Sprechstunde: Eltern fragen – Ärzte antworten Rechtzeitig operieren Ich bin mit einer Fallot‘schen Tetralogie geboren worden. Mit zwei und fünf Jahren wurde ich operiert. Letztes Jahr wurde bei einer Herzkatheteruntersuchung festgestellt, dass ich eine Pulmonalklappeninsuffizienz habe. Da ich noch zu jung bin (36 Jahre), will man noch nicht operieren, weil nur die Klappe eines Toten in Frage kommt. Diese würde aber schnell verkalken, und dann wäre wieder eine Operation nötig. Gibt es andere Möglichkeiten für den Klappenersatz? Heike Sch., Duisburg Sie leiden an einer Fallot’schen Tetralogie und sind bereits zweimal operiert worden. Die zweite Operation, die Korrekturoperation, beinhaltet die Erweiterung der verengten Pulmonalklappe, was zu einer Pulmonalklappeninsuffizienz mit erhöhtem Blutvolumen in der rechten Herzkammer führen kann. Die rechte Herzkammer der meisten Patienten toleriert jedoch ein erhöhtes Blutvolumen gut, sodass im Allgemeinen ein Pulmonalklappenersatz erst dann notwendig ist, wenn sich die Funktion der rechten Herzkammer verschlechtert. Die Funktion der rechten Herzkammer kann mit Herzkatheter, Magnetresonanztomographie (MRT), Echokardiographie oder Radionuklidventrikulographie beurteilt werden. Wenn bei Ihnen jetzt schon eine eingeschränkte Funktion der rechten Herzkammer vorliegt, sollte man keinesfalls aufgrund Ihres jungen Alters von einer Operation absehen. Untersuchungen konnten belegen, dass es bei Patienten mit einer eingeschränkten rechten Herzfunktion (EF unter 40 %) eventuell zu keiner Funktionsverbesserung des rechten Herzens nach Pulmonalklappenersatz mehr kommt. Infolgedessen sollte es das vorrangige Ziel sein, den Pulmonalklappenersatz vorzunehmen, solange die rechte Herzkammer noch eine ausreichende Funktion besitzt. Die von Ihnen angesprochenen Homografts halten 15 bis 20 Jahre und müssen dann aufgrund der Degeneration ausgetauscht werden. Eine solche Operation kann in Zentren für Chirurgie angeborener Herzfehler risikoarm durchgeführt werden. 8 Leider gibt es zur Zeit noch keine Alternativen zum operativen Pulmonalklappenersatz. Aber es wird daran gearbeitet, einen Pulmonalklappenersatz mit der Herzkathetertechnik durchzuführen. Die Einführung in die klinische Praxis wird jedoch noch einige Jahre dauern. Dr. med. Felix Haas, München Prof. Dr. med. Rüdiger Lange, München Fragen zum Vorhofseptumdefekt Ich habe hier unsere wichtigsten Fragen zusammengestellt: 1. Ist der Verschluss eines ASD II (ca. 13 mm) unumgänglich? Wenn ja, wann muss er spätestens erfolgen bzw. macht es Sinn, noch zu warten, um den technischen Fortschritt zu nutzen? 2. Heute wird ein Vorhofseptumdefekt auch durch ein Schirmchen (Occluder), der mit Kathetertechnik ins Herz gebracht wird, verschlossen. Ist dieser Verschluss ebenso sicher wie das chirurgische Verfahren? Wie sind die Langzeitergebnisse? 3. Welches System empfehlen Sie bei der Herzkathetertechnik? Amplatzer-Occluder oder CardioSEAL oder Helex-System? Welches Verfahren empfehlen Sie beim chirurgischen Eingriff? 4. Komplikationen und Häufigkeit der verschiedenen Verfahren? 5. Welches Zentrum empfehlen Sie zur Durchführung des Eingriffs? Hierbei scheinen mir folgende Kriterien wichtig: Erfahrungen bzw. Anzahl der Eingriffe, Therapieergebnisse, schonende Verfahren, bei interventionellem Verschluss z.B. ohne Einsatz von Röntgenstrahlen, Möglichkeit, flexibel auf chirurgischen Eingriff umzuschwenken, wenn der Verschluss scheitert, Eltern-KindZimmer. 6. Wie verläuft die Nachsorge? Was ist im weiteren Leben zu beachten? Familie M., Borken Zu 1.: Die Angabe der Größe des Vorhofseptumdefektes ist nicht das alleinige Kriterium für einen Verschluss. Nach unseren neuesten Festlegungen in der Leitlinienkommission von diesem Jahr sind das Shuntvolumen, d. h. das zusätzlich in die Lunge strömende Blut, und die Größe der rechten Herzkammer ausschlaggebende Kriterien. Das EKG Ihres Kindes würde für eine Belastung des rechten Herzens sprechen. Zu 2.: Bei geeigneter Morphologie (zentraler Defekt, genügend Abstand zu den benachbarten Klappen und eine entsprechende Relation des Defektes zum Gesamtseptum) ist besonders bei Mädchen aus kosmetischen Gründen ein interventioneller Verschluss, d.h. ein Verschluss durch Herzkathetertechnik heute Standard. Es gibt aber noch keine Langzeitergebnisse. Gegenwärtig überblicken wir nur einen Zeitraum von rund zehn Jahren: In der Regel sind keine ernsten Komplikationen zu befürchten. Für den interventionellen Verschluss gibt es inzwischen genügend Erfahrungen, die diesen sicher machen und Risiken vermeiden. Zu 3.: Für die Auswahl der Systeme beim interventionellen Verschluss sind die persönlichen Erfahrungen ausschlaggebend. Insofern meine ich, dass AmplatzerOccluder, CardioSEAL oder auch Helex-Systeme etwa gleichwertig einzuschätzen sind. Ich persönlich glaube, dass der Amplatzer-Occluder am sichersten zu plazieren ist, dafür wird aber mehr Material eingebracht als z. B. beim Helex-System. Beim chirurgischen Verschluss kann das Einbringen von Fremdmaterial vermieden werden. Wir benutzen entweder den Nahtverschluss oder den Einsatz eines PerikardPatches. Hinsichtlich der Minithorakotomie haben wir persönlich keine Erfahrungen. Früher benutzten wir eine rechtsseitige Brustkorberöffnung. Unser jetziger Herzchirurg macht eine mittlere Sternotomie, mobilisiert aber soweit die Haut, dass nur über dem unteren Brustbeinabschnitt eine Narbe sichtbar wird. So ist gewährleistet, dass die Mädchen bzw. später Frauen auch einen Ausschnitt tragen können. Zu 4.: Interventionelle Verfahren können nur wie oben beschrieben unter bestimmten Voraussetzungen durchgeführt werden. Die letzte Entscheidung fällt während der Herzkatheteruntersuchung durch das sogenannte Sizing, die Größenbestimmung des Defektes mittels eines Ballonkatheters und der Betrachtung durch die Echokardiographie durch die Speiseröhre. Besteht keine genügende Sicherheit zum Einsatz eines Occluders (Schirmchen), muss das chirurgische Verfahren gewählt werden. Bei seltenen Komplikationen, d. h. lässt sich der Occluder nicht richtig verankern, bieten alle Systeme die Möglichkeit des Zurückziehens in das zuführende System. Zu Beginn der Anwendung der interventionellen Verfahren war manchmal noch der Chirurg gefragt, wenn Probleme während des Einsetzens bestanden. Heute ist das Verfahren so sicher, dass keine Notfalleingriffe erforderlich sind. Trotzdem ist es empfehlenswert, Kathetereingriffe nur an solchen Zentren vorzunehmen, in denen auch Erfahrungen mit dem chirurgischen Verschluss bestehen. Komplikationen beider Verfahren sind in manchen Fällen Herzrhythmusstörungen, die aber in der Regel nicht ernst, sondern beherrschbar sind. Inzwischen wird Vorsorge getroffen, dass sich keine Thrombosen auf dem Fremdmaterial des Schirmchens bilden, sodass diese Komplikation nicht mehr häufig vorkommt. Ernste Komplikationen des chirurgischen Vorgehens haben wir in den letzten Jahren nicht mehr beobachtet. Zu 5.: In Deutschland gibt es inzwischen viele Zentren, die beide Verfahren mit genügender Sicherheit anbieten können, sodass die Eltern ein Zentrum in ihrer Nähe wählen können. Die Durchleuchtungszeiten sind bei erfahrenen Untersuchern sehr gering. Viele Manipulationen können durch die Echokardiographie ersetzt werden. Außerdem bieten moderne gepulste Anlagen zusätzliche Einsparmöglichkeiten an Röntgenstrahlen. Zu der Bemerkung hinsichtlich des Umschwenkens auf das chirurgische Verfahren habe ich mich bereits geäußert. Eltern-Kind-Zimmer sind in jedem Herzzentrum inzwischen ausgewiesen, siehe auch „Kinderherzführer der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie in Zusammenarbeit mit der Deutschen Herzstiftung.“ Zu 6.: Nach dem Einsetzen eines Schirmchens ist heute noch eine lebenslange Nachsorge erforderlich. Nach operativer Behandlung eines Vorhofseptumdefektes kann meines Erachtens nach Rückbildung aller Veränderungen und normalem Langzeit-EKG auf eine längerfristige Nachsorge verzichtet werden. Das günstigste Operationsalter ist das Kleinkindalter, da sich nach der überwiegenden Meinung der Kinderkardiologen dann die Veränderungen am besten zurückbilden. Außerdem ist die seelische Belastung der Kinder geringer. Prof. Dr. med. Wolfgang Kienast, Rostock 9