Kurzfassungen 39 Kurzfassungen der Haupt-, Kurzvorträge und Poster 40 Entomologentagung in Dresden 2005 Plenarvortrag Zur Geschichte der Entomologie in Dresden Bernhard Klausnitzer, Dresden Entomologische Forschung und Lehre hatten und haben in Dresden und Tharandt eine breite und vielfältige Basis (Lehrstätten in Tharandt und Dresden, seit Jahrzehnten gemeinsam unter dem Dach der Technischen Universität, Staatliches Museum für Tierkunde). Hinzu kommt die Freizeitentomologie, die gerade in Dresden eine große Rolle spielte und spielt. Verschiedene Vereinigungen haben seit 1833 die Entomologie gepflegt und zahlreiche Tagungen veranstaltet. Von den bedeutenden Persönlichkeiten ist u. a. LUDWIG HEINRICH Freiherr VON BLOCK als Autor des 1799 erschienenen „Verzeichnis der merkwürdigsten Insecten, welche im Plauischen Grunde gefunden werden“ (eine der ersten lokalfaunistischen Publikationen) und aus neuerer Zeit MANFRED KOCH als Pionier der Wanderfalterforschung und Verfasser sehr populärer Schmetterlingsbücher („Wir bestimmen Schmetterlinge. Bd. 1-4“) zu nennen. Von den Lehrern und Forschern werden KARL HERMANN CHRISTIAN JORDAN und ULRICH SEDLAG besonders hervorgehoben. Leider beendete die Schließung des Instituts 1967 und die geringe Zahl zugeteilter Studierender die im Vergleich zum Tharandter Institut kurze Geschichte und einen großartigen Entwicklungsansatz in Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Entomologie. Die entomologische Lehre begann in Tharandt mit der Gründung der „Forstakademie“ im Jahre 1816 durch HEINRICH COTTA. Herausragende Universitätslehrer waren EMIL ADOLF ROSSMÄSSLER; mit der Einrichtung eines Lehrstuhls für Zoologie 1876 HINRICH NITSCHE, bekannt durch das gemeinsam mit JOHANN FRIEDRICH JUDEICH verfasste „Lehrbuch der mitteleuropäischen Forstinsektenkunde“. Im Jahre 1907 wurde KARL LEOPOLD ESCHERICH berufen, auf Kurzfassungen 41 dessen Initiative am 14.5.1913 die „Gesellschaft für angewandte Entomologie“ sowie 1914 die „Zeitschrift für angewandte Entomologie“ gegründet wurden. In Tharandt begann er mit der Ausarbeitung der ersten Bände der „Die Forstinsekten Mitteleuropas“. Aus neuerer Zeit wird auf das Wirken von HEINRICH PRELL, HEINZ GEILER und HELLMUTH GÄBLER besonders hingewiesen. Nach 1990 wurde eine anwendungsbezogene entomologische Forschung und Lehre in Tharandt an den Professuren für Forstzoologie und Forstschutz fortgeführt. Das Museum für Tierkunde in den Staatlichen Naturhistorischen Sammlungen hat seinen Ursprung in der „Kunst- und Kuriositätenkammer“, die Kurfürst AUGUST I. von Sachsen im Jahre 1560 begründete. Der erste hervorstechende Entomologe war HEINRICH GOTTLIEB LUDWIG REICHENBACH, Direktor von 1820 bis 1874. Große Verdienste um die Sammlungen erwarben sich später THEODOR FRANZ WILHELM KIRSCH, KARL MARIA BORROMÄUS HELLER jr., ARNOLD FRIEDRICH VIKTOR JACOBI und FRITZ ISIDOR van EMDEN, der nur von 1927 bis 1933 in Dresden wirken konnte. Im Jahre 1936 mußte er nach London emigrieren. Seine Arbeiten über die Larvalsystematik der Coleoptera sind bis heute wesentliche Grundlagen dieses Teilgebietes der Entomologie. Seit Beginn der 1990’er Jahre vollzieht sich ein grundlegender Strukturwandel, der 1999 einen Höhepunkt mit dem Einzug in das neue, eigens erbaute Gebäude in Dresden-Klotzsche fand. Hier sind die Insektensammlungen untergebracht, welche ca. 4.650.000 Exemplare in ca. 123.700 Arten sowie Typen von ca. 13.550 Taxa umfassen. 42 Entomologentagung in Dresden 2005 Abendvortrag Entomologie im Winter Heiko Bellmann, Universität Ulm, Abteilung Experimentelle Ökologie der Tiere, D-89069 Ulm Entomologische Winteraktivitäten müssen sich nicht aufs Labor beschränken. Auch im Freiland gibt es zwischen November und Februar ein weites Betätigungsfeld. An milden Wintertagen sind verschiedene „Schneeinsekten“ zu beobachten, etwa Boreus (Mecoptera), Chionea (Diptera) und verschiedene Cynipiden, insbesondere Biorhiza pallida (Hymenoptera). Die Imagines sind nur jetzt, während der kalten Jahreshälfte, aktiv und zeigen z.B. Paarungs- und Eiablageaktivitäten. Andere Arten lassen sich an ihren Überwinterungsplätzen aufspüren, etwa Gonepteryx rhamni (Lepidoptera) und die beiden Sympecma-Arten (Odonata), die als Imagines frei in der Vegetation überwintern. Auch Eier, Larven und Puppen verschiedener Insektengruppen, besonders aber diverser Lepidoptera, sind offen in der Vegetation zu finden. Andere Überwinterer suchen spezielle Quartiere auf, z.B. hohle Pflanzenstängel oder leere Schneckenhäuser. Schließlich gibt es auch in Mitteleuropa Lebensräume, die ganzjährig fast konstante Lebensbedingungen bieten, wie etwa Höhlen und Fließgewässer. Hier sind auch im Winter interessante Funde möglich. Viele Fließwasserbewohner durchlaufen im Winterhalbjahr ihre aquatische Larvalentwicklung und nutzen das Sommerhalbjahr außerhalb des Wassers zur Reproduktion. Kurzfassungen 43 Plenanarvortrag Arachnologische Vielfalt im Alpenraum - mit Seitenblicken Konrad Thaler, Universität Innsbruck, Institut für Zoologie und Limnologie, Technikerstrasse 25, A-6020 Innsbruck Die enormen Unterschiede in der rezenten Entfaltung der "Ordnungen" der Spinnentiere bestehen auch im Alpenraum: vorhanden sind Palpenläufer (S=2), Skorpione (S=3), Weberknechte (S=62), Pseudoskorpione (S=69), Webspinnen (S ca. 900) [S = Artenzahl in Österreich, Stand 2004]; die "megadiverse" Gruppe der Milben, längst Gegenstand einer eigenen Disziplin, ist nicht Gegenstand dieser Darstellung. Der Versuch einer Übersicht ist in Anbetracht der bestehenden Kenntnislücken vermessen - doch hat der Wissensstand seit Holdhaus' (1954: 311) resignierender Formulierung, Spinnen böten "nach wie vor ein trauriges Bild mangelhaftester faunistischer Erforschung", beträchtlich zugenommen. Unter Verweis auf Erforschungsgeschichte und einzelne klassische Akteure werden die "kleinen Ordnungen" und besonders die hauptsächlichen Familiengruppen der Webspinnen vorgestellt, durchwegs Opisthothelae: Mygalomorphae (nur Atypidae, weitere Formen am südl. Alpenrand), Haplogynae (6 Fam.), "basale Entelegynae" (Zodariidae, Eresidae, Oecobiidae), Amaurobioidea / Dictynoidea (6 Fam.), Dionycha (10 Fam.), Lycosoidea (4 Fam.) und Orbiculariae (10 Fam.). Nach wie vor bereiten alpine Spinnentiere taxonomische Probleme, die Neu- und Nachbeschreibungen erfordern. Die Muster der Verteilung der Arten auf die hauptsächlichen Naturräume und die Höhenstufen und ihre rezenten und historischen Ursachen lassen zahlreiche Fragen offen. Natürlich zeichnen sich die grundsätzlichen Schritte in der Besiedlungsgeschichte in kleinräumig-endemischen Art-Arealen und Verbreitungsgrenzen bes. von Spinnen und Weberknechten ab. 44 Entomologentagung in Dresden 2005 Literatur THALER K. (2003): The diversity of high altitude arachnids (Araneae, Opiliones, Pseudoscorpiones) in the Alps. - In: Nagy L., G. Grabherr, C. Körner & D.B.A. Thompson (eds.), Alpine Biodiversity in Europe. Ecological Studies 167: 281-296. Springer. THALER K. (Red.) (2004): Diversität und Biologie von Webspinnen, Skorpionen und anderen Spinnentieren. Denisia (Linz) 12: 1-574. THALER K. & J. GRUBER (2003): Zur Geschichte der Arachnologie in Österreich 17581955. Denisia (Linz) 8: 139-163.