Energiewirtschaft Teil II: Ressourcenökonomie 1 Gliederung der Vorlesung Energiewirtschaft Teil II: Ressourcenökonomie 1. Reserven, Ressourcen, Reichweite 2. Intertemporale Allokation, Hotelling-Modell 2 Potenzial fossiler Energieträger In Mrd. toe toe = „tons of oil equivalent“ Quelle: RWE, Weltenergiereport 2004, S. 20 Bundesanstalt für Geowissenschaften 3 wirtschaftlich gewinnbar Nicht wirtschaftlich gewinnbar McKelvey-Diagramm Ressourcen Reserven sicher bekannt verlässlich geschätzt vermutet 4 Definitionen Gesamtpotenzial: Gesamte gewinnbare Menge der Energierohstoffe in der Erdkruste, die vor dem Beginn der Förderung durch den Menschen vorhanden war. Verbleibendes Potenzial: Gesamtpotenzial abzüglich der bereits geförderten Mengen. Reserven: Sicher nachgewiesene und mit bekannter Technologie wirtschaftlich förderbare Vorkommen. Dazu gehören die bereits fördernden Gebiete genauso wie durch Exploration mehr oder weniger zuverlässig erkundete, aber bisher noch nicht fördernde Bereiche. Ressourcen: Vorkommen, die entweder zwar nachgewiesen, aber noch nicht wirtschaftlich zu fördern sind, oder aber noch nicht sicher nachgewiesen sind, aber aufgrund geologischer Indikatoren erwartet werden. Statische Reichweite: Quotient aus Reserven und und letzter Jahresförderung. Kumulierte Förderung: Summe aller Jahresförderungen seit Förderbeginn. 5 Gesamtpotenzial von konventionellem Erdöl 2001 [in Gt] Quelle: Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) 6 Reserven und Förderung von konventionellem Erdöl 1940 - 1998 * Jahr *EUR = estimated ultimate recovery = Gesamtpotenzial Quelle: Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) 7 Auswahl verschiedener Prognosen für die Erdölproduktion Mrd. t / a (= Gesamtpotenzial) Jahr Quelle: Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) 8 Gesamtpotenzial von konventionellem Erdgas 2001 [in Billion m³] Quelle: Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) 9 Regionale Verteilung der Hartkohlereserven [in Gt] Quelle: Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) 10 Reichweiten verschiedener Energieträger 43 67 konv. Erdöl 64 konv. Erdgas Reserven Ressourcen 149 Hartkohle 207 Weichkohle 198 1.425 1.264 42 Uran 0 527 200 heute Quelle: Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Jahre 11 2. Theorie erschöpfbarer Ressourcen - intertemporale Faktorallokation Basis der weltweiten Energieversorgung sind die fossilen Energieressourcen. Sie sind endlich. Irgendwann werden sie erschöpft sein. Wann das sein wird, hängt von vielen Einflussfaktoren (z.B. jährlicher Fördermenge, weitere Erschließungen etc.) ab. Entsprechend schwierig sind, obwohl es immer wieder versucht wird, exakte Prognosen. Hauptakteure in der Mineralölförderung sind die multinationalen Mineralölunternehmen (z.B. Shell, BP). Von welchen Entscheidungskalkülen diese sich leiten lassen soll mit dem Hotelling-Modell erläutert werden. 12 Hotelling-Modell: Wesentliche Annahmen Ressourcenbestand (in t = 0) fest vorgegeben und bekannt Preisbildung bei vollständiger Konkurrenz1 Grundvoraussetzung: wohldefinierte Eigentumsrechte Ressourcenbestand homogen, d.h. alle Anbieter extrahieren mit denselben (konstanten) Grenzkosten2. 1 vollständige Konkurrenz: Vielzahl von Anbietern und Nachfragern, homogenes Produkt, keine Marktbarrieren, vollkommene Information 2 Grenzkosten: Zusätzliche Kosten, die für den Einsatz einer zusätzlichen Faktoreinheit entstehen. 13 Hotelling-Modell Gesucht ist insbesondere der Preispfad Pt der Ressource Pt = UCt + C [$/b] UC: User Cost (= Knappheitsrente) [$/b] C: Förderkosten (= Extraktionskosten) [$/b] $: Dollar b: 1 barrel Öl = 159 l 7,3 b ≈ 1 t Öl 1 Mill. B/d (barrel pro Tag) ≈ 50 Mill. t/a 14 Kern des Hotellingschen Arbitrage1Kalküls Ressourcenbesitzer stehen vor folgenden Alternativen: Ressourcenextraktion und Anlage des Profits am Kapitalmarkt zum Marktzins r oder Belassen der Ressource im Boden Betrachtete Perioden 0 und 1 mit User Cost UC0 und UC1 Entscheidungskalkül: 1 UC1 > UC0(1+r): Die Ressource im Boden belassen ist die attraktivere Anlageform. Folge: Aufschub der Extraktion, Angebotsverknappung und Preisanstieg in Periode 0. UC1 < UC0(1+r) Es besteht ein Anreiz zu erhöhter Ressourcenextraktion und Anlage am Kapitalmarkt. Folge: Angebotsausweitung und Preissenkung in Periode 0 Gleichgewicht bei UC1 = UC0(1+r) Handel zur Ausnutzung von temporären Preisdifferenzen. 15 Beispiel Annahmen: Extraktionskosten C = 0 UC0 = 30 $/b r = 10 % Gleichgewichtsbedingung: UC1 = UC0(1 + r) Entscheidungskalkül: UC1 = 33 $/b Î Indifferenz UC1 > 33 $/b Î Ressource bleibt im Boden UC1 < 33 $/b Î Ressource wird gefördert 16 Hotelling-Regel Im Mehrperiodenfall: UCt UC1 UC2 UC0 = = = ... = 2 (1 + r) (1 + r) (1 + r)t UCt = UC0(1+r)t (Hotelling-Regel) Î Der Wert einer Ressource im Boden verzinst sich wie Geld auf der Bank 17 Hotelling-Preispfad P [$/b] Backstop-Preis PB PB Preispfad Pt = C + UC0(1 + r)t UCt P0 UC0 0 Extraktionskosten C t [a] 18 Hotelling-Modell Preis (Backstop-Preis einer Backstop-Technologie bzw. Backstop-Ressource, d.h. Substitut) Marktnachfrage Fördermenge Quelle: Wacker/Blank, Ressourcenökonomik 19 Hotelling-Modell: Änderung der Diskontrate Quelle: Wacker/Blank, Ressourcenökonomik 20 Hotelling-Modell: Änderung des Backstop-Preises Quelle: Wacker/Blank, Ressourcenökonomik 21 Hotelling-Modell: Änderung der Extraktionskosten Quelle: Wacker/Blank, Ressourcenökonomik 22 Hotelling-Modell: Änderung der Nachfrage Quelle: Wacker/Blank, Ressourcenökonomik 23 Hotelling-Modell: Änderung des Ressourcenbestandes Quelle: Wacker/Blank, Ressourcenökonomik 24 Hotelling-Modell: Preispfad mit häufiger Ressourcenerweiterung Quelle: Wacker/Blank, Ressourcenökonomik 25 Charakterisierung des HotellingModells Fokussiert auf die Knappheitsrente erschöpfbarer Ressourcen (User Cost) Empirisch wichtige Einflüsse auf Preise und Mengen bleiben modellexogen. Z.B. Entwicklung von Extraktionskosten Erweiterung des Ressourcenbestandes durch Exploration Auswirkungen von Marktmacht Empirische Aussagekraft daher umstritten 26