Schwangerschaft und Sucht

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Schwangerschaft und Sucht
Christine Steiner und Thomas Lüddeckens
Baden, 23. März 2017
Schwangerschaft und Sucht
Eine Herausforderung an die interdisziplinäre Zusammenarbeit
Klinik im Hasel | 23. März 2017
Schwangerschaft und Sucht | Ärzte- und Apothekertreffen | Baden
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Fragen zum Einstieg
 Weshalb befinden sich nur wenige
suchtmittelabhängige Schwangere in
ambulanter Behandlung?
 Was können wir verändern, um den
werdenden Müttern den Gang ins
Helfersystem zu erleichtern?
 Welche Herausforderung stellt dies an die
interdisziplinäre Zusammenarbeit?
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ungeborenes
Kind
Sucht
Sozialarbeiter
Helfernetz
Ärzte
Apotheker
Schwangerschaft
Psychotherapeuten
Hebammen
Familie
Freunde
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Sucht
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Die zur Problemlösung notwendigen
Kompetenzen sind bereits vorhanden!
Scham- und Schuldgefühle sowie Ängste überwinden können
Akzeptanz der eigenen Unvollkommenheit und Grenzen
Bewusstsein über eigene Wertigkeit
Veränderungszuversicht und –vorstellungen
Einlassen auf neue Beziehungen leisten einen
Vertrauensvorschuss
Nehmen auch Beschämung in Kauf für ein höheres Ziel
….
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Niemand ist im Besitz der
alleinigen Wahrheit
•
Alles ist Bedeutungsgebung
•
Gute Gründe
•
Es gibt keinen Widerstand
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«Wenn Das die Lösung ist,
will ich mein Problem zurück!»
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Schwangerschaft
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Ausnahmezustand
Schwangerschaft:
Vorbei ist es mit der
Regulation!
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„Ein Kind zu erwarten und Mutter zu werden, ist
ein guter Anlass, sein Leben zu ändern“
Mögliche Interventionen:
•
Innere Beziehung zum Kind stärken
•
Zugang zu Bildern eines eigenen kleinen
Familienglücks stärken
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Jede werdende Mutter
will nur das Beste
für ihr Kind!
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Wie kann eine Kooperation gelingen?
• Vorurteilsfreie Haltung
• Kampagne im Sinne:
‚Helft uns, als Familie komplett zu bleiben!’
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Kind
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Mutter und Kind als Auftraggeber in der
Behandlung
Helft meiner
Mama!
Ich will bei Mama
bleiben!
Schaut, dass ich
keine
Folgeschäden
davontrage.
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Mama,
denk an mich!
Helfernetz
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Fokussierung der Aufmerksamkeit erzeugt
Erleben
Auch unsere inneren Bilder wirken und beeinflussen
unser Handeln
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Die optimal mögliche Behandlung liegt in
der Schnittmenge der jeweils Beteiligten
Behandler
schwangere
Frau
Suchtmittel
ungeborenes Kind
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Für die interdisziplinäre
Zusammenarbeit heisst das….
• Komplexität erfordert Kreativität und manchmal auch
unkonventionelles Handeln
• Lead
• Fokussierung auf gemeinsames Ziel
• Commitment
• Ungeborenes Kind als ein Auftraggeber
• Blick auf Gelingendes
• Absichtsunterstellung
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Helft uns, als
Familie komplett
zu bleiben!
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Kasuistik
Frau. N.T. 36 J
Seit 2011 in ambulanter psychiatrisch/
psychotherapeutischer Behandlung
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Frau Nadine Turmer*, zu Beginn der
Schwangerschaft 35 J. *Name geändert
Scheidung der Eltern im 3. Lebensjahr der Patientin.
Beide Eltern alkoholabhängig. Zum Vater und Bruder bestehe
sporadischer Kontakt. Die Mutter sei heute obdachlos, es
bestehe kein Kontakt
Abgebrochene Ausbildung im Service
17-20 Lj. Massive sexuelle und körperliche Gewalterfahrungen
in der ersten Partnerschaft
Tod des langjährigen Partners durch Mundboden-Ca. 2013
2015 neue konfliktreiche Partnerschaft
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Sucht- und psychiatrische
Anamnese N.T.
Alkohol:
13 J; seit 22 Lj. Konsumsteigerung
zuletzt 3 SD/Tag
Opioide:
18J. – 21 J., täglich i.v.
seit 21 J., Methadonsubstitution
Nikotin:
14 J.; aktuell 1.5 Pck./ Tag.; 30 py
Cannabis:
14 J. - 25 J., kein Konsum
Kokain:
15 J. - 28 J., kein Konsum
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Therapieverlauf N.T.
2011
2013
2015
2016
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Beginn der ambulanten Behandlung
Fortführung SGB, psychogene Lähmung re. Arm,
50% IV, Traumatherapie, schadensmindernder
Ansatz
Tod des langjährigen Partners
Steigerung des Alkoholkonsums
Stabilisierung des psychische Zustandes,
Deutliche Reduktion des Konsums, neue
Partnerschaft, instabil mit Gewalterfahrungen
Seit Jan. schwanger, erst im April in der 10. SSW
bemerkt. Intensiver Austausch mit Gynäkologin,
Geburtsabteilung und Beistand
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Therapieverlauf N.T.
2016
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Seit April sistieren des Alkoholkonsums und
Reduktion auf 6 Zigaretten/Tag, in der Folge
Rauchstopp
Schwangerschaftsverlauf unproblematisch.
PANORAMA unauffällig
Intensiver Austausch mit Beistand wg.
Wohnungssuche und Unterstützungsleistungen,
Partnerschaftsprobleme
25.10. Geburt einer gesunden Tochter. 5 Wochen
Überwachung und Entzug im Kinderspital
seither: Partnerschaft stabilisiert, Paargespräche,
Beistand f. Tochter, Kontakt zu Kinderarzt,
regelmäsige psychiatrische Termine
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Gynäkologin
Neuer
Hausarzt
SGB ?
Beistand
Tochter
Beistand
Patientin
Ambulatorium
Partner
Kinderarzt
Kinderspital
Patientin
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Kasuistik
Frau. D.G. 30 J.
Behandlung zwischen 2015 und
2016 in unterschiedlichen Settings
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Frau Dora Ganser*, zu Beginn der Behandlung 30J.
*Name geändert
Eltern trinken regelmässig, Vater spielsüchtig, Mutter
wird als egoistisch und herrisch beschrieben
Emotionale und physische Missbrauchs- und
Gewalterfahrungen
Wegen sozialer Verhaltensstörungen wurde sie von der
Schule verwiesen
Ausbildung im Detailhandel, später selbstständig dann
unregelmäßige Anstellungsverhältnisse
Viele instabile Beziehungen zu Männern
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Psychiatrische Anamnese
In der Schulzeit Störung des Sozialverhaltens mit
aggressivem Verhalten und Schulverweis
Im Alter von 16-17 Jahren Essstörung mit überwiegend
anorektischer Symptomatik
Selbstverletzungen
Emotionale Instabilität
Später Angstzustände und Panikattacken
Rezidivierende depressive Verstimmungen
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Sucht-/Konsumanamnese
Alkohol:
13 J.; 2-10 SD /Tag
Nikotin:
13 J.; aktuell 1 Pck. /Tag; 16 py
Cannabis:
14 J.; aktuell 5-6 J. / Tag
Kokain:
15 J.; 1.5 g /Woche, nasal
Stimulanzien: 26 J.; Methylphenidat 800 mg/Tag
BZO:
26 J.; unregelmässiger Konsum
Opioide:
26 J.-29 J.; aktuell kein Konsum
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Diagnosen nach ICD-10
Abhängigkeit: Kokain, Ritalin, Alkohol, Cannabis,
Nikotin: F 19.2
Schädlicher Gebrauch: Benzodiazepine: F 13.1
Kombinierte Persönlichkeitsstörung, emotionalinstabil und histrionisch: F 61.0
Rezidivierende depressiven Störung F 33.1
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Behandlungen 2015 und 2016
Setting
Datum
Dauer
Entlassgrund
Stationäre Entgiftung
3/15-4/15
2 Wochen
seitens Klinik*
Stationäre Entgiftung
4/15-4/15
1 Wochen
seitens Klinik*
Stationäre Entwöhnung
6/15-9/15
13 Wochen
seitens Klinik*
Stationäre Entgiftungen
9/15-11/15
Tage-/wochenweise
?
Stationäre Entgiftung**
3/16-3/16
3 Wochen
seitens Klinik
Stationäre Entwöhnung
4/16-9/16
22 Wochen
regulär
Tagesklinik
9/16-10/16
2 Wochen
seitens Klinik
Ambulatorium
10/16-11/16
3 Wochen
seitens Arzt,
KESB
Niedergelassener
Psychiater
Seit 11/16
?
* wiederholte, intransparente Konsumereignisse
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** ausserkantonale psychiatrische Klinik
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Medikation zu Beginn der
Schwangerschaft im März 2016**
Remeron®:
0-0-0-15 mg
Quetiapin:
0-0-0-75 mg
Cipralex®:
15/0/0/0 mg
Lioresal®:
30-30-30-0 mg
Pantoprazol: 20-0-0-0 mg
Truxal: Bis 6 x 15 mg bei Anspannung/Schlafstörung
Quetiapin bis 3 x 25 mg bei Unruhe
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Umstellung der Medikation im
April/Mai 2016
Elevit Pronatal ®:
1-0-0-0
Redormin®:
0-0-0-1000 mg
Zoloft ®:
50-0-0-0 mg
Magnesiocard ® :
0-0-0-2
In Reserve:
Relaxane Zeller bei Unruhe, max. 3x/Tag. Cetallerg 10
nach Bedarf. Paragar max. 2x/tägl. Dafalgan 500 mg bei
Kopfschmerzen, max. 2x/Tag.
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«.. Suchtproblematik konnte stabilisiert werden,
..depressive Symptomatik ..remittiert und stabil. Ihre
dysfunktionalen Verhaltensweisen … schwächer … .
Nachsorge: Die Patientin kehrt mit ihrem Partner in die
bestehenden Wohnverhältnisse zurück. Sie wird eine
Woche nach Austritt in die Tagesklinik Lenzburg
übertreten und strebt danach eine ambulante
Weiterbehandlung an, damit sie auch nach der Geburt
ihres Kindes Unterstützung hat. Eine Mutter-Kind
Begleitung ist für die Sicherstellung der Entwicklung
Kindes sehr zu empfehlen.»
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Tagesklinik: Die Patientin erschien nur sehr sporadisch.
Urinprobe ergab positiven Wert auf Kokain. Abbruch wegen Non-Compliance,
verbunden mit dem Angebot die Behandlung ambulant fortzusetzen.
Patientin erscheint 2 mal ambulant. Fordert größere Mengen Benzodiazepine.
Regelmäßiger Kontakt mit der Gynäkologin. Auch hier versucht die Patientin,
wie auch in der Apotheke grosse Mengen Benzodiazepine zu erhalten. Angebot
einer erneuten stationären Aufnahme wird abgelehnt.
Auszug aus der Gefährdungsmeldung :
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DANKE!
[email protected]
[email protected]
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