicht funktionieren. Umweltgruppen
etwa haben viel Zeit darauf verwendet, den Menschen einen anderen
Lebensstil nahezulegen. Zu Millionen verwenden sie nun Energiesparlampen.
Aber gleichzeitig kaufen die Leute energiefressende Flachbildschirme. In
Sachen Umweltschutz sind die meisten von uns ambivalent. Wir fliegen für
wenig Geld in warme Länder und werden darauf auch nicht verzichten,
solange alle anderen sich ebenfalls für den Billigflieger entscheiden. Da wir
alle irgendwie Nutznießer billiger Energie sind, ist der Kampf gegen die
Erderwärmung wie eine Bewegung, die sich gegen einen selbst richtet. Es ist,
als würde die Schwulenbewegung ausschließlich aus evangelikalen Predigern
bestehen oder die Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei aus
Sklavenhaltern.
Die meisten Leute glauben, durchaus zu Recht, dass ihr individuelles
Verhalten keinen entscheidenden Einfluss auf den CO2-Gehalt der
Atmosphäre hat. In Amerika zeigte 2010 eine Umfrage, dass 73 Prozent der
Befragten ihre Rechnungen zwecks Papierersparnis online bezahlen, aber nur
vier Prozent hatten ihren Energieverbrauch reduziert, und nur drei Prozent
hatten sich ein Auto mit Hybridantrieb gekauft. Gesetzt den Fall, wir könnten
uns hundert Jahre Zeit lassen, dann würde die Umstellung des individuellen
Lebensstils vermutlich spürbare Auswirkungen haben. Aber wir haben einfach
keine Zeit mehr.
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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Wirksamer ist es natürlich, innerhalb des politischen Systems zu arbeiten, und
auch das haben Umweltschützer versucht, mit ähnlich beschränktem Erfolg.
Sie haben geduldig Aufklärungsarbeit geleistet, haben Politiker auf die
gefährliche Lage hingewiesen und angenommen, dass die Politik die
Warnungen hören werde. Gelegentlich schien es sogar zu funktionieren. So
hat Barack Obama den Klimawandel sehr viel deutlicher in seinem Wahlkampf
thematisiert als alle anderen US-Präsidenten vor ihm. Kaum zum Kandidaten
der Demokraten nominiert, rief er seinen Anhängern zu, dass seine Wahl den
Moment markieren werde, in dem sich der Anstieg der Ozeane verlangsamen
und die Erde wieder gesunden werde. Und er hat eine wichtige Vorschrift
erlassen: Die Industrie muss sparsamere Autos bauen. Das ist eine
Maßnahme, die, vor einem Vierteljahrhundert eingeführt, enorm geholfen
hätte. Im Licht der drei genannten Zahlen ist sie natürlich nur ein winziger
Schritt.
Heute wäre es notwendig, dass der allergrößte Teil der fossilen Energie, die
die Unternehmen verbrauchen wollen, überhaupt nicht gefördert wird – bloß
das Tempo des Verbrauchs ein wenig zu verlangsamen genügt nicht. Doch
tatsächlich tut der Präsident alles, um die Förderung voranzutreiben. Sein
Innenminister beispielsweise gab einen großen Teil des Powder River Basin in
Wyoming für den Kohleabbau frei. Die dort vorhandenen Lager entsprechen
etwa 67,5 Gigatonnen CO2 (das sind mehr als zehn Prozent unseres
Spielraums). Gleiches gilt für die Arktis und für Offshore-Bohrungen. Im März
erklärte Obama bei einer Wahlkampfrede: „Sie haben mein Wort, dass wir
überall bohren werden (…) Das verspreche ich Ihnen.“ Auf der Baustelle einer
geplanten Pipeline in Cushing, Oklahoma, versprach er am nächsten Tag,
sich für Sonnen- und Windenergie einzusetzen, gleichzeitig aber die
Förderung fossiler Energie zu beschleunigen: „Der Ausbau der Öl- und
Gasförderung hierzulande ist und bleibt ein zentrales Element unserer
Energiepolitik.“ Mit anderen Worten, Obama will die Energiereserven
erweitern – noch über die unverbrauchten 2795 Gigatonnen hinaus.
Manchmal ist die Ironie geradezu mit Händen zu greifen. Im Juni unternahm
Außenministerin Hillary Clinton eine Informationsreise an Bord eines
norwegischen Forschungsschiffs, um sich einen unmittelbaren Eindruck von
den Auswirkungen des Klimawandels zu verschaffen. „Die Prognosen über die
Erderwärmung in der Arktis werden von der aktuellen Situation oft noch
übertroffen“, sagte sie. Was sie gesehen habe, sei „ernüchternd“. Die
Gespräche, die sie in Skandinavien mit Kollegen führte, drehten sich aber vor
allem darum, wie sich der Westen seinen Anteil am Öl im Wert von geschätzt
sieben Billionen Euro sichern kann, das aufgrund der arktischen Eisschmelze
zur Verfügung stehen wird (mehr als 90 Milliarden Barrel oder 37 Gigatonnen
CO2). Inzwischen hat Washington Shell eine Teilgenehmigung für Bohrungen
in der Arktis erteilt.
Fast jeder Staat mit fossilen Energievorkommen agiert ähnlich
widersprüchlich. Kanada beispielsweise ist eine liberale Demokratie, bekannt
»Die Klimakonferenz« – Materialmappe
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für ihren Inter-na-tio-nalismus – kein Wunder also, dass das Land das KyotoProtokoll unterzeichnete, das eine Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2012
vorsah. Dann machte der plötzliche Anstieg des Ölpreises die Teersande von
Alberta ökonomisch attraktiv. Diese Vorkommen enthalten aber, wie NasaKlimaforscher James Hansen im Mai erklärte, etwa 240 Gigatonnen CO2 –
fast die Hälfte des noch erlaubten Kontingents, wenn wir das Limit von 565
Gigatonnen ernst nehmen. Damit war Kanadas Unterschrift unter dem KyotoProtokoll sinnlos geworden. Im Dezember stieg die kanadische Regierung
denn auch aus dem Vertrag aus, um keine Strafzahlungen wegen
Nichterfüllung ihrer Zusagen zu riskieren.
Im Kampf gegen die Erderwärmung haben wir bislang nur zaghafte kleine
Schritte unternommen. Für eine rasche, grundsätzliche Neuorientierung wäre
eine Protestbewegung nötig, und Bewegungen brauchen Feinde. Bisher aber
hat der Klimawandel keinen geeigneten Feind geboten.
Doch nun machen diese Klimazahlen schmerzhaft deutlich: Die Erde hat
einen Feind – einen, der ungleich entschlossener ist als Staaten und
Individuen. Angesichts der eindeutigen Zahlen müssen wir die Erdöl- und
Kohlekonzerne in neuem Licht betrachten. Die Fossile-Energien-Industrie ist
ein Schurkenverein, rücksichtslos wie keine andere Macht auf Erden. Sie ist
der Hauptfeind für das Überleben der Menschheit.
Die Macht von Exxon und Co.
Laut dem Bericht der Carbon Tracker Initiative würde allein Exxon, wenn das
Unternehmen seine aktuellen Reserven verbrauchte, mehr als sieben Prozent
des verfügbaren Raums zwischen uns und dem Zwei-Grad-Risiko für sich in
Anspruch nehmen. Gleich hinter Exxon kommen BP und die russische Firma
Gazprom, dann folgen Chevron, ConocoPhillips und Shell, auf die jeweils drei
bis vier Prozent entfallen. Diese sechs Unternehmen würden
zusammengenommen mehr als ein Viertel des verbleibenden Zwei-GradBudgets verbrauchen. Der russische Bergbaugigant Severstal führt die Liste
der Kohleunternehmen an, gefolgt von BHP Billiton und Peabody. Die Zahlen
sind einfach überwältigend: Die Öl- und Kohlebranche hat ganz allein die
Macht, die Beschaffenheit unseres Planeten zu verändern, und genau das hat
sie auch vor.
Die Konzerne wissen natürlich Bescheid über die Erderwärmung – immerhin
beschäftigen sie einige der besten Wissenschaftler, und sie bewerben sich um
all die Förderverträge, die durch die atemberaubende Eisschmelze in der
Arktis möglich werden. Unentwegt suchen sie nach neuen fossilen
Energievorkommen. Anfang März dieses Jahres erklärte Exxon-Chef Rex
Tillerson, dass sein Unternehmen bis 2016 jährlich 29 Milliarden Eur0 (also
etwa 80 Millionen Euro täglich) für die Suche nach noch mehr Öl und Gas
ausgeben werde.
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Es gibt auf der Welt keinen rücksichtsloseren Menschen als Tillerson. Im Juni,
als in weiten Teilen der USA extreme Hitze herrschte und in Colorado
verheerende Waldbrände wüteten, bezeichnete er in New York die
Erderwärmung zwar als real, tat sie aber als „technisches Problem“ ab, für das
es „technische Lösungen“ gebe. Zum Beispiel? „Änderungen der
Niederschlagsmuster, durch die sich die Ernten verschieben – wir werden uns
daran anpassen.“ Gleichzeitig verdorrte im Mittleren Westen das Getreide bei
Rekordtemperaturen, was einen globalen Anstieg der Lebensmittelpreise
auslöste. „Den Angstfaktor, der die Menschen sagen lässt, ‘Wir müssen das
stoppen‘, akzeptiere ich nicht“, sagte Tillerson. Natürlich nicht, denn wenn er
ihn akzeptier-te, müsste er seine Reserven im Boden lassen. Was ihn Geld
kosten würde. Mit anderen Worten: Es gibt kein technisches Problem –
sondern ein Gier-Problem.
Viele Umweltschützer in Amerika waren bisher nicht gewillt, sich die
Energiekonzerne zum Gegner zu machen. Sie wissen, wie viel politischen
Einfluss diese haben, und versuchen eher, sie davon zu überzeugen, sich von
Kohle, Gas und Öl zu verabschieden und sich neuen Energieträgern zu
öffnen. Mitunter schien
diese Strategie zu funktionieren, wohlgemerkt: schien. Um die
Jahrtausendwende unternahm beispielsweise BP den Versuch, sich als
„Beyond Petroleum“ („Jenseits des Öls“) darzustellen. Man verpasste sich ein
Logo, das an eine Sonne erinnert, und auf die eine oder andere BP-Tankstelle
wurden Solaranlagen montiert. Aber Investitionen in saubere Energien
machten nur ein Bruchteil des Gesamtbudgets aus, und nach ein paar Jahren
war auch damit Schluss, als neue Firmenchefs verkündeten, man müsse sich
wieder aufs „Kerngeschäft“ besinnen. Im Dezember 2011 wurde die Abteilung
Solarstrom endgültig geschlossen. Shell machte die Abteilung Sonnen- und
Windenergie schon 2009 dicht. Die fünf führenden Ölkonzerne haben seit der
Jahrtausendwende mehr als 800 Milliarden Euro Profit erwirtschaftet – Öl,
Gas und Kohle sind einfach zu lukrativ, als dass man Windgöttern und
Sonnenstrahlen hinterherjagen würde.
Ein Großteil dieses Profits verdanken sie einem historischen Zufall: Als
einzige Branche dürfen die Energiekonzerne ihren Abfall namens
Kohlendioxid gratis in die Umwelt kippen. Dieses Privileg hat niemand sonst.
Restaurantbesitzer müssen für die Müllabfuhr bezahlen, da die Ratten kämen,
wenn sie das Zeug auf der Straße stehen lassen würden. Aber bei den
Energieunternehmen ist das anders, und zwar aus nachvollziehbaren
historischen Gründen. Vor 25 Jahren wusste praktisch niemand, dass
Kohlendioxid gefährlich ist. Heute wissen wir, dass CO2 die Erde aufheizt und
zur Versauerung der Meere führt. Es muss also über den Preis geredet
werden.
Eine Verteuerung von CO2 – durch direkte Steuern oder auf andere Weise –
würde die Märkte in das Lager der Umweltschützer treiben. Sobald Exxon für
den Schaden aufkommen muss, den sein CO2 in der Atmosphäre verursacht,
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würde der Preis seiner Produkte steigen. Für die Menschen wäre das ein
klares Signal, weniger fossile Brennstoffe zu verbrauchen. An der Tankstelle
würden sie jedes Mal daran erinnert, dass sie zum Einkaufen beim Bäcker
keinen überdimensionalen Geländewagen brauchen. Erneuerbare Energien
hätten am Markt nun die gleichen Chancen. Und das alles wäre möglich, ohne
dass man die Verbraucher schröpft – man könnte Kohle, Gas und Öl mit einer
hohen Steuer belegen und jedem Bürger einen Anteil aus diesen zusätzlichen
Einnahmen überweisen. Bei einer Umstellung auf saubere Energieträger
würden die meisten Leute am Ende sogar gewinnen.
Es gibt nur einen Haken dabei. Die Verteuerung von Energie würde die
Gewinne der Energiekonzerne reduzieren. Die Antwort auf die Frage „Wie viel
sollte CO2 kosten?“ lautet schließlich: „So viel, dass die fossilen Vorkommen,
mit denen wir die Zwei-Grad-Marke überschreiten würden, nicht angetastet
werden.“ Je mehr CO2 kostet, desto mehr würden diese Reserven an Wert
verlieren. Letztlich geht der Kampf darum, ob die Branche ihre privilegierte
Schadstoffproduktion auch in Zukunft beibehalten darf oder ob wir dafür sorgen, dass sie für die durch sie verursachten Schäden aufkommen muss.
Natürlich ist nicht klar, ob die Macht der Energiekonzerne gebrochen werden
kann. Die Experten von der Carbon Tracker Initiative verfolgten ein relativ
bescheidenes Ziel – sie wollten Investoren nur auf das sehr reale Risiko
aufmerksam machen, das der Klimawandel für die Börsenkurse der
Energiegiganten darstellt. Angenommen, es ereignet sich tatsächlich eine so
große Katastrophe (ein gigantischer Hurrikan führt zur Überflutung
Manhattans, eine Megadürre ruiniert die Landwirtschaft im Mittleren Westen),
dass selbst die Branche keinen Einfluss mehr auf den Gesetzgeber hat:
Plötzlich wären die Reserven von Chevron viel weniger wert, die Aktie würde
abstürzen. Der Bericht der Carbon Tracker Initiative wollte Anleger nur
warnen, sich dieser Gefahr bewusst zu sein und statt--dessen in alternative
Energieträger zu investieren.
Reines Eigeninteresse wird vermutlich keine Abkehr von fossilen
Energieträgern bewirken. Moralische Empörung schon eher – und darin liegt
die eigentliche Bedeutung der neuen Zahlen. Sie könnten sehr wohl zum
Entstehen einer realen Protestbewegung führen.
In der jüngeren Geschichte gab es einmal den Fall, dass öffentliche Empörung
für ein Einlenken der Unternehmen sorgte. Das war die Kampagne der AntiApartheid-Bewegung, die in den 1980er-Jahren dazu aufrief, Firmen zu
boykottieren, die in Südafrika Geschäfte machen. „Das Ende der Apartheid ist
einer der großen Erfolge des letzten Jahrhunderts“, sagte Erzbischof
Desmond Tutu. „Aber wir hätten es nicht geschafft ohne den Druck der
Weltöffentlichkeit“, besonders der „Boykottbewegung in den 80ern“.
Die Energiekonzerne sind zweifellos ein härterer Gegner, und selbst wenn
man ihre Entscheidungen beeinflussen könnte, müsste man eine Strategie für
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den Umgang mit all den Staaten entwickeln, die faktisch als
Energieunternehmen agieren. Für Studenten ist die Sache viel
offensichtlicher. Wenn das – in den USA oft große – Vermögen ihrer
Universitäten auch in Aktien von Ölfirmen angelegt ist, wird ihre Ausbildung
durch Investitionen subventioniert, die garantiert dafür sorgen, dass sie eine
Erde vorfinden werden, auf der sie mit ihrem Examen nicht viel anfangen
können.
Die kalte Wahrheit
Der Erfolg von Bewegungen ist kaum vorherzusagen. Aber jede Kampagne,
die den politischen Einfluss der Energiekonzerne schwächt, macht es
wahrscheinlicher, dass ihnen die Vorzugsbehandlung entzogen wird. Nehmen
wir nur Präsident Obamas beachtlichen Schritt im Kampf gegen die
Erderwärmung, als er die Autohersteller verpflichtete, sparsamere Fahrzeuge
zu bauen. Wissenschaftler und Umweltschützer fordern das seit Jahrzehnten,
aber solange die Branche nicht unter erheblichem Druck stand, konnte sie
solche Überlegungen stets abwimmeln. Wenn die Öffentlichkeit die kalte
arithmetische Wahrheit versteht, dass die Energiekonzerne systematisch die
Lebensfähigkeit unseres Planeten untergraben, könnte das einen politischen
Einfluss auf die Branche haben. Exxon und Konsorten würden möglicherweise
ihren Widerstand gegen eine CO2-Steuer aufgeben, würden vielleicht sogar
beschließen, auf saubere Energien zu setzen, und diesmal ernsthaft.
Doch selbst wenn eine solche Bewegung möglich wäre – wir haben vielleicht
schon viel zu lange gewartet. Um tatsächlich zu erreichen, dass wir unterhalb
der Zwei-Grad-Marke bleiben, müsste Washington den Preis für CO2Emissionen deutlich erhöhen und dann, unter Verweis auf diesen Schritt,
weltweit ähnliche Maßnahmen einfordern. Was heutzutage in Amerika
passiert, ist wichtig, weil es einen Einfluss auf China und Indien hat, wo die
Emissionen am stärksten ansteigen. Die drei genannten Zahlen sind
beängstigend – sie beschreiben eine im Grunde aussichtslose Zukunft. Aber
zumindest bieten sie Klarheit über die größte
Herausforderung, vor der die Menschheit je gestanden hat. Wir wissen, wie
viel CO2 wir ausstoßen dürfen, und wir wissen, wer noch mehr ausstoßen will.
Der Klimawandel kommt schleichend, aber er ist keine namenlose
Naturgewalt. Je gründlicher wir unsere Berechnungen anstellen, desto
deutlicher wird, dass wir es letztlich mit einer moralischen Frage zu tun haben.
Wir wissen, wer der Feind ist.
Und die Zahlenflut hört nicht auf. In diesem Sommer schrumpfte das Eis der
Arktis auf den mit Abstand niedrigsten Wert, der je gemessen wurde. Im Juni
schüttete der Tropensturm Debby an einem einzigen Wochenende mehr als
50 Zentimeter Regen über Florida aus – nie zuvor waren so früh in einer
Saison vier Wirbelstürme über das Land hinweggerast. Zur gleichen Zeit
wütete das größte Feuer in der Geschichte New Mexicos, und die Brände in
Colorado zerstörten 346 Häuser in Colorado Springs – ein neuer Rekord. In
diesem Monat wurden die Ergebnisse einer neuen Studie vorgestellt, wonach
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die Erderwärmung zu einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit von extremen
Hitzewellen geführt hat – nur Tage nachdem bekannt wurde, dass eine
Rekorddürre in den Great Plains und im Mittleren Westen die diesjährige
Getreideernte bedroht. Eine noch größere Zahl gefällig? Im Juli hätten 1000
Billionen Weizenkörner im Grain Belt heranreifen müssen, was aber bei derart
extremen Temperaturen unmöglich war. Genau wie der Mensch haben sich
auch unsere Feldfrüchte an das Holozän angepasst, die 11.000-jährige
Periode stabiler klimatischer Verhältnisse, die wir nun hinter uns lassen – im
Staub.
Text: Bill McKibben
Bill McKibben ist ein amerikanischer Buchautor, der seit 20 Jahren über
ökologische Themen schreibt. Er gründete die internationale KlimaschutzInitiative 350.org, organisierte zahlreiche Demonstrationen und gilt in den USA
als einer der
einflussreichsten Umweltschützer.
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