02 Okt Nov 15 TOZ Magazin - Tonhalle

Werbung
OKT —
NOV
MAGAZIN
Lionel Bringuier
Chefdirigent
Andrés Orozco-Estrada gibt sein Debüt
beim Tonhalle-Orchester Zürich
Matthias Goerne singt die die
«Kindertotenlieder» von Gustav Mahler
Charles Dutoit dirigiert das
Stabat mater von Gioacchino Rossini
15_Magazin_2.indd 1
09.09.15 08:25
Endlich bekomme ich,
was ich von einer
Anlageberatung erwarte.
Credit Suisse Invest – die neue Anlageberatung
Bei unserer Anlageberatung geben Sie den Ton an. Sie profitieren von einem persönlichen
Berater und von einer regelmässigen Portfolioüberwachung. Dies alles zu einem fairen Preis
mit Zugang zum retrozessionsfreien Fondsangebot.
Erfahren Sie mehr über unsere individuellen Anlagelösungen:
credit-suisse.com/invest
Diese Anzeige stellt weder ein Angebot noch eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf von Finanzinstrumenten oder Bankdienstleistungen dar und entbindet den Empfänger nicht von seiner eigenen Beurteilung.
Copyright © 2015 Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.
23740_210x297_TonhalleO_d.indd
1
15_Magazin_2.indd 2
06.08.15
09.09.15 09:18
08:25
Verehrtes Publikum
—
Zwei Konzertprogramme mit Künstlern, die bei uns ihr Debüt geben, möchte ich Ihnen ganz
besonders ans Herz legen. Zum einen interpretiert Sopranistin Simone Kermes zu Unrecht
vernachlässigte Arien von Donizetti und Rossini und macht sich diese Musik mit unvergleichlicher Emphase und Können zu eigen. In Jan Willem de Vriend hat sie einen passenden Partner gefunden. Dieser eigenwillige Dirigent und Geiger lotet auf seine Weise barockes Repertoire aus und macht auch vor einer der bekanntesten Kompositionen von Georg
Friedrich Händel nicht halt. Dessen «Wassermusik» wird er Ihnen in eigener Bearbeitung
präsentieren, um der originären Aufführungstradition wieder näher zu kommen.
Auch der Kolumbianer Andrés Orozco-Estrada wird uns bei seinem Debüt nicht nur mit
Beethovens Fünfter Sinfonie, sondern auch mit seiner Interpretation von Bohuslav
Martinůs Rhapsody-Concerto für Viola und Orchester fesseln. Gemeinsam mit Antoine
Tamestit wird er anlässlich des 125. Geburtstages des Komponisten, der von 1953 bis zu
seinem Tod im schweizerischen Liestal oft bei seinem Förderer Paul Sacher in Basel zu
Gast war, dieses bedeutende Viola-Konzert des 20. Jahrhunderts darbieten.
Die Uraufführung des Schweizers Jacques Demierre und die Schweizer Erstaufführung
von Wolfgang Rihms «Trio concerto» im Rahmen der Tage für Neue Musik sowie das neue
Werk unseres Creative Chair-Inhabers Jörg Widmann sollten Sie sich keinesfalls entgehen
lassen – gespielt von Denes Varjon, Tabea Zimmermann und dem Komponisten selbst.
Zudem bringen wir im Herbst ein neues Format in die Zürcher Tonhalle: Am 12. November werden sich vier renommierte Musikkritiker mit bereits bestehenden Aufnahmen von
Ravels Orchesterwerken auseinandersetzen. Mit Spannung erwarten wir die ersten Aufnahmen mit diesem Repertoire unseres Chefdirigenten Lionel Bringuier mit dem TonhalleOrchester Zürich, die im November abgeschlossen sein werden. Apropos Aufnahmen:
Eine herzliche Gratulation geht an David Zinman, der erneut mit dem renommierten
ECHO als Dirigent des Jahres 2015 ausgezeichnet wird.
Neu beginnen wir eine Serie über Umbau und Renovation der Tonhalle und des Kongresshauses: Erfahren Sie von der Architektin Elisabeth Boesch aus erster Hand, worauf Sie
sich nach Abschluss dieser umfangreichen Arbeiten freuen können. Ich bin gespannt auf
die Begegnung und den Dialog mit Ihnen!
Ihre Ilona Schmiel
Intendantin
Titelbild: Werner Kmetitsch
Die Konzerte der Tonhalle-Gesellschaft Zürich werden ermöglicht dank der Subventionen der Stadt Zürich, der Beiträge des Kantons Zürich,
sowie des Maestro Clubs.
Projekt-Partner: Privatbank Maerki Baumann & Co. AG, Radio SRF 2 Kultur, F. Aeschbach AG / U. Wampfler, Landis & Gyr Stiftung, Swiss
Re, Swiss Life Projekt-Förderer: Adrian T. Keller und Lisa Larsson, AVINA Stiftung, Monika und Thomas Bär, Baugarten-Stiftung, Ruth
Burkhalter, Hans Imholz-Stiftung, International Music & Art Foundation, MBF Foundation, Pro Helvetia, Heidi Ras Stiftung Service-Partner: ACS-Reisen AG, PricewaterhouseCoopers AG, Ricola AG, Schellenberg Druck AG Kooperations-Partner: Zürcher Gemeinschaftszentren, Miller’s Medien-Partner: Neue Zürcher Zeitung
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
09:18
15_Magazin_2.indd 3
3
09.09.15 08:25
www.arbeit.landesmuseum.ch
15_Magazin_2.indd 4
RZ_Ins_Tonhalle_210x297_Arbeit.indd
1
09.09.15 14:13
08:25
03.08.15
6
—
Inhalt
—
Simone Kermes, die «Crazy Queen
des Barock», singt Arien und
Szenen aus Opern von Rossini
und Donizetti.
06 Simone Kermes –
Wie ein Vulkan
08 Andrés Orozco-Estrada
10 «Es war einmal …» –
Uraufführung von Jörg Widmann
13 Kammermusik aus St. Petersburg
14 Matthias Goerne singt Mahler
17 Prag um 1900
18 Silvain Cambreling dirigiert Werke
von Demierre, Rihm und Lutosławski
21 ECHO Klassik für David Zinman
22 Gioacchino Rossinis Stabat mater
25 vision string quartet
26 Bruno Ganz liest
27 Der Geist Schostakowitschs
29 News
31 Sandra Studer
und der Schneemann
32 Instandsetzung und Umbau
von Tonhalle und Kongresshaus
34 Momente … mit Simon Styles
15
—
Fotos: Sammy Hart / DG, Priska Ketterer, Marco Borggreve
Lisa Batiashvili, Artist in Residence,
spielt unter der Leitung von Lionel Bringuier
das Violinkonzert von Jean Sibelius.
18
—
Ein spätes Debüt: Im Rahmen der
Tage für Neue Musik dirigiert
Silvain Cambreling zum ersten Mal
das Tonhalle-Orchester Zürich.
Instandsetzung und
Umbau von Tonhalle und
Kongresshaus aus
architektonischer Sicht.
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
ch
14:13
32
—
15_Magazin_2.indd 5
5
09.09.15 08:25
FUNKENSCHLAGENDER ÜBERSCHWANG
Nicht nur ihr flammend rotes Haar ist mittlerweile zu einem Markenzeichen geworden,
sondern vor allem auch die technische Meisterschaft, mit der Simone Kermes ihre Stimme beherrscht. Möchte man diese einem
Fach zuordnen, müsste man sie am ehesten
als dramatischen Koloratursopran bezeichnen
– mit einer entsprechend enormen Ausdruckspalette. Wenn sie sich mit feurigen Tönen in
die höchsten Höhen aufschwingt, ist immer
auch eine ansteckende Freude an der eigenen
Virtuosität mitzuhören.
Doch bei allem funkenschlagenden Überschwang sind die Koloraturen nie Selbstzweck
und verkommt die Musik nie zum reinen Primadonnen-Vehikel. Im Vordergrund steht
stets die Emotion: «Koloratur ist nicht Technik, sondern Ausdruck, und der kommt aus
dem Herzen», heisst ihr künstlerisches Credo.
Denn sie ist keine notorisch überdrehte Sängerin: Der schlichte Ton steht ihr ebenso zu
Gebote. Wenn sie in elegischen Arien ihre
Stimme ganz zurücknimmt, überwältigt sie
den Hörer mit einer geradezu ergreifenden
Schlichtheit.
FLAMMENDER GESANG
Dabei wäre dieses Talent fast unentdeckt geblieben, denn Simone Kermes begann als
Fachkraft für Schreibtechnik, bevor sie an der
Hochschule für Musik und Theater «Felix
Mendelssohn Bartholdy» ihrer Heimatstadt
Leipzig Gesang studierte und später Meisterkurse bei Elisabeth Schwarzkopf und Dietrich
Fischer-Dieskau besuchte. Nach dem Studien-
6
15_Magazin_2.indd 6
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
abschluss machte sie sich schnell einen Namen, sowohl als Konzertsängerin wie auch
auf der Opernbühne. Zu ihren Paraderollen
gehören anspruchsvolle Mozart-Partien wie
die Königin der Nacht, die Konstanze oder die
Fiordiligi. Auch im Aufnahmestudio feierte sie
damit Erfolge, und zwar im gerühmten Mozart-Zyklus unter der Leitung von Teodor
Currentzis.
Eine ebenso innige Liebe verbindet sie mit
der sogenannten Alten Musik: Zahlreiche Arien-Programme mit Werken barocker Meister
hat sie aufgenommen, darunter etliche Weltersteinspielungen von fast vergessenen Komponisten wie Hasse, Porpora, Caldara oder
Vinci. Womit sie einen nicht unerheblichen
Beitrag zu deren Wiederentdeckung geleistet
hat.
FACETTENREICHER BELCANTO
Doch Simone Kermes möchte in keine Fachschublade gesteckt werden, denn ebenso
facettenreich, wie sich ihre flammende Sopranstimme anhört, ist ihr Repertoire. Dass sie
im romantischen 19. Jahrhundert ebenso zu
Hause ist wie im Barock oder in der Wiener
Klassik, hat sie mit ihrem Album «Bel canto»,
in deren Zentrum Arien von Rossini, Bellini
und Donizetti stehen, eindrücklich bewiesen.
Die drei Komponisten sind so etwas wie das
Dreigestirn der frühen romantischen Opern,
sind Sängermusik im ureigenen Sinne und ein
Fest für die Stimme.
Reich verziert ist diese Musik und gespickt
mit vokalen Höchstschwierigkeiten. Egal, ob
rasende Skalen, grosse Intervallsprünge, lange Triller oder halsbrecherische Staccati –
Rossini und Donizetti haben davon exzessiv
Gebrauch gemacht. Ein ideales Terrain also
für die virtuose Kehle von Simone Kermes.
Jedoch treten solche technischen Parameter
in den Hintergrund, sobald sie zu singen anhebt, denn alles dient dem Ausdruck, der
Emotion, dem Affekt. Deshalb kann man sich,
wenn Simone Kermes die Bühne betritt, ihrem Gesang kaum entziehen.
Als «Crazy Queen des
Barock» hat sie für
Furore gesorgt, doch
mittlerweile ist die
Ausnahmesopranistin
Simone Kermes
von den barocken
Opernheroinen bis in
die Opernromantik
vorgedrungen.
Mit dem TonhalleOrchester Zürich ist sie
in Arien und Szenen
aus Opern von Rossini
und Donizetti zu hören.
Stilvoll abgerundet
wird dieser Auftritt mit
einem der populärsten
Werke eines ebenso
populären barocken
Opernkomponisten:
mit der «Wassermusik»
von Händel.
Foto: Sony
Ihr Singen gleicht einem Vulkanausbruch.
Eruptiv schleudert Simone Kermes die Töne
ins Auditorium, und das mit einer Spannung
und Dringlichkeit, die den Hörer selbst an
leisen Stellen auf die Stuhlkante zwingt. Das
ist nicht nur ein Anschlag auf die Ohren, sondern auf den ganzen Körper: Die Sängerin
selbst scheint beim Singen zu vibrieren; mit
jeder Faser wirft sie sich in die Musik. Selten
erlebt man Gesang derart sinnlich und körperlich; alles ist bei ihr von Feuer durchglüht.
Wie
ein
Vulkan
—
BJØRN WOLL
Simone Kermes
09.09.15 08:25
«Koloratur ist nicht
Technik, sondern Ausdruck.»
—
Mi 07., Do 08., Fr 09.10.15
19.30 Uhr, Grosser Saal
BELCANTO
Tonhalle-Orchester Zürich; Jan Willem de Vriend Leitung
Simone Kermes Sopran
Rossini «Cingi la benda candida» – «Temer un danno» Szene aus «Adelaide di Borgogna»
W. A. Mozart Ouvertüre zu «Lucio Silla» D-Dur KV 135
Rossini «Gran Dio!» Szene aus «Tancredi»
Donizetti «Ah! tardai troppo – O luce di quest’ anima» aus «Linda di Chamounix»
Händel Wassermusik HWV 348–350 (Bearbeitung Jan Willem de Vriend)
07./08./09.10., jeweils 18.30 Uhr, Kleiner Saal Einführung mit Michael Meyer
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
15_Magazin_2.indd 7
7
09.09.15 08:25
Das Wunder
von Wien
—
Foto: Werner Kmetitsch
Andrés Orozco-Estrada ist einer
jener aufstrebenden jüngeren
Dirigenten, denen die
Musikwelt zu Füssen liegt.
Zurzeit ist er Chef beim Houston
Symphony sowie beim hr-Sinfonieorchester in Frankfurt, dirigiert
die Top-Klangkörper in Wien, München,
Rom, Leipzig, Hamburg, Amsterdam,
Oslo und Paris und gibt nun
beim Tonhalle-Orchester Zürich
sein Debüt.
Do 22.10.15
12.15 Uhr, Grosser Saal
DEBÜT VON ANDRÉS OROZCO-ESTRADA
Tonhalle-Orchester Zürich; Andrés Orozco-Estrada Leitung
Charles Ives The Unanswered Question
Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67
Do 22.10.15
19.30 Uhr, Grosser Saal
EXISTENZIELLE ERFAHRUNG
Tonhalle-Orchester Zürich; Andrés Orozco-Estrada Leitung
Antoine Tamestit Viola
Leoš Janáček Taras Bulba, Rhapsodie für Orchester nach Nikolaj Gogol
Bohuslav Martinů Rhapsody-Concerto für Viola und Orchester
Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67
18.30 Uhr, Kleiner Saal Einführung mit Ulrike Thiele
Fr 23.10.15
19.30 Uhr, Grosser Saal
EXISTENZIELLE ERFAHRUNG
Tonhalle-Orchester Zürich; Andrés Orozco-Estrada Leitung
Antoine Tamestit Viola
Leoš Janáček Taras Bulba, Rhapsodie für Orchester nach Nikolaj Gogol
Bohuslav Martinů Rhapsody-Concerto für Viola und Orchester
Charles Ives The Unanswered Question
Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67
18.00 Uhr, Kleiner Saal Prélude Künstlergespräch mit musikalischer Umrahmung
21.30 Uhr, Kleiner Saal Ausklang mit Ilona Schmiel
8
15_Magazin_2.indd 8
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
Andrés Orozco-Estrada
09.09.15 08:25
Schon als Schüler war für Andrés OrozcoEstrada eines sicher: Die Schaltzentrale der
Musik muss in Wien liegen. Diese Erkenntnis
hatten ihm die magischen Fernsehbilder vermittelt, die auch im fernen Kolumbien regelmässig bei Übertragungen aus dem Wiener
Musikverein zu sehen waren. Dass es ihn eines Tages selbst dorthin verschlagen würde,
hätte sich Orozco-Estrada indes nie träumen
lassen. Schier unüberbrückbar erschien ihm
die Distanz zwischen der Stadt Mozarts, Beethovens und so vieler anderer und dem heimischen Medellín, das weniger für seine schönen Künste als für seinen florierenden
Drogenhandel bekannt ist.
EIN TRAUM WIRD WAHR
In Kolumbiens zweitgrösster Metropole wurde
der Dirigent 1977 geboren, hier wuchs er auf
und lernte die Musik kennen – und auch den
Taktstock. Seine ersten Erfahrungen als Dirigent machte Andrés Orozco-Estrada beim
gemeinsamen Musizieren mit dem Orchester
seiner Schule, wo man ihm – obwohl noch ein
halbes Kind – die Leitung übertrug. Auch später, beim Geigenstudium in Bogotá, durfte der
temperamentvolle Lockenkopf seine «Schlagfähigkeit» als Dirigent des Hochschulorchesters unter Beweis stellen. Vielleicht die beste
Schule seines Lebens, denn dank der Technik,
die er sich dabei erwarb, wurde er 1997, mit
knapp 20, zum Dirigierstudium an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in
Wien zugelassen – der Stadt seiner musikalischen Träume.
Wenn man im verwöhnten Wien vonseiten
der kritisch-aufmerksamen Presse als «Wunder» bezeichnet wird, dann ist das auch ein
Wunder. Ein solches Wunder ereignete sich
2004, als Andrés Orozco-Estrada kurz nach
Abschluss seines Studiums bei einem Konzert
des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich
in letzter Minute einsprang und sozusagen
aus dem Stand Bruckners vierte Sinfonie dirigierte. Nicht nur die Kritiker, auch das Publikum jubelten dem jungen Neu-Wiener aus
Südamerika zu.
VON WIEN NACH HOUSTON
Von nun an dirigierte er das Tonkünstler-Orchester – neben den Wiener Philharmonikern
und den Wiener Symphonikern einer der drei
grossen Klangkörper der Stadt – regelmässig
und übernahm 2009 sogar dessen Leitung.
Der Grosse Saal des Wiener Musikvereins,
sozusagen der Petersdom der Musik, wie er
ihn einmal nannte, wurde nun zu OrozcoEstradas eigener Heimspielstätte. Mit seinem
Orchester erzielte er neben den konzertanten
auch diskografische Erfolge. Grosse Aufmerksamkeit erregten unter anderem die Gesamtaufnahmen der Sinfonien von Brahms und
Mendelssohn – grosse romantische Literatur,
die der Dirigent schon immer in den Fokus
seiner Tätigkeit gestellt hat. Allerdings ohne
dabei den Blick für Neues zu verlieren: Zeit-
genössisches spielt in seinen Programmen
ebenfalls eine grosse Rolle.
Darin blieb sich Andrés Orozco-Estrada treu
– auch, als er 2014 zusätzlich zu seiner Wiener Chefdirigentenposition auch noch das
Houston Symphony Orchestra in Texas übernahm. Hier hatte er 2012 debütiert, eine der
vielen Stationen in seiner Karriere, die ihn
bald rund um die Welt führte. Das Kölner
Gürzenich-Orchester erklärte ihn zum
Wunschkandidaten, als es darum ging, einen
Nachfolger für den scheidenden musikalischen Leiter Markus Stenz zu finden. Wegen
der schwierigen kulturpolitischen Perspektive
in der Rheinmetropole lehnte Orozco-Estrada
das Angebot allerdings ab.
FRANKFURT UND LONDON
Eine weise Entscheidung, wenn man sich die
derzeitige Lage in Köln anschaut. Stattdessen
übernahm er, ebenfalls 2014, von Paavo Järvi
den Chefdirigentenposten beim hr-Sinfonieorchester in Frankfurt. Nicht der erste Järvi übrigens, den Andrés Orozco-Estrada im Amt
beerbte: Paavo Järvis jüngerer Bruder Kristjan
hatte zuvor das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich geleitet. Diese Position hat
Orozco-Estrada inzwischen übrigens verlassen: Stattdessen ist er im September 2015
zum Ersten Gastdirigenten beim London Symphony Orchestra gekürt worden. Und nun gibt
er sein Debüt beim Tonhalle-Orchester Zürich.
STEPHAN SCHWARZ
Spätestens seit 2007, als Antoine Tamestit
bei den «Victoires de la Musique» zur «Instrumentalen Entdeckung des Jahres» gekürt
wurde, hat die Musikwelt einen neuen StarBratschisten. Nur ein Jahr später erhielt er
den begehrten Credit Suisse Award. Dass er
überhaupt Bratscher wurde, verdankt er
seiner Geigenlehrerin. Denn eigentlich wollte Tamestit Geiger werden. «Ich hatte eine
Cello-Suite von Bach gehört und war von
dem tiefen, erhabenen Klang des Cellos so
begeistert, dass ich umgehend wechseln
wollte. Meine Lehrerin erklärte mir, es gäbe
einen ziemlich grossen Unterschied zwischen den beiden Instrumenten, und schlug
mir vor, es stattdessen erstmal mit der Viola
zu probieren. Ich war hochzufrieden damit,
denn ich fand, dass die Viola eine tolle Mischung aus Geige und Cello war. Sie kommt
der menschlichen Stimme sehr nahe. Sie
erinnert mich an einen verführerischen Mezzosopran. Ihre Klangfarbe ist süss wie Honig
und dennoch sehr brillant.»
Für seinen Soloauftritt hat sich Antoine Tamestit das Rhapsody-Concerto von Bohuslav
Martinů ausgewählt, 1952 als Kompositionsauftrag des aus der Ukraine gebürtigen amerikanischen Bratschers Jascha Veissi entstanden. Eines der bedeutendsten Werke
aus Martinůs späten Jahren und gleichzeitig
eines der repräsentativen Bratschenkonzerte. Die Uraufführung spielte Jascha Veissi
am 19. Februar 1953, begleitet vom Cleveland Orchestra und George Szell; die europäische Erstaufführung fand wahrscheinlich
im gleichen Jahr mit dem Orchestre de la
Suisse romande in Genf statt.
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
15_Magazin_2.indd 9
Foto: Eric Larrayadieu/naive
Antoine Tamestit spielt Martinů
—
9
09.09.15 08:25
So 25.10.15
Do 26.11.15
12.15 Uhr, Kleiner Saal
FIEBRIG – VOLLER LEBEN
Michael Reid Klarinette
Isabelle Weilbach-Lambelet
Violine
Cathrin Kudelka Violine
Antonia Siegers-Reid Viola
Gabriele Ardizzone Violoncello
Anton Kernjak Klavier
Jörg Widmann Creative Chair
Fieberphantasie für Klavier,
Streichquartett und Klarinette
Gabriel Fauré
Klavierquintett Nr. 2 op. 115
10
15_Magazin_2.indd 10
Es war einmal ...
—
Märchen mit ihren archetypischen Figuren und ihren Märchenformeln wie «Es war einmal ...» oder «Und wenn sie
nicht gestorben sind ...» haben mich, seit ich denken kann,
fasziniert. Und in Unruhe versetzt, weil sie auch immer
Seismograf unterschwelliger menschlicher Urängste und
-wünsche sind. So habe ich als Interpret und als Komponist
Robert Schumanns «Märchenerzählungen» für die gleiche
Besetzung mit Klarinette, Viola und Klavier immer als ein
in hohem Grade zerrissenes, modernes, komplexes Stück
empfunden, obwohl doch die Oberfläche sich oft provokant
harmlos und naiv gibt.
Insofern möchte ich mein eigenes Trio «Es war einmal ...»
auch nicht als lediglich sentimental-nostalgische Flucht in
lange zurückliegende Zeiten verstanden wissen, sondern
als naiv-fantastischen Gegenentwurf zu unserer realen
Welt mit all ihren Verwerfungen. JÖRG WIDMANN
Foto: Marco Borggreve
19.30 Uhr, Kleiner Saal
FANTASIE
Jörg Widmann Klarinette
Creative Chair
Tabea Zimmermann Viola
Dénes Várjon Klavier
Robert Schumann
Märchenerzählungen
op. 132 für Klarinette, Viola
und Klavier
Fantasiestücke op. 73 für
Klarinette und Klavier
Jörg Widmann Creative Chair
«Es war einmal …» Fünf
Stücke im Märchenton für
Klarinette, Viola und Klavier
(2015) Uraufführung
Fantasie für Klarinette solo
Robert Schumann
Märchenbilder op. 113 für
Viola und Klavier
Wolfgang Amadeus Mozart
«Kegelstatt-Trio» KV 498
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
09.09.15 08:25
Zwischen Märchenton und
akustischer Fieberkurve
—
Jörg Widmann
Creative Chair
15_Magazin_2.indd 11
Mit «Es war einmal …» liesse sich eines Tages
nicht nur die Geschichte des Creative ChairInhabers Jörg Widmann beginnen, der heute
unbestritten eine der erfolgreichsten Doppelbegabungen als Klarinettist und Komponist ist.
Auch sein neues Trio für Viola, Klarinette
und Klavier ist mit «Es war einmal …» überschrieben und verweist nicht nur im Titel auf
eine grosse Tradition.
Das Bewusstsein für Traditionslinien war für
Jörg Widmann stets wichtiger Ausgangspunkt
für sein eigenes Komponieren. Dennoch
stehen im Œuvre von Jörg Widmann grenzgängerische Geräuschstudien wie die «Fünf
Bruchstücke» für Klarinette und Klavier ganz
selbstverständlich und gleichberechtigt
neben der «Fantasie» für Klarinette solo –
seinem Paradestück aus den Anfängen des
Komponierens für das eigene Instrument.
Die Klangwelt dieser «Fantasie» fusst im Romantischen, streift Strawinskys «Trois pièces»,
um dann mit Klezmer- und Jazz-Figurationen
in die Gegenwart zu streben. Doch ohne
die Musik der Vergangenheit sei seine Musik
gar nicht denkbar, bekennt Widmann immer
wieder.
MIT DEN HEROEN DER JUGEND
IN DIE ZUKUNFT
Dass dies kein Lippenbekenntnis ist, sondern
sein tiefgreifendes Verständnis künstlerischen
Daseins spiegelt, zeigen nicht zuletzt seine
eigenen Kompositionen. Brahms war als «Heroe seiner Jugend» einer der Ersten, die Widmann in seinen Bann zogen, vor allem dessen
Klarinettenquintett oder die späten Intermezzi. Zu kompositorischer Auseinandersetzung
haben gerade Letztere ihn aber erst verhältnismassig spät herausgefordert («Intermezzi»,
2010). Schubert wurde zu dieser Zeit ebenfalls mit pianistischen Reminiszenzen bedacht («Idyll und Abgrund»). Doch seit den
1990er-Jahren durchzieht der Geist Robert
Schumanns das Schaffen von Jörg Widmann.
Das Ergebnis sind so unterschiedliche Werke
wie die «Elf Humoresken» und die «Fieberphantasie» für Klavier, Streichquartett und
Klarinette.
DER ANDERE SCHUMANN
In der «Fieberphantasie» setzte Widmann ein
Schumann-Bild in Musik, das er in dessen
melodischen Linien wiederfindet: «Robert
Schumanns Melodik empfinde ich oft wie das
Ausschlagen einer Fieberkurve: nervös, flackernd, fiebrig.» Erst ganz am Ende des Werkes gibt das musikalische Ringen seinen Ursprung preis, wenn der Beginn von
Schumanns erster Violinsonate zitiert wird.
Einen noch klareren Werkbezug gibt es beim
neuen Trio für Viola, Klarinette und Klavier zu
Schumanns «Märchenerzählungen» op. 132
– durch den sprechenden Titel «Es war einmal …» und die Besetzung, die schon Schumann mit Bedacht wählte. Denn der bezog
sich auf Mozarts berühmtes «Kegelstatt-Trio».
Besondere Bedeutung hatte für Schumann
die Viola, deren Klangcharakter unentbehrlich
für seinen romantischen «Märchenton» war.
Und sofort steht die Frage im Raum, wie Jörg
Widmann – im Angesicht von Mozarts und
Schumanns Vorgängerwerken – seinen zeitgenössischen «Märchenton» heraufbeschwören wird. ULRIKE THIELE
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
11
09.09.15 08:25
DÎNER MUSIC AL 16
—
G AL A-NACHT MIT
SÜDAMERIK ANISCHEM
FL AIR .
15_Magazin_2.indd 12
Info: tonhalle-orchester.ch/diner-musical-2016
FREITAG 22.01.16
09.09.15 08:25
Nikolaj Rimskij-Korsakow
St. Petersburg –
Tradition – Innovation
—
Alexander Borodin
Dmitri Schostakowitsch
Alexander Borodin und Nikolaj Rimskij-Korsakow gehörten zum berüchtigten «Mächtigen
Häuflein», jener «Gruppe der Fünf», die in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von
St. Petersburg aus versuchte, eine Vormachtstellung in der russischen Musik zu erringen.
Während im fernen östlichen Moskau eine
Zelebrität wie Tschaikowsky sass und sich mit
seiner vollständigen Orientierung an mitteleuropäischen Musikstandards in der Gunst
des grossen Publikums weit nach vorne
schob, setzten die selbst ernannten «Novatoren» im eigentlich traditionell westlich orien-
Kammermusik-Matinee
15_Magazin_2.indd 13
tierten St. Petersburg mehr auf die nationale
Karte: Borodin und Rimskij-Korsakow strebten
selbst in deutsch-klassischen Gattungen
wie dem Streichtrio und dem Streichsextett
stets danach, so «russisch» zu sein wie nur
möglich.
WESTLICHE TRADITION
Zwei Generationen später trugen solche Bemühungen immerhin bei einem genuinen
St. Petersburger Eigengewächs ihre Früchte:
Dmitri Schostakowitsch wusste russische und
bald sogar sowjetische Eigenart mit der grossen westlichen Tradition auf ganz selbstverständliche Weise zu verbinden und scheute
sich nie, altbewährte Gattungen in seinem
Sinne fortzusetzen, wie mit den 24 Präludien
op. 34, die an Chopin, Skrjabin und Rachmaninow anknüpfen. JENS-PETER SCHÜTTE
So 04.10.15
11.15 Uhr, Kleiner Saal
ST. PETERSBURG – DAS ROMANTISCHE
FENSTER NACH EUROPA
Elizaveta Shnayder-Taub Violine
Isabelle Weilbach-Lambelet Violine
Johannes Gürth Viola
Ursula Sarnthein Viola
Alexander Neustroev Violoncello
Ioana Geangalau-Donoukaras Violoncello
Yulia Levin Klavier
Alexander Borodin
Streichtrio g-Moll
Dmitri Schostakowitsch
Vier Präludien aus op. 34 bearbeitet für
Violine und Klavier
Nikolaj Rimskij-Korsakow
Streichsextett A-Dur
10.30 Uhr, Grosser Saal Einblicke mit Jens-Peter Schütte
11.00 Uhr, Treffpunkt Vestibül Kinder-Matinee für die Kinder der
Konzertbesucher (ab 4 Jahren)
Unterstützt durch International Music and Art Foundation
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
13
09.09.15 08:25
Die Intensität
des Leisen
—
Matthias Goerne ist einer der profiliertesten Liedersänger.
Seine viel gerühmten Schubert-Einspielungen wurden förmlich mit
Preisen überhäuft. Nun präsentiert er sich, begleitet vom
Tonhalle-Orchester Zürich unter der Leitung von Lionel Bringuier,
mit den «Kindertotenliedern» von Gustav Mahler.
Versucht man, die Stimme von Matthias
Goerne in Worte zu fassen, so bieten sich
Adjektive wie rund, voll und weich an. In ihren besten Momenten ist es eine berückend
schön timbrierte, balsamische Baritonstimme
– ganz aus dem Piano heraus entwickelt
und mit einem anrührend-zarten Klang. Aber
der Sänger kann auch anders. Er kann gellen
und harsch werden, und ganz besonders
liebt er den geheimnisvollen vokalen Halbschatten. Kurzum: Die Stimme verfügt über
eine breite Ausdruckspalette, und Matthias
Goerne weiss sich ihrer virtuos zu bedienen.
«Modulationsfähigkeit bedeutet nicht nur,
verschiedene Farben zu haben, sondern auch
verschiedene Stimmen», sagte er im Interview
mit der Wochenzeitung «Die Zeit». «Man ist
nicht dazu verdammt, mit einem Timbre
zu singen. Schwer, dunkel, leicht, hoch, me-
14
15_Magazin_2.indd 14
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
tallisch, weich – das sind Ausdrucksmittel,
die jede Stimme haben kann. Man muss nur
wollen.»
EIN FESSELNDER
LIEDGESTALTER
Den Weg zu dieser Erkenntnis haben ihm vor
allem seine Lehrer geebnet. Zunächst HansJoachim Beyer an der Hochschule für Musik
«Felix Mendelssohn Bartholdy», anschliessend Dietrich Fischer-Dieskau, die Kapazität
schlechthin auf dem Gebiet der Liedgestaltung. Letztlich noch wichtiger für ihn wurde
nach einem Konzert in Berlin aber die Begegnung mit einer der bedeutendsten Sängerinnen, die ihm anbot, mit ihm zu arbeiten. Ihr
Name: Elisabeth Schwarzkopf. Selbst eine
unübertroffene Meisterin des Liedgesangs,
war sie unvergleichlich in der Kunst, den Sinn
der Worte durch Klangfarben zu illuminieren.
Bei ihr lernte Matthias Goerne, seinen spezifischen Stimmklang und seine vokalen Farben
zu finden.
Längst ist der Bariton selbst ein fesselnder Liedgestalter und Geschichtenerzähler mit dem
Mut zu fahlen Klangfarben und auch «hässlichen» Tönen – wenn es der Text verlangt. Vor
allem aber weiss Matthias Goerne um die
Macht eines ausdrucksstarken Pianos, um die
Intensität des Leisen. Höchst sensibel lauscht
er in die Seelenräume der Lieder und ihrer Protagonisten hinein, etwa des Wanderers aus
Schuberts «Winterreise», und lässt seine Stimme zu ihrem Medium werden. Obwohl Goerne
auch auf der Opernbühne grosse Erfolge feiert
mit Rollen wie Papageno, Wolfram, Wozzeck
oder König Lear, prädestiniert ihn seine exqui-
Matthias Goerne
singt Mahler
09.09.15 08:26
Mi 04.11.15
19.30 Uhr, Grosser Saal
Do 05.11.15
19.30 Uhr, Grosser Saal
«POESIE DER KINDHEIT» –
LICHT UND SCHATTEN
Tonhalle-Orchester Zürich
Lionel Bringuier Leitung
Matthias Goerne Bariton
Felix Mendelssohn
Ouvertüre «Die Hebriden» h-Moll op. 26
Maurice Ravel
Ma Mère l’Oye (Ballettfassung)
Gustav Mahler
Kindertotenlieder
Maurice Ravel
Rapsodie espagnole
Sibelius
mit
Lisa
Batiashvili
—
04./05.11., jeweils 18.30, Kleiner Saal
Einführung mit Thomas Meyer
12.15 Uhr, Grosser Saal
DIE KUNST DER INSTRUMENTIERUNG
Tonhalle-Orchester Zürich
Lionel Bringuier Leitung
Felix Mendelssohn
Ouvertüre «Die Hebriden» h-Moll op. 26
Maurice Ravel
Ma Mère l’Oye (Ballettfassung)
site Stimme vor allem für den Liedgesang.
Hier kann er mit feineren Nuancen aufwarten
und erweist sich stets aufs Neue als meisterhafter Gestalter dieser Minidramen.
FÜR MAHLER IDEAL
Das sind ideale Voraussetzungen auch für die
Musik Gustav Mahlers mit ihren zahlreichen
bedeutungsschweren Verweisen, mit ihren
Anspielungen und Chiffren, die zu entschlüsseln es eines Liedsängers vom Format Goernes bedarf. Ihm gelingt es, die Noten des
Komponisten für den Zuhörer in eine emotionale Botschaft zu übersetzen. Dabei greift er
zuweilen auch zu drastischen Kunstmitteln,
denn Mahlers Musik kennt sowohl die innige
Emphase als auch das harsch Gebrochene bis
hin zum völligen Zusammenbruch. Für jeden
Ausdruck findet Matthias Goerne den richtigen Ton, auch wenn dieser den Zuhörer im
ersten Moment vielleicht etwas irritiert oder
gar verstört. «Die Seele ist ein weites Land»,
heisst es bei Arthur Schnitzler – und Matthias
Goerne ist ein ungemein kundiger Wanderer
in dieser manchmal überwältigend schönen,
manchmal aber auch verstörend einsamen
Landschaft. BJØRN WOLL
Sa 31.10.15
19.30 Uhr, Grosser Saal
So 01.11.15
17.00 Uhr, Grosser Saal
SIBELIUS MIT
LISA BATIASHVILI
Tonhalle-Orchester Zürich
Lionel Bringuier Leitung
Lisa Batiashvili Violine
Artist in Residence
Maurice Ravel
Shéhérazade:
Ouverture de Féérie
Jean Sibelius
Violinkonzert d-Moll op. 47
Johannes Brahms
Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73
Artist in Residence wird unterstützt
durch Swiss Re
01.11., 16.00 Uhr, Kleiner Saal
Surprise mit Studierenden der ZHdK
Lisa Batiashvili
Artist in Residence
15_Magazin_2.indd 15
Mögen die sieben Sinfonien von Jean
Sibelius in den Konzertprogrammen nach
wie vor relativ selten auftauchen, sein
Violinkonzert gehört zu den Top-Favoriten, beim Publikum seit je ebenso beliebt
wie bei den grossen Geigern. Und Lionel
Bringuier ist ein kongenialer SibeliusDirigent: Seine Interpretation der zweiten
Sinfonie mit dem Tonhalle-Orchester Zürich im vergangenen März gehörte zweifellos zu den herausragenden Konzerterlebnissen der letzten Saison.
EINE EINZIGE LIEBESERKLÄRUNG
Das Violinkonzert von Sibelius hat er neulich mit besonderem Erfolg in Monte Carlo
dirigiert – und seine Begeisterung über
die Solistin damals war schier grenzenlos:
Lisa Batiashvili. Derart vollendet gespielt
habe er dieses Violinkonzert noch nie
gehört. Kein Wunder, denn bereits als
Teenager profilierte sich Lisa Batiashvili
mit dem Sibelius-Konzert, und das an
höchst prominentem Ort: «Zum ersten
Mal spielte ich es beim Sibelius Wettbewerb 1995, das war eine ganz besondere
Erfahrung. Da war ich 16 Jahre alt, und
ich dachte mir nur: ‹Mein Gott, ist das ein
schönes Konzert!› Es ist eine einzige Liebeserklärung an das Publikum.»
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
Fotos: Sammy Hart / DG; Priska Ketterer
Foto: Marco Borggreve
Do 05.11.15
15
09.09.15 08:26
DIE STIFTUNG ZUR ERHALTUNG VON PREISGÜNSTIGEN WOHN- UND GEWERBERÄUMEN
DER STADT ZÜRICH (PWG) IST EINE GEMEINNÜTZIGE, ÖFFENTLICHE STIFTUNG DER
STADT ZÜRICH MIT EIGENER RECHTSPERSÖNLICHKEIT.
.WIR OFFERIEREN IHNEN.
.MEHR FÜR IHR.
.HAUS.
Sie verkaufen Ihre Liegenschaft zu Marktpreisen, und die Stiftung PWG schenkt Ihnen ein
paar schöne Gewissheiten dazu: Alle unsere über 1800 Wohnungen und Gewerberäume in
der Stadt Zürich bleiben unveräusserlich in unserer Hand. Unser Stiftungszweck sichert den
Mietern ein Bleiberecht zu günstigen Zinsen und schützt Ihr Objekt vor der Umwandlung
in Eigentumswohnungen.
STIFTUNG PWG | POSTFACH | 8026 ZÜRICH | TEL. 043 322 14 14 | WWW.PWG.CH
15_Magazin_2.indd 16
09.09.15 08:26
Prag um 1900
—
Mit der Romantik war man in Böhmen und Prag um
1890 einigermassen spät dran: In der deutschen
Literatur war die erste Blütezeit der Romantik bereits einhundert Jahre her (Tieck und Wackenroder), ja die ganze Epoche lag im Grunde schon seit
einem halben Jahrhundert begraben; und selbst in
der – stets nachzügelnden – Musik lebte von den
eigentlichen Romantikern wie Berlioz, Mendelssohn, Chopin, Schumann, Liszt und Wagner niemand mehr.
Doch führte Böhmen eine nicht ganz einfache Rand­
existenz als eines von vielen Teilgebieten der riesigen K.-u.-k.-Monarchie, und lange bildete man hier
So 08.11.15
eigentlich nur einen Appendix der deutschen Kultur.
Romantik bedeutete in der böhmisch-tschechischen
Musik dann gerade dies, dass man allmählich entdeckte, wie man selber auch etwas Eigenständiges
sein könne. Bei Smetana und Dvořák, auch noch
beim jungen Josef Suk und Vítězslav Novák äusserte
sich solches erwachende Bewusstsein nationaler
Bedeutung noch ganz naiv: In Streichquartetten,
Klaviertrios und Klavierquartetten nahm man die
deutsche klassisch-romantische Musik zur selbstverständlichsten Grundlage und stellte deren überlieferte musikalische Grammatik nicht im Mindesten
in Frage, würzte diese aber mit einigem tschechischen Kolorit. JENS-PETER SCHÜTTE
11.15, Kleiner Saal
PRAG UM 1890 – BLÜTEZEIT DER
TSCHECHISCHEN ROMANTIK
Elisabeth Harringer-Pignat
Violine
Mari Parz Violine
Johannes Gürth Viola
Gabriele Ardizzone Violoncello
Bernhard Parz Klavier
Bedřích Smetana
Aus: Streichquartett Nr. 2
Josef Suk
Aus: Streichquartett Nr. 1 op. 11
Vítězslav Novák
Aus: Klaviertrio Nr. 1 op. 1
Antonín Dvořák
Klavierquartett Nr. 2 op. 87
10.30 Uhr, Grosser Saal
Einblicke mit Jens-Peter Schütte
11.00 Uhr, Treffpunkt Vestibül
Kinder-Matinee mit Sabine Appenzeller für die
Kinder der Konzertbesucher (ab 4 Jahren)
Unterstützt durch
International Music and Art Foundation
Hausmeister Toni
und der Hörnerschall
—
Illustration: Anna Sommer
Die meisten Kinder kennen Geige, Klavier, Gitarre
und dann vielleicht noch das Cello. Das Horn aber
ist weniger bekannt. Das muss natürlich anders
werden, und deshalb bereiten sich die Hornisten
des Tonhalle-Orchesters Zürich auf einen besonderen Auftritt vor, der auch Hausmeister Toni vor ganz
spezielle Herausforderungen stellt.
Denn: Er ist auch kurz vor Konzertbeginn noch ratlos. Welche Szenerie ist für Hörnerschall die beste?
Postkutsche, Wald oder Nebelmeer? Hoffentlich
können ihm die Konzertbesucher noch schnell helfen! Beim spannenden Ausflug in die Klangwelten
der Hörner soll ja schliesslich nichts schiefgehen!
Sa 14.11.15
14.00 Uhr, Kleiner Saal
DER HÖRNERSCHALL
Mischa Greull Horn
Nigel Downing Horn
Karl Fässler Horn
Paulo Muñoz-Toledo Horn
Rico Grandjean Schauspieler
Christine Faissler Konzept und Regie
Eine heitere musikalische Geschichte
für Kinder ab 5 Jahren
Unterstützt durch International Music and Art Foundation
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
15_Magazin_2.indd 17
17
09.09.15 08:26
Spätes Debüt m
Musikalisch zu Hause war der französische Dirigent Sylvain Cambreling in den letzten Jahrzehnten vor allem an den Pulten grosser Opernhäuser. Nach seinem «Lehrbetrieb» Lyon hat er
in Brüssel und Frankfurt markante musikalische
Spuren hinterlassen, wurde mit Preisen dekoriert und lenkt seit 2012 als Generalmusikdirektor die künstlerischen Geschicke der Oper
Stuttgart. Hier hätte Cambreling, seinem Profil
entsprechend, seinen Einstand nur zu gerne
mit einer Uraufführung gegeben – wäre das
Bühnenwerk denn fertig geworden.
18
15_Magazin_2.indd 18
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
IN ALLE RICHTUNGEN OFFEN
Auch im Konzertbereich bringen moderne,
neue und zeitgenössische Musik Cambrelings
Dirigentenblut in Wallung. In seinen Anfängen
Ende der 1970er-Jahre waren Begegnungen
beim Ensemble intercontemporain, später
beim Klangforum Wien prägend. Und noch
heute appelliert er dafür, in alle Richtungen
offen zu bleiben und sich auf das Unbekannte
einzulassen. Ohne das Neue gibt es keine Entwicklung – davon ist Cambreling überzeugt.
Neue Entwicklungen in der Schweizer Orches-
terlandschaft anzuregen, ist auch die treibende Idee der Pro-Helvetia-Initiative «Œuvres
suisses»: Bis 2016 sollen über 30 neue Orchesterwerke aus der Taufe gehoben werden.
Eines davon ist Jacques Demierres «No Alarming Interstice», das auf Cambrelings DebütProgramm steht.
«LÜCKEN» SCHLIESSEN
Jacques Demierre (*1954) ist der Tausendsassa der schweizerischen Musikwelt: Der Genfer
ist nicht nur Komponist, sondern auch Pianist
und Jazzmusiker; er befasst sich intensiv mit
Poésie sonore (also Lautpoesie oder Lautmusik), elektroakustischer Musik und Improvisation. Diese Bereiche lässt Demierre auch in
sein neues Werk einfliessen, wenn das Tonhalle-Orchester Zürich auf sein Improvisations-Ensemble aus Saxofon, Klavier, Kontrabass und Live-Elektronik trifft.
«No Alarming Interstice» (dt. «keine bedenkliche Lücke») bezieht sich auf das Orchesterwerk «Marginal Intersection» (dt. «zu vernachlässigende Überschneidung») von Morton
Foto: hazardchase
Sylvain Cambreling dirigiert erstmals
das Tonhalle-Orchester Zürich. Dass dies im
Rahmen der Tage für Neue Musik mit
einer Uraufführung und einer Schweizer Erstaufführung passiert, ist alles andere
als Zufall: Zeitgenössisches hat einen festen
Platz in Cambrelings Musikerherz.
Sylvain Cambreling
Tage für Neue Musik
09.09.15 08:26
N
O
A
L
A
R
M
I
N
G
A4 5
[00:00 --->
3 4 3
MM 120-130
4 3
5
WINDS
10
B5
<--- 00:39]
TRIO…00:00-spb…00:21-b…00:35-spb…
ir. m-gliss
4 3
[00:39 --->
»
ae.s.
»
15
ob
ehn bisb.
cl
t mit Herzensprogramm
—
I
N
T
E
R
S
T
I
C
E
PERC
II
II
»
»
HARP
CELESTA
ELECT. 1
a
ELECT. 2 b
w/o sempre if not indicated
w/o sempre if not indicated
»
c.l.t.
STRINGS
TRIO…00:39-spb…01:05-sp…01:17-spb…
3 5
20
ae.s.
k.n.
WINDS
k.n.
BRASS
inh.
exh.
PERC
4 3
n.v.
25
4
n.v.
k.n.
ae.s.
ae.s.
n.v.
n.v.
gliss
I
III
III
II
III
3
HARP
CELESTA
hrn
tpt
gliss
2
III
II
I
1
gliss
III
III
II
II
3
ELECT. 1
»
»
vc
b.b.b.
pizz
harm.
n.v.
»
»
Feldman (1926 – 1987) und ist dabei gleichzeitig anagrammatisches Buchstabenspiel
und semantisches Gegenbild. Musikalisch
versucht Demierre dabei eine «Lücke» zu
schliessen, die zwischen Feldmans Äusserungen zur grafischen Notation und dem Kult um
dessen Musik klafft. Feldman bezeichnete
nämlich die Improvisation als (ungeliebtes)
Ergebnis einer unbefriedigenden Interpreta­
tion seiner grafischen Notation, während die
Szene experimenteller Improvisatoren in Feldman den Vater der eigenen Ideale sieht. Demierre, der selbst auf moderne grafische statt
auf konventionelle Notation setzt, lädt über
60 Jahre nach Feldman zu einem neuen
Klangexperiment ein, das bei Sylvain Cambreling in besten Händen liegt.
HERAUSFORDERUNG «TRIPELKONZERT»
Der Bezugspunkt für den zweiten Neuling im
Programm liegt noch deutlich länger zurück:
Das «Trio concerto» von Wolfgang Rihm – seit
Jahrzehnten ein Schwergewicht unter den
komponierenden Zeitgenossen – ruft keinen
Geringeren als Ludwig van Beethoven auf den
Eine Uraufführung von Jacques Demierre:
In «No Alarming Interstice» trifft das TonhalleOrchester Zürich auf ein Improvisations-Ensemble
aus Saxofon, Klavier, Kontrabass und LiveElektronik – und auf Demierres moderne
grafische statt konventionelle Notation.
Plan. Bereits der Beginn des Werkes macht
jedoch klar, dass es mehr sein will als Gattungsauffrischung im 21. Jahrhundert. Rihm
schlägt einen gänzlich anderen Weg ein als
Beethoven in seinem Tripelkonzert (UA 1808)
und lässt in seinem rhapsodisch-einsätzigen
Konzert die drei Solisten den Anfang machen.
Das Klavier ist mal keck kommentierender
Gegenpart, mal emphatischer Mit-Inszenierer
gross angelegter Phrasen von Violine und
Violoncello. Das Orchester schleicht sich quasi durch die Hintertür ins klangliche Geschehen – ein Gegenüberstellen von Solo-Tutti
kommt anders als bei Beethoven selten vor.
Dass dieser Rihm’sche Weg nicht zu einem
heiteren Schlussrondo à la Beethoven führen
»
ae.s.
3 4
inh.
I
III
I
I
I
w/o sempre if not indicated
pont
TRIO…01:25-tacet…
4 3
Fr 13.11.15
5
35
2
2
ind
ind
ind
m.v.
ae.s.
19.30n.v.
Uhr, Grosser Saal
TAGE FÜR NEUE MUSIK
I
Tonhalle-Orchester Zürich
I
I
I
Sylvain Cambreling Leitung
Trio Leimgruber_Demierre_Philipps
3
4
Trio Jean Paul
Jacques Demierre
No Alarming Interstice (Œuvres suisses),
Uraufführung
trem.
Wolfgang Rihm
br.
pizz
cb
Trio concerto, Schweizer Erstaufführung
Witold Lutosławski
Livre pour orchestre
«Œuvres suisses» unterstützt durch Pro Helvetia
18.30 Uhr, Kleiner Saal
Einführung mit Thomas Meyer
weitere Konzerte
Fr 13.11.15
22.00 Uhr, Kleiner Saal
So 15.11.15
11.00 Uhr, Grosser Saal
MATINEE FÜR KINDER –
Eine interaktive Begegnung
mit Neuer Musik
Veranstalter: Tage für Neue Musik
kann, liegt hier schon nahe. Nach dem WDR
Sinfonieorchester Köln und dem Dallas Symphony Orchestra widmet sich nun das Tonhalle-Orchester Zürich als einer der drei Auftraggeber in der Schweizer Erstaufführung dem
Tripelkonzert von Wolfgang Rihm.
Lutosławskis «Livre pour orchestre» – längst
ein Klassiker der Avantgarde – rundet das
Programm ab, das nicht nur Sylvain Cambrelings Herz, sondern auch dasjenige der Liebhaber Neuer und neuester Musik erfreuen
wird. ULRIKE THIELE
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
15_Magazin_2.indd 19
II
II
II
pizz
n.v.
n.v.
»
a
ELECT. 2 b
STRINGS
30
»
tbn
btbn
tba
tbn
btbn s.+p.
tba
inh.
[01:25 --->
»
k.n.
n.v.
ae.s.
k.n.
III
1
2
3
5
ir. m-gliss
C3
<--- 01:25]
Foto: Ralph Kuehne
O
R
C
H
E
S
T
R
A
»
III
1
2
3
n.v.
--
gliss
ae.s.
BRASS
Jacques Demierre
19
09.09.15 08:26
Quartett der
Kritiker
—
Foto: Josef Stücker
Zum ersten Mal gastiert das Quartett der Kritiker des «Preises
der deutschen Schallplattenkritik» am 12. November in der
Tonhalle Zürich. Vier ausgewiesene Fachjuroren diskutieren
an diesem Spätherbstabend Aufnahmen von Maurice Ravels
Orchesterwerken.
Zum Quartett formieren sich die Musikredakteurin der «FAZ»,
Eleonore Büning, der Musikkritiker Peter Hagmann,
der Musikpublizist Max Nyffeler und der Musikredaktor der
«NZZ», Christian Wildhagen.
Do 12.11.15
19.30 Uhr, Kleiner Saal
QUARTETT DER KRITIKER
Podiumsdiskussion
Freier Eintritt.
Platzkarten ausschliesslich an der Billettkasse erhältlich.
Wo Musikwelten sich treffen
Zürich | Basel | Luzern | St. Gallen | Lausanne
www.musikhug.ch
Ins_Tonhalle_Magazin_A5q.indd
1
15_Magazin_2.indd
20
08.09.15 08:26
10:33
09.09.15
ECHO Klassik
für
David Zinman
—
David Zinman, Chefdirigent des Tonhalle-Orchesters
von 1995 bis 2014, wird bei den 22. ECHO-Klassik-Preisverleihungen für seine Einspielung von Gustav Mahlers
«Lied von der Erde» und Ferruccio Busonis
«Berceuse élégiaque» mit dem TonhalleOrchester Zürich zum
Abschiedskonzert
bei den
Proms 2014
—
Im Rahmen der berühmten Londoner BBC Proms dirigierte
David Zinman am 21. Juli 2014 sein allerletztes Konzert
als Chefdirigent des Tonhalle-Orchesters Zürich. Prominente Solistin war Julia Fischer im Violinkonzert von Antonín Dvořák; zudem standen «Till Eulenspiegel» von Richard Strauss sowie die «Pastorale» von Beethoven auf dem
Programm. Über das Konzert schrieb die
renommierte Tageszeitung «The Guar­
dian»: “This beautiful Prom marked
the end of an era. David Zinman’s
final concert as chief conductor of the
Zurich Tonhalle was a superb example
of his intelligent musicianship.” Nun ist
ein Konzertmitschnitt von Unitel Classica
auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht worden.
n
Dirigenten des Jahres 2015
gekürt.
Verliehen wird die Auszeichnung bei einer von
Rolando Villazon und Nina Eichinger moderierten Gala
am 18. Oktober im Berliner Konzerthaus,
die ab 22 Uhr vom ZDF ausgestrahlt wird.
Der ECHO Klassik ist der renommierteste Klassikpreis
der Welt und wird seit 1994 verliehen.
Mit der Auszeichnung ehrt die Deutsche PhonoAkademie, das Kulturinstitut des Bundesverbandes
der Musikindustrie e. V., jährlich die herausragenden
und erfolgreichsten Leistungen nationaler und
internationaler Klassikkünstler.
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
10:33
15_Magazin_2.indd 21
21
09.09.15 08:26
Amoretten der Anmut
—
22
15_Magazin_2.indd 22
Charles Dutoit dirigiert
das Stabat mater
von Gioacchino Rossini.
Ein Meisterwerk und
gleichzeitig sozusagen ein
bunter Paradiesvogel
unter den bedeutenden
Sakralwerken,
dessen Meisterschaft
lange verkannt wurde,
vor allem
diesseits der Alpen.
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
Das Pamphlet verdankt sich der spitzen Feder
Richard Wagners im Pariser Exil: «Um diese
Zeit begab es sich, dass Rossini gegen zehn
Jahre nichts mehr von sich hören liess: Er ass
Gebackenes und machte Testamente …
Nichtsdestoweniger verbreiteten sich aber
hier und da düstere Gerüchte über die ausserordentliche Stimmung des Maestro; bald
hörte man, sein geliebter Vater sei gestorben,
bald berichtete man, er wolle nicht mehr hören. Das Wahre an der Sache soll aber gewesen sein, dass er Reue fühle und Kirchenmu-
Gioacchino Rossini
Stabat mater
09.09.15 08:26
Mi 18.11.15
Do 19.11.15
Fr 20.11.15
19.30 Uhr, Grosser Saal
SCHLÜSSEL ZUR HIMMELSPFORTE
Tonhalle-Orchester Zürich
Charles Dutoit Leitung
Simona Saturova Sopran
Marianna Pizzolato Mezzosopran
Benjamin Bruns Tenor
René Pape Bass
Zürcher Sing-Akademie Chor (SATB)
Tim Brown Einstudierung
Wolfgang Amadeus Mozart
Sinfonie C-Dur KV 551 «Jupiter-Sinfonie»
Gioacchino Rossini
Stabat mater
Unterstützt durch Mercedes-Benz
19.11., 18.30 Uhr, Foyer
20.11., 18.30 Uhr, Kleiner Saal
Einführung mit Margit Klusch
sik schreiben wollte … Die erste Anregung
zur Ausführung seines versöhnlichen Verhaltens scheint ihn in Spanien angekommen zu
sein …»
EINE GOLDENE SCHNUPFTABAKDOSE
Wahr an diesem Pamphlet ist einzig der letzte
Satz. Es war im Spätherbst 1831: Wieder einmal war es Rossini zu kalt in Paris, zudem
fürchtete er die grassierende Cholera, und so
liess er sich von seinem Mäzen und Freund,
dem Bankier Alexandre-Marie Aguado, zu
einem Aufenthalt in Spanien einladen. In Madrid wurde er sogar vom König empfangen.
Bald einmal wuchs seine Dankesschuld gegenüber den spanischen Gastgebern derart,
dass er die Bitte eines im Staatsdienst stehenden Priesters und Juristen mit Namen
Manuel Fernández Varela um eine neue, originale Rossini-Komposition nicht ausschlagen
konnte. Man einigte sich auf ein Stabat mater. Im März 1832 hatte Rossini sechs Nummern von den beabsichtigten zwölf fertig.
Dann zwang ihn ein Hexenschuss – ein verita-
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
15_Magazin_2.indd 23
23
09.09.15 08:26
bler oder nur ein vorgeschobener? –, die Vollendung seinem Musiker-Kollegen Giovanni
Tadolini anzuvertrauen. Was Rossini ihm dafür bezahlt hat, ist nicht geklärt. Klar jedoch
ist, dass Rossini für das fertige Werk eine
goldene Schnupftabakdose geschenkt bekam.
Heinrich Heine
über
Rossinis
Stabat mater
—
Das Stabat mater von Rossini war die hervorragende Merkwürdigkeit der hingeschiedenen Saison, die Besprechung desselben ist noch immer an der Tagesordnung, und eben die Rügen, die von norddeutschem Standpunkt aus
gegen den grossen Meister laut werden, beurkunden recht schlagend die Ursprünglichkeit und Tiefe seines Genius. Die Behandlung sei zu weltlich, zu
sinnlich, zu spielend für den geistlichen Stoff, sie sei zu leicht, zu angenehm,
zu unterhaltend – so stöhnen die Klagen einiger schweren, langweiligen Kritikaster … Jene glauben, das wahrhaft Christliche müsse in subtilen mageren
Konturen und so abgehärmt und farblos als möglich dargestellt werden.
Um dieser Verblendung durch eine Tatsache zu widersprechen, mache ich nur
auf die Heiligenbilder der spanischen Schule aufmerksam; hier ist das Volle
der Konturen und der Farbe vorherrschend, und es wird doch niemand leugnen, dass diese spanischen Gemälde das ungeschwächteste Christentum atmen und ihre Schöpfer gewiss nicht minder glaubenstrunken waren, als die
berühmten Meister, die in Rom zum Katholizismus übergegangen sind, um
mit unmittelbarer Inbrunst malen zu können. Nicht die äussere Dürre und
Blässe ist ein Kennzeichen des wahrhaft christlichen in der Kunst, sondern
eine gewisse innere Überschwenglichkeit, die weder angetauft noch anstudiert werden kann, in der Musik wie in der Malerei …
damaligen Theater – dem heutigen Casino – gibt ein Original-
BÜHNE ODER KIRCHE?
Genau das wirft man Rossini seither vor, vor
allem diesseits der Alpen: dass das Werk
mehr nach Bühne als nach Kirchenraum klinge. Tatsächlich ist es wohl mehr der Opernkomponist als der Kirchenmusiker, der hier
gleichsam die Summe seines Komponistenlebens zieht. Die Tenorarie «Cuius animam»
zum Beispiel oder das feurig-virtuose «Inflammatus» des Solosoprans scheinen auf den
ersten Blick von ganz anderen Dingen zu erzählen als von den Schmerzen Marias. Aber
hat man später Ähnliches nicht auch Giuseppe Verdis genialem Requiem vorgeworfen? Es
blieb ausgerechnet einem grossen deutschen
Dichter vorbehalten, für Rossinis Stabat mater das richtige Verständnis und die richtigen
Worte zu finden: Heinrich Heine. Er hatte die
Pariser Uraufführung persönlich miterlebt –
für ihn war Rossini ein «König von Gottes
Gnaden im Reiche der Tonkunst».
gemälde aus dem Besitz der Stadt Baden-Baden.
WERNER PFISTER
Um ein Stabat mater zu schreiben: Da brauchte Rossini wahrlich den Geist
des Christentums nicht erst wissenschaftlich zu konstruieren, noch weniger
Händel oder Sebastian Bach sklavisch zu kopieren; er brauchte nur die frühesten Kindheitsklänge wieder in seinem Gemüt hervorzurufen … [Daran]
musste ich unwillkürlich denken, als ich der Aufführung von Rossinis Stabat
mater zum ersten Mal beiwohnte: das ungeheure, erhabene Martyrium ward
hier dargestellt, aber in den naivsten Jugendlauten, die furchtbaren Klagen
der Mater dolorosa ertönten, aber wie aus
unschuldig kleiner Mädchenkehle, neben
den Flören der schwärzesten Trauer rauschten die Flügel aller Amoretten der Anmut …
Das ist die ewige Holdseligkeit des Rossini,
seine unverwüstliche Milde …
1842 erlebt das Stabat mater von Gioacchino Rossini im
Baden-Badener Theater seine deutsche Erstaufführung. Einen
Eindruck vom prachtvollen Ambiente dieser Aufführung im
24
15_Magazin_2.indd 24
Am Karfreitag 1832 fand in Madrid die Uraufführung statt – ein immenser Erfolg. Und
dabei blieb es vorläufig. Als Varela fünf Jahre
später starb, fand sich die Partitur in seinem
Nachlass. Sie wurde von einem Pariser Verleger erworben, der das Werk sofort aufführen
lassen wollte. Rossini protestierte umgehend
und legte Beschwerde ein: Das nicht vollständig von ihm stammende Werk dürfe keinesfalls unter seinem Namen aufgeführt werden.
Es kam zu einem Rechtsstreit, der ihn längere
Zeit in Atem hielt. Schliesslich blieb ihm
nichts anderes übrig, als die von ihm stammenden Nummern des Werks selber zu einem
vollständigen Stabat mater zu ergänzen. Die
Uraufführung des Werks – nach Jahren des
Verstummens endlich wieder eine neue, gewichtige Rossini-Komposition – warf bereits
im Vorfeld hohe Wellen; die Proben fanden
unter strengem Ausschluss der Öffentlichkeit
statt; und schliesslich ging das Stabat mater
am 7. Januar 1842 im Pariser Théâtre-Italien
mit sensationellem Erfolg über die Bühne.
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
Gioacchino Rossini
Stabat mater
09.09.15 08:26
Experimentierfeld
Streichquartett
—
Mo 23.11.15
Unter den jungen Quartettformationen der neuen Generation
sticht das vision string quartet besonders hervor: Die vier Virtuosen, alle unter 25, haben sich nicht nur der konventionellen Streichquartett-Literatur der Klassik verschrieben, sondern
verstehen auch den Jazz und die Popmusik als ihre Klangwelt.
Beim vision string quartet stehen also die Schwergewichte des
Repertoires ganz selbstverständlich neben Eigenkompositionen und Arrangements aus dem Crossover-Bereich.
«WIR SIND JUNG …»
Die vier Künstler versuchen dabei nicht nur, verschiedene Stile
zu bedienen, sondern auch deren Grenzen aufzubrechen.
Klänge, perkussive Elemente oder Spieltechniken aus dem
Jazz oder der Popmusik werden auf die Streichquartett-Literatur übertragen. Ergebnis ist ein Klangerlebnis, das in der Kammermusik bisher einzigartig ist. Auch die Performance erstaunt: Das vision string quartet spielt auswendig,
überwiegend im Stehen und zeigt so eine Bühneninteraktion,
wie sie dem Publikum eher aus dem Jazz bekannt sein dürfte.
«Wir sind jung und hören gerne viel Musik», sagt der Cellist
Leonard Disselhorst. «Ich glaube, das macht den Unterschied,
wenn man das, was man gerne hört, auch gerne spielt – eben
auch aus dem Crossover-Bereich.»
19.30 Uhr, Kleiner Saal
FÜR SIE ENTDECKT
vision string quartet
Jakob Encke Violine
Daniel Stoll Violine
Sander Stuart Viola
Leonard Disselhorst Violoncello
Franz Schubert
«Erlkönig» arr. für Streichquartett von Jakob Encke
Felix Mendelssohn
Streichquartett Nr. 6 f-Moll op. 80
Jazz-Crossover
Eigenkompositionen nach Ansage
Unterstützt durch den Gönnerverein
«MAN KANN SO VIEL NEUES ENTDECKEN …»
Die Gattung Streichquartett wurde von jeher auch als Experimentierfeld wahrgenommen und genutzt: Massentauglichkeit
war in der Kammermusik nicht gefragt; komponiert wurde
ursprünglich für einen kleinen Kreis von Kennern und Liebhabern. Unkonventionelles konnte hier problemlos ausprobiert
werden. Genau hier setzt das vision string quartet an: «Man
kann im Streichquartett so viel Neues entdecken, was die
Komponisten auch damals schon gedacht haben», so der Geiger Daniel Stoll. «Das verstaubte Image der Kammermusik
empfinde ich deshalb gar nicht so: Gerade da kann man so
viel entdecken! Es muss nur irgendwie nach aussen getragen
werden. Das versuchen viele Quartette auf unterschiedliche
Weise. Wir haben unsere Weise gefunden und das Repertoire
um die Popmusikliteratur erweitert.» Da ihre Debüt-CD noch in
der Produktion ist, empfiehlt es sich umso mehr, das vision
string quartet live in der Tonhalle zu erleben.
TERESA RAMMING
vision string quartet
Série jeunes
15_Magazin_2.indd 25
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
25
09.09.15 08:26
Bruno Ganz
und Schostakowitsch
—
So, wie Gustav Mahlers Musik in den
1960er- und 70er-Jahren weltweit wiederentdeckt wurde und sich die Zeit damals in
Mahlers Musik widergespiegelt fühlte, so
wurde die Musik Dmitri Schostakowitschs
– vor allem auch seine Persönlichkeit und
sein Werdegang – repräsentativ für das Zeitgefühl des Übergangs vom 20. ins 21. Jahrhundert. Ein Zeitgefühl, das bis heute
aktuell ist, was die Präsenz und Beliebtheit
von Schostakowitschs Musik im weltweiten
Musikleben belegt. Sein persönlicher und
künstlerischer Weg ist Inbegriff des Dramas
eines schöpferischen Genies im Zeitalter
totalitärer Macht.
EIN ROMAN IM ROMAN
Ein Künstlerleben, das repräsentativ zu sein
scheint auch für die heutige Zeit mit ihren
vielen existenziellen Bedrohungen: So steht
Schostakowitsch im Zentrum des 2005 veröffentlichten Romans «Europe Central» von William T. Vollmann (2014 auf Deutsch erschienen). Eine Epos wie Tolstois «Krieg und
26
15_Magazin_2.indd 26
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
Frieden», gut 1000 Seiten umfassend. «Ein
hochmusikalisches Buch», nannte es die
«FAZ», «ein höchst ausgefuchstes Stück Literatur … Meisterhaft kristallisiert sich immer
wieder aus dem Textgebirge dieses Buchs das
funkelnde Kunststück von Schostakowitschs
Lebensliebe heraus – ein Roman im Roman,
der zum Eindrucksvollsten zählt, was über die
Ambivalenz von Kunst und Macht, von Leben,
Liebe und Tod geschrieben worden ist.»
So 25.10.15
Bruno Ganz, Schauspieler-Urgestein und einer
der ganz Grossen auf den weltbedeutenden
Bühnen wie auf der Leinwand, liest aus diesem Roman, und das delian::quartett lässt
mit Auszügen aus Film- und Jazzmusik Schostakowitschs sowie aus seinen Streichquartetten verschiedene Stationen im Leben dieses
Komponisten anklingen – vom jungen Mann,
der einst in Stummkinos Klavier spielte, bis
zur gereiften Künstlerpersönlichkeit, die sich
vor allem in der zerbrechlichen, sehr intimen
Welt seiner Streichquartette manifestiert.
11.15 Uhr, Kleiner Saal
LITERATUR UND MUSIK
SPUREN EINES LEBENS
delian::quartett
Adrian Pinzaru Violine
Andreas Moscho Violine
Vicki Powell Viola
Miriam Prandi Violoncello
Bruno Ganz Lesung
Dmitri Schostakowitsch
Auszüge aus Streichquartetten
sowie Film- und Bühnenmusik
William T. Vollmann
Lesung aus dem Roman
«Europe Central»
WERNER PFISTER
Bruno Ganz
Literatur und Musik
09.09.15 08:26
Foto: Andy Staples
So 15.11.15
Der Geist
Schostakowitschs
—
In einem Jubiläumskonzert zu seinem
70-jährigen Bestehen
gastiert das legendäre
Borodin Quartett
mit Streichquartetten
von seinem Namensvetter sowie von
Beethoven und
Schostakowitsch.
Von der Musik mal ganz zu
schweigen – allein schon dieser
Rekord hört sich gut an: Das
Borodin Quartett aus Moskau
ist «das älteste aktive Kammermusikensemble» – so steht es
im Guinness-Buch der Rekorde.
1945 fanden sich die vier «Ur-Borodins» am
Konservatorium in Moskau zum Quartettspiel
zusammen: Rostislav Dubinsky, Vladimir Rabeji,
Valentin Berlinski und Rudolf Barshai. Der
Name damals: Quartett des Moskauer Konservatoriums. Ein paar Jahre später und einen
Schritt weiter in der Karriere tauften sie sich
in Quartett der Moskauer Philharmoniker um.
Erst 1955 gab sich das Quartett seinen aktuellen Namen, der seit sechzig Jahren derselbe
geblieben ist und zu einer etablierten Institution wurde: 1953 wurde es ausgewählt, um
an ein und demselben Tag – am 5. März –
sowohl am Sarg Stalins wie auch am Sarg von
Sergej Prokofjew zu spielen und 1955 in der
DDR zum zehnten Jahrestag der deutschen
Kapitulation im Zweiten Weltkrieg.
Borodin Quartett
Dmitri Schostakowitsch
15_Magazin_2.indd 27
19.30 Uhr, Kleiner Saal
JUBILÄUMSKONZERT:
70 JAHRE BORODIN QUARTETT
Borodin Quartett
Ruben Aharonian Violine
Sergei Lomovsky Violine
Igor Naidin Viola
Vladimir Balshin Violoncello
Alexander Borodin
Streichquartett Nr. 2
Dmitri Schostakowitsch
Streichquartett Nr. 8 op. 110
Ludwig van Beethoven
Streichquartett Nr. 15 op. 132
18.30 Uhr, Grosser Saal
Einführung mit Margit Klusch
Das Borodin Quartett in der Originalbesetzung, oben
zusammen mit Dmitri Schostakowitsch.
BESETZUNGSWECHSEL
Rund zwanzig Jahre lang spielte das Quartett
dann in der Besetzung mit Berlinski und Dubinsky sowie mit den neuen Mitgliedern
Dmitri Schebalin und Jaroslaw Alexandrov.
Und der Ruhm des Ensembles blieb selbst
bestehen, als es in den 70er-Jahren unter
tragischen Umständen auseinanderbrach:
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
27
09.09.15 08:26
Dubinsky floh in den Westen, während Alexandrov durch eine Krankheit zum Rücktritt
gezwungen wurde. Als deren Nachfolger
konnten Mikhail Kopelman und Andrei Abramenkov gewonnen werden. Umgehend zogen
sich die vier Streicher zwei Jahre lang zurück,
um in dieser neuen Besetzung wieder zum
Klang und Zauber der alten Besetzung zu
finden.
Das Borodin Quartett hat einen wuchernden
Stammbaum, zu dem inzwischen insgesamt
dreizehn Musiker zählen. Nach den Feiern
zum 50-jährigen Bestehen des Quartetts trat
Dmitri Schebalin aus Altersgründen zurück
und wurde durch Igor Naidin (einen Schüler
von Yuri Bashmet) ersetzt, und Ruben Aharonian wurde neuer Erster Geiger, als Mikhail
Kopelman das Quartett verliess. Als letztes
Gründungsmitglied schied 2007 der damals
82-jährige Cellist Valentin Berlinski aus; an
seine Stelle rückte Vladimir Balshin. Und
2011 besetzte Andrei Abramenkov die zweite
Geige neu.
SCHOSTAKOWITSCH IM ZENTRUM
Obwohl Alexander Borodin der Namenspate
dieses Streichquartetts ist – der wichtigste
Komponist für das Quartett sollte Dmitri
Schostakowitsch werden. Noch im Studium,
1947, probten die jungen Musiker sein erstes
Streichquartett und hofften, eine Meinung zu
ihrer Interpretation hören zu können. Rudolf
Barshai, der Bratscher der Gründungsforma­
tion, rief persönlich bei Professor Schostakowitsch an:
Schostakowitsch: «Wann ist die nächste
Probe?»
Barshai: «Morgen.»
Schostakowitsch: «Wann?»
Barshai: «Um neun Uhr.»
Schostakowitsch: «Klassenraum?»
Barshai: «Nummer 49.»
Schostakowitsch: «Gut, ich werde da sein.»
Und er kam, drei Minuten zu spät, und entschuldigte sich in einem zehnminütigen Redeschwall bei den verblüfften Studenten. Was
ungewöhnlich war, denn er sprach in den
Proben selten mehr als einen Satz.
Dreizehn Jahre später spielte ihm das Borodin Quartett das achte Streichquartett in seiner Wohnung vor. Schostakowitsch erhob
sich anschliessend und verliess wortlos das
Zimmer. Seine Frau liess die Musiker wissen,
ihm gehe es nicht gut. In Tat und Wahrheit
aber musste er sich von der verstörenden
Interpretation der «Borodins» erholen, wie er
später am Telefon gestand.
Das Borodin Quartett arbeitete lange so eng
mit Schostakowitsch zusammen wie nur wenige Musiker. So erfuhren sie, wie er sich die
Musik vorstellte, was ihm gefiel – und wie er
darauf reagierte. Valentin Berlinski gab dieses
einzigartige Wissen kontinuierlich an die jeweils neu hinzugekommenen Quartettmitglieder weiter. So lebt auch in den Schostakowitsch-Interpretationen des heutigen Borodin
Quartetts noch der Geist des Komponisten.
Nun tragen sie diesen im Rahmen eines Jubiläumskonzerts auch in die Zürcher Tonhalle
– mit Schostakowitschs achtem Streichquartett. OLE PFLÜGER
«TRADITION
UND WANDEL»
Seit Generationen setzen wir uns dafür ein,
die Ideen und Überzeugungen der Gründer unseres traditionsreichen Familienunternehmens
im Dienste unserer Kundinnen und Kunden weiterzutragen. Werte wie Unabhängigkeit, Sicherheit und Transparenz spielen dabei eine ebenso wichtige Rolle wie die laufende Innovation
in der Anlageberatung und Vermögensverwaltung. Unsere engagierten Mitarbeitenden, der
Verzicht auf eigene Produkte und unsere sehr
solide Kapitalbasis schaffen die Voraussetzungen dafür.
28
15_Magazin_2.indd 28
ZÜRICH
Dreikönigstrasse 6
CH-8002 Zürich
TONH A LLEORCHE S T ER
Tel. +41 44 286 25 25
LUGANO
Contrada di Sassello 2
[email protected]
CH-6900 Lugano
ZÜRICH
Tel. +41 91 922 26 21 www.maerki-baumann.ch
Lionel Bringuier
im Interview
09.09.15 08:26
KA RT ENVERKAUF
Tonhalle
— Blick hinter
die Kulissen
Aufnahmen
— News
—
Billettkasse
Claridenstrasse 7, 8002 Zürich,
Tel. +41 44 206 34 34, Fax +41 44 206 34 69;
www.tonhalle-orchester.ch, [email protected]
Schalterverkauf
Auf einer Führung durch die Räumlichkeiten
hinter der Bühne erfahren Sie alles rund
um die Tonhalle und das Tonhalle-Orchester
Zürich. Wir vermitteln Einblicke in die
Orchesterwelt und in den Konzertbetrieb.
In der anschliessenden Fragerunde können
Sie endlich die Fragen stellen, welche Ihnen
schon lange auf den Nägeln brennen.
Der 60-minütige Rundgang lässt sich gut
mit einem Abendkonzertbesuch verbinden.
Anmeldung an der Billettkasse obligatorisch.
Treffpunkt: Vestibül.
Beschränkte Teilnehmerzahl.
Mittwoch, 18. November 2015, 18.00 Uhr
Orchester
— News
Wir gratulieren zum Jubiläum
Cathrin Kudelka 2. Violine Tutti, 10 Jahre
Martin Hösli 2. Fagott, 25 Jahre
Mo bis Fr 10–18 Uhr resp. bis Konzertbeginn;
Sa / So / Feiertage 1½ Stunden vor Konzertbeginn
Bestellungen
Tel. Mo bis Fr 10–18 Uhr; Internet, Fax und E-Mail;
Bearbeitung nach Eingang der Bestellung
Weitere Vorverkaufsstellen
Billettzentrale BiZZ am Werdmühleplatz, Musik Hug,
Jecklin, Jelmoli City
Zahlungsbedingungen
Startschuss zum Ravel-CD-Zyklus
Barzahlung, Rechnung, Kreditkarte (Amexco,
Diners, Mastercard, Visa), EC -Direct, Postcard.
Die erste CD-Einspielung des TonhalleOrchesters Zürich unter seinem Chefdirigenten
Lionel Bringuier wird von Deutsche Grammophon bereits Anfang Oktober veröffentlicht. Sie ist den beiden Klavierkonzerten von
Maurice Ravel gewidmet und enthält als
höchst willkommene Zugabe die relativ selten
gespielte Ballade für Klavier und Orchester
op. 19 von Gabriel Fauré.
Solistin ist Yuja Wang.
DG 028947949541 (1 CD)
Bei Zustellung per Post verrechnen wir einen
Unkostenbeitrag von CHF 8.–.
IMPRESSUM
—
Magazin Tonhalle-Orchester Zürich
17. Jahrgang, Oktober / November 2015
Erscheinungsweise
sechsmal jährlich
Offizielles Vereinsorgan
der Tonhalle-Gesellschaft Zürich und des
Vereins «Gönner der Tonhalle-Gesellschaft Zürich»
FRANCAIX TOMASI JOLIVET VILLA-LOBOS
B a s s o o n
Administration
— News
C o n c e r t o s
Matthias Rácz
Stuttgarter Kammerorchester
Johannes Klumpp
Herausgeberin
Tonhalle-Gesellschaft Zürich,
Gotthardstr. 5, 8002 Zürich,
Tel. +41 44 206 34 40, Fax +41 44 206 34 36,
www.tonhalle-orchester.ch
Wir verabschieden
Katrin Gurtner Orchestertechnik
Redaktion
Michaela Braun, Werner Pfister
Veranstaltungen
— News
Gestaltung, Bildredaktion
Eva Menghetti
Fagottkonzerte
Druck
Schellenberg Druck AG
Harfe in Romantik und Impressionismus
Werke von Arnold Bax, Benjamin Britten,
Jacques Ibert, Camille Saint-Saëns und
Claude Debussy
Sarah Verrue Harfe Sabine Poyé Morel Flöte
Gilad Karni Viola
Freitag, 2. Oktober 2015, 19 Uhr
in der Klus Park Kapelle,
Asylstrasse 130, 8032 Zürich
infos: www.facebook.com/klusclassics.ch
Matthias Rácz, Solo-Fagottist des TonhalleOrchesters Zürich, hat eine neue CD-Einspielung vorgelegt: höchst originelle Werke
für Fagott und Streichorchester von
Jean Françaix, Henri Tomasi, André Jolivet
und Heitor Villa-Lobos. Begleitet wird
Matthias Rácz vom Stuttgarter Kammerorchester unter der Leitung von
Johannes Klumpp.
ARS 38174 (1 CD)
Redaktionsschluss
10. August 2015
Auflage
12’500 Exemplare
ISSN 2235-1051
© Tonhalle-Gesellschaft Zürich.
Änderungen und alle Rechte vorbehalten.
Nachdruck nur mit schriftlicher
Genehmigung der Tonhalle-Gesellschaft.
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
15_Magazin_2.indd 29
29
09.09.15 08:26
Fühlen Sie sich wohl mit uns
Ihre individuellen Wünsche werden von uns mit
Erfahrung, Engagement und Einfühlungsvermögen erfüllt.
Private Spitex in der ganzen Schweiz
Pflege, Betreuung und Unterstützung im Haushalt
aus einer Hand. Seit mehr als 30 Jahren legen wir Wert
auf Qualität und Professionalität. Wir sind von allen
Krankenkassen anerkannt und arbeiten zu offiziellen
Pflegetarifen.
Möchten Sie mehr über uns und unsere
Dienstleistungen wissen?
Tel. 044 342 20 20
Wir nehmen uns gerne
Zeit für Sie!
Private Spitex
Hauptsitz: Schwarztorstrasse 69, 3000 Bern 14
www.homecare.ch
ZARTER ALS MOZART:
DIE GRILL-SPEZIALITÄTEN
IM RIVE GAUCHE.
Für den kultivier ten Hunger – das RIVE GAUCHE. Ihre Reser vation nehmen wir gerne
frühzeitig unter Telefon 044 220 50 60 oder E-Mail [email protected] entgegen.
Geöf fne t von Montag bis S onntag 11:30 –24:00 Uhr
Talstrasse 1 8001 Zürich
15_Magazin_2.indd 30
www.agauche.ch
09.09.15 08:26
2x MKZ:
Förderpreis Klassik
und Jugend Sinfonieorchester Zürich
—
SO 22.11.15
Im Finale zur Verleihung des MKZ Förderpreises Klassik
der Stadt Zürich 2015 sind talentierte Musikerinnen und
Musiker von Musikschule Konservatorium Zürich (MKZ)
zu Gast in der Tonhalle Zürich.
11.15 Uhr, Kleiner Saal
FINALE MKZ FÖRDERPREIS KLASSIK DER STADT ZÜRICH 2015
Talentierte Musikerinnen und Musiker von MKZ
zu Gast in der Tonhalle Zürich
SO 22.11.15
Musikschule Konservatorium Zürich (MKZ) ist mit rund 22000
Schülerinnen und Schülern die grösste Musikschule der Schweiz
und eine der grössten Musikschulen Europas. Der Unterricht wird
in sieben Schulkreisen und an rund 150 Standorten in allen Quartieren der Stadt Zürich angeboten. An der städtischen Musikschule
können Kinder, Jugendliche und Erwachsene alle Musikinstrumente in sämtlichen Stilrichtungen erlernen: Streich- und Blasinstrumente, Tasten-, Zupf- und Schlaginstrumente. Abgerundet
wird das Angebot von MKZ durch eine eigene Singschule mit
Stimmbildung, Kinder- und Jugendchören, zahlreichen Ensembles,
Orchestern und Bands sowie mit den Fächern Rhythmusschule,
Theater, Tanz, Musik & Bewegung sowie Eltern-Kind-Singen.
Sinfonieorchesters Zürich, ein Konzert des Jugend Sinfonieorchesters. Solist im ersten Cellokonzert von Camille Saint-Saëns
– einem Glanzstück des Repertoires – ist Alexander Neustroev,
stellvertretender Solo-Cellist im Tonhalle-Orchester Zürich.
Der Förderpreis Klassik der Stadt Zürich 2015 wird von der Förderstiftung MKZ unter Präsident Andrea F. G. Raschèr verliehen.
Und am Abend leitet David Bruchez-Lalli, Solo-Posaunist im Tonhalle-Orchester Zürich und seit 2015 Chefdirigent des Jugend
Patronat:
Lionel Bringuier Chefdirigent und Musikalischer Leiter
des Tonhalle-Orchesters Zürich
Ilona Schmiel Intendantin der Tonhalle-Gesellschaft Zürich
N
Foto: Frederic Meyer, © MKZ
17 Uhr, Grosser Saal
Jugend Sinfonieorchester Zürich, ein Orchester von MKZ
David Bruchez-Lalli Leitung Alexander Neustroev Violoncello
Arthur Honegger Pacific 231
Camille Saint-Saëns Cellokonzert Nr. 1 a-Moll op. 33
Antonín Dvořák Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88
Sandra Studer und
der Schneemann
—
Illustration: Anna Sommer
«The Snowman – diese Geschichte
über einen kleinen Jungen, der einen
Schneemann mit Apfelnase, mit Augen aus Kohlestücken, mit Schlapphut und Schal baut und ihn nachts
heimlich besucht, ist (Kinder-)Kult!
Dianne Jackson schuf eine fantastische Bilderwelt und Howard Blake die
entsprechende Musik zu den Abenteuern, die der lebendig gewordene
Schneemann und der kleine Junge
erleben – oder träumen?
Familienkonzert
Lionel Bringuier
im Interview
15_Magazin_2.indd 31
So 29.11.15
11.15 und 14.15 Uhr, Grosser Saal
THE SNOWMAN
Tonhalle-Orchester Zürich
David Bruchez-Lalli Leitung
Sandra Studer Moderation
Solisten der Zürcher
Sängerknaben
Howard Blake The Snowman
(mit dem Film von
Dianne Jackson)
Unterstützt durch
International Music and Art Foundation
TONH A LLE-TONH
ORCHE
S T ERORCHE
ZÜRICH
A LLES T ER ZÜRICH
31
31
09.09.15 08:26
Instandsetzung, Umbau,
Renovation – eine architektonische
Interpretation
Der Grosse Saal der Zürcher Tonhalle
gehört akustisch weltweit zur absoluten
Top-Klasse. Aber die 120 Jahre seit
seiner Errichtung 1895 sind nicht spurlos an
ihm vorübergegangen – für eine
umfassende Instandsetzung ist es
allerhöchste Zeit. Dazu ein Gespräch mit der
Architektin Elisabeth Boesch von der
Architektengemeinschaft Boesch/Diener
und Ilona Schmiel, Inten­dantin der
Tonhalle-Gesellschaft Zürich.
—
Kongresshaus/Tonhalle haben sich stetig verändert. Frau Boesch,
können Sie uns hierzu einen Einblick geben?
Elisabeth Boesch Die Veränderungen begannen schon bald
nach Fertigstellung des Kongresshausbaus im Jahr 1939. Es
wurde aufgestockt und im Innern umgebaut. Die grössten
Veränderungen brachte allerdings der Umbau in den 80erJahren. Damals wurde vorne auf die Terrasse der Panoramasaal samt Serviceräumen gestellt. Seitdem ist die Sicht
vom Konzertfoyer auf den See verstellt. Der ­stetige Ausbau
des Service- und Gastronomieangebots und zwei Nachtclubs beanspruchten überall im Gebäude Raum, der eigent-
32
15_Magazin_2.indd 32
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
lich nicht vorhanden war. Darunter hat insbesondere der
1939er-Teil des Ensembles sehr gelitten.
Frau Schmiel, der Konzertbetrieb hat sich seit dem ausgehenden
19. Jahrhundert auch weiterentwickelt …
Ilona Schmiel 1895 wurde anders gedacht: Da stand der
repräsentative Aspekt eines Konzerts im Vordergrund. Aber
schon seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden
andere Hinterbühnen-Bereiche gebaut. Sie sind grösser und
höher als diejenigen, die wir derzeit bei uns in der Tonhalle
noch haben. Solisten- und Stimmzimmer ­haben Fenster.
Das hat sich im Vergleich zu früher sehr verändert. Denn
die Aufenthaltsqualität für die Musiker ist ein wichtiger
Aspekt geworden, um im Wettbewerb um die besten Künstler bestehen zu können. Das betrifft auch die Lebensqualität und die Probensituation der Musiker des Tonhalle-Orchesters Zürich, die in der Tonhalle viel Zeit verbringen.
Was kann das Publikum an Verbesserungen erwarten?
EB Vieles wird sich sichtbar verbessern. Alle Oberflächen in
den Publikumsbereichen werden restauriert und auf­
gefrischt, dazu kommen neue Beleuchtungskörper,
Möbel und Vorhänge. Ein erster Glanzpunkt ist sicher das
­Konzertfoyer, wo mit dem Abbruch des Panoramasaals aus
den 80er-Jahren die Sicht auf Alpen und See wieder möglich wird. Die grosse Terrasse vor dem Konzertfoyer ist ein
Gewinn, ebenso das neue Restaurant, das auf der Seite zur
Information zur
Volksabstimmung Juni 2016
09.09.15 08:26
KONGRESSHAUS UND TONHALLE
Sie sprechen von Farbigkeit. Das heisst, die Renovation des
­Grossen Saals orientiert sich an 1895 und nicht an 1939?
EB Der Saal wird zu einer Farbigkeit und Frische geführt,
die sich an seiner Erscheinung zur Bauzeit von 1895 orientiert. Exakt so, wie sich der Saal bei der Eröffnung prä­
sentierte, wird er jedoch nicht aussehen können, denn es
gibt Veränderungen im Saal, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. So wurde beispielsweise schon vor
1939 ein Teil der Gipsskulpturen entfernt. 1939 wurde die
Anzahl Kronleuchter von drei auf zwei reduziert. Die einstige Holzbestuhlung – ein Rest ist noch auf der Galerie des
Kleinen Tonhalle-Saals zu sehen – ist einer gepolsterten
Version gewichen. Die Orgel wurde ausgetauscht. Je nach
Malgrund und Maltechnik wurden alte Farbschichten vor
dem neuen Farbauftrag abgewaschen. Man wird die Farbigkeit interpretierend neu fassen müssen.
IS Es kann kein Original von 1895 werden. Es wird eher
eine Interpretation wie in der Musik entstehen: ein von
1895 inspiriertes Werk, neu interpretiert. Ich finde es
schön, dass die Brücke zu dieser glanzvollen Farbigkeit und
Festlichkeit geschafft wird und dass man im Gegensatz zu
vielen modernen Sälen nicht versucht, den Purismus der
modernen ­Architektur auf diesen Saal der Jahrhundertwende zu übertragen. Ich denke, dass die Renovation auch dem
Bühnengeschehen etwas Erhebendes geben wird. Man wird
mit einem «Wow-Effekt» in den Grossen Saal kommen und
mit einer anderen Haltung Musik hören. Das interessiert
mich als Veranstalterin: Wie schaffe ich es, ein Publikum in
diese Konzentration und Faszination, die die Musik hat,
hineinzubringen? Dafür ist der Saal ein sehr wichtiges Ins­
trument.
Frau Boesch, was beinhaltet das Projekt? Sie renovieren
den Grossen Saal der Tonhalle, und der Gebäudekomplex Kongresshaus/Tonhalle wird umgebaut und instand gesetzt …
EB Das ist richtig. Instandsetzung und Umbau von Kongresshaus und Tonhalle werden auch allerhand kosten. Ein
grosser Teil des Geldes wird investiert in Massnahmen, die
für das Publikum weitgehend unsichtbar sind, in den
Brandschutz, die Ertüchtigung von Tragwerk und Gebäudetechnik, die Verbesserung der rückwärtigen Bereiche, die
Information zur
Volksabstimmung Juni 2016
15_Magazin_2.indd 33
Erfüllung behördlicher Auflagen. Das sind alles Massnahmen, die dringend notwendig sind und sehr viel Aufmerksamkeit und Sorgfalt verlangen.
Mit den nicht sichtbaren Teilen, die Sie eben genannt haben,
liegt es sehr im Argen. Wenn sich das Stimmvolk im Juni 2016
gegen den Umbau und die Instandsetzung entscheidet, was
­passiert dann mit der Tonhalle?
INSTANDSETZUNG UND UMBAU
Claridenstrasse direkt ans Konzertfoyer anschliesst. Das
Restaurant, das Konzertfoyer und die Konzertsäle werden
dann auf ein und derselben Ebene zugänglich sein. Der
zweite Glanzpunkt wird sich dem Publikum im Grossen Saal
erschliessen, der heute noch verstaubt, abgedunkelt und
müde wirkt, nach dem Umbau aber frisch, leuchtend und
voller Glanz und Farbigkeit erstrahlen wird.
IS Es wird im Grossen Saal eine andere Festlichkeit spürbar
sein. Der Raum trägt das in sich: die Dimensionen, d
­ ie
­Malerei, die Ornamentik, die Höhe, die verwendeten
­Ma­terialien. Es wurden einige Stellen im Saal freigelegt,
welche die fröhliche Festlichkeit des Saals erahnen lassen.
IS Wir haben derzeit eine Ausnahmegenehmigung, um mit
dieser Platzkapazität, mit diesen Fluchtwegen und dem
vorhandenen Brandschutz überhaupt zu operieren. Diese
Ausnahmegenehmigung könnte umgehend eingezogen werden, man kann das Haus dann schliessen. 2018 wird das
Tonhalle-Orchester Zürich 150 Jahre alt, und 2020 ­feiert
die Tonhalle ihr 125-Jahr-Jubiläum. Die Bürger und die
Stadt Zürich haben ein kulturelles Selbstverständnis. Und
jedem Menschen soll dieses Haus am See offen stehen, ob
er hier lebt oder von ferne kommt. Daher ­handelt es sich
um eine der notwendigsten und sinnvoll­sten Investitionen!
EB Die Aufwertung betrifft natürlich auch die Räume des
Kongresshauses. Der Kongresssaal wird ebenfalls einen
direkten Ausgang auf die Terrasse erhalten. Das Vestibül
des Kongresshauses wird sich in neuer und eindrücklicher
Grösse präsentieren. Das ganze Ensemble von Kongresshaus und Tonhalle soll zu einem Haus für jeden musikalischen und kulinarischen Geschmack werden, zu einem
Haus für alle, einem offenen Haus.
IS Ich sehe es als sehr grosse Chance, dass man die Natur,
die Lage am See, diese Exponiertheit für alle wieder zugänglich macht. Es wird eine durchlässigere Struktur, ein
öffentlicher, attraktiver Platz geschaffen.
KATHA R I N E J AC K S O N
Elisabeth Boesch Architektin ETH SIA BSA
Elisabeth Boesch führt seit 1982 mit Martin Boesch ein
Büro in Zürich. Schwerpunkt ihrer gemeinsamen Arbeit
ist die Beschäftigung mit bestehender Bausubstanz.
Zu den Realisierungen des Büros gehören Umbauten
von Schlüsselwerken der Architekten Gustav Gull und
Haefeli Moser Steiger, aber auch der Hochzeitspavillon
«Oui!» an der Expo 02 in Yverdon oder die Sanierung
der Hard­brücke samt den neuen Treppenaufgängen in
Zürich West. Das Büro pflegt eine regelmässige Zusammenarbeit mit Diener&Diener Architekten Basel, so zum
Beispiel für den Masterplan des Maag-Areals in Zürich.
Elisabeth Boesch ist Mitglied der Natur- und Heimatschutzkommission des Kantons Zürich und von diversen
Stadtbildkommissionen sowie eine gefragte Jurorin bei
zahlreichen Wettbewerben.
Elisabeth Boesch ist verheiratet und Mutter zweier
erwachsener Töchter.
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
33
09.09.15 08:26
Momente
…
mit
Simon Styles,
Tubist beim
Tonhalle-Orchester
Zürich
M
z
D
L
—
S
w
Als vor einigen Jahren in der Tonhalle
ein Frachtaufzug eingebaut wurde, ist
ein zwei Quadratmeter grosser, fensterloser Raum entstanden, den ich seitdem
für die Lagerung meiner Tuben und des
gesamten Zubehörs nutze. Die Tuba
ist gross, hat ein gewisses Gewicht und
ist, da das Metall weniger als einen
halben Millimeter dick ist, zugleich sehr
zerbrechlich. Transporte sind immer
heikel. Die Tuba hat keinen lauten, aber
einen grossen Klang, ein Klang mit einer
enormen Wellenlänge. Üben kann ich
daher nicht zu Hause, sondern nur in
den grossen Räumen der Tonhalle. Da
diese wegen Konzerten und Proben oft
besetzt sind, übe ich nicht selten spät
am Abend, bis in die Nacht.
Aufgezeichnet von KATHARINE JACKSON
34
15_Magazin_2.indd 34
TONH A LLE- ORCHE S T ER ZÜRICH
Foto: Paolo Dutto
Die Raumsituation ist wirklich problematisch. Der Hinterbühnenbereich ist sehr
eng und schlecht beleuchtet, und die
Stufen sind uneben. Bei einem Auftritt
bin ich kürzlich mit meiner neuen Tuba
gestolpert, und sie ist beschädigt
worden. Ein enormer Schaden.
Trotzdem: Seit 34 Jahren spiele ich in
diesem Orchester, die Tonhalle ist mein
zweites Zuhause.
SH_A
Momente
09.09.15 08:26
ˆ• Hörtest
ˆ• Hörberatung
ˆ• Hörgeräte-Optimierung
für unbegrenzten
Musikgenuss
Musikhören oder selber musizieren zählt für viele Menschen
zu den schönsten Momenten des Lebens.
Dies soll auch bei nachlassendem Hörvermögen so bleiben.
Lassen Sie sich unverbindlich beraten, Musikgenuss ist meine Spezialität.
Stückelberger Hörberatung GmbH | Obere Zäune 12 | 8001 Zürich | Tel.: 044 251 10 20
www.stueckelberger-hoerberatung.ch | [email protected]
Schenken
Sie Musik
SH_AZ-Tonhalle_210x148_150217_v1.indd 1
17.02.15 17:04
Lionel Bringuier
Chefdirigent
tonhalle-orchester.ch
15_Magazin_2.indd 35
09.09.15 08:26
Das S-Klasse Coupé.
Führungsstark.
Das neue S-Klasse Coupé verbindet Sportlichkeit und Stil mit einem Höchstmass an
modernem Luxus – von der Motorhaube mit Powerdomes bis zu den rahmenlosen
Seitenscheiben. Die vielen Zierelemente in Manufakturqualität verstärken den edlen
Loungecharakter zusätzlich. Dank dem Allradantrieb 4MATIC liegt das Coupé
unglaublich stabil auf der Strasse. www.merbagretail.ch/s-coupe
1508_DLZ_Inserat_Tonhalle_S-Coupe_210x297_RZ.indd
1
15_Magazin_2.indd 36
06.08.2015
16:06:58
09.09.15
08:26
Herunterladen