Einfluß der Besatzdichte bei Broilern auf die Temperatur in der

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Arch. Geflügelk. 2000, 64 (5), 204 - 206, ISSN 0003·9098. © Verlag Eugen Ulmer Gmb~ & Co., Stuttgart
Einfluß der Besatzdichte bei Broilern auf die Temperatur
in der Einstreu und im Tierbereich
Effect of stocking density
of broilers on temperatu re in the litter and at bird level
K. Reiter und W. Bessei
Manuskript eingegangen am 27. Juli 1999, angenommen am 25. März 2000
~ i nleitung
Die Besatzdichte beim Geflügel wird bevorzugt als Richtlinie für eine tiergerechte Haltung herangezogen. Üblicherweise wird die Besatzdichte als Anzahl Tiere oder als
Lebendmasse je m2 angegeben. Die bisher bekannten
Empfehlungen und Richtlinien variieren über einen weiten
Bereich. Der Einfluß der Besatzdichte auf die Gewichtsentwicklung ist bekannt. In den meisten Veröffentlichungen wurden bei Besatzdichten über 30 kg/m2 geringere
Zunahmen beobachtet (SHANAVANY, 1988 ; BESSEI 1992;
GRASHORN, 1993). Mit steigender Besatzdichte ist ebenfalls ein Rückgang der Futteraufnahme zu verzeichnen,
auch wenn genügend Troglänge zur Verfügung steht
(SCHOLTYSSEK, 1974). Die Reduzierung der Futteraufnahme ist dabei oftmals stärker als die Gewichtsreduktion.
Somit ist in zahlreichen Untersuchungen mit Steigerung
der Besatzdichte eine Verbesserung der Futterverwertung
zu beobachten (SHANAVANY, 1988; GRASHORN und KuTRITZ, 1991 ; CRA VENER et aL, 1992). Die Besatzdichte hat
über einen weiten Bereich der praxisüblichen Werte keinen
Einfluß auf die Bewegungsaktivität der Tiere (BESSEI,
1992). Bei hohen Besatzdichten über 35 kg/m 2 konnten
BLOCKHUIS und V AN DER HAAR (1990) Verringerungen
der Aktivität feststellen . MARTRENCHAR et al., (1997) beobachteten häufigere Unterbrechungen der Ruhephasen bei
hohen Besatzdichten. Untersuchungen zum Futter- und
Wasseraufnahmeverhalten und zum Sozialverhalten zeigten, daß eine Steigerung der Besatzdichte nicht zu einer
verminderten Futter- oder Wasseraufnahmedauer führte
(SCHERER, 1992, REITER und BESSEI, 2000) und kein Anstieg der sozialen Auseinandersetzungen auftrat (BESSEI
und REITER, 1993).
Es wird vermutet, daß die auftretenden BesatzdichteEffekte bei Masthähnchen auch durch eine Veränderung
der damit verbundenen Temperaturverhältnisse bedingt sein
könnte. GRAS HORN und KUTRITZ (1991) und MIDDELKKOOP
und v AN HARN (1998) stellten bei einer Erhöhung der
Lüftungsrate in Tierhöhe, insbesondere bei hoher Besatzdichte, eine gesteigerte Futteraufnahme und höhere
Lebendgewichte fest. In Modellvorstellungen wurde die
Besatzdichte als wichtiger Einflußfaktor auf die Verteilung
der vertikalen Temperatur im Stall beschrieben (v AN BEEK
und BEEKING, 1995).
Sy tematische Untersuchungen über die Wärmeverhältnisse im Bereich der Tiere und in der Einstreu in Broilerställen liegen bisher nicht vor. Mit genauen Kenntnissen
I FG Nutztierethologie und Kleintierzucht, Institut für Tierhaltung und Tierzüchtung, Universität Hohenheim, Stuttgart
über die Temperaturverhältnisse im Tierbereich könnte die
Klimatisierung in den Ställen weiter verbessert werden.
Deshalb wurde in dieser Untersuchung der Einfluß der Besatzdichte auf die Temperatur in der Einstreu, unter und
zwischen den Tieren untersucht.
Material und Methode
Broiler der Herkunft Lohmann Meat wurden als Eintagsküken in verschiedenen Besatzdichtestufen bei gleicher
Gruppengröße in Bodenabteile eingesetzt: 10, 15 und
21 Tiere je m2 (100 Tiere je Gruppe). Diese Besatzdichten
entsprachen einer Lebendmasse von 19,4 (L), 30,0 (M)
und 40,2 (H) kg/m 2 zum Mastende mit 35 Lebenstagen.
Die Besatzdichtestufen wurden 4 mal wiederholt.
Insgesamt 1200 Broiler befanden sich im Versuch
(3 x 4 x 100). Als Futter wurde ein Mastfutter mit 22%
Rohprotein und 13 MJ UE eingesetzt. Ein Lichtprogramm
mit 23 L: 1 D wurde geschaltet. Der Stall war fensterlos.
Hobelspäne dienten als Einstreu. Die Lüftung wurde über
Thermostate geregelt. Die Temperatur wurde mit einem
LO-Kanal-Thermorecorder aufgenommen (pT 100, Typ
Ahlborn 5200), der mit einem Drucker verbunden war. In
der 5. Lebenswoche vormittags wurden in jedem Abteil
40 Messungen vorgenommen. Die Temperatur in der Einstreu wurde in 5 cm Tiefe ohne Tiere erfaßt. Die Temperatur an der Oberfläche der Einstreu sowie die Temperatur
in Tierhöhe wurde mit und ohne Tiere registriert. Zur
Messung ohne Tiere wurden die Broiler aus dem Meßbereich getrieben. Die Messungen zwischen den Tieren erfolgten in 10 cm Höhe gen au in der Mitte zwischen zwei
Broilern. Zusätzlich wurde J Meter über den Tieren die
Temperatur erfasst. Die Temperaturmessungen erfolgten in
4 Abteilen je Besatzdichtestufe. Das Lebendgewicht wurde
ebenfalls am Temperaturmeßtag erfaßt. Die Daten wurden
einer einfaktoriellen Varianzanalyse (Besatzdichte) unterzogen. Bei signifikanten F-Werten wurden die Mittelwerte
mit Hilfe eines multiplen t-Testes nach Duncan auf Signifikanz geprüft (JMP, SAS Institute)
Ergebnisse
Die Lebendgewichtentwicklung wurde von der Besatzdichte beeinflußt. Bei der höchsten Stufe wurden signifikant verringerte Gewichte festgestellt (Tabelle 1).
Die Temperatur in der Einstreu und in Tierhöhe hing
signifikant von der Besatzdichte ab (Tabelle 2).
Die durchschnittliche Temperatur der Einstreu in 5 cm
Tiefe ohne Tiere stieg von der niedrigsten zur höchsten
Archiv für GeRügelkunde 5/ 2000
REITER und BESSEI, Einfluß der Besatzdichte bei Broilern auf die Temperatur in der Einstreu und im Tierbereich
Einfluß der Besatzdichte (kg/m 2) auf die Gewichts-
Tabelle 1:
entwicklun~ (g) bei Broilern in der 5. Lebenswoche (L =
19,4 kg/m ; M = 30,0 kg/m 2 ; H = 40,2 kg/m 2 , Mittelwerte
± Standardabweichung)
Effect of slocking density (kq/m 2 ) on body weight (g) in Ihe 51h
= 19,4 kg/m ; M = 30,0 kg/m 2 ; H = 40,2 kg/ m2,
week ofage (L
Mean ± SO)
Besatzdichte (kg/m 2)
Lebendgewicht (g)
L
M
H
2031,7
2003,2
1914,2
a
a
b
± 57,7
± 33,3
±28,4
Mittelwerte, die mit gleichen Buchstaben gekennzeichnet sind, unterscheiden sich
nicht signifikant (p S 0,05)
Tabelle 2: Einfluß der Besatzdichte auf die Temperatur (0C) unter
und an der Oberfläche der Einstreu und zwischen den Broilern
in der 5 . Lebenswoche (L = 19,4 kg/m 2 ; M = 30,0 kg/m 2 ; H =
40,2 kg/m 2 , Mittelwerte ± Standardabweichung)
Effecl of stocking density on lemperalure FCJ in filter, al filter
surface and between birds in Ihe 5 . week (L = 19,4 kg/m 2;
M = 30,0 kg/m 2; H = 40,2 kg/m 2)
Temperatur
ohne Tiere
Temperatur in der
Einstreu (5 cm Tiefe)
L
M
H
Temperatur
an der Oberfläche
der Einstreu
L
M
H
Temperatur
zwischen den Tieren
L
M
H
Temperatur
in 1 Meter Höhe
23,3 a
26,9 b
31,3 c
21,6 a
23 ,3 b
26, 1 c
21,6 a
21 3 a
22:5 b
Temperatur
mit Tieren
± 1,8
± 1,9
± 2,0
± 1,7
± 2,3
± 1,7
± 1,6
± 1,0
± 0,8
24,3
26,9
30,3
L 22,3
M 22,5
H 28,6
L
M
H
L
M
H
a
b
c
a
a
b
± 2,7
± 3,4
± 4,5
± 0,8
± 1,0
± 4,0
21 ,8 ± 1,0
21,8 ± 1,1
22,3 ± 0,8
Mittelwerte, die mit gleichen Buchstaben gekennzeichnet sind , unterscheiden sich
nicht signifikant (p S 0,05)
Besatzdichte von 23 ,3 auf 31,3 oe an. An der Oberfläche
der Einstreu mit Tieren wurde ein Anstieg von 24,3 auf
30,3 oe verzeichnet. Die Differenzen zwischen den Besatzdichtestufen waren signifikant. Auch die in Tierhöhe
gemessene Temperatur war bei höchster Besatzdichte mit
28,6 oe signifikant höher als bei den geringeren Besatzdichten mit 22,3 oe bzw. 22,5 oe. Bei der Messung in diesem Bereich ohne Tiere war die Differenz ebenfalls signifikant. Die maximale Temperatur war jedoch mit 22,5 oe
wesentlich niedriger als bei Anwesenheit der Tiere. In
einem Meter Höhe wurden keine Unterschiede der Temperatur zwischen den Besatzdichtestufen gemessen.
Diskussion
Die Temperaturen in Tierhöhe werden durch zahlreiche
Faktoren beeinflußt. Die wichtigsten hiervon sind die
Stall- und Außentemperatur, die Wärmeproduktion der
Broiler, die Luftbewegung im Stall, die mikrobiologischen
Umsetzungen in der Einstreu und die natürliche Konvektion (VAN BEEK und BEEKlNG, 1995). Mit steigender Besatzdichte werden die mikrobiellen Umsetzungen durch
den höheren Kot- und Wassergehalt der Einstreu gesteigert. Gleichzeitig wird die Luftzirkulation im Tierbereich
durch den fehlenden Raum zwischen den Tieren gehemmt.
Zusätzlich wird bei höherer Besatzdichte mehr metaboliArchiv für Geflügelkunde 5 / 2000
205
sc he Wärme je Flächeneinheit produziert. Mit steigender
Temperatur steigt die Wasseraufnahrne und hierdurch die
Wasserabgabe über Kot und Atemluft (SAVORY, 1986). Es
ist bekannt, daß eine geringe Wärmebelastung bei Broilern
zu einer Restriktion der Futteraufnahme führt. Gleichzeitig
wird die Futterverwertung verbessert. Dies kann über die
Reduktion des sogenannte Luxuskonsum erklärt werden
(KLEMM, 1986). Allerdings muß auch beachtet werden,
daß der Erhaltungsbedarf einschließlich die Bewegungsaktivität mit steigender Temperatur sinkt.
Bei einer Besatzdichte ' von 40 kg/m 2 war im vorliegenden Versuch eine Verringerung der Gewichtsentwicklung
zu beobachten. Die Temperatur zwischen den Tieren war
um 6° höher als bei 30 kg/m 2 . Die Gewichtsreduktion entspricht der anderer Experimente mit steigender Besatzdichte (SHANA~~Y, 1988; BESSEr 1992) oder gesteigerter
Temperatur E&0S'f-OWSKI, 1984). Die Temperatur in Tierhöhe ist als "ell;1./,wichtiger Faktor bei der Regulation der
Futteraufnahme ünd Gewichtsentwicklung im Zusammenhang mit der Besatzdichte zu sehen. Der bekannte Effekt
der Besatzdichte auf die Zunahme von Broilem ist offensichtlich primär auf die hohen Temperaturen im Tierbereich zurückzuführen . Die von MARTRENCHAR et al . (1997)
und BLOCKHOUS und VAN DER HAAR (1990) gefundenen
Verringerungen der Aktivität bei einer Besatzdichteerhöhung von über 35 kg/m2 könnten hauptsächlich mit der
Temperatur zusammenhängen. Da die Wärmebelastung
beim Tier im allgemeinen die Bewegungsaktivität hemmt,
ist sie als Element im Zusammenhang mit der Besatzdichte zu sehen (NrcHELMANN, 1986). Auch die häufigen
Unterbrechungen der Ruhephasen bei hohen Besatzdichten
(MARTRENCHAR et al., 1997) könnten mit den hohen Temperaturen der Einstreu erklärt werden.
Auch wenn zur Kontrolle und Steuerung der Temperatur
in Broilerställen die Temperatur in Tierhöhe gemessen
wird, spiegelt dies nicht die tatsächliche Situation wieder.
Zwischen und unter den Tieren herrschen wesentlich
höhere Temperaturen. Damit ist die Temperaturbelastung
der Tiere höher als bisher angenommen. Allerdings kann
die Belastung nur in einem geringem Umfang durch die
konventionelle Lüftung reduziert werden, da diese den Bereich unter und zwischen den Tieren nicht erfaßt. Eine
wesentliche Verbesserung könnte durch Haltung auf durchbrochenen Böden mit Einstreu in Verbindung mit einer
Unterflurentlüftung erreicht werden .
Zusammenfassung
In einem einfaktoriellen Versuchsansatz mit 1200 Masthähnchen (Lohmann Meat) wurden Besatzdichten von 19,
30 und 40 kg/m 2 geprüft. Jede Behandlung wurde 4 mal
wiederholt. Am Ende der Mast, in der 5. Lebenswoche,
wurden die Lebendmasse und die Temperaturen in der
Einstreu, unter und zwischen den Broilern sowie in 1 Meter Höhe gemessen.
Die Ergebnisse zeigen, daß mit einer Besatzdichteerhöhung von 30 auf 40 kg/m 2 die Gewichtsentwicklung
reduziert wurde. Die Temperaturen in der Einstreu stiegen
von der niedrigsten zur höchsten Besatzdichte um 8 °
(23 ,3 : 31 ,3 0c) und an der Oberfläche der Einstreu mit
Tieren um 6° (24,3 : 30,3 0c) an. Auch die zwischen den
Tieren gemessene Temperatur war bei hoher Besatzdichte
mit 28,6 oe wesentlich höher als bei geringer Besatzdichte
mit 22,3 oe. Die in einem Meter Höhe gemessenen Temperaturen wiesen keine Unterschiede zwischen den Besatzdichtestufen auf und waren bis zu 7° geringer als die zwischen den Tieren gemessenen Werte.
206
REITER und BESSEI, Einfluß der Besatzdichte bei Broilern auf die Temperatur in der Einstreu und im Tierbereich
Die hohen Temperaturen zwischen den Tieren können
als ein wesentli cher Faktor der Reduktion der Futteraufnahme und Gewichtsentwicklung bei hohen Besatzdichten
angesehen werden.
Stichworte
Broiler, Besatzdichte, Einstreu, Temperatur
Summary
Effect of stocking density of broilers on temperature in the
Iitter and at bird level
The temperature in broiler houses are usually measured on the
bird level , e.g. above the birds heads. This site, however, does not
reflect the conditions underneath and in between the bird, especially when high stocking density impairs venti lation in the latter
areas. In the present experiment commercial broilers were raised
under conventional feeding and management conditions in a windowless, force-ventilated experimental broiler house. Three stokking densities were tested : 5, 10 and 20 birds/m 2 , which corresponded to 19.4, 30.0 and 40.2 kg/m 2 at the end of the fifth week
of age. Each treatment was repeated in four groups. Temperature
records were made at the litter surface, 5 cm under the litter surface, 10 cm and 100 cm above litter surface. The latter measurements were made with and without the presence of birds.
There was a significant reduction of body weight at the highest
versus the two lower stocking rates. The temperatures under the
surface of the litter, at litter surface and at 10 cm above litter
surface increased significantly with increasing stocking rate. The
mean difference between the lowest and highest stocking rate was
in the range of 6 to 8 centigrade. The temperatures under the litter surface, at litter surface and in between the birds was 3 1.3,
30.3 and 28.6 °C respectively at the highest stocking rate. When
the birds were removed from a litter area, the temperature at bird
level e.g. 10 cm above the litter surface was reduced to 22 .5 °C
immediately.
It was concluded that high temperature between and underneath
the birds was the main cause of reduced weight gain at high stokking rate. The temperature in broiler houses should be measured
at litter surface or between the birds instead above the bird 's
heads.
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Keywords
Broiler, stocking density, litter, temperature
Korrespondenzadresse: Dr. K. Reiter. Fachgebiet Nutzti erethologie und Kleintierzucht,
Institut für TIerhallUn g und Tierzüchlung. Universität Hohen hei m. 70593 Stuttgan.
Gennany; e-mail : [email protected]
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