Coaching oder Therapie?

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ANDREW BUCKLEY & CAROLE BUCKLEY
Coaching
oder Therapie?
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V e r l a g
»Coaching Skills kompakt«
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Anzeichen einer psychischen Störung
beim Klienten erkennen
Wahrnehmen, wann die Grenze des
Coachings erreicht ist
Coaching als Begleitprozess
zur Therapie gestalten
Junfermann
Andrew Buckley & Carole Buckley
Coaching oder Therapie?
Reihe
Coaching Skills kompakt
Band 6
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ANDREW BUCKLEY & CAROLE BUCKLEY
COACHING
ODER THERAPIE?
Aus dem Englischen
von Guido Plata
Junfermann Verlag
Paderborn
2016
Copyright © der deutschen Ausgabe: Junfermann Verlag,
Paderborn 2016
Copyright © der Originalausgabe: 2006 by
Andrew Buckley & Carole Buckley
All rights reserved. Authorized translation
from the English language edition A Guide to
Coaching and Mental Health: Essential
Coaching Skills Series, published by Routledge,
a member of the Taylor & Francis Group.
Übersetzung Guido Plata
Coverfoto © Iculig – Fotolia.com
Covergestaltung / Reihenentwurf Christian Tschepp
Satz JUNFERMANN Druck & Service, Paderborn
Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist
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Bibliografische Information der Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet
Deutschen Nationalbibliothek diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de
abrufbar.
ISBN 978-3-95571-539-7
Dieses Buch erscheint parallel als E-Book
ISBN: 978-3-95571-537-3 (EPUB), 978-3-95571-408-6 (Print),
978-3-95571-538-0 (MOBI).
Für Jane und Edward, ohne deren fortwährende
Unterstützung und Geduld dieses Buch niemals geschrieben worden wäre (AB).
Für Mike, Jenny und David für ihre Liebe, Hilfe und
Unterstützung (CB).
Inhalt
Vorwort........................................................................................................ 9
Einführung................................................................................................. 13
Teil I: Arbeiten im Grenzbereich............................................................... 21
1. Ein Gesamtbild erstellen.................................................................. 23
2. Informationen sammeln.................................................................. 59
3. Was man berücksichtigen muss...................................................... 75
4. Was kommt als Nächstes?................................................................ 95
Teil II: Was wird eigentlich gesagt?.......................................................... 115
5. Andreas Geschichte.......................................................................... 117
6. Brians Leben gerät aus den Fugen.................................................. 126
7. Carl und seine Beziehungen............................................................ 137
8. Duncans Leben auf der Überholspur............................................. 151
9. Elizabeths stressiges Leben.............................................................. 163
10. Frances kann sich nirgendwo verstecken...................................... 176
11. Stabilität im Leben von Ghulam?................................................... 187
12. Wer ist Hilary?................................................................................... 199
Teil III: Klassifikation psychischer Störungen, ihre Definition,
Epidemiologie und Management............................................................. 211
13. Depressive Störungen....................................................................... 213
14. Angststörungen, Phobien und Stress............................................. 223
15. Abhängigkeit...................................................................................... 235
16. Behinderungen und Beeinträchtigungen...................................... 242
17. Psychotische und Persönlichkeitsstörungen................................. 248
18. Essstörungen...................................................................................... 260
19. Psychosexuelle Probleme................................................................. 265
20. Behandlungsoptionen....................................................................... 272
Literatur....................................................................................................... 287
Index............................................................................................................ 289
Über die Autoren....................................................................................... 291
Vorwort
Von Mike Nowers
Es ist eine geradezu erschreckende Tatsache, dass statistisch gesehen jeweils einer von drei oder vier Patienten, die zum Arzt gehen, an irgendeiner psychischen Störung leidet. Dabei kann es sich um leichte Angst- oder
Belastungsstörungen handeln, jedoch auch um schwere, aber glücklicherweise seltene Erkrankungen wie Schizophrenie oder Manie. Alle Menschen kommen früher oder später mit psychischen Störungen in Kontakt,
entweder weil sie selbst daran erkranken oder weil Freunde, Familienangehörige oder Arbeitskollegen betroffen sind – und zwar unabhängig von
Geschlecht, Wohlstand oder Beruf!
Traurigerweise ist es unbestreitbar, dass von allen Erkrankungen, die Menschen betreffen können, die psychischen Störungen die am schlechtesten
erforschten und gleichzeitig die am meisten gefürchteten und verspotteten sind. Daher überrascht es auch nicht, dass viele Leute mit psychischen
Störungen sich einreden, gesund zu sein, oder ihre Symptome vor Familie
und Freunden verheimlichen, anstatt ihr Leiden einzugestehen. Oft sind
diese Menschen berufstätig, vielleicht sogar mit einer verantwortungsvollen oder potentiell gefährlichen Tätigkeit, obwohl sie nüchtern betrachtet
eigentlich nicht voll einsatzfähig sind. Auf Nachfrage streiten sie jedoch
vehement ab, dass mit ihnen etwas nicht in Ordnung sei.
Darüber hinaus ist es ein Problem, dass die meisten psychischen Störungen sich auf einem fließenden Kontinuum zwischen Gesundheit und
Krankheit befinden und dass eine Person im Laufe der Zeit von der Gesundheit in die Krankheit hinübergleiten kann, ohne dass dieser Vorgang
auf den ersten Blick ersichtlich wäre. Psychische Störungen werden nicht
durch Ansteckung übertragen, und sie sind auch nicht allein durch Tests
oder Messungen erkennbar, sondern lediglich anhand einer sorgsamen
Beurteilung von Symptomen und Anzeichen.
Warum also bekommen Menschen psychische Störungen? Bei manchen
Leuten, insbesondere solchen mit schwereren Störungen, spielt Vererbung
eine Rolle. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Gene die Anfälligkeit
für psychische Störungen beeinflussen, aber dies ist in der Regel nicht der
einzige Faktor. Die Umwelt spielt bei der Anfälligkeit für psychische Störungen eine ebenso große Rolle, im Hinblick auf die eigentliche Entwick-
10 · Co a ch i ng o der T h e ra pie ?
lung der Störungen wiegt sie in den meisten Fällen sogar noch schwerer
als die Gene. Der Kontext, in dem Menschen ihr Leben leben, ist hierbei entscheidend. Wie die individuelle Persönlichkeit die Anforderungen
und Belastungen des alltäglichen Lebens und das Auftreten negativer und
manchmal auch scheinbar positiver Lebensereignisse bewältigen kann,
entscheidet darüber, ob und wann Leute die Schwelle zwischen Gesundheit
und psychischen Störungen in ihren vielfältigen Formen ü
­ berschreiten.
In der psychiatrischen Praxis befasst man sich schwerpunktmäßig mit
prädisponierenden, auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren. Der
traditionelle medizinische Ansatz in Bezug auf die Diagnose und das
Management psychischer Störungen basiert auf der strikten Anwendung
einer Richtlinie, die die sorgsame Erhebung einer Krankengeschichte vorschreibt. Diese Anamnese beinhaltet die folgenden Dinge: eine
Vorgeschichte der gegenwärtigen Beschwerden; die medizinische und
psychia­trische Vorgeschichte; die familiäre und entwicklungsmäßige Vorgeschichte; vorhandene soziale, juristische und substanzmissbrauchsbezogene Probleme sowie eine Beurteilung der prämorbiden Persönlichkeit
(der Persönlichkeit vor dem Ausbruch der Störung), gepaart mit einer
gründlichen Erhebung des Geisteszustandes. Letzteres umfasst Erscheinung und allgemeines Verhalten, Stimmung, alle Abnormitäten im Denken oder in der Wahrnehmung inklusive Halluzinationen und Wahnvorstellungen, eine Beurteilung des Niveaus der Suizidgefährdung und der
kognitiven Funktionalität sowie eine Beurteilung des Ausmaßes der Einsicht des Patienten in die gegenwärtige Situation.
Der Psychiater befindet sich dabei in der bequemen Position, dass bei
dem ihm gegenübersitzenden Patienten bereits festgestellt wurde, dass er
ein Problem hat, denn ansonsten wäre der Patient nicht in der Praxis erschienen. Darüber hinaus sind Menschen in der vertraulichen Situation
in einer Arztpraxis eher bereit, Dinge zuzugeben, die sie außerhalb dieser
Situation kaum eingestehen würden.
Im Gegensatz dazu arbeitet der Coach unter vollkommen anderen Umständen. Zunächst einmal begegnet er mit viel höherer Wahrscheinlichkeit Leuten, die sich im sogenannten Prodromalstadium einer psychischen Störung befinden; einem Stadium, das den charakteristischen
Manifestationen der voll entwickelten Störung vorausgeht und mit dem
akuten oder voll entwickelten klinischen Zustandsbild kaum Ähnlichkeit
hat. Die Beziehung zwischen Coach und Klient ist vollkommen anders als
Vo r wo r t · 11
die zwischen Arzt und Patient, und es muss genauestens darauf geachtet
werden, dass sich die Situation des Klienten nicht am Ende sogar noch
verschlimmert, weil die falsche Art von Intervention angewendet wurde.
In diesem Buch nutzen Andrew und Carole Buckley ihre gemeinsame Erfahrung als Coach / Berater und Ärztin, um dem Leser einen Weg zu sicherem und effektivem Coaching bei potentiell vulnerablen Klienten zu weisen. Sie bieten eine Übersicht über die Kategorien psychischer Störungen,
deren Definitionen, Epidemiologie und Management sowie über Techniken zur Identifikation und Berücksichtigung der Anzeichen psychischer
Störungen mittels praktischer Fallbeispiele. Am wichtigsten ist jedoch die
Darstellung von ethischen Aspekten der Tätigkeit, Problemen und Fallgruben in der Praxis, Warnzeichen bei Klienten und der Bedeutsamkeit
angemessener professioneller Grenzen.
Die meisten Menschen, die an einer psychischen Störung leiden, können
wieder vollständig genesen, wenn ihnen die richtige Diagnose, das richtige Management ihrer Störung und die richtige Behandlung zuteilwerden.
Zu tun, was richtig ist, und vor allem nichts zu tun, was falsch ist, bildet
den Grundstein einer guten Versorgung durch einen Psychiater, einen
Arzt oder auch einen Coach. Dieses Buch liefert wichtige Einblicke in die
komplexe und faszinierende Welt, die sich eröffnet, wenn man seinen Mitmenschen durch die oftmals beschwerlichste und belastendste Phase ihres
Lebens hilft. Letztendlich können alle Beteiligten davon in hohem Maße
profitieren.
Also, lesen Sie weiter!
Dr. Mike Nowers, FRCPsych
Facharzt für Psychiatrie
Einführung
Von Andrew Buckley
Als ich in den frühen 1980er-Jahren für einen Pharmakonzern arbeitete,
hatte ich einen Termin in der psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses. Dies war mein erster Besuch, und ich wusste nicht, wo mein Ziel
sich befand. Am Empfang sagte man mir, ich müsse in den fünften Stock.
Dann hörte ich eine Stimme hinter mir, die sagte: „Ich gehe da auch hin,
ich zeige Ihnen den Weg.“ Ich war etwas nervös, weil ich nicht wusste, was
mich in einer psychiatrischen Abteilung erwartete, allerdings hatte ich den
Film Einer flog über das Kuckucksnest gesehen und war daher dankbar,
dass dieser gut gekleidete und groß gewachsene Mann mir Hilfe anbot.
Während wir zum Fahrstuhl gingen, bemerkte ich, dass ihm ein ungepflegter Mann folgte, die fettigen Haare zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden und mit einem schmuddeligen T-Shirt bekleidet, auf dem sich
ein banaler Spruch befand. Ich blieb im Fahrstuhl dicht bei meinem Retter.
Als wir drei dann im fünften Stock ausstiegen, wurde mein Retter vom
Personal durch gesicherte Türen in die geschlossene Abteilung geführt,
und ich blieb stehen und sprach mit dem abgerissen wirkenden Mann aus
dem Fahrstuhl, der, wie sich herausstellte, der leitende Krankenpfleger
war – eine der Personen, mit denen ich an diesem Tag einen Termin hatte.
Wenn wir jemandem begegnen, der eine körperliche Behinderung oder
ein Gebrechen hat, gibt es offensichtliche Anzeichen dafür, dass etwas
außerhalb der Norm liegt, und wir können unser Denken und Handeln
daran anpassen. Auch dafür, ob es sich bei dem wahrgenommenen Leiden um eine angeborene Behinderung, das Ergebnis einer Verletzung oder
eine vorübergehende Erkrankung handelt, gibt es oft sichtbare Zeichen,
anhand deren man sich ein Bild machen kann.
Der Trainer im Sport hat gegenüber einem im psychologischen Bereich tätigen Coach bei der ersten Begegnung mit einem möglichen Klienten viele
Vorteile. So erkennt er beispielsweise auf den ersten Blick, dass eine Person
die physische Konstitution hat, um Meister im Kugelstoßen zu werden,
aber nicht, um als Jockey beim Flachrennen auf Pferden Erfolge zu feiern. Ebenso sieht er sofort, ob der Klient einigermaßen gesund aussieht,
kein Übergewicht hat und so gut in Form ist, dass er beim Betreten des
14 · Co a ch i ng o der T h e ra pie ?
Fitnessstudios nicht schon kurzatmig wird, und kann alle körperlichen
Dinge auch während der gesamten Sitzung weiter beobachten. Als Coach,
der sich nur in der „Gesprächsführung“ bewegt, sind wir im Nachteil. Für
uns gibt es keine leicht erkennbaren Hinweise darauf, ob ein aufgeweckter
Manager auf der mittleren Führungsebene eines Unternehmens über die
notwendige Resilienz und innere Stärke verfügt, um auch auf der obersten geschäftlichen Ebene seines Unternehmens erfolgreich zu sein und
durch das Coaching nicht psychisch verletzt zu werden. Ebenso können
wir nicht leicht erkennen, ob der Versuch, eine Person für das Erreichen
persönlicher Ziele zu coachen, durch deren mentale Konstitution oder frühere psychische Verletzungen vereitelt werden wird.
Die Herausforderung, mit der sich das vorliegende Buch befasst, ist die
Frage, auf welche Weise man diese psychologischen Probleme ebenso
leicht identifizieren und handhaben kann, wie ein Trainer im Sport es mit
körperlichen Problemen tut.
Das Ideal einer starken Psyche scheint etwas fast Heiliges an sich zu haben;
es wird in viel höherem Maße akzeptiert, wenn einer oder mehrere Körperteile ihre Funktion vorübergehend oder dauerhaft einstellen, als wenn
sich auch nur andeutet, dass die Psyche eines Menschen aktuell gerade
nicht voll funktionsfähig ist. Wenn ein Freund oder Arbeitskollege wegen einer Operation ins Krankenhaus kommt, dann reagiert man darauf
mit Mitgefühl, Blumen und Unterstützung der Familie. Aber wie wird
es von anderen Menschen wahrgenommen, wenn jemand die Diagnose
einer bipolaren Störung erhält oder wegen einer Suchtkrankheit in ein
Behandlungszentrum eingewiesen wird? Dabei liegt das Risiko, an einer
diagnostizierten psychischen Störung zu erkranken, über die gesamte Lebensspanne hinweg bei etwa eins zu vier. In Großbritannien erfolgen etwa
40 Prozent der Besuche bei Allgemeinärzten aufgrund psychiatrischer Beschwerden.
Die Prävalenz psychischer Probleme ist enorm, und dennoch gibt es zumindest in westlichen Gesellschaften immer noch bedeutsame Tabus und
Stigmata im Zusammenhang mit dem offenen Eingeständnis, an einer psychischen Störung zu leiden. Diese Tabus können sich auch im beruflichen
Bereich niederschlagen. Professionelle Coaches, Beamte im Sozialamt,
Mentoren oder Mitarbeiter von Personal- oder Weiterbildungsabteilungen
in Unternehmen haben oft ihre Schwierigkeiten damit, zu tolerieren, dass
die Ursache für das, was in ihrem Gesprächspartner vorgeht, in einer psy-
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