Nebengruppenelemente Die Zinkgruppe Dirk Broßke Berlin, Juni 2006 1 2. Die Zinkgruppe 2.1. Gruppeneigenschaften Zink Zn Ordnungszahl 30 48 80 [Ar] 3d10 4s2 [Kr] 4d10 5s2 [Xe] 5d10 6s2 1. Ionisierungsenergie [eV] 9,4 9,0 10,4 2. Ionisierungsenergie [eV] 18,0 16,9 18,7 3. Ionisierungsenergie [eV] 39,7 37,8 34,2 Elektronegativität 1,7 1,5 1,4 Schmelzpunkt [°C] 419 321 -39 Siedepunkt [°C] 908 767 357 Sublimationsenthalpie [kJ mol-1] 131 112 61 Standartpotential Me/Me2+ [V] -0,76 -0,40 +0,85 Elektronenkonfiguration • • • • • • • • Cadmium Cd Quecksilber Hg Elektronenkonfiguraton (n-1)d10 ns2 → Ähnlichkeit zu den Erdalkalimetallen (Ausnahme Hg); alle treten in der Oxidationsstufe +II auf (+III Unbekant) → in Verbindung ist die d-Schale immer voll Eigenschaften von Zink und Cadmium relativ ähnlich; Quecksilber ist deutlich verschieden (edel) und verhält sich in mancher Beziehung wie Edelmetall, nur hier ist auch Quecksilber in der Oxidationsstufe +I von Bedeutung (Hg22+) Hg2+ ist viel leichter polarisierbar als das Zink- und Cadmium-dikation; Bildung kovalenter Verbindungen → Chloride des Zink und Cadmium ionisch; HgCl2 kristallisiert in Molekülgitter Quecksilberverbindungen wesentlich stabiler als bei Zink und Cadmium und schlechter löslich Nur Hg bildet Verbindungen mit Hg(I)-Zentren und Me-Me Bindung Volle d-Schale → keine Ligandenfeldstabilisierung Koordination: Zn tetraedrisch; Cd oktraedrisch; Hg linear, wird durch Ionengröße und kovalente Bindungskräfte bestimmt Zink, Cadmium und Quecksilber haben alle niedrige Schmelzpunkte 2.2. Zink • Vorkommen • • • • • 120 g t-1 in der Erdkruste (Platz 27); etwa wie Kupfer ZnS Zinkblende, Wurtzit ZnCO3 Zinkspat, edler Galmei ZnFe2O4 Franklinit Zn4(OH)2[Si2O7] · H2O Franklinit 2 • Physikalische Eigenschaften • • • Grauweißes, stark glänzendes, sprödes, jedoch bei 100-150°C auswalzbares oder ziehbares Metall (in Reinstform duktil) Hexagonales Kristallgitter; Smp. 419,5°C Sdp 907°C Dichte 7,133 g cm-3 Chemische Eigenschaften • Sehr reaktionsfäig • Mit Säuren H2 Entwicklung, bei hohen Temperaturen auch mit Wasserdampf Mit Alkalihydroxidlösung unter Bildung löslicher [Zn(OH)4]2- Komlexe Weniger edel als Eisen, verzinktes Fe jedoch sehr korrosionsbeständig → Bildung einer dichten, festhaftenden Passivschicht aus ZnO und basischen Zinkcarbonat • • • • • • • Zn + 2 H3O+ NH4NO3 + Zn Zn(OH)2 + H2 ZnO (aber Passivierung, Überspannung) Zn2+ + H2 + 2 H2O ZnO + N2 + 2 H2O Physiologie • • • • • Zn + 2 H2O Zink ist ein essentielles Element; im menschlichen Organismus sind ca. 2-4g Zink enthalten Wichtig für eine Vielzahl von biologischer Reaktionen; in ca. 200 Enzymen als Koordinationspartner Stabilisiert die Struktur vieler weiterer Proteine und Peptide (z.B. Insulin, Makroglobuline des Immunsystems, Nucleoprotein, Aminozucker-Polymere) Täglicher Bedarf eines Erwachsenen ca. 15mg Technische Gewinnung • • • Zunächst Darstellung von ZnO durch rösten (sulfidische Erze) oder Brennen (Carbonate) Nasses Verfahren (ca. 40% der Weltproduktion) • ZnO + H2SO4 ZnSO4 + H2O • Anschließend Elektrolyse (Pb-Anode; Al-Kathode) Trocknes Verfahren (ca. 60% der Weltproduktion) • ZnO + CO Zn + CO2 • CO2 + C 2 CO (Bouduard Gleichgewicht) • Gesamtgleichung: ZnO(s) + C Zn(g) + CO • Kondensation zu flüssigen Metall → Rohzink (97-98%) • Reinigung durch fraktionierte Destillation → Feinzink (99,99%) 3 • Verwendung • • • • • • Am Wichtigsten ist Kupfer-Zink-Legierung (Messing) Zinkdruckguss → Formteile, Gehäuse Verbindungen als Farbpigmente (Zinkweiß, ZnO) Herstellung von Baterien Korrosionsschutz: Verzinkung von Eisenblechen und -drähten (tauchen in flüssiges Zink; Feuerverzinken oder elektrolytisch) Bedachungen, Regenrinnen, Ablaufrohre, Fasadenverkleidungen (Titanzink), Schiffsbau 2.2.1. Verbindungen • • • • • • • • Enthalten alle Zink in der Oxidationsstufe + II Farblos; diamagnetisch; meist leicht löslich Reagieren in H2O sauer da [Zn(H2O)6]2+ Brönstedtsäure ist Koordination am Zink: tetraedrisch oder oktraedrisch Zinkhydroxid Zn(OH)2: Zn-Salzlösung + Hydroxid → Niederschlag; amphoter: in Säuren [Zn(H2O)6]2+, in Basen [Zn(OH)4]2Zinkoxid ZnO: Darstellung durch Entwässern des Hydroxides oder thermische Zersetzung des Carbonates, technisch durch Oxidation von Zinkdampf an Luft; Kristallisiert in WurtzitTyp (Erhitzen → gelb wegen Gitterefekt); Bildet viele Doppeloxide (Spinellgitter) wie z.B. Rinmans-Grün ZnCo2O4 Zinksulfid ZnS (Weiß-Pigment) Zinkblende Wurtzit • Darstellung: Einleiten von H2S in Zink-Salzlösung bei pH > 3 • Bestrahlen mit energiereicher Strahlung → Emmision von sichtbaren Licht (Verstärkung des Effektes durch Cu- und Ag-Verbindungen, die als farbgebende Komponente wirken (Fluoreszenzbildschirme, Fernsehbildschirme, Leuchtfarben) • Farbfernseher: ZnS mit Cu, Au, Ag → grün; ZnS mit Ag → blau, Y2O2S mit Eu → rot) Zinkhalogenide • Zinkdifluorid: ionogen; Rutil-Struktur • Übrige Halogenide: tetraedrisch koordiniertes Zink, kovalent, niedriger Smp, bessere Löslichkeit • Darstellung für alle: Auflösen von Zink in Halogenwasserstöffsäuren → Hydrohalogenid-Struktur (sonst Bildung basischer Salze wie Zn(OH)Cl) • Mit Erdalkali- und Alkalimetallhalogeniden → Komplex-Salze Fluorid und Chlorid dienen als Holzschutzmittel; Chlorid sehr hygroskopisch 4 2.3. Das Cadmium • • Vorkommen • 2 · 10-5 Gew% der Erdkruste • CdS Cadmiumblende • CdCO3 Otavit Technische Gewinnung • Fällt zwangsläufig bei der Zinkgewinnung als Nebenprodukt an (gemeinsames Vorkommen in Erzen) • Trocknes Verfahren • Beim Rösten von ZnS ensteht CdO; wird leichter reduziert und Cd verdampft eher (vgl E0 und Sdp. von Cd und Zn) • Verbrennt wieder beim Verlassen des Muffels zu CdO • Anreicherung in der Vorlage • Erneute Reduktion und weitere Anreicherung liefert Feincadmium (99,5%) • Nasses Verfahren • Cadmium wird aus Cd-haltigen ZnSO4-Lösung mit Zn-Staub ausgefällt Cd2+ + Zn Cd + Zn2+ • → Cadmiumschwamm der zu CdO oxidiert und anschließend in H2SO4 zu CdSO4 gelöst wird • Elektrolyse wie bei der Zn-Herstellung • Sehr reines Elektrolytcadmium Physikalische und chemische Eigenschaften • Weiches, silber glänzendes Metall • Smp. 320,0°C; Sdp 767,3°C, Dichte 8,642 g cm-3; Zink sehr ähnlich Physiologie • Im Unterschied zu Zink nicht essentiell, sondern sehr toxisch für Lebewesen (MAK Wert 0,05 mg m-3) • Erwachsene enthalten 0,4 mg Cd kg-1 (Raucher ca. 0,8 mg); Aufnahme mit täglicher Nahrung ca. 0,03mg; Anreicherung hauptsächlich in Leber und Niere • Bei chronischer Vergiftung auch Knochenmarkschädigung und Ostroporose (CaVerarmung im Knochengewebe) • Toxische Wirkung beruht auf Hemmung schwefelhaltiger Enzyme, sowie der Substitution des Zink in Zn-haltigen Proteinen • Wird durch Pflanzen und Wildpilze stark angereichert; u.a. auch im Tabak Verwendung • Koorosionsschutz → Plattierung von Stahl und Stahlteilen (Schrauben im Schiffsbau) • Mechanisch hochfeste Kupfer-Legierungen (0,5-1% Cd); Stähle mit kleiner CdBeimischung → Lagermetall • Cadmiumisotop 113Cd (12,3% natürliche Häufigkeit) hat sehr großen Einfangquerschnitt für Neutronen → Brems- und Steuerstäbe im Kernreaktor) • CdS und CdSe sind Gelb- bzw. Rotpigmente (Einschränkung wegen Umweltschutz) • CdS ist Photoleiter; CdO in Leuchtstoffen in Bildschirmen; CdTe dient zum Bau von Abbildungssystemen, die IR-Strahlung in elektronische Signale umwandeln • NiCd Akku (Kathode: Cd/Fe 20-25%; Anode: NiOOH) • • • • 5 2.3.1. Verbindungen • • • • • • • Cd(OH)2 löst sich in Säuren und starken Basen [Cd(OH)4]2CdO NaCl-Struktur CdF2 Fluorid-Struktur CdCl2, CdBr2; CdI2 Schichtstruktur mit oktraedrisch koordinierten Cadmium (Cadmiumiodid Struktur) + Halogenide → [CdX3]- und [CdX4]2CdS gelbes Pigment (Cadmiumgelb) + CdSe → Cadmiumrot; toxisch → Ersatz durch CaTaO2N und LaTaON2 Cd-Salze neigen stärker zur Komplexbildung als Zink-Salze; Koordination tetraedrisch, manchmal auch oktraedrisch Aus [Cd(CN)4]2- fällt beim Versetzen mit H2S CdS aus, aus [Cu(CN)4]2- nicht → analytische Trennung von Cu/Cd 2.4. Das Quecksilber • Vorkommen • • • • Technische Gewinnung • • • Aus Zinnober: Erhitzen unter Luftzutritt • HgS + O2 Hg + SO2 In Schachtöfen oder Schüttelröstöfen, Kondensation des Quecksilbers in wassergekühlten Röhrenkondensatoren Physikalische Eigenschaften • • • • • • • • • 0,05ppm in der Erdkruste; sehr seltenes Metall HgS Zinnober Hg[Sb4S7] Levingstonit HgS · 2 Sb2S3 Erstarrt bei -38,84°C in hexagonaler Struktur; Sdp. 356,6°C; hohe Dichte von 13,595 g cm-3 Geringe elektrische Leitfähigkeit Mit Quecksilber gesättigt Luft enthält bei Raumtemperatur ca 15 mg Hg je m3 Durch elektrische Entladung wird Hg-Dampf zu intensiven Leuchten angeregt → UV-Licht ("Quecksilberlampen") Unterschiede zu Cadmium und Zink in der chemischen Modifikation Wird von HNO3 gelöst, nicht aber von HCl oder H2SO4 Bei Raumtemperatur Beständig gegen: O2; H2O; CO2; SO2; HCl; H2S; NH3, reagiert aber mit Halogenen und Schwefel Bildet bei Raumtemperatur mit vielen Metallen Legierungen (Amalgame) Physiologie • • • Quecksilber und seine Verbindungen sind für Lebewesen nicht essentiell aber stark toxisch (MAK-Wert 0,1 mg cm-3) Toxizität von Hg-Dampf höher als von flüssigen Quecksilber Lösliche Verbindungen des Quecksilbers giftiger als unlösliche 6 • • • • Bei vergleichbarer Löslichkeit steigt die Toxisität in der Reihen: • anorg. Hg(I) < anorg. Hg(II) < organ. Hg(II)-Verbindungen Schädigung des Zentralnervensystems Früher: Anwendung von Quecksilber und seiner Verbindungen auch in der Medizin: graue Salbe (feinverteiltes Hg, Hautkrankheiten); Augenheilkunde (Quecksilberpräzipitatsalbe Hg(NH2)Cl); Hg2Cl2 als Abführmittel Verwendung • • Fungizide und keimtötende Mittel, z.B. biozide Anstrichfarben Leuchtstoffröhren, Energiesparlampen, Hg-Dampflampen, Hochtemperaturleiter: Quecksilber-Barium-Calcium-Cuprat hat höchste Sprungtemperatur: 132,5K (-141°C) 2.4.1. Verbindungen • In Oxidationstufe +I enthält immer das dimere Ion Hg22+ mit einer kovalenten Hg-Hg Bindung → 2 Valenzelektronen involviert → diamagnetisch; geringe Neigung zu Komplexbildung • Oxidation von Hg zu Hg22+ nur durch Oxidationsmittel mit 0,79V < E° < 0,85V • 2 Hg • Hg22+ • Hg • Hg22+ + e- E° = + 0,79V 2 Hg2+ + 2 e- E° = + 0,91V Hg2+ + 2 e- E° = + 0,85V • → Hg22+ Hg + Hg2+ E° = - 0,12V → Hg22+ disproportionierungsstabil 2+ Hg wird durch Hg reduziert → Oxidation von Hg mit Unterschuss an Oxidans liefert Hg22+; alle Stoffe die cHg2+ stark herabsetzen bewirken Dissproportion von Hg22+ • Hg22+ + 2 OH- • Hg22+ + S2- Hg + HgO + H2O Hg + HgS Hg22+ + 2 CNHg + Hg(CN)2 (nicht schwer löslich, aber schwach dissoziert) Quecksilber(I)-halogenide Hg2X2 außer mit X=F alle schwerlöslich, lichtempfindlich, linear (X-Hg-Hg-X) kovalente Bindung • Darstellung: • 2 HgCl2 + SnCl2 Hg2Cl2 + SnCl4 • Hg2(NO3)2 + 2 HX Hg2X2 + HNO3 X = Cl; Br; I • Reaktionen • Hg2Cl2 + 2 NH3 Hg + HgNH2Cl + NH4Cl • Disproportionierung auch durch Komplexbildung mit Überschuß Halogenide: • Hg2I2 + 2 IHg + [HgI4]2Quecksiber(I)-nitrat entsteht aus Hg und verdünnter HNO3; leicht löslich und reagiert infolge von Hydrolyse sauer (Eindampfen → basiche Nitrate) • • • 7 • Oxidationsstufe +II • Haben überwiegend kovalente Bindung (Ausnahme HgF2) • Häufig schwerlöslich • Liegen in Lösung molekular gelöst vor • Hydrolysieren in Wasser → stabil nur in saurer Lösung • Koordination: linear, tetraedrisch, selten oktraedrisch • Quecksilber(II)-oxid HgO • Hg + ½ O2 HgO (rot, orthorombisch) • Hg(II)-Salzlösung + Base in Kälte → gelbes HgO → erhitzen → rotes HgO (unterschiedliche Korngröße) • • • • • HgS kommt in der Natur als Sinnober (rot) vor, Kristallgitter: Schraubenförmige -Hg-S-Hg-S-Ketten, Fällung aus Hg(II)-Salzlösung → schwarz, kristallin mit Zinkblendestruktur) Quecksilber(II)-sulfat • Hg + 2 H2SO4 HgSO4 + SO2 + 2 H2O • 3 HgSO4 + 2 H2O HgSO4 · 2 HgO + 2 H2SO4 Quecksilber(II)-halogenide • Darstellung durch Umsetzung von HgO mit HX oder: • HgSO4 + 2 NaX Na2SO4 + HgX2 (X = Cl, Br) • HgF2 ionogen aufgebaut; Fluorit-Struktur; Fluorierungsmittel; hydrolysiert leicht • HgCl2 (Sublimat) Smp: 280°C; Sdp. 303°C; gut löslich; sublimiert bei Darstellung; kristallisiert in Molekülgitter; geringe Disoziationseigenschaften; Bildung Komplexer Anionen • HgI2 wegen Schwerlöslichkeit weitere Darstellungsmöglichkeit • HgCl2 + KI 2 KCl + HgI2 • Dimorph: HgI2 (rot, Schichtstruktur) HgI2 (gelb, Molekülgitter) • Gleichsam thermochemisch: • Ag2HgI4 (gelb) Ag2HgI4 (orangerot) • Cu2HgI4 (rot) Cu2HgI4 (schwarz) • Bildung eines komplexen Salzes mit KI • HgI2 + KI K2[HgI4] Neßlers Reagenz Quecksilber(II)-cyanid: sehr giftig, wasserlöslich, minimale elektrolytische Dissozation, lineare Moleküle, Bildung von [Hg(CN)4]2- stabiler als entsprechendes Chlorid 8 • Quecksilber(II)-stickstoff-Verbindungen • HgCl2 + 2 NH3(g) [Hg(NH3)2]Cl2 "schmelzbares Präzipitat"; lineare [H3N-Hg-NH3] Einheiten in Feststoff und in Lösung • • HgCl2 + 2 NH3(aq) [Hg(NH2)]Cl + NH4+ + Cl- "unschmelzbares Präzipitat" 2 HgO + NH3 + H2O [Hg2N]OH · 2 H2O (Millonsche Base) • Auch mit anderen Gegenionen bekannt • 2 [HgNH2]Cl [Hg2N]Cl + NH4Cl • Neßlers Reagenz + NH3 [Hg2N]I orange 9