Inhalt Seite 2. September 2013 1 Plenarvorträge Risiken des Klimawandels aus der Perspektive eines internationalen Rückversicherers. Eberhard Faust Von globalen Klimawirkungen zu regionalen Anpassungsstrategien. Hermann Lotze-Campen Von Anpassungsstrategien zum Handeln. Uwe Schneidewind 3. September 2013 2 4 4 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen 6 9:00 -10:30 Uhr: Klimaentwicklung 7 Hauptvortrag: Regionaler Klimawandel: wo stehen wir heute? Daniela Jacob 7 Umgang mit Bandbreiten in Klimadaten und Klimafolgenforschung. Christopher Moseley 8 Validierung von Klimamodellniederschlägen – Erkenntnisse für die Interpretation von Klimafolgenabschätzungen in Niedersachsen. Uwe Petry 9 Analyse regionaler Klimaprojektionen und Klimawirkungen mit dem Entscheidungshilfesystem LandCaRe-DSS für Agrargebiete in Sachsen. Barbara Köstner 10 11:00 - 12:40 Uhr: Hydrologie 12 Was wissen wir über die Entwicklung der hydrologischen Extreme in Deutschland? Axel Bronstert 12 Zeitlich und räumlich hochaufgelöste Simulation des Wasserhaushalts im Aller-Leine-Oker-Einzugsgebiet auf Grundlage von Klimamodelldaten. Marlene Gelleszun 13 Unsicherheiten im Änderungssignal von modellierten Extremabflüssen: Korrektur Klimamodelldaten vs. Kalibrierung des Impactmodelles. Markus Wallner 15 Auswirkung von möglichen Klimaänderungen auf die Grundwasserneubildung in der Metropolregion Hamburg. Frank Herrmann i 16 Inhalt Seite Quantifizierung der Reaktion des Grundwassersystems auf veränderte hydraulische und hydrologische Randbedingungen als Folge der Klimaänderung. Maria Herold 17 14:00 - 15:20 Uhr: 19 Zu Bodenhydrologie und Kohlenstoffhaushalt sandiger Ackerböden im Klimawandel. Karin Schmelmer 19 Unsicherheiten in der Artverbreitungsmodellierung von Ackerunkräutern unter den Bedingungen des Klimawandels. Jana Bürger 20 Regionale Projektionen für Deutschland zu Erträgen von Silomais und Winterweizen bei Klimawandel. Andrea Lüttger 21 Vergleich der Auswirkungen des Klimawandels und von sozio-ökonomischen Entwicklungen auf ein regionales Energiesystem. Stefan Gößling-Reisemann 23 POSTER 25 Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserund Stoffhaushalt von mesoskaligen Einzugsgebieten in verschiedenen Naturräumen Niedersachsens. Jörg Dietrich 26 Statistisches Downscaling des Niederschlages bedingt an Großwetterlagen – eine Überprüfung der Annahmen. Uwe Haberlandt 27 Ein landnutzungssensitives Bodenmodell für die meso- und makroskalige Wasserhaushaltsmodellierung. Phillip Kreye 28 Hydrodynamische Simulation der Wassertemperatur niedersächsischer Fließgewässer unter Berücksichtigung einer variablen Beschattung durch Ufergehölze. Karoline Stein 30 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen 32 9:00 -10:30 Uhr: Wald 33 Hauptvortrag: Entwicklung von Extremwetterereignissen in Deutschland – Beobachtung und Projektion. Thomas Deutschländer 33 ii Inhalt Seite Indikatoren für kombinierte zukünftige biotische und abiotische Wald-Risikofaktoren im Klimawandel. Jelka Braden 34 Auswirkungen extremer Trockenereignisse auf das Wachstum von Buchen. Markus Wagner 35 Ermittlung des künftigen Sturmrisikos für Waldökosysteme im Solling, Niedersachsen. Johannes Merklein 36 11:00 - 12:40 Uhr: Wasser 38 Einfluss des Klimawandels auf das hydrologische Regime von Küstenregionen am Beispiel der Krumhörn, Ostfriesland. Thomas Gräff 38 Auswirkungen des Klimawandels auf den Hochwasserschutz an tidebeeinflussten Nebengewässern der Tideelbe. Edgar Nehlsen 39 Auswirkungen des anthropogenen Klimawandels auf Hydrodynamik und Salzgehalte des Weserästuars. Anna C. Zorndt 40 Betriebsoptimierung eines Verbundspeichersystems unter Einfluss des Klimawandels. Martin Gocht 42 Einfluss des Klimawandels auf das Vorkommen ausgewählter Pharmazeutika in Fließgewässern. Wibke Meyer 44 14:00 - 15:20 Uhr: Landwirtschaft 45 Auswirkungen von extremen Wetterperioden auf ausgewählte Schadinsekten und Konsequenzen für Anpassungsstrategien im Pflanzenschutz. Rainer Meyhöfer 45 Der Einfluss von simulierten Dürreereignissen auf Produktivität und Qualität niedersächsischer Grünlandprodukte. Monika Hoffstätter-Müncheberg 47 Multi-kriterielle Optimierung von Anpassungsmaßnahmen in der Landwirtschaft – Eine Modellstudie in der Westschweiz. Annelie Holzkämper 49 Risikowahrnehmung und Risk Governance: Was brauchen Stakeholder von der Wissenschaft, um gut mit den Risiken im Klimawandel umzugehen? Manuel Gottschick 50 iii Inhalt Seite POSTER 53 Radiation stresses and wave energy in a numerical model of the East-Frisian Wadden Sea (southern North Sea) during a storm event. Sebastian Grashorn 54 Simulation komplexer Strömungsdynamik in Küstengrundwasserleitern – ein neuer, vollständig gekoppelter Oberflächen-Grundwasser Ansatz. Maria Herold 55 Tuning the Modelling System FVCOM-SWAVE for long-term Morphodynamic Applications. Karsten Lettmann 56 Übertragung von Methoden und Ergebnissen aus der Klimaforschung in die wasserwirtschaftliche Praxis. Uwe Petry 57 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme 59 9:00 -10:30 Uhr: Hauptvorträge 60 Pflanzenproduktion unter verschiedenen Klimabedingungen – Gewisses und Ungewisses. Andreas von Tiedemann 60 Herausforderungen an die Nutztierhaltung infolge des Klimawandels. Matthias Gauly 63 Vulnerabilität von Waldökosystemen – Ein inter (trans)disziplinäres Puzzle. Friedrich O. Beese 65 11:00 - 12:00 Uhr: Auswirkungen auf die Tierproduktion 66 Wechselwirkungen zwischen Leguminosenart und Trockenstress auf Nährstoffzusammensetzung, mikrobiellen Abbau und Fermentationsparameter von verschiedenen Leguminosenarten in vitro. Carola Lindig 66 Bewertung klimatischer Einflüsse auf Fruchtbarkeitsparameter von Sauen in Norddeutschland. Kerstin Wegner 67 Der Einfluss des Klimawandels auf die Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Milchproduktion. iv Inhalt Seite Maria Martinsohn 68 12:00 - 12:40 Uhr: Wald und Forstwirtschaft 70 Sensitivität der Rotbuche gegenüber Sommertrockenheit. Christoph Leuschner 70 Adaptive Waldbewirtschaftung - der Schlüssel für eine Waldanpassung an den Klimawandel? Andreas Bolte 71 14:00 - 15:20 Uhr: Pflanzenproduktion 73 Die Zuckerrübe und der Klimawandel - Langzeitanalyse ausgewählter Witterungsparameter und deren Einfluss auf die Ertragsentwicklung in verschiedenen Regionen von Rheinland-Pfalz. Pascal Kremer 73 Unkräuter im (Klima-) Wandel. Horst-Henning Steinmann 74 Mehr CO2 in der Atmosphäre beeinflusst den Wasserverbrauch und mindert Wachstums- und Ertragsverluste bei Energiepflanzen unter Trockenheit: Ergebnisse aus Feldversuchen (FACE) mit Mais und Sorghum-Hirse. Remy Manderscheid 76 Auswirkung des regionalen Klimawandels auf die landwirtschaftlichen Biomasseerträge Niedersachsens. Jan Degener 77 POSTER 79 Einfluss von Temperatur und Temperature-Humidity Index (THI) auf Milchleistung und Melkfrequenz von Milchkühen am automatischen Melksystem (AMS). Stefanie Ammer 80 Effects of the four root rot pathogens on two pea (Pisum sativum L.) varieties in controlled conditions. Jelena Bacanovic 81 Occurrence of Fusarium species and Ascochyta complex pathogens in the crop rotation winter pea - maize - winter wheat under variable climatic conditions in organic agriculture. Jelena Bacanovic 82 Einfluss eines möglichen Klimawandels auf den Befall von Zuckerrüben mit der Späten Rübenfäule. Anneke Behn 83 v Inhalt Seite Einfluss von Umweltfaktoren und pflanzlicher Resistenz auf die Rizomaniaresistenz in Zuckerrüben. Kathrin Bornemann 84 Morphological responses of different temperate turf grass species to drought stress. Dorothee Ebeling 85 Einfluss des Waldbodens von Buchenwäldern auf die Biodiversität von Käfern. Martin Gabriel 86 Untersuchungen zum Volatilenmuster von trockengestressten Buchen (Fagus sylvatica). Martin Gabriel 88 Impact of climate change on regional pest natural enemy interactions: what can we learn to adapt plant protection strategies in horticulture? Konstanze Gebauer 89 Impact of ambient temperature on digestibility in wethers fed Brown-midrib maize silage. Tobias Gorniak 91 Anpassungsstrategien an den Klimawandel im Energiepflanzenanbau für Biogasanlagen in Mittelgebirgslagen - KLIMZUG-Nordhessen. Rüdiger Graß 92 Auswirkungen des Klimawandels auf die Flora des Westharzes. René Hertwig 93 Assessment of the future abiotic climatic impact on horticultural production in Lower Saxony, Germany. Holger Hoffmann 94 Prognostizierter Klimawandel und Schaderreger in der Landwirtschaft: Auswertung der weltweit verfügbaren Literaturergebnisse. Peter Juroszek 95 Erfassung und Kontrolle von steigenden Gesundheitsrisiken durch parasitäre Infektionserreger bei Rindern als Folge globaler Veränderungen. Christina Brandt 97 Breeding strategies for adaptation to changing environments: Methods and applications to dairy cattle based on quantitative-genetics and high-throughput genotyping data. Sven König 98 Auswirkungen steigender Winterbodentemperaturen auf den Abbau von Ernteresiduen, pilzliche Pflanzenpathogene und die mikrobielle Zersetzergemeinschaft. Stefan Lukas 99 vi Inhalt Seite Innovative Experimente für integrierte Multiskalenmodelle: Freilandstudien zur Wechselwirkung von Hitzeperioden (FATE) und CO2-Anreicherung in der Atmosphäre (FACE) bei Winterweizen. Remy Manderscheid 101 Leguminosen-basierte Grünlandwirtschaft als Beitrag zur Sicherung der Grundfuttererzeugung. Maria Merten 102 Anpassung der Pflanzenproduktion an den Klimawandel: Untersuchung der Reaktionen verschiedener Gerstegenotypen auf zukünftige atmosphärische CO2-Konzentrationen als Grundlage zur züchterischen Optimierung des CO2-Düngeeffektes. Esther Mitterbauer 104 Genetische Anpassungspotenziale an den Klimawandel: Variation in Kandidatengenen für das Austriebsverhalten und die Trockenstresstoleranz bei der Buche (Fagus sylvatica L.). Markus Müller 105 European beech (Fagus sylvatica L.) along a precipitation gradient: effects on anatomical, physiological and molecular features of wood. Nguyen Ngoc Quynh 107 Auswirkungen von extremen Wetterperioden auf Getreideblattläuse und natürliche Gegenspieler. Hans-Michael Poehling 108 Einfluss des Klimawandels auf das Erstauftreten der Blattkrankheiten Cercospora (Cercospora beticola) Mehltau (Erysiphe betae), Rost (Uromyces betae) und Ramularia (Ramularia beticola) in Zuckerrübenanbauregionen in Niedersachsen. Paolo Racca 110 Einfluss des Klimawandels auf die Ontogenese des Winterweizens und die Blattkrankheiten Mehltau (Blumeria graminis), Braunrost (Puccinia triticina), DTR (Drechslera tritici-repentis) und Septoria (Septoria tritici) in ausgewählten Regionen in Niedersachsen. Paolo Racca 111 Olfaktorische Antennenreaktion vom Nagelfleck (Aglia tau) auf Stamm-VOC der Buche (Fagus sylvatica). Christine Rachow 113 Auswirkungen des Klimawandels auf die Fertilität des Großen Rapsstängelrüsslers (Ceutorhynchus napi vii Inhalt Seite Gyll.). Antje Reinhardt 114 Effects of experimental warming on three economically important pathogens in oilseed rape. Magdalena Siebold 115 Hochfrequenzbehandlung von Schadinsekten in Weizen als Alternative zur konventionellen Entwesung bei globaler Erwärmung. Christian Söchtig 116 Die Vogelwelt der Lüneburger Heide im Klimawandel: Prognosemöglichkeiten und Konsequenzen für den Artenschutz. Janine Sybertz 118 A complex set of parameters influences successful western corn rootworm development under global warming. Stefan Vidal 120 Vulnerabilitätsanalyse für den Naturschutz in der Metropolregion Bremen-Oldenburg - ein Baustein für die regionale Klimaanpassungsstrategie von ‚nordwest2050‘. Stefan Wittig 120 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien 123 9:00 - 10:30 Uhr: Klimaanpassung von Land und Kommunen 124 Anpassung an den Klimawandel - eine Herausforderung für die nachhaltige Landnutzung. Hermann Spellmann 124 Entwicklung einer Niedersächsischen Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Christian Jacobs 125 Strategieentwicklung in der Klimaanpassungspolitik: Niedersachsen und Bayern im Vergleich. Veit Ebermann 126 Kommunales Klimafolgenmanagement. Björn Beermann 127 11:00 - 12:40 Uhr: Sektorale Anpassungsstrategien 129 Die Analyse und praktische Erprobung von Klimaanpassungsstrategien in der nordwestdeutschen Agrarund Ernährungswirtschaft. Marion Akamp 129 viii Inhalt Seite Entwicklung von Anpassungsstrategien im transdisziplinären Innovationsnetzwerk INKA BB. Verena Toussaint 130 Dynamischer Kulturlandschaftsplan "Obere Wipperau" - Ein Instrument zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels und zur Entwicklung zukunftsfähiger Kulturlandschaften. Imke Mersch 132 Potenzielle Auswirkungen des Klimawandels auf Arten- und Biotope im östlichen Niedersachsen - Anpassungsbedarf und Anpassungsstrategien. Michael Reich 133 Bewertung integrierter Pläne zum Umgang mit aus Überschwemmung resultierenden Risiken in Städten und Regionen. Nancy Kretschmann 135 14:00 - 15:20 Uhr: Regionalplanung/regionale Kooperation 137 Die Roadmap of Change als integrativer Handlungsrahmen für regionale Klimaanpassungsprozesse. Andreas Lieberum 137 Regionale Kooperation zur Klimaanpassung im Bergischen Städtedreieck. Christoph Riegel 137 Naturnahe, klimagerechte Metropolregion 2050. Kristin Barbey 139 IMPLAN: Regionalplanung und Klimaanpassung in Niedersachsen. Enke Franck 141 POSTER 143 Naturnahe, klimagerechte Metropolregion RheinNeckar 2050. Kristin Barbey Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel – Wie kann Regionalplanung zur Anpassung an den Klimawandel beitragen? Lutke Blecken 144 146 Rezente Veränderungen von Unkrautflora und -management als Basis für zukünftige Anpassung. Laura Breitsameter 147 Hochwasserrisiko heute und unter zukünftigem Klima im Meinungsbild der niedersächsischen Bevölkerung. Birgit Gerkensmeier 148 Klimawandel als Aufgabe der Regionalplanung - ix Inhalt Seite Sektorale Vulnerabilitätsanalysen im Landkreis Celle. Meike Hellmich 150 KlimaAnpassungsStrategie Extreme Regenereignisse. Michael Koch 151 Strategieentwicklung für touristische Destinationen unter Einfluss des Klimawandels. Edgar Kreilkamp 152 Talsperrenbewirtschaftung mit Blick auf ein sich veränderndes Klima. Andreas Lange 154 Elemente eines Planungsprozesses zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels aus der Perspektive der Raumplanung. Ortwin Peithmann 154 Einfluss des Klimawandels auf die Pflanzenproduktion in Niedersachsen – Ergebnisse einer Expertenbefragung. Margit Paustian 156 Anpassung an den Klimawandel - wie funktioniert die Kommunikation? Ivika Rühling 157 Potentielle Anpassungsmaßnahmen im direkten und indirekten Pflanzenschutz wichtiger Ackerbaukulturen an mögliche Klimaänderungen in Niedersachsen. Magdalena Siebold 158 Landwirtschaftlicher Beregnungsbedarf und demographisch bedingter Bedarfsrückgang - Welche Synergien sind möglich? Thomas Sommer 159 Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels im niedersächsischen Küstenraum – Konsequenzen und Aufgaben für die räumliche Planung. Jan Spiekermann 161 x Montag, 02.09.2013 Plenarvorträge Moderation: Friedrich O. Beese Hartmut Graßl 1 Plenarvorträge 14:00 – 16:00 Uhr: Plenarvorträge Risiken des Klimawandels aus der Perspektive eines internationalen Rückversicherers Eberhard Faust Climate Risks and Natural Hazards Geo Risks Research, Munich Re Versicherer sind in einem substanziellen Teil ihres Geschäfts, nämlich der Versicherung von Schäden, die durch wetterbedingte Ereignisse entstehen, vom Klimawandel betroffen. Dabei spielt nicht alleine der für die Zukunft noch wesentlich stärker erwartete Klimawandel eine Rolle, vielmehr gibt es Anzeichen, dass in einzelnen Regionen und für einzelne Wettergefahren bereits heute der Klimawandel die Schäden verändert. Treten Schadenereignisse aus Wetterextremen häufiger oder mit größerer Intensität auf, so entstehen für Versicherer große Auszahlungslasten. Da beim Rückversicherer als „Versicherung von Versicherungsunternehmen“ solche Belastungsspitzen aus diversen Märkten zusammenlaufen, gehört eine globale Aufstellung zu seinem Geschäftsmodell: Er diversifiziert das Gesamtrisiko aus wetterbedingten (und anderen) Katastrophen weltweit über verschiedene Märkte, um so sein Geschäft über möglichst viele voneinander unabhängige Risikoregionen zu legen und damit einen Ausgleich im Kollektiv zu erreichen. Klimawandel ist auch deshalb ein wichtiges Thema, weil das globale Diversifikationspotenzial leiden könnte, wenn aufgrund des globalen Klimawandels aus diversen Märkten gleichzeitig höhere Schadenlasten aus Wetterereignissen entstünden. Freilich waren es vor allem Bevölkerungs- und Wohlstandswachstum, sowie die Ausbreitung von Wohn- und Gewerbefläche in Hochrisikogebiete, die primär die Schäden über die Zeit nach oben getrieben haben. Jedoch wird die Annahme, dass die Änderung des Klimas bereits heute für Regionen und bestimmte Naturgefahren zum Schadenänderungssignal beiträgt, durch aktuelle wissenschaftliche Arbeiten gestützt. Weltweit hat zum Beispiel über die letzten vier Jahrzehnte die bodennahe Feuchte zugenommen, was Auswirkungen auf Starkniederschläge und sommerliche Gewitterschäden hat. Für Nordamerika konnten wir in einer Studie kürzlich 2 Plenarvorträge zeigen, das klimatische Veränderungen über die letzten 40 Jahre die mittlere Höhe und Variabilität der Gewitterschäden (Hagel, Tornado, Böen) bereits nach oben getrieben haben, und auch für den Südwesten Deutschland ist ähnliches bereits gezeigt worden. Eine vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Auftrag gegebene Studie zu den zukünftigen Schadenerwartungen aus Überschwemmungen und sommerlichen sowie winterlichen Stürmen in Deutschland lässt bereits für die kommenden 30 Jahre deutliche Schadenanstiege erwarten. Um mit den durch den Klimawandel verursachten Zunahmen von Extremwetterereignissen auch hierzulande angemessen umzugehen, müssen neben das Bemühen um die Verminderung des Klimawandels auf der Emissionsseite verstärkte Anpassungsmaßnahmen treten. Eine Schlüsselfunktion kommt hier den Regionen und – hier beispielhaft fokussiert – ihren Städten zu. Städte weisen hohe Konzentrationen von Menschen, zerstörbaren Werten und Infrastruktur auf. Qua großer Wirtschaftsleistung und hohem Energieverbrauch sind sie große Emittenten von Treibhausgasen, insbesondere von CO2. Sie sind aber auch besonders durch den Klimawandel betroffen, man denke nur an die thermischen Belastungen während heißer Tage aufgrund des städtischen Wärmeinseleffekts. Die Kapazität der Stadtentwässerung reicht bei Starkniederschlägen nicht mehr aus, wie die drastischen Überschwemmungen nach solchen Extremereignissen in Dortmund, Kopenhagen und anderen Orten der letzten Jahre gezeigt haben. Schließlich bieten Städte aber auch Chancen bei der Verminderung des Klimawandels und der Anpassung. Die größere Dichte bei Bevölkerung und Siedlungen, Industrie, Dienstleistung, und Kultur, ermöglicht kürzere Wege und potenziell geringeren Energieverbrauch. Versicherer können durch dem Risiko entsprechende Naturgefahrendeckungen, auch durch Deckungskonzepte wie Wetterderivate, beispielsweise zur Übernahme von wetterbedingtem Ausfallrisiko bei der Energienachfrage in warmen Wintern, oder durch Deckungen für Erneuerbare Energien, ihren Beitrag zur Anpassung an den unvermeidlichen Klimawandel und zur Verminderung des Klimawandels leisten. 3 Plenarvorträge Von globalen Klimawirkungen zu regionalen Anpassungsstrategien Hermann Lotze-Campen Research Domain II - Climate Impascts and Vulnerabilities, Potsdam Institute for Climate Impact Research (PIK) Analysen zu Klimawirkungen und Anpassungsoptionen werden auf verschiedenen Skalen durchgeführt. Regionale Modellansätze müssen eingebettet werden in globale Szenarien zur Entwicklung von Bevölkerung, Wirtschaftsentwicklung und Handel. Dazu müssen eine Reihe von Annahmen getroffen werden. Globale Modellansätze sind in der Lage, die Dynamik des internationalen Handels sowie andere globale Wechselwirkungen explizit abzubilden. Dafür können sie nur bedingt auf regionale Besonderheiten bezüglich Klimawirkungen und Anpassungsfähigkeit eingehen. Anhand einer Reihe von globalen und regionalen Klimawirkungsmodellen soll gezeigt werden, wie die Stärken beider Ansätze skalenübergreifend kombiniert werden können. So können Wechselwirkungen zwischen globalen und regionalen Prozessen und Randbedingungen konsistent analysiert und dargestellt werden. Dies ist vor allem wichtig für die Übersetzung von biophysikalischen Klimawirkungen in sozio-ökonomische Schäden und Kosten der Anpassung. Von Anpassungsstrategien zum Handeln Uwe Schneidewind Wuppertal Institut Bei der Klimaanpassung ist die Übersetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in konkrete Handlungsstrategien eine besondere Herausforderung. Sie braucht einen besonderen Typus "transformativer" Wissenschaft. Dies ist eine Wissenschaft, die Akteure von Anfang an in die Wissensproduktion mit einbezieht und neben naturwissenschaftlich-technischen insbesondere auch ökonomische, institutionelle und kulturelle Perspektiven integriert. Erst auf diese Weise entsteht bei den Akteuren eine "Literacy" im Sinne einer auf die Klimaanpassung ausgerichteten Orientierungs- und Handlungsfähigkeit. Der Vortrag illustriert an Beispielen aus der nieder- 4 Plenarvorträge sächsischen Regierungskommission Klimaschutz sowie den großen Klimaschutzanpassungsprojekten KLIMZUG des Bundesforschungsministeriums wie eine solche Übersetzung aussehen kann. 5 Dienstag, 03.09.2013 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Leitung: Uwe Haberlandt Jörg Dietrich 6 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen 9:00 -10:30 Uhr: Klimaentwicklung Hauptvortrag: Regionaler Klimawandel: wo stehen wir heute? Daniela Jacob Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg Climate Service Center, Hamburg Beobachtungen klimatischer Größen zeigen, dass sich das Klima in vielen Regionen verändert, so auch in Niedersachsen. Um regionalen Änderungen in der Zukunft projizieren zu könnten, müssen die Prozesse, die dazu führen, verstanden und modelliert werden können. In Deutschland werden deshalb seit Anfang der 1990er Jahre dynamische regionale Klimamodelle entwickelt, die als eine Methode angesehen werden, um im Zeitalter globaler Klimaveränderungen mögliche Veränderungen des Klimas einer Region studieren zu können. Diese Entwicklung wurde durch die Arbeiten von Filippo Giorgi am NCAR, USA, stimuliert, der als erster ein regionales Wettervorhersagemodell so adjustierte, dass damit auch Zeiträume von mehreren Monaten bis hin zu Jahren simuliert werden konnten. Mittlerweile existieren mehr als zwei Dutzend regionale Klimamodelle, die für alle Kontinente hoch aufgelöste Klimaszenarien bis 2100 berechnen. Deren Ergebnisse werden nicht nur in der Klimaforschung verwendet, sondern bilden eine wesentliche Daten- und Informationsbasis für die Klimafolgenforschung und im Bereich der Anpassung an den Klimawandel. Im Vortrag wird ein Abriss darüber gegeben, welche Informationen heute zur Verfügung stehen, wie belastbar diese Aussagen sind und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um mit diesen Daten und Informationen planerisch tätig werden zu können. Regionaler Klimawandel, regionale Klimamodellierung, Klimainformationen, Anpassung 7 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Umgang mit Bandbreiten in Klimadaten und Klimafolgenforschung Christopher Moseley1), Oleg Panferov2), Claus Döring3), Diana Rechid4), Daniela Jacob1) 1) 2) 3) 4) Climate Service Center Hamburg Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Abt. Bioklimatologie Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Abt. Ökopedologie der gemäßigten Zonen Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg Klimaimpaktmodelle werden an Beobachtungsdaten kalibriert und validiert, um anschließend Zukunftsszenarien mit Hilfe von Klimamodelldaten zu untersuchen. Die Anforderungen, die verschiedene Impaktmodelle an die benötigten Klimadaten stellen, sind sehr heterogen. Dies betrifft nicht nur die räumliche und zeitliche Auflösung und die Anzahl der Klimavariablen, sondern auch die Ansprüche an die Genauigkeit von Klimamodelldaten, so dass unter Umständen Bias-Korrekturen notwendig werden. Wir diskutieren die in den Projekten KLIFF und KLIMZUG-NORD gewonnenen Erfahrungen aus der Aufarbeitung von Klimadaten für die Nutzung in der Klimafolgenforschung an Beispielen. Dabei gehen wir auf die Unsicherheiten sowohl der Beobachtungsdaten als auch der Klimamodelldaten (mit und ohne Bias-Korrekturen), sowie deren Fortpflanzung in den Impaktmodellen ein. Diese Unsicherheiten müssen letztendlich in Bandbreiten angegeben werden, um konkrete Anpassungsmaßnahmen zu ermöglichen. Die in den beiden Projekten gewonnenen Erfahrungen können zukünftigen Forschungsprojekten dabei helfen, die Interaktion von Klimamodellierern und Klimadatennutzern zu optimieren. Klimamodelle, Bandbreite, Unsicherheit, Bias, Impaktmodellierung, Klimadatennutzung 8 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Validierung von Klimamodellniederschlägen – Erkenntnisse für die Interpretation von Klimafolgenabschätzungen in Niedersachsen U. Petry1) , M. Wallner2) , J. Dietrich2) , U. Haberlandt2), M. Anhalt1), K. Förster3) 1) 2) 3) Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Betriebsstelle Hannover-Hildesheim Leibniz Universität Hannover, Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und landwirtschaftlichen Wasserbau Technische Universität Braunschweig, Leichtweiß-Institut für Wasserbau, Abt. Hydrologie, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz Klimamodelldaten können in Kombination mit Wirkmodellen (z.B. hydrologischen Modellen) dazu genutzt werden, um die zukünftige Entwicklung verschiedener Größen (z.B. der Abflussmengen) abzuschätzen. In der Kette Klimamodell – Wirkmodell treten Unsicherheiten auf, welche quantifiziert und bei der Interpretation der Ergebnisse kommuniziert werden müssen. Ein Schritt zur Identifikation einer dieser Unsicherheiten ist die Validierung der Klimavariablen aus den Klimamodellen. In dieser Studie wurden die Daten eines statistischen regionalen Klimamodells (WETTREG2006) sowie eines dynamischen Klimamodells (REMO, Lauf UBA und BfG), hinsichtlich ihrer Qualität die beobachteten Klimaverhältnisse nachzubilden, untersucht. Die Validierung erfolgte für den Zeitraum von 1961 – 2000 auf Basis von Tageswerten. Als Grundlage für den Referenzdatensatz dienten beobachtete Klima-Zeitreihen des Deutschen Wetterdienstes. Das Untersuchungsgebiet umfasste das Einzugsgebiet von Aller und Leine sowie einige mesoskalige Teileinzugsgebiete, um regionale Unterschiede zu identifizieren. Bewertungsgegenstand waren verschiedene Indizes des Niederschlags, wie Mittelwerte, Extremwerte und Trockentage bzw. maximale Trockenphasen. Als Gütekriterien wurden der Nash Sutcliffe Koeffizient sowie die prozentuale Abweichung gegenüber den Werten aus den Beobachtungsdaten verwendet. Alle Niederschlagsdaten wurden mittels geostatistischer Verfahren auf ein regelmäßiges Raster interpoliert, Beobachtung und WETTREG zusätzlich Richter-korrigiert, und anschließend zu Gebietsmitteln aggregiert. WETTREG2006 zeigt im direkten Vergleich zu den beobachteten Daten eine gute Übereinstimmung bei den Mittelwerten, wobei die 9 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Variation der einzelnen Tageswerte insgesamt zu gering erscheint. Kleinere Extremwerte trifft das Modell ebenfalls gut, bei größeren kommt es zu einer leichten Unterschätzung. Die Anzahl der Trockentage und die maximale Länge der Trockenphasen werden dagegen, je nach Schwellenwert, stark unterschätzt. Die Bandbreite der Realisationen nimmt in den oberen Extrembereichen zumeist zu. Das Modell REMO überschätzt vor allem trockenere Jahre im Mittel (BfG stärker als UBA), was sich durch eine starke Überschätzung der Sommerniederschläge erklärt. Kleinere Extreme werden von beiden REMO-Versionen gut getroffen, bei großen Extremen erfolgt eine z.T. erhebliche Überschätzung. Die Anzahl der Trockentage pro Jahr wird von beiden relativ gut wiedergegeben (UBA etwas besser als BfG), ebenso die maximalen Trockenphasen, die in ihrer Dauer von REMO-UBA leicht über-, von REMO-BfG leicht unterschätzt werden. Die Tendenzen der Qualität der Klimamodellniederschläge spiegeln sich im Wesentlichen auch bei den Resultaten der anschließenden Wirkmodellierung durch ein hydrologisches Modell wider. Das Ergebnis, d.h. die Modellgüte im Beobachtungszeitraum, ist nur bedingt auf die Zukunftsszenarien übertragbar und sollte nicht als einziges Kriterium für eine Modellbewertung herangezogen werden. Es gibt aber Hinweise auf die Unsicherheiten der Modelldaten bei der Abbildung abflussrelevanter Klimaindizes, die bei der Wirkmodellierung von Szenarien, vor allem deren bei Absolutwerten, berücksichtigt werden müssen. Klimamodelldaten, Modellgüte, Unsicherheiten, Wirkmodellierung Analyse regionaler Klimaprojektionen und Klimawirkungen mit dem Entscheidungshilfesystem LandCaRe-DSS für Agrargebiete in Sachsen Barbara Köstner1), Michael Berg2), Majana Heidenreich1), Wilfried Mirschel2) 1) 2) Technische Universität Dresden, Institut für Hydrologie und Meteorologie, Professur Meteorologie Institut für Landschaftssystemanalyse, ZALF e.V. 10 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Im Rahmen des Forschungsverbundes „Land, Klima und Ressourcen (LandCaRe) 2020“ wurde das modellbasierte Entscheidungshilfesystem LandCaRe-DSS (DSS = Decision Support System) entwickelt. Erste räumliche Übertragungen erfolgen im „Integrierten Regionalen Klimaanpassungs¬programm Modellregion Dresden“ (REGKLAM). Neben der räumlichen Erweiterung wurde die Klimadatenbank aktualisiert, die sowohl Klimaprojektionen von dynamischen als auch statistisch-dynamischen Klimamodellen enthält (CCLM, REMO, WEREX-IV, WETTREG2006, WETTREG2010). Unterschiede zwischen diesen Projektionen einschließlich einzelner Realisierungen wurden anhand von temperatur- und niederschlagsabhängigen Indizes wie zum Beispiel Klimatische Wasserbilanz, Thermische Vegetationsperiode und phänologische Eintrittstermine von Pflanzen untersucht. Darüber hinaus erfolgten Simulationen der Wirkung auf den Ernteertrag und Zusatzwasserbedarf von landwirtschaftlichen Fruchtarten. Bei den rein temperaturabhängigen Wirkungsanalysen ergaben sich keine prinzipiellen Unterschiede zwischen den Methoden der Klimamodellierung, d.h. den dynamischen und statistisch-dynamischen Klimamodellen. So steigt zum Beispiel die Länge der Thermischen Vegetationsperiode bis zum Jahr 2100 am stärksten bei Projektionen von WETTREG2010 an, gefolgt von REMO-1, WEREX-IV, WETTREG2006 und CCLM. Aufgrund eines fehlenden deutlichen Niederschlagstrends bei den dynamischen Klimamodellen gegenüber einem abnehmenden Niederschlagstrend bei den statistisch-dynamischen Modellen, resultierten hier grundsätzliche Unterschiede zwischen den Methoden der Klimamodelle. So nimmt die jährliche Klimatische Wasserbilanz am stärksten unter WETTREG2010 ab, WEREX-IV und WETTREG2006 nehmen eine Mittelstellung ein, CCLM zeigt nur einen geringen abnehmenden Trend. Für die CCLM-Projektionen wurde im Projekt LandCaRe2020 eine Niederschlagskorrektur durchgeführt (Lindau und Simmer, Univ. Bonn), um sie dem Wertebereich der Beobachtungen anzupassen. Wirkungen, die sich nicht auf Jahreswerte, sondern auf Jahreszeiten beziehen, wie Eintrittstermine phänologischer Entwicklungsstadien, fallen sehr variabel aus ohne grundsätzliche Unterschiede zwischen den Methoden der Klimamodelle. In Abhängigkeit von Pflanzenart und phänologischer Phase ergeben sich beim Vergleich von Klimaprojektionen sowohl Unterschiede in der Intensität als auch in der Richtung der Reaktion (Verfrühung oder Verspätung der Phase). Impaktsimulationen des Ernteertrages in den sächsischen Anbaugebieten wurden insbesondere für die Zeiträume 1991-2020 und 11 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen 2021-2050 unter dem Emissionsszenario A1B durchgeführt. Auf regionaler Ebene ist nur unter Annahme eines CO2-Düngeeffektes zukünftig noch mit einer leichten Zunahme, im ertragsschwachen Heidegebiet bereits mit einer Abnahme der mittleren Erträge zu rechnen. Simulationen mit CCLM ergaben sehr positive Ertragsentwicklungen, die jedoch beim Vergleich mit Beobachtungen als nicht realistisch eingeschätzt werden müssen und auf keinen Anpassungsbedarf schließen lassen. Die neuen Projektionen von WETTREG2010 haben zu einer deutlichen Verschärfung negativer Auswirkungen geführt, woraus zu schließen ist, dass Impaktstudien entsprechend dem Entwicklungsstand regionaler Klimaprojektionen immer wieder zu erneuern sind. Dies wird durch Modellund Datenbanksysteme wie das LandCaRe-DSS erheblich erleichtert und standardisiert. Klimafolgenszenarien, Klimaindizes, Phänologie, Ernteertrag, Zusatzwasserbedarf 11:00 - 12:40 Uhr: Hydrologie Was wissen wir über die Entwicklung der hydrologischen Extreme in Deutschland?" Axel Bronstert, Shaochun Huang Universität Potsdam, Institut für Erd- und Umweltwissenschaften In den letzten Jahrzehnten wurde eine Zunahme der Niederschläge in einigen Regionen in Deutschland beobachtet, so dass nun auch die potentielle Veränderung von Hochwasserereignissen im Mittelpunkt des Interesses steht. Der Vortrag berichtet über: a) die Analyse von Hochwasserereignissen in Deutschland für unterschiedliche Abflussregime und unter verschiedenen Klimaszenarien (das hohe A2-, das moderate B1- und das mittlere A1B - Emissionszenario) und b.) die Untersuchung der Unsicherheit, die durch die klimatischen Eingangsdaten und die regionalen Klimamodelle hervorgerufen werden. Die Daten von zwei dynamischen regionalen Klimamodellen (RCMs), REMO (REgional Model) und CCLM (Cosmo-Climate Local Model), sowie die von einem statistisch-empirischen RCM, Wettreg (Wetterlagenbasierte Regionalisierungsme- 12 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen thode) dienten als Eingangsdaten für das ökohydrologische Modell SWIM. SWIM wurde zuvor für 15 Abflusspegel in Deutschland validiert. Für die meisten Pegel konnte in den Hochwasserabflüssen (95% und den 99% Quantil) der mit SWIM simulierten Abflüsse mit gemessenen Klimadaten als Eingangsparameter - eine gute Übereinstimmung mit den gemessenen Abflüssen für den Zeitraum von 1961-2000 gezeigt werden (±10% Abweichung). Wenn für die gleiche Periode die RCM-Daten als Randbedingung genutzt wurden, wiesen die simulierten Abflüsse hingegen einen Bias auf. Die Ergebnisse einer Extremwertanalyse mit der Generalized Extreme Value (GEV)-VErteilung mit dem statistisch-empirischen Modell als Randbedingung zeigen für die meisten Flüsse einen abnehmenden Trend in der Höhe der Hochwässer. Dieser Trend ist in allen Emissionsszenarien zu sehen. Die Simulationen mit dynamischen Modellen als Klimarandbedingung zeigen in Abhängigkeit von der Region, von dem Emissionsszenario und der Prognosezeiträume hingegen ganz unterschiedliche Änderungen der Hochwasserereignisse in Richtung und Stärke. Die Unsicherheit in der Prognose der hohen Abflüsse, insbesondere der Extremhochwasserereignisse, bleibt daher groß und ist in den Unterschieden der regionalen Kimamodelle, der Emissionsszenarien und der verschiedenen Realisationen der RCM’s zu finden. Zeitlich und räumlich hochaufgelöste Simulation des Wasserhaushalts im Aller-Leine-Oker-Einzugsgebiet auf Grundlage von Klimamodelldaten Marlene Gelleszun, Kristian Förster, Günter Meon Technische Universität Braunschweig, Leichtweiß-Institut für Wasserbau, Abteilung Hydrologie, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz Zur Quantifizierung von möglichen Auswirkungen des globalen Klimawandels auf den Wasserhaushalt des 14.730 km² großen Aller-Leine-Oker-Einzugsgebiets bis zum Pegel Rethem wurde ein flächendifferenziertes hydrologisches Modell erstellt. Dieses hydrologische Modell umfasst 4500 Teilflächen, 62.000 Hydrotope, 156 Pegelstationen, 6 Talsperren sowie zahlreiche weitere hydrologisch relevante Bauwerke. Als Modellsystem wurde das Wasserhaushaltsmodell PANTA RHEI verwendet, welches von der Abteilung 13 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Hydrologie, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz des LeichtweißInstituts der TU Braunschweig in Kooperation mit dem Ingenieurbüro Hartung und Partner in Braunschweig entwickelt wurde. Die Kalibrierung erfolgte mit den vom Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und Landwirtschaftlichen Wasserbau der Universität Hannover regionalisierten Klimadaten als Input sowie mit den für zahlreiche Pegel vorliegenden gewässerkundlichen Zeitreihen des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz als Vergleichsgrundlage. Im Ergebnis konnte ein sehr detailliertes Modell zur Beschreibung des Wasserhaushalts aufgebaut werden, dass auch für einen von der Kalibrierung unabhängigen Zeitraum aussagekräftig validiert werden konnte. Auf dieser Grundlage kann das Modell als geeignetes Werkzeug zur Auswertung von Klimaszenarien angesehen werden. Es wurden Simulationen für das Emissionsszenario A1B auf Grundlage der regionalen Klimamodelle REMO (dynamisches Downscaling) mit jeweils zwei Läufen sowie WETTREG2006 (statistisches Downscaling) mit jeweils 20 Realisationen für das Aller-LeineOker-Einzugsgebiet in PANTA RHEI durchgeführt und ausgewertet. Ein Schwerpunkt umfasste dabei die Betrachtung der Saisonalität der Wasserhaushaltskomponenten, da zahlreiche statistische Auswertungen von Zeitreihen aus Klimamodelldaten auf eine unterschiedliche Ausprägung von möglichen Klimaänderungen in verschiedenen Jahreszeiten hinweisen. Im Ergebnis zeigte sich eine Zunahme des winterlichen Abflusses insbesondere in den Monaten Januar und Februar. Der Übergang zu den nachfolgenden Frühjahrsmonaten ist dabei durch einen markanten Rückgang der Wasserführung gekennzeichnet, wobei die Abflusshöhe des Winterhalbjahrs gegenüber dem Referenzzeitraum der Vergangenheit unabhängig davon zunimmt. Die Ergebnisse weisen damit auf eine insgesamt geringere Bedeutung saisonaler Schneedecken hin. Das Abflussregime geht damit – je nach Lage des untersuchten Teilgebiets – stärker in ein pluviales Regime über. Um mögliche Änderungen der Wasserführung im Sommer einschätzen zu können, wurden zudem Niedrigwasserstatistiken durchgeführt. Die nach Pegeln und verschiedenen Zeiträumen dif- 14 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen ferenzierte Auswertung dieser Niederschlagsstatistiken weist auf Basis des aktuellen konzeptionellen Modells auf keine Änderung typischer Niedrigwasserkenngrößen hin. Klimawandel, Wasserhaushalt, Saisonalität, Niedrigwasser, PANTA RHEI Unsicherheiten im Änderungssignal von modellierten Extremabflüssen: Korrektur Klimamodelldaten vs. Kalibrierung des Impactmodelles Markus Wallner, Uwe Haberlandt, Hannes Müller, Jörg Dietrich, Aslan Belli Leibniz-Universität Hannover, Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und landwirtschaftlichen Wasserbau Für die Dimensionierung wasserwirtschaftlicher Anlagen wird der Bemessungsabfluss an einem bestimmen Querschnitt des Flusslaufes benötigt. Dieser kann, unter der Annahme stationärer Bedingungen, mittels Extremwertstatistik aus beobachteten Zeitreihen ermittelt werden. Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass sich die Häufigkeiten und die Größen von Hochwässern, und somit auch die Bemessungsabflüsse, in der Zukunft ändern werden. Hydrologische Modelle angetrieben mit Klimavariablen aus regionalen Klimamodellen bieten eine Möglichkeit dies zu überprüfen. Allerdings ist diese Herangehensweise mit Unsicherheiten verbunden, welche sowohl aus den Klimaprojektionen, als auch aus dem konzeptionellen Ansatz des hydrologischen Modells resultieren. In einem ersten Schritt werden verschiedene Methoden (BiasKorrektur; Change-Methode) für die Korrektur der Daten aus regionalen Klimamodellen vorgestellt und deren Auswirkung auf das Änderungssignal auf die Extremabflüsse verglichen. Desweiteren wird eine Kalibrierungsstrategie präsentiert, welche es ermöglicht das hydrologische Modell auf die Extremwertstatistik zu trainieren. Als Referenz zu dieser Kalibrierungsstrategie dient die konventionelle Kalibrierung auf die Ganglinie. Der Unterschied auf das Änderungssignal der Extremabflüsse aus den zwei Kalibrierungsstrate- 15 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen gien in Kombination mit den verschiedenen Datensätzen (Rohdaten, korrigierte Daten) wird untersucht. Erste Ergebnisse zeigen, dass bei kurzen Beobachtungszeitreihen eine alleinige Kalibrierung auf die Ganglinie nicht zielführend ist. Das Änderungssignal variiert sowohl für unterschiedliche Eingangsdaten, als auch für die unterschiedlichen Kalibrierungsstrategien. Als hydrologisch am plausibelsten hat sich die Kalibrierung auf Abflussstatistiken in Kombination mit der Change-Methode herausgestellt. Hydrologische Modellierung, Extremwerte, Bias-Korrektur, Unsicherheiten Auswirkung von möglichen Klimaänderungen auf die Grundwasserneubildung in der Metropolregion Hamburg Frank Herrmann1), Shaoning Chen1), Lena Heidt2), Udo Müller2), Ralf Kunkel1) & Frank Wendland1) 1) 2) Forschungszentrum Jülich, Institut für Bio- und Geowissenschaften – IGB-3 Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, Hannover In den ländlichen Gebieten der Metropolregion Hamburg findet intensive Landwirtschaft statt. Vor allem im südlichen Teil, in der Lüneburger Heide, muss jedoch für hohe Erträge in der landwirtschaftlichen Produktion eine intensive Feldberegnung durchgeführt werden. Ursache dafür sind einerseits das relativ geringe Wasserspeichervermögen der Böden und andererseits die während der Vegetationsperiode von der Nordseeküste ins Landesinnere hin abnehmenden Niederschläge. Ein Großteil der für die Feldberegnung benötigten Wassermengen müssen aus den Grundwasserleitern der Region gefördert werden. Im Sinne einer am Prinzip der Nachhaltigkeit orientierten Bewirtschaftungsstrategie der Grundwasserressourcen, sollten nur die Mengen Grundwasser entnommen werden (Grundwasserdargebot), die heute und zukünftig durch die Prozesse im Landschaftswasserhaushalt auch wieder neu gebildet werden können. 16 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen des BMBF-Projektes KLIMZUG-Nord die möglichen Auswirkungen von Klimaänderungen auf das Grundwasserdargebot in der Metropolregion Hamburg regional differenziert ermittelt. Dies erfolgte basierend auf Simulationen mit dem Wasserhaushaltsmodell mGROWA (Herrmann et al., 2013). Mit mGROWA können der zeitlich variable Wassergehalt in den Böden, die auf Basis dieses Wassergehaltes und der klimatischen Bedingungen stattfindende Verdunstung, die Sickerwasserbewegung sowie auch die Grundwasserneubildung (und weitere Abflusskomponenten mehr) in hoher räumlicher (z.B. 100 m Raster) und zeitlicher Auflösung (Tage) auf Landesebene für lange Zeiträume (hydrologische Perioden >30 Jahre) auf Basis beobachteter oder projizierter Klimadaten simuliert werden. Für die Metropolregion Hamburg werden zunächst die mGROWASimulationsergebnisse für die beobachtete hydrologische Periode von 1971-2000 präsentiert und die Evaluierung der Ergebnisse anhand beobachteter Abflussganglinien diskutiert. Anschließend werden möglich erscheinende zukünftige Änderungen der Grundwasserneubildung gegenüber der Referenzperiode dargestellt. Diese Darstellung basiert auf mehreren Simulationen, bei denen mGROWA mit den Ergebnissen verschiedener regionaler Klimaprojektionen (WETTREG, REMO) angetrieben wurde. Referenzen: Herrmann F., Chen S., Heidt L., Elbracht J., Engel N., Kunkel R., Müller U., Röhm H., Vereecken, H. und Wendland F. (2013): Zeitlich und räumlich hochaufgelöste flächendifferenzierte Simulation des Landschaftswasserhaushalts in Niedersachsen mit dem Model mGROWA. (akzeptierte Publikation in Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, voraussichtlich Heft 5, Oktober 2013, 57. Jahrgang) Wasserhaushalt, Grundwasserneubildung, Klimawandel Quantifizierung der Reaktion des Grundwassersystems auf veränderte hydraulische und hydrologische Randbedingungen als Folge der Klimaänderung Maria Herold, M. Alhaqurahman Isa, Nicholas T. Ryan, Thomas Ptak-Fix 17 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Universität Göttingen, Fakultät für Geowissenschaften und Geographie, Abt. Angewandte Geologie Der Fokus der Forschungsarbeiten liegt auf der Quantifizierung der Reaktion des Oberflächen-Grundwassersystems auf veränderte hydraulische und hydrologische Randbedingungen mit einer erwartbaren stärkeren Dynamik und einer größeren Bandbreite als Folge der Klimaänderung. Das eingesetzte gekoppelte Oberflächen-Grundwassermodell wurde für dreidimensionale, standortbezogene, prozessorientierte numerische Simulationen und Parameterstudien auf unterschiedlichen Skalen bis zur Größe der Modellregion eingesetzt, um (i) die Reaktion des Systems Grundwasserleiter – Vorfluter auf veränderte hydraulische und hydrologische Randbedingungen für die IstSituation zu charakterisieren, (ii) die die Grundwasserdynamik steuernden Parameter und Größen zu identifizieren, und (iii) um den Einfluss zukünftiger Klimaänderungen auf das System abzuschätzen. Neben einem Grundwassermodell des Gesamteinzugsgebietes Aller-Leine-Oker, werden spezifische Parameterstudien unter Verwendung von 2 kleineren Untereinzugsgebietsmodellen (Einzugsgebiet Böhme) durchgeführt. Die zwei kleineren Modelle wurden eingesetzt, um den Einfluss von Landnutzungsänderungen auf die Grundwasserneubildung, die Pufferkapazität des Hanges und die Änderung der überschwemmten Fläche während eines Starkregenereignisses zu untersuchen. Des Weiteren wurde die Sensitivität der Grundwasserneubildung auf Änderungen des Niederschlags und der potentiellen Evapotranspiration untersucht. Schlussendlich wurden alle Modelle eingesetzt, um Änderungen im Abfluss, bei der Grundwasserneubildung und beim Basisabfluss unter den Bedingungen des IPCC Szenarios A1B zu analysieren. Die Ergebnisse zeigen mögliche Effekte der Klimaänderung auf Komponenten des Wasserhaushalts, wobei sich die Unsicherheit des Klimamodells in den Strömungsmodellen fortsetzt. Oberflächen-Grundwassersystem, Parameterstudien, Grundwasserneubildung, Basisabfluss, Pufferkapazität 18 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen 14:00 - 15:20 Uhr: Zu Bodenhydrologie und Kohlenstoffhaushalt Ackerböden im Klimawandel sandiger Karin Schmelmer, Brigitte Urban Leuphana Universität Lüneburg, Institut für Ökologie Für die Bodenfruchtbarkeit der sandigen Ackerböden NordostNiedersachsens ist der Humusgehalt von besonderer Bedeutung. Die Klimaerwärmung und eine veränderte Niederschlagsverteilung lassen einen steigenden Abbau organischer Bodensubstanz und zunehmende Bodentrockenheit erwarten. In KLIMZUG-NORD (www.klimzug-nord.de) wird anhand von Computersimulationen die Entwicklung des Bodenwasserhaushaltes eines Versuchsstandortes unter dem IPCC-Szenario A1B abgeschätzt. Der Einfluss von Bodeneigenschaften und Bewirtschaftung auf die projizierte Entwicklung der Humusgehalte ist darüber hinaus die Basis für die Ableitung von Anpassungsmaßnahmen. Die Interpretation von Simulationsergebnissen erfordert die Berücksichtigung von Unsicherheiten bezüglich aller Bodendaten, Wetterdaten, Bewirtschaftungsdaten sowie der Modellalgorithmen selbst (Schmidt et al., 2008). Daher werden Bandbreiten für die mögliche Entwicklung bodenhydrologischer Kennwerte und der Humusgehalte berechnet. Die Simulationen erfolgen mit dem Agrarökosystemmodell CANDY (Franko et al., 1995), das mit Klimaprojektionsdaten aus dem Regionalmodell REMO gespeist wird; REMO ist von dem Globalmodell ECHAM5-MPIOM angetrieben. Für den Zeitraum 1980-2010 werden DWD-Wetterdaten mit REMODaten verglichen und die entsprechenden CANDY-Simulationsergebnisse diskutiert. Der Bodenwassergehalt liegt aktuell an durchschnittlich ca. 70 Tagen im Jahr unter 40% der nutzbaren Feldkapazität (nFK). Die für die untersuchten Böden ermittelte Bandbreite verdeutlicht den Einfluss der Korngrößenverteilung auf das Ausmaß von Trockenstress. Für die 2020er Jahre wird eine Zunahme von durchschnittlich 11%, für die 2030er Jahre von rund 14% berechnet. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts nimmt die Bodentrockenheit stärker zu, wobei der Mai sowie der Spätsommer und Herbst besonders betroffen sind. Die Simulation mit den REMO-Wetterdaten 19 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen ergibt eine um 4-14% höhere mittlere Anzahl an Tagen mit nFK unter 40% im Vergleich zu den Simulationen mit den Messdaten. Ursachen sind die von REMO für alle Monate ermittelte höhere Anzahl an Regentagen, also eine projizierte geringere Niederschlagsintensität im Vergleich zu den Messwerten, sowie eine abweichende saisonale Niederschlagsverteilung. Sensitivitätsanalysen mit CANDY verdeutlichen den Einfluss der Temperatur als entscheidender Klimakenngröße auf die Entwicklung der Humusgehalte. Der Tongehalt des Bodens hat einen etwa gleich großen, jedoch umgekehrten Einfluss. Die Erhöhung der Jahresmitteltemperatur um 2°C führt nach den Simulationsergebnissen zur Absenkung der Gehalte an organischem Kohlenstoff um etwa 1,3 Tonnen pro Hektar. Die Umstellung auf Energiefruchtfolgen wird einen zusätzlichen, stärkeren Rückgang bewirken. Durch Anpassungsmaßnahmen werden also die erhöhte Mineralisierung organischer Substanz als Folge der Klimaerwärmung und vielfach auch die bewirtschaftungsbedingte Humuszehrung auszugleichen sein. Literatur: Franko, U., Oelschlägel, B., Schenk, S. (1995): Simulation of temperature-, water- and nitrogen dynamics using the model CANDY. Ecological modelling 81, 213 222. Schmidt, T.G., Franko, U., Meissner, R. (2008): Uncertainties in large-scale analysis of agricultural land use - A case study for simulation of nitrate leaching. Ecological modelling 217, 174 -180. Unsicherheiten, Klimaprojektionen, Bodenwasserhaushalt, Humusdynamik, Modellierung Unsicherheiten in der Artverbreitungsmodellierung von Ackerunkräutern unter den Bedingungen des Klimawandels Jana Bürger1), Barbara Edler2), Bärbel Gerowitt1), Horst-Henning Steinmann2) 1) 2) Universität Rostock, Professur für Phytomedizin Georg-August-Universität Göttingen, Zentrum für Biodiversität und nachhaltige Landnutzung (CBL) Ein Forschungsthema im Bereich der Pflanzenproduktion ist es abzuschätzen, wie sich der Klimawandel auf das Auftreten von 20 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Ackerunkräutern auswirken wird. Dabei geht es einerseits um deren Verbreitung in verschiedenen Regionen, aber auch um die Einschätzung, ob bestimmte Arten Probleme in der Bekämpfung verursachen werden. Im Vortrag werden Ergebnisse der Verbreitungsmodellierung verschiedener Maisunkräuter unter Verwendung von projizierten Klimadaten des REMO-Modells vorgestellt. Die Auswahl der Arten orientierte sich einerseits an der Auswahl von vorangegangenen experimentellen Arbeiten in KLIFF (Edler et al. 2012), andererseits an der Experteneinschätzung einer europaweiten Studie über wichtige Unkräuter in wärmeren Regionen (Meissle et al. 2010). Die Modellierung erfolgte mit Maxent (Phillips et al. 2006, Elith et al. 2011) auf der Basis von Vegetationsaufnahmen, hochaufgelösten Klima-, Boden- und Landnutzungsdaten, sowie den REMOProjektionen. Der Vortrag beschäftigt sich insbesondere mit den verschiedenen Quellen von Unsicherheit in der Modellierung und deren Auswirkung auf die projizierte Artenverbreitung, darunter der Unsicherheit in den Klimadaten, in den anderen Eingangsdaten und in der Methode. Referenzen: Edler et al.(2012) : Julius-Kühn-Archiv 438, 134-135. Elith, J. et al. (2011). Diversity and Distributions 17: 43-57. Phillips,S. et al. (2006): Ecological Modelling 190: 231-259. Meissle et al. (2010): Journal of Applied Entomology 134: 357–375. Unsicherheit, Unkraut, Klimawandel Regionale Projektionen für Deutschland zu Erträgen von Silomais und Winterweizen bei Klimawandel Andrea Lüttger, Pia Gottschalk, Frank Wechsung Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Die Produktivität landwirtschaftlicher Erzeugnisse wird von den Temperatur- und Wasserverhältnissen, sowie dem Boden bestimmt. Zu den wichtigsten landwirtschaftlichen Kulturen in Deutschland zählen Winterweizen und Mais. In der Vergangenheit schwankten die Erträge dieser beiden Kulturen in einem Bereich 21 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen von plus minus 20 Prozent mit einzelnen Ausreißern in Jahren mit ungewöhnlicher Witterung. Generell fallen die Schwankungen bei der Sommerkultur Mais deutlicher als bei der Winterkultur Weizen aus. Die Ertragsschwankungen sind im Osten Deutschlands, in mehr kontinental geprägten Regionen wie beispielsweise dem Einzugsgebiet der Elbe ausgeprägter als im Westen, hier beispielsweise im Einzugsgebiet des Rheins. Analog zu den Schwankungsbreiten differieren die Ertragsniveaus zwischen Ost und West. Das höhere Ertragsniveau und die größere Ertragsstabilität im Westen gegenüber dem Osten lassen sich gut auf die generell bessere Wasserversorgung im Westen zurückführen. Mit durchschnittlich 200 mm mehr an Niederschlag und vergleichbarem Verdunstungsanspruch ist die Wasserbilanz in den stärker atlantisch beeinflussten Regionen deutlich günstiger. Bei einer Erwärmung des Klimas kann tendenziell damit gerechnet werden, dass sich der Verdunstungsanspruch der Kulturpflanzen erhöht. Bei gleichbleibenden Niederschlägen verschlechtert sich damit die klimatische Wasserbilanz – die Differenz zwischen Verdunstungsanspruch und Niederschlägen. Für Deutschland wäre demnach zu vermuten, dass die Ertragsaussichten für Mais von einer Erwärmung stärker negativ beeinträchtigt wären als jene für Winterweizen. Ebenfalls könnte angenommen werden, dass der Gradient im Ertragsniveau und der Ertragsstabilität zwischen den mehr atlantisch, bzw. kontinental beeinflussten Regionen Deutschlands zunehmen wird. Mithilfe des statistischen Ertragsmodells IRMA wurde eine quantitative Abschätzung von Witterungseffekten auf Erträge vorgenommen. Für jeden Landkreis in Deutschland wurde ein eigenes Ertragsmodell geschätzt und die Klimawirkung auf den Ertrag für konkrete Szenarien des Klimawandels simuliert. Parallel dazu wurden die Erträge von Winterweizen und Silomais mit einem dynamischen Modell, dem ökohydrologischen Modell SWIM, simuliert. Die zu erwartende Wirkung des Klimas auf die Erträge von Winterweizen und Silomais ohne den Effekt einer erhöhten CO2-Konzentration werden für die nächsten Jahrzehnte als Dekadenmittel dargestellt. Hierbei liegt der Focus auf den zukünftig zu erwartenden Ertragsaussichten. Der Modellvergleich ermöglicht Aussagen über die Unsicherheit der potentiellen Ertragsentwicklung. Die Ergebnisse der Ertragssimulationen mit dem statistischen Modell sind in dem Portal http://www.klimafolgen online.com einsehbar. Klimawandel, Ertrag, Winterweizen, Silomais, regional, Deutschland 22 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Vergleich der Auswirkungen des Klimawandels und von sozio-ökonomischen Entwicklungen auf ein regionales Energiesystem Stefan Gößling-Reisemann, Sönke Stührmann, Jakob Wachsmuth Universität Bremen, artec – Forschungszentrum Nachhaltigkeit Im Rahmen des Forschungsprojekts nordwest2050 wurde eine Vulnerabilitätsanalyse des regionalen Energiesystems in der Metropolregion Bremen-Oldenburg durchgeführt. Dabei wurden nicht nur die Auswirkungen des Klimawandels, sondern auch von sozioökonomischen Entwicklungen im Kontext der Energiewende berücksichtigt. Die Analyse hat gezeigt, dass einerseits die sozioökonomischen Einflüsse fast überall dominierend sind, der Klimawandel andererseits in bestimmten Situationen als verstärkender Effekt relevant sein kann (Gößling-Reisemann et al). In unserem Beitrag werden wir dies an zwei verwendeten ImpactModellen demonstrieren: • Die Auswertung eines sozio-technischen Modells des Heizwärmebedarfs hat ergeben, dass der Klimawandel im Fall einer zügigen und hochwertigen Sanierung des Gebäudebestands, wie im nationalen Energiekonzept vorgesehen, eine untergeordnete Rolle für den Heizwärmebedarf spielt. Sollten jedoch die Ziele bei Sanierungsraten oder den individuellen Einsparungen verfehlt werden, kann der Klimawandel zu relevanten Einsparungen führen (Litfin 2012). • Die Simulation eines regionalen Verteilnetzes hat gezeigt, dass die Klimafolgen allein die Stabilität des Netzes nicht bedrohen, aber in Kombination mit einem starken Anstieg der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien oder einer deutlichen Änderung des Bedarfs kann es zu einem erheblichen Anstieg der Spannungsbandabweichungen kommen. Allerdings ist die Sensitivität gegenüber den Klimasignalen deutlich geringer als gegenüber den Ausbau- bzw. Änderungsraten (Wolter und Weidner 2012). Im Kontext dieser Ergebnisse liegt es nahe, nicht den Einfluss festgelegter Klimaszenarien auf ein System zu untersuchen, sondern die Klimarobustheit oder allgemeiner die Resilienz bestimmter Systemkonfigurationen. In diesem Fall stellt sich dann die Frage, ob es nicht weniger wichtig ist, die genaue Ausprägung des regio- 23 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen nalen Klimawandels und die damit verbundenen Konsequenzen zu untersuchen als die Sensitivität sozio-ökonomischer Entwicklungen und Maßnahmen gegenüber unterschiedlichsten Klimaänderungen. Dies ist um so mehr der Fall, als sich in der jüngeren Vergangenheit die Hinweise häufen, dass der Klimawandel regional gesehen zu in den Klimamodellen bisher nicht abgebildeten Wetterphänomenen mit deutlich geänderten Klimasignalen führen kann, wie z.B. den länger anhaltenden Transport arktischer Kaltluft nach Mitteleuropa in den letzten Wintern (vgl. Liu et al 2012). Literatur: Gößling-Reisemann S, Wachsmuth J, Stührmann S, von Gleich A: Climate change and structural vulnerability of a metropolitan energy supply system – the case of Bremen- Oldenburg in Northwest Germany. Akzeptiert zur Veröffentlichung in Journal of Industrial Ecololgy Litfin, A (2012): Modellierung des Heizwärmebedarfs privater Haushalte in der Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten im Kontext des Klimawandels. Diplomarbeit, betreut am Fachgebiet Technikgestaltung und Technologieentwicklung, Fachbereich Produktionstechnik, Universität Bremen. Liu JP, Curry JA, Wang HJ, Song MR, Horton RM (2012): Impact of declining Arctic sea ice on winter snowfall. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 109 (11):4074-4079. doi:10.1073/pnas.1114910109. Wolter M, Weidner J (2012): Modellierung der Vulnerabilität des Energiesektors in der Region gegenüber Auswirkungen des Klimawandels. Abschlussbericht für nordwest2050, Universität Hannover. Vulnerabilitätsanalyse, Energiesystem, Sensitivität, Resilienz 24 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen POSTER 25 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasser- und Stoffhaushalt von mesoskaligen Einzugsgebieten in verschiedenen Naturräumen Niedersachsens Jörg Dietrich, Florian Krause, Nadine Maier, Sven van der Heijden Leibniz Universität Hannover, Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und landwirtschaftlichen Wasserbau Naturräume werden durch Relief, Böden, geologischen Untergrund, Lebewesen (v.a. Vegetation) sowie Klima und Wasserhaushalt charakterisiert. Betrachtungsgebiete des Wasserhaushaltes sind Flusseinzugsgebiete, an deren Auslass Abflüsse und Stoffausträge beobachtet und bilanziert werden können. Die landwirtschaftliche Nutzung, insbesondere die Wahl von Feldfrüchten und Fruchtfolgen, hängt neben wirtschaftlichen und agrarpolitischen Faktoren stark vom Naturraum ab. Erhebungen erfolgen entsprechend der Agrarstatistik auf der Ebene von Gemeinden. Für die Überlagerung dieser Informationen wurden im Rahmen des KLIFF-Projektes „Wasser- und Stoffhaushalt“ im Forschungsthema „Binnengewässer“ zunächst ein Geoverarbeitungsmodell und ein Optimierungsalgorithmus zur Verteilung von naturraumtypischen Fruchtfolgen im Flusseinzugsgebiet entwickelt und auf einen Zeitraum von 30 Jahren angewendet. Danach wurden ökohydrologische Modelle für mehrere jeweils 100 bis 1000 km² große Teileinzugsgebiete aufgestellt, welche überwiegend in einem Naturraum liegen. Es erfolgte eine Prozessbasierte Simulation des Wasser- und Stoffhaushaltes für die Vergangenheit und die Zukunft mit dem Modell SWAT unter Verwendung von Beobachtungsdaten und REMO-Klimaprojektionen für das 21. Jahrhundert. Erste Modellergebnisse der zum Zeitpunkt der Konferenz noch nicht abgeschlossenen Arbeiten zeigen einen großen Einfluss der Temperatur auf den Nährstoffhaushalt und damit auch auf die Gewässergüte. Bei Änderung des Klimas ist mit Rückkopplungen der Landwirtschaft zu rechnen, welche sich anpassen dürfte. Aufgrund des zusätzlichen und nicht vorhersagbaren Einflusses der Agrarpolitik haben Projektionen der zukünftigen Änderung des Stoffhaushaltes eine noch größere Unsicherheit als die Klimaprojektionen, so dass hier mit Szenarien gearbeitet wird. Die Kombination eines Ensembles von Klimaprojektionen mit mehreren Landnutzungsszenarien führt zu einer großen Menge an nötigen Simulationen zur 26 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Einrahmung des Unsicherheitsbereiches. Daher wurde für eine entscheidungsorientierte schnelle Simulation von Stoffausträgen ein Fuzzy-Ersatzmodell entwickelt, welches für den Beobachtungszeitraum erfolgreich angewendet und validiert wurde. Während dieses für die Erfolgsprognose von großräumigen Bewirtschaftungsmaßnahmen effizient und robust angewendet werden kann, sind weitere Untersuchungen zur robusten Anwendung datenbasierter Modelle unter geändertem Klima erforderlich. Wasserhaushalt, Stoffhaushalt, Landwirtschaft, Naturraum, Fruchtfolgen, Temperatur, Ersatzmodell Statistisches Downscaling des Niederschlages bedingt an Großwetterlagen – eine Überprüfung der Annahmen Uwe Haberlandt1), Aslan Belli1), András Bárdossy2) 1) 2) Leibniz Universität Hannover, Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und landwirtschaftlichen Wasserbau Universität Stuttgart, Institut für Wasser- und Umweltsystemmodellierung Für die Untersuchung von Klimaeinflüssen auf das Hochwassergeschehen werden lange Zeitreihen des Niederschlages in hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung benötigt. Eine Möglichkeit solche Daten zu erhalten, ist das statistische Downscaling des Niederschlages aus einem globalen Klimamodell (GCM) mit Hilfe eines stochastischen Niederschlagsmodells dessen Parameter an Großwetterlagen (GWL) bedingt sind. Dies erfordert: (1) das Vorhandensein einer engen Beziehung zwischen GWL und Niederschlag, (2) die ausreichende Reproduktion der GWLs durch das GCM, (3) die adäquate Simulation des Niederschlages durch das Niederschlagsmodell und (4) die Stationarität der Beziehungen zwischen Niederschlag und GWLs. Ist Letzteres nicht gewährleistet, muss eine Methode gefunden werden, die die Instationarität dieser Beziehungen berücksichtigt. Das Hauptziel dieses Beitrages ist die sorgfältige Überprüfung und Diskussion dieser Hypothesen anhand von Daten für das 15000 km2 große Aller-Leine-Einzugsgebiet in Niedersachsen. Die Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist GWLs so zu definieren, dass sie signifikante Unterschiede im Niederschlags- 27 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen verhalten aufweisen. Außerdem konnte gezeigt werden, dass das verwendete GCM eine gute Reproduktion der GWLs und das Niederschlagsmodell eine gute Simulation der Beobachtungsdaten gestatten. Allerdings hat sich auch gezeigt, dass die Änderungen in den Häufigkeiten der GWLs die Änderungen im Niederschlagsgeschehen zwischen Vergangenheit und Zukunft nicht erklären können. Dies resultiert wahrscheinlich aus instationären Zusammenhängen zwischen Niederschlag und Großwetterlagen und muss im statistischen Downscaling durch eine Neuschätzung der Parameter des Niederschlagsmodells berücksichtigt werden. Dafür wurden hier mit Hilfe eines Delta-Change Ansatzes die Beobachtungen auf Basis von Änderungssignalen eines regionalen Klimamodells modifiziert und dann für die Neuschätzung der Parameter des Niederschlagsmodells verwendet. Downscaling, Niederschlagsmodell, Großwetterlagen Ein landnutzungssensitives Bodenmodell für die meso- und makroskalige Wasserhaushaltsmodellierung Phillip Kreye, Malene Gelleszun, Günter Meon Technische Universität Braunschweig, Leichtweiß-Institut für Wasserbau, Abteilung Hydrologie, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz Das umfangreiche Spektrum der hydrologischen Prozesse fordert zunehmend Interdisziplinarität für eine Verbesserung der Wasserhaushaltssimulation. Es wurde das für die Meso- bis Makroskala geeignete, physikalischbasierte Bodenwasserspeichermodell DYVESOM (Dynamic Vegetation Soil Model) entwickelt und als Komponente in das Wasserhaushaltsmodell Panta Rhei integriert und getestet. Das hydrologische Modellsystem Panta Rhei wurde von der Abteilung Hydrologie, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz des Leichtweiß-Instituts der TU Braunschweig in Kooperation mit dem Ingenieurbüro Hartung und Partner in Braunschweig entwickelt. Der vertikale Wasseraustausch des Bodenwasserspeichermodells DYVESOM in der ungesättigten Zone mit den Prozessen Infiltration, Perkolation und kapillarem Aufstieg wurde u.a. durch die Verwendung der matrixpotentialabhängigen Darcy-Buckingham Beziehung 28 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen realisiert. Es wurden drei Speicher verwendet, deren Retentionsbeziehungen nach van Genuchten parametrisiert wurden. Abhängig von der Landnutzung ist die Durchwurzelungstiefe als Grenze zwischen mittlerem und unterem Bodenspeicher definiert. Das Wurzelwachstum, interpretiert als Zu- bzw. Abnahme der Wurzeldichte, wird aus einer abgeleiteten Größe des GSI (Growing Season Index) realisiert. Der GSI ermöglicht eine Simulation der Vegetationsphasen in Abhängigkeit meteorologischer Größen. Die Modifikation der Wurzeldichte über die Zeit führt im Modell zu einer Dynamisierung der Speichergrenze zwischen erstem und mittlerem Bodenspeicher. Der untere Bodenspeicher wird von Transpirationsprozessen nicht direkt beeinflusst, dadurch lässt sich die den Speicher verlassende Sickerwassermenge als Grundwasserneubildung interpretieren. Erste Ergebnisse zeigen, dass der simulierte Wassergehalt des untersten Speichers mit gemessenen Grundwasserpegelständen sehr gut korreliert (R>0.9, Modelleffizienz>0.8). Dies plausibilisiert die im Modell abgebildete Interaktion von Oberflächen-, Bodenund Grundwasser. In der praktischen Anwendung liefert DYVESOM sehr gute Ergebnisse. Vergleiche mit einem bewährten konzeptionellen Bodenspeicher-Ansatz, der sowohl in der Hochwasservorhersage als auch in der Klimafolgenforschung in Niedersachsen erfolgreich eingesetzt wird, zeigen, dass die Resultate mit DYVESOM ähnliche bis höhere Modellgüten für unterschiedliche Pegeleinzugsgebiete erzielen. Die langjährigen Monatsmittelwerte der Wasserhaushaltskomponenten können verbessert wiedergegeben werden. Durch die Rückkopplung mit der Vegetation über die Landnutzung und dem GSI sind somit auch aussagekräftige Wasserhaushaltsimulationen für Klimaszenarien möglich. Panta Rhei in Kombination mit DYVESOM wurde erfolgreich im Forschungsverbund KLIFF in den Forschungsthemen Küste (FT 7) und Binnengewässer (FT 6) angewendet. Bodenmodell, Vegetationsmodell, Landnutzungsimpaktmodellierung, Wurzelwachstumsmodellierung, Wasserhaushaltsmodellierung 29 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Hydrodynamische Simulation der Wassertemperatur niedersächsischer Fließgewässer unter Berücksichtigung einer variablen Beschattung durch Ufergehölze Karoline Stein, Günter Meon Technische Universität Braunschweig, Leichtweiß-Institut für Wasserbau, Abteilung Hydrologie, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz Die Wassertemperatur beeinflusst viele physikalische Eigenschaften des Wassers und ist eine wichtige Steuergröße aller biochemischen Prozesse. Sie hat somit auch Einfluss auf den Sauerstoffund Nährstoffhaushalt sowie die Wachstumsraten von Phytoplankton, Bakterien und Makrophyten im Fließgewässer. Bei der Simulation der Wassertemperatur kann die zeitliche Variabilität meteorologischer Größen berücksichtigt werden, da Messdaten in der Regel in hoher zeitlicher Auflösung zur Verfügung stehen und als Randbedingung in die Modelle eingehen. Dagegen wird die Beschattung durch Ufervegetation meist nur als konstanter Modellparameter berücksichtigt. Ufervegetation wird in Norddeutschland vor allem durch Laubgehölze dominiert, wodurch von einer im Jahresgang variablen Beschattung der Fließgewässer auszugehen ist. Es wurden hydrodynamische Simulationen der Wassertemperatur an einer 36 km langen Teilstrecke der Böhme durchgeführt, um mögliche Maßnahmen gegen eine Erwärmung der Fließgewässer abzuleiten. Das eingesetzte Gewässergütemodell EPDRIV1 (Martin und Wool 2002) verwendet einen deterministischen EnergiebilanzAnsatz zur Simulation der Wassertemperatur in Abhängigkeit von Strahlung, Lufttemperatur und Temperatur aller Zuflüsse. Um eine belastbare Szenariensimulation zu ermöglichen, wurde die Ufergehölzvegetation der untersuchten Teilstrecke detailliert kartiert und die Vegetationsperioden im Untersuchungsgebiet aus Phänologiedaten des Deutschen Wetterdienstes ermittelt. Die Berechnung des Modellparameters für die Gewässerbeschattung erfolgte in Abhängigkeit der Vegetationsperiode. Dafür wurde auf die Methodik nach Li et al. (2012) zurückgegriffen, die Gewässereigenschaften (Breite, Ausrichtung, Uferneigung), Vegetationsparameter (Höhe, Überhang, Belaubungsdichte) und den Sonnenstand (geographische Breite, Tageszeit, Jahreszeit) in beliebiger zeitlicher Auflösung berücksichtigt. So konnte eine Nachbildung beobachteter Wassertemperaturen mit einer hohen Modelleffizienz von 0,91 erreicht werden. 30 Thema 1: Regionale Klimaprojektionen und Impaktmodellierungen: Möglichkeiten und Grenzen Sensitivitätsstudien haben ergeben, dass die Beschattung kleiner und mittlerer Fließgewässer die sommerlichen Tagesmitteltemperaturen, vor allem aber die ökologisch relevanten Tagesmaximumtemperaturen außerordentlich stark beeinflusst. Der Einfluss der Beschattung auf die Wassertemperatur scheint größer zu sein, als die durch Klimawandel zu erwartende Wassererwärmung. Dadurch könnte ein Ausbau der Ufergehölzvegetation eine interessante Maßnahme zur Verringerung der Erwärmung von Fließgewässern darstellen. Die zusätzliche Verringerung des Strahlungseinfalls wirkt sich positiv auf das Makrophyten- und Algenwachstum aus. Zudem verbessert der Ausbau der Ufergehölzvegetation die Vernetzung aquatischer und terrestrischer Lebensräume und unterstützt eine naturnahe Fließgewässerentwicklung. Zielsetzung für folgende Langzeitsimulationen der Wassertemperatur ist die Abbildung dynamischer, von den meteorologischen Bedingungen gesteuerter Vegetationsperioden. Referenzen: Li, G.; Jackson, C. R.; Kraseski, K. A. (2012): Modeled riparian stream shading: Agreement with field measurements and sensitivity to riparian conditions. J. Hydrol 428-429, pp. 142–151. Martin, J. L., Wool, T. (2002): A Dynamic One-Dimensional Model of Hydrodynamics and Water Quality - EPD-RIV1. User’s Manual. United States Environmental Protection Agency, Ecosystem Research Division, Athens, Georgia Wassertemperatur, Beschattung, Ufervegetation, hydrodynamische Simulation 31 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Leitung: Oleg Panferov Claus Döring 32 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen 9:00 -10:30 Uhr: Wald Hauptvortrag: Entwicklung von Extremwetterereignissen in Deutschland – Beobachtung und Projektion Thomas Deutschländer Deutscher Wetterdienst Offenbach In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, dem Technischen Hilfswerk sowie dem Umweltbundesamt hat der Deutsche Wetterdienst ein Ensemble von insgesamt vier regionalen Klimaprojektionen für Deutschland bezüglich der zukünftigen Entwicklung von Wetterextremen untersucht. Darüber hinaus überwacht der DWD die Klimaentwicklung operationell und wertet das Extremverhalten ausgewählter Parameter auch für die Vergangenheit standardmäßig aus. Im Vordergrund stehen hier die Größen Temperatur und Niederschlag, im Hinblick auf das erhebliche Schadenspotential wird aber auch die Windgeschwindigkeit betrachtet. Ein wesentlicher Faktor der Analysen ist dabei stets die grundsätzliche Definition von Extremen. Als Alternativen stellen sich hierbei die Festlegung auf Basis des Impakts der einzelnen Ereignisse oder die Berücksichtigung der vollständigen Häufigkeitsverteilung des jeweiligen meteorologischen Parameters. Das bedeutet, es gilt zu entscheiden, ob die als extrem zu bewertenden Schwellenwerte schlicht vorgegeben oder aber aus den vorliegenden Daten selbst bestimmt werden. Die Auswertung des rezenten Klimas zeigt insbesondere für die Zahl der Heißen Tage mit einer Tageshöchsttemperatur von mindestens 30°C für fast alle Regionen Deutschlands einen deutlichen Trend. Besonders auffällig ist dabei die Zunahme in einigen Regionen im Nordosten sowie im Südwesten, wo sich die Zahl solcher Tage teilweise mehr als verdoppelt hat. Ähnliches gilt auch für das Flächenmittel Deutschlands, das seit 1951 von etwa 3 auf 8 Tage pro Jahr angestiegen ist. Im Gegensatz dazu lassen sich für einige ausgewählte Niederschlagsschwellen im Deutschlandmittel meist nur sehr geringfügige Trends erkennen. Dabei sind regional zwar einige Änderungen auszumachen, auf Grund der hohen zeitlichen und bei diesem Parameter auch räumlichen Variabilität sind diese aber kaum robust. Das 98. Perzentil der geostrophischen Windgeschwindigkeit als Proxygröße für die Zahl der Stürme zeigt ebenfalls keinen klaren Trend. Für diese Kenngröße sind lediglich einige 33 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen periodische Schwankungen zu erkennen, welche sich auch im zeitlichen Verlauf der mittleren Windgeschwindigkeit wiederfinden. Zur Abschätzung zukünftig zu erwartender Änderungen wurden ausschließlich Perzentile zur Definition von Extremereignissen verwendet. Mittels der so genannten Kerndichteschätzung wurde dann die zeitliche Entwicklung der Überschreitungswahrscheinlichkeit dieser Schwellen als kontinuierliche Funktion innerhalb des gesamten Projektionszeitraums bestimmt. Zusätzlich wurden die Änderungen ausgewählter Jährlichkeiten und Wiederkehrwerte durch die nicht-stationäre Anpassung der Verteilungsparameter der GPD berechnet. Im Ergebnis zeigt sich, dass für alle 3 betrachteten Größen eine Zunahme der Häufigkeit von Extremereignissen zu erwarten ist. Die stärksten Änderungen ergeben sich dabei für die Temperatur, für deren 99. Perzentil sich z.B. mindestens eine Verfünffachung der Überschreitungswahrscheinlichkeit bis zum Ende des 21. Jahrhunderts ergibt. Die Spanne der Modellergebnisse reicht dabei aber sogar bis zu einer Verzwanzigfachung. Für Niederschlag und Windgeschwindigkeit liegen die Werte dagegen zumeist nicht über 200%, d.h. es ist maximal mit einer Verdoppelung der Häufigkeiten zu rechnen. Vielleicht die wichtigste Erkenntnis aus dem gesamten Forschungsprojekt ist aber die Tatsache, dass die Zunahme der Häufigkeiten für alle Parameter je größer ist, desto seltener, d.h. extremer das Ereignis prinzipiell ist. Indikatoren für kombinierte zukünftige biotische und abiotische Wald-Risikofaktoren im Klimawandel Jelka Braden, Oleg Panferov Georg-August Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Abt. Bioklimatologie Die existierenden Klimaprojektionen deuten auf eine erhöhte Häufigkeit von Wetterextremen im 21. Jahrhundert hin. Um Anpassungsstrategien für die Bewirtschaftung von Waldlandschaften zu erarbeiten, müssen der Einfluss der Wetter- und Klimaextreme, ihre Kombinationen und die zugehörigen zu erwartenden Folgen auf die Waldentwicklung quantitativ eingeschätzt werden. In diesem Vortrag wird eine Methode zur Quantifizierung der sich verändernden Umweltbedingungen im Hinblick auf Wald-Risikofaktoren 34 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen vorgestellt. Hierbei werden die Risiken von Windschaden, Sommertrockenheiten und Insektenkalamitäten evaluiert. Da die reelle Erscheinung der biotischen und abiotischen Waldschäden von gleichzeitigem Einfluss sehr vieler Faktoren abhängig ist (Wetterund Bodenbedingungen, Baumzustand, Topographie), ist die Genauigkeit der Datenbasis und der Klimaprojektionen nicht ausreichend, um eine realistische Prognose der Schadensereignisse zu erstellen. Stattdessen wurden in dieser Studie die Projektionen „günstiger“ meteorologischer Bedingungen benutzt, die als Indikatoren für Windwurf, Trockenstress, Feuer oder Insektenbefall verwendet werden können. Als solche Indikatoren wurden sowohl separate Extremereignisse (z.B. extrem hohe Windgeschwindigkeit), als auch „gefährliche Kombinationen“ der Extremereignisse untersucht (z.B. Sommertrockenheit nach einem Wintersturm). Um die räumliche Verteilung und die zeitliche Entwicklung des Auftretens dieser Indikatoren in Niedersachsen zu analysieren, wurden Daten der regionalen Klimamodelle REMO und CLM (Szenario A1B und Kontrollläufe C20, jeweils Lauf 1 und 2) verwendet. Da im Speziellen Wald-Risikofaktoren untersucht wurden, wird in der weiteren Analyse ein Schwerpunkt auf Gebiete mit hohem Wald-Anteil gesetzt. Im Vortrag wird ein Überblick über die sich hieraus ergebende zeitliche Entwicklung des Auftretens der Einzelindikatoren und deren Kombination geliefert. Waldschaden, Extremereignisse, Multiriskanalyse Auswirkungen extremer Trockenereignisse auf das Wachstum von Buchen Markus Wagner, Henning Meesenburg, Johannes Sutmöller, Julia Rudolph, Jan Hansen, Bernd Ahrends, Johannes Eichhorn, Birte Scheler, Inge Dammann, Jan Evers, Uwe Paar, Jürgen Nagel, Hermann Spellmann Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Göttingen Um die Wachstumsreaktionen von Bäumen auf Trockenheitsereignisse besser zu verstehen und das klimawandelbedingte zukünftige Risikopotenzial von Trockenstress für Buchenbestände in Mitteleuropa genauer abschätzen zu können, wurden verschiedene hydro35 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen klimatische Trockenheitsindikatoren mit dem Durchmesserwachstum der Bäume verglichen. Jahrringchronologien von Level IIMonitoringflächen wurden hierfür in multiplen Regressionsmodellen verschiedenen Klima- und Wasserhaushaltsgrößen gegenübergestellt (1931-2006). Ergänzend standen für ausgewählte Flächen zeitlich hoch aufgelöste Dendrometerdaten zur Verfügung (ab ca. 1999). Niederschlag, Lufttemperatur, Klimatische Wasserbilanz (KWB), relative Evapotranspiration (ETr) und relatives pflanzenverfügbares Bodenwasser (SWr) wurden als sensitive Trockenstressindikatoren identifiziert. Die Analyse erfolgte dabei auf verschiedenen zeitlichen Skalen, welche von Teilzeiträumen innerhalb der Vegetationsperiode bis hin zu mehrjährigen Zeitspannen reichen. In Übereinstimmung mit Angaben in der Literatur zeigt sich eine Unterbrechung des Durchmesserwachstums, wenn das SWr unter 40 % sinkt. Ein ähnliches Bild ergibt sich für die ETr, wenn diese auf Werte unter 60 % abfällt. Im Allgemeinen korrelieren die hydroklimatischen Indikatoren gut mit der Wachstumsvariabilität der Bäume, was besonders für extreme Trockenjahre wie 1947, 1959, 1976 oder 2003 gilt, sofern eine mögliche zeitliche Verzögerung der Wachstumsreaktion um ein Jahr berücksichtigt wird (z.B. 2003/04). Zwischen 1990 und 2006 ist die Übereinstimmung schwächer ausgeprägt. Weitere Umweltfaktoren könnten hier eventuell zu einer Überlagerung der Trockenstresseffekte geführt haben. Extreme Trockenereignisse, Trockenstress, Baumwachstum, Buche Ermittlung des künftigen Sturmrisikos für Waldökosysteme im Solling, Niedersachsen Johannes Merklein1), Jelka Braden1), Claus Döring2), Oleg Panferov1) 1) 2) Georg-August Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Abt. Bioklimatologie Georg-August Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Abt. Ökopedologie der gemäßigten Zonen Stürme sind der Hauptschadensfaktor für Waldökosysteme in Mittel- und Nordeuropa. Während die Ursache für die Schäden in den 36 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen extremen Windgeschwindigkeiten und der Böigkeit zu sehen ist, hängt die tatsächliche räumliche Verteilung der Schäden von verschiedenen modifizierenden Faktoren wie Relief und Waldstruktur ab. Die Kombination solcher Faktoren kann die Schäden in verschiedenen Gegenden einer vom Sturm betroffenen Region sowohl abschwächen wie auch verstärken. Um regional potentiell gefährdete Waldbereiche vorherzusagen, benötigt man Informationen zur zukünftig erwarteten Sturmhäufigkeit. Dazu braucht es ein passendes Werkzeug zur Ermittlung des kombinierten Einflusses von Wind, Relief und Vegetationsstruktur auf die konkrete Schadenswahrscheinlichkeit. Eines der geeignetsten Werkzeuge dafür ist in 3D-Strömungsmodellen zu sehen, da in ihnen diese 3 Einflüsse schon implizit kombiniert sind. Die vorliegende Studie wertet die Wahrscheinlichkeit von derzeitigen und zukünftigen extremen Windgeschwindigkeiten für den Solling in Niedersachsen aus. Daten Regionaler Klimamodelle (REMO-UBA, CLM, WETT-REG_2010) für die Klimaszenarien C20, A1B und B1 zwischen 1960 und 2100 wurden hinsichtlich des Sturmaufkommens in den Wintermonaten analysiert. Auf Grundlage der Analysedaten fand mit Hilfe des 3DStrömungsmodells SCADIS eine Modellierung der regionalräumlichen Verteilung der Risiken und der modifizierenden Effekte von Relief und Vegetation statt. Das Ergebnis der REMO_UBADatenanalyse zeigt eine signifikante Steigerung der Sturmereignisse zwischen den 30-Jahres-Perioden 1971-2000 und 2071-2100. Die Modellierung mit SCADIS ergibt auf dieser Daten-Grundlage ein stark variierendes und nichtlineares räumliches Muster der konkreten Risiko-Gebiete in Abhängigkeit von Sturmgeschwindigkeit und Sturmrichtung, wie sie weder mit 1D- noch mit 2DModellen ermittelt werden können. Sturmrisiko, Extremereignisse, regionale Klimamodelle, Windwurfrisiko 37 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen 11:00 - 12:40 Wasser Einfluss des Klimawandels auf das hydrologische Regime von Küstenregionen am Beispiel der Krumhörn, Ostfriesland Thomas Gräff, Gabriele Baroni, Axel Bronstert, Clemens Brunk, Isabel Martínez, Sascha Oswald Universität Potsdam, Institut für Erd- und Umweltwissenschaften Küstenregionen sind besonders stark durch die Folgen des Klimawandels betroffen. Die Erhöhung des Meeresspiegels führt einerseits zu erhöhten Eintrittswahrscheinlichkeiten von Sturmfluten. Zusätzlich werden erhöhte Niederschlagsmengen im Winter erwartet. Das Wassermanagement des Hinterlandes wird durch diese Faktoren stark eingeschränkt sein. Als weitere Belastung muss zusätzlich mit vermehrter Überströmungswahrscheinlichkeit der Schutzbauwerke gerechnet werden, was durch kontinuierlichen Ausbau des Küstenschutzes eingeschränkt wird. Für die Sommerperioden werden deutlich trockenere Zustände vorhergesagt. Die zu erwartenden Folgen sind ein Zustrom salzigen Grundwassers in das Hinterland. In der hier vorgestellten Studie wird die Region Krummhörn in Ostfriesland an der Deutschen Küste betrachtet. Mehr als 30 % der Regionen liegen unter dem Meeresspiegelniveau. Um Vorhersagen für diese Region unter zukünftigen Klimabedingungen durchzuführen wurden zwei verschiedene Modellansätze unterschiedlicher Komplexität in der Region entwickelt. Mit einem physikalisch basierten hydrologischen Modell werden Grundwasserintrusionen und Salzwassertransport durch potentielle Störungen in der geologischen Deckschicht an die Oberfläche, als auch Deich- und Dünenüberströmung und die Aussüßung des Hinterlandes im 2D Schnitt untersucht. Durch Lysimeterexperimente und Farbtraceranalysen im Feld wurden bodenphysikalische Kennwerte und präferentielle Fließpfade ermittelt. Mit einem konzeptionellen Modellansatz wird das gesamte Einzugsgebiet des lokalen Entwässerungsverbandes modelliert, um Überstau im Winter und Trockenheit im Sommer bei verschiedenen Landnutzungsszenarien zu quantifizieren und dabei die Ergebnisse der physikalisch basierten Modellierung zu integrieren. Die gegenwärtige Landnutzung und die vorhandenen meteorologischen Zeitreihen werden zum Kalibrieren und Validieren genutzt. Klimasimulationen basierend auf RCM-Analysen des GCM Echam5 38 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Modelllauf werden für die Prognosen zukünftige Zeiträume genutzt unter Verwendung von drei unterschiedlichen Landnutzungsszenarien. Dabei wurden die folgenden Szenarien aufgestellt: neben der unveränderten aktuellen Landnutzung mit angepasstem Wassermanagement, werden zwei Szenarien mit einem Hochwasserschutzpolder aufgebaut, der im Szenario CO2 Sequestrierung als Kohlenstoffsenke durch Schilfbepflanzung dient und im Szenario Wassermanagement nur zur Speicherung von Starkniederschlägen und überspülten Meerwasser genutzt wird. In Trockenperioden wird Bewässerung ermöglicht. Die Modellergebnisse werden die Grundlage für ökologische und ökonomische Studien darstellen um Prognosen über Vegetationsentwicklung und wirtschaftliche Entwicklungen in den Küstengebieten durchzuführen. Klimawandel, Küste Landnutzungsszenarien, Modellkopplung Auswirkungen des Klimawandels auf den Hochwasserschutz an tidebeeinflussten Nebengewässern der Tideelbe Edgar Nehlsen, Peter Fröhle Technische Universität Hamburg-Harburg, Institut für Wasserbau Die hydrodynamischen Prozesse der Nebengewässer der Tideelbe werden sowohl durch den Binnenabfluss als auch durch den Tideeinfluss der Nordsee geprägt. Daher ist zu erwarten, dass diese Gewässer in besonderem Maße vom Klimawandel und den damit einhergehenden Folgen betroffen sein werden. Im Rahmen des Verbundprojektes KLIMZUG Nord wurden die Auswirkungen von projizierten häufiger auftretenden Starkregenereignissen und einem steigenden mittleren Meeresspiegel auf den Hochwasserschutz im Mittel- und Unterlauf der Gewässer untersucht. Während der Bemessungswasserstand im Oberlauf der Gewässer allein durch den Binnenabfluss geprägt wird, bestimmt im tidebeeinflussten Bereich eine Überlagerung von Tide und Binnenabfluss den maßgebenden Wasserstand. Wesentlichen Einfluss haben anthropogene Einflüsse wie das Mündungssperrwerk, die beidseitige Eindeichung und die Schöpfwerke entlang der Deichlinie. Das Mündungssperrwerk wird bei höheren Wasserständen in der Elbe, 39 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen z.B. bei Sturmfluten, geschlossen was zu einer hydraulischen Entkopplung von der Tideelbe führt. Die Schöpfwerke, deren maximale Fördermenge dieselbe Größenordnung beträgt wie ein häufiges Binnenabflussereignis, stellen die Entwässerung der tiefliegenden Marsch hinter den Deichen sicher und werden auch bei geschlossenem Sperrwerk betrieben. Das zu betrachtende Gesamtsystem gewinnt durch die Interaktion der einzelnen Komponenten an Komplexität wodurch zur Systemanalyse der Einsatz numerischer Modelle erforderlich wird. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde eine Modellkette bestehend aus einem Niederschlag-Abfluss (NA-) Modell und einem zweidimensionalen Strömungsmodell erstellt. Auf dieser Basis wurden die Ergebnisse verschiedener regionaler Klimamodelle verwendet, um eine Spanne an möglichen Änderungen der Bemessungsabflüsse zu ermitteln und diese anschließend mit den Annahmen aus verschiedenen Meeresspiegelanstiegsszenarien zu kombinieren. Bereits die Untersuchung der Änderungen der Bemessungsabflüsse zeigt eine sehr große Streubreite, die aus verschiedenen Faktoren wie dem Emissionsszenario, der Realisierung, der Auswahl des Zeitfensters und der Extremwertstatistik herrühren. Die Kombination mit veränderten Tiderandbedingungen führt zu einer weiteren Zunahme der Streubreite der Bemessungsgrößen. Im Rahmen der Präsentation werden die Auswirkungen der einzelnen Faktoren im Detail dargestellt und ein Ansatz zum Umgang mit der großen Streubreite präsentiert. Impactmodellierung, Unsicherheiten, Hochwasserschutz, Ästuar Auswirkungen des anthropogenen Klimawandels auf Hydrodynamik und Salzgehalte des Weserästuars Anna C. Zorndt, Torsten Schlurmann Leibniz-Universität Hannover, Franzius-Institut für Wasserbau und Küsteningenieurwesen Das am Franzius-Institut angesiedelte Teilprojekt FT7 TP5.2 des Klimafolgenforschungsverbundes KLIFF beschäftigt sich mit Hydro40 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen dynamik und Salzgehalten der Weser. Die Salzverteilung in der Weser wird von der Tidedynamik, dem Abfluss aus dem Einzugsgebiet, der Menge des aus der offenen See eindringenden Salzwassers und den Salzgehalten von See- und Flusswasser bestimmt. Durch den Klimawandel kann es zu vielfältigen und komplexen Änderungen dieser äußeren Einflussfaktoren auf das Ästuar kommen. Dies hat neben den Implikationen für die (Scheitel-) Wasserstände auch Folgen für die Salzverteilung und damit das Wassermanagement, da das ästuarine Wasser beispielsweise für die Bewässerung des landwirtschaftlich genutzten Hinterlandes genutzt wird. Für die Untersuchung möglicher Folgen des Klimawandels ist eine Reihe aktueller Forschungsergebnisse zu verschiedenen Aspekten der sich ändernden ästuarinen Randbedingungen relevant. So ist beispielsweise ein beschleunigter Anstieg des globalen Meeresspiegels (Meehl et al., 2007) mit regional variierender Wirkung zu erwarten. In der Deutschen Bucht ist daher von einer mittleren Wasserstandserhöhung und einhergehend einer Änderung der Tidedynamik in der Nordsee auszugehen (Pickering, 2012, Plüß, 2004). Weiterhin kann es zu einer Erhöhung der Frequenz von Extremereignissen kommen, was sowohl Sturmfluten in der Nordsee (Gaslikova, 2012, Weisse, 2008), als auch Hochwasserereignisse aus dem Hinterland betrifft (Huang, 2012, Hölscher, 2012). Allen Forschungsergebnissen ist jedoch eine Vielzahl von Unsicherheiten inherent, wie beispielsweise die der betrachteten Prozesse, der globalen (Woth, 2005) und regionalen Klimamodelle (Huang, 2012) und der verwendeten Anfangsbedingungen (Gaslikova, 2012). Oftmals sind eindeutige Trendaussagen über die untersuchten Größen oder Festlegungen auf Zeitscheiben kaum möglich. Das Weserästuar ist somit eine Schnittstelle, an der der Klimawandel zwar vielfältige signifikante Folgen haben kann, jedoch auch Forschungsergebnisse unterschiedlicher Methoden und Unsicherheiten für die Untersuchung dieser zu vereinen sind. Der hier vorgestellte Beitrag präsentiert eine Übersicht über mögliche Folgen des Klimawandels auf die Weser und geht dabei insbesondere auf die Folgen von regionalen Extremwetterereignissen ein. Es wurde hierfür ein hydrodynamisch-numerisches Modell aufgestellt, welches mit Hilfe von Simulationen vergangener Ereignisse validiert wurde, darunter neben mittleren Zuständen mehrere Sturmfluten und Hochwasserereignisse. Die präsentierten Ergebnisse umfassen eine Systemstudie mit synthetischen Abflussereignissen unterschiedlicher Höhe sowie Analysen von vergangenen Ereignissen und Messungen. Neben der lon41 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen gitudinalen tiefengemittelten Salzverteilung wird auch die abflussabhängige Schichtungsdynamik detailliert untersucht. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Einfluss von Sturmereignissen und möglichen zukünftigen Änderungen des Sturmflutklimas auf das Ästuar. Hierfür wurden sowohl synthetische, als auch Sturmfluten aus Klimasimulationsläufen des FT7 TP1 modelliert und untersucht. Weiterhin wird auf die Auswirkungen eines gestiegenen Meeresspiegels eingegangen. Es folgt eine abschließende Beurteilung der vorgestellten Studien und eine Einordnung in die genannten Forschungsergebnisse. Weser, numerische Modellierung, Klimafolgen, Salzgehalte, Extremereignisse Betriebsoptimierung eines Verbundspeichersystems unter Einfluss des Klimawandels Martin Gocht, Günter Meon Technische Universität Braunschweig, Leichtweiß-Institut für Wasserbau, Abteilung Hydrologie, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz Im Rahmen des Forschungsverbundes KLIFF – Klimafolgenforschung in Niedersachsen - wurde der Talsperrenverbund im Westharz hinsichtlich des Klimawandels untersucht und optimiert. Die komplexen Einflüsse des Klimas auf Änderungen im Abflussregime wurden durch die Verwendung des Wasserhaushaltsmodells PANTA RHEI in Kombination mit regionalen Klimamodellen abgeschätzt. Kalibriert an Beobachtungswerten der Zeitreihe 1971-2000 für Tageswerte und 2002-2008 für Stundenwerte diente es der Modellierung des Verbundbetriebs mit Daten aus den Klimamodellen WETTREG und REMO. Besonderes Augenmerk lag hierbei auf dem Hochwassermanagement. Insbesondere der REMO-UBA-Lauf zeigt einige deutliche erhöhte Winterhochwässer in der fernen Zukunft 2070-2100. Der langjährige Betrieb des Talsperrensystems mit Überleitungen, Trinkwasser- und Energieproduktion ließ sich im Tageswertmodell gut wiedergeben. Ganglinien und Dauerlinien der Speicherinhalte aus Beobachtung und Rechnung stimmen gut überein. Betriebsunterbrechungen wegen Wartungsarbeiten oder Betriebsanpassung an Nachfrageänderungen waren allerdings nicht Gegenstand der Kalibrierung, weil für die Klimafolgenabschätzung 42 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen ein Modell benötigt wird, welches als Abstraktion der Realität einen konstanten Betrieb über 30 Jahre voraussetzt. Auf der Grundlage des Tageswertmodells konnte auch das Stundenmodell erfolgreich kalibriert werden. Die Klimamodelle sind, verglichen mit der Orographie des Harzes, räumlich grob aufgelöst. Die langjährige Niederschlagsverteilung über dem Harz weicht daher von der Beobachtung ab. Insbesondere in den hohen Lagen sind die Niederschläge in den Klimamodellen, wohl wegen der zu geringen Auflösung der Orographie, zu gering. Zwei Talsperren, deren Einzugsgebiete aus diesen hohen Lagen gespeist werden, konnten daher mit den Daten der Klimamodelle nicht hinreichend modelliert werden. Bei vier weiteren, deren Einzugsgebiete weniger extrem sind, gelang dies jedoch gut. Optimierungsmodelle erfordern – abhängig vom verwendeten Optimierungsalgorithmus -zahlreiche Rechenläufe, um ein optimales Regelsystem für den Talsperrenbetrieb unter geänderten Randbedingungen zu ermitteln. Komplexe Wasserhaushaltsmodelle sind wegen ihres hohen Rechenbedarfs hierfür ungeeignet. Daher wurde der Talsperrenbetrieb mit berechneten Zuflüssen und Abflüssen aus der Wasserhaushaltsmodellierung in einem vereinfachten Metamodell mittels der Speichergleichung und den monatlichen Betriebsregeln abgebildet. Das Metamodell wurde mit einem genetischen Algorithmus durch Variation der Abgaben im Winter so optimiert, dass die Maximalabgaben im Zeitraum 2070 – 2100 die Maximalabgaben der Vergangenheit nicht überschreiten. Grundsätzlich gelingt die Einhaltung der Scheitelwerte der Vergangenheit unter Randbedingungen der KlimamodellZukunft. Jedoch würde dabei die Multifunktionalität der Speicher deutlich verändert. Verringerte Speicherinhalte würden weit in den Sommer reichen. Dies hätte Auswirkungen auf Trinkwasser- und Energieproduktion. Die veränderten Einnahmen in diesen Bereichen werden an einem Beispiel dem verringerten Hochwasserrisiko gegenübergestellt. Dadurch gelingt eine umfassende Darstellung der Multifunktionalität des Talsperrenverbundes im gesellschaftlichen Kontext. Hochwassermanagement, Hochwasserrisiko, Regionale Klimaprojektionen, Wetterextreme, Talsperren, Multifunktionalität 43 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Einfluss des Klimawandels auf das Vorkommen ausgewählter Pharmazeutika in Fließgewässern Wibke Meyer, Ralf Otterpohl Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH), Institut für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz, Eissendorfer Str. 42, 21073 Hamburg (EMail: [email protected]) Ergebnisse der aktiven Klimawandelforschung projizieren speziell für Norddeutschland häufiger auftretende Extremwetterlagen, welche unter anderem stark verlängerte Trockenperioden in den Frühjahrs- und Sommermonaten mit sich bringen. Durch in diesen Perioden ausbleibende Niederschläge kommt es zu einer Verringerung des Abflusses vor allem in kleinen Fließgewässern. In Norddeutschland müssen schon heute zum Teil sehr abflussschwache Gewässer den Ablauf großer Kläranlagen aufnehmen. Im Ablauf der Kläranlagen enthaltene Pharmazeutika können im Fließgewässer oder nach der Entnahme zur Weiterverwendung des Wassers schädliche Auswirkungen nach sich ziehen. Erhöht sich deren Konzentration zukünftig durch eine deutlich geringere Verdünnung können die Folgen gravierend sein. Ziel der Untersuchungen ist es, nach der hydrologischen und chemisch-analytischen Aufnahme der vorherrschenden Situation, einen Bezug der gemessenen Pharmazeutikakonzentrationen zu Wetterereignissen herzustellen. Dies ermöglicht eine Einordnung der Problematik hinsichtlich langfristiger klimatischer Entwicklungen. Es wurde ein einjähriges Monitoring an vier Kläranlagen durchgeführt, welche sich durch im Verhältnis zur Anlagengröße besonders kleine Vorfluter auszeichnen. Die Probenahmen erfolgten aus den Kläranlagenabläufen sowie ober- und unterhalb der Einleitungsstellen aus den zugehörigen Fließgewässern. Es wurden die vier Pharmazeutika Carbamazepin, Diclofenac, Metoprolol und Atenolol mittels HPLC-MS detektiert. Die Stoffe wurden basierend auf einer umfangreichen Literaturrecherche auf Grund ihrer Umweltrelevanz ausgewählt. Es konnte festgestellt werden, dass die höchsten Pharmazeutikakonzentrationen in den Fließgewässern zu verzeichnen waren, wenn diese am wenigsten Wasser führten. Im Zeitraum niedriger Pegelstände des vorgestellten Monitorings befanden sich die Konzentrationen von Diclofenac und Metoprolol unterhalb der Einleitungsstelle im Fließgewässer teilweise über einem Wert von 0,1 µg/l. Dieser Wert wird in einschlägiger Fachliteratur als Maximal44 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen wert für Pharmazeutikarückstände je Einzelstoff genannt, um vorausschauenden Ressourcenschutz zu gewährleisten. In niederschlagsreichen Monaten wurde dieser Wert nicht überschritten. Metoprolol wies die höchsten Konzentrationen auf, gefolgt von Diclofenac und Carbamazepin, Atenolol wurde nur zweimal im Kläranlagenablauf detektiert. Der Abwasseranteil im Fließgewässer hat einen ausschlaggebenden Einfluss auf das Konzentrationsniveau. Mit Bezug zu den aktuellen Klimaprojektionen, welche öfter auftretende und längere Trockenperioden voraussagen, ist mit stärkeren Belastungssituationen für das Ökosystem Fließgewässer zu rechnen. Klimawandelbedingte Trockenphasen; Pharmazeutika; Kläranlagenablauf; Fließgewässer 14:00 - 15:20 Landwirtschaft Auswirkungen von extremen Wetterperioden auf ausgewählte Schadinsekten und Konsequenzen für Anpassungsstrategien im Pflanzenschutz Rainer Meyhöfer, Christine Tölle-Nolting, Robert Wachira, Lea Anna Hüweler, Hans-Michael Poehling Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Institut für Gartenbauliche Produktionssysteme, Abt. Phytomedizin Neben ackerbaulichen Kulturen haben in Niedersachsen der Obstbau (Äpfel, Erdbeeren) und der Freilandgemüsebau (Spargel, Salat, Kohl, Zwiebeln, Karotten) einen hohen Stellenwert. Pflanzenschutzmaßnahmen sind unerlässlich, da der Ertrag durch einen Schädlingsbefall stark beeinträchtigt werden kann. Das Auftreten von Schadinsekten ist dabei in besonderem Maße von Umweltfaktoren abhängig. Es ist anzunehmen, dass der Klimawandel maßgeblich zu veränderten Schädlingsspektren und Schädlingsproblematiken beitragen wird. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchungen wurden die Auswirkungen von extremen Wetterereignissen auf ausgewählte Getreideschädlinge, Große Getreideblattlaus (Sitobion avenae) sowie Kohlschädlinge, die Kohlmottenschildlaus (Aleyrodes proletella) und die Mehlige Kohlblattlaus (Brevicoryne brassicae), genauer untersucht. Alle Schädlingsarten stellen in ihren Kulturen aktuelle 45 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Problemschädlinge dar. Als ein Schwerpunkt wurde der Einfluss von extremen Wetterereignissen, d.h. Hitzeperioden (30 - 38 °C, 1 - 5 Tage), Starkregen-Ereignisse(bis zu 1 l/min) und Wasserstress (15 - 80 % Feldkapazität), auf die Mortalität, Reproduktion und Lebensdauer der Insekten untersucht. Alle Untersuchungen fanden in Klimakabinen bzw. Kleingewächshäusern unter kontrollierten Bedingungen statt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mortalität von A. proletella Weibchen bei 30 °C und nach 3 - 4 Hitzezyklen sowie bei über 34 °C bereits nach einem Hitzezyklus stark zunimmt. Die Eiablageaktivität hat A. proletella bereits nach einem Hitzezyklus von 38 °C eingestellt. Die Larvalentwicklung von A. proletella wurde durch Hitzestress nur geringfügig beeinträchtigt. Im Gegensatz zu A. proletella stieg die Mortalität bei B. brassicae erst bei 34 °C und 3 Hitzetagen an. 38 °C an 3 aufeinanderfolgenden Hitzetagen überlebten noch 40 % der Adulten bzw. 10% der Nymphen. Erst bei 3 Hitzetagen von 38 °C verringerte sich die Nachkommenanzahl um 2-Drittel. Entwicklungs- und Lebensdauer von B. brassicae wurden erst bei 5 Hitzetagen über 38 °C negativ beeinträchtigt. Unter Wasserstress leidende Kohlpflanzen haben sich nicht auf die Mortalität bzw. Fekundität von A. proletella und B. brassicae ausgewirkt. Durch 20-minütige Starkregen-Ereignissen von bis zu 1 l/min wurde A. proletella nicht beeinflusst, bei adulten B. brassicae konnte aber bis zu 50 % Mortalität festgestellt werden. Die Getreideblattlaus Sitobion avenae reagierte nach wiederholter Wärmexposition > 30oC mit einer erhöhten Mortalität und verringerten Reproduktionsrate. Allerdings wurden auch bedeutende natürlichen Gegenspieler wie die Schlupfwespe Aphidius rhopalosiphi oder die Schwebfliege Episyrphus balteatus gleichermaßen in ihrer Überlebensrate oder Prädations-/Parasitierungsleistung vom Temperaturstress betroffen. Trockenstress hemmte erst nach längerer Einwirkung die Populationsentwicklung der Blattläuse, führte aber zu einer signifikant vermehrten Bildung von geflügelten Migranten in der gestressten Population. Wie bei dem Wärmestress reduzierte aber auch der Trockenstress die Nutzleistung von A. rhopalosiphi und E. balteatus. Insgesamt betrachtet sind Hitzeund Trockenperioden signifikante Parameter für die Populationsdynamik von S. avenae, wobei allerdings die direkten Effekte auf die Aphiden indirekt durch veränderte Leistungsfähigkeit der Gegenspieler kompensiert werden können, was aber letztlich nur in aufwendigen Interaktionsstudien oder komplexen Modellen differenzierter zu quantifizieren wäre. 46 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Insgesamt zeigen die Untersuchungen, dass Höhe und Dauer einer Exposition entscheidende Störfaktoren für die Populationsentwicklung von Schädlingen sind. Die untersuchten Schädlingsarten erwiesen sich aber als tolerant gegenüber Wetterextremen wie Hitze, Regen und Trockenheit. Es ist daher zu erwarten, dass beide Arten auch in Zukunft ein hohes Schadpotential im Getreide- bzw. Kohlanbau haben werden. Diese Schlussfolgerungen werden durch Ergebnisse zur Modellierung der Populationsdynamik unter verschiedenen Klimaszenarien gestützt. In Zukunft gilt es Anbauflächen stärker als bisher gegenüber Schädlingsbefall zu schützen. Dieser Herausforderung kann sich der Pflanzenschutz nur stellen wenn der integrierte Pflanzenschutz konsequent weiterentwickelt wird. Die Förderung und Nutzung von natürlichen Regulationsprozessen sollten dabei einen ebenso hohen Stellenwert haben wie die Entwicklung von automatisierten Entscheidungshilfen. Schädlinge, Brevicoryne brassicae, Aleyrodes proletella, Sitobion avenae, Nützlinge, Entwicklungsparameter, Mortalität, Hitzeperioden, Trockenstress, Starkregen, Klimawandel, Anpassungsstrategien, Pflanzenschutz Der Einfluss von simulierten Dürreereignissen auf Produktivität und Qualität niedersächsischer Grünlandprodukte Monika Hoffstätter-Müncheberg1), Maria Merten1), Manfred Kayser1), Nicole Wrage-Mönnig2), Johannes Isselstein1) 1) 2) Georg-August Universität Göttingen, Institut für Graslandwissenschaft Hochschule Rhein-Waal, Life Sciences Im Zuge des Klimawandels werden Dürreereignisse in Mitteleuropa immer häufiger auftreten. Dürren können die Produktivität und die Qualität von Agrarprodukten negativ beeinflussen. Da Grünland eine wichtige Quelle der Futterproduktion für Wiederkäuer darstellt, testeten wir den Einfluss von Dürreereignissen auf unterschiedlich gemanagte Grünländer typischer niedersächsischer Standorte (südliches und nordöstliches Tiefland, Mittelgebirge). Frühjahrs- und Sommerdürre wurde in 2011 und 2012 durch Regendächer induziert, trockengestresste Bestände erhielten während der Experimente 25 – 50 % weniger Niederschlag. Um den Einfluss der Grasnarbenzusammensetzung zu testen wurden auf 47 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen der Hälfte der jeweiligen Flächen Dikotyle durch Herbizide entfernt. Der Einfluss der Nährstoffversorgung wurde durch Stickstoffdüngung (90 kg ha-1 Jahr-1) auf der Hälfte der jeweiligen Flächen getestet. Trockenmasse wurde erfasst und die Futterqualitätsparameter Rohprotein und saure Detergenzienfaser (ADF) wurden mit Nahinfrarot-Spektroskopie geschätzt. Die Regennutzungseffizienz trockengestresster Bestände war grundsätzlich erhöht. Dürre reduzierte die Trockenmasseerträge, jedoch war dieser Zusammenhang nicht immer signifikant. Düngung erhöhte die Erträge immer, besonders unter ungünstigen Konditionen. Düngung erhöhte auch die Regennutzungseffizienz, jedoch war dieser Zusammenhang nicht immer signifikant. Ein gradliniger Einfluss der Grasnarbenzusammensetzung auf Ertrag und Regennutzungseffizienz war nicht messbar, es gab jedoch jahres- und standortabhängige signifikante Effekte. Rohproteingehalte waren im Sommer höher als im Frühjahr und in gedüngten Beständen erhöht. Während Sommerdürre meist den Rohproteingehalt erhöhte, gab es im Frühjahr keinen solch klaren Effekt. Die Grasnarbenzusammensetzung war generell für den Rohproteingehalt weniger wichtig. Die Standorte zeigten ausgeprägt unterschiedliche Reaktionen des Rohproteingehalts auf die Faktoren dieses Experiments. Trockengestresste Bestände des südlichen Tieflandes und dem Mittelgebirge hatten niedrigere ADF-Gehalte als Bestände mit natürlichen Niederschlägen. Düngung verminderte die ADF-Gehalte der Bestände aus dem nördlichen Tiefland und dem Mittelgebirge im Frühjahr, im Sommer ergab Düngung jedoch fast keinen Effekt. Ein direkter Einfluss der Grasnarbenzusammensetzung auf ADFGehalte konnte nicht nachgewiesen werden. Aus diesen Ergebnissen schließen wir, dass sich zukünftig häufiger auftretende Dürreereignisse nur moderat auf die Produktivität und Qualität von Grünland auswirken wird. Offenbar reagieren die Bestände relativ plastisch, was v.a. an der erhöhten Regennutzungseffizienz unter Trockenstress sichtbar wird. Abhängig von Standort, Nutzung und Grasnarbenzusammensetzung kann es sogar zu einer Steigerung der Qualität kommen, da Rohprotein akkumuliert und ADF gesenkt werden. Eine diverse Grasnarbe und eine gute Nährstoffversorgung können diese Möglichkeit unterstützen, wobei die bislang unklare Rolle der Grasnarbenzusammensetzung weiterer Analyse hinsichtlich funktioneller Gruppen oder Artidentitätseffekte bedarf. 48 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Multi-kriterielle Optimierung von Anpassungsmaßnahmen in der Landwirtschaft – Ein Modellstudie in der Westschweiz Annelie Holzkämper, Tommy Klein, Pierluigi Calanca, Jürg Fuhrer Agroscope Reckenholz, Zürich, Schweiz Klimaänderungen stellen die Landwirtschaft vor Herausforderungen. In vielen Teilen Europas ist die Agrarproduktion bereits heute von der Bewässerung abhängig und mit fortschreitender Klimaerwärmung ist in Zukunft häufiger mit Beeinträchtigungen durch Wassermangel zu rechnen. Wenn Gebietsabflüsse abnehmen und im Sommer, wenn das Wasser für das Pflanzenwachstum am nötigsten gebraucht wird, Wasserknappheit auftritt, kann die Verfügbarkeit von Bewässerungswasser eine wesentliche Limitierung für die Agrarproduktivität darstellen. Andere Anpassungsmaßnahmen, wie z.B. Änderungen in der Wahl der angebauten Kulturen, in der Landnutzung oder im Betriebsmanagement müssen in Erwägung gezogen werden, um die Effizienz der Wassernutzung in der Landwirtschaft zu verbessern. Im Einzugsgebiet der Broye in der Westschweiz untersuchen wir modellgestützt, wie sich zukünftige Klimaänderungen auf die Agrarproduktivität auswirken könnten, und welche Möglichkeiten es für die Anpassung gibt. Dabei berücksichtigen wir, dass die Landwirtschaft neben der Produktionsfunktion auch eine wichtige Rolle als „Ökosystemdienstleister“ spielen soll, indem sie zum Beispiel zur Reinhaltung der Gewässer oder zum Bodenschutz beiträgt. Mit einem multikriteriellen Optimierungsansatz werden räumlich explizite Anpassungsmöglichkeiten zur Erhaltung der Produktivität bzw. zur Reduktion der Umweltauswirkungen erarbeitet. Die Modellergebnisse zeigen, dass bei gleichbleibender Praxis bis 2050 gegenüber heute (1981-2010) in dieser Region mit einer Abnahme der Produktivität zu rechnen ist, während Umweltauswirkungen, speziell Bodenerosion und Nährstoffauswaschung, gleichzeitig zunehmen. Mit dem Optimierungsansatz werden für verschiedene Gewichtungen der einzelnen Funktionen Konflikte zwischen Produktion und Umweltwirkungen identifiziert. Exemplarisch wird eine Kompromisslösung aufgezeigt, bei der Landnutzungsverteilung und Bewirtschaftung so angepasst sind, dass die Agrarproduktion bei minimalen Umweltwirkungen auch unter Klimawandel gewährleistet bliebe. 49 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Klimawandel, Landwirtschaft, Anpassung, multikriterielle Optimierung Risikowahrnehmung und Risk Governance: Was brauchen Stakeholder von der Wissenschaft, um gut mit den Risiken im Klimawandel umzugehen? Manuel Gottschick Universität Hamburg, KLIMZUG-NORD / Q4 Governance Etwas ungewöhnlich für einen Abstrakt möchte ich zu Beginn meine persönlichen Kompetenzen und Erfahrungen darstellen, um nach dieser „Selbstbeweihräucherung“ den eigentlichen Inhalt des Vortrags zu skizzieren. Im KLIMZUG-NORD Projekt arbeite ich in der Querschnittsaufgabe Governance. Zusätzlich bin ich unterstützend für die (naturwissenschaftlichen) Kollegen tätig, um die Einbindung von Stakeholdern in den Forschungsprozess zu befördern. Weiterhin habe ich intensiv das Konzept für das integrative Produkt „Kursbuch Klimaanpassung“ und die sozio-ökonomischen Rahmenszenarien für KLIMZUG-NORD entwickelt. Mit meinem Doktorand Jürgen Schaper habe ich an dem „Kooperations Netzwerk Wasser“ in der Ostheide mitgearbeitet und u.a. die Problemwahrnehmung von den Akteursgruppen (u.a. Naturschutz, Untere Wasserbehörde, Landwirtschaft) erhoben, analysiert und zur Diskussion gestellt. Eine weitere Fallstudie habe ich mit Cornelius Laaser (PIK) in Buxtehude durchgeführt. Dort haben wir mit Vertretern zivilgesellschaftlicher Gruppen komplexe Zukunftsfragen zur nachhaltigen Entwicklung von Buxtehude im Klimawandel bearbeitet. Mit Kollegen aus INKA BB und KLIMZUG Nordhessen habe ich eine sehr erfolgreiche Tagung zur Partizipation in der Klimaforschung organisiert und bin Mitherausgeber des daraus entstandenen ersten Bandes der KLIMZUG Reihe im ökom Verlag (Knierim/Baasch/Gottschick 2013, im Erscheinen). Auf der ECCA habe ich die Session Transdisziplinäre Forschung geleitet und erstelle einen Artikel zur „Investigativen Transdisziplinären Forschung“ in einem weiteren Band der KLIMZUG Reihe zu „Kommunikation und Bildung bei der Klimaanpassung“ (Gottschick 2013, in Vorbereitung). 50 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Auf Basis der zahlreichen qualitativen Interviews (Textkopus von 120.000 Wörtern) habe ich genauer untersucht, wie die Interviewten den Klimawandel und die damit verbundenen Unsicherheiten im Wissen wahrnehmen und damit umgehen. Methode: Wissenssoziologische Diskursanalyse (Keller). Ich habe dazu aus der Literatur verschiedene Konzeptionalisierungen des Umgangs mit Unsicherheit abgeleitet und als Analyserahmen verwendet. Mögliche Konzeptionalisierungen von unsicherem Wissen sind: rational, noregret, segensreich und gestaltend (Gottschick 2013, in review). Vor diesem Hintergrund leite ich anhand des IRGC Risk Governance framework ab, was stakeholder von der Wissenschaft brauchen, um gut mit den Risiken des Klimawandels umzugehen. Der International Risk Governance Council (IRGC), hat sich zur Aufgabe gemacht, Risk Governance Konzepte zu entwickeln, die mit verschiedenen Risikotypen und Problemfeldern umgehen können (Aven/Renn 2010, S. 12; IRGC 2005, 2008; Klinke/Renn 2012). Als besondere Herausforderung werden drei Bereiche gesehen: (1) der Grad der Komplexität, (2) der Umgang mit Unsicherheit und (3) Ambiguität. Ich halte das IRGC Risk Governance Framework als eines der besten Governance Prozessbeschreibungen, um auch Klimawandelrisiken differenziert zu analysieren und dem fachlichen und öffentlichen Diskurs zugänglich zu machen. In diesem Beitrag möchte ich nur zwei Besonderheiten herausheben. Zum einen ist die „Kommunikation“ zwischen den verschiedenen Phasen zentral in dem Framework angeordnet (und nicht nachoder untergeordnet). Zum anderen wird explizit die Analyse von „sozialen Anliegen, Bedürfnissen und Befindlichkeiten“ in dem Konzept verortet. Die Kombination von klassischer Risikoanalyse und der Analyse der sozialen Anliegen führt zu einer ausgewogenen Darstellung des Risikos, welches in der Phase der Tolerabilitätsund Akzeptabilitätsbewertung in den sozialen und politischen Kontext eingebettet wird. Denn es besteht die Gefahr, dass (Klima)Forscher, die ein einzelnes gesellschaftliches Risiko detailliert analysieren, „ihr“ analysiertes Risiko regelmäßig für das Wichtigste und Dringendste halten und andere Risiken systematisch ausblenden. Literatur: Aven, Terje; Renn, Ortwin (2010): Risk Management and Governance, Technology, Risk, and Society, Berlin Heidelberg, Springer, http://dx.doi.org/10.1007/978-3-642-13926-0_1. Gottschick, Manuel (2013, in review): How Stakeholders Handle Uncertainty in Local Climate Adaptation Network. Special issue CIRCLE2JI about Climate Uncertainties, in Climatic Change. 51 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Gottschick, Manuel (2013, in Vorbereitung): Plädoyer für eine investigative Anpassungsforschung, in Beese, K.; Fekkak, M.; Katz, C.; Körner, C.; Molitor, H. (Hrsg.): Anpassung kommunizieren?! Konzepte, Fallstricke und Perspektiven von Bildung, Kommunikation und Wissenstransfer für eine regionale Anpassung an den Klimawandel, München, Oekom Verlag. IRGC, International Risk Governance Council, (2005): White Paper on Risk Governance. Towards an Integrative Approach, Geneva. IRGC, International Risk Governance Council, (2008): An introduction to the IRGC Risk Governance Framework, Geneva. Klinke, Andreas; Renn, Ortwin (2012): Adaptive and integrative governance on risk and uncertainty, in Journal of Risk Research 15 (3), S. 273-292. Knierim, Andrea; Baasch, Stefanie; Gottschick, Manuel (Hrsg.) (2013, im Erscheinen): Partizipation und Klimawandel – Ansprüche, Konzepte und Umsetzung, München, ökom verlag. Anpassung an den Klimawandel, Umgang mit Unsicherheit, Risiko, Governance 52 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen POSTER 53 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Radiation stresses and wave energy in a numerical model of the East-Frisian Wadden Sea (southern North Sea) during a storm event Sebastian Grashorn1) Karsten A. Lettmann2), Jörg-Olaf Wolff2), Thomas H. Badewien3), Emil V. Stanev3) 1) 2) 3) Helmholtz-Zentrum Geesthacht Centre for Materials and Coastal Research (HZG), Institute of Coastal Research Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg, Institut für Chemie und Biologie des Meeres, Department Physikalische Ozeanographie Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg, Institut für Chemie und Biologie des Meeres, Department Marine Sensorensysteme The German coast located in the area of the southern part of the North Sea has been exposed to storm surges and resultant floodings since hundreds of years. Hence, people living close to the coast tried to adapt themselves and their environment to prevent damage caused by extreme storm conditions and extreme sea levels. Extreme sea levels can be caused by high astronomical tides, storm surges, wind-generated gravity waves at the surface of the ocean, swells or a changing sea level (see Weisse et al., 2012). Especially considering climate change and sea level rise, future storm events might be even more destructive compared to the past. Therefore, the enhancement and improvement of the dike structures in this area have to be reconsidered. Under storm conditions wave-current interactions can generate strong longshore currents that can also contribute to a longshore sediment transport. With the possibility of a higher frequency of storm events and stronger wind speeds in the next century these longshore currents could be a main driver for a redistribution of sediment fractions in the area of the East-Frisian Wadden Sea islands. An unstructured-grid model (FVCOM) (see Chen et al., 2003), coupled to a wave model (FVCOM-SWAVE) (see Qi et al., 2009), with two different setups with different grid resolutions is used to investigate the hydrodynamic and wave energy conditions during a moderate and a storm situation in this area. The results of both model setups are validated, compared to each other and analysed with a focus on longshore currents, radiation stress effects and wave energy. The numerical results show that during storm conditions strong longshore currents occur in the front of the EastFrisian Wadden Sea islands with current speeds up to around 1 m/s. The output of the model setup with a higher resolution in the 54 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen area of interest shows even higher current speeds than the coarser setup. The wave-current interaction also takes influence on the surface elevation by raising the water level in the area of the tidal basins. The calculated results for the wave energy show big differences between moderate and storm conditions with values up to 190 kW/m. References: Chen C., Liu H., Beardsley R.C., 2003. An Unstructured Grid, FiniteVolume, Three-Dimensional, Primitive Equations Ocean Model: Application to Coastal Ocean and Estuaries, Journal of Atmospheric and Oceanic Technology, 20(1): 159-186. Qi J., Chen C., Beardsley R.C., Perry W., Cowles G.W., Lai Z., 2009. An unstructured-grid finite-volume surface wave model (FVCOM-SWAVE): Implementation, validations and applications, Ocean Modelling, 28(1-3): 153-166. Weisse R., von Storch H., Niemeyer H.D., Knaack H., 2011. Changing North Sea storm surge climate: An increasing hazard? Ocean & Coastal Management, 68: 58-68 Numerical modelling, FVCOM, Wave-current interaction, Longshore currents, Wave energy, Wadden Sea Simulation komplexer Strömungsdynamik in Küstengrundwasserleitern – ein neuer, vollständig gekoppelter Oberflächen-Grundwasser Ansatz Maria Herold1), Jie Yang2), Thomas Graf2), Thomas Ptak-Fix1) 1) 2) Georg-August Universität Göttingen, Geowissenschaftliches Zentrum, Angewandte Geologie Leibniz Universität Hannover, Institut für Strömungsmechanik und Umweltphysik im Bauwesen Küstengrundwasserleiter sind komplexe hydrologische Systeme, da dort viele verschiedene physikalische Prozesse interagieren: (i) ungesättigte Strömung, (ii) Änderungen der Fluiddichte in Raum und Zeit, (iii) Tideschwankungen, (iv) Sturmfluten, die den Deich überströmen, und (v) Oberflächenabfluss von Sturmflutwasser. Tideschwankungen verursachen in einem Strömungsmodell an der Meeresberandung sich ständig ändernde Randbedingungen. Während einer Sturmflut strömt Salzwasser über Land und bedeckt Teile der Landoberfläche. Dieses Salzwasser infiltriert in die ungesättigte Zone und strömt in Richtung Grundwasserspiegel. 55 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Um all diesen Prozessen Rechnung zu tragen, wurde ein vollgekoppelter Ansatz in der Modelliersoftware HydroGeo Sphere entwickelt, wobei die Küstenzone als hydraulisch gekoppeltes Oberflächen-Grundwasser-System behandelt wird. Mit diesem Ansatz können nun (i) Oberflächenabfluss, (ii) variabel gesättigte, dichteabhängige Grundwasserströmung, (iii) Salzwassertransport an der Oberfläche und im Untergrund sowie (iv) Süß- und Salzwasserinteraktion zwischen Oberfläche und Untergrund simuliert werden. Dieser Ansatz wird zur Simulation von realen Tideschwankungen und Sturmflutereignissen in 2D- und 3D-Grundwassermodellen eingesetzt. Die Ergebnisse bestätigen die Existenz einer Rezirkulationszone und beschreiben die möglichen Gefahren für die Grundwasserqualität im Fall von Sturmflutereignissen. Salzwasserintrusion, Oberflächen-Grundwasser-System, Sturmflut, Grundwasserqualität Tuning the Modelling System FVCOM-SWAVE for long-term Morphodynamic Applications Karsten Lettmann, Jörg-Olaf Wolff Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg, Institut für Chemie und Biologie des Meeres, Department Physikalische Ozeanographie In coastal waters of tidal flat systems wind-generated surface waves are an important driver of sediment- and morphodynamics. Together with wind- and tide-induced currents, waves are responsible for sediment erosion and contribute e.g. due to Stokes drift and wave induced currents to net sediment movements. Therefore, each morphodynamic modelling system should incorporate the influence of waves in a proper manner. Present day thirdgeneration wave models like SWAN are appropriate tools to calculate the wave climate in coastal waters for specific wind and bathymetric conditions. However, these wave models are computationally very expensive for small scale applications, which makes it difficult (even with present supercomputers) to model the wave climate for long-term morphodynamic studies.To give a rough estimate, for the FVCOMSWAVE modelling system the wave computational step needs about 80%of the computational time. 56 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen Therefore, our contribution deals with tuning the FVCOM-SWAVE modelling system with respect to the parameters of the wave and morphodynamic module to reach simulation intervals of several years. Wave modelling, morphodynamics, FVCOM Übertragung von Methoden und Ergebnissen aus der Klimaforschung in die wasserwirtschaftliche Praxis Uwe Petry1), Markus Anhalt1), Jörg Hölscher1), Marlene Gelleszun2), Kristian Förster2), Günter Meon2), Hannes Müller3), Uwe Haberlandt3) 1) 2) 3) Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Betriebsstelle Hannover-Hildesheim Technische Universität Braunschweig, Leichtweiß-Institut für Wasserbau, Abt. Hydrologie, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz Leibniz Universität Hannover, Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und landwirtschaftlichen Wasserbau Der globale Klimawandel kann sektoral und regional unterschiedliche Auswirkungen haben. Während sich die wissenschaftliche Forschung dabei vor allem mit der Analyse, Bewertung und Interpretation der Daten beschäftigt, ist die fachliche Praxis darum bemüht, ihre Methodenkompetenzen hinsichtlich des Klimawandels zu erweitern und Handlungsempfehlungen für die politischen Entscheidungsträger abzuleiten. Im Zuge des Projektes KliBiW (Globaler Klimawandel – Wasserwirtschaftliche Folgenabschätzung für das Binnenland) wurden die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft (Hochwasser) in Niedersachsen untersucht und die Methodenkompetenzen der Praxispartner erweitert. Hierzu wurden zunächst verschiedene Klimamodelldaten (WETTREG, REMO) räumlich interpoliert und zum Teil zeitlich disaggregiert, um hoch aufgelöste Klimainformationen bereitzuhalten. Anschließend erfolgte die Kopplung mit einem hydrologischen Modellsystem (Panta Rhei), das bereits in der Hochwasservorhersagezentrale des NLWKN im Einsatz ist. Über Langzeitsimulationen wurden zukünftige Veränderungen in den Abflussverhältnissen räumlich und zeitlich differenziert für das Aller-Leine Gebiet identifiziert. Als Betrachtungszeiträume dienten 57 Thema 2: Regionale Wetterextreme und ihre Folgen eine frühe Zukunftsphase (2021–2050) und eine ferne Zukunftsphase (2071–2100). Die Veränderungen verschiedener hydrologischer Kenngrößen wurden gegenüber einem Kontrollzeitraum (1971–2000) aufgezeigt. Die Auswertungen an 8 Pegeln in Einzugsgebieten >1.000 km² auf Tageswertbasis und an 6 Pegeln in Einzugsgebieten <1.000 km² auf Stundenwertbasis zeigten, dass die mittleren Abflüsse vor allem im Winter, aber auch im Frühling zunehmen können, speziell gegen Ende des 21. Jahrhunderts, während sie im Sommer und Herbst kaum signifikante bzw. einheitliche Veränderungen erfahren. Eine räumliche Differenzierung war hierbei kaum zu erkennen. Zudem kann sich die Hochwassersituation zukünftig verschärfen. Während kleinere Hochwässer häufiger auftreten können, nehmen die Scheitelabflüsse zu, insbesondere am Ende des 21. Jahrhunderts. Aussagen zu größeren Ereignissen sind aufgrund der großen Streuung der Ergebnisse jedoch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Entsprechende Betrachtungen der Niedrigwasserverhältnisse sind in Vorbereitung. Die Anwendung von Klimamodelldaten im Zusammenhang mit Wirkmodellen kann zukünftig in der fachlichen Praxis dazu genutzt werden, das Leistungsspektrum des Gewässerkundlichen Landesdienstes des NLWKN zu erweitern. Wasserwirtschaftliche Planungen können so zukunftsorientiert und nachhaltig erfolgen. Erste Ansätze dazu sind in der Niedersächsischen Anpassungsstrategie zu finden. Neben dem angepassten Betrieb von Multifunktionsspeichern und der Neubemessung von Hochwasser-Schutzmaßnahmen sei die gesetzlich geforderte Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Risikogebiete entsprechend der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (2007/60/EG) genannt. Hierbei können abgeleitete, regional differenzierte Klimafaktoren für wasserwirtschaftliche Bemessungsgrößen eine wichtige Entscheidungsunterstützung darstellen. Klimawandel, Wasserwirtschaft, Modellierung, Methodenkompetenz 58 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Leitung: Andreas von Tiedemann Matthias Gauly Friedrich O. Beese 59 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme 9:00 -10:30 Uhr: Hauptvorträge Pflanzenproduktion unter verschiedenen Klimabedingungen – Gewisses und Ungewisses Andreas von Tiedemann, Peter Juroszek Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz, Fakultät für Agrarwissenschaften, Georg-August-Universität Göttingen Pflanzliche Produktivität ist die Lebensgrundlage der Biosphäre der Erde und maßgeblich vom örtlich wie zeitlich variablen Klima abhängig. Auch die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion, essentiell für die Welternährung, findet global unter sehr variablen klimatischen Bedingungen statt und es wurden kontinuierlich entsprechend angepasste Anbausysteme entwickelt. Gegenwärtig variiert die potentielle landwirtschaftliche Biotrockenmasseproduktion von etwa 80 t ha-1 a-1 für C4-Pflanzen in den Tropen bis zu etwa 20 t ha-1 a-1 für C3-Pflanzen im kühl gemäßigten Klima (Imhoff et al. 2004). Da die global gegebene Schwankungsbreite der Klimabedingungen, unter denen gegenwärtig Pflanzenproduktion erfolgt, vermutlich größer ist als die an einem Standort in diesem Jahrhundert zu erwartenden Klimaveränderungen, sollte eine Anpassung des Anbaus an den meisten Standorten im Rahmen des technisch Möglichen liegen. Die produktivsten Zonen der Nettoprimärproduktion an Biomasse liegen in den warmen Klimazonen (Afrika, Südamerika). Hier werden im Durchschnitt aber nur 6-12% des Produktionspotentials vom Menschen genutzt, während dieser Anteil in den klimatisch weniger produktiven gemäßigten Zonen (Asien, Europa) 60-80% beträgt (Imhoff et al. 2004). Diese Zahlen entsprechen mit wenigen Ausnahmen (z.B. Brasilien) annähernd den jeweils realisierten Flächenerträgen und zeigen, dass für die landwirtschaftliche Produktivität vor allem Technologieeinsatz und Wissen und weniger die Klimabedingungen von Bedeutung sind. Eine Vergleichsstudie zur derzeitigen Produktivität von 5 Ackerbauregionen in Europa bestätigt, dass Technologieeinsatz und Anpassung des Anbausystems Klimaunterschiede in der für dieses Jahrhundert diskutierten Größenordnung weitgehend ausgleichen können (Wendt 2013). Dabei muss allerdings beachtet werden, dass Bewässerung zum Beispiel in der Poebene bereits heute eine bedeutende Rolle einnimmt, im Gegensatz z.B. zur Köln-Aachener Bucht und Hildesheimer Börde, wo bislang kaum künstlich bewässert werden muss, 60 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme um Höchsterträge zu erzielen, bei ähnlichen Bodenqualitäten in allen drei Regionen. Die gegenüber Klimaveränderungen dominierende Rolle des Technologiefortschritts für die Ertragsentwicklung wurde mittels Modellierung auch für 5 Hauptkulturen in 25 EUStaaten ermittelt (Angulo et al. 2013). Alle für die Ertragsbildung wesentlichen Determinanten, die ertragsbestimmenden (z.B. Temperatur, Einstrahlung, Sorteneigenschaften, Anbausystem), ertragsbegrenzenden (z.B. Wasser und Nährstoffe) und ertragsreduzierenden (z.B. abiotische und biotische Schadfaktoren), werden durch Klimabedingungen beeinflusst (Van Ittersum et al. 2003). Bezogen auf die 8 wichtigsten Nutzpflanzen weltweit können biotische Schaderreger (Krankheiten, tierische Schädlinge und Unkräuter) bis zu 67% des potentiell möglichen Ertrags kosten (Oerke 2006), wenn keine Pflanzenschutzmaßnahmen ergriffen werden. Die zukünftige Bedeutung von Schaderregern in der Landwirtschaft ist aufgrund der Ungewissheit sowohl in den Klimamodellierungen als auch in der Entwicklung der Anbautechnologie nicht genau vorhersagbar. In den detaillierten Untersuchungen im Rahmen von KLIFF ergaben sich bezüglich der zukünftigen Bedeutung von Schaderregern differenzierte Ergebnisse sowohl in den Literaturstudien (Meta-Studien), als auch den Experimenten und Computersimulationen. In allen Schaderregergruppen der vier untersuchten Kulturpflanzenarten Weizen, Mais, Raps und Zuckerrübe wurden fördernde, hemmende und neutrale Effekte der zu Grunde gelegten oder getesteten Erwärmungsszenarios (durchschnittliche Erhöhung der Lufttemperatur um etwa 2-4°C in Niedersachsen) festgestellt. Eine generelle Zu- oder Abnahme des Schaderregerauftretens bei Erwärmung konnte in den Untersuchungen nicht festgestellt werden. Falls es zu einer anhaltenden Klimaerwärmung in Niedersachsen kommen sollte, wird sich die relative Bedeutung pilzlicher Pathogene vor allem artspezifisch verschieben. Zum Beispiel ergaben Computersimulationen, dass sich die Infektionswahrscheinlichkeit für DTR-Blattdürre in Winterweizen bis Ende des 21 Jahrhunderts erhöhen, während diese für Mehltau abnehmen wird. Diese Effekte werden konterkariert, wenn sich wärmeadaptierte Pathogenpopulationen entwickeln, wie dies bereits bei Gelbrost in den USA beobachtet wurde (Milus et al. 2009). Ein nennenswertes Auftreten neuer Pathogene ist dagegen weniger wahrscheinlich. Neue Schaderreger waren bislang stets die Folge von Veränderungen im Anbau, wofür es zahlreiche Beispiele gibt. Klimaveränderungen können allerdings auch hier eine Rolle spielen, wenn infolge der Er61 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme wärmung zum Beispiel neue Kulturpflanzen (z.B. Sojabohne, Sonnenblume) eingeführt werden. Bei Schadinsekten und Unkräutern könnten dagegen viele bereits etablierte Arten von der Wärme profitieren und durch schnellere Vermehrung und Verbreitung (z.B. mehr Generationen pro Jahr) eine erhöhte Schadwirkung entwickeln. Insgesamt sind die möglichen Interaktionen im Dreieck “Wirt-Schaderreger-Umwelt“ äußerst vielfältig und nur für klar definierte Umweltbedingungen und Wirt-Schaderreger Eigenschaften darstellbar (Juroszek & Tiedemann 2013). Zusätzlich zu den Unsicherheiten, die sich aus der ungewissen Klimaentwicklung und den ungewissen biologischen wie agronomischen Anpassungsprozessen ergeben, müssen die durch Klimaveränderungen zu erwartenden Effekte im Sinne einer Gesamtrisikobetrachtung auch in den Kontext aller übrigen Einflussvariablen gestellt werden. Den Spekulationen zum Schaderregerauftreten bei veränderten Klimabedingungen steht weltweit wie regional (z.B. in Niedersachsen) die Tatsache gegenüber, dass vor allem die Art des Anbauverfahrens das Schaderregerauftreten maßgeblich bestimmt und es auch zukünftig von den Methoden des vorbeugenden (z.B. Fruchtfolge, resistente Sorten, gesundes Saat- und Pflanzgut, Hygiene, regelmäßige Feldkontrolle) und direkten Pflanzenschutzes (chemisch, biologisch, physikalisch) abhängen wird, welche Bedeutung Schaderreger haben werden. Wesentliche Voraussetzung für hohe Produktivität in der Pflanzenproduktion wird auch zukünftig der technologische Stand in Anbautechnik und Pflanzenschutz sein, deren weiterer Fortschritt in den Projektionen nicht enthalten ist. Innovative Methoden der Schaderregerkontrolle befinden sich bereits jetzt im Forschungsstadium (z.B. RNA Silencing, Einsatz von Nanopartikeln und Superabsorbern; siehe Zohuriaan-Mehr et al. 2010, Khot et al. 2012, Gu & Knipple 2013) und könnten den Entwicklungen in der Pflanzenproduktion und im Pflanzenschutz eine völlig neue Richtung geben. Analoges gilt für die Agrartechnik und Sortenentwicklung. Literatur: Angulo C, Rötter R, Lock R, Enders A, Fronzek S, Ewert F (2013) Implication of crop model calibration strategies for assessing regional impacts of climate change in Europe. Agricultural Forest Meteorology 170, 32-46. Gu L & Knipple DC (2013) Recent advances in RNA interference research in insects: Implications for future insect pest management strategies. Crop Protection 45, 36-40. Imhoff ML, Bounoua L, Ricketts T, Loucks C, Harriss R & Lawrence WT (2004) Global patterns in human consumption of net primary production. Nature 429, 870-873. 62 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Juroszek P & Tiedemann A von (2013) Plant diseases, insect pests and weeds in a changing global climate: a review of approaches, challenges, research gaps, key studies and concepts. Journal of Agricultural Science 151, 163-188. Khot LR, Sankaran S, Maja JM, Ehsani R & Schuster EW (2012) Applications of nanomaterials in agricultural production and crop protection: A review. Crop Protection 35, 64-70. Milus EA, Kristensen K, Hovmoller MS (2009) Evidence for increased aggressiveness in a recent widespread strain of Puccinia striiformis f. sp. tritici causing stripe rust of wheat. Phytopathology 99, 89-94. Oerke EC (2006) Crop losses to pests. Journal of Agricultural Science 144, 31-43. Van Ittersum MK, Leffelaar PA, van Keulen H, Kropff MJ, Bastiaans L, Goudriaan J (2003) On approaches and applications of the Wageningen crop models. European Journal of Agronomy 18, 201–234. Wendt MJ (2013) Anpassung intensiver Ackerbausysteme an geographisch, jährlich und zukünftig schwankende Klimabedingungen. Masterarbeit, Fakultät für Agrarwissenschaften, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Abteilung Allgemeine Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz, GeorgAugust-Universität Göttingen. Zohuriaan-Mehr MJ, Omidian H, Doroudiani S & Kabiri K (2013) Advances in non-hygienic applications of superabsorbent hydrogel. Journal of Materials Science 45, 5711-5735. Erwärmung, Produktivität, Schaderreger, bausystem, technischer Fortschritt Pflanzenschutz, An- Herausforderungen an die Nutztierhaltung infolge des Klimawandels Matthias Gauly Georg-August-Universität Göttingen Department für Nutztierwissenschaften, Abteilung Produktionssystem für Nutztiere Bereits in den nächsten Jahrzehnten werden weitere signifikante Veränderungen des Klimas in Zentraleuropa erwartet. Dazu zählen u.a. auch trockenere und wärmere Sommermonate sowie das häufigere Auftreten von Klimaextremen im Jahresverlauf. Diese Veränderungen werden zweifelsohne auch die verschiedenen Systeme der Tierhaltung direkt und/oder indirekt betreffen bzw. tun es bereits. Dabei wird häufig angenommen, dass vor allem Tierhaltungen in Offenställen mit und ohne Auslauf bzw. Weidegang betroffen sind. Diese Annahme ist grundsätzlich richtig, gilt aber den63 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme noch nur mit Einschränkungen. Auch bei reinen Stallhaltungsverfahren zeichnen sich deutliche Effekte ab, die u.a. auch in den nur unvollständigen Kompensationsmöglichkeiten der gegenwärtig genutzten Klimaregelein-richtungen begründet sind. Zu den Tierhaltungen mit wesentlichen Freilandanteilen gehören im Mitteleuropa die Milchvieh- und Mutterkuhhaltung sowie die Haltung kleiner Wiederkäuer. Mittlerweile wurden bereits verschiedene Strategien auf verschiedenen Ebenen diskutiert, mit deren Hilfe sich die Erzeugung auf die entsprechenden Veränderungen einstellen bzw. vorbereiten kann. Wesentliche Maßnahmen zur Anpassung werden gegenwärtig in der Zucht thermotoleranter, robuster und krankheitsresistenter Nutztiere, der Optimierung der Strategien in der Tierseuchenbekämpfung und des Hygienemanagements, der Entwicklung verbesserter Verfahrenstechniken und Stallsysteme sowie Futtermittelanbausysteme gesehen. Die Thermotoleranz von Tieren, d.h. deren Fähigkeit mit Hitze- und Kältestress umzugehen hängt in gewissem Umfang von deren genetischer Veranlagung ab. Es ist deshalb naheliegend dies züchterisch zu nutzen. Mithilfe der Methoden der genomischen Selektion eröffnen sich vielversprechende Perspektiven. Verfahrenstechniken bzw. Stallsysteme sind in unterschiedlichem Maße geeignet Umwelteffekte, wie z.B. Temperaturschwankungen (Hitzestress) zu kompensieren. Dies ist vor allem für Tiere wichtig, die aufgrund hoher Stoffwechselraten besonders viel Wärme produzieren. Dazu zählt vor allem die Hochleistungskuh. Bereits heute liegen verschiedene technische Stallbaulösungen zur Reduktion der Hitzeauswirkungen vor. Die Beurteilung und Weiterentwicklung solcher Lösungen hinsichtlich Hitzestress induzierter Leistungsbzw. Gesundheitsbeeinträchtigungen sowie die Abschätzung der ökonomischen und/oder ökologischen Vorteile verschiedener Produktionssysteme ist eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Neben den direkten Effekten des Klimas auf das Tier werden indirekte Effekte, wie die Verfügbarkeit und Qualität der Futtermittel erwartet. In Zucht und Anbau von Kulturarten mit erhöhter Wassernutzungseffizienz und Toleranz gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels werden erfolgversprechende Ansätze gesehen. Unter Berücksichtigung dieser Konsequenzen müssen auch Anpassungsmaß-nahmen für die Fütterung der Tiere diskutiert werden. Der Klimawandel wird auch zu Veränderungen im Spektrum der Pathogene führen. Es ist zu erwarten, dass sowohl das Vorkommen als auch die Saisonalität und Intensität vieler Vektoren und Krankheitserreger stark beeinflusst werden. Nicht alle Vektoren und 64 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Pathogene finden dabei verbesserte Bedingungen, so dass es zu einer Verschiebung des Spektrums kommen wird. Dies ist bei der Zucht auf Krankheitsresistenz zu berücksichtigen. Nutztierhaltung, Zucht, Fütterung, Klimawandel Vulnerabilität von Waldökosystemen – Ein inter(trans)disziplinäres Puzzle Friedrich O. Beese Georg-August Universität Göttingen, Zentrum für Biodiversität und nachhaltige Landnutzung (CBL), Sektion Waldökosystemforschung Die Analyse der Vulnerabilität von Waldökosystemen bildet die Grundlage für die Entwicklung standortgemäßer Anpassungsmaßnahmen. Ihre Quantifizierung stellt eine große Herausforderung dar, da die Vulnerabilität eine Funktion der Exposition, dem Grad in welchem das System dem Klimawandel ausgesetzt ist, der Sensitivität, der Empfindlichkeit des Systems und seiner Komponenten gegenüber klimabedingter Einwirkungen sowie der Adaptation, der Anpassungsfähigkeit des Systems an Veränderungen des Klimas ist. In der Landschaft variiert die Vulnerabilität daher räumlich extrem stark aufgrund der regionalen Unterschiede der Exposition und der vielfältigen Kombinationen biotischer und abiotischer Systemkomponenten. Anhand von Buchenökosystemen entlang eines im Rahmen von KLIFF untersuchten Klimagradienten wird gezeigt, wie sich die drei Faktoren in unterschiedlicher Weise darstellen, wie sie wirksam werden, und wie sie zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden können. Dabei werden sowohl genetische, physiologische als auch ökosystemare Indikatoren herangezogen. Der hier vorgestellte Ansatz ist interdisziplinär naturwissenschaftlich ausgerichtet, da er die Vulnerabilität der Anthroposphäre nicht berücksichtigt, die sich aus den Veränderungen der Ökosystemleistungen ergibt. Zum Ergreifen von Anpassungsmaßnahmen ist jedoch in einem weiteren Schritt eine Einbeziehung der Akteure in einem transdisziplinären Ansatz unumgänglich. Klimagradient, Buchenwaldökosysteme, organismische und ökosystemare Sensitivität, Adaptation 65 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme 11:00 - 12:00 Auswirkungen auf die Tierproduktion Wechselwirkungen zwischen Leguminosenart und Trockenstress auf Nährstoffzusammensetzung, mikrobiellen Abbau und Fermentationsparameter von verschiedenen Leguminosenarten in vitro Carola Lindig1), Hansjörg Abel2), Johannes Isselstein3), Bernd Schröder1), Susanne Riede1), Gerhard Breves1) 1) 2) 3) Tierärztliche Hochschule Hannover, Physiologisches Institut Georg-August Universität Göttingen, Institut für Tierernährungsphysiologie Georg-August Universität Göttingen, Department für Nutzlandwissenschaften Einleitung: In verschiedenen regionalen Klimaprojektionen wird für das 21. Jahrhundert in Deutschland eine vermehrte Sommertrockenheit angenommen. Da Leguminosen in Diskussion stehen, von den Auswirkungen des Klimawandels zu profitieren, könnten sie unter zukünftigen Klimabedingungen eine größere Rolle im Rahmen der Wiederkäuerfütterung einnehmen. Mit den durchgeführten Untersuchungen soll festgestellt werden, ob und inwiefern sich Trockenstress auf die Nährstoffzusammensetzung von Leguminosen sowie deren ruminalen Abbau und mikrobielle Fermentation auswirkt und ob dabei Unterschiede zwischen verschiedenen Leguminosenarten vorhanden sind. Methoden: Es wurden Monokulturen von Lotus corniculatus, Medicago lupulina, Medicago falcata und Trifolium repens im freien Feld ausgesät, von denen die Hälfte der entstandenen Aufwüchse jeder Art während 5 Wochen der Vegetationsperiode von Niederschlägen geschützt wurde. Somit entstanden eine trockengestresste und eine Kontrollvariante, die im Juni 2011 geerntet wurden (2. Schnitt). Mit einer repräsentativen Stichprobe jeder Variante wurde eine Nährstoffanalyse durchgeführt. Im Anschluss wurde das Pflanzenmaterial 11 Tage lang in jeweils 3 Parallelansätzen mit der Rumen-Simulations-Technik untersucht. Dabei wurden zu Versuchsbeginn die Fermentationgefäße mit frisch entnommenem Panseninhalt inokuliert. In der Folge wurde das Substrat alle 48 Stunden erneuert. Redoxpotential und pH-Wert wurden täglich gemessen, um stabile Bedingungen in den Fermentationsgefäßen zu überprüfen. Nach einer 6-tägigen Äquilibrierungsphase wurden währen einer 5-tägigen Versuchsphase einmal täglich Proben ent66 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme nommen. Die Produktionsraten der kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) sowie des Fermentationsgases Methan wurden mittels Gaschromatographie bestimmt, während die Ammoniakkonzentrationen mittels Spektrophotometrie analysiert wurden. Außerdem wurde der Abbau von organischer Substanz (OS), Rohprotein (XP) sowie neutraler Detergentienfaser (NDF) bestimmt. Die statistische Auswertung erfolgte in Form einer zwei-faktoriellen Varianzanalyse (ANOVA) mit den beiden Hauptfaktoren Leguminosenart und Trockenstress. Direkte Gruppenunterschiede wurden mit dem multiplen Vergleichstest nach Tukey spezifiziert. Ergebnisse: Die Leguminosenart hatte einen Einfluss auf den Abbau der OS sowie auf die Produktion der kurzkettigen Fettsäuren und Methan. Der Faktor Trockenstress verminderte den Abbau der OS unabhängig von der Leguminosenart. Wechselwirkungen waren andeutungsweise bei der Nährstoffzusammensetzung und statistisch signifikant beim Abbau von NDF und XP sowie im Bezug auf die Ammoniakkonzentrationen festzustellen. Schlussfolgerung: Diese Ergebnisse können dazu dienen, geeignete Leguminosenarten zu identifizieren, die unter eventuellen zukünftigen Trockenstressbedingungen gut als Grünfutter für Wiederkäuer eingesetzt werden könnten. Empfehlungen, die aus in vitro Untersuchungen, wie sie in diesem Fall durchgeführt wurden, abgeleitet werden, müssen aber, vor allem im Hinblick auf die Tierernährung, um in vivo Untersuchungen erweitert werden. Ruminale Fermentation, Leguminosen, Trockenstress Bewertung klimatischer Einflüsse auf Fruchtbarkeitsparameter von Sauen in Norddeutschland Kerstin Wegner, Christian Lambertz, Eva Moors, Gürbüz Daş, Matthias Gauly Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutztierwissenschaften, Produktionssysteme der Nutztiere Hitzestress wirkt sich negativ auf die Reproduktionsleistung von Sauen aus. Ziel der vorliegenden Studie war es zu untersuchen inwieweit sich das Klima auf die Fruchtbarkeitsparameter von Sauen in Norddeutschland auswirkt. Dazu wurden auf 6 ferkelerzeugenden Betrieben in Niedersachsen die Temperatur und relative 67 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Luftfeuchtigkeit von Juni 2011 bis August 2012 stündlich aufgezeichnet und der Temperatur-Luftfeuchtigkeits-Index (THI) berechnet. Auf jedem Betrieb wurden je 2 Datenlogger im Besamungs-, Warte-, und Abferkelabteil angebracht. Die Fruchtbarkeitsdaten von 4743 Sauen mit insgesamt 8350 Würfen umfassten gesamt geborene Ferkel, lebend und tot geborene Ferkel, abgesetzte Ferkel und Ferkelverluste. Anhand einer Regressionsanalyse wurde Einfluss des THI für die Zeiträume vor und nach der Abferkelung auf die Anzahl der lebend und tot geborenen Ferkel sowie die Anzahl abgesetzter Ferkel und die Ferkelverluste berechnet. Zudem wurde der Einfluss des THI nach der Besamung auf die Anzahl der gesamt geborenen Ferkel bestimmt. Der mittlere THI über alle Stallabteile reichte im Versuchszeitraum von 65 bis 79, der maximale THI von 67 bis 87. Mit steigenden THI-Werten am Tag der Abferkelung sank die Zahl tot geborener Ferkel (p<0.05), während die Zahl der lebend geborenen Ferkel nicht beeinflusst wird. Höhere THI-Werte an den 2 Tagen vor der Geburt führten tendenziell zu einer geringeren Zahl tot geborener Ferkel und zu signifikant weniger lebend geborenen Ferkeln (p<0.05). Die Anzahl abgesetzter Ferkel stieg mit höheren THIWerten in den ersten 7 Tagen nach der Geburt (p<0.001). Ein höherer THI in den ersten 2 Tagen und 5 Tage nach der Abferkelung führte zu sinkenden Ferkelverlusten(p<0.01). Ein höherer THI nach der Besamung führte tendenziell zu mehr gesamt geborenen Ferkeln (p=0.19). Insgesamt konnte ein negativer Einfluss von steigenden THI-Werten auf die Fruchtbarkeitsparameter von Sauen festgestellt werden. THI, Fruchtbarkeit, Sauen Der Einfluss des Klimawandels auf die Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Milchproduktion Maria Martinsohn, Heiko Hansen Thünen-Institut für Betriebswirtschaft Die Klimafolgenforschung in den Agrarwissenschaften ist stark auf den Ackerbau fokussiert. Doch auch tierhaltende Betriebe sind abhängig von klimatischen Bedingungen. Dies gilt in erster Linie 68 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme für Tierhaltungsverfahren mit nicht klimatisierten Ställen wie beispielsweise die Milchproduktion. Hier wirken Klimaveränderungen sowohl auf den Futterbau wie auch auf die Tiergesundheit und die tierischen Leistungen. Die meisten Studien zu Auswirkungen des Klimawandels auf die Milchproduktion konzentrieren sich jedoch nur einen Teilbereich (z.B. Grasland) und analysieren nicht das komplexe Gesamtsystem. Darüber hinaus werden überwiegend biologische Veränderungen analysiert, ohne ökonomische Konsequenzen oder Anpassungsreaktionen der Milchviehhalter zu berücksichtigen. Insbesondere die Analyse von Anpassungsreaktionen erfordert die Einbindung praktischer Milchviehhalter im Rahmen eines interaktiven Prozesses. Die vorliegende Studie trägt dieser Problematik Rechnung, da sie am Fallbeispiel Niedersachsens a) bio-physiologische Veränderungen in der Silageproduktion, wie auch Milchleistungseinbußen durch Hitzestress untersucht, b) die Wirkung von Anpassungsmaßnahmen durch die Landwirte berücksichtigt, c) eine ökonomische Bewertung anführt und d) die betroffenen Akteure integriert. Hierzu wurden Klimadaten eines bias-korrigierten dynamischen sowie eines statistischen Modells in drei bio-physiologische Modelle eingespeist. So wurden Projektionen zu Hitzestress und Erntemengen bei Gras- und Maissilage für das Referenzszenario 1971-2000 und zwei Zukunftsszenarien 2021-2050 und 2071-2100 erreicht. Anhand typischer Milchviehbetriebe (agri benchmark-Methodik) wurden in vier verschiedenen Regionen Niedersachsen die Ergebnisse einer ökonomischen Bewertung zugeführt (Veränderung des Betriebsgewinns). Die Validierung und Rückkopplung der einzelnen Prozessschritte erfolgte im Rahmen von Fokusgruppendiskussionen mit Praktikern und Beratern. Zusammenfassend wirkt sich der Klimawandel positiv auf die Milchviehbetriebe aus, was vor allem auf positive Veränderungen beim Maiswachstum zurückzuführen ist. Die ökonomischen Zugewinne sind jedoch marginal, wenn sie, wie von den Landwirten angeregt, mit den Gewinnschwankungen durch reale Preisvolatilität oder die natürliche Variabilität des Wetters verglichen werden. Klimawandel, Betriebswirtschaft, Grassilage, Hitzestress 69 Milchproduktion, Maissilage, Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme 12:00 - 12:40 Wald und Forstwirtschaft Sensitivität der Rotbuche gegenüber Sommertrockenheit Christoph Leuschner, Hilmar Müller-Haubodt, Florian Knutzen, Dietrich Hertel, Berhardt Schuldt, Ina C.Meier Georg-August Universität Göttingen, Pflanzenökologie und Ökosystemforschung Vor dem Hintergrund des prognostizierten Klimawandels wird insbesondere die Rolle der Rotbuche (Fagus sylvatica) in Deutschland kontrovers diskutiert. Eine Zunahme von Trockenstress könnte die Vitalität sowohl der Altbäume als auch die der Verjüngung negativ beeinflussen. Dieses Vorhaben hat die Trockenstress-Empfindlichkeit der Buche sowohl in Altbeständen als auch im Jugendstadium untersucht; ein besonderer Fokus lag auf der Bedeutung der Bodenart (Sand vs. Lehm) im pleistozänen Tiefland für die Entwicklung sommerlicher Bodenfeuchtedefizite und der Antwort der Bäume. Ziel war die Erkennung von artspezifischen Schwellenwerten in der Trockenstress-Antwort der Buche und die Identifizierung von Herkünften mit besonderem Gefährdungspotenzial. In einer Freilandstudie in der Lüneburger Heide in 12 Altbuchenbeständen entlang eines Niederschlagsgradienten (543-816 mm a-1) wurde die Antwort folgender Parameter auf abnehmende Wasserverfügbarkeit untersucht: ober- und unterirdische Biomasseproduktion, Anpassung der hydraulischen Architektur und verschiedene physiologische Kenngrößen auf Blattebene. Die erwartete Reduktion der Nettoprimärproduktion bei sinkenden Niederschlägen konnten in den Buchen-Altbeständen in den Untersuchungsjahren 2009-2011 nicht gefunden werden. Vielmehr unterschieden sich die untersuchten Bestände an unterschiedlich wasserversorgten Standorten hinsichtlich der Kohlenstoffallokation in Richtung auf die Produktion von Früchten, Feinwurzeln, Blattmasse und Stammholz. Eine plastische Antwort der Altbäume an langjährig unterschiedliche Niederschlagshöhen fand sich auf bei der hydraulischen Leitfähigkeit und der Kavitations-Gefährdung des Xylems in den Zweigen. Ergänzend zu diesen Untersuchungen an Altbeständen wurde ein common garden-Experiment an Jungbuchen von vier Herkünften entlang dieses Niederschlagsgradienten durchgeführt. Gemessen wurden die ober- und unterirdische Biomasseproduktion sowie verschiedene stressphysiologische Parameter in Abhängigkeit der Bodenfeuchte. Die Ergebnisse des Experiments demonstrieren die 70 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme große Bedeutung sommerlicher Wasserverfügbarkeit für eine erfolgreiche Bestandesverjüngung der Buche. Fagus sylvatica, Niederschlagsgradient, NPP, Wurzelproduktion, Fruktifikation, C-Allokation Adaptive Waldbewirtschaftung - der Schlüssel für eine Waldanpassung an den Klimawandel? Andreas Bolte1), Peter Spathelf2) 1) 2) Thünen-Institut für Waldökosysteme, Eberswalde Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE), FB Wald und Umwelt, Professur für angewandten Waldbau Die Wälder in Mitteleuropa werden im Zuge des Klimawandels wahrscheinlich zunehmend von extremen Witterungs- und Wetterlagen wie Hitze- und Trockenheit sowie Sturm betroffen sein. Die Wechselwirkung der abiotischen Extremereignisse Hitze, Trockenheit und Sturm mit biotischen Schaderregern kann die Auswirkungen des Klimawandels auf Wälder verstärken und die Konkurrenz zwischen Baumarten verändern. Solche Wechselwirkungen spielen eine wichtige Rolle für die Waldsukzession infolge des Klimawandels. Wälder passen sicher einerseits langfristig durch evolutionäre Anpassung von Baumpopulationen und andererseits kurzfristig durch phänotypische Plastizität einzelner Individuen (Änderung der Morphologie und/oder Physiologie) an geänderte Umweltbedingungen an. Eine besondere lokale evolutionäre Anpassung an Trockenheit erfahren isolierte Randpopulationen von Baumarten an deren von Trockenheit und Wärme bestimmten Verbreitungsgrenzen (‚rear edges‘). So zeigen Buchenherkünfte der Rotbuche vom kontinentalen, trockenen Verbreitungsrand der Baumart eine höhere Trockenheitsresistenz als Herkünfte aus dem Zentrum der Buchenverbreitung, die unter feuchteren und sommer-kühleren Bedingungen wachsen. Zusätzlich ist aber auch eine hohe adaptive Plastizität bei Buche festzustellen; Projektionen des zukünftigen Wuchsverhaltens unter trockeneren Bedingungen ergaben ein höheres Wuchspotential für dieselben Baumindividuen, wenn die Kalibrierung der Wuchsmodelle in den letzten Jahrzehnten statt zur Mitte des 20. Jahrhunderts erfolgte. 71 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Eine adaptive Waldbewirtschaftung passt wiederholt Ziele und Maßnahmen an geänderte Umweltsituationen und sich wandelnde Ansprüche an den Wald an. Dies kann mit einer Kombination von aktiven Anpassungsmaßnahmen wie dem Waldumbau und passiven Elementen wie dem Zulassen von spontaner Waldsukzession erfolgen. Eine strategische Zusammenarbeit verantwortlicher Institutionen von der internationalen bis zur lokalen Ebene ist erforderlich, um Informationen zur Eignung von Baumarten und Herkünften beim lokalen Waldmanagement zielgerichtet zu nutzen. Der in Mitteleuropa praktizierte naturnahe Waldbau mit seinen Handlungsprinzipien liefert sowohl Voraussetzungen als auch Widerstände für ein adaptives Waldmanagement. Widerstände betreffen die vorrangige und ggf. ausschließliche Nutzung von Naturverjüngung lokaler Baumpopulationen (passive Anpassungsmaßnahme), die dem Transfer angepasster ‚rear edge‘-Herkünfte und angepasster Baumarten als aktive Anpassungsmaßnahme entgegensteht. Die waldbauliche Bevorzugung von mitt- und spätsukzessionalen Halbschatt- und Schattbaumarten, insbesondere von Buche, begrenzt das Auftreten stresstoleranter und lichtbedürftiger Pionierbaumarten. Die adaptive Waldbewirtschaftung stellt durch ihre flexible Maßnahmenanpassung eine Schlüsselstrategie für die Waldanpassung an den Klimawandel dar. Der Anteil aktiver und passiver Anpassungsmaßnahmen kann aber deutlich variieren und bietet daher Anlass für Diskussionen zwischen den verschiedenen Interessentengruppen (Waldbesitzer, Waldbauer, Naturschützer und andere). Extremwetterlagen, Trockenheit, Sturm, Biotische Schaderreger, aktive Anpassung, passive Anpassung, Herkünfte, Naturnaher Waldbau 72 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme 14:00 - 15:20 Pflanzenproduktion Die Zuckerrübe und der Klimawandel - Langzeitanalyse ausgewählter Witterungsparameter und deren Einfluss auf die Ertragsentwicklung in verschiedenen Regionen von Rheinland-Pfalz Pascal Kremer1), Hans-Joachim Fuchs1), Ulrich Matthes2) 1) 2) Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Geographisches Institut Rheinland-Pfalz Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen Die Zuckerrübe ist aufgrund der thermischen Gunst und der hohen Bodengüte ein wichtiges Fruchtfolgeglied der Landwirtschaft in den rheinland-pfälzischen Anbauregionen Rheinhessen und Pfalz. Die landwirtschaftliche Produktivität ist maßgeblich von den klimatischen Verhältnissen im Allgemeinen und der Jahreswitterung im Speziellen abhängig, sodass das Ertragspotential gegenüber etwaigen Klimaveränderungen eine große Vulnerabilität aufweist. Der Faktor Jahreswitterung ist für mindestens 40-50% der interannuellen Ertragsschwankungen der Zuckerrübe verantwortlich. Sie weist keine kritischen Wachstumsstadien auf und bildet somit die Gesamtheit der Witterungseinflüsse von der Aussaat bis zur Ernte im Ertrag ab. Dies prädestiniert sie für eine Untersuchung des Einflusses der Jahreswitterung auf den Ertrag. Zwischen 1949-2011 konnte in den Regionen Mainz, Worms und Frankenthal ein Ertragszuwachs von gut 50% bei starken interannuellen, auf Witterungseinflüsse rückführbare Schwankungen festgestellt werden. Dieser Produktionsfortschritt ist maßgeblich auf den Faktor Züchtung, aber auch auf veränderte Anbauverfahren bzw. Produktionstechniken zurückzuführen. Demnach müssen die real erzielten Erträge zunächst vom Züchtungsfortschritt bereinigt werden, um statistische Zusammenhänge zwischen der Jahreswitterung und dem erzielten Ertrag herzustellen. Hierfür wurde die Züchtungsfortschrittsbereinigung (eigene Methode) entwickelt: Ez = E x (1 – p/100)n Ez=züchtungsfortschrittsbereinigter Ertrag; E=real erzielter Durchschnittsertrag; p=prozentualer Züchtungsfortschritt (LOEL et. al (2011): 0,9%; KOCH (2006): 0,75%); n=Anzahl der Jahre ausgehend vom Indexjahr der Züchtungsfortschrittsbereinigung Über korrelationsstatistische Verfahren wurde zunächst der Zusammenhang zwischen Niederschlags- sowie Temperatursummen und dem Ertrag bezogen auf unterschiedliche Abschnitte der Vege73 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme tationsperiode nachgewiesen. Es zeigen sich hohe Zusammenhänge, wobei die züchtungsfortschrittsbereinigten Erträge durchweg höher mit den Witterungsparametern korrelieren. Für die Hauptwachstumsphase der Zuckerrübe zwischen Juni und August wurden die höchsten Zusammenhänge ermittelt. Die Niederschlagssummen korrelierten positiv, die Temperatursummen negativ mit dem Ertrag. Die Entwicklung der besonders ertragsbeeinflussenden Witterungsfaktoren zwischen 1961-2011 ist regional durch tendenziell abnehmende Niederschlagssummen und steigende Temperatursummen geprägt. Beide Entwicklungen und speziell deren Kombination wirkt sich aufgrund häufiger auftretender Trockenstressereignisse während der Hauptvegetationsperiode der Zuckerrübe negativ auf die Ertragsentwicklung aus. Die tendenziell früher mögliche Aussaat, steigende Temperatursummen in der Früh- und Spätphase der Vegetationszeit sowie der kontinuierliche Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration wirken sich positiv auf die Ertragsentwicklung aus. Anhand des Rückgangs der züchtungsfortschrittsbereinigten Erträge zeigt sich jedoch, dass im Untersuchungszeitraum die negativen Entwicklungstendenzen die positiven überwiegen. Die Züchtung überkompensiert jedoch diese klimawandelinduzierten Ertragseinbußen. Die für die Zukunftsprojektion verwendeten Klimamodelle weisen für die Zukunft eine Fortsetzung des Trends aus, sodass sich der Klimawandel möglicherweise auch in Zukunft negativ auf die Ertragsentwicklung auswirken wird. Dies zeigt auch die projizierte höhere Eintrittshäufigkeit potentiell ertragsschwacher Jahre im Vergleich zum Referenzzeitraum. Klimawandel in Rheinland-Pfalz, Zuckerrübe, schrittsbereinigung, Witterung, Ertrag Züchtungsfort- Unkräuter im (Klima-) Wandel Horst-Henning Steinmann1), Barbara Edler1), Kristian Peters2), Jana Bürger2), Laura Breitsameter1), Bärbel Gerowitt2) 1) 2) Georg-August Universität Göttingen, Zentrum für Biodiversität und nachhaltige Landnutzung (CBL) Universität Rostock, Professur für Phytomedizin 74 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Zur Forschung über die möglichen Reaktionen von Unkräutern und Unkrautpopulationen auf einen Klimawandel können verschiedene methodische Ansätze verfolgt werden. Im Rahmen des KLIFFProjektes wurden Experimente und Modellierungen mit ausgewählten Unkrautarten durchgeführt. Die Auswahl der eingehender zu untersuchenden Arten erfolgte auf der Grundlage einer umfangreichen Literaturstudie. Die Wahl fiel vorrangig auf wärmeliebende sommerannuelle Arten, die in Hackfrüchten und anderen Sommerungen von einer allgemeinen Erwärmung profitieren können. Aber auch einige Winterannuelle und ganzjährig auflaufende Arten wurden in die Arbeiten einbezogen. Versuche im Gewächshaus und in Klimakammern zeigten, dass Unkrautarten, die sich hinsichtlich ihrer bekannten Klimaansprüche ähneln, durchaus unterschiedlich auf experimentell erzeugten Klimastress reagierten. Das wurde nicht nur in Klimakammern bei erhöhten Temperaturen sichtbar, sondern auch, wenn Erwärmung und Trockenstress in verschiedenen Bodensubstraten induziert wurde. Die möglichen Konsequenzen für Niedersachsen mit seinen unterschiedlichen regionalen Bedingungen werden diskutiert. Neben dem experimentellen Ansatz wurde ein zweiter Weg gewählt, um eine Klimafolgenabschätzung für das potenzielle Vorkommen von Unkrautarten in Niedersachsen durchzuführen. Dazu wurde die frei verfügbare Software MAXENT genutzt, in die Daten zu Vorkommen der untersuchten Arten, Standorteigenschaften und klimatische Variablen aus mehreren europäischen Regionen eingespeist wurden. Dadurch konnten Karten erzeugt werden, die sowohl für das heutige, als auch für ein künftiges Klima, günstige und weniger günstige Vorkommensbedingungen für diese Arten in Niedersachsen prognostizieren. Bei der Diskussion der Befunde ist zu beachten, dass die Landnutzung für die Entwicklungschancen von Unkräutern eine entscheidende Rolle spielt. In diesem Fall ist dies der Anbau derjenigen Feldfrüchte, in denen die Unkrautarten aufgrund der Jahresrhythmik gut gedeihen können. Die Verbreitung von Winterungen und Sommerungen in den niedersächsischen Ackerbauregionen wird daher für einen Ausblick und eine Interpretation herangezogen. Niedersachsen, Landnutzung, Sommerannuelle, Winterannuelle, Unkrautmanagement 75 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Mehr CO2 in der Atmosphäre beeinflusst den Wasserverbrauch und mindert Wachstums- und Ertragsverluste bei Energiepflanzen unter Trockenheit: Ergebnisse aus Feldversuchen (FACE) mit Mais und Sorghum-Hirse Remy Manderscheid, Martin Erbs, Hans-Joachim Weigel Thünen-Institut für Biodiversität, Braunschweig Mais spielt heute aufgrund seines hohen Wachstumspotentials eine herausragende Rolle als Energiepflanze. Als Alternative zu Mais auf Grenzertragsstandorten und zur Auflockerung der Fruchtfolge wird zunehmend auch Sorghum-Hirse geprüft bzw. angebaut. Für eine Beurteilung der weiteren Tauglichkeit von Mais und Sorghum-Hirse als Energiepflanzen der Zukunft sind deren mögliche Reaktionen auf zukünftige Klimaänderungen, die vor allem durch den Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration, weiter steigende Temperaturen sowie einer Zunahme der Sommertrockenheit bestimmt werden, von entscheidender Bedeutung. Es werden Resultate aus mehrjährigen Feldversuchen vorgestellt, in denen Wasserhaushalt und Wachstumsverhalten von Mais und fünf verschiedenen Sorten von Sorghum-Hirse unter Feldbedingungen unter heutigen (395 ppm) und zukünftigen (550-600 ppm) CO2-Konzentrationen bei gleichzeitiger Ab- und Anwesenheit von Sommertrockenheit untersucht wurden. Die Simulation der Klimaszenarien im Experiment erfolgte erstmalig mit der FACE-Technik unter Kopplung mit Rain-Sheltern. Es wurde u.a. nachgewiesen, dass Mais sowie Sorghum-Hirse unter erhöhter CO2-Konzentration weniger Wasser transpirieren. Diese Wasserersparnis wurde einheitlich mit verschiedenen Untersuchungsmethoden (Messungen des Blattgaswechsels, des Saftflusses und der Bodenfeuchte) nachgewiesen. Bei ausreichender Wasserversorgung hatte Mais meist eine höhere Biomasseproduktion als Sorghum-Hirse. Innerhalb des Sortenspektrums von Sorghum wurde eine deutliche Variabilität in der Biomasseproduktion nachgewiesen. Die Erhöhung der atmosphärischen CO2-Konzentration hatte bei ausreichender Wasserverfügbarkeit keinen Einfluss auf das Pflanzenwachstum bei Mais und bei allen Sorghum-Hirse Genotypen. Bei der Simulation einer Sommertrockenheit (z.B. Absenkung der Bodenwasserreserven unter 30 % nFK bis hin zu 10% nFK) kam es zu einem Abfall des grünen Blattflächenindex und korrespondierend des Trockenmasseertrages, wobei dieser Effekt unter CO2-Anreicherung abgemildert war. Die Sorghum-Sorten re76 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme agierten unterschiedlich stark mit Wachstumseinbußen unter Trockenheit. Der positive CO2-Effekt auf die Biomasseproduktion unter Sommertrockenheit war mit +18% bei Mais am größten und innerhalb der Gruppe der Sorghum-Hirsen variierte er von +5% bis +15%. Es zeigte sich ein enger Zusammenhang zwischen dem Trockenheitseffekt bei heutiger CO2-Konzentration und der Wirkung der erhöhten CO2-Konzentration unter Trockenheit. Nach diesen Resultaten mit aktuellen Sorten von Mais und Sorghum-Hirse profitiert nicht letztere, sondern vor allem der Mais vom Anstieg der CO2-Konzentration unter Sommertrockenheit. Mais, Sorghumhirse, Trockenheit, erhöhte FACE, rain shelter, Wasserhaushalt, Ertrag CO2-Konzentration, Auswirkung des regionalen Klimawandels auf die landwirtschaftlichen Biomasseerträge Niedersachsens Jan Degener Georg-August Universität Göttingen, Geographisches Institut, Abteilung Kartographie, GIS und Fernerkundung Eine umfassende Betrachtung der regionalen Klimawandelfolgen auf die landwirtschaftlichen Erträge des agrarintensiven Landes Niedersachsen fehlt bislang. Deshalb wurde das neuentwickelte robuste Pflanzenmodell BioSTAR (Bauböck, 2013) herangezogen um mittels hochaufgelösten (100 x 100 m) WETTREG Klimadaten des 21. Jahrhunderts die Entwicklung der Biomasseerträge von vier Wintergetreiden (Weizen, Gerste, Roggen & Triticale), drei Maissorten (differenziert nach Reifezeitpunkt) und drei weiterer Feldfrüchte (Sonnenblume, Sorghum & Sommerweizen) zu modellieren. Bei dem Pflanzenmodell BioSTAR handelt es sich um ein kohlenstoffbasiertes Pflanzenmodell, mit dem anhand von Eingangsklimadaten (Niederschlagshöhe, Temperatur, Globalstrahlung, Luftfeuchte und Windgeschwindigkeit) und dem verfügbaren Bodenwasser (Feldkapazität) der Ertragszuwachs im Verlauf der Vegetationsperiode simuliert wird. Das Modell eignet sich für die behandelte Thematik insbesondere dadurch, dass es an der Universität 77 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Göttingen entwickelt und auf Niedersächsischen Standorten validiert wurde. Die zur Modellierung benötigten Bodenparameter wurden der Niedersächsischen BÜK50 entnommen. Dabei kamen nur Flächen zur Anwendung, die nach der CORINE Landbedeckungserhebung von 2005 zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen in Niedersachsen zählen. Die mittlere Größe dieser gut 90.000 Flächen liegt damit um 33 ha. Die Entwicklung wird unter Berücksichtigung des IPCC Szenarios A1B sowie des CO2-Düngeeffekts bis zum Ende des Jahrhunderts pflanzenabhängig stagnierend bis deutlich positiv verlaufen, wovon allerdings nicht alle Regionen in gleicher Weise profitieren können. Insgesamt verschieben sich die landwirtschaftlichen Gunstgebiete weiter nach Westen, während die insgesamt positivste Entwicklung dann erst in der zweiten Jahrhunderthälfte zu erwarten ist. Noch bis zur Mitte des Jahrhunderts ist die Entwicklung deutlich verhaltener, fällt aber nur in einem Fall negativ aus. Die vorliegenden Daten bilden damit ein anschauliches, fundiertes sowie räumlich und zeitlich differenziertes Abbild der landwirtschaftlichen Entwicklung Niedersachsens. Landwirtschaft, regionaler Klimawandel, Biomasse, Ertragsentwicklung 78 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme POSTER 79 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Einfluss von Temperatur und Temperature-Humidity Index (THI) auf Milchleistung und Melkfrequenz von Milchkühen am automatischen Melksystem (AMS) Stefanie Ammer, Christine Sanker, Christian Lambertz, Matthias Gauly Georg-August Universität Göttingen, Department für Nutztierwissenschaften, Abteilung Produktionssysteme der Nutztiere Ziel der Studie war es, den Einfluss von Temperatur und THI auf die Milchleistung und die Melkfrequenz von laktierenden Kühen am AMS zu untersuchen. Hierfür wurden auf zwei niedersächsischen Milchviehbetrieben, ein gedämmter Stall (120 Kühe) und ein Außenklimastall (130 Kühe) mit je zwei AMS im freien Kuhverkehr, Daten erhoben. Von April bis September 2009 wurden die tägliche Milchleistung sowie die tägliche Melkfrequenz je Kuh erfasst. Anhand stündlich gemessener Klimadaten (Temperatur und Luftfeuchte) der nächstgelegenen Stationen des Deutschen Wetterdienstes, konnte der THI berechnet werden. Für die Datenauswertung mit dem Statistikprogramm SAS 9.2 wurden 3-Tages-Mittelwerte von Temperatur und THI gebildet und in Klassen eingeteilt (Temperatur: < 20 °C, ≥ 20 °C; THI: < 55, 55 – 60, ≥ 60). Das gemischte Modell enthielt die fixen Effekte: Laktationsstadium, Laktationsnummer, THI-Klasse, Temperaturklasse sowie die Interaktionen der Parameter und den zufälligen Effekt der Kuh. Im Versuchszeitraum lag die mittlere Tagestemperatur bei 15,5 °C (± 3,4 °C; Minimum: 8,3 °C; Maximum: 25,7 °C) und der durchschnittliche Tages-THI-Wert bei 59 (± 5,0; Minimum: 47,8; Maximum: 71,4). Die Höhe der täglichen Milchleistung war zwischen den Temperatur- (32,98 ± 0,4; 32,19 ± 0,4 kg/Tag) und THIKlassen (33,75 ± 0,4; 33,16 ± 0,4; 32,01 ± 0,4 kg/Tag) signifikant unterschiedlich (p < 0,001). Weiterhin nahm die tägliche Melkfrequenz je Kuh mit steigender Temperatur- (2,70 ± 0,04; 2,78 ± 0,04) und THI-Klasse (2,63 ± 0,03; 2,70 ± 0,03; 2,76 ± 0,03) zu (p < 0,001). Mit einem Anstieg des THI von < 55 bis ≥ 60 verringerte sich die Milchleistung während der mittleren und späten Laktation signifikant (p < 0,001), wobei die Anzahl Melkungen je Tier zunahm. Weder im frühen, noch im späten Laktationsstadium unterschieden sich die Milchleistung und die Melkfrequenz je Kuh zwischen den 80 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Temperaturklassen (p > 0,05). Im mittleren Laktationsstadium hingegen war die Milchleistung der Kühe signifikant geringer und die Melkfrequenz signifikant höher bei Temperaturen ≥ 20 °C (p < 0,001). Mit einem Temperaturanstieg um 1 °C sank die tägliche Milchleistung um – 0,21 kg (p < 0,001), die Melkfrequenz stieg allerdings um 0,01 AMS-Besuche je Kuh (p < 0,001) an. Der THI beeinflusste die Milchleistung und Melkfrequenz der Kühe im Außenklimastall signifikant (p < 0,001), wobei sich die Melkfrequenz im gedämmten System nicht unterschied (p > 0,05). Die Untersuchung zeigt, dass Milchkühe in Niedersachsen von Temperatur und THI beeinflusst werden. Die deutlichsten Effekte auf Milchleistung und Melkfrequenz wurden unter THI-Einfluss und im Außenklimastall festgestellt. Temperatur, THI, Milchleistung, Melkfrequenz Effects of the four root rot pathogens on two pea (Pisum sativum L.) varieties in controlled conditions Jelena Bacanovic1), Adnan Šišić2), Christian Bruns1), Maria R. Finckh1) 1) 2) Universität Kassel, Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften, Ökologischer Pflanzenschutz University of Sarajevo, Bosnia and Herzegovina, Faculty of Agriculture and Food Science Climate change scenarios exhibit a definite warming trend and will have an impact on crop management strategies. Increase in winter precipitation and higher temperatures favor soil borne pathogens and can lead to an increase in survival and rapid population buildup. In recent years, foot and root diseases are one of the main reasons for declining production of summer peas in organic farming in Germany. Foot and root rots are caused by soil borne pathogens belonging to the Ascochyta complex (Mycosphaerella pinodes, Phoma medicaginis and Ascochyta pisi) and Fusarium spp. There are indications that winter pea is more resistant to predominant soil borne pathogens but little research has been done. The present study was carried out to evaluate the susceptibility of the winter pea variety EFB33 to different isolates of Fusarium avenaceum, F. solani f. sp pisi, M. pinodes and P. medicaginis under 81 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme controlled conditions in sterile sand compared to the summer pea variety Santana. Three weeks after sowing and inoculation disease symptoms were assessed and plant growth parameters measured. All of the tested pathogens resulted in disease development. F. avenaceum was the most aggressive pathogen causing severe wilting symptoms on both varieties. Also, strong negative correlation was observed between external tissue damage and the fresh weight of pea plants. Reduction in fresh weight caused by this pathogen on Santana was 12.5%. P. medicaginis was second most aggressive pathogen on Santana and reduced fresh weight for 8.8% per unit of external tissue damage. F. solani caused more damage on external tissue compared to M. pinodes, but reduction of fresh weight was 3.8% whereas for M.pinodes was 8.4%. Overall, EFB33 was less susceptible. Although, F. avenaceum was the most damaging pathogen also on EFB33, statistical analysis did not show difference in external tissue damage among F.avenaceum, P. medicaginis and F. solani. M. pinodes was the least aggressive pathogen. On the other hand, there was significant difference in reduction of fresh weight per unit of external tissue damage for all of the tested pathogens. Strongest reduction was measured in treatment with F. avenaceum, 15.8%, followed by M. pinodes, 7.8% and P. medicaginis, 4.9%. Fresh weight of EFB33 was not affected by inoculation with F. solani. This study implicates that EFB33 is more tolerant to tested pathogens, and if included in crop rotation can be potential solution for overcoming recent decline in pea production in organic farming in Germany. Ascochyta complex, Fusarium spp., Pisum sativum L., root rot Occurrence of Fusarium species and Ascochyta complex pathogens in the crop rotation winter pea - maize - winter wheat under variable climatic conditions in organic agriculture Jelena Bacanovic, Jan Henrik Schmidt, Christian Bruns, Maria R. Finckh Universität Kassel, Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften The key for the success of the rotation winter peas as green manure crop followed by maize and wheat is the ability of peas to fix 82 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme enough nitrogen which depends crucially on pea health. However, little is known about the importance and specificity of pathogens affecting winter peas in the German climate. Also, there are open questions about the role of peas as alternative host for mycotoxin producing Fusarium pathogens of maize and wheat. Field experiments were carried out from 2009 until 2013 to assess the pathogens in the system and if the application of composts can improve system performance. The winter peas were left untreated or inoculated with Phoma medicaginis, in the presences or absence of yard waste compost at rate of 5 t dry matter ha-1. A second application of compost was made to the winter wheat. Fusarium ssp. were isolated and identified from the roots of all three crops. In addition, the Ascochyta complex pathogens on peas were identified. The yield parameters of all crops were measured. Pathogen occurrence was highly variable across the experimental field and among years. More than 15 different Fusarium species were isolated from maize and wheat. Overall frequencies of Fusarium spp. maize and winter wheat were highest in 2011. Dominating species on maize in all three years were F. graminearum and F. culmorum. Beside them also F. proliferatum, Microdochium nivale, F. crookwellense, F. sambucinum, F. equiseti were frequently isolated species. Most frequently isolated species on winter wheat were F. oxysporum, F. culmorum, F. avenaceum and M. nivale. Three Fusarium species were dominating on pea plants, F. oxysporum, F. avenaceum and F. solani, and they were isolated in highest frequency in 2012. It appears also that higher winter temperatures combined with lower rainfall favored P. medicaginis on peas over other pathogens in 2011 and 2012 in comparison to 2010. Application of composts overall stabilized crop performance but it did not lead to yield increases. Ascochyta, Fusarium spp., pea, maize, winter wheat Einfluss eines möglichen Klimawandels auf den Befall von Zuckerrüben mit der Späten Rübenfäule Anneke Behn, Mark Varrelmann Georg-August Universität Göttingen, Institut für Zuckerrübenforschung, Abteilung Phytomedizin 83 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Der bodenbürtige Schaderreger Rhizoctonia solani Kühn ist in Zuckerrüben für die Späte Rübenfäule verantwortlich. Die Krankheit wurde auf deutschen Feldern in den letzten Jahren immer häufiger beobachtet. Die beste Methode, großen Ertragseinbußen vorzubeugen, ist der Anbau von Sorten, die weniger Rhizoctonia-anfällig sind. Im Hinblick auf den prognostizierten Klimawandel stellte sich die Frage, wie der Wärme- und Feuchtigkeit-liebende Schaderreger auf veränderte Umweltbedingungen reagiert und ob eine Anpassung des Pilzes möglich ist. Weiterhin war zu untersuchen, ob die Resistenz der Zuckerrübe unter veränderten Bedingungen stabil bleibt. Vor diesem Hintergrund wurden in den Jahren 2010/2011 Feldversuche mit einer Rhizoctonia-anfälligen und drei weniger anfälligen Sorten durchgeführt, bei denen zwecks Variation der klimatischen Bedingungen die Parzellen partiell mit Vlies abgedeckt und/oder bewässert wurden. Vor der Zuckerrüben-Aussaat erfolgte eine künstliche Inokulation der Versuchsfläche mit R. solanibesiedelter Gerste. Bodentemperatur und -feuchte sowie Lufttemperatur wurden aufgezeichnet und der Rhizoctonia-Befall der Zuckerrüben nach der Ernte geschätzt. Eine Anpassung des Schaderregers an veränderte Umweltbedingungen konnte so gezeigt werden; das Befallsniveau der resistenten Zuckerrüben-Sorten variierte, erwies sich im Vergleich zur anfälligen Referenzsorte aber als konstant niedrig. Einfluss von Umweltfaktoren und pflanzlicher Resistenz auf die Rizomaniaresistenz in Zuckerrüben Kathrin Bornemann, Mark Varrelmann Georg-August Universität Göttingen, Institut für Zuckerrübenforschung, Abteilung Phytomedizin Das Beet necrotic yellow vein virus (BNYVV) wird durch Polymyxa betae übertragen. Kontrolliert wird die Krankheit durch resistente Sorten, die ein Resistenzgen (Rz1) tragen. Seit einigen Jahren treten BNYVV-Isolate mit bestimmten Mutationen auf, die in der Lage sind, Rz1 zu überwinden. Unklar ist, ob die Variabilität von BNYVV durch erhöhte Temperatur und Feuchtigkeit gefördert wird und ob eine Abhängigkeit der Resistenz von Umweltfaktoren besteht oder ob durch den Anbau von resistenten ZuckerrübenSorten eine Selektion von resistenzüberwindenden Isolaten des 84 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Virus erfolgt. Zur Untersuchung des Temperatureinflusses auf BNYVV Vermehrung und Ausbreitung wurden Blätter von anfälligen und resistenten Genotypen mit BNYVV inokuliert und bei 18, 24 bzw. 30 °C kultiviert. Eine Läsionsausbildung und Resistenzreaktion wurde nur bei 18 °C beobachtet. Bei 30 °C konnte sich BNYVV systemisch im Blatt ausbreiten. Bei 24 °C wurden die höchsten Virusgehalte gemessen. Ein Einfluss des Genotyps konnte nicht beobachtet werden und führte zur Schlussfolgerung, dass die Rzvermittelte BNYVV Resistenz wurzelspezifisch wirksam ist. Ein Vergleich von natürlicher und mechanischer Infektion konnte keinen Effekt des Vektors auf die Virusvermehrung nachweisen. In Freilandgefäßversuchen mit natürlich infiziertem Boden wurde die Bodentemperatur mittels Heizmatte um 1 bis 4 °C variiert, um den Einfluss von geringen Temperaturerhöhungen auf die Resistenzstabilität zu untersuchen. Eine Erhöhung der Virusgehalte in resistenten Zuckerrüben-Genotypen in Abhängigkeit der Temperatur konnte nicht nachgewiesen werden. Morphological responses of different temperate turf grass species to drought stress Dorothee Ebeling1), Johanna Köhler1), Laura Breitsameter2), Johannes Isselstein1), 1) 2) Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften Georg-August Universität Göttingen Zentrum für Biodiversität und Nachhaltige Landnutzung (CBL), Sektion Landwirtschaft und Umwelt Droughts are known to be among the most important factors limiting plant biomass production and have become more frequent in the past decades. Turf grass areas have major importance for leisure and recreation in urban regions. The performance of turf grass is likely to be affected by the increasing frequency of drought observed during the past decades. Therefore, in the experiment presented here, the effects of drought stress on plant morphology of common temperate turf grass species were studied. They are expected to show different susceptibilities to drought stress and thus vary in their suitability for the use as turf grasses under more frequent droughts. 85 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme The experiment was conducted in a greenhouse at the University of Göttingen, from April to November 2012, and followed a twofactorial design with three harvest dates, relating to an establishment, a drought stress and a regeneration phase (18, 5.5 and 5.5 weeks). Monocultures of Agrostis stolonifera L. Barifera, Festuca arundinacea Schreb. Mustang, Festuca rubra L. Rossinante, Loilium perenne L. Bargold, Poa pratensis s. str. Julius and Poa supina Schrad. Supreme were subjected to two levels of volumetric soil water content (treatment and control), including three drought stages (pF 1.8 – 2.3, 2.3 – 4.2 and 2.6 – 4.2). PVC tubes with a height of 30 cm were organized in four completely randomized blocks, comprising 120 pots in total. Dry matter, vertical root distribution and tiller density were measured and a dry matter production index (DMPI) was calculated. Effects of species and treatment were determined by two-way ANOVA. After the drought stress phase, nearly all species showed a reduced aboveground dry matter (78.1 – 96.6 %), whereas root dry matter was only reduced for F. rubra by 20.2 %. However, a higher share of root biomass in the water-bearing soil layer was found for F. rubra, L. Perenne and P. pratensis by 4, 5 and 4 %, which may indicate an adaptation to drought by root plasticity. Tiller density differed between species but was not affected by drought stress treatment. P. supina showed no response to the treatment, thus, using the DMPI to evaluate aboveground performance, it performed best (96.8 %). In contrast, the lowest DMPI was found for F. arundinacea (78.1 %). The experiment confirmed the expectation of different drought susceptibilities between species. Both DMPI during drought phase and growth adjustment must be considered to do an evaluation. turf grass species, drought stress, dry matter production index, root plasticity Einfluss des Waldbodens von Buchenwäldern auf die Biodiversität von Käfern Martin Gabriel, Stefan Schütz Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Büsgen-Institut 86 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Der Gesundheitszustand des Waldes hängt von abiotischen und biotischen Faktoren ab. Diese Faktoren können miteinander interagieren, so können z.B. durch Trockenheit gestresste Bäume vermehrt Schadinsekten wie Borkenkäfer anlocken, welche den geschwächten Baum leichter befallen können, da dieser sich nicht mehr wehren kann. In dieser Studie wird untersucht, welchen Einfluss der Waldboden auf die Biodiversität von Insekten im Allgemeinen und von Käfern im Speziellen hat. Dazu wurden zwei annähernd gleiche Versuchsflächen bei Calvörde als Versuchsflächen für das Sammeln von Insekten genutzt. Die Flächen mit einem lehmigen bzw. sandigen Boden hatten jeweils 33.3 ha Fläche. Die durchschnittliche Jahrestemperatur (9.1°C) und die jährliche Niederschlagsmenge (543 mm) sind am unteren Ende der Standortsamplitude für Buchen hinsichtlich Niederschlagsmenge und für beide Versuchsflächen identisch. Unterschiede ergaben sich im Bestandsalter sowie beim BHD. Pro Fläche wurden 9 Prallfallen in Brusthöhe und 9 Prallfallen darüber im Kronenbereich angebracht. Fänge wurden vom 06.04.2010 bis 09.08.2010 wöchentlich durchgeführt. Während dieses Zeitraumes konnten insgesamt 4354 Insekten gefangen werden, 2202 am lehmigen und 2152 am sandigen Standort. Am lehmigen Standort wurden 1190 (54%) Insekten im Kronenbereich und 1012 (46%) in Brusthöhe gefunden, während am sandigen Standort 1292 (60%) im Kronenbereich und 860 (40%) in Brusthöhe gefunden wurden. Auf beiden Flächen konnten 2501 Käfer gefangen werden. 1290 Käfer konnten am lehmigen Standort mit 468 (36%) Käfer im Kronenbereich und 822 (64%) Käfer in Brusthöhe gefangen werden und am sandigen Standort 351 (29%) Käfer im Kronenbereich sowie 865 (71%) Käfer in Brusthöhe. Somit ist der Anteil an Käfern am lehmigen Standort auf Brusthöhe prozentual am höchsten. Eine genauere Betrachtung der identifizierbaren Käferarten zeigte, dass insgesamt 154 Käferarten bestimmt werden konnten, davon 100 Arten am lehmigen und 111 Arten am sandigen Standort bzw. 43 nur am lehmigen und 54 nur am sandigen Standort. Es wurden 10 Arten mit einer Häufigkeit von mindestens 5% für eine Fläche und eine Höhe gefunden. Davon sind 2 Arten vom Habitat spezifisch für Buchenwälder, 3 Arten typisch für Mischwälder. 3 Arten sind spezifisch für faulendes oder Totholz. Davon konnte jede Art auf dem sandigen Standort und nur eine auch auf dem lehmigen Standort gefunden werden. Der sandige Standort zeigt insgesamt eine höhere Artenvielfalt an Käfern, jedoch ist die Individuenanzahl geringer. Diese Befunde lassen vermuten, dass Bäume am sandi87 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme gen Standort durch einen Mangel an Wasser oder Nährstoffe geschwächt sein könnten und so früher Schädigungen aufweisen, die als Nährboden für holzzersetzende Pilze dienen, welche ihrerseits Käfer anlocken. Waldboden, Biodiversität, Käfer Untersuchungen zum Volatilenmuster von trockengestressten Buchen (Fagus sylvatica) Martin Gabriel, Stefan Schütz Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Büsgen-Institut Die Emission von VOC (volatile organic compounds) aus Beständen der deutschen Hauptbaumart Buche (Fagus sylvatica) sind nicht nur interessant für Atmosphärenchemiker, sondern auch für den Waldschutz, da durch diese VOC zahlreiche organismische Interaktionen innerhalb des Ökosystems vermittelt werden. In dieser Studie soll geklärt werden, ob sich das Volatilenmuster von trockengestressten Buchen im Vergleich zu ausreichend wasserversorgten Buchen qualitativ ändert. Dazu wurden jeweils sechs zweijährige Buchensprösslinge aus Calvörde in eine ausreichend wasserversorgte Kontrollgruppe und eine trockengestresste Versuchsgruppe untergliedert und im Zeitraum vom 29.05.2012 bis 17.09.2012 wöchentlich Volatilenproben genommen. Die Volatilenproben wurden anschließend mit einem GC-MS analysiert. An 12 der 16 Versuchstage war die Anzahl der emittierten Volatile bei der Versuchsgruppe höher als bei der Kontrollgruppe. An einigen Tagen war dieser Unterschied signifikant. An sechs Tagen wurde die Zusammensetzung des Volatilenmusters qualitativ genauer untersucht. Dabei wurde nur auf solche Volatile geachtet, die bei mindestens der Hälfte einer Gruppe an mindestens einem Tag zu finden war. Insgesamt konnten so 156 verschiedene Volatile gefunden werden, 110 in der Kontrollgruppe und 126 Volatile in der Versuchsgruppe. Von den 156 Volatilen wurden 78 Volatile in beiden Gruppen gefunden. Die 156 Volatile konnten bisher auf 10 Stoffklassen verteilt werden: Acetate (1), Aldehyde (5), Alkane (33), Alkene (2), Alkohole (4), Benzole (27), Carboxylsäure (1), Ketone (3), Monoterpene (19) und Sesquiterpene (4). Solche Vola88 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme tile sind von besonderem Interesse, die nur in einer der beiden Gruppen auftreten: Bei der Kontrollgruppe treten 5 Alkane, 4 Benzole, 2 Monoterpene und 1 Keton spezifisch auf, während dies bei der Versuchsgruppe 10 Alkane, 7 Benzole, 6 Monoterpene, 3 Alkohole und 2 Sesquiterpene sind. Die Ergebnisse zeigen, dass es deutliche Unterschiede im Volatilenmuster bei trockengestressten Buchensprösslingen im Vergleich zu nicht gestressten Buchensprösslingen gibt. Dieser Unterschied ist nicht nur in der erhöhten Anzahl der emittierten Volatile auszumachen, sondern auch an bestimmten, nur für eine der beiden Gruppen spezifischen Volatile. So sind bei den trockengestressten Pflanzen wesentlich mehr spezifische Monoterpene, Sesquiterpene und Alkohole zu finden. Diese Volatile können Markervolatile für phytophage und xylophage Insekten sein und für die Wirtspflanzenfindung dienen. Solche Insekten sind in der Lage, die Volatile ihrer Wirtspflanze zu finden und dabei auch den physiologischen Zustand der Pflanze zu erkennen. Einige Insektenarten, wie z.B. Borkenkäfer, suchen geschwächte Pflanzen auf, da sich diese Pflanzen schlechter gegen die Schädlinge wehren können und können so Ausgangspunkte für bestandesgefährdende Massenvermehrungen bilden. Volatilenmuster, Trockenstress Impact of climate change on regional pest natural enemy interactions: what can we learn to adapt plant protection strategies in horticulture? Konstanze Gebauer1), Lia Hemerik2), Rainer Meyhöfer1) 1) 2) Leibniz University Hannover, Institut für Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz Wageningen University & Rsearch Centre, The Netherlands, Mathematical and Statistical Methods Group Within the framework of the research co-operation KLIFF (Climate impact and adaptation research in Lower Saxony) the project investigates the impact of climate change on vegetable pests and their natural enemies in Lower Saxony. Since Brassica cultivation has an increasing importance we selected two of the most important Brassica pests, the mealy cabbage aphid (Brevicoryne 89 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme brassicae) and cabbage white fly (Aleyrodes proletella), and their respective parasitoids, Diaeretiella rapae and Encarsia tricolor, as model organism. The estimated impact of climate change for Lower Saxony includes mild winters, hot and dry summers, and an increased frequency of extreme events. Because developmental and reproductive rates of insect species are temperature dependent and species-specific, climatic changes can influence the pest and parasitoid species differently, and change pest-parasitoid population dynamics. Changes in population dynamics then have to be taken into consideration for adaptations of pest management strategies. To model the impact of the predicted climatic changes on the pest-parasitoid interactions age-structured simulation models were developed which estimate changes in population size for each species during the course of a year. Based on temperature data simulated by the climate model REMO (scenario A1B, MPI for Meteorology, Climate Service Center in Hamburg) the parameters were estimated for two future time periods, 2021-2050 and 20712100, and compared to parameters estimated for a reference time period (1971-2000). The relative changes in maximum population size and the occurrence of population peaks for each species were analysed for the Lower Saxony area to investigate regional differences. First results of independent simulations (without interaction) of population dynamics of B. brassica and D. rapae showed an increase in maximum population size and the length of activity period for both species in three vegetable growing regions in Lower Saxony (Peine, Cloppenburg and Harbug). The results differed between the two species but not significantly between regions. Simulations under examination incorporate the interactions that occur naturally between the species and allow comparison of impacts of climate change on pest parasitoid interactions between time periods. The generated results will help us to develop adaptation strategies for plant protection in horticulture. Brevicoryne brassicae, Diaeretiella rapae, Aleyrodes proletella, Encarsia tricolor, population dynamics 90 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Impact of ambient temperature on digestibility in wethers fed Brown-midrib maize silage Tobias Gorniak1), Ulrich Meyer1), Karl-Heinz Südekum2), Sven Dänicke1) 1) 2) Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Institut für Tierernährung, Braunschweig Universität Bonn, Institut für Tierwissenschaften, Bonn It is very likely that climate change will lead to an increase in average temperature and intensity and frequency of heat waves. Therefore acute and chronic heat stress in ruminants will become a more important problem. The aim of the present trials was to evaluate the impact of prolonged heat stress on nutrient digestibility in wethers fed maize silages differing in fibre quality. A series of six digestibility trials was conducted according to the recommendations of the German Society of Nutrition Physiology. Animals received 1 kg of dry matter (DM) of a Control (Con) or Brown-midrib (Bm) maize silage while exposed to an ambient temperature of 15, 25, or 35 °C. Each treatment (Con or Bm fed at 15, 25 or 35 °C ambient temperature) lasted 21 days, 13 days of adaptation to diet and temperature and 8 days of total collection of faeces. To adapt crude protein content of the diets 20 g of urea per animal per day were added to the diet. A significantly higher digestibility of organic matter (OM), neutral detergent fibre (NDF), acid detergent fibre (ADF) and metabolizable Energy (ME) content were determined for the Bm diet. Ambient temperature, however, significantly interacted with diet. With increasing temperature digestibility values and energy content of the Con silage increased whereas a decrease in digestibility and energy content was noticed for the Bm silage. From the interaction between diet and ambient temperature it might be concluded that in evaluating the impact of heat stress on feeding value, forage characteristics should be considered in more detail. The impact of heat stress even on animals that were well adapted to increased temperature and fed at maintenance level shows that heat stress is a major problem. As it is likely that ruminants fed at higher nutritional levels suffer more from heat stress (e.g. high yielding dairy cows) than animals fed at maintenance level, further research on heat stress in ruminants is necessary. Heat stress, feeding value, ruminants, maize silage 91 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Anpassungsstrategien an den Klimawandel im Energiepflanzenanbau für Biogasanlagen in Mittelgebirgslagen KLIMZUG-Nordhessen Rüdiger Graß, Burga Thies, Michael Wachendorf Universität Kassel, FG Grünlandwissenschaft und Nachwachsende Rohstoffe Klimaprojektionen zufolge ist in den Mittelgebirgsregionen Nordhessens zukünftig mit wärmeren und niederschlagreicheren Wintern und trockeneren Sommern zu rechnen. Ferner werden vermutlich Wetterextreme wie Starkregen und längere Trockenperioden zunehmen. Beim Energiepflanzenanbau für Biogasanlagen ist Silomais das vorherrschende Anbausystem, häufig nach Winterbrache und intensiver Bodenbearbeitung. Dieses System wird als besonders vulnerabel gegenüber den projizierten Klimaveränderungen eingestuft. In den untersuchten hängigen Mittelgebirgsregionen tritt diese Anfälligkeit in Form der Gefahr von verstärkter Bodenerosion, erhöhter Nährstoffauswaschung und von Ertragseinbußen auf. Als Anpassungsmaßnahme zur Erhöhung der Robustheit gegenüber dieser Gefahren wurde im Projekt KLIMZUG-Nordhessen ein Zweikulturnutzungssystem aus Roggen als Winterkultur, die Ende Mai geerntet wird, und mit Mais, Sonnenblumen, Hirse und Sudangras als Zweitkulturen intensiv untersucht. In zweijährigen Feldversuchen am Versuchsstandort der Uni in Neu-Eichenberg wurden umfangreiche Daten erhoben, die die Grundlage für die Ertragsmodellierung unter zukünftigen Klimabedingungen bildeten. Dabei wurde deutlich, dass besonders die Winterkultur Roggen bei einem veränderten Klima zur Ertragsstabilisierung beiträgt. Die Sommerkulturen werden vermutlich verstärkt unter Trockenstress geraten und im Ertrag tendenziell absinken. Der Anbau von zwei Kulturen führt zur Risikodiversifizierung. Systemimmanente Aspekte wie ganzjährige Bodenbedeckung und Nährstoffentzug sowie Erhöhung der Artenvielfalt können sich dabei als vorteilhaft erweisen. Klimawandel, Zweikulturnutzungssysteme, Robustheit, Ertragsstabilisierung 92 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Auswirkungen des Klimawandels auf die Flora des Westharzes René Hertwig, Rüdiger Prasse Leibniz Universität Hannover, Institut für Umweltplanung In Mitteleuropa wird es nach aktuellen Modellberechnungen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu einem Temperaturanstieg und zu einer Abnahme der Sommerniederschläge kommen. Es ist davon auszugehen, dass diese Veränderungen nicht ohne Folgen für das Vorkommen von Pflanzenarten bleiben werden. Bereits in den vergangenen Jahrzehnten wurden Verschiebungen der Verbreitungsareale beobachtet, die auf die Veränderungen des Klimas zurückgeführt werden. Anzunehmen ist, dass in Zukunft Arten regional in ihrem Bestand zurückgehen oder ganz verschwinden und andere Arten wiederum regional in ihrem Bestand zunehmen oder neu einwandern. Da insbesondere die im Rückgang befindlichen Arten im Fokus des Naturschutzinteresses stehen, wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens KLIFF am Beispiel des Westharzes untersucht, welche Pflanzenarten zukünftig durch die vom Klimawandel zu erwartenden Veränderungen Einbußen in ihrer Abundanz und Verbreitung erleiden werden. Um die Unsicherheiten, die mit der Prognose solcher Veränderungen verbunden sind, zumindest zu verringern, wurde diese Fragestellung mit Hilfe von drei unterschiedlichen methodischen Ansätzen betrachtet. Zum einen wurde für alle Arten der aktuellen Flora des Westharzes eine Empfindlichkeitsanalyse anhand morphologischer und physiologischer Arteigenschaften durchgeführt. Zum anderen wurde ein Vergleich der aktuellen Flora des Westharzes mit der aktuellen Flora solcher geographischer Räume vorgenommen, in denen bereits heute die für den Westharz zum Ende des 21. Jahrhunderts zu erwartenden Klimabedingungen vorherrschen. Die Auswahl dieser geographischen Räume erfolgte GIS-gestützt anhand von Klimaparametern, die das Vorkommen von Pflanzen in starkem Maße beeinflussen. Ergänzt wurden diese Untersuchungsansätze durch eine Befragung von lokalen und regionalen Experten zu bereits beobachteten Veränderungen in der Flora des Westharzes. Die Ergebnisse der Empfindlichkeitsanalyse zeigen, dass für etwa 15 % der Arten des Westharzes zukünftig eine hohe bis sehr hohe 93 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Aussterbewahrscheinlichkeit besteht. Der Vergleich der aktuellen Flora mit der Flora eines geographischen Raums, welcher bereits heute das zukünftige Klima des Westharzes aufweist, ergab, dass die überwiegende Zahl der Arten des Westharzes, die als zukünftig vom Aussterben bedroht identifiziert wurden, tatsächlich nicht in der Region anzutreffen waren. So kommen von den 171 Arten mit einer hohen bis sehr hohen Aussterbewahrscheinlichkeit 104 Arten nicht in dem zukünftig klimaanalogen Raum vor. Dies unterstützt die Annahme, dass diese Arten in Zukunft aus dem Westharz verschwinden werden. Die Ergebnisse der Expertenbefragung hingegen unterstützen die Ergebnisse der Empfindlichkeitsanalyse nicht, da vor allem zur Ausbreitung bzw. Einwanderung von Arten Beobachtungen vorliegen. Negative Veränderungen der Bestände von Pflanzenarten wurden bi! sher in erheblich geringerem Maße beobachtet und sind zudem meist auf Veränderungen in der Umwelt zurückzuführen, die nicht bis nicht eindeutig dem Klimawandel zuzuordnen sind. Pflanzen, Klimaempfindlichkeit, Klimaanaloge Räume, Harz Assessment of the future abiotic climatic impact on horticultural production in Lower Saxony, Germany Holger Hoffmann, Thomas Rath Leibniz-Universität Hannover, Biosystems Engineering, Institute for Biological Production Systems High value plant production depends strongly on climate, which determines the boundary conditions of plant development and growth (open field) as well as of technological infrastructure and energy costs (greenhouse). In order to estimate the risk of future climatic change on horticultural production systems, case studies were conducted to investigate potential Knock-Out criteria of abiotic damages. Hereby future vernalization of cauliflower (B. oleracea var. botrytis L.), blossom frost risk in apple production (M. domestica) as well as greenhouse energy consumption were projected using multiple climate realizations of the SRES emission scenario A1B. Additionally, the influence of water limiting conditions on lettuce (L. sativa L. var. 94 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme capitata) was investigated, developing a drought stress model for growth and yield. As a result, the risk of abiotic effects due changes in temperature and shortwave radiation are expected to be maintained until the mid-century, partially decreasing thereafter. While findings for vernalization and blossom frost risk were partially subject to characteristics of cultivar / variety or chosen impact model, mean greenhouse energy consumption declined in all simulations. Furthermore, production time, quality and yield of lettuce were highly susceptible to changes in water supply, depending on the growth stage. However, exemplary projection of future lettuce production did not render a significant risk. Concluding from the conducted case studies, regional horticultural production in Lower Saxony (Germany) cannot be expected to face an increased production risk due to global warming. Conversely, positive effects were identified. However, these have to be put into context, as for example energy costs might outperform decreasing energy consumption. Present findings can be regarded as confident with regard to the analyzed uncertainty, excepting estimates of future irrigation demand. regional climate change, horticulture, frost risk, vernalization, energy demand Prognostizierter Klimawandel und Schaderreger in der Landwirtschaft: Auswertung der weltweit verfügbaren Literaturergebnisse Peter Juroszek, Andreas von Tiedemann Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Abteilung Allgemeine Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz Im Rahmen von “KLIFF Pflanzenproduktion“ wurde eine umfangreiche Literaturrecherche zum Thema Klimawandel und Schaderreger (Insekten, Pathogene und Unkräuter) durchgeführt. Vor allem in den Jahren 2010-2012 wurden vergleichsweise viele Artikel zu diesem Thema weltweit publiziert. KLIFF (Klimafolgenforschung in Niedersachsen) fand demnach zum bisherigen Höhepunkt der weltweiten Forschung zum Thema Klimawandel und Schaderreger statt. “KLIFF Pflanzenproduktion“ konnte bisher sechs Review95 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Artikel (neben mehr als 30 anderen Artikeln) zur nationalen und internationalen Literatur beitragen. Insekten und pilzliche Pathogene standen im Vordergrund der weltweiten theoretischen und experimentellen Forschung, während Unkräuter und vor allem phytopathogene Bakterien, Nematoden und Viren vergleichsweise wenig Beachtung fanden. Der Parameter Temperatur stand im Mittelpunkt dieser Studien, während die Feuchtigkeitsansprüche von Schaderregern weniger oft berücksichtigt wurden. Auffällig war auch, dass eher die Risiken des möglicherweise eintretenden Klimawandels beleuchtet wurden als die Chancen, die sich ebenfalls ergeben könnten. Zum Beispiel wurde in einer Simulationsstudie prognostiziert, dass die Stärke der Septoria-Blattdürre an Weizen in Frankreich bis zum Ende des 21 Jahrhunderts unter den dort prognostizierten Klimaveränderungen abnehmen wird. Eine geringfügige Abnahme der Infektionswahrscheinlichkeit wurde auch für den Echten Weizenmehltau in Niedersachsen prognostiziert, während die Infektionswahrscheinlichkeit von Braunrost steigen könnte. Ähnlich differenzierte Ergebnisse wurden in Versuchen mit Rapspathogenen unter simulierten Erwärmungsscenarios im Freiland in Niedersachsen gewonnen. Somit sind differenzierte Effekte von Klimaveränderungen zu erwarten, die zu einer Verschiebung der relativen Bedeutung einzelner Schaderreger, nicht aber zu einer generellen Zunahme führen werden. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass das Schaderregerauftreten auch in Zukunft - weltweit und regional (z.B. in Niedersachsen) beherrschbar bleiben wird, vorausgesetzt, dass weiterhin ausreichend wirksame, vorbeugende (z.B. Förderung natürlicher Gegenspieler, risikominimierte Anbausysteme) und direkte Pflanzenschutzmethoden zur Verfügung stehen werden. Zu Letzteren zählen beispielsweise innovative, hoch-selektive, chemische und biologische Wirkstoffe, die auch unter variierenden Umweltbedingungen wirksam sind. Insekten, pathogene Pilze, Unkräuter, Risiken, Chancen 96 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Erfassung und Kontrolle von steigenden Gesundheitsrisiken durch parasitäre Infektionserreger bei Rindern als Folge globaler Veränderungen Christina Brandt, Friederike Knapp-Lawitzke, Georg von SamsonHimmelstjerna, Janina Demeler Freie Universität Berlin, Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin Weideparasitosen, die zum Beispiel durch Leberegel, Lungenwürmer und Magen-Darm-Parasiten verursacht werden, können einen großen Einfluss auf die Tiergesundheit und Produktivität des Rindes haben. Der Klimawandel verändert auch die Umweltbedingungen für freilebende Parasitenstadien und Zwischenwirte und somit die Infektionsgefahr für den Endwirt Rind. Teilprojekt 2.3.1: Um diese Auswirkungen genauer einschätzen zu können, wurden von 2009-2011 Milchproben von über 300 Milchviehbetrieben in drei klimatisch verschiedenen Regionen in Niedersachsen auf Antikörper gegen die oben genannten Parasiten mittels ELISA untersucht. Dabei konnten teilweise signifikante Unterschiede der Prävalenzen zwischen den Regionen und Jahreszeiten festgestellt werden, zum Beispiel gab es im Herbst 2009 in der Küstenregion ein deutlich höheres Vorkommen an Leberegelinfektionen (Prävalenz:61,25%, CI: 50,26-71,44%) als in der Harzregion (Prävalenz: 24,53, CI: 14,38-37,4%). Die Ergebnisse wurden mit Hilfe von Klimamodellierungen aus dem Querschnittsthema 1 zur Erstellung von GIS-basierten Karten zur Risikoeinschätzung für Weideparasiteninfektionen in Niedersachsen genutzt. Außerdem wurde ein Jungtierbetrieb in jeder Klimaregion regelmäßig beprobt (koproskopische und Blutuntersuchung sowie Dokumentation der Gewichtszunahme). Teilprojekt 2.3.2: Schlechte Umweltbedingungen für infektiöse dritte Larvenstadien (L3) von Magen-Darm-Parasiten führen zu einem verminderten Refugium und dadurch zu einem erhöhten Selektionsdruck, wodurch die Gefahr einer schnelleren Bildung von Anthelminthikaresistenzen gegeben ist. Die Weiden der schon erwähnten Jungtierbetriebe wurden regelmäßig auf infektiöse L3 untersucht. In Zusammenarbeit mit Teilprojekt 2.1 und 2.5 fand ein Gewächshausexperiment in Göttingen statt, bei dem die Effekte von Trockenstress und Pflanzenzusammensetzung auf das Vor97 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme kommen von infektiösen L3 untersucht wurden. Die statistische Analyse belegt, dass sich Leguminosen positiv (p=0,3*10-5) und Trockenstress negativ (p=0,1*10-3) auf das Vorkommen auswirken. In einem Inkubator-Experiment wurden die Effekte von unterschiedlichen Temperaturprofilen (Frühlings- und Sommertag in Niedersachsen) und Trockenstress auf das Überleben von L3 auf Gras und im Boden erforscht. Desweiteren wird gerade untersucht, wie sich regelmäßige Anthelminthikabehandlungen auf den Anteil resistenter Magen-Darm-Parasiten beim Rind vergrößert. Hierfür wird Pyrosequencing genutzt, welches den Anteil resistenter Allele im β-Tubulin eines teilweise benzimidazolresistenten L3-Isolats aufzeigt. Klimawandel, Weideparasitosen, Milchproben-ELISA, Anthelminthikaresistenzen, Trockenstress, Inkubator-Experiment, Pyrosequencing Breeding strategies for adaptation to changing environments: Methods and applications to dairy cattle based on quantitative-genetics and high-throughput genotyping data Sven König, Tong Yin, Kerstin Brügemann Universität Kassel, Witzenhausen, Department of Animal Breeding The German dairy cattle industry, especially Lower Saxony's breeding organization 'Masterrind' is heavily involved in transfer of livestock and semen also to tropical countries located in Asia, Africa, and South America. The existence of tropical and hot climates in the importing countries raises the question of insufficient adaptation and possible genotype by environment interactions, e.g. resulting in a re-ranking of sires in different environments. From a quantitative genetics perspective, we will introduce the methodology of random regression models (RRM) with both a time and a temperature x humidity (THI) dependent covariate. Traits of interest are Gaussian distributed production traits, and functional traits, e.g. binary conception rate. Genetic correlations close to rg = 1 in the same production trait between different THI-levels suggest the use of the same sires in different production systems. For functional traits, we observed genetic correlations close to zero for THI-values in great distance, and differences of breeding values of 98 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme sires for different THI points. The evaluation of genomic breeding strategies is based on the possibility of setting up a calibration group of cows for scarcely recorded phenotypes. In this context and as a further extension, longitudinal data analyses allow the prediction of genomic breeding values for environments that are poorly represented in a dataset, e.g. genomic breeding values for traits at the extreme ends of the THI-scale. We clearly show that only a small fraction of phenotyped cows (~ 20%) in environments representing heat stress (= THI 75) is required to predict reliable genomic breeding values in the trait of interest. This might be the case when exporting livestock from Lower Saxony to tropical countries. A multitude of cows or heifers have genomic breeding values for the moderate THI-range, but only a few cows have phenotypes in environments representing heat stress. Prediction of genomic breeding values was accomplished for different genetic architectures of traits, e.g. low versus high linkage disequilibrium (LD), and for different scenarios of natural selection (e.g. bottlenecks resulting in a small effective population size) and artificial selection strategies (e.g. changes of the mating system). Furthermore, the effect of the size of the SNP-chip (5 K low density versus 50 K high-density) was investigated on accuracies of genomic breeding values. Even for low LD and a low density 5K SNP chip, the average accuracy of prediction of genomic breeding values in extreme environments was 0.52, provided that 20% of cows have phenotypic records. Dairy cattle, genotype by environment interactions, breeding strategies Auswirkungen steigender Winterbodentemperaturen auf den Abbau von Ernteresiduen, pilzliche Pflanzenpathogene und die mikrobielle Zersetzergemeinschaft Stefan Lukas1), Magdalena Siebold2), Andreas von Tiedemann2), Sayed Jaffar Abbas3), Petr Karlovsky3), Martin Potthoff3), Rainer Georg Jörgensen1) 1) 2) Universität Kassel, Fachgebiet Bodenbiologie und Pflanzenernährung Georg-August Universität Göttingen, Fachgebiet für Pflanzenpathologie und -schutz 99 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme 3) Georg-August Universität Göttingen, Zentrum für Biodiversität und Nachhaltige Landnutzung (CBL) Wärmere Winter können zu steigenden Streuabbauraten führen, da bodenmikrobiologische Prozesse länger und möglicherweise in höheren Raten ablaufen. Durch veränderte Habitatbedingungen für pflanzliche Schaderreger sind außerdem phytopathologische Effekte zu erwarten. Im Zeitraum von Oktober 2011 bis März 2012 wurden Maisnetzbeutel auf einer Bodenerwärmungsanlage ausgebracht und mit den Schaderregerpilzen Fusarium culmorum, Fusarium graminearum und Rhizoctonia solani beimpft. Teilparzellen der Anlage wurden durch Heizkabel im Boden auf 1,6 °C bzw. 3,2 °C über der Temperatur in unbeheizten Referenzparzellen erwärmt. Am Ende der 152tägigen Versuchsphase zeigte sich, dass nach einem Pathogenbefall bei einem Temperaturanstieg von 1,6 °C ca. 9 % mehr Substrat abgebaut wurde. Einen signifikanten Effekt erbrachte jedoch nur eine Erwärmung um 3,2 °C, hier war der Verlust des ausgebrachten Maisstrohs gegenüber unbeheizten Referenzparzellen ca. 15 % höher. Der Abbau des unbehandelten Substrates wurde durch die Bodenerwärmung nicht beeinflusst. Das Wachstum von F. graminearum wurde in beiden Erwärmungsszenarien gegenüber den Referenzparzellen positiv beeinflusst. Ein Temperaturanstieg um 1,6 °C erhöhte die Menge an PathogenDNA um ca. 18 %, eine Erwärmung des Bodens um 3,2 °C sogar um 57 %. Im Gegensatz dazu wurde das Wachstum von F. culmorum durch die Bodenerwärmung leicht gehemmt. Gegenüber den unbeheizten Referenzparzellen war die Menge an Pathogen-DNA nach einem Anstieg von 1,6 °C und 3,2 °C um 7 % bzw. 19 % reduziert. Unabhängig vom Temperaturszenarium zeigt der Anstieg der DNA Menge am Ende des Versuches gegenüber der Erstinokulation um den Faktor 4,845 * 103 jedoch deutlich das enorme Schadpotential von F. culmorum. Von der aufgebrachten Menge an Sklerotien von R. solani konnten nach 152 Tagen unabhängig von der Temperaturbehandlung nur noch knapp 19 % als DNA nachgewiesen werden. Klimawandel, Bodenerwärmungsexperiment, Netzbeutel, Streuabbau, Fusarium culmorum, Fusarium graminearum, Rhizoctonia solani, Aminozucker 100 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Innovative Experimente für integrierte Multiskalenmodelle: Freilandstudien zur Wechselwirkung von Hitzeperioden (FATE) und CO2-Anreicherung in der Atmosphäre (FACE) bei Winterweizen Remy Manderscheid1), Frank Ewert2), Henning Kage3), Johannes Müller4), Martin Erbs1), Hans-Joachim Weigel1) 1) 2) 3) 4) Thünen-Institut für Biodiversität, Braunschweig Universität Bonn, Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz Universität Kiel, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung Universität Halle-Wittenberg, Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften Angesichts des Klimawandels stehen die Pflanzenbauwissenschaften vor vielschichtigen Herausforderungen. Die Komplexität dieser Problemstellung erfordert einen systemorientierten Forschungsansatz, der nur durch eine Kombination von Experimenten und Modellierung erreicht werden kann. Notwendig dazu ist eine integrierte Betrachtung über verschiedene Skalen von den physiologischen Prozessen auf Organebene, über den Pflanzenbestand bis hin zu Anbauregionen. Dafür geeignete skalenübergreifende Kulturpflanzenmodelle sind allerdings bisher kaum verfügbar und sollen im Rahmen einer Projektgruppe der DFG initiiert und zur Simulation der Auswirkungen der prognostizierten Klimaänderungen (Dürre, Hitzestress, erhöhte atmosphärische CO2-Konzentration) auf das Weizenwachstum in Deutschland getestet werden. Grundlage für die modellgestützte Folgenabschätzung sind parallel durchgeführte experimentelle Untersuchungen. Im hier vorgestellten Teilprojekt werden dazu erstmals Feldexperimente zur Interaktion einer erhöhten CO2 Konzentration und Hitzestress auf Winterweizen durchgeführt. Klimaszenarien für die Zukunft stimmen darüber überein, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre, die Durchschnittstemperaturen und insbesondere die Anzahl heißer Tage (Nachmittagstemperaturen über 30oC) während der Hauptvegetationszeit landwirtschaftlicher Kulturpflanzen deutlich zunehmen werden. Aus Laborversuchen und aus einigen Feldbeobachtungen ist bekannt, dass Weizen besonders während der Blüh- und frühen Kornfüllungsphase sehr empfindlich auf Temperaturen über 30oC verbunden mit einem z.T. drastischen Ertragsabfall reagiert. Erhöhte CO2-Konzentrationen können einerseits durch die Verminderung der Blatt101 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme transpiration die Blatttemperatur erhöhen und damit Hitzeeffekte potentiell verstärken, andererseits durch eine Stimulation der Photosynthese einen prinzipiell positiven Effekt auf die Ertragsleistung der Pflanzen bewirken. Die Abschätzung dieser Interaktionen auf die Pflanzenproduktion gelingt zurzeit jedoch nicht, da kaum relevante Daten aus Praxisversuchen existieren. Es werden dreijährige Feldversuchsreihen mit Winterweizen (Batis) durchgeführt, bei denen die Getreidepflanzen während der Blühund der Kornfüllungsphase jeweils für mehrere Stunden mittels einer dafür entwickelten „Freilanderwärmungsanlage“ aus Infrarotstrahlern (free air temperature enrichment = FATE) kurzzeitig Hitzeperioden ausgesetzt werden. Die Hitzebehandlungen erfolgen sowohl unter der heutigen CO2-Konzentration (395 ppm) als auch erstmalig unter der zu erwartenden CO2-Konzentration des Zeitraums 2040-2050 (550 ppm). Dazu werden die auf kleinen Ringflächen (12 Ringe mit Durchmesser je ca. 1,6 m) durchzuführenden Hitzestressbehandlungen in eine großflächige (3 Ringe mit Durchmesser 20 m) Freiland-CO2-Anreicherungsanlage (FACE) integriert. Untersucht werden im Detail die Kornentwicklung, der Kornertrag und die Kornqualität des Weizens. Die erzielten Daten werden in die Modellierungsaktivitäten der Projektpartner aus Bonn, Halle und Kiel eingespeist. Vorgestellt werden hier Hintergrund, Zielsetzung und experimentelles Design des Projektes sowie Ergebnisse von Testläufen der Hitzebehandlung. Hitzestress, Weizen, erhöhte CO2 Konzentration, FACE, Wechselwirkung, Kornertrag Leguminosen-basierte Grünlandwirtschaft als Beitrag zur Sicherung der Grundfuttererzeugung Maria Merten1), Monika Hoffstätter-Müncheberg2), Manfred Kayser1), Johannes Isselstein2) 1) 2) Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Außenstelle Vechta Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften 102 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Einleitung: Grasland bildet die agronomische Basis der Wiederkäuer- und Pferdehaltung. Die sich im Zuge des globalen Klimawandels ändernden Temperatur- und Niederschlagsbedingungen führen zu der Erwartung, dass Futterleguminosen in Gemengen mit Gräsern an Grünlandstandorten an agronomischem Potential gewinnen werden. Es gilt zu untersuchen, ob ausgewählte Leguminosenarten unter Trockenstress eine höhere Ertragssicherheit und eine verbesserte Futterqualität bieten können. Material und Methoden: Es werden 6 Leguminosenarten im Reinbestand und in Mischung mit Deutschem Weidelgras (Lolium perenne) in einem vierjährigen Feldexperiment angebaut. Das Feldexperiment wird an zwei Standorten (subatlantisch bis subkontinental) in Niedersachsen durchgeführt. Es wird ein Faktor ‚Trockenstress’ eingeführt mit den Stufen ‚Überdachung’ und ‚unbehandelte Kontrolle’. Für durchschnittlich 28 Tage (Variante ‚Überdachung’), jeweils im Frühjahr und im Sommer, erhalten die Pflanzen keinerlei Wasserzufuhr, so dass der volumetrische Bodenwassergehalt stark sinkt. Der oberirdische Biomasseertrag wird drei Mal je Jahr durch Beerntung erfasst. An Teilproben des Erntegutes werden morphologische Untersuchungen und Isotopenuntersuchungen (C13) vorgenommen, um Anpassungen der Leguminosen zu dokumentieren. Durch Nahinfrarotspektroskopie wird die Futterqualität untersucht. Kontinuierlich erfasst werden Pflanzenwuchshöhe, Lufttemperatur, Luftfeuchte, Bodeninhaltsstoffe und Bodenfeuchte (mittels Time Domain Reflectometry, TDR). Ergebnisse: Die hier diskutierten Ergebnisse beziehen sich auf Untersuchungen des Biomasseertrages der zweiten Trockenstressphase des ersten Hauptnutzungsjahres. Von den Leguminosen konnte Lotus corniculatus sowohl gestresst als auch ungestresst am Standort Oldenburg den größten Biomasseertrag hervorbringen. Am Standort in Göttingen ist dies bei Onobrychis viciifolia ohne Stress und Lotus corniculatus unter Stress der Fall. Leguminosen, die in Reinkultur gute Erträge bieten, zeigen auch eine hohe Konkurrenzkraft gegenüber Gräsern. Der Rohproteingehalt der Leguminosen ist deutlich höher als der der untersuchten Gräser. Fazit: Je nach Standort weisen die verschiedenen Leguminosen erhebliche Unterschiede in ihrem Ertragspotential auf. Die Leguminosenarten unterscheiden sich ebenfalls stark in ihrer Durchsetzungsfähigkeit im Mischbe103 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme stand. Die Untersuchungen des Anteils an löslichen Fasern zeigen Unterschiede zwischen den Leguminosenarten. Unter Trockenstress können einige Leguminosenarten ihr agronomisches Potential halten und eine Alternative zu Weißklee darstellen. Literatur: Frame, J., J.F.L. Charlton & A.S. Laidlow (1998) Temperate forage legumes. Centre for Agriculture and Biosciences (CAB) International. Rochon, JJ; Doyle, CJ; Greef, JM; Hopkins, A; Molle, G; Sitzia, M; Scholefield, D; Smith, CJ, 2004: Grazing legumes in Europe: a review of their status, management, benefits, research needs and future prospects. Grass and Forage Science 59, 197-214. Sölter U, Hopkins A, Sitzia M, Goby JP, Greef JM, 2007: Seasonal changes in herbage mass and nutritive value of a range of grazed legume swards under Mediterranean and cool temperate conditions. Grass and Forage Science 62, 372-388. Grasland im Klimawandel, Leguminosen und Trockenstress Anpassung der Pflanzenproduktion an den Klimawandel: Untersuchung der Reaktionen verschiedener Gerstegenotypen auf zukünftige atmosphärische CO2-Konzentrationen als Grundlage zur züchterischen Optimierung des CO2-Düngeeffektes Esther Mitterbauer1), Jürgen Bender1), Martin Erbs1), Matthias Enders2), Antje Habekuß2), Benjamin Kilian3), Frank Ordon2), Hans-Joachim Weigel1) 1) 2) 3) Thünen-Institut für Biodiversität, Braunschweig Julius Kühn Institut, Quedlinburg Leibnitz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung, Gatersleben Die atmosphärische CO2-Konzentration wird von derzeit ca. 395 ppm bis gegen Mitte dieses Jahrhunderts auf ca. 550-600 ppm ansteigen. Grundsätzlich stimulieren höhere CO2-Konzentrationen die Photosynthese und können zu einem Anstieg der Biomasse und des Ertrages von C3 Pflanzen führen(sog. „CO2-Düngeeffekt“). In CO2-Anreicherungsversuchen wird dabei häufig festgestellt, dass der potentielle CO2-Effekt auf die Photosynthese sich nicht in entsprechend großen Biomasse- bzw. Ertragszuwächsen wiederfindet. 104 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Darüber hinaus sind insbesondere bei Getreidearten deutliche Sortenunterschiede in der Reaktion auf erhöhte CO2-Konzentrationen bekannt. Die Gründe dafür sind z.T. unverstanden. Bei weiter steigender CO2-Konzentration in der Atmosphäre stellt sich daher die Frage, wie sich die „Ressource CO2„ zukünftig gezielter als bisher nutzen lässt bzw. unter welchen Bedingungen dies möglich ist. Feldversuche zur systematischen Überprüfung der Reaktionsbreite von Genotypen auf erhöhte CO2-Konzentrationen liegen allerdings noch nicht vor. Offen ist auch, ob bzw. wie die phänotypischen Reaktionen genetisch unterlegt sind. Es wurden daher erstmals Feldversuche begonnen, in denen an 100 verschiedenen Genotypen von Wintergerste die relativen Wachstums- und Ertragsreaktionen auf eine erhöhte CO2-Konzentration evaluiert werden. An die Phänotypisierung schließen sich genetische Assoziationsstudien und Expressionsanalysen an. Anhand einer Clusteranalyse, basierend auf 6807 SNP-Markern, wurden 100 Wintergerste-Genotypen mit höchstmöglicher genetischer Distanz selektiert. Die Genotypen wurden 2011/2012 unter Feldbedingungen angebaut und über die gesamte Wachstumsperiode 2012 in open-top Kammern unterschiedlichen CO2-Konzentrationen ausgesetzt (Außenluft: ~395 ppm CO2; angereicherte Außenluft: ~700 ppm CO2). Während der Wachstumsperioden werden die Pflanzenentwicklungsstadien und Photosynthese-relevante sowie agronomisch bedeutende Parameter erfasst. Das zum Zeitpunkt der Kornreife geerntete Material wird im Hinblick auf Biomasseproduktion, Ertrag und Ertragsqualität hin analysiert. Zusätzlich werden Blattproben zu definierten Pflanzenentwicklungsstadien für Expressionsanalysen genommen. Die Versuche erstrecken sich über insgesamt drei Versuchsjahre. Erste Ergebnisse des Versuchsjahres 2012 werden vorgestellt. Gerste, Genotypen, erhöhte CO2 Konzentration, Züchtung, Phänotyp, Expressionsanalyse Genetische Anpassungspotenziale an den Klimawandel: Variation in Kandidatengenen für das Austriebsverhalten und die Trockenstresstoleranz bei der Buche (Fagus sylvatica L.) Markus Müller, Sarah Seifert, Barbara Vornam, Reiner Finkeldey 105 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Büsgen-Institut, Abteilung Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung Die Buche (Fagus sylvatica L.) ist eine der wichtigsten Laubbaumarten Mitteleuropas. Für diese Region prognostizieren Klimawandelmodelle abnehmende Niederschläge in den Sommermonaten sowie höhere Jahresdurchschnittstemperaturen. Daher ist das Anpassungspotenzial der Buche hinsichtlich Trockenstresstoleranz und Austriebsverhalten von großem Interesse. In Zusammenarbeit mit weiteren Arbeitsgruppen innerhalb des Verbundprojektes „KLIFF – Klimafolgenforschung in Niedersachsen“ wurden für diese Studie Buchen-Populationen entlang eines Klimagradienten in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt untersucht. Der Niederschlagsgradient innerhalb einer relativ kleinen Region bietet ideale Voraussetzungen für die Untersuchung von Trockenstresstoleranz bei der Buche. Für Untersuchungen des Austriebsverhaltens und der Anpassung von Jungpflanzen an Trockenstress, wurde mit Nachkommen dieser Populationen ein Translokationsexperiment mit insgesamt 3.600 Jungpflanzen etabliert, unter anderem auf der trockensten der Versuchsflächen. Wiederholte Aufnahmen des Austriebsverhaltens der Translokationspflanzen zeigten Unterschiede zwischen den Populationen und machten eine Unterteilung in früh- und spätaustreibende Individuen möglich. Auch in Bezug auf Trockenstresstoleranz zeigten die Populationen große Unterschiede. Die Analyse der neutralen genetischen Variation zeigte eine hohe und im Vergleich zu den Altbäumen nicht signifikant veränderte genetische Diversität, die kaum Unterschiede zwischen den Populationen aufwies. Anhand einer vergleichenden Sequenzierung an 18 Kandidatengenen (insgesamt 11.759 bp in Exons und 7.568 bp in Introns), die möglicherweise einen Einfluss auf das Austriebsverhalten und/oder die Trockenstresstoleranz haben, wurden 179 SNPs (Single Nucleotide Polymorphisms) identifiziert. Eine erste Analyse mit 17 SNPs zeigte, dass sich mehrere SNPs signifikant zwischen den Populationen unterschieden und somit möglicherweise an der Anpassung an Trockenstress beteiligt sind. Aktuell wird mit 56 SNPs eine Genotypisierung von über 1.400 als früh- oder spätaustreibendend charakterisierten Buchen vorgenommen und damit eine Assoziierung zwischen genetischer und phänotypischer Variation ermöglicht. Diese Studie wird dazu beitragen, innerhalb des „KLIFF-Projektes“, 106 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Empfehlungen für die künstliche oder natürliche Verjüngung von Buchenbeständen zu geben. Trockenstress, Blattaustrieb, genetische Diversität, Kandidatengene European beech (Fagus sylvatica L.) along a precipitation gradient: effects on anatomical, physiological and molecular features of wood Nguyen Ngoc Quynh1), Andrea Polle1), Caroline Carsjens1), Dennis Janz2), Gertrud Lohaus3) 1) 2) 3) Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Büsgen-Institut, Abteilung Forstbotanik und Baumphysiologie Bergische Universität Wuppertal, Molekulare Pflanzenwissenschaften Bergische Universität Wupptertal, Biochemie der Pflanze Due to the drought sensitivity of European beech, it is expected that physiological performance, growth and competitive ability of the species will be negatively affected by climate change with drastic consequences for current forests. However, beech forests can already be found to date on sites with low precipitation which may indicate that acclimation is possible within certain limits. Since water transport in functional xylem is central to tree adaptation to dry conditions, the main objectives of our project were (i) the characterization of the anatomical features of European beech and (ii) the underlying molecular mechanisms to cope with low precipitation. Samples were taken from three sites in Lower Saxony and Saxony–Anhalt, Germany, which are different in the longterm mean annual precipitation (Unterlüss (800 mm), Göhrde (600 mmm) and Calvörde (550 mm)). Growth and anatomical wood properties were analyzed in secondary xylem. During the period from 2007 – 2012, radial growth of beech on sites with high precipitation was significantly higher than that on dry sites. In years with low precipitation the annual rings showed higher numbers of vessels and smaller vessel lumina on all study sites (latewood, transition wood and earlywood) than in years with high precipitation. The latewood in the driest site displayed a significantly thicker fibre wall than in the wettest site. Other anatomi107 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme cal features such as fibre frequency, fibre lumina, thickness of vessel walls, cell wall area were unaffected by precipitation. Low precipitation was furthermore related to a remarkable increase in the latewood δ13C of beech trees (increase of isotope 13C concentration). To show the importance of tree nutritions for wood formation amino acid contents in cambium tissues were measured. Aspartic, glutamic and asparagine acids are dominated in the amino – N pool of cambium tissues of beech wood during June and August. The asparagine content, a transport compound of nitrogen, decreased from June to August, whereas both glutamic aand aspartic acids levels were unaffected by seasonal changes. To get insight into the molecular background of wood formation during the course of a year, we performed RNA sequencing (RNASeq) of samples from the above described site Calvörde: cambium tissue of four harvests during the year 2010 (April, June, August and October) was analyzed. Differentially expressed genes related to wood formation have been chosen from this data and primers were designed. Those genes have been then tested by quantitative Real-time PCR during the course of several years (2009-2012) and on the different sites. In summary, years or sites with low precipitation result in changes of some anatomical features (radial growth rate, vessel number and vessel lumina) which can be related to tree nutrition (carbon isotope composition (δ13C) and amino acid compounds) as well as to gene expression of beech trees. Beech, precipitation gradient, wood formation, climate change Auswirkungen von extremen Wetterperioden auf Getreideblattläuse und natürliche Gegenspieler Hans-Michael Poehling, Nicole Buttelmann, Rasmia Al-Moalem, Rainer Meyhöfer Leibniz Universität Hannover, Institut für Pflanzenkrankheiten Extreme Wetterperioden hinsichtlich Temperatur und Trockenheit wurden in Klimakammern simuliert und die Reaktionen von Sitobion avenae sowie der natürlichen Gegenspieler Episyrphus balteatus und Aphidius rhopalosiphi untersucht. 108 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme 1. Wärme („Hitzewellen“): Hitzewellen wurden erzeugt, indem die Temperatur über acht Stunden (ansteigend, Plateau, absteigend) von 20°C auf 25°C, 30°C oder 35°C erhöht wurde. Die Aphiden und natürlichen Gegenspieler wurden diesen Bedingungen für 1-6 Tage unterworfen. Erst Temperaturstress oberhalb von 30oC und über mehrere Tage wiederholt führte zu signifikanten Veränderungen in Entwicklungsparametern der Aphiden, wobei erhöhte Mortalität und reduzierte Reproduktionsraten für die Populationsdynamik am bedeutsamsten waren. Beispielhaft sei der Hitzeeffekt für die natürlichen Gegenspielern an der Fraßleistung und Entwicklung von E. balteatus gezeigt: Mit der Frequenz und/oder Höhe der Temperatur nahm die von E. balteatus konsumierte Biomasse an S. avenae zwar signifikant zu, allerdings erhöhte sich die Biomasse der Räuber nicht entsprechend. Der ECI-Wert (Efficiency of Conversion of Ingested food), errechnet aus dem Verhältnis von aufgenommener Nahrung zur zugelegten Biomasse, war unter dem Einfluss von Hitzewellen für die Nützlinge signifikant reduziert. Larven von E. balteatus benötigten unter Wärmestress relativ mehr Energie zum erfolgreichen Abschluss ihrer Entwicklung. 2. Trockenheit („Dürreperioden“): Die Untersuchungen zum Effekt von Dürreperioden wurden ebenfalls in Klimakammern durchgeführt. Als Versuchsglieder wurden drei verschiedene Bodenfeuchten eingestellt: Starker Trockenstress (Dürre) mit 20-30%, moderater Stress mit 50-60% und Optimalbedingungen mit 80-90% Wassergehalt. Starker Trockenstress (20-30%) hemmte nach 10 Tagen die Populationsentwicklung der Blattläuse und beeinflusste signifikant die Morphenbildung. Der Anteil geflügelter Individuen nahm in der Stressvariante deutlich zu, was unter natürlichen Bedingungen zu einer verstärkten Emigration aus befallenen Flächen und höheren Mortalität, aber auch zu einer räumlich weiteren Verteilung der Aphiden führt. Durch Bestimmung der Saugaktivität der Aphiden über Messung der Honigtauausscheidung konnte gezeigt werden, dass eine reduzierte Nahrungsaufnahme der Blattläuse ein ursächlicher Faktor für die Trockenstressreaktion ist. Auch bei den Nützlingen konnten durchweg negative Effekte des Trockenstresses beobachtet werden: Die Schwebfliege E. balteatus zeigte einen signifikant reduzierten Entwicklungserfolg (Verpuppungsrate) und der Parasitoid A. rhopalosiphi parasitierte tendenziell weniger Blattläuse. Insgesamt erwiesen sich simulierte Hitze- und Trockenperioden als signifikante Parameter für die Populationsdynamik der Getreideblattläuse, wobei die negativen Effekte auf die Entwicklung der 109 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Aphiden durch entsprechende Beeinträchtigungen der Prädationsund Parasitierungsleistung der natürlichen Gegenspielern kompensiert werden können. Bei einer ersten vorsichtigen Einschätzung, auch unter zusätzlicher Berücksichtigung möglicher genetischer und verhaltensbiologischer Anpassungen, kann nicht von gravierenden Änderungen im Schadpotential der Aphiden insgesamt in zukünftigen Witterungsszenarien ausgegangen werden. Hitzeperioden, Trockenperioden, Getreideblattläuse, Natürliche Gegenspieler Einfluss des Klimawandels auf das Erstauftreten der Blattkrankheiten Cercospora (Cercospora beticola) Mehltau (Erysiphe betae), Rost (Uromyces betae) und Ramularia (Ramularia beticola) in Zuckerrübenanbauregionen in Niedersachsen Paolo Racca1), Benno Kleinhenz1), Bernhard Hau2), Christian Kuhn2) 1) 2) Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz (ZEPP) Leibniz-Universität Hannover, Institut für Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz Die Modelle CERCBET1, ERYBET1, UROBET1 und RAMUBET1 prognostizieren den Epidemiebeginn der vier wichtigsten ZuckerrübenBlattkrankheiten Cercospora, Mehltau, Rost und Ramularia. Dabei wird täglich die Zunahme des prozentualen Anteils befallener Schläge je Region berechnet. Mit den Basisparametern Temperatur und relative Luftfeuchte werden unter Berücksichtigung von regionalen Faktoren (Anbaudichte, Fruchtfolge und Vorjahresbefall) zwei praxisrelevante Termine bewertet: 1. das Datum des Erstauftretens in einer Region (1% befallene Schläge) und 2. der Starttermin für Befallskontrollen (50% befallene Schläge). Als Input für alle Modelle wurden die Ergebnisse des REMO-Klimamodells (Lauf 1, data stream 2) in stündlicher Auflösung genutzt, die bis jetzt noch ohne Biaskorrektur zur Verfügung stehen. Aufgrund der sehr hohen räumlichen Auflösung des REMO-Modells (10 x 10 km) wurde für insgesamt 30 Gitterpunkte die Klimasimulation durchgeführt. Die Veränderungen des Klimas wurden für drei Zeiträume analysiert. Als Basis gilt der Zeitraum von 1971-2000, welcher die 110 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme derzeitige Situation repräsentiert. Dazu werden ein KurzzeitPeriode (2001-2030) und ein Langzeit-Periode (2071-2100) in Relation gesetzt. Als Ergebnis wird der Mittelwert der drei Termine, ausgedrückt in Kalendertagen, betrachtet. Zur Bewertung der Auswirkungen auf das Krankheitsauftreten werden die Differenzen in Tagen zwischen den drei Zeiträumen genutzt. Für Cercospora wurde sowohl für das Kurzzeit- sowie das Langzeit-Periode im Vergleich mit dem Basis-Periode ein früheres Auftreten von 4 und 22 Tagen festgestellt. Mehltau tritt im Vergleich zum Kurzzeit-Periode 3 Tage früher und im Vergleich zum Langzeit-Periode 15 Tage früher auf. Das Auftreten von Rost wurde im Vergleich zum KurzzeitPeriode 2, und im Vergleich zum Langzeit-Periode 14 Tage früher prognostiziert. Die vierte Krankheit, Ramularia, zeigte im Vergleich zum Kurzzeit- bzw. Langzeit-Periode ein 4 bzw. 29 Tage früheres Auftreten. Cercospora tritt immer früher auf als die drei anderen Krankheiten, und zwar zwischen 13 und 37 Tagen. Ramularia liegt in der Rangfolge auf der zweiten Position und tritt immer ca. 7 bis 24 Tage früher als Mehltau und Rost auf. Das Auftreten von Mehltau wurde jeweils ca. 3 bis 4 Tage früher als das von Rost berechnet. Zuckerrüben Blattkrankheiten, Prognosesysteme Einfluss des Klimawandels auf die Ontogenese des Winterweizens und die Blattkrankheiten Mehltau (Blumeria graminis), Braunrost (Puccinia triticina), DTR (Drechslera triticirepentis) und Septoria (Septoria tritici) in ausgewählten Regionen in Niedersachsen Paolo Racca1), Benno Kleinhenz1), Bernhard Hau2), Christian Kuhn2) 1) 2) Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz (ZEPP) Leibniz-Universität Hannover, Institut für Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz Für Regionen mit intensivem Winterweizen (Anbaudichte > 50%) in Niedersachsen wurde in 2012, unter Nutzung der Prognosesysteme SIG-Getreide und SEPTRI sowie des Modells SIMONTO-WW, eine Risikoanalyse für die zukünftige räumliche und zeitliche Veränderung der wichtigsten BBCH-Stadien und den derzeit vier be111 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme deutendsten Blattkrankheiten in Winterweizen (WW) durchgeführt. Mit Hilfe des SIMONTO-Modells wurden der Entwicklungsverlauf der BBCH-Stadien für 4 Aussaattermine prognostiziert: extrem früh (1. September), früh (15. September), mittel (15. Oktober) und spät (1. November). Unter Einsatz regionaler Klimaprojektionen des Klimamodells REMO (Lauf 1, data stream 2; stündliche Auflösung, ohne Biaskorrektur) konnte im Durchschnitt für die betrachteten Zeitfenster Kurzzeit-Periode (2021-2050) und Langzeit-Periode (2071-2100) im Vergleich zur Basis-Periode (19712000) für alle Simulationen ein früheres Auftreten der BBCHStadien 11, 30, 49 und 69 um 1 bzw. 57 Tage errechnet werden. Für die Langzeit-Periode zeigt sich im Vergleich mit der BasisPeriode eine Verkürzung der Zeitspanne zwischen BBCH-Stadium 11 und 30 für die frühen Aussaattermine 1. und 15. September um 10 bis 17 Tage und eine Verlängerung für die späten Aussaattermine 15. Oktober und 1. November bis zu 44 Tagen. Eine Verlängerung der Zeitspanne zwischen BBCH-Stadium 30 und 49 um ca. 2 bis 5 Tage wurde für alle Aussaattermine festgestellt. Die Zeitspanne zwischen BBCH-Stadium 40 und 69 bleibt für alle Aussaattermine unverändert. Auf Basis des SIG-Getreide-Modells wurde die mittlere Infektionswahrscheinlichkeit für den Zeitraum BBCH 11 – 30, BBCH 30 – 49 und BBCH 49 - 69 für die drei Blattkrankheiten Mehltau, Braunrost und DTR berechnet und analysiert. Die Anzahl infektionsgünstiger Tage (IGT) für Septoria tritici wurde mit dem SEPTRI-Modell berechnet und analysiert. Für Mehltau war es nicht möglich, eine deutliche Veränderung der Infektionswahrscheinlichkeit zwischen den drei Zeitfenstern Basis-, Kurzeit- und Langzeit-Periode zu identifizieren. Sowohl Mittel- als auch Medianwerte zeigten nur leichte Unterschiede in den drei untersuchten Zeitfenstern. Bei Braunrost und DTR sind die vorhandenen Unterschiede der Infektionswahrscheinlichkeit zwischen den untersuchten Zeiträumen eindeutiger. Die Infektionswahrscheinlichkeit steigt von der Basis- zur Langzeit-Periode für alle 4 Aussaattermine an. Auch in diesem Fall zeigt die ANOVA signifikante Unterschiede zwischen den drei Zeitfenstern für beide Krankheiten. Für Septoria wurde eine starke und signifikante Veränderung (von ca. +9 bis ca. +22 Tage) der Anzahl IGT für den frühesten Aussaattermin 1. September in allen BBCH Zeitspannen festgestellt. Für alle anderen Aussaattermine wurden nur in der Zeitspanne BBCH 11-30 deutlich mehr IGT (ca. 5 bis 8 Tage) simuliert Getreide Blattkrankheiten, Ontogenese, Prognosesysteme 112 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Olfaktorische Antennenreaktion vom Nagelfleck (Aglia tau) auf Stamm-VOC der Buche (Fagus sylvatica) Christine Rachow, Stefan Schütz Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Büsgen-Institut Insekten nutzen nicht nur zur ihrer Wirtsfindung flüchtigen organischen Verbindungen (VOC), sondern auch zur Erkennung des physiologischen Zustand ihrer Wirtspflanze. Sind Pflanzen gestresst, wie z.B. durch Trockenstress, emittieren diese andere VOC als nicht gestresste Pflanzen. Mit Hilfe ihres olfaktorischen Sinnes und den auf den Antennen befindlichen Sensillen können Insekten zwischen den verschiedensten VOC aus den unterschiedlichsten Stoffklassen unterscheiden. In dieser Arbeit wurden die Wirtsfindung und das Auffinden der geeigneten Oviposition-Stelle am Stamm der Wirtsbäume mittels olfaktorischer Wahrnehmung der VOC durch den Nagelfleck (Aglia tau) untersucht. Um herauszufinden, welche der spezifischen Stamm-VOC der Buche (Fagus sylvatica) der Nagelfleck wahrnehmen kann, wurden Duftproben von frisch zerkleinerter Rinde der Buche genommen. Mittels Gaschromatograph mit einem gekoppelten Quadrupol Massenspektrometer und einem elektroantennographischen Detektor (GC-MS/EAD) wurden die Reaktionen der getesteten Antennen des Nagelflecks auf die VOC der Rinden-Proben untersucht. Die Antennen des Nagelflecks reagierten auf 39 VOC. Zehn von dieser VOC verursachten bei beiden Geschlechtern Reaktionen der Antennen. Nur ein VOC verursachte ausschließlich bei den weiblichen Faltern Antennenreaktionen, 28 VOC dagegen ausschließlich bei den männlichen Faltern. Vier der 39 VOC wurden zudem regelmäßig bei Messungen an Buchenstämmen im Freiland gefunden und dienen vermutlich der Wirtsbaumerkennung. Auf den Grünblattduft (Z)-3-Hexen-ol und auf 3,3,5-trimethylCyclohexanon, welche als Degradationsprodukte für Membranlipide ((Z)-3-Hexen-ol) und Terpene (3,3,5-trimethyl-Cyclohexanon) bekannt sind, reagierten beide Geschlechter besonders häufig. Die Falter reagierten auch häufig auf (E)-4,8-Dimethyl-1,3,7-nonatrien, ein VOC, welches besonders für Prädatoren von Herbivoren attraktiv ist und bei vielen Pflanzen durch den Fraß von Insekten induziert wird. 113 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme Aglia tau, Fagus sylvatica Auswirkungen des Klimawandels auf die Fertilität des Großen Rapsstängelrüsslers (Ceutorhynchus napi Gyll.) Antje Reinhardt, Bernd Ulber Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Agrarentomologie Im Zuge des Klimawandels werden ansteigende mittlere Jahrestemperaturen und insbesondere eine zunehmend frühere Erwärmung im Frühjahr erwartet. Diese Entwicklung kann sich nicht nur auf das Schadpotential, sondern auch auf die Populationsdynamik der wichtigen Schadinsekten im Winterraps auswirken. Als erster Schädling wandert nach dem Winter der Große Rapsstängelrüssler (Ceutorhynchus napi Gyll.) bei Temperaturen über 9°C in die Rapsbestände ein. Bei einem abrupten, sehr frühen Überschreiten dieser Temperaturschwelle, wie es in den vergangenen Jahren häufig bereits Ende Februar/Anfang März beobachtet wurde, lösen die Weibchen durch ihre Eiablage unter die Triebspitzen bereits bei beginnendem Längenwachstum des Winterraps deutliche Triebstauchungen und Deformationen aus, die zu Mindererträgen von bis zu 50 % führen können. Über die Konsequenzen einer frühen Besiedelung und Eiablage für die Populationsentwicklung dieses Schädlings lagen noch keine Kenntnisse vor. Im Rahmen des Forschungsverbundes ’Klimafolgenforschung in Niedersachsen’ (KLIFF) wurde untersucht, welche Auswirkungen unterschiedliche Temperaturen auf die Fertilität und Reproduktionsleistung des Rapsstängelrüsslers haben. In KlimakammerVersuchen wurde die Eiablage der Rapsstängelrüssler-Weibchen sowohl unter konstanten (8°, 11° und 14°C) als auch unter wechselnden Tag-Nacht-Temperaturbedingungen verglichen. Bei konstanten Temperaturen erstreckte sich die Eiablage über einen langen Zeitraum von bis zu sieben Monaten. Die Zahl der insgesamt pro Weibchen abgelegten Eier lag bei der höchsten Temperaturstufe von 14°C bei maximal 42,5 Eiern. Die mittlere Zahl abgelegter Eier pro Weibchen und Lebenstag stieg von 0,19 und 0,36 Eiern bei 8° bzw. 11° C signifikant auf 0,50 Eier bei 14°C an. In den ersten 3 Wochen dieses Versuches wurden bei 8°C, 114 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme 11°C und 14°C pro Weibchen und Tag 0,20; 0,52 und 0,82 Eier abgelegt. Die Wiederholung des Versuches bei wechselnden Tag-NachtTemperaturen von 10/6°C, 13/9°C und 16/12°C (mittlere Tagestemperatur ebenfalls 8°, 11° und 14°C) zeigte, dass die Rapsstängelrüssler-Weibchen in dem Versuchszeitraum von insgesamt drei Wochen mehr Eier als bei konstanter Temperatur ablegten. Bei einer Wechseltemperatur von 13/9° wurden in diesem Zeitraum maximal 73 Eier je Weibchen festgestellt. Die mittlere Zahl abgelegter Eier pro Weibchen und Tag betrug bei den Temperaturstufen 10/6°C, 13/9°C und 16/12°C 0,62; 1,40 und 1,84 Eier. Die mittlere Eizahl pro Weibchen war bei dem Tag-Nacht-Wechsel von 10/6°C signifikant geringer als bei 13/9°C und 16/12°C. Diese Ergebnisse sowie weiterhin ermittelte Daten zum Einfluss ansteigender Temperatur auf Entwicklungsdauer, Mortalität und Generationszeit können für die Entwicklung von phänologischen und populationsdynamischen Modellen des Rapsstängelrüsslers bei verschiedenen Klimaszenarien sowie für die Bewertung des Schadpotenzials bei einer durch den Klimawandel ausgelösten Veränderung der Koinzidenz zwischen Befallsbeginn und Pflanzenentwicklungsstadium genutzt werden. Ceutorhynchus napi Gyll., Temperatureinfluss, Reproduktion, Lebensdauer Effects of experimental warming on three economically important pathogens in oilseed rape Magdalena Siebold, Andreas von Tiedemann Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Abteilung Allgemeine Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz The potential rise in temperature due to the assumed climate change might affect both crop and fungal pathogen development in the future. Within the research framework KLIFF (Climate Change Research in Lower Saxony, Germany), potential effects of rising temperatures on oilseed rape development and three major fungal diseases of this crop were investigated experimentally utilizing climate chambers and a field soil warming facility in two consecutive growing seasons. With the two experimental approaches, po115 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme tential effects of rising air and soil temperatures on soil- and plant debris-borne life cycle stages of the three economically important oilseed rape pathogens, Phoma lingam/Leptosphaeria maculans, Sclerotinia sclerotiorum and Verticillium longisporum, were studied. Treatments reflected warming scenarios for Lower Saxony, Germany, by 2050 (mid term) and 2100 (long term) as projected by regional climate models. Investigations included (1) development of phoma crown canker in spring (field only), (2) apothecia production of S. sclerotiorum in spring and (3) colonization of winter oilseed rape by V. longisporum. Results of two climate chamber experiments and the two field growing seasons 2010/11 and 2011/12 showed that oilseed rape growth and development responded linearly to increasing temperatures with an average flowering advance of 7 days per 2°C warming. Development of phoma crown canker in the field showed large variation in response to the warming treatments with no clear trend towards rising temperatures. Maximum germination of S. sclerotiorum sclerotia was 4 to 7 days earlier under a 2°C temperature increase, potentially advancing the oilseed rape infection window in the future, which would not represent an overall increase in disease risk. V. longisporum colonization correlated with progress in plant development and was advanced in warmer chambers and plots. In the field experiment 2010/11, plants growing in warmest plots were significantly stronger colonized with V. longisporum than plants of all other plots, particularly in the susceptible cultivar Falcon compared to a tolerant genotype. The results suggest that warming may be an additional driver for an increased importance of this soil borne pathogen in the future, besides short crop rotations. Soil warming, degree days, Verticillium longisporum, Sclerotinia sclerotiorum, Phoma lingam Hochfrequenzbehandlung von Schadinsekten in Weizen als Alternative zur konventionellen Entwesung bei globaler Erwärmung Christian Söchtig, Dieter von Hörsten Georg August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Abteilung Agrartechnik 116 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme In Deutschland wurde im Jahr 2012 auf ca. 5,5 Millionen Hektar Ackerfläche Getreide angebaut und nach der Ernte gelagert. Überregionale Vermarktungswege und umschlagintensiver Getreidehandel erhöhen die Gefahren für die Ausbreitung von Lagerschädlingen. Derzeit wird der jährliche Verlust an Getreide in Europa durch Schaderreger auf zwei bis fünf Prozent geschätzt, in Schwellenländern bzw. Entwicklungsländern können die Verluste auf mehr als die Hälfte der Erntemengen ansteigen. Mit einer durch den Klimawandel bedingten Erhöhung der jährlichen Durchschnittstemperatur und einer Zunahme von Extremereignissen mit negativem Einfluss auf die Lagerbedingungen steigt die von Schaderregerpopulationen ausgehende Gefahr und, dadurch bedingt, die Lebensmittelsicherheit. Zusätzliche massive Einschränkungen des Insektizideinsatzes im Getreidelager zeigen die Dringlichkeit der Bereitstellung von Alternativmethoden, wie beispielsweise Hochfrequenzbehandlungen zur Hygenisierung befallener Partien. Aufgrund der Anbaubedeutung bildet Z-Saatgut der Winterweizensorte Manager aus der Ernte 2010 mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 14 % die Ausgangsbasis für die durchgeführten Versuche. Infektionen einzelner Chargen erfolgten durch Kornkäfer (Sitophilus granarius) die jährlich starke Verluste während der Lagerung verursachen und mit Reiskäfern (Sitophilus oryzae) die durch den Klimawandel an Bedeutung gewinnen können. Anhand der beiden Rüsselkäferarten wird dargestellt, wann die sichere thermische Abtötung aller Entwicklungsstadien durch einen Hochfrequenzeinsatz möglich ist. Alle Applikationen erfolgten in einer Versuchshochfrequenzanlage mit maximal 3 kW Ausgangsleistung bei einer Frequenz von 27,12 MHz, die stufenlos in der Leistung regelbar ist und nach dem Batchprinzip arbeitet. Eine exakte Temperaturerfassung während der Behandlung wurde durch drei faseroptische Fühler im Behandlungsraum sichergestellt und durch Infrarotaufnahmen ergänzt. Während chemische Applikationen Lücken bei der Behandlung verschiedener Entwicklungsstadien aufweisen bzw. Wiederholungen bei der Entwesung notwendig sind, zeigt die physikalisch thermische Alternative in Form der Hochfrequenzbehandlung, dass die Abtötung aller Stadien der Korn- und Reiskäfer mit einmaliger Behandlung möglich ist. Die Versuchsanstellung umfasste die Erwärmung in 5 °C Schritten von 40 °C bis max. 60 °C, um die wertgebenden Eigenschaften des Getreides zu schonen. Die Behandlungszeiten wurden zwischen 0, 1, 3, 5 und 10 Minuten nach Erreichen der Zieltemperatur variiert. Abweichende Kornfeuchten im Bereich zwischen 12 % und 18 % zeigten bei der Erwärmung keinen signifikanten Einfluss auf den Abtötungserfolg. Erwartungs117 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme gemäß zeigte die Behandlungstemperatur die größte Auswirkung auf die letale Dosis. Werden Applikationen über 10 Minuten oder länger durchgeführt, ist für die Abtötung der beiden Rüsselkäferarten eine Temperatur von 50 °C ausreichend. Bei geringeren Behandlungszeiten ist das Erreichen von 55 °C für die vollständige Mortalität notwendig. Durch den Einsatz von Hochfrequenzbehandlungen und der damit verbunden Erwärmung ist die vollständige Abtötung der untersuchten Lagerschädlinge effektiv möglich. Gegenüber der chemischen Entwesung werden zum Applikationszeitpunkt alle Entwicklungsstadien der Insekten sicher erfasst und es tritt innerhalb kürzester Zeit beim Erreichen von 55 °C die vollständige Mortalität ein. Climate change, radio frequency, sitophilus oryzae Die Vogelwelt der Lüneburger Heide im Klimawandel: Prognosemöglichkeiten und Konsequenzen für den Artenschutz Janine Sybertz, Michael Reich Leibniz Universität Hannover, Institut für Umweltplanung Auswirkungen des Klimawandels auf Vogelarten, darunter die regionale Abnahme hitzemeidender Arten und die Verschiebung von Verbreitungsgrenzen, wurden in den letzten Jahren in vielen Ländern dokumentiert (Parmesan & Yohe 2003, Jiguet et al. 2010). Für den Naturschutz ist es wichtig, solche klimawandelbedingte Effekte frühzeitig abzuschätzen, um gegebenenfalls notwendige Anpassungsstrategien zu entwickeln. Im Rahmen des Forschungsprojekts KLIFF haben wir daher untersucht, mit welchen Veränderungen in der Vogelwelt im Naturraum Lüneburger Heide bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu rechnen ist. Die Prognose solcher Auswirkungen ist mit Unsicherheiten verbunden, die sowohl aus den Grenzen der Klimaprojektionen selbst als auch aus dem oft unzureichenden Kenntnisstand ökologischer Zusammenhänge resultieren. Um diesen Unsicherheiten zu begegnen, beziehen wir daher verschiedene Klimaszenarien ein, um einen Korridor möglicher Entwicklungen abdecken zu können. Weiterhin wählen wir einen Multimodellansatz, der verschiedene Methoden zur Abschätzung von Klimafolgen umfasst. Dazu haben wir 118 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme eine kriterienbasierte Empfindlichkeitsanalyse entwickelt, mit der wir anhand der projizierten Klimaänderungssignale und daraufhin ökologisch/physiologisch wirksam werdender Mechanismen potentiell negativ betroffene Arten ermitteln. Außerdem haben wir im Naturraum aktive faunistische Experten befragt, bei welchen Arten sie bereits Veränderungen beobachtet haben und welche klimawandelbedingten Auswirkungen auf die Arten der Region sie vermuten. Schließlich haben wir die Vogelgemeinschaft der Lüneburger Heide mit den Artengemeinschaften solcher Räume in Europa verglichen, in denen bereits heute die zukünftig für die Heide zu erwartenden Klimabedingungen vorherrschen (zukünftig klimaanaloge Räume), um so ableiten zu können, welche Arten auch zukünftig in der Lüneburger Heide vorkommen können und welche vielleicht verschwinden werden. Beim Vergleich der verschiedenen Methoden zeigt sich eine gute Übereinstimmung der Ergebnisse von Empfindlichkeitsanalyse und Expertenbefragung, vor allem für die empfindlicheren Arten. In beiden Fällen scheinen Arten der Binnengewässer und Feuchtlebensräume aufgrund ihrer ökologischen Eigenschaften besonders von Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Die Analyse der Artengemeinschaften zukünftig klimaanaloger Räume zeigt jedoch, dass viele dieser potentiell empfindlichen Arten auch unter zukünftigen Klimabedingungen grundsätzlich noch vorkommen können. Je größer der Anteil von Feuchtgebieten und Binnengewässern in einer solchen Region ist, desto mehr Feuchtgebiets-Arten aus der Artengemeinschaft der Lüneburger Heide kommen dort vor. Eine Stärkung des Feuchtgebietsschutzes ist daher aus unserer Sicht sinnvoll, um Auswirkungen des Klimawandels auf Arten abzumildern. Quellen: Jiguet, F. et al., 2010: Population trends of European common birds are predicted by characteristics of their climatic niche. In: Global Change Biology (16): 497-505. Parmesan, C. & Yohe, G., 2003: A globally coherent fingerprint of climate change impacts across natural systems. In: Nature (421): 37-42. Brutvögel, Klimaempfindlichkeit, Multimodellansatz, Lüneburger Heide 119 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme A complex set of parameters influences successful western corn rootworm development under global warming Stefan Vidal, Anne Wilstermann Georg-August Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften Invasive species need to be specifically flexible in adapting to new environmental conditions. Preconditioned plasticity will contribute to the fitness of populations of these species. We used the western corn rootworm (Diabrotica virgifera virgifera LeConte) to test the impact of different maize sowing dates, temperature regimes (either constant or varying), and population origin on climatic change scenarios in this herbivore pest species. We show that distinct regional populations significantly differ with regard to their temperature requirements and thus developmental parameters, that maize sowing dates have a profound influence on the development of the larvae, mediated by plant growth, and that varying temperature regimes significantly influence both timing of larval hatch and overall hatching rates. These findings have important implications for the expected damage levels in intense maize growing regions, and will also require adapted control strategies. Western corn rootworm, control strategies, global warming, plasticity Vulnerabilitätsanalyse für den Naturschutz in der Metropolregion Bremen-Oldenburg - ein Baustein für die regionale Klimaanpassungsstrategie von ‚nordwest2050‘ Stefan Wittig, Bastian Schuchardt BioConsult Schuchardt & Scholle GbR Im KLIMZUG-Vorhaben „Perspektiven für klimaangepasste Innovationsprozesse in der Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten“ (‚nordwest2050’) wurde auf dem Weg zu einer regionalen Klimaanpassungsstrategie (sog. „Roadmap of Change“) auch die Vulnerabilität des Handlungsbereiches „Natur- und Biodiversitätsschutz“ analysiert. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass der Klima120 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme wandel den Schutz der Natur und die Erhaltung der Biodiversität in der Metropolregion Bremen-Oldenburg vor zusätzliche Herausforderungen stellen wird, da durch ihn auch die durch die FloraFauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) geschützten Lebensräume beeinflusst werden. Im Rahmen der Vulnerabilitätsanalyse wurde die Einschätzung der potenziellen Auswirkungen anhand regionalisierter Klimaszenarien vorgenommen. Die Sensitivität der lokalen Lebensraumtypen der FFH-Schutzgebiete wurde anhand folgender Sensitivitätskriterien bewertet: Regenerierbarkeit, Flächenverlust, Bestandsentwicklung, qualitative Gefährdung, Wasserabhängigkeit und Erhaltungszustand. Die Einschätzung der regionalen Anpassungskapazität im Naturschutz basiert auf der Erkenntnis, dass die natürliche Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme aufgrund der hohen Vorbelastung schon heute begrenzt ist und sie durch die hohe Geschwindigkeit des Klimawandels überschritten werden könnte. Der Klimawandel wirkt dabei häufig als zusätzlicher Stressfaktor zu den vorhandenen Beeinträchtigungen (z. B. intensive Landwirtschaft, Zerschneidung durch Infrastruktur). Allerdings ist das vorliegende Wissen hierüber für eine detaillierte und kleinräumige Gefährdungseinschätzung und Ableitung konkreter naturschutzpolitischer Handlungsempfehlungen für die naturschutzrelevanten Arten und Lebensräume noch ergänzungsbedürftig. Dem Naturschutz stehen heute zahlreiche Handlungsmöglichkeiten und Instrumente wie der Arten- und Biotopschutz sowie das Management von Schutzgebieten zur Verfügung, die auch die negativen Auswirkungen des Klimawandels verringern können. Allerdings könnte es notwendig werden, die vorhandene Konzepte und Strategien insbesondere bei einem stark beschleunigten Klimawandel zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Ein Festhalten an Naturschutzstrategien, deren primäres Ziel der Erhalt des heutigen Zustands der geschützten Lebensräume ist, erscheint unter Klimawandelbedingungen weniger erfolgreich, wohingegen Prozessschutz und Zulassung dynamischer Entwicklungen in Ökosystemen besser geeignet erscheinen, um den Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen. Die Ergebnisse der Vulnerabilitätsanalyse für den Bereich Naturschutz sind in einem internetbasierten Informationssystem öffentlichkeitswirksam aufbereitet worden. Dazu wurden die für die Metropolregion vorliegenden Daten in einem Geographischen Informa121 Thema 3: Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Ökosysteme tionssystem (GIS) so bearbeitet, dass anhand eines Mapservers interaktive Karten erstellt werden. Ein Nutzer kann so über verschiedene Auswahlmöglichkeiten spezifische „Vulnerabilitätskarten“ auf der Website von ‚nordwest2050‘ ansehen. Vulnerabilität, Naturschutz, Klimawirkungen, Anpassungskapazität, Schutzgebiete, Informationssystem 122 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Leitung: Ortwin Peithmann Enke Franck 123 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien 9:00 -10:30 Uhr: Klimaanpassung von Land und Kommunen Anpassung an den Klimawandel - eine Herausforderung für die nachhaltige Landnutzung Hermann Spellmann Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt Eine zukunftsfähige Landnutzung muss Verantwortung für die Zukunft übernehmen und Gerechtigkeit zwischen den Generationen walten lassen. Sie muss nachhaltig und multifunktional sein und sie muss sich den Herausforderungen von heute und morgen stellen. Die Treiber der Entwicklung sind der Klimawandel, der demographische Wandel und die Globalisierung der Märkte. Zu den regionalen Folgen des Klimawandels zählen veränderte Produktionsgrundlagen, Produktionsrisiken und Ertragsaussichten. Sie führen zu einer zunehmenden Flächenkonkurrenz zwischen den Landnutzern und zu Interessenkonflikten um die Ressource Wasser. Dieser Wandel erfordert sektorale und transsektorale Anpassungsmaßnahmen unter Beachtung der sehr unterschiedlichen Vulnerabilitäten und Reaktionspotenziale von Land- und Forstwirtschaft. Zur Entwicklung von Anpassungsstrategien bedarf es • einer Analyse der ökologischen Grundlagen, der Produktionsverfahren, der Risiken, der Wertschöpfungsketten und der Stadt-Land-Beziehungen, • einer modellgestützten Abschätzung der Auswirkungen des Klimawandels und der Globalisierung der Märkte, • einer Identifikation quantitativer, transsektoraler Nachhaltigkeitsindikatoren, um Ziele zu konkretisieren, Zustände zu bewerten und Veränderungsbedarf zu identifizieren sowie • einer partizipativen Entwicklung von Leitbildern einer nachhaltigen Land-, Forst- und Wasserwirtschaft. Im Rahmen des Vortrages werden Lösungsansätze der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt und ihrer Projektpartner vorgestellt, die in verschiedenen Projekten und Modellregionen entwickelt und erprobt wurden bzw. werden. 124 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Entwicklung einer Niedersächsischen Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels Christian Jacobs Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Die Bedeutung des Klimawandels für Niedersachsen ist beträchtlich. Weite Bereiche der Gesellschaft unseres Landes sind heute schon mit dem Klimawandel konfrontiert oder werden es zukünftig sein. Für die Klimapolitik des Landes ergeben sich daraus zwei Aufgaben: die Treibhausgasemissionen müssen zügig gemindert werden und es sind Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu ergreifen. Ausgehend von dem Grundsatz der Kooperation wurde daher 2008 die Regierungskommission Klimaschutz einberufen, um den künftigen klimapolitischen Kurs Niedersachsens mit allen gesellschaftlichen Gruppierungen und Kräften einvernehmlich zu entwickeln. Damit ist Niedersachsen einen eigenen Weg der Strategiefindung gegangen: In einem umfassenden 3-jährigen gesellschaftlichen Beteiligungsprozess erarbeitete die Regierungskommission sowohl eine niedersächsische Klimaschutzstrategie als auch eine Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Für die Anpassungsstrategie wurde zunächst eine systematische Betrachtung aller potenziellen negativen und positiven Auswirkungen des zu erwartenden Klimawandels in Niedersachsen vorgenommen um dann in einem zweiten Schritt insgesamt 590 konkrete Optionen für Anpassungsmaßnahmen ableiten zu können. Hierbei haben die Ergebnisse des Forschungsverbundes KLIFF eine wesentliche Rolle gespielt. Mit der Umsetzung der Anpassungsstrategie wurde mittlerweile begonnen. Langfristiges Ziel ist es dabei, die Anpassung an die Folgen des Klimawandel dauerhaft in der Landesverwaltung zu verankern. Klimafolgenanpassung, Strategieentwicklung, Kooperation und gesellschaftliche Beteiligung, Verwaltungshandeln 125 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Strategieentwicklung in der Klimaanpassungspolitik: Niedersachsen und Bayern im Vergleich Veit Ebermann Leuphana Universität Lüneburg, Zentrum für Demokratieforschung Klimaanpassung lässt sich wegen der Unsicherheiten und Kontroversen bei der Problemdefinition, dem Ausmaß möglicher ökologischer und sozialer Umwälzungen, der Komplexität der Probleme und der Vielzahl potenziell Betroffener, möglicher Akteure und Adressaten von Klimaanpassungspolitik als „wicked problem“ charakterisieren (van Nieuwaal, Driessen, Spit, &Termeer, 2009: 18f.). Bei derartigen Problemtypen stößt die Leistungsfähigkeit etablierter demokratischer Verfahren politischer Willensbildung und Entscheidungsfindung an Grenzen (Saretzki 2011: 41ff.). Eine innovative Form der Politikformulierung stellt die 2008 von der niedersächsischen Landesregierung eingerichtete „Regierungskommission Klimaschutz“ dar, deren Aufgabe es war, die Landesregierung hinsichtlich einer Klimaschutz- und Klimaanpassungsstrategie des Landes zu beraten. Das Forschungsprojekt A-CLIM im Forschungsverbund KLIFF untersucht anhand eines qualitativen Fallstudienvergleichs (I) wie Administrationen und politische Entscheidungsträger im Regierungssystem eines deutschen Landes Klimaanpassungsstrategien entwickeln (Strategy-Making) und (II) welche Stärken und Schwächen verschiedene Verfahren und institutionelle Settings aus Sicht der politikwissenschaftlichen Strategieanalyse aufweisen (Raschke & Tils 2007). Als zentrale Herausforderungen bei der Entwicklung von Anpassungsstrategien gelten die horizontale und vertikale Politikkoordination, die Integration wissenschaftlichen und fachlichen Wissens, der Umgang mit Unsicherheit und die Beteiligung von nicht-staatlichen Akteuren (Bauer, Feichtinger, & Steurer, 2012). Die politikwissenschaftliche Strategieanalyse bezieht darüber hinaus strategische Überlegungen der Akteure ein, die über das Politikfeld Klimaanpassung hinausgehen. Bei den ausgewählten Fallstudien handelt es sich mit Niedersachsen und Bayern um die beiden größten Flächenländer in Deutschland, die jeweils vielfältige Natur- und Wirtschaftsräume aufweisen. Mit Küste und Wattenmeer einerseits und den Alpen andererseits liegen in beiden Ländern klimasensible Räume von nationaler Bedeutung, die von den Folgen des Klimawandels besonders be126 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien troffen sein könnten. Beide Länder haben ihre Anpassungsstrategien in einem ressortübergreifenden Prozess entwickelt. Die Prozesse unterscheiden sich jedoch unter anderem hinsichtlich der horizontalen Politikkoordination (Regierungskommission vs. Interministerielle Arbeitsgruppe), der Wissensintegration und der Beteiligung von nicht-staatlichen Akteuren. Literatur: Bauer, A., Feichtinger, J., & Steurer, R. (2012). The Governance of Climate Change Adaptation in 10 OECD Countries: Challenges and Approaches. Journal of environmental policy and planning, 14(3), 279–304.; Raschke, J., Tils, R. (2007). Politische Strategie. Eine Grundlegung. Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwiss.; Saretzki, T. (2011): Der Klimawandel und die Problemlösungsfähigkeit der Demokratie, in: Suzanne S. Schüttemeyer (Hg.): Politik im Klimawandel: Keine Macht für gerechte Lösungen? BadenBaden: Nomos, S. 41-63; van Nieuwaal, K., Driessen, P., Spit, T., & Termeer, C. (2009). A State of the Art of Governance Literature on Adaptation to Climate Change: Towards a Research Agenda. KfC 003/2009. Policy making, Politikwissenschaftliche Strategieanalyse Kommunales Klimafolgenmanagement Björn Beermann GEO-NET Umweltconsulting GmbH Die „Deutsche Anpassungsstrategie an die Folgen des Klimawandels (DAS)“ und die Niedersächsische Regierungskommission Kli maschutz schreiben der lokalen Ebene im bundesdeutschen bzw. niedersächsischen Anpassungsprozess eine zentrale Rolle zu. Dabei formuliert die Bundesregierung u.a. das Ziel, die Klimafolgenanpassung in alle relevanten lokalen Planungs- und Entscheidungsprozesse implementieren zu wollen. Klimasensitive Entscheidungen sind gemäß der „Empfehlung für eine niedersächsische Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ zukünftig in vierzehn sektoralen und fünf sektorübergreifenden Handlungsfeldern zu treffen. Angesichts der teilweise enorm hohen internen Komplexität dieser Handlungsfeldern sowie ihrer vielfältigen Wechselbeziehungen wird deutlich, dass es eines zentralen Akteurs bedarf, der in der Lage ist, den lokalen Anpassungsprozess zielgerichtet zu steuern. 127 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Das politisch-administrative System der Bundesrepublik Deutschland weist diese Rolle quasi per se der Kommunalverwaltung und politik zu. Neben ihrer Rolle als Betroffener kommt der Institution Kommune dabei im Sinne eines „Good Climate Change Adaptation Governance“ insbesondere die Aufgabe der Initiierungs-, Koordinierungs- und Moderationsfunktion zu. Diese Kernfunktion hat sich dem Governace-Ansatz zufolge nicht nur auf die klassischen Selbstverwaltungsaufgaben der Kommune zu konzentrieren, sondern soll in einem integrativen Sinne darauf abzielen, die Ziele aller lokal relevanten, klimasensitiven Handlungsfelder unter einem kooperativ-strategischen Leitbild zum Ausgleich zu bringen. Um den Kommunen einen Orientierungsrahmen für diese hochgradig komplexe Aufgabe zur Verfügung zu stellen, hat der Autor auf der Basis einer Fragebogenaktion und Expertengesprächen mit Kommunalvertretern sowie einer internationalen Quellenrecherche ein idealtypisches Prozessmodell zum kommunalen Klimafolgenmanagement entwickelt. Das Modell bildet in aufeinander aufbauenden Prozessphasen und bausteinen sowie den gesamten Prozess begleitenden Querschnittsaufgaben einen idealisierten Verlauf des iterativen, flexiblen kommunalen Anpassungsprozesses ab und diskutiert dabei zentrale Werkzeuge und Schlüsselfragestellungen für einen erfolgreichen Anpassungsprozess auf kommunaler Ebene. Inhaltliche Schwerpunkte dieses ganzheitlichen Ansatzes liegen dabei u.a. sowohl auf akteursbasierten Instrumenten zur Kommunikation mit Prozessstakeholdern als auch auf dem Umgang mit Unsicherheiten sowie der Herleitung von erheblichen Klimafolgen und nachhaltigen Anpassungsmaßnahmen auf der Basis eines logisch-hierarchischen Zielsystems. Prozess, Kommune, lokal, Klimafolgenmanagement, Anpassungsstrategie 128 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien 11:00 - 12:40 Uhr: Sektorale Anpassungsstrategien Die Analyse und praktische Erprobung von Klimaanpassungsstrategien in der nordwestdeutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft Marion Akamp, Hedda Schattke, Michael Mesterharm, Nana Karlstetter, Reinhard Pfriem, Karsten Hurrelmann Universität Oldenburg, Institut für Betriebswirtschaftslehre Die Metropolregion Bremen-Oldenburg liegt im Zentrum der niedersächsischen Land- und Ernährungswirtschaft, die zwischen Nordseeküste und Osnabrücker Land regional unterschiedliche Schwerpunkte besitzt. Ein Sektor übergreifendes Markenzeichen sind die räumlichen Verbundsysteme zwischen Primärproduktion sowie der vor- und nachgelagerten Industrie, denen auch international eine starke Bedeutung zukommt. Im KLIMZUG Projekt nordwest2050 steht die Metropolregion im Zentrum von Forschungsaktivitäten, die zum Ziel haben, flexible Anpassungsstrategien an den Klimawandel zu entwickeln. Hierbei wird insbesondere der Frage nachgegangen, welche innovativen Lösungsansätze für die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft geeignet sind, um negative klimawandelbedingte Auswirkungen zu reduzieren und gleichzeitig die entstehenden Chancenpotenziale frühzeitig zu nutzen. Der vorliegende Beitrag stellt nicht nur die wesentlichen Klimaanpassungsstrategien für den Bereich der nordwestdeutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft vor, sondern diskutiert diese auch hinsichtlich ihrer Betroffenheit und Innovationsfähigkeit und stellt sie in den Kontext einer nachhaltigen Entwicklung. In den zunächst durchgeführten wertschöpfungskettenbezogenen Vulnerabilitätsanalysen (Betroffenheitsanalyse) richtete sich der Fokus auf die natürliche Anpassungskapazität, die Anpassungsmöglichkeiten, das Anpassungswissen und die Anpassungsbereitschaft der betrachteten Branchen. Die Anpassungsbereitschaft der Akteure hat sich dabei als eine kritische Größe herausgestellt. Aus diesem Grund wurden die Akteure der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft gleich zu Beginn des Projektes in die Anpassungsprozesse einbezogen. Gemeinsam mit ihnen wurden praktische Pilotprojekte definiert und im Zuge der mehrjährigen Projektlaufzeit so genannte Innovationspfade identifiziert. Diese Projekte 129 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien umfassen sowohl unternehmensindividuelle als auch wertschöpfungskettenweite bzw. netzwerkbezogene Anpassungsaktivitäten. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen zu den Anpassungsstrategien hat sich herausgestellt, dass mehrere Ebenen der unternehmerischen Anpassung existieren: Es kann hierbei grob unterschieden werden zwischen 1) technologischen Prozessinnovationen, 2) Produktinnovationen sowie 3) organisatorischen Innovationen. Bei den technologischen Prozessinnovationen geht es darum, Technologien wie z.B. im Bereich der Kühlung und Belüftung von Gebäuden oder Ställen auf mögliche Spannweiten und Unsicherheiten des Klimawandels vorzubereiten. Diese Innovationen setzen eher an der Anpassung des bestehenden Systems an, ohne es prinzipiell zu hinterfragen. Produktinnovationen implizieren einen umfassenderen strukturellen Wandel, z.B. im Hinblick auf verändertes Konsumentenverhalten und die Generierung von Zukunftsmärkten. Beispielsweise wird in diesem Innovationsfeld die Frage behandelt, wie klimarobuste Rassen und Sorten erfolgreich eingesetzt und vermarktet werden können. Organisatorische Innovationen beziehen sich auf Veränderungen in der Kooperation und Kommunikation der Akteure, wie z.B. die Thematisierung von Klimawandel im Management der Wertschöpfungskette. In der Analyse und Erprobung der Anpassungsstrategien wurde vor allem deutlich, wie wichtig die Bereitschaft der Akteure zur langfristigen und nachhaltigen Anpassung an den Klimawandel ist. Pilotprojekte zur Klimaanpassung, Ernährungswirtschaft, nachhaltige Entwicklung Entwicklung von Anpassungsstrategien im transdisziplinären Innovationsnetzwerk INKA BB Verena Toussaint1), Andrea Knierim2), Sonja Siart1) 1) 2) Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung Universität Hohenheim Die gemeinsamen Ziele der Netzwerkpartner im Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Brandenburg Berlin (INKA BB) sind es, die Nachhaltigkeit der Land- und Wassernutzung in der Region unter veränderten Klimabedingungen zu ermöglichen und die Anpas130 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien sungsfähigkeit von Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung an den sich abzeichnenden Klimawandel zu fördern (Knierim et al. 2009). Die Erarbeitung und Umsetzung von Anpassungsstrategien an den Klimawandel wird durch die Unterstützung der transdisziplinären Kooperation und der gemeinsamen Planungs- und Umsetzungsprozesse gefördert. Die Akteure sollen zur strategischen Planung und Ausrichtung unter Berücksichtigung der Chancen und Risiken des Klimawandels und möglicher Unsicherheiten befähigt werden. Dazu bedarf es eines gemeinsamen methodischen Ansatzes, der beispielhaft für einen bottom-up-Prozess gesellschaftlicher Steuerung an der Schnittstelle Forschung–Praxis steht. Die durch INKA BB induzierte Entwicklung von Anpassungsstrategien ist institutionell und räumlich unterschiedlich verortet. Es zeichnen sich „Cluster“ der Strategieentwicklung ab: i) Standörtlich maßgeschneiderte Innovationen werden in den Untersuchungsregionen in Zusammenarbeit mit Fachbehörden im Bereich Wassermanagement erarbeitet; ii) ein Set von einzelnen Innovationen, die auf unterschiedliche Anpassungserfordernisse des Klimawandels zugeschnitten und betriebsspezifisch kombinierbar sind, wird gemeinsam mit landwirtschaftlichen, gartenbaulichen und forstwirtschaftlichen Betrieben erprobt; iii) in Kooperation mit Behörden und Verwaltungen wird themenspezifisch die Fachplanung auf unterschiedlichen Verwaltungsebenen unterstützt. Besondere Herausforderungen während des Projektes waren die Sensibilisierung der Praxisakteure für den Klimawandel, gerade auch vor dem Hintergrund von aktuellen Witterungsbedingungen, die den Klimaszenarien scheinbar widersprechen. Daher kommt es insbesondere auf die Entwicklung flexibler Anpassungsmaßnahmen unter Berücksichtigung sowohl von Temperaturerhöhung und Wassermangel als auch von Wasserüberschuss und Hochwasser an. Ein Türöffner ist auch, wenn Klimaanpassung zusammen mit Klimaschutz kommuniziert wird. Über die Projektlaufzeit hinaus soll erreicht werden, dass die Praxisakteure die Themen Klimawandelschutz und anpassung in ihre unternehmens- oder organisationsinterne Strategieentwicklung langfristig aufnehmen. Die Wahrnehmung von INKA BB und seine Wirkungen bei den Praxisakteuren werden im ersten Halbjahr 2013 empirisch erhoben und Ergebnisse hierzu werden in den Tagungsbeitrag einfließen. Literatur: Knierim, Andrea; Toussaint, Verena; Müller, Klaus; Wiggering, Hubert; Bachinger, Johann; Kaden, Stefan; Scherfke, Wolfgang; Steinhardt, Ute; Aenis, Thomas; Wechsung, Frank (2009): Innovationsnetzwerk 131 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Klimaanpassung Region Brandenburg Berlin – INKA BB. Rahmenplan gekürzte Version.[Elektronische Ressource], Müncheberg: Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung.", Landnutzung, Wassermanagement, Brandenburg, Landwirtschaft, Transdisziplinarität Dynamischer Kulturlandschaftsplan "Obere Wipperau" - Ein Instrument zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels und zur Entwicklung zukunftsfähiger Kulturlandschaften Imke Mersch1), Monika von Haaren2) 1) 2) Landwirtschaftskammer Niedersachsen Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, vorher Landwirtschaftskammer Niedersachsen Aufgrund der negativen klimatischen Wasserbilanz in der Vegetationsperiode und der geringen Wasserspeicherfähigkeit der Böden spielt die Feldberegnung im Nordosten Niedersachsens eine wichtige Rolle. Unter den zu erwartenden Rahmenbedingungen des Klimawandels mit vermehrter Sommertrockenheit wird diese Bedeutung künftig deutlich ansteigen, um Ernteausfälle zu vermeiden sowie weiterhin Erträge und Qualitäten absichern zu können. Um das verfügbare Wasser noch effizienter zu nutzen und gleichzeitig Energie einzusparen, sollen vermehrt Großflächenregner (Kreis- und Linearberegnung) zum Einsatz kommen. Dazu sind Anpassungen der Agrarstruktur hinsichtlich Form und Größe der Bewirtschaftungseinheiten notwendig. Ohne integrierte Planungen können dabei strukturarme Landschaften entstehen, die den ökologischen Vernetzungsstrukturen eines Biotopverbundsystems entgegenlaufen. Die Anpassungen können jedoch bei entsprechender Planung und Kooperation der Akteure auch genutzt werden, um neben landwirtschaftlichen Belangen auch die Ansprüche des Natur- und Landschaftshaushaltes zu wahren. So können sich alle Bereiche gleichrangig entwickeln. Für den Landkreis Uelzen, Modellgebiet „Obere Wipperau“, wurde ein Instrument der Landentwicklung zur Förderung von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel erarbeitet. Der „Dynami132 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien sche Kulturlandschaftsplan“ erfasst die Wünsche aller Akteure wie Landwirtschaft und Naturschutz und zeigt Konflikte zwischen den einzelnen Planungskonzepten auf. Oftmals stehen Planungsinteressen dieser Akteure unverknüpft nebeneinander oder behindern sich sogar, die Kommunikation ist schwierig. Um diesem Problem vorzubeugen, wurde der „Kulturlandschaftsverband Obere Wipperau“ gegründet. Er vereint die Stakeholder und begleitet in einem moderierten Verfahren vom ersten Schritt an die Planungen bis hin zur Umsetzung. Schutzgüter werden so in ihrer Funktion nachhaltig gesichert und weiterentwickelt, Anpassungen an den Klimawandel erfolgen als „No-regret-Maßnahmen“. Die Übertragung des Verfahrens auf andere Regionen ist wünschenswert und könnte im Idealfall durch Fördermittel angeregt werden. Landwirtschaft, Beregnung, Naturschutz, Agrarstruktur, Wasser, Zukunftsfähige Kulturlandschaften Potenzielle Auswirkungen des Klimawandels auf Arten- und Biotope im östlichen Niedersachsen - Anpassungsbedarf und Anpassungsstrategien Michael Reich, Rüdiger Prasse, Michael Rode, René Hertwig, Janine Sybertz, Christina Weiss Leibniz Univerisät Hannover, Institut für Umweltplanung Die möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf Objekte und Ziele des Naturschutzes waren in den letzten Jahren Gegenstand mehrerer Forschungsvorhaben am Institut für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover. Im Verbundprojekt „Regionales Management von Klimafolgen in der Metropolregion HannoverBraunschweig Göttingen“ (BMBF) standen die Auswirkungen des Klimawandels auf das Netzwerk Natura 2000 (FFH-Lebensraumtypen, Schutzgebiete der FFH- und Vogelschutzrichtlinie) im Vordergrund (Weiss et al. 2011), im F+E Vorhaben „Biotopverbund als Anpassungsstrategie für den Klimawandel?“ (BfN, BMU) wurde die Bedeutung der bestehenden bundesweiten Habitat-Netzwerke für die vom Klimawandel potenziell betroffene Pflanzen- und Tierarten betrachtet (Reich et al. 2012) und im Mittelpunkt unseres Teilpro133 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien jektes im KLIFF-Verbund standen die zu erwartenden Veränderungen in der Fauna und Flora der Naturräume Harz und Lüneburger Heide. In allen drei Projekten wurden außerdem der Anpassungsbedarf und geeignete Anpassungsstrategien formuliert. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen, dass bis zum Ende des 21. Jahrhunderts mit einer deutlichen Veränderung des heutigen Artenspektrums gerechnet werden muss. Einige der Arten, die heute im Fokus des Naturschutzes stehen werden voraussichtlich verschwinden, während sich bei anderen die Situation potenziell verbessern könnte. Zusätzlich werden neue Arten auftreten und in Niedersachsen ausgestorbene Arten zurückkehren. Bei der Mehrzahl der heute nach FFH-Richtlinie geschützten Lebensräume ist damit zu rechnen, dass der Klimawandel einen negativen Einfluss auf ihren Erhaltungszustand haben wird. Inwieweit dies lokal zum Rückgang typischer Arten, zu Flächenverlusten, oder sogar zum völligen Verschwinden des Lebensraumtyps führen kann, wird von den jeweiligen Standortbedingungen und der tatsächlichen Ausprägung des Klimawandels im regionalen Kontext abhängen. Dies betrifft insbesondere die Gruppen der Feuchtlebensräume und Gewässer, aber auch viele mesophile Lebensraumtypen, wie z.B. die Buchenwälder. Der Naturschutz wird seine Ziele (Arten und Lebensräume) daher in Zukunft erheblich an die sich verändernden Umweltbedingungen anpassen müssen. Die möglichen Anpassungsstrategien und –maßnahmen gehören aber durchweg zum bereits etablierten Instrumentarium, das auch heute schon im Naturschutz Anwendung findet. Hierzu gehört auch, dass die Anstrengungen zum Erhalt einer Reihe von schon heute erheblichen Belastungen unterliegenden Arten und Lebensräume (z.B. Feuchtgebiete) wesentlich verstärkt werden müssen. Die Reduktion bestehender Belastungen in Schutzgebieten (z.B. Verinselung, Nährstoffeinträge, Störungen des Wasserhaushaltes) wird ebenso ein zentrales Ziel bleiben, wie gezielte Artenhilfsmaßnahmen (wenn auch für ein etwas verändertes Set an Arten), oder die Verbesserung des Biotopverbundes. Die Sicherung von an hohe Grundwasserstände gebundener Lebensgemeinschaften wird in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Ihr kann aber, insbesondere bei der Dimensionierung der Maßnahmen, z.B. bei der Wiedervernässung von Feuchtgebieten, schon heute Rechnung getragen werden. Anpassungsmaßnahmen, Naturschutz, Schutzgebiete, Artenschutz, Natura 2000, Biotopverbund 134 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Bewertung integrierter Pläne zum Umgang mit aus Überschwemmung resultierenden Risiken in Städten und Regionen Nancy Kretschmann, Jörg Knieling, Katharina Klindworth, Thomas Zimmermann HafenCity Universität Hamburg Klimatische Veränderungen und ihre Folgen erhöhen in Kombination mit veränderten Landnutzungen die Eintrittswahrscheinlichkeit von Überschwemmungen. Vor diesem Hintergrund verändern sich das planerische Paradigma und damit die strategische Herangehensweise zum Umgang mit den aus Überschwemmung resultierenden Gefahren und damit zum Umgang mit dem Risiko. Ihr Ziel besteht darin, die Vulnerabilität gegenüber den Gefährdungen durch Überschwemmungen flusseinzugsgebietsbezogen und damit regional auf ein gesellschaftlich akzeptiertes Maß zu verringern. Entsprechende integrative Strategien verknüpfen die Stadt- und Siedlungsentwicklung mit dem Aspekt des Umgangs mit Gefährdungen, die aus Überschwemmungen resultieren. International wurden in den vergangenen Jahren bereits verschiedene Pläne, bspw. für Rotterdam, New Orleans oder Vancouver, entwickelt. In der Regel handelt es sich dabei um informelle und damit nicht verbindliche Pläne. Daher stellt sich folgende Frage: Gelingt es Städten und Stadtregionen vor dem Hintergrund des Klimawandels mit integrierten Plänen die Vulnerabilität gegenüber den Gefährdungen durch Überschwemmungen zu reduzieren? Ansätze für eine Analyse und Bewertung der möglichen Wirkungen von Plänen bietet die Diskussion um die Bewertung der Planqualität (BAKER et al. 2012, BEAR 1997, BERKE/GODSCHALK 2009, BRODY 2003, OLIVEIRA/PINHO 2009, PRESTON et al. 2011). Sie baut auf der Annahme auf, dass „gute Pläne“ eine höhere Chance auf Realisierung ihrer Inhalte haben. Gegenstand der Diskussion sind Kriterien für eine analytische Bewertung von Raumordnungsplänen, die sich den folgenden Oberkategorien zuordnen lassen: Informationsgrundlage, Strategie, Maßnahmen, Umsetzung, Monitoring. Der Beitrag greift die Planqualitätsdiskussion auf, um einen Ansatz für die Bewertung von städtischen und stadtregionalen Plänen zum Umgang mit der aus dem Klimawandel resultierenden zunehmenden Gefährdung durch Überschwemmungen vorzustellen. Aus den Ergebnissen wer135 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien den Empfehlungen abgeleitet, die bei der Entwicklung von städtischen und stadtregionalen Plänen zum Umgang mit den Klimawandelrisiken beachtet werden sollten. Der Beitrag gliedert sich wie folgt: Zunächst wird eine Einführung in die Problemstellung gegeben, welche die oben skizzierte Ausgangslage detaillierter beschreibt. Es folgt die Ableitung der Bewertungskategorien aus der Planqualitätsdiskussion, d.h. welche inhaltlichen Festlegungen ein guter Plan braucht, um seine Realisierung zu gewährleisten, sowie eine Erläuterung der entwickelten Bewertungssystematik. Die Bewertungskategorien werden anschließend genutzt, um bestehende Pläne, die diese Thematik integrativ behandeln, zu bewerten. Zu den Fallbeispielen zählen unter anderem der Rotterdamer Water Plan 2 und der Copenhagen Climate Adaptation Plan sowie der Londoner TE2100 Plan. Verwendete Literatur: BAKER, I.; PETERSON, A.; BROWN, G. & MCALPINE, C. (2012): Local Government Response to the Impacts of Climate Change: An Evaluation of Local Climate Adaptations Plans, In: Landscape and Urban Planning, vol. 107, no. 2, S. 127-136. BEAR, W.C. (1997): General Plan Evaluation Criteria: An Approach to Making Better Plans, In: Journal of the American Planning Association, vol. 63, no. 3, S. 329-344. BERKE, P.R. & GODSCHALK, D. (2009): Searching for the Good Plan, A Meta-Analysis of Plan Quality Studies, In: Journal of Planning Literature, vol. 23, no. 3, S. 227-240. BRODY, S.D. (2003): Are We Learning to Make Better Plans? A Longitudinal Analysis of Plan Quality Associated with Natural Hazards, In: Journal of Planning Education and Research, vol. 23, no. 2, S. 191-20. POTSCHIN, M.B.; KLUG, H. & HAINES-YOUNG, R.H. (2010): From Vision to Action: Framing the Leitbild Concept in the Context of Landscape Planning, In: Futures, vol. 42, no. 7, S. 656-667. OLIVEIRA, V. & PINHO, P. (2009): Evaluating Plans, Processes and Results, In: Planning Theory & Practice, vol. 10, no. 1, S. 35-63. PRESTON, B.L.; Westaway, R.M. & Yuen, E.J. (2011): Climate adaptation planning in practice: evaluation of adaptation plans from tree developed nations, In: Mitigation and Adaptation for Global Change, vol. 16, no. 4, S. 407-438. Planqualität, Hochwasserrisikomanagement, Bewertungsansatz 136 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien 14:00 - 15:20 Uhr: Regionalplanung/regionale Kooperation Die Roadmap of Change als integrativer Handlungsrahmen für regionale Klimaanpassungsprozesse Andreas Lieberum, Manfred Born econtur gGmbH Die Roadmap of Change ist regionaler Handlungsrahmen zur Umsetzung einer Klimaanpassungstrategie in der Metropolregion Bremen-Oldenburg. Sie wird erarbeitet im Kontext des Klimzug-Projektes nordwest2050 und basiert auf einem mehrstufigen Forschungsansatz. Ausgehend von der Erarbeitung regionaler Klimaprojektionen, wurde für unterschiedliche Handlungsfelder eine Vulnerabilitätsanalyse und eine Innovationspotenzialanalyse durchgeführt. Auf der Basis von nicht durch die regionalen Akteure beeinflussbaren Rahmenszenarien werden in einem aufwändigen Beteiligungsprozess Handlungsszenarien in insgesamt 12 Sektoren erstellt. In vier Bereichen (Energiewirtschaft, Hafenwirtschaft/Logistik, Landwirtschaft/Ernährungswirtschaft und im Bereich Governance) werden vertiefende sektrorale Roadmaps erstellt. Zusammengeführt werden diese in der Roadmap of Change, in der kurzfristige Handlungsempfehlungen bis zum Jahr 2050 und langfristige Handlungsorientierungen bis zum Jahr 2050 beschrieben werden. In dem Vortrag wird dieser Prozess dargestellt und deutlich gemacht, welche kommunikativen Mittel zur Ansprache von Akteuren eingesetzt wurden Roadmap of Change, Rahmenszenarien, Handlungsszenarien, Resilienz Regionale Kooperation zur Klimaanpassung im Bergischen Städtedreieck Christoph Riegel, Anika Trum, Dirk Vallée RWTH Aachen University, Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr 137 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Siedlungsklimatische Phänomene machen nicht an Gemeindegrenzen halt. Im Jahr 2011 entschlossen sich daher die Städte Remscheid und Solingen, die seit der Regionalen 2006 kooperativ zusammenarbeiten, dieser Tatsache mit einer gemeinsamen, stadtregionalen Anpassungsstrategie an den Klimawandel entgegenzusehen. Das Vorhaben wurde zwischen Dezember 2011 und März 2013 vom Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr der RWTH Aachen University gutachterlich bearbeitet und von einer sehr aktiven Projektgruppe, gebildet aus Mitarbeitern der Städte (Stadtplanung und Umwelt) sowie der Bergischen Entwicklungsagentur, begleitet. Weitere relevante Akteure wurden u.a. über vier Themen-Werkstätten und Fachgesprächen eingebunden. Gefördert wurde das Projekt im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Zielsetzung lautete, die Akteure vor Ort für das Thema Klimaanpassung stärker zu sensibilisieren, vorhandene Anpassungsansätze zu ermitteln und aufzuzeigen, die lagebedingten bzw. soziodemografisch-bedingten Betroffenheiten räumlich abzuschätzen und Vorschläge zur praktischen Umsetzung der Anpassungsstrategie auszuarbeiten. Dabei konnte herausgearbeitet werden, dass das Bergische Städtedreieck durch seine Lage am Rande des Ballungsraums Rhein-Ruhr einerseits vergleichsweise mäßige Auswirkungen der Klimaveränderungen erwarten kann und andererseits sogar das Potenzial besteht, sich durch frühzeitige und konsequente Anpassungsmaßnahmen als regionaler Gunstraum zu entwickeln. Die Präsentation gibt einen Überblick über den Erarbeitungsprozess dieser interkommunalen Anpassungsstrategie und stellt die Methodik und Ergebnisse der durchgeführten Betroffenheitsanalyse vor. Für die Analyse wurden vier Themenfelder ausgewählt, die aufgrund der lokalen Gegebenheiten von besonderer Relevanz sind: „Hitze in der Stadt und Folgen für Wohnen, Gesundheit, Demografie“, „Starkregen und Hochwasser“, „Starkwind und Sturm“ sowie „Schleichende Klimaänderungen und multifunktionales Leistungsspektrum des Freiraums“. Die Stadtgebiete von Solingen und Remscheid wurden für die Analyse in über 700 stadtstrukturelle Gebietseinheiten in neun Nutzungskategorien untergliedert. Basierend auf vorhandenen Daten wurden daraufhin Indikatoren für die lagebedingte bzw. soziodemografische Exposition und Sensitivität abgeleitet und deren Zutreffen in einem Geographischen Informa138 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien tionssystem für die Gebietseinheiten dargestellt. Eine Herausforderung hierbei stellte insbesondere die unterschiedliche Datenverfügbarkeit innerhalb der beiden Städte dar. Durch die Überlagerung der Ergebnisse konnten Gebietseinheiten identifiziert werden, für die gegenüber der betrachteten Klimawirkung eine erhöhte Betroffenheit zu erwarten ist. Ausgehend von der Analyse wurden 36 Maßnahmenvorschläge ausgearbeitet und zwölf Faktoren formuliert, die für eine erfolgreiche Umsetzung der Anpassungsstrategie als wichtig erachtet werden. Für die Umsetzung der Maßnahmenvorschläge wird nun zusammen mit der Stadt Wuppertal ein gemeinsames Anschlussprojekt angestrebt. Regionale Kooperation, Klimaanpassung, Betroffenheitsanalyse, Anpassungsstrategie, Maßnahmenkatalog, Regionalentwicklung Naturnahe, klimagerechte Metropolregion 2050 Kristin Barbey KIT - Karlsruher Institut für Technologie Klimawandel und Klimafolgen erfordern in der Konsequenz der Erkenntnis um ihre anthropogenen Ursachen einen veränderten Umgang mit Raum und Natur. Der Raum selbst gewinnt als Ort der Umsetzung von Klimaschutz und Klimaanpassung und als Basis der anstehenden Transformationsprozesse der Energiewende an übergeordneter Relevanz für eine zukunftsfähige und klimagerechte Entwicklung. Die Komplexität der Fragestellung Klimawandel und Klimafolgen erfordert die gleichzeitige Entwicklung räumlicher Strategien Klimaschutz und Klimaanpassung auf regionaler und lokaler Ebene sowie die Etablierung wirksamer gesamtstrategischer Konzepte auf raumplanerischer und politischer Ebene. Die Frage stellt sich nach dem gesamträumlichen Konzept, das ausgehend von den naturräumlichen Gegebenheiten die Strategien Klimaschutz und Klimaanpassung räumlich verortet und eine räumliche Vorstellung von den in allernächster Zukunft anstehenden Aufbau- und Umbauprozessen vermittelt. Zur Zeit fehlt es an konkreten, gesamträumlichen Konzepten, die eine räumliche Vorstellung von dem in allernächster Zukunft anstehenden räumlichen 139 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Strukturwandel im Zusammenhang abbilden und die geeignete Maßnahmen Klimaschutz und Klimaanpassung im Zusammenhang von Stadt und Region verorten. Bezogen auf die besonderen Bedingungen der Metropolregion Rhein-Neckar und der Stadt Mannheim werden auf der Basis des PROJEKTs NATUR konkrete Raumentwicklungs-strategien entworfen, die ein aufeinander abgestimmtes gesamträumliches Konzept Klimaschutz und Klimaanpassung auf metropolregionaler und lokaler Ebene mit der Perspektive Naturnahe, klimagerechte Metropolregion 2050 darstellen. Die Forderung nach gesamträumlichen Konzepten mit aufeinander abgestimmten Strategien schließt die Forderung nach einer stärkeren Verknüpfung von Politik und Raum mit ein. Neben dem Ineinandergreifen der Strategien NATURAUFBAU – STADTUMBAU – ENERGIEAUFBAU auf räumlicher Ebene gilt dieses Prinzip auch zwischen den Ebenen von POLITIK, KONZEPT und RAUM. Politische Konzepte müssen auf den konkreten Raum bezogen sein und verbindlich geltende Umsetzungsziele und -zeiten formulieren, um entsprechende Erfolge in der räumlichen Umsetzung von Klimaschutz, Klimaanpassung und nachhaltiger Raumentwicklung zu erreichen. Politische Konzepte für Klimaschutz und Klimaanpassung können nur durch den konkreten Raumbezug und in der Berücksichtigung dessen spezifischen geophysikalischen, natur- und stadträumlichen sowie klimatischen und energetischen Parameter die avisierte Wirkung erreichen. Das gesamträumliche Konzept umfasst auf der konkret räumlichen Ebene auch die strategischen Handlungsfelder verschiedener Disziplinen und verortet die Schwerpunkte des Spektrums räumlicher und politischer Möglichkeiten. Folgende wesentliche, mit der Entwicklung von Klimaschutz und Klimaanpassung, Transformation und Energiewende eng verknüpfte Chancen ökologischer, raumästhetischer und gesellschaftspolitischer Qualifizierung kristallisieren sich heraus. NATURAUFBAU: Chance der ökologischen (+ ästhetischen) Qualifizierung, STADTUMBAU: Chance der ästhetischen (+ ökologischen) Qualifizierung und ENERGIEUMBAU: Chance der gesellschaftspolitischen + (ökologischen) Erneuerung. Im Zusammenhang und Zusammenwirken der Strategien NATURAUFBAU – STADTUMBAU – ENERGIEUMBAU entsteht ein Entwicklungspfad nachhaltiger Raumentwicklung in raumökologischer, raumästhetischer und gesellschaftspolitischer Hinsicht. ( http://digbib.ubka. uni-karlsruhe.de/volltexte/1000029071) 140 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Metropolregion im Klimawandel – Räumliche Strategien Klimaschutz und Klimaanpassung IMPLAN: Regionalplanung und Klimaanpassung in Niedersachsen Enke Franck1), Jan Spiekermann2) 1) 2) Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Hannover Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Institut für Biologie und Umweltwissenschaften Der Beitrag basiert auf dem KLIFF-Querschnittsprojekt 2 IMPLAN „IMplementierung von Ergebnissen aus KLIFF in der räumlichen PLANung in Niedersachsen“. Das Projekt läuft seit 2009 und wird Ende 2013 mit einem Leitfaden für die Regionalplanung in Niedersachsen abgeschlossen. Da der Großteil der zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels räumliche Bezüge und Konsequenzen aufweist, kommt bei der Umsetzung entsprechender Anpassungsmaßnahmen neben raumbezogenen Fachplanungen (wie z.B. Wasserwirtschaft oder Naturschutz) vor allem der Raumplanung eine große Bedeutung zu. Die besondere Rolle der Raumplanung im Vergleich zu den raumbezogenen Fachplanungen resultiert daraus, dass sie als übergeordnete und querschnittsorientierte Disziplin den Fokus nicht auf einzelne sektorale Handlungsfelder legt, sondern zu einer nachhaltigen Entwicklung des Raums insgesamt beitragen soll. Ihre zentrale Aufgabe im Kontext der Anpassung an die Folgen des Klimawandels besteht demnach in der Koordination der unterschiedlichen sektoralen Anpassungserfordernisse im Raum, wobei eine besondere Anforderung in der Minimierung von Nutzungskonflikten bzw. der Identifizierung von Synergieeffekten liegt. Bei der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels kommt vor allem der regionalen Handlungs- und Planungsebene eine bedeutende Rolle zu, da hier die Ergebnissen regionalisierter Klimaprojektionen mit den jeweiligen naturräumlichen und sozioökonomischen Gegebenheiten verknüpft werden können. Auf diese Weise lassen sich regionsspezifische Vulnerabilitäten gegenüber dem 141 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Klimawandel ermitteln, auf deren Basis dann entsprechende Anpassungsstrategien und -maßnahmen entwickelt werden können. Die Regionalplanung nimmt dabei in ihrer Funktion als „mittlere“ Ebene der Raumplanung eine Schlüsselrolle als Vermittlerin zwischen strategischen Zielformulierungen des Bundes und Landes einerseits und der kommunalen Umsetzungsebene andererseits ein. Die gezielte Bewertung und Weiterentwicklung des vorhandenen raumplanerischen Instrumentariums, die Entwicklung geeigneter Kooperations- und Koordinationsmechanismen für die Umsetzung von Maßnahmen und auch das Erreichen einer hohen gesellschaftlichen Akzeptanz für diese Maßnahmen sind wichtige Voraussetzungen für die Anpassung an den Klimawandel. Hier setzt das Querschnittsprojekt KLIFF-IMPLAN an und präsentiert Lösungsvorschläge, die insbesondere auf die besondere Situation der kommunal aufgestellten Regionalplanung in Niedersachsen abzielen. Die Veröffentlichung der Praxishilfe für die niedersächsische Regionalplanung zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels wird im Herbst 2013 veröffentlich und unter www.kliff-implan.de abrufbar sein. Raumplanung, Regionalplanung, Klimaanpassung, Niedersachsen, IMPLAN 142 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien POSTER 143 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Naturnahe, 2050 klimagerechte Metropolregion Rhein-Neckar Kristin Barbey Karlsruher Institut für Technologie Das gesamträumliche Konzept Klimaschutz und Klimaanpassung ist auf den konkreten Raum der Metropolregion Rhein-Neckar und der Metropole Mannheim bezogen und stellt im Zusammenhang dar, welche als geeignet erachteten Strategien Klimaschutz und Klimaanpassung wo anzusiedeln wären, d. h. an welchem Ort Kräfte räumlich konzentriert und gebündelt werden könnten, um die Umsetzung der Ziele Klimaschutz und Klimaanpassung und die Realisation der Prozesse NATURAUFBAU – STADTUMBAU – ENERGIEUMBAU zeitnah im großen Stil voranbringen zu können. Das gesamträumliche Konzept Klimaschutz und Klimaanpassung zeigt im Ergebnis wesentliche • • • • • • • räumliche Potenziale für Klimaschutz und Klimaanpassung, räumliche Strategien und Maßnahmen, räumliche Schwerpunkte in der Verortung der Maßnahmen, konzentrierte Aktionsräume mit vielversprechenden Wirkungen, Kombinationen und Synergien in der Gesamtleistung Klimaschutz und Klimaanpassung sowie wesentliche Zusammenhänge des räumlichen Wirkungsgefüges von Metropole und Metropolregion und dient der Darstellung einer möglichen Perspektive zukünftiger Raumentwicklung mit dem Ziel: Naturnahe, klimagerechte Metropolregion Rhein-Neckar 2050 Über die raumkonkrete Darstellung der räumlichen Strategien kann das Spektrum der für die Umsetzung der Perspektive Naturnahe, Klimagerechte Metropolregion 2050 notwendigen flankierenden Maßnahmen in Politik und Gesellschaft, Ökologie, Ökonomie und Philosophie aufgezeigt werden. Das gesamträumliche Konzept umfasst also nicht einzig die konkret räumliche Ebene, sondern in der Konsequenz die genannten strategischen Handlungsfelder verschiedener Disziplinen mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen. Das gesamt-räumliche Konzept bildet Schwerpunkte des Spektrums räumlicher und politischer Möglichkeiten ab und veror144 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien tet diese gewissermaßen als Roadmap 2012-2050 Klimaschutz und Klimaanpassung raumkonkret. Die besondere Herausforderung in der Umsetzung räumlicher Strategien Klimaschutz und Klimaanpassung und in dem Gelingen der durch Klimawandel und Energiewende hervorgerufenen Transformation gilt den Prinzipien des Verbindens und Verknüpfens sowie des Zusammenagierens und Zusammenwirkens, da die anstehenden Aufgaben nur in einem gemeinsamen gesellschaftlichen Solidarakt zu bewältigen sein werden. Das Konzept der ineinandergreifenden Strategien verdeutlicht das Potenzial, im Verbund der Akteure entsprechende Maßnahmen und Strategien realisieren sowie entsprechende Wirkungen erreichen zu können. Klimaschutz und Klimaanpassung bedeuten außerordentliche raumkonzeptionelle, gesellschaftspolitische sowie klimapolitische und klima-ökonomische Herausforderungen und werden nur in der konstruktiven Kultur gesellschaftlicher Kooperation zu realisieren sein. Das gesamträumliche Konzept könnte in diesem Prozess über die raumkonkrete Darstellung der relevanten Zusammenhänge, als Grundvoraussetzung nachhaltiger Entwicklung, als informell vermittelndes Instrument und Diskussionsgrundlage bürgerlicher Partizipation wirken, in der Absicht, die räumliche Umsetzung der anstehenden Transformation zu befördern. Das gesamträumliche Konzept der ineinandergreifenden Strategien ist auf alle räumlichen Ebenen der Metropolregion übertragbar: METROPOLREGION – STADT – STADTTEIL – QUARTIER – HAUS und räumliche Projekte Klimaschutz und Klimaanpassung wirken im Verbund von STADTTEIL, STADT und METROPOLREGION. Metropolregion im Klimawandel - räumliche Strategien, Klimaschutz und Klimaanpassung, zur Entwicklung gesamträumlicher Konzepte am Beispiel der Metropolregion Rhein-Neckar 145 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel – Wie kann Regionalplanung zur Anpassung an den Klimawandel beitragen? Lutke Blecken Raum & Energie, Institut für Planung, Kommunikation und Prozessmanagement Die Folgen des Klimawandels sind bereits präsent, weshalb schon heute Anpassungsmaßnahmen erforderlich sind. Dabei ist eine regionale Sichtweise notwendig, da unterschiedliche regionale Klimafolgen individuelle Lösungsansätze erfordern und Anpassungsmaßnahmen nicht nur lokal, sondern in einem größeren, regionalen Zusammenhang betrachtet werden müssen. Um die Handlungsmöglichkeiten der räumlichen Planung zur Klimaanpassung auf der regionalen Ebene zu ermitteln, wurde das Modellvorhaben der Raumordnung „Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel“ (KlimaMORO) initiiert. In acht Modellregionen wurden regionale Strategien zur Anpassung an den Klimawandel entwickelt. Dabei standen die Handlungsfelder Küstenschutz, Hochwasserschutz, Siedlungsklima, Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft sowie Klimaschutz im Vordergrund. Institut Raum & Energie hat in Kooperation mit der RWTH Aachen und der Universität Gießen das Modellvorhaben als nationale Forschungsassistenz begleitet. Aus der Arbeit der Modellregionen lassen sich drei Bausteine eines regionalen Klimaanpassungsprozesses ableiten: • Ein umfassender Klimawandel-Governance-Prozess bildet den Rahmen für die Entwicklung und Umsetzung regionaler Anpassungsstrategien. Erforderlich ist der Aufbau eines fachlichen Akteursnetzwerkes unter Einbezug von Landesebene, Kommunen und relevanten Fachplanungen, das an Analyse, Strategieentwicklung und Umsetzung aktiv beteiligt ist. Entscheidungsträger und Öffentlichkeit müssen über Vorgehen und Ergebnisse informiert werden. • Grundlage regionaler Anpassungsstrategien sind Analysen der regionalen Betroffenheit durch Klimafolgen, um Handlungsbedarfe festzustellen. Wenn die Ergebnisse als Planungsgrundlage für die formelle Regionalplanung dienen sollen, muss die Analyse anerkannte wissenschaftliche Methoden und Standards sowie belastbare Daten verwenden. Zu berücksichtigen ist, dass die einfließenden Prognosen immer Ungewissheiten enthalten, die allerdings kein Argument sein dürfen, nicht zu handeln. 146 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien • Die Ergebnisse der Diskussionsprozesse und Analysen müssen in einer Strategie mit Maßnahmen und einem konkreten Plan zur Umsetzung münden. In der Strategie- und Umsetzungsphase werden auf informeller Ebene gemeinsame Ziele und Projekte entwickelt. Eine verbindliche Verankerung erfolgt auf formeller Ebene durch eine Implementierung von Klimaanpassung in die Ziele und Grundsätze im Regionalplan. Das Modellvorhaben hat gezeigt, dass die Regionalplanung aufgrund ihrer Querschnittsorientierung ein geeigneter Akteur zur Entwicklung regionaler Anpassungsstrategien ist und über vielfältige Instrumente mit Klimabezug verfügt. Dabei ist ein abgestimmtes Zusammenwirken von informellen und formellen Instrumenten zentral, wobei der Prozess in verbindlichen Regelungen münden muss. Eine gesetzliche Erweiterung des Instrumentariums – insbesondere der Raumkategorien – ist nicht erforderlich, allerdings sollten formelle Instrumente konsequenter angewendet werden, um die Effektivität regionalplanerischer Festlegungen zu steigern. Insgesamt kann die Regionalplanung einen wesentlichen Beitrag zur Klimawandelanpassung leisten. Sie hat dabei die Chance, ihre Bedeutung und Akzeptanz aufzuwerten, indem sie im Spannungsfeld zwischen sektoraler und integrativer Ausrichtung, formellen und informellen Instrumenten und den verschiedenen Planungsebenen agierend und gestaltend neue Handlungsmöglichkeiten auslotet. Klimaanpassung, Anpassungsstrategien, Regionalplanung Rezente Veränderungen von Unkrautflora und –management als Basis für zukünftige Anpassung Laura Breitsameter, Horst-Henning Steinmann Georg-August-Universität Göttingen, Zentrum für Biodiversität und nachhaltige Landnutzung (CBL), Sektion Landwirtschaft und Umwelt Die Folgen einer Veränderung des Klimas lassen sich in Niedersachsen bereits über die vergangenen Jahrzehnte nachzeichnen. In der Landwirtschaft haben im Zuge dessen in unterschiedlichen Bereichen Veränderungen in der Bewirtschaftungspraxis stattgefunden. Im Hinblick auf das Unkrautmanagement stellen wir diese 147 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Veränderungen anhand von zwei Datenquellen qualitativ und quantitativ dar. Wir haben zum einen für mehrere Kulturarten für den Zeitraum von den frühen 80er Jahren bis in die Gegenwart Veränderung in der Phänologie von Kultur- und Unkrautarten, sowie der Anwendungszeitpunkte für Herbizidbehandlungen ermittelt. Als Datengrundlage dienten hierfür die Versuchsberichte zum Pflanzenschutz der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Diese dokumentieren für unterschiedliche Standorte und Kulturen die jeweils den lokalen Gegebenheiten entsprechende, bestmögliche Behandlung. Des Weiteren haben wir unter Fachleuten aus landwirtschaftlicher Beratung, Behörden und Industrie eine Umfrage durchgeführt, anhand derer eine qualitative Expertenmeinung ermittelt wurde, welche Unkrautarten in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen haben oder für welche Arten ein Rückgang beobachtet wurde. Zusätzlich wurde die Einschätzung der Befragten über zukünftig zu erwartende Entwicklungen in der Bedeutung einzelner Unkrautarten, und über mögliche zukünftige Veränderungen in der Anbaupraxis ermittelt (beispielsweise Verschiebung von Aussaatterminen, Veränderungen in der Durchführung von Pflanzenschutzmaßnahmen, veränderte Wirksamkeit von Herbiziden). Die zusammenschauende Auswertung dieser Dokumentation bisheriger Veränderungen in der landwirtschaftlichen Praxis kann eine Basis zur Abschätzung von zukünftigen Entwicklungen liefern und ergänzt durch die Expertenaussagen als Ausgangspunkt für die Konzeption von in die Zukunft gerichteten Empfehlungen für das Unkrautmanagement dienen. Herbizidbehandlung, Anwendungstermine, Artenspektrum, Anbaupraxis Hochwasserrisiko heute und unter zukünftigem Klima im Meinungsbild der niedersächsischen Bevölkerung Birgit Gerkensmeier, Markus Anhalt, Britta Restemeyer, Joseph Hölscher, Agnes Richmann Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz 148 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Ein erfolgreicher Umgang mit Hochwasserrisiken sowohl unter heutigen als auch unter zukünftigen Klimabedingungen benötigt als Ausgangsbasis ein vorhandenes Risikobewusstsein aller beteiligten Akteure gegenüber dem bestehenden Hochwasserrisiko. Eine entscheidende Akteursgruppe stellt die Bevölkerung dar. Ihre Einbindung ins Hochwassermanagement führt zu einer Stärkung des Risikobewusstseins und einer erhöhten Bereitschaft zur aktiven Beteiligung und Eigenvorsorge. Diese Entwicklungen können nachhaltig zu einer Senkung des Schadenpotentials in gefährdeten Gebieten führen. Untersuchungen des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz im Rahmen des Projekts KLIFWA (Auswirkungen von Klimaänderungen auf Wasserdargebot, Hochwasserrisiko und Gewässerbelastung) erfassen den aktuellen Informations- und Partizipationsbedarf der Bevölkerung gegenüber Hochwasserrisiken mittels einer Online-Bürger-Umfrage. Diese Erkenntnisse werden durch Ergebnisse aus Experteninterviews, durchgeführt innerhalb der niedersächsischen Wasserwirtschaft, ergänzt, kritisch hinterfragt und zur Identifizierung und Entwicklung von Handlungsmöglichkeiten herangezogen. Die Untersuchungsergebnisse zeigen einen erhöhten Informationsbedarf der Bevölkerung auf. Insbesondere diejenigen Betroffenen, die die Hochwassersituation am eigenen Wohnort von sich aus als hoch einstufen, fühlen sich nicht ausreichend informiert. Zur Deckung dieses Informationsbedarfs sollten vorwiegend regionale und überregionale Medien genutzt werden, da diese gegenüber Postwurfsendungen, Broschüren und Flyern von der befragten Bevölkerung bevorzugt beachtet werden. Grundsätzlich existiert eine gesteigerte Nachfrage nach ortsbezogenen Informationen, die Aufschluss über die persönliche Hochwassergefährdung und Informationen über Möglichkeiten der Eigenvorsorge geben. Die persönliche Betroffenheit, als ein entscheidender Faktor für die Ausprägung des Hochwasserbewusstseins, wird in dieser Untersuchung bestätigt. Darüber hinaus ist ein deutlich geringerer Partizipationsbedarf gegenüber dem ermittelten Informationsbedarf innerhalb der Bevölkerung erkennbar. Eine nicht vorhandene Hochwassererfahrung führt dagegen häufig zu einer geringeren Aufmerksamkeit und Sensibilisierung gegenüber dem Hochwasserschutz. In Regionen mit geringer Hochwasserbeachtung sind eine mangelnde Aufmerksamkeit und eine fehlende Sensibilisierung häufig bei mehreren, verschiedenen, involvierten Akteuren festzustellen. Daraus wird ein Sensibilisierungs149 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien bedarf nicht nur in der Bevölkerung sondern auch bei kommunalen Behörden, Stakeholdern und bei Politikern deutlich. Weitere Hürden innerhalb eines erfolgreichen Hochwassermanagements wurden in den Untersuchungen in Form von unterschiedlichen Wahrnehmungen der Verantwortlichkeiten im vorbeugenden Hochwasserschutz und in Form unzureichender Kommunikation sowie Aufgaben- und Rollenverteilungen zwischen den involvierten Akteuren festgestellt. Die präsentierten Ergebnisse werden innerhalb des KLIFWAProjektes in Empfehlungen zu Maßnahmen und Handlungsstrategien einfließen, um dem grundsätzlich deutlich gewordenen Optimierungsbedarf innerhalb des vorsorgenden Hochwasserschutzes nachzukommen. Diese Empfehlungen werden den betroffen Akteuren hinsichtlich einer Stärkung der Sensibilisierungs- und Partizipationsaufgaben im Hochwasserschutz als Unterstützung zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wird eine Informations- und Kommunikationsplattform basierend auf den gewonnen Erkenntnissen erarbeitet, die den spezifischen Anforderungen sowohl der Bevölkerung aber auch anderer Akteure zur Information über Hochwasserrisiken gerecht wird. Vorsorgender Hochwasserschutz, Sensibilisierung, Bevölkerung Klimawandel als Aufgabe der Regionalplanung - Sektorale Vulnerabilitätsanalysen im Landkreis Celle Meike Hellmich Thünen Institut für Ländliche Räume Das Poster zeigt das methodische Vorgehen und ausgewählte Ergebnisse einer sektoralen Vulnerabilitätsanalyse im Landkreis Celle. Die Ergebnisse entstanden im Rahmen einer Masterarbeit im Studiengang Umweltplanung an der Leibniz Universität Hannover. Ziel des Posters ist es, ausgewählte Ergebnisse durchgeführter Vulnerabilitätsanalysen im Landkreis Celle in den Sektoren Wasserwirtschaft und Forstwirtschaft vorzustellen. Zur Eingrenzung des Aufgabenfeldes wurden die nach der Studie Klimawandel als Handlungsfeld der Raumordnung (BMVBS 2010) definierten raumordnerisch relevanten Schwerpunkte Zunehmende Schwankungen des 150 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Grundwasserspiegels, Einschränkung der nutzbaren Wasserressourcen sowie Steigende Waldbrandgefahr für die Analyse im Landkreis gewählt. Die Vulnerabilität setzt sich aus der Verschneidung der Betroffenheit und der Anpassungskapazität des Landkreises in dem Schwerpunkt Wassermanagement und Forstwirtschaft zusammen. Die Betroffenheit wurde durch regionale Klimadaten und raumbezogenen Daten erfasst. Die Anpassungskapazität wurde durch Einschätzungen regionaler Experten ermittelt. Für die Analyse sind geeignete Klimadaten des regionalen Klimamodells REMO, landkreisbezogene, räumlich klassifizierte Parameter sowie Einschätzungen lokaler Experten erfasst, bewertet und im Rahmen der Vulnerabilitätsanalyse in einen Kontext gesetzt worden. Im Anschluss an die Analysen sind Empfehlungen zur Formulierung regionaler Anpassungsstrategien aufgeführt. Literatur: Bundesamt für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) 2010: Klimawandel als Handlungsfeld der Raumordnung - Ergebnisse der Vorstudie zu den Modellvorhaben „Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel“ Bonn: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung. Vulnerabilitätsanalyse, Klimawandel, Anpassungskapazität, Betroffenheit KlimaAnpassungsStrategie Extreme Regenereignisse Michael Koch, Katrin Behnken Umweltbetrieb Bremen Ausgehend von gleich zwei extremen Regenereignissen im August 2011 wurde über einen politischen Beschluss in der Stadtgemeinde Bremen das Projekt „KlimaAnpassungsStrategie Extreme Regenereignisse“ (KLAS) initiiert und wird im Rahmen der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) vom Bundesumweltministerium als „Kommunales Leuchtturmprojekt“ von Juli 2012 bis Dezember 2014 gefördert. Unter Leitung der senatorischen Umweltbehörde, des Umweltbetriebs Bremen sowie der hanseWasser Bremen GmbH sollen Maßnahmen und Strategien sowohl 1. zum Objektschutz und zum Risi151 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien komanagement bei extremen Regenereignissen als auch 2. für eine langfristige wasser- und klimasensible Stadtentwicklung entwickelt und umgesetzt werden. Fachlich wird das Projekt von dem Büro Dr. Pecher AG und dem Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr der RWTH Aachen begleitet. Der 1. Projektpfad soll kurz- bis mittelfristig zur Prüfung und Umsetzung von konkreten Maßnahmen zum Objektschutz und zum Risikomanagement in überflutungsanfälligen Bereichen führen. Im Projekt werden dazu Informationen zu den anfälligen Bereichen aufgearbeitet, die allen relevanten Trägern städtischer Aufgaben zur Verfügung gestellt werden sollen, damit diese das Risiko vor Überflutungen ihrer Einrichtungen (z.B. Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Versorgungs- und Verkehrsinfrastruktur) abschätzen und eine Entscheidung über Anpassungsmaßnahmen treffen können. Der 2. Pfad hat langfristig zum Ziel, dass in der Stadtgemeinde Bremen der Umgang mit (extremen) Niederschlagswassern nicht allein Aufgabe der Stadtentwässerung bleibt, sondern zukünftig als kommunale Gemeinschaftsaufgabe betrachtet wird. Hierzu wird ein Diskussionsprozess zur Anpassung der Planungs- und Verwaltungsprozesse in Richtung einer wasser- und klimasensiblen Planung und Verwaltung mit allen relevanten Akteuren angestoßen. Für die Umsetzung einer wasser- und klimasensiblen Planung müssen ggf. neue baulich-technische Optionen angewendet sowie Modifizierungen des technischen Regelwerks (z.B. für Wasserwirtschaft, Straßenbau) diskutiert und angestoßen werden. In KLAS werden begleitend konzeptionelle Überlegungen für eine institutionalisierte Öffentlichkeitsarbeit im Themenfeld der Klimaanpassung angestellt. Klimaanpassungsstrategie, Starkregen, extremer Regen, Stadtplanung, Stadtentwicklung, Stadtentwässerung, Risikomanagement Strategieentwicklung für touristische Destinationen unter Einfluss des Klimawandels Edgar Kreilkamp, Larissa Kirmair, Anne Kotzur Leuphana Universität Lüneburg, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Tourismusmanagement 152 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Die präsentierten Ergebnisse entstanden im Rahmen des Projekts KLIFF (Klimafolgenforschung Niedersachsen). Finanziert wurde das Projekt durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit Mitteln der Volkswagen-Stiftung. Die analysierten Modellregionen sind zwei beliebte touristische Regionen Niedersachsens: der Harz und die Lüneburger Heide. Der erwartete Anstieg der Durchschnittstemperaturen und die zunehmende Häufigkeit von extremen Wetterereignissen werfen konkrete Fragen für die Tourismusbranche und -politik auf. Unsicherheiten bestehen vor allem in Bezug auf die Auswirkungen des Klimawandels auf Destinationen - insbesondere in Regionen mit natürlichen Ressourcen als touristische Attraktionen, wie bei unseren Modellregionen. Gerade weil genaue Prognosen in Bezug auf die Auswirkungen des Klimawandels für Destinationen nicht vorliegen, ist es umso wichtiger, auf die Folgen vorbereitet zu sein. Für Tourismusregionen ergeben sich in Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit sowohl Chancen als auch Risiken durch die Folgen des Klimawandels. Durch die Entwicklung von Strategien und Maßnahmen sowie deren Umsetzung in ihren Marketing-ManagementProzessen können und müssen sie sich auf die Veränderungen einstellen. Der geplante Vortrag sowie das dazugehörige Poster thematisieren dieses Thema und zeigen, wie Destinationen eine entsprechende Strategie entwickeln und umsetzen können. Die Ausführungen skizzieren die einzelnen Schritte der Strategieentwicklung und verdeutlichen, wie Destinationen mit Hilfe einer proaktiven Strategieplanung mit den Auswirkungen des Klimawandels umgehen können. Basierend auf unserer Analyse haben wir die relevanten Einflussfaktoren der Tourismusentwicklung unter Einfluss des Klimawandels identifiziert. Diese Faktoren beeinflussen die Tourismusbranche direkt oder indirekt. Auf deren Basis wurde ein Modell entwickelt, das die Zusammenhänge der Faktoren herausstellt. Diese Wissensbasis wurde in einem weiteren Schritt dazu genutzt, um einen ersten Strategieansatz für Destinationen zu entwickeln. Der Ansatz enthält Mindmapping, Moodboards und eine Strategy Map. Der vorgestellte Prozess kann auf vergleichbare Regionen übertragen werden. Anschließend wurden Maßnahmen für beide Modellregionen entwickelt, um die Strategie in der Praxis umzusetzen. Tourismus, Strategieentwicklung, Klimawandel 153 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Talsperrenbewirtschaftung mit Blick auf ein sich veränderndes Klima Andreas Lange, Frank Eggelsmann Harzwasserwerke GmbH Die Analyse des langjährigen Wasserdargebots im Westharz zeigt bei den mittleren jährlichen Abflüssen ein zweigeteiltes Bild. Die im südlichen bzw. westlichen Harz gelegenen Flussgebiete weisen einen leicht ansteigenden Trend auf. Dagegen ist der Jahresabfluss in Teilen des Nordharzes leicht rückläufig bis unverändert. Den vom Trend her kaum veränderten Jahresabflüssen stehen deutliche Veränderungen der Werte für das Winter- bzw. für das Sommerhalbjahr gegenüber. Die beobachteten Niederschläge und Abflussmengen sind im Winter zum Teil signifikant ansteigend, wohingegen die Abflussmengen im Sommerhalbjahr in allen Flussgebieten rückläufig sind. Für die Westharztalsperren - welche als Multifunktionsspeicher dem Hochwasserschutz, der Trinkwassergewinnung, der Energieerzeugung und der Niedrigwasseraufhöhung dienen – hat das zur Folge, dass sie in Zukunft noch weitaus stärker als bisher für einen Ausgleich zwischen sehr nassen und sehr trockenen Perioden sorgen müssen. Talsperren, Speicherbewirtschaftung, Nutzungskonflikte Elemente eines Planungsprozesses zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels aus der Perspektive der Raumplanung Ortwin Peithmann1), Jan Spiekermann1), Enke Franck2) 1) 2) Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Institut für Biologie und Umweltwissenschaften Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Hannover Der Klimawandel erzeugt aufgrund seiner Auswirkungen auf zahlreiche Raumnutzungen und -funktionen Handlungsbedarf für die 154 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien räumliche Planung. Durch ihre Interdisziplinarität und langfristige Orientierung ist die Raumplanung in besonderer Weise geeignet, nachhaltige Reaktionen auf künftige Entwicklungen vorzubereiten. Die Rahmenbedingungen für Planungen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind gekennzeichnet von Langfristigkeit (Zeithorizont der Klimawandelfolgen), Unsicherheit (Unschärfe der Klimaprojektionen und Wirkfolgenabschätzungen) und Komplexität (ebenen- und sektorübergreifende Wirkfolgen und Anpassungsoptionen mit einer Vielzahl betroffener Akteure) in ungewöhnlicher Ausprägung. Das Zusammenwirken der bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich des Eintretens und Ausmaßes von Klimaänderungsfolgen einerseits mit Befürchtungen negativer Folgen für örtliche Entwicklungschancen und den Wert von Eigentum andererseits führt zu diffus defensiver Haltung von Stakeholdern (Attentismus). Daraus resultieren spezifische Anforderungen an die Entscheidungsfindung im Anpassungsprozess. Vor allem tiefgreifende Systemveränderungen (z.B. komplexe Veränderungen in der Landschaft, wie sie beispielsweise bei großräumigeren Anpassungsmaßnahmen im Bereich des Hochwasser- bzw. Küstenschutzes oder Wassermanagements sinnvoll werden können) benötigen besondere planerische „Anbahnungsprozesse“, um von den Akteuren/Stakeholdern akzeptiert und unterstützt zu werden. Bei der Auswahl und Umsetzung von Anpassungsoptionen kommt der Minimierung von Konflikten, der Ausschöpfung von Synergien sowie der Verwirklichung des „no-regret“-Anspruchs – auch im Kontext mit parallelen Veränderungstrends im Raum (z.B. Ausbau der erneuerbaren Energien, demographischer Wandel) – besondere Bedeutung zu. Im Rahmen des im Forschungsverbund „KLIFF – Klimafolgenforschung in Niedersachsen“ angesiedelten Querschnittsthemas „IMPLAN – IMplementierung von Ergebnissen aus KLIFF in der räumlichen PLANung in Niedersachsen“ wurde ein Vorschlag zur Gestaltung, Organisation und Methodik eines Planungsprozesses erarbeitet, mit dem die Aufgabe der Klimaanpassung seitens der Raumplanung erfolgversprechend unterstützt werden kann. Zentrale Elemente des Anpassungsprozesses sind die Ermittlung der Anfälligkeiten gegenüber dem Klimawandel, die Durchführung informeller Zielfindungsprozesse hinsichtlich der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels sowie die Anwendung formeller Planungsinstrumente zur Vorbereitung und Sicherung von Anpassungsmaßnahmen. Raumplanung, Klimawandel, Planungsprozess, Instrumente 155 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Einfluss des Klimawandels auf die Pflanzenproduktion in Niedersachsen – Ergebnisse einer Expertenbefragung Margit Paustian, Ludwig Theuvsen Georg-August Universität Göttingen, Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung, Betriebswirtschaftslehre des Agribusiness Das Teilprojekt „Ökonomische Analyse: Betriebliche Anpassungsstrategien und agrarstruktureller Wandel“ ist in das Forschungsthema 3 Pflanzenproduktion in KLIFF (Klimafolgenforschung in Niedersachsen) eingebettet. Die Anpassungsstrategien von Ackerbaubetrieben in Niedersachsen an ein klimabedingt verändertes Schaderregergeschehen sollen untersucht werden. Die Landwirte werden sich an die veränderten Bedingungen anpassen und operative und strategische Anpassungsentscheidungen treffen. In den vorgeschalteten Teilprojekten werden die klimabedingten Veränderungen des Schaderregergeschehens und der Unkrautproblematik genauer untersucht. Für die Abbildung der zu erwartenden betrieblichen Anpassungen haben wir eine Expertenbefragung durchgeführt, in der wir die Erwartungen zu Erträgen, Entwicklung und klimabedingte Einflüsse auf die Erträge, Anbauanteile, Veränderung der Fruchtfolgen, Anbausysteme und Pflanzenschutzmaßnahmen abgefragt haben. Weiterhin wurden die Einschätzungen zu wichtigen Sorteneigenschaften in der Zukunft, Beregnung und Extremwetterereignissen abgefragt von den Experten beschrieben. In der Befragung standen fünf pflanzenbaulich und strukturell unterschiedliche Regionen in Niedersachsen im Mittelpunkt, die auch in der ökonomische Analyse genauer betrachtet werden sollen: die Marschen des Ostfriesischen Küstenlandes des Landkreises Aurich mit intensiver Weizenproduktion, der Geeststandort Cloppenburg/Süd-Oldenburg mit Mais Daueranbau, der von Bewässerungslandwirtschaft und intensivem Ackerbau geprägte Landkreis Uelzen, die Hildesheimer Börde mit intensivem Zuckerrüben- und Weizenanbau und das Leinebergland im Landkreis Göttingen mit hohem Rapsanbauanteil. Bis Mitte des Jahrhunderts wird mit einem Ertragsanstieg gerechnet, danach bis zum Ende des Jahrhunderts mit einer Stagnation der Erträge und zum Ende hin eventuell mit einer Abnahme infolge der veränderten klimatischen Verhältnisse und des Schaderreger156 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien drucks. Insbesondere Züchtung, Pflanzenschutz, Landtechnik und Bewirtschaftungsmaßnahmen werden neben dem Klima großen Einfluss haben. Solange die Landwirte, Züchtung, Industrie und Technik den Vorsprung vor den Schaderregen behalten, werden die Erträge der Kulturen weiter gesteigert werden können. Die landwirtschaftlichen Betriebe werden verschiedene Anpassungsstrategien verfolgen. Je nach Standort sind die produktionswirtschaftlichen Voraussetzungen unterschiedlich. Die Anpassungen an ein durch den Klimawandel verändertes Schaderregergeschehen werden im Bereich Pflanzenschutzmittelanwendung, Fruchtfolge und Bodenbearbeitung erfolgen und sich je nach Intensität und Aufwand unterschiedlich stark auf die Betriebsergebnisse auswirken. Expertenbefragung, Einzelbetriebliche Anpassungsstrategien Anpassung an den Klimawandel - wie funktioniert die Kommunikation? Ivika Rühling, Friedrich O. Beese Georg-August Universität Göttingen, Zentrum für Biodiversität und nachhaltige Landnutzung, Sektion Waldökosystemforschung Kommunikation und Austausch von Wissen bzw. Informationen zwischen Wissenschaftlern und Akteuren der Praxis ist verbesserungswürdig. Die Gründe dafür sind so vielfältig wie die Strukturen der verschiedenen Sektoren (Land-, Forst-, Wasserwirtschaft usw.): Auf der einen Seite ist die Abschätzung des Klimawandels und seiner Folgen noch unsicher - zumal sich Schäden und Erfolge von Maßnahmen oft erst mittel- oder langfristig einstellen. Auf der anderen Seite wird die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Praxis, also der inter- (zwischen Wissenschaftlern) bzw. transdisziplinäre (zwischen Wissenschaftlern, Entscheidungsträgern und Praktikern) Austausch durch dafür ungeeignete oder nicht vorhandene Strukturen bzw. Arbeitsweisen be- bzw. verhindert. Für den Transfer von Wissen über die Anpassung an den Klimawandel auch unter unsicheren Voraussetzungen, wäre demnach eine Handlungsempfehlung oder Strategie von praktischem Nutzen, die den Bedarf der Praxis an anwendbarem Wissen einbezieht. 157 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Es werden Ergebnisse der Analyse der Strukturen und des Flusses an Informationen bzw. Wissen ausgewählter Akteurgruppen dargelegt. Daraus wird eine Strategie für den Austausch von Wissen zwischen Wissenschaftlern und Praktikern abgeleitet, die idealerweise Sektor-übergreifend (trans-sektoral) als „Transferstrategie“ praxistauglich ist. KLIFF erarbeitet in einigen Teilprojekten Strategien zur Anpassung an den Klimawandel in ausgewählten Regionen. Z.T. haben die Teilprojekte sich auch zum Ziel gesetzt, die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Praxis zu stärken. Es wird untersucht und dargestellt, inwiefern Ergebnisse dieser Teilprojekte in eine Transferstrategie einfließen können. Zur Anpassung an den Klimawandel: Kommunikation, Austausch von Wissen zwischen Akteuren der Wissenschaft und Praxis, Sektor-übergreifend. Potentielle Anpassungsmaßnahmen im direkten und indirekten Pflanzenschutz wichtiger Ackerbaukulturen an mögliche Klimaänderungen in Niedersachsen Magdalena Siebold 1), Joachim Kakau 2), Peter Juroszek1), Andreas von Tiedemann1), Bernd Ulber3), Bernward Märländer4), Paolo Racca5), Benno Kleinhenz5) und Bernhard Hau6) 1) 2) 3) 4) 5) 6) Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Abteilung Allgemeine Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz Hochschule Osnabrück, Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur, Integrierter Pflanzenschutz Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Abteilung Agrarentomologie IFZ – Institut für Zuckerrübenforschung Göttingen ZEPP - Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz, Bad Kreuznach Leibniz Universität Hannover, Institut für Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz In diesem Beitrag werden Risikoanalysen für ausgewählte Schaderreger der vier Kulturpflanzen Weizen, Raps, Mais und Zuckerrü158 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien be auf Basis der regionalen Klimaprojektionen für Niedersachsen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts vorgestellt. Wenn die verwendeten Simulationsmodelle Veränderungen im Schaderregeraufkommen in Niedersachsen projizierten, wurden Anpassungsmaßnahmen im Bereich Pflanzenschutz erarbeitet, wobei die Beschränkung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes auf das notwendige Maß berücksichtigt wurde. Unter sich ändernden Klimabedingungen könnten z.B. die Krankheitserreger Cercospora beticola in Zuckerrüben oder Sclerotinia sclerotiorum im Raps früher auftreten. Potentielle Anpassungsmaßnahmen wären demnach der frühere Einsatz von Fungiziden, der aus heutiger Sichtweise in Zukunft notwendig sein könnte, im Fall von Cercospora womöglich auch eine zusätzliche Behandlung. Allerdings wird das Auftreten von pilzlichen Krankheitserregern und Schadinsekten nicht nur durch das zukünftige Klima, sondern auch durch zukünftige Anbauverfahren beeinflusst. Ein geringeres Schaderregerrisiko resultiert oftmals aus einer Kombination von weiter Fruchtfolge, wendender Bodenbearbeitung und dem Anbau einer resistenten Sorte. Die Anpassung von indirekten Pflanzenschutzmaßnahmen an sich ändernde klimatische Bedingungen ist somit eine Grundvoraussetzung für eine gute und standortangepasste Pflanzenbaupraxis, die sich bereits heutzutage auf die zum Teil erheblichen jährlichen Witterungsschwankungen einstellen muss. Daher wurden im Rahmen dieser Studie auch potentielle Anpassungsmaßnahmen im indirekten Pflanzenschutz berücksichtigt, um zukünftigen Änderungen im Schaderregeraufkommen vorbeugend und nachhaltig zu begegnen. Integrierter Pflanzenschutz, Weizen, Raps, Mais, Zuckerrübe, Pathogene, Insekten Landwirtschaftlicher Beregnungsbedarf und demographisch bedingter Bedarfsrückgang - Welche Synergien sind möglich? Thomas Sommer1), Uwe Stodolny1), Iris Borgmann2), Christiane Wiesner2), Detlef Prinzler2) 1) 2) GFI Grundwasserforschungsinstitut GmbH Dresden TWM Trinkwasserversorgung Magdeburg GmbH 159 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Die prognostizierten klimatischen Veränderungen (z.B. WETTREG2010) können einen erhöhten landwirtschaftlichen Wasserbedarf bedingen; die Verfügbarkeit des Beregnungswassers kann sich jedoch auf Grund von Dargebotsrückgängen einschränken. Gleichzeitig ist angesichts der demographischen Entwicklung in ländlichen Regionen von erheblichen Bedarfsrückgängen auszugehen. So zeichnen sich im Versorgungsgebiet eines großen Wasserversorgers in Sachsen-Anhalt für die kommenden Jahrzehnte tiefgreifende Wandlungsprozesse hinsichtlich der Wasserverfügbarkeit (Dargebot) und des Wasserbedarfs ab. Während die Änderung des Wasserdargebots nahezu ausschließlich klimatisch bedingt ist, werden mögliche klimatisch bedingte Änderungen des Wasserbedarfs in starkem Maße durch den demographischen Wandel und geänderte Nutzungsansprüche aus der Landwirtschaft überlagert. Dies kann zu Synergieeffekten hinsichtlich einer stabilen Bereitstellung von Beregnungswasser für die Landwirtschaft einerseits und einer stabilen Netzauslastung für Versorgungsträger andererseits führen. In einer Studie wurde die Prognose eines erhöhten Beregnungsbedarfs in der Landwirtschaft einem aufgrund der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung zu erwartenden Bedarfsrückgang gegenüber gestellt und mögliche Ausgleichswirkungen bilanziert. Bei der Prognose des Beregnungspotenzials war sowohl von der Beregnungsbedürftigkeit als auch von der Beregnungswürdigkeit auszugehen. Die Bilanzierung des zusätzlichen Bedarfspotenzials mit dem nach Prognosen zurückgehenden Bevölkerungsbedarf führte zu dem Ergebnis, dass der Rückgang des Bevölkerungsbedarfs bis zu 89 % mit den landwirtschaftlich benötigten Wassermengen ausgeglichen werden könnte. Dieser Fall tritt jedoch nur unter den Annahmen ein, dass der Anteil der Beregnungsfläche bis 2100 auf 10 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche ansteigt und dass dieses gegenüber dem IST-Zustand zusätzliche Beregnungswasser zu 100% aus dem Netz des Versorgers entnommen wird. Umgekehrt kann daraus geschlussfolgert werden, dass ein erhöhter landwirtschaftlicher Wasserbedarf durch den demographisch bedingten Abnahmerückgang ausgeglichen werden kann. Hinsichtlich der Erlöse können die aus der Landwirtschaft erzielbaren Erlöse die Erlösdefizite aus dem Rückgang des Bevölkerungsbedarfs, auf Grund der erzielbaren Abgabepreise auf der Basis vergleichbarer Beregnungskosten der Landwirtschaft, nur zu maximal 50 % ausgleichen. 160 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien Beregnung, Wandel Wasserdargebot, Wasserbedarf, demographischer Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels im niedersächsischen Küstenraum – Konsequenzen und Aufgaben für die räumliche Planung Jan Spiekermann, Ortwin Peithmann Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Institut für Biologie und Umweltwissenschaften Der klimawandelbedingte Anstieg der Tide- und Sturmflutwasserstände und die Änderung der Niederschlagsverhältnisse machen eine Anpassung von Küstenschutz und Wassermanagement entlang der niedersächsischen Nordseeküste erforderlich. Neben der Fortführung bislang praktizierter Strategien (z.B. Ertüchtigung der Hauptdeichlinie, Erhöhung der installierten Pumpleistungen zur Entwässerung) rücken vor dem Hintergrund der Auswirkungen des Klimawandels verstärkt auch raumbezogene bzw. flächenhafte Anpassungsoptionen wie z.B. die Errichtung multifunktionaler Küstenschutzzonen oder die Schaffung von Speicherkapazitäten innerhalb des Entwässerungssystems (z.B. in Form von Speicherpoldern) ins Blickfeld. Überdies gehen die erforderlichen Ausbau- und Anpassungsmaßnahmen des Küstenschutzsystems mit einer deutlichen Zunahme der Mengenanforderungen an Klei und Sand einher, für deren Gewinnung ebenfalls entsprechende Flächen beansprucht werden. Der zunehmende Flächenbedarf und die daraus resultierenden Wechselwirkungen mit anderen Raumnutzungen erfordern eine stärkere Berücksichtigung der (zukünftigen) Belange des Küstenschutzes und Wassermanagements in der räumlichen Gesamtplanung. Im Sinne einer integrierten Betrachtung sollten bei der Entscheidung über künftige Anpassungsmaßnahmen neben den resultierenden Konflikten (insb. um die Ressource Fläche) vor allem auch potenzielle Synergien (insb. in Form multifunktionaler Nutzungen) mit anderen Raumfunktionen (z.B. Naturschutz, Landwirtschaft, Tourismus, Instrastrukturentwicklung, Ausbau erneuerbarer Energien) berücksichtigt werden. Im Rahmen des Querschnitts161 Thema 4: Entwicklung und Umsetzung von (flexiblen) Anpassungsstrategien themas „IMPLAN – IMplementierung von Ergebnissen aus KLIFF in der räumlichen PLANung in Niedersachsen“ des Forschungsverbunds „KLIFF – Klimafolgenforschung in Niedersachsen“ wurden entsprechende Vorschläge für die Organisation und Gestaltung eines am IKZM-Gedanken orientierten Anpassungsprozesses sowie für die Vorbereitung und Sicherung von Anpassungsmaßnahmen im Prozess der Raumplanung entwickelt Raumplanung, Küstenschutz, Wassermanagement, IKZM, Klimawandel 162