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Communications
Biozentrum, University of
07.03.2016
Basel
Klingelbergstrasse 50/70
CH-4056 Basel / Switzerland
Email: communicationsbiozentrum-at-unibas.ch
Harnwegsinfektionen: Wie sich Bakterien bei uns
einnisten
Fast jede zweite Frau leidet mindestens einmal in ihrem Leben an
einer Blasenentzündung. Und auch Männer trifft es gelegentlich.
In achtzig Prozent der Fälle ist das Darmbakterium E. coli dafür
verantwortlich. Es wandert über die Harnröhre zur Blase und löst
dort schmerzhafte Entzündungen aus. In der Fachzeitschrift
«Nature Communications» berichten Forscher der Universität
Basel und der ETH Zürich, wie es dem Keim dank eines Proteins
mit ausgeklügelter Schliesstechnik gelingt, sich an der
Harnwegsoberfläche anzuheften und so sein Ausschwemmen mit
dem Harn zu verhindern.
Viele Frauen wissen aus eigener Erfahrung wie
schmerzhaft eine Blasenentzündung ist:
Brennen beim Wasserlassen und ständiger
Harndrang sind die typischen Symptome. Bei
Blasenentzündungen, die oft wiederholt
auftreten, ist der Hauptverursacher das
Darmbakterium Escherichia coli. Es gelangt
von aussen in den Harntrakt, heftet sich an
Der Infektionserreger E. coli (grau)
hält sich mithilfe des Proteins FimH
(gelb/rot), das sich an der Spitze
langer Zellfortsätze befindet, an
den Zelloberflächen des
Harntraktes fest (Bild: Maximilian
Sauer, ETH Zürich).
und ruft Entzündungen hervor. Die Forscher
um Prof. Timm Maier vom Biozentrum und
Prof. Beat Ernst vom Pharmazentrum der
Universität Basel, sowie Prof. Rudolf
Glockshuber vom Institut für Molekularbiologie
und Biophysik der ETH Zürich haben nun
herausgefunden, wie es den Bakterien gelingt, sich mit dem Protein FimH
beim Urinausscheiden festzuhalten und dennoch die Harnröhre hinauf zu
wandern.
Darmbakterium heftet sich mit Protein FimH an
Zelloberflächen
Die Krankheitserreger besitzen lange fadenförmige Zellfortsätze an deren
Ende das Protein FimH einen winzigen Haken bildet. Dieses Protein,
welches sich an Zuckerstrukturen auf den Zelloberflächen des Harntraktes
heftet, besitzt eine besondere Eigenschaft: Es bindet umso fester an die
Zuckermoleküle, je stärker am Bakterium gezogen wird. Bei der
Harnausscheidung entstehen durch den Flüssigkeitsstrom starke
Zugkräfte, unter denen FimH das Bakterium so vor dem Ausschwemmen
schützt.
«Durch die Kombination verschiedener biophysikalischer und
biochemischer Methoden konnten wir das Bindungsverhaltens von FimH in
bisher unerreichter Genauigkeit aufklären», so Glockshuber. In ihrer
Studie zeigen die Wissenschaftler nun erstmals, wie mechanische Kräfte
die Bindungsstärke von FimH regulieren. «Das Protein FimH besteht aus
Weitere Informationen
Research group Timm
Maier
zwei Teilen, wobei der zweite, nicht-zuckerbindende Teil steuert, wie fest
der erste an die Zuckermoleküle bindet», erläutert Maier. «Wenn beide
Teile nun durch den Harnfluss auseinandergezogen werden, schnappt die
Zuckerbindungsstelle zu. Lassen die Zugkräfte jedoch nach, öffnet sich die
Bindungstasche. Jetzt können sich die Bakterien lösen und die Harnröhre
hinauf wandern.»
Arzneistoffe gegen FimH zur Bekämpfung von
Harnwegsinfektionen
Harnwegsinfektionen sind der zweithäufigste Grund für die Verschreibung
von Antibiotika. Doch in Zeiten von zunehmenden Resistenzen rückt die
Suche nach alternativen Behandlungsstrategien immer mehr in den
Fokus. Zur Vorbeugung und Bekämpfung von E. coli-Infektionen wären
Arzneistoffe, die bereits das erste Anheften von Bakterien mittels FimH in
den Harnwegen blockieren, eine geeignete Alternative, weil damit der
Einsatz von Antibiotika oft überflüssig würde. Damit eröffnet sich die
Möglichkeit, den hohen Antibiotikaeinsatz zu senken und der Entstehung
von Resistenzen vorzubeugen. Prof. Ernst vom Pharmazentrum der
Universität Basel beschäftigt sich seit mehreren Jahren intensiv mit der
Entwicklung von FimH-Antagonisten. Die Resultate zur Funktionsweise
von FimH werden diese Anstrengungen unterstützen und entscheidend zur
Identifizierung eines Wirkstoffes beitragen.
Originalartikel:
Maximilian M. Sauer, Roman P. Jakob, Jonathan Eras, Sefer Baday, Deniz
Eriş, Giulio Navarra, Simon Bernèche, Beat Ernst, Timm Maier, Rudi
Glockshuber. Catch-bond mechanism of the bacterial adhesin FimH.
Nature Communications, published online 7 March 2016.
Kontakt: Kommunikation; Katrin Bühler
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