Wald und Klimawandel Vermiedene Entwaldung in Entwicklungsländern als Mittel des Klimaschutzes - Chancen und Risiken BN Informationsabend, Landsberg, 25.11.2009 Bernd-Markus Liss 25.11.2009 Seite 1 Übersicht Klimawandel – Ursachen und Wirkungen Wald und Klimawandel Vermiedene Entwaldung als Konzept für den Klimaschutz Umsetzung des Konzepts – ein Beispiel Ausblick 25.11.2009 Seite 2 Klimawandel Ursachen und Folgen 25.11.2009 Seite 3 Klimawandel schneller als erwartet! PIK Pressemitteilung am 24.11.2009: Klimaforscher stellen „Kopenhagen-Diagnose“: Der Klimawandel vollzieht sich schneller als erwartet. Die großen Eisschilde der Erde verlieren zunehmend an Masse Meeresspiegel wird wahrscheinlich stärker ansteigen als bislang angenommen Der globale Temperaturanstieg folgt weiterhin den früheren Projektionen des IPCC aufgrund der wachsenden Treibhausgas-Konzentrationen in der Atmosphäre Ohne deutliche Verminderung der Emissionen könnte die globale Durchschnittstemperatur bis zum Jahr 2100 um bis zu sieben Grad Celsius ansteigen 2008 wurden rund 40 Prozent mehr Kohlendioxid aus fossilen Quellen freigesetzt als im Jahr 1990 Quelle: PIK 2009 Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen ist dringend erforderlich 25.11.2009 Seite 4 Klimawandel schneller als erwartet! Meereisbedeckung der Arktis Gemessene Werte liegen deutlich unter den Prognosen Quelle: PIK 2009 25.11.2009 Seite 5 Eisdecke im Meer der Arktis vor 30 Jahren … 25.11.2009 Seite 6 … und 2007 25.11.2009 Seite 7 Globale CO2 Emissionen Quelle: Stern Review 2006 25.11.2009 Seite 8 Prognosen I: Globale CO2 Emissionen 15 Gigatonnen CO2 Rest nicht-OECD 12 China 9 Rest OECD 6 USA 3 0 1990 2000 2010 2020 2030 World Energy Outlook 2006 China hat vor 2010 die USA hinsichtlich der absoluten Emissionen überholt 25.11.2009 Seite 9 Prognostizierte CO2 Emissionen 2025 25.11.2009 Seite 10 CO2 Anstieg in der Atmosphäre Rapider Anstieg der CO2 Konzentration Überschreitung der Werte, die nötig sind um Ziel von max. +2 °C zu halten Quelle: Synthesis report of Copenhagen 2009 (climatecongress.ku.dk) 25.11.2009 Seite 11 Kernaussagen des 4. Sachstandberichts des IPCC Klimawandel findet statt! Seit 1850 Temperaturanstieg um + 0,74°C Anstieg des Meeresspiegels im 20. Jhd. um 17 cm Zunahme von Extremwetterereignissen 25.11.2009 Seite 12 Globale Temperaturerhöhung bisher 1990er wärmste Dekade Höchste Werte: 2005 2007 1998 2002 2003 2006 2004 2001 ~0.8oC Temperaturanstieg während des letzten Jahrhunderts Ähnliche Werte für Oberflächentemperatur der Meere Quelle: PIK 2009 25.11.2009 Seite 13 Projektionen des 4. Sachstandberichts des IPCC für die Zukunft Temperaturanstieg: Selbst bei Emissionsstopp: weitere + 0,6° C bis 2100 Je nach Szenarien: zwischen + 1.0 und + 6,3 °C bis 2100 Meeresspiegelanstieg: 19-58 cm bis 2100 (Fortsetzung über viele Jhd.) Dauerhafte Erwärmung über +3°C => Abschmelzen des Grönlandeises => + 7 m (Zeithorizont: Jahrhunderte/Jahrtausende) Extremwetterereignisse: Dürren, Hitzewellen, Starkregen werden häufiger Hurrikane und Zyklone werden stärker Quelle: 25.11.2009 Seite 14 Gefahren durch Zyklone und Meeresspiegelanstieg 25.11.2009 Seite 15 Soziale und ökologische Auswirkungen Quelle: Stern Review, 2006 25.11.2009 Seite 16 Klimarisiken sind eine Gefahr für die weltweite Entwicklung Die Häufigkeit und Schadenshöhe von globalen Naturkatastrophen (Stürme, Fluten, Hitzewellen) nehmen dramatisch zu 20-30% Abnahme der Wasserverfügbarkeit z.B. im südlichen Afrika und am Mittelmeer bei 2° Erwärmung (bei 4° sind es 30 – 40%) Bis zu 80 Millionen Menschen zusätzlich durch Malaria gefährdet Landwirtschaftliche Erträge sinken - zwischen 5 und 35% 15 – 40 % der Arten vom Aussterben bedroht USD 40 Mrd. p.a. nötig, um internationale Investitionen „klimasicher“ zu machen Bildquelle: GTZ 25.11.2009 Seite 17 Ökonomische Auswirkungen: Stern Review Nur 1 % des jährlichen BIP müßten aufgewendet werden, um katastrophale Entwicklungen durch den globalen Klimawandel abzuwenden. 1 : 5 - 20 Bliebe die Weltgemeinschaft tatenlos, müsste mit jährlichen Einbußen von 5-20 % des BIP gerechnet werden. 25.11.2009 Seite 18 Wetterbedingte Schäden weltweit (Schäden nur Infrastruktur, operationale Kosten und nur sehr große Ereignisse) Zunehmender Anstieg der ökonomischen Schäden (Schadenshäufig keit und –höhe) Quelle: Münchener Rückvers. 25.11.2009 Seite 19 Wald und Klimawandel 25.11.2009 Seite 20 Warum ist der Wald für den Klimaschutz so wichtig? Entwaldung ist verantwortlich für ca. 17,4% der globalen CO2 Emissionen, zwei Drittel davon im Tropenwald 2000-2005 gingen jährlich 13 Millionen ha Wald weltweit verloren Degradierung zusätzliche THG Quelle Wälder könnten bis zu 33% der globalen THG aufnehmen 850 Millionen ha degradierter Wälder weltweit haben ein Potential für C-Bindung von 117 Gt CO2 bis 2030 (5% des atmosphärischen CO2) Aber nur 5% der Tropenwälder werden nachhaltig bewirtschaftet Quellen: IPCC, 2007, FAO, 2006, UNFCCC, 2009, ITTO, 2009 25.11.2009 Seite 21 Gebiete mit höchster Entwaldungsrate Brennpunkte der Entwaldung Regenwälder der Erde Quelle: GTZ, 2007 25.11.2009 Seite 22 Ursachen der Entwaldung und der Degradierung von Wald Direkte Ursachen: Holzeinschlag (legal und illegal) Brandrodung durch Kleinbauern Waldbrand Wald als Energiequelle (Brennholz, Holzkohle) Umwandlung in andere Formen der Landnutzung Was steckt dahinter? Armut und mangelnde Alternativen Unklare Landbesitzverhältnisse und Nutzungsrechte Schlechte Regierungsführung und mangelnde Kontrolle / Rechtsdurchsetzung Schlechte Politik und “perverse” Anreize in anderen Sektoren Traditionen und soziales Prestige Mangelnde Kapazitäten / Fähigkeiten 25.11.2009 Seite 23 Vermiedene Entwaldung als Konzept für den Klimaschutz 25.11.2009 Seite 24 Was sagt die internationale politische Diskussion? Stern, 2006: vermiedene Entwaldung ist der kostengünstigste Weg für den Klimaschutz UNFCC COP-13 Bali, 2007 - Entscheidung zu vermiedener Entwaldung (Reducing Emissions from Deforestation in Developing Countries): REDD als leistungsbezogenes Anreizsystem zur THG Minderung in Entwicklungsländern: Waldschutz Nachhaltige Waldbewirtschaftung Erhöhung der Kohlenstoffvorräte REDD soll ein tragendes Element des post-Kyoto KlimaschutzRegimes nach 2012 werden: Ansatz sehr intensiv diskutiert Viele technische und politische Details Entscheidung wird in COP-15, Kopenhagen Dez. 2009 erwartet 25.11.2009 Seite 25 Vermiedene Entwaldung – Beitrag zu vielen Zielen Minderung von Emissionen aus Entwaldung in Entwicklungsländern (UNFCCC) Erhalt der Biodiversität (CBD) nachhaltige Waldwirtschaft und Reduzierung der Entwaldung (UNFF) Desertifikationsbekämpfung (CCD) Armutsbekämpfung (Millennium-Entwicklungsziele) 25.11.2009 Seite 26 Vermiedene Entwaldung – die Herausforderungen REDD ist ein hochkomplexer Ansatz, erfordert Arbeiten auf verschiedenen Ebenen: Technische Aspekte (Definitionen, Emissions-Referenzwerte und Szenarien, Monitoring/Kontrolle) Rahmenbedingungen (Politik, Fähigkeiten) Entwicklungsaspekte (Lebensbedingungen der Armen) Mechanismen (Markt, Ansätze, Teilhabe, Finanzierung) Informationen und Lernen Internationale Zusammenarbeit 25.11.2009 Seite 27 Vermiedene Entwaldung – was ist nötig? Nachhaltige Waldbewirtschaftung (Schutz und Nutzung) Klare Land-/Waldnutzungsrechte und Verantwortlichkeiten Beseitigung institutioneller Hindernisse für Investitionen in nachhaltige Waldwirtschaft (Rehabilitation und Bewirtschaftung von Naturwald) Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags (Kontrolle, Rechtsdurchsetzung Alternativen für die arme Bevölkerung) Sektorübergreifende Politikentwicklung und Koordination Dezentralisierung, Verlagerung von Verantwortlichkeiten und Budgets Einbindung der Bevölkerung und des Privatsektors Entwicklung und Förderung von Kapazitäten / Fähigkeiten ein umfassender Ansatz, mit Transparenz, verantwortlicher Regierungsführung und Teilhabe der armen Bevölkerung 25.11.2009 Seite 28 Umsetzung des REDD Konzepts Beispiel aus der Praxis 25.11.2009 Seite 29 Laos Hohe Entwaldungsraten und Emissionen Hohe Artenvielfalt in vielfältigen Waldökosystemen Große ländliche Armut Hohes Potential für REDD 25.11.2009 Seite 30 Klimaschutz durch vermiedene Entwaldung in Laos Beratung auf nationaler Ebene und Pilotmaßnahmen in Naturschutzgebieten REDD Programm (2010-2020) Beratung Politik- und Strategieentwicklung Unterstützung von lokalen Pilotmaßnahmen Aus- und Fortbildung Informations- und Wissensmanagement Finanzierung Investitionen in REDD Vorbereitung Investitionen in REDD Pilotmaßnahmen Investitionen in Kontrolle und Monitoring 25.11.2009 Seite 31 Maßnahmen – nationale Ebene Politikberatung zu REDD und gesetzlicher Rahmen Aufbau von Institutionen Finanzierungsmechanismen Koordination Inventur- und Monitoring-System zu Waldkohlenstoff Herleitung eines Referenzwertes / Szenarios der CO2-Emissionen Unterstützung der Teilnahme an internationalen UNFCCC REDD Verhandlungen Informations- und Wissenstransfer 25.11.2009 Seite 32 Maßnahmen – Provinzebene Landnutzungsplanung Provinz: Stärkung der Rechtsdurchsetzung Pilotmaßnahmen Teilhabe der lokalen Bevölkerung am Nutzen aus REDD Monitoring der Wirkungen (verminderte Emissionen) auf Provinzebene EmissionsReferenzwert Pilotmaßnahmen im Schutzgebiet: 25.11.2009 Seite 33 z.B. Entwaldungs-/Degradierungsrate 2005-2010 = 1000 ha Aktuelle Situation Dorf Brandrodung Schutzgebiet Kautschukplantage Neue Entwaldung/ Degradierung Brandrodung Illegaler Einschlag Kautschuk 02.12.2009 Seite 34 REDD Maßnahmen z.B. Entwaldungs-/Degradierungsrate 2010-2015 = 500 ha Dorf Schutzgebiet Unterstützung alternativer Einkommensmöglichkeiten, incl. REDD Zahlungen LNP in Pufferzone Kautschuk Alte Entwaldung /Degradierung Neue Entwaldung /Degradierung Kontrolle ! „Pufferzone“ 02.12.2009 Seite 35 REDD Ergebnisse z.B. Entwaldungs-/Degradierungsrate 2015-2020 = 0 ha Dorf Schutzgebiet Kautschuk Waldregeneration Vertragsnaturschutz durch AnrainerBevölkerung „Pufferzone“ 02.12.2009 Seite 36 Anreize und Unterstützungsmaßnahmen Schutzgebiet: Finanzielle Anreize an Dörfer in/um das SG Landnutzungsplanung in der Pufferzone Etablierung einer SG Verwaltung, incl. SG Managementplan Unterstützung der Kontrolle (Aufseher etc.) Provinzebene: C -sensitive Landnutzungsplanung Kontrolle, Rechtsdurchsetzung Herleitung des Emissions-Referenzwertes/-Szenarios für die Provinz 02.12.2009 Seite 37 Mechanismus für die Teilhabe am Nutzen aus REDD (leistungsbezogen!) Schutzgebiet: Anreize für die Bevölkerung / Förderung der Dörfer Nutzen für die SG Verwaltung Nutzen für Privatsektor / Investoren Distrikt / Provinz / National: Förderung der Behörden die für LNP, Kontrolle, Beratung etc. zuständig sind Nutzen für die Distrikt-/Provinz-/Zentralregierung 02.12.2009 Seite 38 Übergreifende Unterstützung auf allen Ebenen Entwicklung von Kapazitäten, Investitionen in Fähigkeiten für selbständige und eigenverantwortliche Anstrengungen für Waldschutz und Entwicklung Förderung von Fähigkeiten und Initiative Umweltbildung Verbesserte Technologie (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Vermarktung etc.) Investitionen in Aus- und Fortbildungsprogramme 02.12.2009 Seite 39 Ausblick 25.11.2009 Seite 40 REDD – wie geht es weiter? 2º Ziel kann ohne schnelle Einbindung von REDD nicht erreicht werden REDD ist ein zeit-sensitives und hochpolitisches Thema –ideologische Diskussion ist Zeitverschwendung! Integrale Sicht zu Minderung von THG Emissionen ist nötig: Bioenergie kann die Situation für Wald verschlimmern Verknüpfung mit anderen Zielen Langfristige Sichtweise unvermeidlich Unterstützung & Kontrolle Bindende Verpflichtungen der Entwicklungsländer Keine unbegrenzten Subventionen für Waldschutz von Nord nach Süd (Marktmechanismus) REDD ist nicht nur Kohlenstoff! Einbindung in ein post-Kyoto Regime kann große Chancen für mehr Gerechtigkeit und Entwicklung bieten Kopenhagen wird den Weg weisen, aber nicht alles lösen können 25.11.2009 Seite 41 Schützt den Wald - er ist unsere Zukunft ! 25.11.2009 Seite 42 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit 25.11.2009 Seite 43