Was ist „Echte Beratung“ im Private Banking? Herr Rosenbaum, Ihre Leitmaxime lautet „Echte Beratung – Ihr Partner in Luxembourg“. Was verstehen Sie unter echter Anlageberatung und wodurch unterscheidet sie sich von unechter Beratung, die es ja auch geben muss, wenn man Ihrer Logik folgt? Echte Beratung setzt voraus, dass der Anlageberater einen Wissensvorsprung vor dem Kunden und die fachliche Befähigung hat, sein Wissen für den Kunden nützlich zu machen. Zusätzlich benötigt der Anlageberater ein professionelles Umfeld, das echte Anlageberatung ermöglicht. Die Alternative zu echter Beratung ist nicht unechte Beratung, sondern Unterstützung im Einkauf von Finanzprodukten welche auch ihren Wert hat. Das Ansehen der Banken im Allgemeinen und der Anlageberater im Besonderen ist ja seit der Finanzkrise 2008 stark zurückgegangen. Viele Kunden haben entdeckt, dass sie nicht beraten wurden, sondern einem Verkäufer oder einer Verkäuferin vertraut haben. Was heißt echte Anlageberatung in dieser Lage? Anlageberatung kann dem Kunden weder seine Eigenverantwortung noch seine Arbeit abnehmen. Wenn sich jemand bei Finanzprodukten nicht auskennt, benötigt er umso mehr einen zuverlässigen Berater. Das ist wie in einem Warenhaus. So auch im Anlageberatungsgeschäft. Hilfe bei der Auswahl ist eine ehrliche Dienstleistung, der viele Verkäufer gerecht werden. Aber man darf nicht mehr als das erwarten. Echte Anlageberatung, also Wissenstransfer, hat keinen höheren ethischen Anspruch, ist aber offensichtlich wertvoll für starke Kunden, die sich schon auskennen. Wenn echte Anlageberatung insbesondere für starke Kunden, wie Sie sie bezeichnen, geeignet ist, woher soll denn heutzutage ein Wissensvorsprung des Anlageberaters herkommen? Gut informierte, wohlhabende und aktive Anleger wissen doch genau so viel wie ihre Anlageberater und das ist einer der Gründe für den Ansehensverlust der Branche. Der Wissensvorsprung für echte Anlageberatung kommt daher, dass eine Anlageberaterin den Markt, seine Konventionen, die Produkte durch lange Übung bestens versteht und sich darin bewegt wie ein Fisch im Wasser. Hinter sich hat sie Finanzanalysten und alternative Finanzanalysten, die für sie zum Beispiel die sehr langen Emissions- oder Fondsprospekte durcharbeiten, die Konditionen genau verstehen und komprimiert für die Anlageberaterin zusammenstellen. Das Management sorgt dafür, dass die Informationen einigermaßen geordnet eintreffen. Zu diesem Zweck unterhalten Banken Research-Einheiten. Wenn diese günstigen Voraussetzungen einem klugen Kopf zur Verfügung stehen, dem man auch genügend Zeit gibt, um die Informationen aufzunehmen und der in ständigem Kontakt mit gleich guten Kollegen, Brokern, Händlern und Portfoliomanagern steht, so bildet sich ein Wissensvorsprung, auch gegenüber starken Kunden. Kommt noch eine Spezialisierung dazu, zum Beispiel auf Aktien oder Fremdwährungen, so stehen die Chancen für einen erfolgversprechenden Wissensvorsprung und transfer gut. NORD/LB Vermögensmanagement Luxembourg S.A. 7, rue Lou Hemmer L-1748 Luxembourg-Findel R.C.S. Luxembourg B 193207 Telefon: +352 452211-100 Telefax: +352 452211-319 www.nordlb-vm.lu Der Mehrwert echter Beratung ist offensichtlich, aber die Produktionskosten dafür sind hoch. Wie teuer darf echte Anlageberatung sein, um noch nachgefragt zu werden? Ja, wir haben hohe Produktionskosten, wenn Sie so wollen. Erstens brauchen wir helle Köpfe mit langer Berufserfahrung, das ist schon mal nicht billig zu haben. Zweitens geben wir ihnen genügend Zeit und Freiraum, das geht nur, wenn man die Anzahl der Kunden pro Berater klein hält. Das widerspricht jeder Effizienz. Damit echte Anlageberatung auch vom Preis her attraktiv bleibt, muss sie sich auf genügend große Transaktionen konzentrieren. Die Beratungskosten sind dann im Vergleich zur Transaktionsgröße unbedeutend. Haben Sie vielleicht zum Schluss ein Beispiel für echte Anlageberatung in der Praxis? Ein Kunde hält in seinem Depot einen japanischen Aktienfonds. Darauf sind 50 % Buchgewinn aufgelaufen. Kunde und Berater haben schon ein paarmal darüber gesprochen, dass die Aussichten für japanische Aktien zwar weiterhin gut sind, aber nicht mehr so gut wie vor 18 Monaten. Sollte man den Gewinn sicherstellen? Wenig später wird der Yen schwächer - der Preis des Aktienfonds in EUR ausgedrückt fällt. Der Anlageberater sieht die Entwicklung und ruft den Kunden an. Dieser gibt eine Verkaufsorder, der Erlös fließt auf sein EUR Konto. Der Kunde wendet sich wieder seinem eigenen Geschäft zu, aber der Berater hat noch immer sein Portfolio im Kopf und überlegt, wie man die Liquidität wieder anlegen könnte. Die Kollegen der Vermögensverwaltung haben ein interessantes Zertifikat auf den Eurostoxx auflegen lassen, er schaut es sich genau an und findet, dass es seinen Kunden interessieren könnte. Übrigens liegt die Valuta des Emissionstermins knapp vor dem Euro/Yen-Settlement, aber die Refinanzierung mit 1,3 % p.a. für einen Tag würde nicht ins Gewicht fallen. Am nächsten Tag hat der Berater den Kunden wieder angerufen. Der Kunde hat entschieden, die Hälfte der Liquidität an eine andere Bank zu überweisen. Der Zahlungsauftrag wurde entgegengenommen und noch am gleichen Tag ausgeführt. Für den Kauf des Zertifikates setzt der Kunde die verbleibende Liquidität ein. Herr Harry Rosenbaum ist Vorstandsvorsitzender der NORD/LB Vermögensmanagement Luxembourg S.A. Luxembourg, den 18. Mai 2015