30 PLANEN | MINERGIE-ECO Gesund und ökologisch bauen Autor | Severin Lenel, St. Gallen Fotos, Grafiken, Illustrationen | Aus: Heinrich Gugerli, Severin Lenel, Barbara Sintzel: «Gesund und ökologisch bauen mit Minergie-Eco», Zürich: Faktor Verlag, 2015 «Selbstverständliche Qualitäten» nennen es die Autoren und meinen damit, dass ein Haus auch gesund und ökologisch sein sollte. Tatsächlich herrscht bei Nutzenden von Wohnungen und Arbeitsräumen weitgehende Akzeptanz bei diesen Themen. Doch in der Umsetzung hapert es, teilweise fehlt es auch an Wissen und Erfahrung. Dazu leistet dieses Fachbuch einen praxis­ tauglichen Beitrag für Bauherrschaften, Planerinnen und Planer sowie Bauleiter und Bauleiterinnen zur Aus- und Weiterbildung. Das im Sommer 2015 erschienene Buch richtet sich an alle Planenden, welche gesundheit­ liche und ökologische Aspekte in ihrer Praxis berücksichtigen wollen. Gesundes Bauen Der überwiegende Teil der Schweizer Bevölkerung hält sich die meiste Zeit des Lebens in Innenräumen auf. Deshalb haben die gesundheitlichen Eigenschaften der Gebäude einen grossen Einfluss auf die Menschen. Bei einem schlechten Innenraumklima fühlen wir uns unwohl, ohne Energie oder gar krank; man spricht in diesem Zusammenhang vom «Sick Building Syndrome». Ein gesundes Innenraumklima hingegen fördert die Gesundheit und führt zu einem hohen Leistungsvermögen. Umso erstaunlicher ist es, dass diesen Aspekten bei der Planung und dem Bau von Gebäuden noch immer kein genügend grosses Gewicht beigemessen wird. Bei den allermeisten Bauten wird dieses Thema völlig ausgeblendet oder nur ungenügend bzw. zu spät berücksichtigt. Gerade die Gesundheit ist ein anspruchsvolles Gebiet, das einiges an Fachwissen zur Vermeidung von Risiken erfordert. Nur mit einer lückenlosen, präzisen Umsetzung von der Planung über die Ausschreibung 1 Weichenbauhalle Von Roll-Areal, Bern. Die 1914 erbaute Halle diente während mehrerer Jahrzehnte der Herstellung von Weichen für Bahngleise. Als Herzstück des neuen Erziehungswissenschaftlichen Zentrums von Universität und PH Bern wurde sie zu einem Gebäude mit 7 Hörsälen und insgesamt 1500 Plätzen umgebaut. Im Inventar der Denkmalpflege ist das Gebäude als erhaltenswert eingestuft, sodass der Umbau unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten erfolgte. Das Konzept folgt dem Raumprinzip vom Haus im Haus mit einem Zwischenraum mit weniger hohen klimatischen Anforderungen zwischen alter Halle und Hörsälen. PLANEN 2 31 3 Gebäudekonzept, Konstruktionen, Systeme, Materialien, Nutzungsdauer Schimmelpilze, Milben, Legionellen Biologische Faktoren Lichteinfall, Ausblick Chemische Faktoren Tageslicht Raumwärme, Warmwasser, Lüftung, Beleuchtung, BetriebsElektrizität energie Formaldehyd, Lösemittel, Biozide Überbaute Fläche, Bodenschutz Luftwechsel, FeuchtigKlimatische keit, Faktoren Sonnenschutz Aussenlärm, Raumakustik, Trittschall Gesundes Innenraumklima Fasern, Stäube Strahlung Gebäudekonzept Bauökologie Boden Stoffe Ökologisches Gebäudekonzept Feinstaub, Asbest Begrünung, naturnahe Umgebungsgestaltung, Artenvielfalt Lärm Graue Energie für Erstellung Emissionen Natur Wasserhaushalt Radon, Elektrosmog Flexibilität, Steigzonen, Zugänglichkeit, Systemtrennung, Witterungsbeständigkeit, Reserve Nachhaltige Beschaffung, Recyclingbaustoffe, Entsorgung Relevante Bestandteile in Boden, Wasser, Luft: Schwermetalle, Biozide, VOC-Emissionen Trinkwasser, Grauwasser, Regenwasser, Versickerung 2 Das gesunde Bauen berücksichtigt die unterschiedlichen Einflussfaktoren in der Planung und Realisierung. 3 Übersicht der bauökologischen Aspekte. Bauökologie ist eng verknüpft mit dem ökologischen Gebäudekonzept, bei dem die Weichen in einer frühen Planungsphase gestellt werden. bis zur Baustelle können die gesundheitlichen Eigenschaften Es sind die folgenden Aufgaben, die es im Planungsablauf zu eines Gebäudes gesteuert werden. Zusammengefasst gilt es, beachten gilt: sich die folgenden Zusammenhänge vor Augen zu halten: Strategische Planung Der Mehrwert des gesunden und ökologischen Bauens • Nachhaltigkeitsziele festlegen • Gesamtsicht auf das Projekt • Gute Wohn- und Arbeitsplatzqualität Vorstudien • Hohe Wertbeständigkeit • Festlegung der Anforderungen im konkreten Projekt, Doku- • Ressourcen- und Umweltschonung 1 mentation im Projektpflichtenheft • Berücksichtigung des Gebäudelebenszyklus • Aufgaben und Zuständigkeiten im Projektteam klären • Erhöhte Qualität am Bau • Graue Energie berechnen • Neutrale und transparente Bewertung • Tageslicht berechnen • Erfassung der Projekteigenschaften im Nachweisinstrument Minergie-Eco 4 Bauprojekt • Graue Energie und Tageslicht optimieren • Schallschutznachweis erstellen • Nachweise Innenraumklima erstellen (Lüftungsanlagen, Legionellen, Radon, nicht ionisierende Strahlung) • Nachweise Gebäudekonzept erstellen (Nutzungsflexibilität, Zugänglichkeit Haustechnik, Witterungsbeständigkeit, effizienter Einsatz von Trinkwasser, Vogelschutz, Erweiterungsmöglichkeiten) • Festlegung der Bauteile aus Recycling-Beton • Projektstand im Nachweisinstrument nachführen, Antrag einreichen 4 SRG SSR Idée Suisse, Bern. Das bestehende Hochhaus und der Längsbau wurden mit einem Zwischenbau ergänzt und damit zu einer gemeinsamen Adresse vereint. Das mit bepflanzten Innenhöfen durchsetzte, eingeschossige Empfangs- und Forumsgebäude erstreckt sich bis an die geschwungene Aussenmauer an der Autobahn und löst den Öffentlichkeitsanspruch des Unternehmens nun auch räumlich ein. Der Bestand wurde bis auf den Rohbau rückgebaut und umfassend neu gestaltet. Als übergeordnetes Prinzip wurde ein prägnantes Fassadenbild angestrebt, das die Gebäude optisch zusammenbindet und den Turm aus der Ferne in einer eleganten Leichtigkeit erscheinen lässt. Ausschreibung • In Vorbedingungen Anforderungen Ökologie und Gesundheit aufführen (insbesondere Ausschlusskriterien Minergie-Eco) • Leistungsbeschriebe auf Konformität mit den Anforderungen überprüfen Realisierung • Produkte mit beauftragtem Unternehmer festlegen 32 PLANEN | MINERGIE-ECO 5 Das Bundesamt für Energie liess von 2011 bis 2012 den Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) entwickeln. Der SNBS orientiert sich an der bundesrätlichen Strategie zur nachhaltigen Entwicklung der Schweiz und berücksichtigt dazu bewährte, aber auch neue und innovative Instrumente. Er ermöglicht eine Beurteilung von Neu- und Bestandesbauten. Der SNBS wird durch das breit in Wirtschaft und öffentlicher Hand abgestützte Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz (NNBS) getragen. Da es sich um einen Standard handelt, gibt es noch keine Zertifizierungsorganisation, und es werden keine Zertifikate ausgestellt. Momentan wird der SNBS zu einem 5 Die Kriterien gemäss Empfehlung SIA 112/1 Nachhaltiges Bauen – Hochbau Minergie (gelb umrahmt) und Eco (rot umrahmt), also das gesunde und ökologische Bauen, decken einen wesentlichen Teil davon ab. •Handwerker instruieren und auf Verbote und zu wählende Produkte aufmerksam machen Label weiterentwickelt. Entstehungsgeschichte von Minergie-Eco Der Verein «eco-bau», eine Plattform öffentlicher Bauherrschaften von Bund, Kantonen und Städten zur Förderung des nachhaltigen Bauens, entwickelte 2005 mit dem Gebäudelabel «eco-bau» • Umsetzung mittels Baustellenbesuchen kontrollieren einen Bezugsrahmen, der die konsequente Anwendung der • Produkte- und Sicherheitsdatenblätter einfordern eco-bau-Werkzeuge bezweckte. Im gleichen Jahr wurde mit • Lieferscheine sammeln und Mengen kontrollieren Minergie eine Kooperation vereinbart und 2006 das gemeinsam • Einregulierung und Kontrollmessungen organisieren entwickelte Minergie-Eco lanciert. 2011 wurde eine neue Version • Raumluftmessungen durchführen lassen eingeführt, welche auch für Modernisierungen anwendbar ist, • Antrag für definitive Zertifizierung einreichen eine Berechnung der Grauen Energie beinhaltet und einen im Umfang reduzierten Vorgabekatalog umfasst. Die wichtigen Entscheidungen, die über die gesundheitliche Qualität des Gebäudes bestimmen, werden bereits in einer Die Kriterien von Minergie-Eco frühen Phase der Planung gefällt. Beispielsweise sind der Unter dem gemeinsamen Dach von Minergie-Eco stehen Miner- Lärmschutz, die Tageslichtsituation, die thermische Behaglich- gie für die Themenbereiche Komfort und Energieeffizienz und keit und der systematische Luftaustausch mit konzeptionellen Eco für Gesundheit und Bauökologie (Bild 5). Fragen eng verknüpft und müssen von Planungsbeginn an Eines der erklärten Ziele bei der Entwicklung von Minergie-Eco berücksichtigt werden. war, möglichst viele bewährte und akzeptierte Methoden einzubinden. Mit Ausnahme des Bewertungsverfahrens wurden des- Ökologisches Bauen Das Bauwesen ist von grosser Bedeutung für den Ressourcenverbrauch, aber auch den Schadstoffausstoss in der Schweiz. Die Herstellung und der Einsatz von Materialien sowie die Prozesse auf der Baustelle sind immer mit mehr oder weniger Um6 weltbelastungen verbunden. Im Vergleich zum Energiebereich sind der Ressourceneinsatz und die Umwelteinwirkungen beim Bauen wesentlich weniger reguliert. Die Bauökologie thematisiert den effizienten Ressourceneinsatz sowie möglichst geringe Umweltauswirkungen für die Erstellung und Entsorgung von Gebäuden und der dazu notwendigen Baumaterialien und Systeme. Gebäudelabels und Standards mit Bedeutung im Schweizer Markt Weltweit gibt es eine Vielzahl von Gebäudelabels; in der Schweiz haben aber nur wenige eine Bedeutung im Markt. Unterscheiden lassen sich die Labels hinsichtlich ihrer Ausrichtung: während Minergie, als bedeutendster Vertreter der Schweizer Gebäudelabels, sich – gemeinsam mit DGNB Swiss und dem Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz – vornehmlich am heimischen Markt ausrichtet, gibt es zwei Labels, welche sich stark auf den internationalen Markt ausrichten: LEED und DGNB. 6 Die Kriterien von Minergie-Eco: Links die bestehenden Kriterien von Minergie (-P/-A), rechts die mit dem Teil Eco hinzugekommenen Kriterien. PLANEN 7 33 4 9 8 7 Foyer Zug. Auf einem ehemaligen Industrieareal wurde an zentraler Lage in Zug der Gebäudekomplex Foyer durch das Real Estate Asset Management der Credit Suisse erstellt. Der Neubau dient der Mieterin, der Pharmafirma Cilag International, als Hauptsitz. Das Foyer wurde nicht nur nach Minergie-Eco, sondern sowohl Grundausbau wie auch Innenausbau jeweils nach LEED Platinum zertifiziert. Die Wärmeerzeugung erfolgt mittels Grundwasserwärme­ pumpe. 8 Mehrfamilienhaus Kirchrainweg, Kriens: Innenansicht Treppenhaus. Foto: Aura Fotoagentur 9 Mehrfamilienhaus Kirchrainweg, Kriens: Siedlung Bommert Widnau. In der zentral gelegenen Siedlung Bommert in Widnau ist der Name Programm. Die sechs Minergie-P-Eco-Wohnhäuser mit ihren grosszügigen 2,5-, 3,5- und 4,5-Zimmer- Mietwohnungen sind nach den damals gepflanzten Hochstamm-Obstbaumsorten benannt. Die dreistöckigen Häuser verfügen je über zwei Attika-Wohnungen mit Alpsteinblick. Zudem ist jede Wohnung mit einem gedeckten Aussenraum ausgestattet. Dank Parkmöglichkeiten im Untergeschoss ist die Verkehrsfläche zwischen den Wohnhäusern autofrei und es bleibt genügend Raum, um den Obstgarten wieder aufleben zu lassen. Dem nachhaltigen Konzept wird auch in der Materialwahl Rechnung getragen: das Natürliche hat Vorzug vor dem Imitat. Die Grundrisse mit hochwertigem Ausbau­standard und Komfortlüftung sind funktionell. halb keine neuen Methoden entwickelt. Mittels einer eigens deshalb zu zwei Zeitpunkten abgefragt. In der Phase Vorstu- entwickelten Bewertungsmethodik werden die Ergebnisse aus dien / Projektierung werden schwergewichtig die konzeptio- den Kriterien zusammengezogen und gewichtet. Dabei wird nellen Eigenschaften des Gebäudes bewertet, während die besonders darauf geachtet, dass ein nach Minergie-Eco Konstruktions- und Materialwahl in der Phase Ausschreibung / zertifiziertes Gebäude in keinem der Kriterien ungenügende Realisierung im Vordergrund steht. Eigenschaften aufweist. Trotzdem sollte ein gewisser Ausgleich zwischen den Kriterien innerhalb eines Bereichs möglich sein. Analog zu Minergie richten sich die zertifizierbaren Gebäudekategorien nach der SIA-Norm 380/1. Bei Minergie-Eco können Das Verfahren basiert auf einem Vorgabenkatalog, einer die Kategorien I bis IV zertifiziert werden, also Einfamilienhäuser, Checkliste für die Umsetzung, einer Berechnung des Tages- Mehrfamilienhäuser, Verwaltungsgebäude und Schulgebäude – licht-Erfüllungsgrads und einer Berechnung der Grauen Ener- sowohl Neubauten wie auch Modernisierungen. Die Anpassung gie. Bei den sogenannten Ausschlusskriterien wird eine lücken- des Systems auf weitere Gebäudekategorien ist geplant. Auf lose Einhaltung gefordert, um das Zertifikat erlangen zu können. Anfrage geben die Zertifizierungsstellen Auskunft über die Zerti- Für die Erfüllung der übrigen Anforderungen werden Punkte fizierbarkeit abweichender Nutzungen. vergeben. Als Mindesterfüllungsgrad wird eine minimale Anzahl Der ganze Zertifizierungsprozess lehnt sich stark an denje- von Punkten bezeichnet; dieser beträgt in jedem Kriterium nigen von Minergie an. Für den Antragstellenden ändert sich 50 Prozent der maximal erreichbaren Punktezahl, welche sich deshalb – abgesehen von der zusätzlichen Einreichung des aus der Anzahl der beim konkreten Projekt anwendbaren Vor- ECO-Dossiers – kaum etwas; für ihn bleibt der erste Ansprech- gaben ergibt. Der Zusammenzug der Teilergebnisse erfolgt mit partner die kantonale Minergie-Zertifizierungsstelle. einem Ampelsystem. Damit die Labelanforderungen verlässlich eingehalten werden, Das Bewertungssystem muss dem zunehmenden Detaillie- ist es unumgänglich, konsequente Qualitätskontrollen durchzu- rungsgrad im Projektverlauf folgen können. Dabei ist zu beach- führen. Bei Minergie-Eco bestehen diese aus der Hilfeleistung ten, dass die ökologischen Beeinflussungsmöglichkeiten in den in der Antragserstellung, der Vollständigkeitsprüfung und einer frühen Phasen der Planung viel grösser als in späten Phasen technischen Prüfung der Antragsunterlagen, stichprobenweisen sind. In Minergie-Eco werden die Eigenschaften des Gebäudes Baustellenkontrollen sowie Raumluftmessungen. 34 PLANEN | MINERGIE-ECO 10 sche Energie im Hochbau» entnommen. In der Berechnung sind nur Hauptnutzräume, d.h. Räume, in denen sich Menschen üblicherweise für eine längere Zeit aufhalten, zu erfassen. Auf der Minergie-Website steht ein entsprechendes Tool kostenlos zur Verfügung; mittels diverser anderer Software kann ebenfalls ein Nachweis erbracht werden. Schallschutz In der Schweiz sind 1,3 Mio. Menschen übermässigem Lärm ausgesetzt. Die wichtigste Quelle ist der Strassenverkehr, danach folgen Eisenbahn- und Flugverkehr. Übermässiger Lärm ist gesundheitsgefährdend, mindert die Standortqualität der betroffenen Gebiete und verursacht hohe volkswirtschaftliche Kosten. Besonders trifft dies auf Städte und Agglomerationen zu, wo rund 90 Prozent der vom Lärm betroffenen Personen leben. Gesetzliche Grundlage für den Lärmschutz bilden das Bundes- 10 Das Konservatorium für Musik und die Hochschule für Management in Neuenburg: Innenansicht der Erschliessungszone. gesetz über den Umweltschutz (USG) und die Lärmschutzverordnung (LSV). Die Belastungsgrenzwerte nach LSV beziehen sich auf den von aussen auf das Gebäude einwirkenden Lärm, der Tageslicht Schallschutz der Gebäudehülle wird also nicht berücksichtigt. Die Das Tageslicht ist die ursprünglichste Lichtform, die wir kennen. in der LSV festgelegten Empfindlichkeitsstufen werden im Zonen- Der Mensch hat sich über Jahrtausende an das Tageslicht und plan dem jeweiligen Grundstück zugeordnet. Daraus leiten sich damit an die Lichtverhältnisse im Freien angepasst. Für die die Belastungsgrenzwerte je nach Situation ab. Wahrnehmung sind die räumlichen oder auch architektonischen Tageslichtverhältnisse relevant. Bezüglich dem Schallschutz der Gebäudehülle und der inneren Bauteile verweist die LSV auf die Anforderungen der SIA- Die stetige Veränderung des Tageslichts ist für die Gesundheit Norm 181. Diese legt zwei verschiedene Anforderungsniveaus des Menschen wichtig, da sich sowohl Körper wie Psyche über fest, zwischen denen die Bauherrschaft im Grundsatz frei wäh- Jahrtausende daran angepasst haben. Unter dem Aspekt der Ge- len kann (für Neubauten im Wohneigentum gelten automatisch sundheit der Gebäudebenutzenden ist die Nutzung von Tages- die erhöhten Anforderungen). Die Mindestanforderungen be- licht wichtig, da damit die davon abhängigen Gesundheitsfak- zwecken den Schutz der Gebäudebenutzenden vor erheblichen toren wie Erholungsfähigkeit, Leistungsfähigkeit und allgemeines Störungen, während sich mit den erhöhten Anforderungen ein Wohlbefinden erhalten oder sogar verbessert werden können. grosser Teil der Gebäudebenutzenden behaglich fühlen soll. Die auf den relevanten Flächen auftreffenden Tageslicht- Da die Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen mengen (Himmelslicht und Sonnenlicht) werden mit der an den Schallschutz mangels konsequentem Vollzug nicht Beleuchtungsstärke (Einheit Lux) angegeben. Die maximale generell vorausgesetzt werden kann, ist der gesetzlich vorge- Lichtmenge in der Schweiz liegt bei etwa 120 000 Lux, an einem schriebene Schallschutznachweis auch Teil der Minergie- regnerischen Tag sind es etwa 10 000 Lux. In Gebäuden ist die Eco-Zertifizierung. Die Anforderungen der SIA-Norm 181 Menge an Tageslicht drastisch kleiner, sogar an einem hellen werden dabei weitestgehend übernommen; eine Abweichung Fensterarbeitsplatz beträgt sie durchschnittlich nur etwa 2500 besteht lediglich bei Modernisierungen. Bei Minergie-Eco Lux. Die in der aktuellen Norm für die Beleuchtung von Arbeits- bestehen im Bereich Schallschutz keine Ausschlusskriterien. stätten (EN SN-12464) vorgegebene minimale Lichtmenge für Büroarbeiten beträgt sogar lediglich 500 Lux, da höhere Werte Innenraumklima zu einem Konflikt mit der Energieeffizienz führen würden. Weil Der Mensch belastet die Raumluft mit verbrauchter Atemluft sich der Körper des Menschen über Jahrtausende an die im und seinen Ausdünstungen. Bei ungenügender Frischluftzufuhr Freien vorherrschenden Lichtmengen gewöhnt hat, führt die können sich CO2 und flüchtige organische Verbindungen (VOC) wesentlich geringere Lichtmenge in Innenräumen zu Mangel­ akkumulieren. Mittels eines systematischen Luftwechsels erscheinungen und verminderter Gesundheit. (Lüftungsanlage, konsequente Fensterlüftung) können diese Das Kriterium Tageslicht besitzt bei Minergie-Eco kein eigent- Stoffwechselprodukte sowie Schadstoffe aus Baumaterialien liches Ausschlusskriterium, jedoch kann ein Projekt, das die Min- abgeführt und so die Raumluftqualität massgeblich positiv be- destanforderung des Tageslicht-Erfüllungsgrads von 50 Prozent einflusst werden. nicht erreicht, nicht zertifiziert werden. Tageslicht-Erfüllungsgrade Biozide sind Wirkstoffe, die dazu dienen, auf chemischem von 50 Prozent bis 70 Prozent werden als genügend (gelb), solche oder biologischem Weg Schadorganismen unschädlich zu ma- von 70 Prozent bis 100 Prozent als gut (grün) bewertet. chen. Wenn sie in Gewässer oder den Boden gelangen, können Das Verfahren für die Berechnung des Tageslicht-Erfüllungs- sie die dort lebenden Organismen schädigen. Im Extremfall grads von Minergie-Eco wurde der SIA-Norm 380/4 «Elektri- können Biozide auch beim Menschen gesundheitliche Beein- Rely on the original Solar line Steckverbinder für erneuerbare Energie Die Evolution der MC4-Steckverbinder-Familie Multi-Contact, der weltweit führende Hersteller zuverlässiger Steckverbinderlösungen zur Verkabelung von PV-Anlagen. Die einzigartige MC Kontaktlamellentechnik MULTILAM sorgt für ein langes Produktleben, hohe Energieeffizienz, zuverlässige Qualität und enorme Leistungsfähigkeit. Das MC4 Steckverbindersystem hat sich weltweit erfolgreich bewährt, nicht zuletzt bei der Installation: Anwenderfreundlich, einfach zu montieren und verriegelbar. Der MC4-EVO 2 ist der jüngste Neuzugang im PV-Steckverbinder-Angebot von Multi-Contact. Der MC4-EVO 2 hat eine weltweite Zertifizierungsakzeptanz und ist auch in der JET-Komponenten-Datenbank registriert. ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ International zertifiziert gemäß IEC, UL, JET und cTÜVus Zugelassen für 1500 V DC (IEC, JET) 1000 V DC (UL) uneingeschränkten Zugang Die MULTILAM Technologie hat sich im PV Bereich seit 2002 viele Millionen Mal bewährt Verfügbar als Feldmontage oder vormontierter Steckverbinder, MC4-Werkzeug kann verwendet werden Geeignet für alle klimatischen Bedingungen dank UV-, Ammoniakbeständigkeit sowie hoher Schutzklasse (IP68) 36 PLANEN | MINERGIE-ECO trächtigungen verursachen. Biozide werden heute in vielen Be- Lüftungsanlage kann das Eindringen von Radon begünstigen, reichen eingesetzt. etwa durch einen ungenügenden Abgleich der Luftmengen von Formaldehyd ist ein bei Zimmertemperatur farbloses Gas Zu- und Abluft (Unterdruck), eine ungünstige Platzierung des und wird dank seiner Reaktivität vor allem als Biozid zur Abtö- Aussenluftdurchtritts in Bodennähe oder undichte Erdregister. tung von Keimen und als Bestandteil von Kunstharzen einge- Elektromagnetische Strahlung kommt in der natürlichen setzt. Formaldehyd kommt auch in der Natur vor, zum Beispiel und technischen Umwelt in verschiedenen Formen vor. Sicht- als Zwischenprodukt des Stoffwechsels oder als Bestandteil bares Licht, Ultraviolett-, Röntgen- und Wärmestrahlung gehö- von Holz. Es bewirkt bei erhöhten Raumluftkonzentrationen eine ren ebenso zum elektromagnetischen Spektrum wie Radio- und Reizung der Augen und Atemwege und ist auch als «krebserre- Mikrowellen oder die elektrischen und magnetischen Felder der gend für den Menschen» eingestuft. Diese Wirkung tritt aller- Stromversorgung. Durch die Nutzung der Elektrizität werden dings erst bei sehr hohen Konzentrationen auf. elektromagnetische Felder, die nicht ionisierende Strahlung Lösemittel (flüchtige organische Verbindungen VOC) sind in (NIS), erzeugt, die unterschiedlich auf Menschen wirken kön- vielen Baustoffen und Bauchemikalien enthalten. Sie dienen zur nen. Biologische Wirkungen können auch bei Intensitäten weit Verarbeitbarkeit der Produkte und machen sie gleichzeitig unterhalb der international empfohlenen Grenzwerte auftreten. länger lagerfähig. In der Raumluft können sie gesundheitliche Die gesundheitliche Bedeutung im Alltag bezüglich der Wir- Probleme verursachen. kungen ist nach wie vor Gegenstand von zahlreichen wissen- In der Raumluft kann neben chemischen Schadstoffen eine schaftlichen Studien und Diskussionen. Reihe von biologischen Verunreinigungen vorhanden sein. Nach dem heutigen Kenntnisstand dürften diese insgesamt ein min- Gebäudekonzept destens gleich grosses gesundheitliches Risiko darstellen wie Nachhaltiges Bauen bedingt eine Gesamtbetrachtung des chemische Schadstoffe. Besonders relevant sind dabei Aller- Gebäudes und seines Umfelds als System. Dabei sind Aspekte gene von Hausstaubmilben, Haustieren (Katze, Hund etc.) und wie Funktionalität, Ästhetik, Wirtschaftlichkeit oder Energie- Schimmelpilzen. Aber auch nicht als Allergene wirkende biolo- und Ressourceneffizienz zu beachten. Sie lassen sich nicht iso- gische Bestandteile wie Schimmelsporen, Bakterien sowie deren liert betrachten, sondern beeinflussen sich gegenseitig und sind Bestandteile (z.B. Zellwände) und Stoffwechselprodukte kön- deshalb sorgfältig untereinander abzuwägen. Dies erfolgt am nen relevant sein. besten in der Diskussion eines Teams von gleichberechtigten Radon ist ein farb- und geruchsloses Gas, das aus dem Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen. Untergrund aufsteigt. Es entsteht durch den natürlichen Zerfall Die Reduktion des Flächenbedarfs ist eine der wichtigsten von Uran. Beim Einatmen gerät Radon in die Lunge und be- Massnahmen des ökologischen Bauens. Alles, was nicht gebaut strahlt diese. In der Schweiz ist Radon für etwa 60 Prozent der wird, verursacht keine Umweltbelastung und keine Investitions- Strahlenbelastung der Bevölkerung verantwortlich und stellt oder Unterhaltskosten. In der strategischen Planung lassen sich nach dem Rauchen die wichtigste Ursache für Lungenkrebs dar. deshalb erhebliche Einsparungen durch organisatorische Massnah- In der Schweiz sind jährlich etwa 200 bis 300 Todesfälle auf men, Nutzungsüberlagerungen oder Ablaufoptimierungen erzielen. Radon zurückzuführen. Ins Hausinnere gelangt Radon durch Kompakte Gebäude brauchen weniger graue Energie, Kellerböden aus Erde oder Kies, Risse oder Fugen in Böden weniger Betriebsenergie, weisen einen tieferen Aufwand für und Wänden sowie Leitungsdurchführungen. Aber auch die Gebäudeunterhalt sowie Erneuerung auf und verursachen geringere Investitionskosten. Kompaktheit hat allerdings auch Grenzen, da sich bei sehr kompakten Gebäuden zum Beispiel 11 Bundesamt für Statistik in Neuenburg (bauart Architekten, Foto: Ruedi Walti) der Tageslichtanteil verringert. Deshalb ist ein Optimum zwischen Kompaktheit, Tageslichteinfall, Wärmeverlusten und -gewinnen 11 sowie dem Ressourceneinsatz zu finden. Auch ein klug gewähltes Tragwerk trägt erheblich zur ökologischen Bauweise bei. Tragstrukturen, die Veränderungen der Nutzungen zulassen, sind eine wichtige Voraussetzung für eine lange Lebensdauer des Gebäudes. Vor allem benötigen Systeme mit direkter Kraftabtragung weniger Material und damit auch weniger graue Energie. Die Spannweiten spielen dabei ebenfalls eine wesentliche Rolle. Meist führen kleinere Spannweiten zu geringerem Ressourcenverbrauch, weisen aber bezüglich Nutzungsflexibilität Nachteile auf. Jedes Baumaterial hat spezifische Eigenschaften. Es gilt, die Materialien so einzusetzen, dass ihre Vorzüge voll zum Tragen kommen. Neben dem Bauen im Untergrund eignet sich Beton vor allem in Bereichen, wo Brand- und Schallschutzanforderungen bestehen. Wo wenig Masse erforderlich ist, bietet sich Holz an. Saubere Luft Frische Luft im Schrank. Kühlung Saubere Luft Frische Luft Kühlung Zehnder Zehnder Clean Air Solutions. 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Gleichzeitig verursachen sie einen grossen Teil der Umweltbelastung in der 12 FHNW Olten. Tageslichtdurchfluteter, dreigeschossiger Innenhof mit Eingangsbereich. Erstellung. So gehören grossflächig verglaste Fassaden oder gar mehrschichtige Glasfassaden zu den aufwendigsten Bau- Jährlich fallen 10 Millionen Tonnen mineralische Bauabfälle teilen bezüglich der grauen Energie. Wichtige Aspekte bei der an, welche zu 80 Prozent wiederverwertet und als Sekundär- Konzeption der Gebäudehülle sind die Witterungsbeständigkeit baustoffe eingesetzt werden. Die aufbereiteten Recyclinggra- der Materialien, die Nutzungsflexibilität im Hinblick auf zukünf- nulate werden nach wie vor zu einem grossen Teil in loser Form tige Änderungen der Raumbedürfnisse z. B. im Bereich der im Tiefbau eingesetzt. Um das steigende Bauabfallvolumen Innenwandanschlüsse und nicht zuletzt auch der Vogelschutz. aufzufangen, muss vor allem die Wiederverwertung von Misch- Die konstruktive Trennung von Bauteilen unterschiedlicher abbruch erheblich gesteigert werden. Dies kann z.B. mittels Nutzungsdauer und unterschiedlicher Materialien sowie ein vermehrten Einsatzes von Recyclingbeton erfolgen. Dessen klares Steigzonenkonzept ergeben wandelbare sowie nut- Gesteinskörnung besteht zu 25 bis 100 Massenprozent aus Re- zungsflexible Bauten. Die Technikräume und die vertikalen zyklat. Als rezyklierte Gesteinskörnung findet Betongranulat aus Leitungsschächte sollen so im Grundriss angeordnet werden, aufbereitetem Betonabbruch und Mischgranulat aus minera- dass kurze Erschliessungswege entstehen. Die Zugänglichkeit, lischen Bauabfällen Verwendung. Austauschbarkeit und Erweiterung der vertikalen und horizonta- Montage- und Füllschäume kommen oft dort zur Anwen- len Installationen soll durch genügend grosse und zugängliche dung, wo unter Zeitdruck gearbeitet wird. Insofern ist eine Bau- Steigzonen ohne bauliche Massnahmen gewährleistet werden. stelle ohne Montage- und Füllschäume auch ein Qualitätsmerk- Jede Konstruktion und jedes Bauteil hat eine endliche mal. Montage- und Füllschäume enthalten deutlich mehr graue Nutzungsdauer und muss repariert, erneuert oder ersetzt werden. Energie als die «konventionellen» Alternativen wie Schaumstoff- Deshalb sollten einzelne Komponenten zugänglich und demontier- schnüre, Seidenzöpfe, Stopfwolle oder Mörtel. Der Einsatz von bar sein. Auch sollte die Trennbarkeit, die Wiederverwendbarkeit Dämmschäumen ist auch aus Sicht der Rückbaufähigkeit von respektive die Wiederverwertbarkeit der Bauteile und Materialien Bauteilen und der Trennbarkeit der Materialien unerwünscht. beachtet werden. Da sich Verbundmaterialien wie zum Beispiel Alu- Schwermetall-Emissionen von Dächern, Fassaden und Ab- minium-Holzwerkstoffplatten für Türen nicht in ihre Einzelkompo- schlussmaterialien können Böden, Gewässer und Sedimente nenten zerlegen lassen, können sie weder korrekt entsorgt noch belasten. Am grössten ist das Belastungspotenzial bei Kupfer, wiederverwertet werden. Sie sollten konsequent vermieden werden. Titanzink, verzinktem Stahlblech und Blei. Das gilt auch für alle Ein effizienter Umgang mit Trinkwasser trägt ebenfalls zur Arten von vorpatinierten Blechen. Deshalb sollte bei grösseren Optimierung der ökologischen Eigenschaften eines Gebäudes Flächen (> 50 m2) das Dach- und Fassadenwasser gesammelt bei. Das Merkblatt SIA 2026 «Effizienter Einsatz von Trinkwasser und über einen Schwermetallfilter abgeleitet werden. Praktisch in Gebäuden» liefert dazu wertvolle Planungsgrundlagen. Mit kein Belastungspotenzial haben Edelstähle (Chromstahl verzinnt, der Checkliste «Effizienter Einsatz von Trinkwasser» von Miner- Chromnickelstahl) und Aluminium. gie-Eco können Massnahmen im Bereich Sanitärapparate, Auslaufarmaturen und Spezialanlagen bewertet werden. Blei gehört zu den Stoffen mit besonders schwerwiegenden gesundheitlichen Auswirkungen (Defekte der Blutbildung, des Nervensystems und der Muskulatur). Der Einsatz von Blei oder Materialien und Bauprozesse bleihaltigen Materialien (zum Beispiel bleihaltige Schalldämm- In der Schweiz belief sich im Jahr 2013 der durchschnittliche Mate- matten) ist darum grundsätzlich zu vermeiden. rialbedarf – von der Rohstoffgewinnung bis zum fertigen Produkt – Wälder haben vielfältige Funktionen, die weit über die auf jährlich 11,2 Tonnen pro Einwohner. 53 Prozent davon sind Bereitstellung des Rohstoffes Holz hinausgehen. Sie kühlen mineralisch, weitere 20 Prozent bestehen aus Biomasse. Der Rest die Atmosphäre, speichern CO2 und produzieren Sauerstoff, verteilt sich auf fossile Energieträger (17 Prozent) sowie Metalle beherbergen zwei Drittel aller an Land lebender Arten, spei- (4 Prozent). Die Bauwirtschaft ist für rund die Hälfte des gesamten chern Wasser, schützen vor Überschwemmungen und Lawinen Materialbedarfs verantwortlich. Damit zählt die Schweiz zu den und bewahren den Boden vor Erosion. Trotzdem sind die Wälder 20 Ländern mit dem grössten Materialumsatz pro Kopf. bedroht durch Übernutzung, illegalen Holzschlag und Um- PLANEN 13 39 schichtungen für Innen in Kategorien von A bis G. Aus Umweltund Gesundheitssicht sollten nur Produkte der Kategorien A bis D verwendet werden. Vor allem in Deutschland ist der Blaue Engel RAL-UZ 12a für schadstoffarme Lacke verbreitet. Die ausgezeichneten Produkte haben einen geringen Lösemittelgehalt und erfüllen strenge Anforderungen in Bezug auf bedenkliche Inhaltsstoffe. Für Anstrichstoffe ist oft die VSLF-Produktdeklaration verfügbar, welche Angaben zu den wichtigsten Bestandteilen von Anstrichstoffen enthält. Mit dem weit verbreiteten Label Emicode EC1 bzw. Emicode EC1-plus werden emissionsarme Verlegewerkstoffe (zum Beispiel Grundierungen, Vorstriche, 13 Mehrfamilienhaus Kirchrainweg, Kriens. Foto: Aura Fotoagentur. Spachtelmassen, Klebstoffe), Dichtstoffe, Dämmstoffe, Dichtungsbänder und wässrige Parkettlacke ausgezeichnet. wandlung in landwirtschaftliche Nutzflächen. Holzlabel wie Graue Energie FSC, PEFC und Herkunftszeichen Schweizer Holz (HSH) geben Zentraler Bestandteil des nachhaltigen Bauens ist die Gesamt- Gegensteuer zu diesen Entwicklungen. Der Einsatz ausser­ betrachtung der Umweltwirkung über den ganzen Lebens­ europäischer Hölzer und Holzwerkstoffe ohne verlässliches zyklus. Zusätzlich zur Betriebsenergie werden dabei der Bedarf Label sollte unbedingt vermieden werden, da das Risiko von an Primärenergie für die Erstellung, den Bauteilersatz und den illegaler und nicht nachhaltiger Holznutzung ausserhalb Euro- Rückbau eines Gebäudes berücksichtigt. Gemäss Merkblatt pas besonders hoch ist. SIA 2032 wird die graue Energie der Bauteile anhand ihrer Bei der Klinkerproduktion gelangen pro Tonne Zement rund Amortisationszeit in Werte pro Jahr umgerechnet. Damit ist der 680 Kilogramm CO2 in die Atmosphäre. Durch Verwendung von Energiebedarf für die Erstellung direkt vergleichbar mit dem Zementarten mit tiefem Klinkeranteil können diese Emissionen Energiebedarf für den Betrieb und die Mobilität. stark reduziert werden. Für normal beanspruchte Betone kön- Die Bauteile der Gebäudehülle (Aussenwand, Dach, Fenster) nen die Zementarten CEM III/B (Hochofen-Zement mit Klinker­ enthalten pro Bauteilfläche (BTF) am meisten graue Energie. De- anteil von 20 Prozent bis 34 Prozent), CEM III/A (Hochofen- ren Anteil an der grauen Energie des gesamten Gebäudes ist je- Zement mit Klinkeranteil von 35 Prozent bis 64 Prozent) oder doch bei grösseren, kompakten Bauten im Vergleich zu jenem der CEM II/B (Portlandkomposit-Zement mit Klinkeranteil von Innenbauteile (Innenwände, Decken) kleiner, obwohl Innenbau- 65 Prozent bis 79 Prozent) eingesetzt werden. teile eine geringere graue Energie pro BTF aufweisen. Bei kleine- Bituminöse Dichtungsbahnen werden mit Herbiziden gegen Durchwurzelung geschützt. Sie werden ausgeschwemmt und ren Bauten (beispielsweise Einfamilienhäuser) hat hingegen die Fassade einen grossen Einfluss auf die gesamte graue Energie. belasten das Meteorwasser. Ein Durchwurzelungsschutz ist Das Einsparpotenzial von grauer Energie ist von der pro- aber nur auf begrünten Flachdächern nötig. Alternativ zu biozid jektspezifischen Situation abhängig. Aus den Erfahrungen von ausgerüsteten bituminösen Dichtungsbahnen können Kunst- gebauten Mehrfamilienhäusern zeigt sich jedoch, dass die stoffbahnen aus Polyolefinen (TPO, FPO), welche ohne Biozide graue Energie bei vergleichbarem Standard zwischen. 30 und durchwurzelungsfest sind, eingesetzt werden. 45 kWh/m2 beträgt. Daraus resultiert ein Einsparpotenzial von Natürlich gewachsener Boden ist eine unersetzbare Res- über 10 kWh/m2 oder 20 Prozent. source. Er bildet unsere Lebensgrundlage und ist Lebensraum Minergie-Eco hat für die graue Energie objektspezifisch be- für eine Fülle von Organismen. Weil der Boden vor allem bei rechnete Grenzwerte festgelegt. Diese basieren auf den Richt- Nässe sehr empfindlich ist, muss er bei Erdarbeiten geschützt werten des SIA-Effizienzpfads, berücksichtigen jedoch zusätz- werden. Dazu muss ein Konzept ausgearbeitet und die Umset- lich die unbeheizten Gebäudeflächen, den Einsatz von Erdsonden zung in der Bauphase überwacht werden. und von Solaranlagen. Für den Nachweis können diverse Soft- Halogene in Installationsmaterialien (Drähte, Kabel, Installati- wareprodukte eingesetzt werden; Voraussetzung ist eine erfolg- onsrohre, Kabelkanäle, Rohrdämmmaterialien und Ummante- reiche Prüfung auf Konformität mit dem SIA Merkblatt 2032. ■ lungen) dienen dazu, die Entflammbarkeit in Kunststoffen zu reduzieren. In PVC ist das Halogen im Kunststoff selbst enthalten; bei Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyurethan (PUR) oder Gummi werden halogenhaltige Flammschutzmittel beigemischt. Diese besitzen ungünstige ökologische Eigenschaften und erschweren das Recycling oder die Verbrennung des Materials. Produktelabels und Deklarationen Ähnlich wie die Energieetikette klassiert die Umweltetikette der Stiftung Farbe Wandfarben sowie Lacke, Holz- und Boden- Das Buch Heinrich Gugerli, Severin Lenel, Barbara Sintzel: «Gesund und ökologisch bauen mit Minergie-Eco». Zürich: Faktor Verlag, 2015; ISBN: 978-3-905711-36-3 Download unter http://www.energieschweiz.ch/de-ch/ bildung/publikationen-neuerscheinungen.aspx