Damit die Angst nicht zurückkehrt Neues Verfahren zur

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Psychologie aktuell: Damit die Angst nicht zurückkehrt
Neues Verfahren zur Verbesserung der Expositionstherapie
09-10-15
Damit die Angst nicht zurückkehrt
Neues Verfahren zur Verbesserung der Expositionstherapie
Regensburger Forscher haben eine neue Methode zur Verbesserung der Effektivität der
Löschung einer spezifischen Angst entwickelt. Durch diese neuen Erkenntnisse kann
zukünftig die Wirksamkeit der Expositionstherapie erhöht werden. In der neuen Methode wird
die Häufigkeit bzw. Frequenz der Präsentation des aversiven Reizes im Verlauf der Extinktion
verringert. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit für die Rückkehr der Angst deutlich reduziert.
Die Ergebnisse der Wissenschaftler sind vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift
Frontiers in Behavioral Neuroscience erschienen (DOI: 10.3389/fnbeh.2015.00254).
Sich seinen Ängsten in einer sicheren Umgebung und unter Kontrolle von erfahrenen Therapeuten
stellen: Das ist die Voraussetzung für die Expositionstherapie, die bei vielen Angsterkrankungen
eingesetzt wird. Über verschiedene Medien am Computer oder inzwischen auch in der virtuellen
Realität werden dabei Patientinnen und Patienten, die beispielsweise an einer Spinnenphobie oder
an Höhenangst leiden, wiederholt mit dem angstauslösenden Objekt oder der Situation konfrontiert.
Ziel ist es, einen Lernprozess in Gang zu setzen, der dem Betroffenen verdeutlicht, dass die Situation
harmlos ist. Allerdings brechen 12-15 % der Angstpatienten die Expositionstherapie ab oder
verweigern sie. Bei 20-30 % treten Rückfälle auf.
Ein Forscherteam um Prof. Dr. Andreas Mühlberger und Dr. Youssef Shiban vom Lehrstuhl für
Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Regensburg konnte nun in einem
Grundlagenexperiment zeigen, dass die Rückfallquote sinkt, wenn die Frequenz der Präsentation
eines unangenehmen Reizes während der Extinktion kontinuierlich reduziert wird (graduelle
Extinktion) anstatt, dass der aversive Stimulus abrupt verschwindet. Für die Therapie könnte das
bedeuten: Wenn die angstauslösenden Objekte und Situationen im Verlauf der Behandlung mit
kontinuierlich abnehmender Aversivität erlebt werden, könnte es einen größeren Behandlungserfolg
geben.
Für ihre Untersuchungen führten die Regensburger Forscher Experimente durch, an denen insgesamt
31 gesunde Probanden teilnahmen. Die Probanden wurden zufällig einer von zwei
Untersuchungsgruppen einer Gruppe für das Standardverfahren und einer für die graduelle
Extinktion zugeteilt. Als Methode wurde ein Konditionierungsparadigma gewählt. Während einer
sogenannten Akquisitionsphase wurde bei den Probanden durch die wiederholte Paarung eines
neutralen Reizes mit einem unangenehmen Reiz eine Angstreaktion vor dem neutralen Reiz erzeugt.
In der anschließenden Extinktionsphase versuchten die Forscher, diese Angst wieder zu löschen, um
schließlich die Mechanismen der Verringerung einer Angst zu untersuchen und optimieren zu können
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Als unangenehmer Reiz wurde ein kurzer aber intensiver Luftstoß verwendet, der den Probanden am
Hals appliziert wurde. Die neutralen Stimuli waren eine Spinne und ein Skorpion, wobei die Spinne mit
dem unangenehmen Luftstoß gepaart wurde. Unter anderem physiologische Maße (Hautleitfähigkeit
und Schreckreaktion) stellten die Variablen dar, anhand derer das Ausmaß der Angst gemessen
wurde.
Alle Probanden absolvierten den dreiteiligen Versuchsaufbau, der aus Akquisition, Extinktion und Test
auf Angstrückkehr bestand. Die Gruppe Standard-Extinktion durchlief dabei einen gewöhnlichen
Extinktionsablauf, bei dem die Angst durch die wiederholte Präsentation des ursprünglich neutralen
Stimulus, nun ohne unangenehmen Reiz, gelöscht wird. Im Gegensatz dazu wurde bei der Gruppe
graduelle Extinktion das Auftreten des Luftstoßes allmählich reduziert, bis der unangenehme
Stimulus letztendlich ganz ausblieb.
Sowohl während der Akquisitions- als auch während der Extinktionsphase wurden keine Unterschiede
zwischen beiden Versuchsgruppen festgestellt. Im Vergleich zur Standard-Extinktion verringerte die
graduelle Extinktion aber das Risiko der Rückkehr der Angst signifikant; gemessen anhand der Werte
der Schreckreaktion. Diese neuen Beobachtungen belegen Befunde von Tierexperimenten und
deuten darauf hin, dass das Verfahren der graduellen Extinktion eine geeignete Methode ist, um
Angst effizienter zu löschen und die Gefahr von Rückfällen zu reduzieren.
Die Original-Publikation im Internet unter:
journal.frontiersin.org/article/10.3389/fnbeh.2015.00254/abstract
https://idw-online.de/de/news639075
Zielke, Manfred (Hrsg.): Indikation zur stationären Verhaltenstherapie und medizinischen
Rehabilitation bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen
Pabst, 600 Seiten, ISBN 978-3-89967-528-3
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