Klimawandel und Wälder Dr. Felicitas Suckow Düsseldorf 15. April 2015 Der Telegraphenberg: Standort GFZ PIK AWI Süring-Haus PIK Michelson-Haus Helmertturm GFZ Großer Refraktor AIP Einsteinturm Gemeinschaftsbibliothek AIP - Astrophysikalisches Institut Potsdam AWI - Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung GFZ - GeoForschungsZentrum Potsdam PIK - Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung 3 Das PIK: Arbeitsauftrag • Untersuchung wissenschaftlich und gesellschaftlich relevanter Fragestellungen in den Bereichen Globaler Wandel, Klimawirkung und Nachhaltige Entwicklung • Wichtigste methodische Ansätze: System- und Szenarienanalyse, quantitative und qualitative Modellierung, Computersimulation und Datenintegration • Interdisziplinäre Einsichten stellen die robuste Grundlage für Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft dar Foto H. Bach 4 Wissenstransfer 5 IPCC 2014: Synthesis report http://www.ipcc.ch deutsch: http://www.de-ipcc.de 6 IPCC – Beobachtete Klimaänderungen Temperatur der unteren Atmosphäre steigt Maisfeld in Ostdeutschland 2003 Zunahme der hohen Temperaturextreme und meteorologischen Dürren Zunahme der Starkregenereignisse mit regionalen Unterschieden die Ozeane erwärmen sich Gletscher tauen Permafrostböden werden wärmer Eisschilde verlieren an Masse der Meeresspiegel steigt weiter an Donauflut August 2005 Europa Zunahme der extremen Windgeschwindigkeiten im Winter über Zentral- und Nordeuropa Hohe Anpassungskapazität in Europa im Vergleich zu anderen Regionen der Welt, jedoch starke regionale Unterschiede IPCC 2013 7 Orkanschäden Lindenberg im Thüringer Wald bei Ilmenau nach Orkan Kyrill 2007 Kreis Siegen-Wittgenstein nach Orkan Kyrill Schwarzwald nach Orkan Lothar am 29. April 2004 Windbruch im Kyffhäuserwald nach Orkan Niklas 1.4.2015 Qelle: Wikipedia, Thüringer Allgemeine 8 Sommer 2003 Der Rhein bei Düsseldorf www.lvz-online.de 9 Extremjahr 2003 BFH-Bericht zu den Auswirkungen der Trockenheit 2003 auf Waldzustand und Waldbau KWB = P – PET PET - potentielle Evaoptranspiration P - Niederschlag KWB 1961 -1990: 74.7% der Fläche 200-400 mm 2003 Negative klimatische Wasserbilanz in weiten Gebieten Deutschlands Beobachtete Klimaerwärmung - global bereinigte Daten • anhaltender Anstieg der globalen Lufttemperatur • alle 5 Datensätze zeigen - einen globalen Erwärmungstrend - 2009 und 2010 als die heißesten Jahre Studie von Klimawandelskeptikern bestätigt die Ergebnisse des IPCC-Berichts Foster & Rahmstorf, 2011 11 Das skeptische Berkeley Earth Project (BEST): Projekt zur Quantifizierung der globalen Erwärmung. Rekonstruktion der Temperatur der letzten 200 Jahre auf wesentlich vergrößerter Datenbasis Bisherige Ergebnisse wurden weitgehend bestätigt Name, Forschungsbereich 12 Berkeley Earth, www.berkeleyearth.org Das skeptische Berkeley Earth Project (BEST): Fit (rote Linie): Lineare Kombination von • vulkanischen Sulfatemissionen und • dem natürlichen Logarithmus der CO2 Konzentration. „Anthropogene Veränderung ist wahrscheinliche Ursache der Erderwärmung“ Die Einbeziehung von Solaraktivität verbessert den Fit nicht. 13 Berkeley Earth, www.berkeleyearth.org CO2 Konzentration CO2 ist das Treibhausgas, welches die Hauptrolle bei der Klimaerwärmung spielt 14 IPCC – Szenarien: Beschreibung des Strahlungsantriebs • Representative Concentration Pathways, RCP RCPs beinhalten unterschiedlichen Strahlungsantrieb (2.6, 4.5, 6.0, 8.5 Wm -2) • alle drei IPCC-Arbeitsgruppen rechnen mit diesen RCPs konsistente Beurteilung THG (CO2,H2O,O3,CH4,N2O) kurzlebige Gase und Aerosole (CO,NOx,SOx,Staub, “Black Carbon”) menschengemachter Strahlungsantrieb = 2.29 Wm-2 Strahlungsantrieb relativ zu 1750 in Wm-2 IPCC 2013 15 Emissionsszenarien: Representative Concentration Pathways (RCPs) Scenarios und Extensions (ECPs) Meinshausen et al., 2011 16 IPCC – Klimaszenarien Europa: Temperatur Sommer RCP 4.5 (2081-2100) T=1.5-4 °C (gegenüber 1986-2005) IPCC 2013 IPCC – Klimaszenarien Europa: Temperatur Winter RCP 4.5 (2081-2100) T=1.5-4 °C (gegenüber 1986-2005) IPCC 2013 IPCC – Klimaszenarien Europa: Niederschlag Oktober-März RCP 4.5 (2081-2100) P= 0 – 20% (gegenüber 1986-2005) IPCC 2013 IPCC – Klimaszenarien Europa: Niederschlag RCP 4.5 (2081-2100) P= -10 – 10% (gegenüber 1986-2005) AprilSeptember IPCC 2013 Klimaprojektionen: Temperatur & Niederschlag • • Temperaturszenarien untereinander ähnlich Niederschlagsszenarien sind sehr unterschiedlich (trocken bis feucht) 21 Differenz der Jahressummen des Niederschlags (2046-2055) – (1951-2000) Wälder im Klimawandel Kann der Wald seine ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Leistungen weiterhin nachhaltig erfüllen? Wie wachsen die Bäume/ Wälder unter sich ändernden Klimabedingungen, gibt es „Gewinner“ und „Verlierer“? Wie wird der Wasserhaushalt in den Wälder beeinflusst? Wie beeinflussen extreme Witterungsereignisse wie z.B. Trockenheit im Sommer die Wälder? Welche weiteren Risiken bestehen und werden sich verändern (Feuer, Schädlinge)? 22 Aktuelle Diskussion Klimawandel und Wald Ergebnisse einer Bund-Länder-Expertenrunde der forstlichen Forschungseinrichtungen • Primär: Temperatur, Niederschlag, CO2, N Konsequenzen für den Wald Bolte et al. 2009 Source: Wald & Klima 23 Aktuelle Diskussion Klimawandel und Wald • Konsequenzen des Klimawandels mit Bedeutung für den Wald Bolte et al. 2009 Eichenprozessionsspinner – Fraßkartierung Wald Brandenburg (ohne Insektizidapplikationsfläche) Eichenwälder in Brandenburg: 57.000 ha • Sekundär: abiotisch, biotisch, sozioökonomisch - Borkenkäfer, Prachtkäfer - Pilze - Maikäfer - Eichenprozessionsspinner - Kiefernnematode (invasive Art) Möller 2013, LFE 24 Aktuelle Diskussion Klimawandel und Wald • Reaktion der Wälder • Anfälligkeiten der Baumarten Bolte et al. 2009 25 Aktuelle Diskussion Klimawandel und Wald Anpassungsoptionen: • Risikominimierung (Mischung) • Aktive Anpassung (Umbau) • Passive Anpassung (Sukzession) • Variation der Waldbausysteme (Umtriebszeiten, Verjüngung) • Durchforstungsstrategien bisherige Erfahrungen: • Positiv: Naturverjüngung, Mischwald, Vitalitätsauslese, u.a. • Negativ: überdichte Reinbestände, Anbau von Baumarten im Grenzbereich, Wechseln der Behandlungskonzepte, u.a. Bolte et al. 2009 Foto: Lasch-Born, 2012 26 Waldumbau in Brandenburg • Ziel: • 40% Mischwälder • 17% Laubwälder (momentan: 14%) • 35% Kiefernreinbestände (momentan: >70%) Müller & Luthardt 2009 Fotos: Gutsch,Lasch-Born, 2012 Waldumbau in Brandenburg Heute Zukunft Source: MLUV Brandenburg 28 Projekt CC-LandStraD • Wechselwirkungen zwischen Landnutzung und Klimawandel – Strategien für ein nachhaltiges Landmanagement in Deutschland • Teil des BMBF-Forschungsprogramms FONA – Forschen für die Nachhaltigkeit, Forschungsschwerpunkt Nachhaltiges Landmanagement Name, Forschungsbereich 29 Bewirtschaftungs-Strategien (CC-LandStraD) Maßnahme Baseline Naturschutzstrategie Biomassestrategie Klimaschutzstrategie Anpassungsstrategie Bestandesbegründung wie heute 5000 Stck/ha Bu (bis 50 %) für Fi und Ki 5000 Stck/ha Dgl (bis 30 %) für Ei und Ki 5000 Stck/ha Dgl (bis 15 %) für Ei und Bu 5000 Stck/ha Bu (bis 25 %) für Fi und Ei 5000 Stck/ha Durchforstungsbeginn sofort sofort sofort sofort sofort Durchforstungshäufigkeit jährlich jährlich jährlich jährlich jährlich Durchforstungsstärke BWI3 +5 % -10 % +2,5 % -7,5 % Durchforstungsart Hochdurchforstung Hochdurchforstung Hochdurchforstung Hochdurchforstung Hochdurchforstung Endnutzungszeitraum WBRL +10 Jahre WBRL -20 Jahre WBRL +5 Jahre WBRL -15 Jahre WBRL Nutzungsverzicht wie heute 10 % der Waldfl. wie heute wie heute wie heute sehr niedrig sehr hoch sehr hoch sehr hoch sehr niedrig sehr niedrig niedrig hoch hoch hoch niedrig niedrig [Zielprozent] Ziel der Strategie wie heute Vorrat ausscheidend Vorrat verbleibend Umtriebszeit Ergebnisse Klimaszenarien Holzzuwachs Baseline m³/ha*Jahr absolut % prozentuale Änderung für 2K 2011-2030 prozentuale Änderung für 2K 2081-2100 % Erste Ergebnisse des Projekts Nutzungsszenarien unterscheiden sich deutlich in der Menge der Holzernte Klimaschutzstrategie ist guter Kompromiss Klimaänderung wirkt sich erst langfristig (2081- 2100) auf den Holzzuwachs aus, vor allem im NO Unterschiede zwischen den Beispielregionen werden nur langfristig sichtbar (Zuwachs, Ernte) Wirkung der Klimaänderung ist vor allem im Wasserhaushalt sichtbar Wirkung der Baumartenwahl auf die Tiefensickerung 2031-2060 Tiefensickerung von drei Bewaldungsszenarien im Waldgebiet (642 ha; 620 mm Jahresniederschlag) (LFE 2005, Müller) Wirkungen des Waldumbaus unter Klimawandel berücksichtigen gleichzeitig ist Waldumbau eine Anpassungsmöglichkeit 33 Wirkungen auf das Wachstum 2031-2060 gegenüber 1981-2010 Eiche Kiefer Fichte Douglasie -50 0 50 100 150 200 Differenz Stammholzzuwachs [%] Buche Buche Eiche Kiefer Fichte Lasch et al. 2014, Meteorol. Z. Douglasie 34 Dynamik der Forstschadinsekten (RCP 8.5) phytophager Großschädling an Fichte und Kiefer Nonnentemperatur-Index nach Zwölfer (1935) Fotoquelle: wikipedia Lasch et al. 2014, Meteorol. Z. 35 Klimatisches Waldbrandrisiko 1991-2010 2031-2050 2081-2100 Jährlich berechneter Indikator nach Käse (1968) RCP8.5 36 Waldbrand: Nordrhein-Westfalen Kropp et al. 2009 37 Fazit für STARS RCP8.5 positiv negativ Phänologie (Blattentfaltung) Alpen / NO-Tiefland (Spätfrostgefahr?) potenzieller Holzzuwachs – NPP Kiefer Buche Versickerung – Grundwasserneubildung Alpen NO-Tiefland Klimatisches Waldbrandrisiko Alpen NO-Tiefland Phys. Trockenstressrisiko (Buche) Alpen, A-Vorland NO-Tiefland Grundlage für die Entscheidung über Anpassungsmaßnahmen (Klimafolgen Online) Schaderregerrisiko (Nonne) Alpen, A-Vorland NO-Tiefland Unsicherheiten bestehen über: den CO2-Düngeeffekt die Projektionen der Risiken (Extremereignisse) 38 Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder in Deutschland Deutliche Effekte der Wirkung der Klimaänderung auf den Wald werden beobachtet Verlängerung der Vegetationsperiode Beschleunigtes Waldwachstum Verschiebung der Verbreitungsgebiete Änderungen des Landschaftswasserhaushalt Auswirkungen der Klimaänderung auf Flora und Fauna im Wald Zunahme abiotischer und biotischer Risiken Was ist zu tun ? Berücksichtigung der Unsicherheiten in der Klimaentwicklung in der forstlichen Planung: Diversifizierung der Artennutzung; Waldumbau Berücksichtigung der sich ändernden Standortfaktoren und Risiken in den Bewirtschaftungsstrategien Beitrag der Forstwirtschaft zum Klimaschutz: Wald-Holz-Option Anrechnung der Senkenfunktion im Holz – Beitrag zur Verminderung der Kohlenstoff-Emissionen 40 Änderung der Produktivität von Wäldern im 21. Jahrhundert in Europa Response Negative Positive Positive/negative Literature review Carbon fluxes Carbon stocks 1 Model 2 Models 3 Models 4C: Standard deviation [%NPP change] <10 10-15 15-20 >20 Wachstumstrends in Europa Trend + positiv - negativ 0 kein Trend ps vorläufige Studie Spiecker et al. 1996, Kahle et al. 2008 42 Unsicherheiten "Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen." (zugeschrieben Karl Valentin, Mark Twain, Winston Churchill u.a.) Zukünftige Gesellschaft Emissionen Klimamodelle Regionale Szenarien Klimawirkungen Lokale Klimawirkungen Anpassung Wilby & Dessai 2010 43 Wie entwickeln sich die Wälder weiter? ? ? ? KlimafolgenOnline http://www.klimafolgenonline.com/ 45