Gastbeitrag von Simone Peter Umweltpolitik Ein Klimaschutzgesetz für das Saarland: gegen die verheerenden Auswirkungen Der Klimawandel schreitet immer schneller voran. Grund für den rasanten Temperaturanstieg ist die rücksichtslose Lebensweise in den Industriegesellschaften: Die Verbrennung von Kohle, Gas und Öl, die Abholzung von Wäldern und die Massentierhaltung verursachen hohe Treibhausgasemissionen. S chon heute sind die Folgen des Klimawandels vielerorts zu spüren. In allen großen Gebirgsketten der Welt gehen die Gletscher zurück; in den Alpen haben sie seit der Industrialisierung die Hälfte ihres Eises verloren; und die Geschwindigkeit des Rückgangs nimmt zu. Durch die 30 Umweltmagazin Saar 3/2013 D alarmierende Studie vorgelegt, die vor der globalen Armutsfalle für Millionen von Menschen bei weiterhin ungebremstem Klimawandel warnt. U m die dramatischen Folgen des Klimawandels einzudämmen, hat sich die internationale Staatengemeinschaft das Ziel gesetzt, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf höchstens 2 Grad Celsius zu begrenzen. Das hieße, den globalen Ausstoß an Treibhausgasen bis 2050 um mindestens die Hälfte zu reduzieren. Die Industriestaaten mit den höchsten Pro-Kopf-Emissionen müssen ihre Emissionen bis 2050 um 80-95 Prozent vermindern. Diese Aufgabe erfordert einen tiefgreifenden Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft, eine langfristig ausgerichtete Politik und erhebliche Klimaschutzinvestitionen. In Europa muss Deutschland deshalb seine Vorreiterrolle, die leider immer mehr aufs Spiel gesetzt wird, verteidigen. I nnerhalb der Bundesrepublik muss auch das Saarland seiner föderalen Verantwortung zur Erfüllung der deutschen Klimaschutzziele gerecht werden und verbindliche Ziele festlegen. Nur noch wenige Bundesländer verzichten auf eigene Klimaschutzziele und eine eigene Klimaschutzstrategie für die Umsetzung von Emissionsminderungs- und Anpassungsmaßnahmen. Die CO2- er Klimawandel kommt uns ökologisch, ökonomisch und sozial ungeheuer teuer zu stehen. Forscher der Cambridge-Universität rechneten jüngst vor, dass uns der Klimawandel in der Arktis durch frei werdendes Methan 60 Billionen Dollar kosten könnte; das entspricht beinahe der gesamten Weltwirtschaftsleistung des Jahres 2012. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt die Kosten durch Klimaschäden im Saarland bis zum Jahre 2050 auf knapp 20 Milliarden Euro, sofern keine Klimaschutzmaßnahmen getroffen werden. Gerade hat die Weltbank eine Folgen des Klimawandels. Foto: © Sabine Susann Singler / pixelio H ermann Scheer, mein energiepolitischer Ziehvater, sprach von der „globalen Pyromanie“. Diese Pyromanie führt dazu, dass in den letzten 100 Jahren ein Temperaturanstieg von etwa 0,74 Grad Celsius zu verzeichnen ist. Eine aktuelle globale Temperatur-Rekonstruktion für die vergangenen 11.000 Jahre zeigt, dass wir in nur 100 Jahren die Abkühlung der vorangegangenen 5.000 Jahre wettgemacht haben. Und die UN-Klimaforscher halten einen Temperaturanstieg weltweit um bis zu 6,4 Grad Celsius bis 2100 für möglich. Das wäre dramatisch! Diese ungebremste Erderwärmung hat gefährliche, unumkehrbare und kaum beherrschbare Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt. Dem gilt es in Verantwortung für unsere Kinder und Kindeskinder umgehend gegenzusteuern. Erwärmung der Luft erwärmen sich auch die Ozeane. Derzeit steigt der Meeresspiegel um 3,1 cm pro Jahrzehnt; eine weitere Steigerung der Geschwindigkeit ist absehbar. Durch die Aufnahme des Kohlendioxids bildet sich im Wasser Kohlensäure. Diese Versauerung gefährdet das Wachstum kalkbildender Organismen wie Korallen oder Muscheln. Auch die Wetterextreme nehmen zu: Trockenheiten und Niederschläge verstärken sich. Der Deutsche Wetterdienst erwartet eine Zunahme von Extremereignissen wie Sturzfluten und plötzliches Hochwasser. Durch das Schrumpfen der Eisflächen in der Arktis können auch die Luftströme gestört werden. Dies führt dazu, dass es in Europa öfter kalte Winter geben kann. Die Landwirtschaft ist heute schon von Dürre und übermäßiger Feuchtigkeit beeinträchtigt. Der Klimawandel setzt auch unseren Wäldern massiv zu, wie der Waldzustandsbericht des Saarlandes zeigt. Er treibt den Artenschwund bei vielen Pflanzen- und Tierarten in Deutschland gefährlich voran. Nach jüngsten Schätzungen sind rund 30 Prozent unserer Pflanzen- und Tierarten bis 2100 vom Aussterben bedroht. Umweltpolitik Lokal Handeln des Klimawandels Emissionen je Einwohner liegen im Saarland doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. In Gesamtdeutschland ist zudem zwischen 1990 und 2010 ein konstanter Trend zu sinkenden Emissionen zu beobachten, im Saarland schwankt der Ausstoß je nach konjunktureller Lage sehr, eine kontinuierliche Abnahme ist jedoch nicht zu verzeichnen. D ie im Masterplan Energie aufgeführten Maßnahmen für den Industrie-, Haushalts- und Verkehrssektor müssen durch einen verbindlichen, langfristig angelegten und nachvollziehbaren gesetzlichen Rahmen – ein Klimaschutzgesetz – flankiert werden, das auch den Klimaschutzkonzepten der Kreise, Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss weitergehen. Regionen und Kommunen im Land Rechnung trägt. Die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen im Saarland soll bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent und bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 2005 verringert werden. Hierfür kommen vor allem der Steigerung des Ressourcenschutzes, der Ressourcen- und Energieeffizienz, der Energieeinsparung, dem Ausbau Erneuerbarer Energien, der Mobilitätswende hin zu stärkerer Nutzung des ÖPNV, des Rad- und Fußverkehrs, des Car-Sharings und des Einsatzes von Elektrofahrzeugen sowie des Wald- und Naturschutzes besondere Bedeutung zu. D ie Landesregierung soll unter Beteiligung von gesellschaftlichen Gruppen sowie der kommunalen Spitzenverbände einen Klimaschutzplan erarbeiten, der die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele konkretisiert. Und es soll ein Konzept für eine insgesamt klimaneutrale Landesverwaltung geben, um der Vorbildfunktion des Landes Rechnung zu tragen. Die Klimaschutzziele und die Umsetzung der Maßnahmen des Klimaschutzplans werden von einem wissenschaftlich fundierten Monitoring begleitet. Ein Klimaschutzrat achtet auf Foto: © Verena N. / pixelio eshalb besteht im Saarland dringender Handlungsbedarf. Es reicht nicht, wie im Koalitionsvertrag der großen Koalition verankert, auf Bundes- und Europaziele zu verweisen und nur das Maßnahmensammelsurium des Saarländischen Klimaschutzkonzeptes aus der Zeit der CDU-Alleinregierung weiterzuentwickeln. Hier war das Saarland schon weiter! Im Masterplan Energie von 2011 wurde erstmals ein Klimaschutzziel für das Saarland vorgegeben: bis 2050 sollen 80 Prozent der Treibhausgasemissionen vermieden werden. Die Untersuchungen des Instituts für Zukunftsenergiesysteme (IZES) haben gezeigt, dass dies möglich ist – mit großen Vorteilen: Klimaschutz, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien schaffen neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung. Foto: © Hartmut910 / pixelio D die Einhaltung der Klimaschutzziele und berät die Landesregierung bei der Erarbeitung und Fortentwicklung des Klimaschutzplans. Im Landesentwicklungsplan sind die räumlichen Erfordernisse des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel als Ziele und Grundsätze der Raumordnung festzulegen. Zur raumordnerischen Umsetzung des Klimaschutzgesetzes sollen die Klimaschutzziele als raumbezogene Ziele und Grundsätze umgesetzt und der kommunalen Planungsebene entsprechende räumliche Konkretisierungsaufträge erteilt werden. E ine ambitionierte Emissionsminderungsstrategie ist eine Herausforderung, aber auch eine riesige Chance für den Industrieund Energiestandort Saarland. Denn Klimaschutz schafft auch ökonomische Vorteile: Durch den Einsatz von Erneuerbare-Energien- und Energieeffizienztechnologien entstehen zukunftsfähige Produkte und Arbeitsplätze im Energie- und Automobilsektor, aber auch im Handwerk und in der Stahlindustrie. Diese Entwicklung darf am Saarland nicht vorbei gehen! Leider wurde der Grüne Klimaschutz-Gesetzentwurf von den Fraktionen der CDU und SPD im Landtag abgelehnt. Hier hätte ich mir mehr Mut gewünscht! Umweltmagazin Saar 3/2013 31