Warenimport auch Insektenimport?

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8.0 Warenimport auch Insektenimport?
Das Gegenstück vom Warenimport ist der Warenexport alles „inklusive Insekten“ und
bezeichnet die Warenbewegungen von Ort A nach Ort B und umgekehrt. Eine richtige
Trennung zwischen der Thematik Klimawandel, Schädlinge/Nützlinge und dem
„Insektenimport/Insektenexport“ durch die Warenbewegung kann es kaum noch geben,
da alles irgenwie ineinander greift. Denn wenn sich das Klima in Europa hin zur
Erwärmung nicht verändern würde, könnten eingeschleppte Insekten nicht überleben,
denn so schnell geht die Anpassung dann doch nicht.
Heute geht die Verbreitung von Insekten, die wir als Schädlinge bezeichnen, durch die
Globalisierung der Wirtschaft immer schneller. Flugzeuge und große Containerschiffe
bringen Waren rund um die Welt an ihre Zielorte und damit auch Pflanzen und Tiere,
einschließlich Insekten, die in Europa normalerweise nicht vorkommen. Experten
bezeichnen diesen Vorgang als Bioinvasion. Diese "Bio-Invasoren" können einheimische
Arten verdrängen und somit langfristig ganze Ökosysteme verändern.
Einer der wahrscheinlich ersten Insekten die nach Europa durch Warenimporte mit
Schiffen eingeschleppt wurden, war der Kartoffelkäfer, dessen ursprüngliche Heimat im
amerikanischen Bundesstaat Colorado war. Im Amerikanischen wird der Kartoffelkäfer
daher auch „Colorado beetle“ genannt. In Europa wurde der Kartoffelkäfer erstmals 1877
in den Hafenanlagen von Liverpool und Rotterdam gesichtet. Von dort gelangt 1877 der
Käfer dann über Frankreich nach Deutschland. 1887 und 1914 traten neue größere
Befallsherde in Europa auf. 1935 tauchte er in Lothringen und Belgien auf. 1936 wurde er
erstmals in Luxemburg festgestellt. Der Kartoffelkäfer ist heute weltweit verbreitet.
Auch der Maiszünsler, der wie schon beschrieben im gemäßigten Europa weit verbreitet
und häufig ist, „profitiert“ von den weltweiten Warenbewegungen per Schiff oder
Flugzeug. Durch menschliche Verschleppung kommt der Maiszünsler heute nahezu überall
auf der Welt vor. Der Maiszünsler wurde zwischen 1910 und 1920 nach Nordamerika
verschleppt, worauf auch der dortige Name „European corn borer“ hinweist. Wie man
sieht, ging die Bioinvasion schon früher von Amerika nach Europa und umgekehrt.
In Teilen Deutschland vermehrt sich der asiatische Harlekin-Marienkäfer offenbar immer
stärker. Inzwischen tritt er an vielen Stellen massenhaft wild auf, und man befürchtet,
dass er einheimische Marienkäfer-Arten und auch andere Käferarten verdrängt. Die
wissenschaftliche Bezeichnung des Harlekin-Marienkäfers lautet Harmonia axyridis. Die
Tiere sind mit sechs bis acht Millimetern Länge etwas größer als die heimischen SiebenPunkt-Marienkäfer. Harlekin-Marienkäfer unterscheiden sich von heimischen Arten durch
ihren starken Glanz sowie durch eine kleine Falte am Flügeldecken-Ende. In ihrem
Aussehen sind die Tiere jedoch extrem variabel. Sie können rote Flügeldecken mit 7 bis
zu 19 schwarzen Punkten haben. Der Umstand, dass kaum eines der Tiere dem anderen
gleicht, könne auch Laien diese Käfer erkennen. Wenn man mehrere Marienkäfer auf
einem Fleck findet, von denen jeder eine andere Zeichnung hat, und die zudem sehr stark
glänzen, hat man es vermutlich mit dem Harlekin-Marienkäfer zu tun."
Ursprünglich sind die kleinen Käfer in Süd-Ost-Asien heimisch. In den USA wurden sie ab
1916 als Mittel zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Ab 1980 begann die
Verbreitung im Freiland. Dort verursachte der Käfer schnell große Schäden bei
einheimischen Insektenarten. Hier also eine hausgemachte Bioinvasion.
Um das Jahr 2000 wurden die Käfer zum ersten Mal im Freiland in Belgien entdeckt.
Untersuchungen ergaben, dass es sich dabei um Exemplare aus der amerikanischen
Entwicklungslinie handelte, die nach Europa eingeschleppt wurden. Seitdem vermehrt
sich der Harlekin-Marienkäfer explosionsartig in ganz Europa. 2006 wurde der erste der
Harlekin-Marienkäfer in Thüringen entdeckt. Bereits ein Jahr später gab es 40
Fundstellen.
Mitunter könnten selbst fundamentale Schäden an einer Population erst nach Jahrzehnten
festgestellt werden, wenn über Jahre hinweg einfach keine Exemplare einer Art mehr
gefunden werden.
Der nächste Kandidat, der hier in Europa nichts zu suchen hat, ist der rote Palmrüssler
Rhynchophorus ferrugineus. Es ist ein äußerst gefährlicher Schädling und bedroht die
Palmen an Europas Mittelmeerküsten. Nach Spanien und Italien breitet sich der rote
Palmenrüsselkäfer inzwischen auch mit unglaublicher Geschwindigkeit entlang der Côte
d'Azur aus. Er ist zerstörerischer und schwerer zu bekämpfen als alle seine Vorgänger. Im
September 2006 wurde der rote Palmrüssler das erste Mal auf der Mittelmeerinsel Korsika
gesichtet. Der ursprünglich aus tropischen Gebieten Asiens stammende Käfer hat sich in
den 80er und 90er Jahren zunächst im Nahen Osten breitgemacht und dann in Afrika.
Von dort aus ging es nach Spanien und Italien. Der Käfer wurde durch die Einfuhr von
Palmen nach Europa importiert.
Die Wiesenschnake oder auch Sumpfschnake (Tipula paludosa), eine west- bis
zentraleuropäische Art, ist den umgekehrten Weg gegangen/geflogen. Sie wurde 1955
nach Nordamerika eingeschleppt, wo sie heute weit verbreitet ist. Während die
Rhododendronzikade (Graphocephala fennahi) wiederum aus Nordamerika stammt. Die
Art wurde vermutlich in den frühen 1930er Jahren mit Rhododendronpflanzen in
Südengland eingeschleppt. Ende der 1960er Jahre fand man sie auch in
Kontinentaleuropa, wo sie sich bis heute fast überall ausgebreitet hat und häufig
vorkommt. In Deutschland wurde die Zikade erstmals 1978 nachgewiesen. Ihre für
mitteleuropäische Arten unverwechselbare farbenfrohe Körperfärbung ist sehr auffällig.
Ein Insekt, was in den letzten Jahren große Schäden anrichtete und kaum bekämpft
werden kann, ist die Rosskastanienminiermotte (Cameraria ohridella). Sie wurde zum
erstenmal 1983 in Mazedonien gefunden und hat sich in weiten Teilen Mittel- und
Osteuropas ausgebreitet. Die Motte befällt die Blätter der Rosskastanien. Das kann man
an den Miniergängen (Frassgang) erkennen, den die Larven verursachen. Die Weibchen
legen etwa 20 weiße, abgeflachte Eier auf den Blattoberseiten des befallenen Baumes ab.
Es wurden aber auch schon bis zu 300 Eier pro Kastanienblatt beobachtet. Die Blätter
werden durch den Befall schneller braun und sterben schon im Sommer ab. Durch diesen
frühen Blattfall werden die Photosynthese und die Assimilation behindert.
Auch die Holzwespen (Siricidae) sind durch Warenbewegungen auf die Reise gegangen.
In Australien und Südamerika wurden Arten durch Pflanzenimporte des Menschen
eingeschleppt. Eine ganze Reihe von Arten treten dort als Schädlinge in der
Forstwirtschaft und im Obstbau auf.
Im 19. Jahrhundert wurde der Schwammspinner von dem Entomologen Étienne Léopold
Trouvelot nach Medford in Massachusetts verschleppt, von wo aus er sich bis zur Mitte
des 20. Jahrhunderts über die gesamten USA ausbreitete und heute zu den am meisten
gefürchteten Schädlingen zählt.
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